AUTOR: Angie (VampiressAngie@aol.com)
TITEL: Egyptian Darkness, Part One
TEIL: 1/?
FREIGABE: ab 12
SPOILERS: 4. Staffel
INHALT: Eine alte Prophezeiung bringt Leben nach Sunnydale
DISCLAIMER: I do not own the characters in this story, nor do I own any rights to the television show `Buffy the Vampire Slayer´. They were created by Joss Whedon and belong to him, Mutant Enemy, Sandollar Television, Kuzui Enterprises, 20th Century Fox Television and the WB Television Network.
KOMMENTAR: Schlangen, Sand und Liebe - Lest es einfach.
P.S. Meine Freundin sendet die Storys immer ein. Kann also nichts dafür wenn sie nicht gut sind.


Egyptian Darkness
Part One

1

Goldener Stoff schmiegte sich um ihren schlanken Körper, als die ägyptische Königin die Stufen hinab in den Tempel des Apophis schritt. Ihre Schritte hallten bedrohlich von den uralten Sandsteinwänden wieder und ließen sie frösteln. Seit über hundert Jahren war dieser Tempel von keiner Menschenseele mehr betreten worden. Und das aus gutem Grund, denn Apophis, der Gott der Finsternis duldete keine unerwünschten Eindringlinge. Wenn es doch jemand wagen sollte unbefugt in seinen Tempel einzudringen, wurde er entsprechend den uralten Gewohnheiten und Riten der Götter und Dämonen des Bösen bestraft.

Doch der Pharaonin war der Zutritt gestattet. Sie erreichte das Ende der von Rissen und Sprüngen übersäten Treppe. Zaghaft setzte sie einen Fuß auf den unheiligen Boden des Opfersaals. Sie würde Apophis ein Opfer bringen. Eines, dass die Welt nie vergessen sollte...

Sie näherte sich langsam dem Opferaltar und stellte einige Kerzen auf. Gefertigt aus schwarzem Wachs. Mit zittrigen Fingern entzündete sie die Dochte. Nachdem auch dies getan war, entledigte sie sich ihrem königlichen Gewand, nahm Schmuck und die Krone ab und legte sich auf den Opferaltar, zwischen die Kerzen.

Die Königin schloss die Augen und wartete. Innerlich betete sie, dass Apophis sein Versprechen einhalten und die Pest von ihrem Königreich nehmen würde, wenn sie sich ihm hingegeben hatte.

Scharfer Wind peitschte durch die Halle und die alten Sandsteinwände schienen unter der Macht des Bösen zu erzittern. Der Wind löschte die Flammen der Kerzen und die Pharaonin schloss die Augen. Sie atmete tief durch, bevor sie es wagte, sie wieder zu öffnen.

In diesem Moment durchzuckte sie ein grausamer Schmerz, kroch in jeden Winkel ihres gebräunten Körpers, füllte sie aus und schien sie zu übernehmen. So war es denn geschehen, das Böse hatte, was es wollte. Sie hatte ein uraltes Versprechen der ägyptischen Königsfamilie gebrochen. Niemals dem Bösen das Gefühl von totaler Macht und Überlegenheit zu geben oder diesen Tempel zu betreten.

666 Stunden später starb die Pharaonin bei der Geburt ihres Kindes, einer zwei Meter langen Schlange. Es war das Kind Apophis', das Kind des Bösen, und dazu verdammt, einst, wenn die Zeit gekommen war, den Körper einer Person zu besetzen, die mit dem Ziel in die Welt gesetzt worden war, über alles Böse zu herrschen und eben diese Welt in eine Wüste der Finsternis zu verwandeln. Die Peron würde der Erbe Apophis' sein.

Der Nachfolger der Pharaonin, ihr ältester Sohn, ließ die Schlange fangen und in einer Kiste aus massivstem Metall einsperren. Diese Truhe ließ er irgendwo mitten in der Wüste, im Nichts, tief in der Erde vergraben.

