AUTOR: ein Freund
TITEL: Lost Souls
FREIGABE: ab 18
DISCLAIMER: Die Rechte an den Figuren dieser Story liegen bei Joss Whedon & Co.

Lost Souls...

Einsam wanderte ich durch die Gassen von Sunnydale. Verlassen und traurig. Wo sollte ich nur hin? Planlos durchstreifte ich Straßen, blickte in trostlose Gesichter. Um mich war Wärme, doch ich fühlte nichts, nahm nichts wahr. Das einzige Gefühl, dass sich in mir breitmachte, meine Seele einnahm, war die Furcht. Ich hatte keine Angst vor den dunklen Gebäuden, die große Schatten auf die schwach beleuchteten Straßen warfen, keine Angst vor den düsteren Gestalten, die um diese Uhrzeit noch unterwegs waren. Ich hatte nur Angst vor der Zukunft, Angst vor meiner Zukunft.

Ich wollte nicht so sein, wie ich war und doch konnte ich es nicht ändern. Ich musste mich mit diesem, meinem, Schicksal abfinden.

Ich wurde geboren um Gutes zu tun und jetzt zwang mich eine innere Macht dazu, das Böse zu verwirklichen. Ich kämpfte dagegen an, verzweifelt versuchte ich diese Macht zu besiegen und doch wusste ich bereits jetzt, dass es ausweglos war, dass ich verlieren würde.

Die Seele einer weißen Hexe gefangen im Körper eines Vampirs.

So war ich gefangen. Der Vampir in mir hämmerte gegen meine Brust, machte mich unfähig klar zu denken. Meine Seele kämpfte, schrie und wurde langsam leiser. Sie würde verstummen, dass wusste ich. Es war nur mehr eine Frage der Zeit. Und doch wollte ich noch nicht aufgeben, doch konnte ich noch nicht aufgeben. Ich musste mein Dasein fristen, so wie es war... ich fragte mich oft, warum gerade ich es war, die dieses Leid zu tragen hatte. Eine Antwort darauf habe ich noch nicht gefunden. War das mein Schicksal? War es das, wofür ich lebte? Warum hatte man mich so bestraft? Denn es war eine Strafe. Ich spürte den Schmerz förmlich, spürte wie meine Seele verletzt wurde und den Kampf langsam verlor. Spürte wie der Dämon in mir mehr und mehr an Macht gewann.

Ich wusste nicht mehr wo ich war, verzweifelt sah ich mich um. Hatte mich verlaufen, verirrt in meinen Gedanken war ich nur gelaufen, durch diese fremde Stadt, durch fremde Gassen. Jetzt stand ich am Ende einer Sackgasse vor einer großen, verlassenen Fabrik. Sollte mir dieses Kälte ausstrahlende Gebäude heute nacht Unterschlupf gewähren?

Ich hatte hier keine Heimat, niemand kannte mich, in Sunnydale wusste niemand, dass es mich gab. Keine Freunde, keine Hoffnung und vor allem keine Zukunft. Mein Leben früher war von Liebe erfüllt, ich hatte viele Freunde und eine gute Familie. Man lernt diese Werte erst schätzen, wenn man sie nicht mehr hat. Wenn man nicht mehr von Wärme umgeben ist, wenn man alles verloren hat, was einem wichtig war. Ich musste meine Heimat verlassen. Ich fühlte mich eingesperrt und bedrängt, eingeengt von Menschen, die mir einmal alles bedeutet haben und mir nun doch nicht mehr helfen konnten. Ich wusste es, und ich wollte nicht mein Schicksal zu ihrem machen. Meine Flucht führte nach Sunnydale. Ich kann nicht sagen warum, ich hatte von diesem Ort noch nie gehört, aber der Dämon in mir folgte diesem Weg. Manchmal war ich zu schwach um mich gegen die Bestimmungen des Dämons zu wehren. Und dieses manchmal kam nun immer öfter vor. Ich ließ ihn gewähren, ließ ihn seine bösen Machenschaften treiben. Und fühlte mich dabei schmutzig, gedemütigt... doch wurde ich immer öfter zu schwach um mich zu wehren. Die Erschöpfung machte sich häufiger in meinem Körper breit als ich wollte, oft lag ich stundenlang nur da und dachte nach. Doch die Wege meiner Gedanken schwächten mich noch mehr, denn die einzigen Gedanken die sich in meinem Kopf breitmachten, waren die über meine verlorene Zukunft und mein zerstörtes Dasein.

Langsam betrag ich das Gebäude, sah mich um. Alles war aus Stein, es wirkte kalt und doch vertraut. Ein hölzerner Tisch, ein Sofa und ein Kamin befanden sich in einem großen Raum, hinter einem Vorhang ein kleiner Garten mit einem Brunnen. Das Gebäude war riesig, einen Schlafraum mit einem großen Bett entdeckte ich auch. Es wirkte unbewohnt und doch hatte ich ein ungutes Gefühl, als ich mir am Brunnen die Anstrengungen des Tages abwusch und meine Haare kämmte - ohne Spiegel, aber der hätte mir auch nichts genützt, darin konnte ich mich ja doch nicht sehen. Ich streifte meine Kleider ab und schlüpfte in ein leichtes, weinrotes Nachthemd. Ich war müde, der Tag war anstrengend und erschöpfend gewesen. Es war 4.00 Uhr morgens und bald würde die Sonne aufgehen und für mich würde somit die Nacht beginnen. Ich legte mich in das weiche Bett, das ungute Gefühl in meinem Herzen... in meiner Seele wurde stärker, doch meine Müdigkeit übermannte mich und so fiel ich kurz darauf in einem traumlosen Schlaf, in dem ich alle meine Sorgen von mir stieß.

Ich weiß nicht wie lange ich geschlafen habe, aber es tat gut. Meine Knochen schmerzten nicht mehr von der langen Reise und im Moment des Aufwachens hatte ich sogar mein Schicksal vergessen.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen, fahles Licht drang durch die Tür. Ich hielt inne und runzelte die Stirn. Irgend etwas war anders, ich fühlte mich beobachtet. Langsam drehte ich mich um und blickte in die Augen eines jungen Mannes. Erschrocken zuckte ich zurück und doch konnte ich mich nicht seinem Blick entziehen. Seine Augen waren so samtig weich, er strahlte Wärme und Vertrauen aus. Und schon in diesem ersten Moment fühlte ich, dass uns etwas ganz besonderes verband. Etwas, dass auch er zu fühlen schien.

Ich stammelte eine Entschuldigung und erklärte ihm kurz, dass ich dachte das Gebäude sei unbewohnt. Der Mann lächelte milde und ich ärgerte mich über mein Stottern, wo ich doch sonst nicht auf den Mund gefallen war - doch bei ihm war das etwas anderes. Seine ganze Ausstrahlung, diese Überlegenheit und doch Güte, ich war verwirrt von seinem Erscheinen und von seiner Art.
"Macht nichts. Hier ist genug Platz für uns beide, das heißt natürlich nur, wenn du hierbleiben willst." antwortete der junge Mann, und seine Stimme ließ mir kalte Schauer über den Rücken laufen. Sie war noch weicher als der Ausdruck in seinen Augen. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich mich wieder gefasst hatte und der Kloß in meinem Hals verschwand. Ich war fasziniert und auch eingeschüchtert von seinem ganzen Erscheinen.
"Danke. Ich... ich bin neu hier. Es ist... nett von dir... Ihnen.", stotterte ich und hoffe, dass er in dem fahlen Licht nicht bemerkte, dass ich rot anlief.
"Schon gut. Und du heißt?"
"Tamina, und du?", schön langsam gewann ich meine Selbstsicherheit wieder.
"Angel."

Nun herrschte Schweigen zwischen uns. Verlegen saß ich noch immer in dem dünnen Nachthemd im Bett, wußte nicht wohin ich blicken sollte. Angel stand in der Ecke und blickte mich direkt an. Ich versuchte ständig seinem Blick auszuweichen und doch fesselte mich seine Anwesenheit. Ständig trafen sich unsere Blicke... minutenlang starrten wir uns an, ohne ein Wort zu sagen, ohne eine leichte Gestik. Einfach nur dieser unwahrscheinlich weiche Blick, dem ich nicht ausweichen konnte.

Ich war nahe daran durchzudrehen, seine Anwesenheit brachte mich fast um den Verstand – warum wußte ich nicht, konnte ich nicht ahnen, da räusperte sich Angel
"Ich warte dann draußen, damit.. ähm... damit du dich umziehen kannst."
"Danke", atmete ich kaum hörbar erleichtert aus.