2995 Jahre später, im Jahr 1995, machte ein Forscherteam eine unglaubliche Entdeckung: ein wohl fast dreitausend Jahre alte Truhe mit altägyptischen Beschwörungsformeln und von Priestern verfassten Warnungen über Tod und Verderben bei Öffnen der Kiste lag unversehrt tief in der Erde in einer Wüstengegend nahe Alexandria. Das Forscherteam schickte die Nachricht in ihr nicht weit entferntes Lager, dass sie die Kiste an Ort und Stelle öffnen würden, da sie zu schwer zum Tragen oder Ziehen wäre und sie nicht auf einen Transporter warten wollten. Man sah und hörte nie wieder etwas von den Forschern...
 
 

Angel schreckte hoch. Was für ein seltsamer Traum. Und doch hatte er Unbehagen in dem Vampir geweckt. Und Angel wusste, dass er sich voll und ganz auf sein Gefühl verlassen konnte. Zumindest, was Gefahren anging.

Er dachte nach, was der Traum zu bedeuten hatte. Vor fünf Jahren wurde eine Kiste gefunden, die - zumindest laut seinem Traum - an genau derselben Stelle vergraben lag und bis ins letzte Detail so aussah wie die Truhe aus dem vorigen Teil des Traums. Vor nur fünf Jahren... Was war, wenn der Traum eine Warnung an ihn darstellte, eine Warnung, dass die Prophezeiung sich in seinem näheren Umfeld erfüllen würde?

Bei 'näherem Umfeld' dachte Angel sofort an Buffy. Wer war ihm je näher gewesen als Buffy? Er musste sie warnen. Aber da ein heftiger Sturm die Telefonleitungen still gelegt hatte, musste er wohl oder übel auf den nächsten Abend warten, um LA zu verlassen. Ob er...

"Angel?"

Er sah in Richtung Tür. Sie war ein wenig geöffnet und in den schwachen Schein des Mondlichts, das durch die Fenster im Raum hinter dieser Tür drang, stand ein junges Mädchen.

"Hey", flüsterte er sanft und fürsorglich, wie ein Vater, der mit seinem Kind redet, nachdem dieses aus einem Albtraum hochgeschreckt ist. Apropos Albtraum... "Warum bist du denn noch auf?"

"Ich konnte nicht schlafen." Das Mädchen lächelte zaghaft das schräge Lächeln, das sie bei ihm so niedlich fand und sich von ihm abgeguckt hatte. "Ich hatte so ein ungutes Gefühl im Magen, dass mit dir etwas nicht stimmt."

Angel grinste. Das Mädchen konnte ihn immerhin für kurze Zeit von seinen eigentlichen Sorgen ablenken. Und sie war genau wie er. Wenn etwas nicht stimmte, sei es mit einer Person oder mit der Atmosphäre, konnte sie es spüren.

"Es ist alles in Ordnung. Hab nur ein bisschen schlecht geträumt."

Sie nickte. Ihr Lächeln war verstorben. Sie blickte so ernst, finster und unreal wie immer. Langsam kam sie auf ihn zu und kniete sich hinter ihm auf das Kopfkissen. Sanft, fast schon zärtlich, begann sie seine Schultern zu massieren. Er seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Sie war ein wirklich liebes Mädchen. Und er liebte sie über alles. Nicht, dass er gegen den Drang kämpfen musste, sie zu küssen, wie es bei Buffy gewesen war. Sie war, wie seine Seele. Etwas, ohne das er nicht leben wollte und konnte. Er brauchte sie einfach, sowie Menschen Sonne und Vampire den Mond brauchten. Sie war wie seine Tochter,
nur mehr. Es mochte daran liegen, dass auch sie ein Vampir und mit einer Seele gestraft war. Außerdem war sie an dem Tag geboren worden, an dem er zum Vampir wurde. Zur selben Sekunde. Sie war ein Teil von ihm.

Das Mädchen bohrte seine Fingernägel in Angels Schultern. Augenblicklich veränderte sich sein Gesicht, mehr aus Schreck über die plötzliche Brutalität seiner Süßen, als aus Schmerz. Als er sich umdrehte, hatte auch ihr Gesicht sich verändert.

Nun wieder sanft streichelte sie ihm durchs Haar und über den Hals. Es war mehr eine Geste der Zuneigung und Seelenverwandtschaft als das Anzeichen einer möglichen Affäre. Sie nahm vorsichtig sein Gesicht in die Hände, sein dämonisches Gesicht, und legte ihre Stirn an seine, ihre Nasenspitzen berührten sich.