Schnell schlüpfte ich in meine Jeans und den schwarzen Strickpulli, fuhr mir durch die Haare und ging Angel nach, mit der Hoffnung, dass kein Sonnenlicht in das Zimmer dringen würde, das ich soeben betrat.
Doch die Fenster waren mit schweren Vorhängen verdeckt, die Tür zum Garten verschlossen. Irgend etwas stimmte nicht, diese karge Einrichtung und die Dunkelheit. Sollte Angel etwa auch...? Aber das konnte nicht sein. Ich wagte nicht mal weiterzudenken, so entsetzt war ich darüber, welche Möglichkeit dieses "vielleicht" war.
Ich sah ihn in der kleinen Kochnische stehen, auf dem Küchentisch stand eine Tasse mit kochendem Tee. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und stellte mich in den Durchgang zur Küche. Da drehte sich Angel um und deutete auf die Tasse
"Für dich. Tut mir leid, was anderes habe ich nicht."
"Danke." Ich setze mich auf den Sessel und begann langsam den Tee zu trinken. Der Dämon sträubte sich, er sehnte sich nach Blut, doch diese Gunst wollte ich ihm nicht erweisen. Langsam trank ich aus der Tasse, bemüht den Dämon zu unterdrücken, der am liebsten alles wieder erbrochen hätte. Doch diesmal gab ich nicht nach, die Nacht und die Anwesenheit von Angel hatten mich gestärkt. Ich fühlte mich besser.
"Und was macht jemand wie du, in einer Stadt wie Sunnydale, noch dazu in dieser düsteren Ecke?" fragte mich Angel.

"Ich, ähm... ich möchte darüber nicht reden, denn wenn du meine Geschichte kennst, möchtest du nichts mehr mit mir zu tun haben. Es ist schwer..." antwortete ich zögernd.
Angel nahm mir gegenüber Platz und sah mir tief in die Augen.
"Ich werde dich nicht rauswerfen, dass verspreche ich dir, aber ich möchte wissen mit wem ich in Zukunft zusammenleben soll"
Es war erstaunlich, welches Vertrauen mir Angel entgegenbrachte, wo ich doch in sein Haus eingedrungen war und wo er mich doch gar nicht kannte.
"Ich... ich weiß nicht, ob du mir glauben wirst, wenn ich dir erzähle, wer und was ich bin." zögerte ich noch immer. Bis jetzt wusste noch niemand von meinem neuen Ich und dann sollte ich einem wildfremden Menschen meine Lebensgeschichte erzählen? Ich hatte Angst. Angst vor Unverständnis, Angst vor dem Danach und auch Angst es mir selbst einzugestehen. Ich dachte tagelang darüber nach, über mein neues Ich und meine Zukunft, aber ausgesprochen habe ich noch nie, was ich jetzt war, was ich sein sollte.
"Glaub mir, ich werde dich verstehen."

Meine starke Hülle hielt nun nicht mehr stand. Meine Seele zitterte, sehnte sich danach, endlich alles fallen zu lassen, endlich den Druck loszuwerden. Innerlich war ich froh, mit jemanden darüber reden zu können. Vielleicht war es auch besser, dass ich Angel noch nicht kannte, so fiel es mir leichter. Ich begann zu erzählen, von meiner Großmutter, die mir ihre Macht als weiße Hexe übergeben hatte, von meinem großartigen Gefühl dabei, von meinen Plänen die Welt zu verbessern, von meiner Heimat, meinen Freunden und meiner Familie. Und dann auch von meinem Schicksal, von Chares der mich zu dem machte was ich nun war. Es war das erste Mal, dass ich darüber redete, wie Chares mich in dieser einen Nacht, die ich mein Leben lang nicht vergessen sollte, zum Vampir machte. Es fing ganz harmlos an. Ich war im Eiscafé, meine Freunde waren schon gegangen und ich wollte mich auch gerade auf den Weg nach Hause machen. Da stieß ich mit Chares zusammen, zur Entschuldigung lud er mich auf ein Eis ein. Ich hatte von Anfang an ein komisches Gefühl, doch ich hörte nicht auf meine innere Stimme - denn zugegeben hatte Chares das gewisse Etwas, das man an Männern oft vergeblich sucht. Wir unterhielten uns gut, es war schon spät und Chares brachte mich nach Hause. Ich fand ihn nett und war von seiner Ausstrahlung, seinem Charakter fasziniert. In der einsamen Gasse vor meinem Haus, drehte er sich zu mir um und küsste mich, anfangs wehrte ich mich noch, doch dann gab ich noch. Zugegeben genoß ich die Berührungen von Chares, er war attraktiv und nett, warum sollte ich mich also wehren? Doch plötzlich wendete er sich ab und als er mir sein Gesicht erneut zuwandte, war es die verzerrte Fratze eines Vampirs.