"Lüg mich bitte nicht an. Ich hab dich viel zu lieb, als dass ich das ertragen könnte", flüsterte sie mit ihrer kindlich hellen Stimme.

"Ich hatte einen furchtbaren Albtraum. Ich vermute, dass er etwas mit Sunnydale und meinen Freunden dort zu tun hat. Und mit Buffy." Er seufzte und sah sie an.

"Buffy zählt wohl nicht direkt zu deinen Freunden. Ich finde es immer noch schade, dass es nicht mit euch... ich rede zu viel. Tut mir leid. Ich wollte nichts sagen, dass dich irgendwie..."

"Bleibst du diese Nacht?" Angel hatte sie nicht darum gebeten. Es war eine Mischung aus betteln und befehlen. Und wie hätte sie nein zu ihm sagen können?

Als sie zu ihm unter die Bettdecke schlüpfte und ihn in den Arm nahm, drückte er ihr wie sooft, wenn sie ins Bett ging und ihm noch Gute Nacht sagte, einen Kuss auf die Stirn. In dem Moment, in dem sie einschliefen, verschwanden gleichzeitig ihre Vampirgesichter.

Angel würde jetzt nicht noch mal von einem schlimmen Traum aufgeweckt werden...
 
 

2

Lieber Angel,

Tut mir leid, dass ich auf deinen letzten Brief nicht so schnell antworten konnte, aber du kennst die Story ja bereits, weil du mit Giles telefoniert hast.

Du hast gefragt, wie es uns auf dem College gefällt. Ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass Schule nun einmal Schule ist und bleibt, auch wenn man sich auf dem College viel erwachsener vorkommt.

In letzter Zeit musste ich mein Krafttraining intensivieren, weil Giles meint, die momentane Ruhe sei nur die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Übrigens danke für den Tipp mit den Erkältungsbädern. Ich bin jetzt wirklich nicht mehr so mies drauf. Aber sei froh, dass du nicht dabei warst, als ich mal einen totalen Ausraster hatte. Ich habe Giles und Xander in Grund und Boden geschrieen, glaube ich. Aber mittlerweile bin ich eben dank deiner Empfehlung mit dem Bad aus dieser überreizten Phase raus. Es tut wirklich gut, einfach mal zu entspannen und allein zu sein, da beruhigt sich das kochende Gemüt. Noch mal danke.

Toll, dass du endlich eine neue Wohnung gefunden hast. Ich hätte auch nicht gern in einem alten Keller geschlafen. Wie läuft eigentlich das Geschäft? Kommen viele Leute in dein Detektivbüro?

Ehe ich's vergesse, ich wohne jetzt im College. Ich hatte überlegt, ob ich Mom zurück nach Sunnydale bitte und dann wieder bei ihr einziehe, aber so mit Willow zusammen in einem Zimmer tröstet schon über Sehnsucht nach der Mutter hinweg.

Giles lässt übrigens für das magische Artefakt danken, dieses Dingsbums, dessen Namen ich mir einfach nicht merken kann, mit dem man böse Geister bannen kann. Er ist ganz vernarrt in das Teil, lässt es nicht mehr unbeaufsichtigt. Ständig poliert er es. Wir schließen mittlerweile schon Wetten ab, wann er anfängt, mit dem Ding zu reden. Wettest du mit? (Kleiner Scherz)

Und Willow hat mich gebeten dir ganz herzlich danke zu sagen, dass du an sie gedacht und dieses Hexenbuch gekauft hast. Sie ist ganz happy und sagt ständig: "Und vergiss nicht, Angel für das Buch zu danken." Ist sie nicht niedlich?

Wie habt ihr eigentlich den Sturm überstanden? In den Nachrichten sagen sie, die Telefonleitungen seien stillgelegt. Ich wollte dich neulich anrufen und dann hieß es nur: "Kein Anschluss unter dieser Nummer".. Aber euch geht's doch hoffentlich gut, oder?

Ach, sei doch bitte so lieb und grüß Cordy und Wesley von uns, ja?

Sonst gibt es eigentlich nichts neues hier. Du kennst doch Sunnydale, wenn die Dämonen ruhig sind. Tote Hose.