Bis jetzt kannte ich Vampire immer nur aus Erzählungen meiner Großmutter. Sie warnte mich vor diesen Gestalten der Dunkelheit und bat mich immer auf mein Gefühl zu hören, denn weiße Hexen konnte durch ihre übersinnlichen Fähigkeiten die Anwesenheit von Vampiren spüren.

Ich hatte dieses Gefühl ignoriert, Chares war echt, keine Sage, keine Geschichte. Er stand mir gegenüber, Chares war real! Ich war gelähmt vor Angst, die Frucht breitete sich in meinem ganzen Körper aus, ich war unfähig zu schreien, zu laufen... unfähig mich zu wehren. Seine spitzen Zähne bohrten sich schmerzhaft tief in meinen Hals. Er saugte an mir und ich spürte wie ich schwächer wurde, wie meine Kraft nachließ. Ich konnte förmlich fühlen, wie mein Blut ihn stärkte, wie er sich an meinem Blut nährte. Ich verlor fast das Bewußtsein, nahm alles um mich nur mehr verschwommen war und fiel auf die Knie. Diese enorme Schwäche, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so fühlen würde. Ich merkte nur wie Chares sich am Handgelenk aufritze und mir sein Blut in den Rachen tropfte. Willenlos begann ich zu schlucken, die Schwäche hatte mich voll eingenommen. Von dem schrecklichen Ausmaß dieser Tat hatte ich damals noch keine Ahnung. Mein Körper wölbte sich auf, ich spürte eine immense Kraft in mir und spürte gleichzeitig die Verzweiflung meiner Seele.

Mein Körper zuckte, Chares beugte sich über mich, seine Lippen umschlossen meine, fordernd umkreiste seine Zunge die meine. Seine Hände umfassten meinen Nacken, langsam begannen sie tiefer zu wandern. Er strich über meinen Rücken, riß mir mein Shirt vom Leib und ich konnte seine Nägel spüren, die sich tief in meine Haut gruben. Ich wusste was er vorhatte, und war zu schwach um mich zu wehren, und wenn – es hätte doch nichts genützt, er war doch stärker. Ich wusste kaum mehr, was um mich vorging, in meinem Kopf war nur Leere – Stille – Nichts. Er küßte meinen Hals, ritze mit seinen Zähnen mein Dekolleté auf, leckte das Blut weg und umspielte mit seiner Zunge meine Brüste. Er streifte auch noch meine Hose ab, seine Hände stützten mein Po. Dann drang er in mich ein, stieß mit seinem Becken gegen meines. Ich schluchzte auf, doch dass erregte ihn noch mehr. Immer heftiger spürte ich ihn in mir. Spürte seinen Atem an meinem Hals, seinen Körper an meinem, in meinem. Ausgelöscht war das Bild, dass ich von ihm hatte – sein Äußeres, seine Ausstrahlung hatten mich getäuscht, jetzt sah ich ihn ihm nur noch meinen Peiniger, mein dunkles Schicksal. Endlich war es vorbei. Chares löste sich von mir, ein letztes Zucken durchfuhr meinen Körper, dann verlor ich endgültig das Bewußtsein.