Viele Grüße auch von Giles, Willow, Xander und Oz, und weiterhin eine schöne Zeit wünscht dir deine

Buffy





"So!" sagte Buffy, nachdem sie den Brief fertiggestellt hatte. "Nur nach eintüten und ab die Post nach Los Angeles." Sie begann, die neue Adresse von Angel auf den Briefumschlag zu schreiben. Bei der Hausnummer stutzte sie allerdings. Buffy trommelte mit dem Kugelschreiber auf dem Tisch herum und überlegte.

Willow seufzte und grinste. Die Hausnummer konnte Buffy sich einfach nicht merken.

Die öffentliche Bibliothek war groß und bot alles an Büchern, was auch die Jugend ansprechend finden könnte. Dennoch kam hier kaum jemand her. Hier arbeitete Giles zurzeit und so war es der Treffpunkt der übriggebliebenen Scooby-Gang geworden, nachdem Angel und Cordy Sunnydale den Rücken gekehrt hatten und der Vampir Los Angeles zu seinem Neuem `Jagdterritorium´ erklärt hatte. Die Jagd bezog sich natürlich ausschließlich auf das Böse, welches selbst vor der Stadt der Engel nicht halt machte.

Meistens verbrachte die Gang die momentan ruhigen Nächte in der Bibliothek, so auch jetzt.

Giles war gerade im Lagerraum beschäftigt, Xander stöberte zwischen den Regalen herum und Oz saß auf der Gitarre klimpernd auf einem Stuhl an dem großen Eichentisch in der Mitte der Eingangshalle der Bibliothek, an dem auch Buffy den Brief an Angel schrieb, den Rücken zur doppelten Eingangstür gewandt. Willow saß neben Buffy auf der Tischkante und schaute gelangweilt zum Fenster neben der Tür, die sich plötzlich lautlos öffnete. Gerade wollte Willow etwas sagen, als sie sah, wie Angel sich in den Raum stahl, als dieser den Finger an die Lippen legte und ihr bedeutete zu schweigen.

Auch Oz hatte Angel gesehen und die Geste verstanden. Er grinste nur. Angel wollte Buffy überraschen, vielleicht sogar erschrecken, was ihm bei seinem letzten Besuch in Sunnydale hervorragend gelungen war.

"Willow, ich schätze, du weißt Angels Hausnummer auch nicht aus dem Kopf, oder? Ich gehe mal in Giles Büro, er hat sich die Adresse aufgeschrieben." Buffy stand auf. Dass Angel nur Zentimeter hinter ihr stand und jede Drehung mitmachte, um ja nicht von ihr gesehen zu werden, merkte sie gar nicht.

Da Buffy nicht zu ihm blickte, grinste Oz breit und schüttelte den Kopf. Willow konnte nur schwer ein Kichern unterdrücken. Buffy stemmte die Hände in die Hüften und ging zu Giles' Büro. "Warum muss Angel auch so eine doofe Hausnummer haben?" Hinter ihrem Rücken schnitt Angel eine Grimasse.

Kaum verschwand die Jägerin in Giles' Büro, hüpfte Angel neben Willow auf dem Tisch. In seinen Händen hielt er einen nicht gerade großen Leinenbeutel, aus dem er ein kleines Päckchen in Form einer CD zog. Er hielt sie Oz hin. Auf dem Päckchen stand in Angels Handschrift: `Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag. Angel´ Oz grinste und formte mit den Lippen das Wort `woher´, was in diesem Fall dafür stand, woher Angel wusste, dass Oz vor einigen Tagen Geburtstag gehabt hatte. Mit dem Zeigefinger tippte Angel auf den Brief.

Als Oz das Päckchen öffnete, kam darin tatsächlich eine CD zum Vorschein, die einzige in seiner Sammlung seiner Lieblingsband, die ihm noch fehlte. Oz sperrte den Mund auf und es glitzerte glücklich in seinen Augen. Als Oz ihm danken wollte, wehrte Angel ab. Oz ausnahmsweise mal so glücklich zu sehen war für ihn schon Dank genug.

Buffy kam aus dem Büro heraus und wollte sagen: "Willow, Giles hat Angels Adresse doch nicht. Komm schon. Hilf mir", aber sie kam nur bis: "Willow, Giles hat Angels Adresse..." Dann brach sie abrupt ab.