Als ich wieder erwachte, befand ich mich in einer kleinen Hütte. Es war Tag und als ich die Fenster öffnen wollte, spürte ich den Schmerz. Die Sonne strahlte nur leicht durch den Schlitz, und dennoch spürte ich die Hitze, dennoch begann sich alles in mir gegen die Helligkeit aufzuwühlen.
Da wurde mir bewusst, was ich nun war. Was er aus mir gemacht hat. Die Erinnerung an die Schmerzen der vergangenen Nacht kehrten wieder, an ihn, an seine Taten. Mein Bewusstsein drang wieder in mich, die Verzweiflung breitete sich in mir aus. Ich schrie, trat gegen die Wände und brach schließlich schluchzend zusammen. Den ganzen Tag verbrachte ich in der Hütte. Stunden weinte ich, schrie und verstummte dann. Chares wusste nicht was ich vorher war, was er mir damit angetan hatte – und doch war dies keine Entschuldigung für seine Taten. Denn auch als reißender Dämon hätte ich mich noch an seine Taten erinnern könnten, der einzige Unterschied würde darin bestehen, dass diese Erinnerung mich lächeln hätte lassen – böse lächeln. Doch sie ließ mich nur weinen, verzweifeln und schwarz denken – schwarz, ein Begriff, der mehr als nur eine Farbe bedeutete. Mein neues ich war schwarz – meine Seele, meine Zukunft, mein Schicksal und mein Leben – alles schwarz in schwarz. Doch ich konnte es nicht mehr ändern, war nicht in der Lage es zu ändern. Ich dachte nach, Tränen rannen mir über die Wangen. Und dann faßte ich den verzweifelten Entschluß die Stadt zu verlassen, da ich wusste das der Vampir Oberhand über meine Seele gewinnen würde, dass ich zum reißenden Killer werden würde. Und das wollte ich meinen Freunden nicht an tun.

Ich trampte die ganze Nacht durch, meine letzten Kraftreserven brauchte ich auf, flüchtete vor mir und meinem Leben und landete schließlich in Sunnydale. Ich erzählte ihm auch von meinem inneren Kampf, von dem Krieg meiner Seele mit dem Dämon und von meiner Angst vor der Zukunft.

Als ich fertig war, ging es mir besser. Die Worte waren förmlich aus mir gesprudelt, ich hatte vergessen, dass ich erzählte... dass ich es jemanden erzählte, den ich nicht kannte, hatte alles um mich vergessen. Nun hob ich denk Kopf, streifte meine Haare zur Seite und mein Blick traf seinen.

Angel hatte mir die ganze Zeit schweigend zu gehört, und doch bemerkte ich das Interesse in seinen Augen.
"Und, verstehst du mich, glaubst du mir?" fragte ich verzweifelt.
Ein leichtes Zucken ging durch Angels Gesicht, ich blickte entsetzt in die verschwommenen Züge eines Vampirs, ein paar Sekunden später war es vorbei und Angels Gesicht war wieder das Gleiche. Ich konnte nicht glauben, was ich da eben gesehen hatte, war unfähig zu glauben was ich gesehen hatte und Angel beantworte meine Frage nur mit einem leisen "Ja."

Ich war entsetzt und doch hatte ich tief im Inneren schon geahnt, dass Angel nicht menschlich war. Doch er war auch kein richtiger Vampir, er war anders. Obwohl ich noch nicht viele Vampire kannte, wusste ich das sofort. Der Dämon in mir schien es zu spüren, ich war vielleicht dadurch feinsinniger gegenüber Gestalten der Dunkelheit geworden.
Fragend blickte ich ihn an und Angel wusste, dass nun er dran war mit Erklärungen.

Nun erfuhr ich von seinen Greueltaten, von seiner Lust zu töten und von dem Zigeunermädchen, von dem Fluch der ihm seine Seele zurückgab und von seiner Reue, von der Jägerin und von seinen Versuchen seine Taten wieder gutzumachen.
Gespannt hörte ich zu, ich war faszinierend von seiner Geschichte. Berührt davon, dass es ihm ähnlich ging wie mir.

Wir waren verlorene Seelen, bestimmt dazu unser Dasein in einem Körper zu fristen, denn wir haßten. Nicht fähig unser Schicksal zu ändern, aber auch kaum fähig es zu tragen.

Es war spät geworden, der Tee war inzwischen kalt, aber ich hatte auch keine Lust mehr, ihn zu trinken. Mein Körper gierte nach Blut, warmen Blut. Ich sträubte mich dagegen, mein Körper begann vor Schwäche und Verlangen zu zucken, ich keuchte und vor meinen Augen wurde es schwarz. Ohnmacht drohte mich zu überfallen, doch ich war noch stark, richtete mich auf und schüttelte das Verlangen ab.
Angel sah mich an, sein Blick war leer und doch mitfühlend, sein Blick – dem ich nicht ausweichen konnte.
"Dein Körper verlangt nach Blut."
"Der Dämon in mir, nicht ich. Aber ich werde nicht nachgeben, ich werde nicht zum Killer."
"Du stirbst wenn du kein Blut bekommst. Der Dämon in dir würde sterben und dich mitnehmen..."
"Vielleicht wäre es besser", schluckte ich leise
"... mitnehmen in die Hölle. Glaub mir, dort ist es nicht besser."
"Von wo willst du das wissen?"
"Ich war dort."