Grinsend winkte Angel ihr zu.

"Angel!" freute sich Buffy und ließ sich zur Begrüßung von ihm in den Arm nehmen. "Was machst du denn hier?"

Buffy war klar, dass es nicht Heimweh war, das ihn hierher geführt hatte, als sein Lächeln erstarb.

"Ist Giles hier?" fragte Angel unsicher und biss sich ein wenig auf die Unterlippe.

"Angel, was machst du denn hier?" wunderte sich Giles vom oberen Stockwerk her und kam mit einem riesigen Stapel Bücher die Treppe heruntergetaumelt. Angel half ihm beim abladen der Werke.

"Damit hätte sich meine Frage auch geklärt", meinte er und zuckte die Schultern.

"Wie? Wo ist Dead Boy?" ließ Xander verlauten, der zwischen den vordersten Regalreihen im oberen Stockwerk stand und nur verständnislos guckte.

Die städtische Bibliothek war praktisch genauso aufgebaut wie die High School Bibliothek. Nur größer und beleuchteter. Außerdem bat sie eine viel zahlreichere Auswahl an Büchern, vom Fantasy-Roman bis zum Lexikon, vom Filmbuch zum Buch über Wissenschaftler, alles war da. Und natürlich bot die städtische Bibliothek viel mehr Platz zum trainieren.

Angel verdrehte die Augen, verschränkte die Arme und sah Xander herausfordernd an. Dessen einziger Kommentar war: "Ups. Der ist ja wirklich hier."

"Ich freu mich auch wahnsinnig dich wiederzusehen", knurrte Angel, und Xander gab eingeschüchtert zurück: "Sei doch nicht so giftig."

Giles unterbrach die Kiebigkeiten der beiden und wandte sich an Angel: "Also, Angel, was führt dich hierher. Ich meine, in letzter Zeit haben wir uns nicht gerade oft gesehen. Du hattest geschrieben, du hättest momentan zu viel um die Ohren."

"Stimmt schon", begann Angel. Dann musste er erst mal nachdenken. In gewisser Weise hörte es sich reichlich seltsam an zu sagen: `Ey, Leute, ich hab von so einer komischen ägyptischen Prophezeiung geträumt. Schätze, die hat was mit Sunnydale zu tun. Das ist so 'ne große Schlange die von 'nem Menschen Besitz ergreift und die Welt vernichtet. Das hab ich zwar nicht geträumt, aber so hieß es in der Prophezeiung. Welche Prophezeiung? Na die auf der Kiste. Welche Kiste? Na die, in die das Reptil eingesperrt wurde. Hab ich schon erwähnt, dass 'ne ägyptische Pharaonin das Vieh zur Welt gebracht hat und daraufhin gestorben ist?´ Außerdem konnte er sich irgendwie vorstellen, dass die anderen - insbesondere Giles und Xander - nicht begeistert davon sein würden, wenn ausgerechnet er vom Untergang der Welt träumt und erzählt. Schließlich wäre die Welt ja beinahe mal seinetwegen untergegangen. Nein, er musste sich anders an das Thema heranwagen. "Ich fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten."

"Boah!" entfuhr es Xander übertrieben erstaunt.

Angel sah ihn grimmig an und knurrte: "Jetzt reicht es mir aber, Xander. Jetzt bringe ich dich um." Er wandte sich an Willow, Buffy, Giles und Oz. Den beiden Mädchen streckte er den einen Arm, den Jungs den anderen entgegen und meinte trocken: "Los, haltet mich mal zurück." Kaum hatte sie ihn an den Armen gepackt, begann er gespielt zu zerren und versuchte, mit dem Händen nach Xanders Kehle zu angeln.

"Angel, nun beruhig dich", redete Buffy lachend auf ihn ein. "Xander ist es doch gar nicht wert, sich mit seinem Blut zu beflecken."

Angel grinste sie an. "Ich will ja auch nicht sein Blut spritzen sehen, ich will ihm nur den Hals umdrehen."