Entsetzt blickte ich ihn an, fragte mich, ob ich mich verhört hatte. Nun glitt kein Wort mehr über meine Lippen. Ich war stumm vor Entsetzten, stumm vor Verzweiflung.
Ich starrte ihn nur an, sekundenlang – minutenlang. Wir sprachen mit unseren Augen, sein Blick ließ mich sein Leiden spüren, ließ mich spüren, wie es in der Hölle war.
Dann wandte Angel seinen Blick ab, ich senkte meinen Kopf, noch immer verstört. Angel stand auf und verschwand schweigend durch den Vorhang, mittlerweile war es schon wieder dunkel geworden. Der Tag war schnell vergangen, die Anwesenheit von Angel ließ ihn förmlich verfliegen.
Ich konnte nicht leugnen, dass mich Angel anzog – körperlich und seelisch. Sein Schicksal, seine Stärke berührte meine Seele. Sein Aussehen, seine Ausstrahlung fesselten mich.

Warum war er ohne ein Wort verschwunden? Konnte er meine Gegenwart nicht mehr ertragen? Bereute er bereits, mich bei sich aufgenommen zu haben.

Ich sehnte mich nach Sonnenlicht, nach Blumen. Langsam erhob ich mich, wanderte durch das Zimmer, schob den Vorhang langsam zur Seite und betrat den Garten. Alles war dunkel, alles war schwarz. Ich durchstreifte die breiten Gänge, sah mich um, berührte die Blumen und Sträucher. Doch es war nicht mehr dasselbe, ich fühlte die Erde zwischen meinen Fingern, roch daran. Es war nicht dasselbe wie bei Sonnenlicht. Tränen flossen über meine Wangen, ich schloß meine Augen, konzentrierte mich auf das Plätschern des Brunnens und strich immer wieder über das kleine Blumenbeet. Ich versuchte mir Sonnenlicht und Wärme vorzustellen, blühende Blumen und weite Flächen. Doch es funktionierte nicht, ich öffnete meine Augen und vor mir lag die schwarze Wand und die dunklen Sträucher.

Ich lehnte mich an die Wand, ging auf die Knie... die Schwäche übermannte mich wieder. Ich atmete tief durch, legte meine kalten Hände an die erhitzen Schläfen und versuchte an etwas anderes zu denken. Langsam kreisten meine Finger an der Stirn, ich versuchte mich zu beruhigen. Und hielt schließlich inne. Da war etwas... ich sog die Luft tief in mich ein, erhob mich und ging geleitet vom Dämon wieder ins Haus.

Da war Angel... in seiner Hand Blutkonserven. Ich ging immer schneller, meine Augen begannen zu leuchten. Der Dämon verdrängte meine Seele. Ich wollte kein Blut zu mir nehmen, wollte nicht aufgeben. Doch ich konnte mich nicht mehr wehren, Angel sah es mir an, er verzieh mir meine Schwäche, weil er sie genauso spürte. Ich riss die Konserve auf, sog das Blut in mich ein, roch es, spürte es, genoß es – wider meinem Willen. Gierig ließ ich es in meinen Rachen laufen, der Dämon in mir nährte sich daran. Tankte neue Kraft, Kraft um mich zu beherrschen. Mein Gesicht zuckte, ich nahm die Züge eines Vampirs an – zum ersten Mal gewann der Dämon völlig die Oberhand. Ich wusste nicht mehr was ich tat, trank nur Blut, und genoß es.

Nach einigen Minuten war es wieder vorbei, ich schämte mich für meine Tat. War entsetzt von der Kraft des Dämons, von dem Verlangen nach Blut. Ich versuchte Angel auszuweichen. Doch er nahm mich in die Arme und hielt mich fest. Ich begann zu schluchzen – wieder kam die Verzweiflung über mich. Angel verstand mich, meine Gefühle und die Gier nach Blut – und doch schämte ich mich, schämte mich vor mir.

Langsam beruhigte ich mich wieder, wurde müde und bat Angel, mich zum Bett zu führen. Dort legte ich mich hin, Schwäche brach über mir ein und ich fiel in einen tiefen Schlaf. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich Blut getrunken, und ich war noch immer entsetzt darüber. Doch ich konnte es nicht ändern – noch ein Umstand den ich nicht ändern konnte.