Unbewusst hatte Angel soeben Giles einen heftigen Schlag in die Magengegend verpasst, trampelte versehentlich in einer alten Wunde herum und riss sie erneut auf. `Ich will ihm nur den Hals brechen´ erinnerte Giles sofort an die Sache mit Jenny Calendar, die durch Angels, nein, vielmehr durch Angelus' Hand gestorben war. Das war schon eine ganze Weile her, noch bevor Angel die Welt mit Hilfe von Acathla hatte vernichten wollen, bevor Buffy ihn hatte zur Hölle schicken müssen, bevor sie ausgerissen war, bevor Faith Leben in die Budegebracht hatte und die Probleme mit dem Bürgermeister begonnen hatten.

An jenem Abend hatte Jenny im Computerraum gesessen und an einem Sonderprojekt gearbeitet, wie sie es nannte. Hätte sie damals nur gesagt, dass sie die Formel zur Wiederherstellung von Angels Seele gefunden und übersetzt hatte...

Giles und Jenny wollten sich damals zum ersten Mal seit der Sache mit Angels Seele und der Aufdeckung ihrer wahren Identität als Zigeunerin Janna wieder treffen, wollten sich versöhnen. Keiner von beiden hätte geahnt, dass Angel von der Sache mit der magischen Formel wusste und sich in die Schule geschlichen hatte. Er hatte Jenny aufgelauert, den Monitor des Computers mit der Formel auf den Boden geworfen und die ausgedruckte Formel in der Flamme des Monitors verbrannt. Dann hatte er Jenny durch das dunkle Schulgebäude gehetzt und ihr letztendlich das Genick gebrochen.

Das grausamste war, wie Angelus hatte Giles die Leiche finden lassen: Als der Bibliothekar nach Hause kam, steckte eine Rose in der Türklinke, Champagner war kaltgestellt worden, romantische Musik lief, Kerzen waren angezündet, ein Strauß Rosen stand auf dem Tisch, in dem Eiskübel steckte eine Karte mit der verlockenden Aufschrift: oben, Teelichter standen auf beiden Seiten der Stufen, Rosenblüten waren auf der Treppe verteilt. Giles betrat voller Erwartung und mit beflügeltem Herzen das Schlafzimmer... und alle seine Träume wurden zerschmettert. Jenny lag mit verrenktem Hals auf dem Bett, starrte mit ihren
toten Augen direkt durch ihn hindurch ins Nichts.

Seitdem hatte Giles Angel, mochte er nun auch seine Seele haben, nicht mehr recht getraut, war ihm immer mit einer gewissen Skepsis und kühler Höflichkeit begegnet. Das Verhältnis der beiden hatte sich zwar gebessert, aber es würde wohl nie wieder wie früher sein.

Der Vampir biss sich auf die Unterlippe, senkte den Blick und zupfte nervös an seinen Jackenärmeln herum; er war sich der Grausamkeit seiner Worte in dem Moment, da er sie aussprach, bewusst geworden. "Tut mir leid", flüsterte er heiser. "Ich wollte nicht..."

"Schon gut." Buffy, Willow, Xander und Oz bot sich ein Bild an Seltenheit sondergleichen: Giles klopfte Angel kameradschaftlich auf die Schulter. "Du wolltest noch was erzählen, bevor Xander dich so freundlich unterbrochen hat, nicht wahr?" Damit war das Thema für ihn abgehakt, er wollte es nicht wieder aufgreifen.

Angel begann, anfangs etwas unsicher, von seinem Traum zu berichten. Doch je mehr er redete, desto weniger kam es ihm albern vor. Er redete und redete, beschrieb jede Szene bis ins letzte Detail. Nur nicht die Szene, in der sich die Pharaonin auszog und auf den Altar legte. Das Ereignis beschrieb er folgendermaßen: "Jedenfalls hat die Pharaonin diesem Apophis ihren Körper versprochen, damit er ihr Volk in Ruhe lässt. Muss ich weiter nichts zu sagen, oder? Sie zieht sich also aus und legt sich auf den Opferaltar. Detailliert genug? Schön. Weiter."

Schließlich beendete er die Erzählung mit seiner Vermutung und Xander meinte: "Das klingt wie Sience Fiction für Arme."

"Aber", verteidigte Giles Angel, "es ist jede Menge Wahres dran. Ich habe mal von einer ziemlich berühmten Pharaonin gelesen. Sie soll ein schlangenartiges Kind zur Welt gebracht haben, dessen Vater unbekannt ist. Außerdem war die Pharaonin noch Jungfrau. Und es ist tatsächlich vor fünf Jahren ein Forscherteam in der Nähe Alexandrias verschwunden, nachdem es  eine rätselhafte Kiste gefunden hat, die ganz nebenbei erwähnt hier in Sunnydale im Museum ausgestellt ist."

Xander verschluckte sich, Angel glotzte Giles entsetzt an und Buffy meinte geradezu uninteressiert: "Wie schön, dass Sie uns das auch mal sagen."

Angel verzog das Gesicht. "Wenn man bedenkt", überlegte er, "dass das Mistvieh vielleicht jetzt in diesem Moment den Erben von Apophis besetzt." Sein Blick veränderte sich Sekundenbruchteile nachdem er seinen Gedanken ausgesprochen hatte. Er wandte sich an Giles. "Der Erbe kann kein Mensch sein!" stellte er beinahe schon panisch fest.

Dass Xander Oz zuflüsterte, Angel würde scheint's unter Stimmungsschwankungen leiden, ignorierte der Vampir einfach.

"Stimmt!" Willow war ganz vernarrt darin, den anderen zu erklären was los war. Ihr Blick bettelte geradezu: "Darf ich? Darf ich?"

Schweigen. Alle sahen Willow an. Ihre Reaktion rief allgemeines Kopfschütteln hervor: "Ach so, ich soll es erklären."

Angel grinste verzweifelt, faltete die Hände und flehte: "Bitte! Oder muss ich erst auf die Knie fallen?"

"Oh ja!" rief Xander begeistert. "Mach mal!"

"Schnauze!" knurrte Angel.

"Bin schon still", beschwichtigte Xander den deutlich überlegenen Vampir. "Hab nie was gesagt. Hab auch gar nichts zu sagen."

"Darf ich jetzt?" fragte Willow schüchtern. Angel und Xander nickten ihr kurz zu. Dann begann sie: "Die Schlange war laut Angel bei ihrer Geburt zirka zwei Meter lang. Mittlerweile dürfte sie aber um einiges gewachsen sein. Also, was passiert wohl, wenn die Schlange in einen Menschen reinkriecht? Na? Der Mensch verblutet. Ist doch nur logisch. Aber was soll das Vieh mit jemandem, der nicht fähig ist, seine boshaften Gedanken und die grausamen Pläne in die Tat umzusetzen?"

Wieder allgemeines Schweigen. Willow sah zaghaft in die Runde, Oz und Xander blickten sich besorgt an, Giles putzte das magische Amulett zum Bannen von  Geistern - was die anderen dazu verleitete, kurz und leise zu kichern - und Buffy starrte mit nachdenklich zusammengezogenen Augenbrauen auf den Boden der Bibliothek. Sie vermutete, dass sie noch nie so genau beobachtet hatte, wie sich die Spiegelbilder von Regalen, Personen, Stühlen und Tischen auf einem solchen Boden verzerrten, nur, um an nichts anderes zu denken. Angel für seinen Teil versuchten vergeblich den Gedanken zu verdrängen, dass ein ohnehin
schon boshafter Vampir oder ein anderer Dämon der Erbe sein könnte.

Buffy hatte mittlerweile damit begonnen, die verzerrten Bilder der Leute im Raum zu zählen: Einmal rote Haare; das war Willow. Dann zweimal Jungs, einer mit dunklem und einer mit hellem Haar; das waren Xander und Oz.. Jemand, der etwas putzte; das war Giles. Unverkennbar war ihr eigenes Spiegelbild zu ihren Füßen, neben ihr ein sehr dunkles Spiegelbild: Angel. Und nicht zu vergessen das ebenfalls dunkle Spiegelbild eines Mädchens einige Schritte neben Angel; das war... Moment mal! Wer war denn das überhaupt?

Buffy blickte hoch. Das Mädchen schaute zu Angel, mit einem seltsamen Funkeln in den Augen. Ansonsten keinerlei Mimik. Sie trug ein schulterfreies, schwarzes Top und eine schwarze Schlaghose.

Buffy rutschte eine Frage heraus, die sie nicht hatte stellen wollen: "Wer ist denn die da?"