Als ich erwachte, spürte ich, dass der Dämon in mir stärker war... er würde immer stärker werden, je mehr Blut ich zu mir nahm. Es war ein Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gab – trank ich Blut, würde der Dämon gewinnen, verweigerte ich ihm den Genuß, würde ich sterben. Was sollte ich nur tun? Als Killer leben oder sterben um in der Hölle zu enden. Ich wußte nicht, was besser war. Wußte nur, dass der Dämon immer gewinnen würde.

Ich drehte mich zur Seite, wollte noch etwas schlafen – denn im Schlaf konnte ich meine Sorgen, meine Verzweiflung hinter mir lassen – und bemerkte Angel, der schlafend neben mir lag. Ich überlegte kurz und legte mich dann an seine Schulter, spürte seine Wärme, fühlte mich geborgen und beschützt... so schlief ich beruhigt wieder ein.

Erneut erwachte ich, blinzelte leicht. Ein Lächeln glitt über mein Gesicht, als ich Angel noch immer spürte. Ich hob den Kopf und blickte in seine warmen Augen. Er lächelte, strich meine Haare aus meinem Gesicht und küßte meine Stirn.

Wir kannten uns so wenig, doch zwischen uns herrschte Vertrauen. Ich glaube, Angel wusste, dass ich besonders viel Liebe und Zuwendung brauchte. Ich war froh und dankbar, dass er mir diese Gefühle entgegenbrachte – und sei es auch nur, weil er Mitleid mit mir hatte. Wie ein Kätzchen rollte ich mich ein, legte meinen Kopf an seine Brust und blickte zu ihm hoch. Wir sahen uns nur an, tauschten unsere Gefühle über unsere Blicke – Worte hätten die Stimmung nur zerstört.

Es war schon spät am Abend als wir aufstanden, die warme Kuhle des Betts verließen und uns in die Küche setzten. Die Spannung zwischen uns war förmlich zu spüren. Wir redeten kaum und wenn, war es nur ein Flüstern. Beide hatten wir Angst die Stimmung zwischen uns zu zerstören – das zu zerstören, was momentan wichtig war... was uns Kraft gab... das Gefühl, denselben Gedanken in zwei Körpern zu wissen. Den ganzen Tag über konnte ich den Dämon unterdrücken, konnte ich ICH sein. Angel stärkte mich, er gab mir Halt und ich gewann wieder an Hoffnung den Dämon in mir besiegen zu können, unterdrücken zu können.

Gegen Abend wurde ich wieder schwächer, ich spürte das Verlangen nach warmen Blut in mir, und ich wurde wieder verzweifelter. Den ganzen Tag war ich stark gewesen, doch kaum brach die Nacht über uns herein, erwachte der Dämon in mir und begann die Herrschaft über meinen Körper zu übernehmen, beachtete nicht die verzweifelten Rufe meiner Seele, erfreute sich an meinem Leid.

Angel sah mir an, dass ich schwächer und auch durstiger wurde. Er wusste, dass der Dämon wieder Macht über mich ergreifen würde. Er zog sich seinen Mantel über und wollte sich wieder auf den Weg machen – doch ich hielt ihn zurück und bat ihn, mitkommen zu dürfen. Ich wusste, dass es eine Gefahr war – denn vielleicht würde der Dämon Besitz über meinen Körper nehmen, würde einen Menschen aussaugen wollen. Doch ich hielt es einfach nicht mehr aus, seit Tagen sah ich nur mehr die kahlen Wände dieser Ruine. Ich fühlte mich nicht nur seelisch sondern nun auch körperlich eingesperrt – eingeengt.

Angel sah den Ausdruck in meinen Augen, verstand mich – und ließ mich mit ihm in die Nacht ziehen. An seiner Seite konnte ich niemandem etwas antun – er würde es verhindern. Und so schlenderten wir langsam durch die Straßen von Sunnydale. Wir durchkreuzten einsame Seitengassen, kamen vorbei an einer kleinen Kapelle und einem Kino – neugierig blickte ich mich um, keine Sekunde standen meine Augen still. Angel hatte einen Arm um meine Taille gelegt und beobachtete mich amüsiert.

Schließlich kamen wir zu einem Friedhof, denn wir überqueren mussten. Ich wurde nervöser, fühlte die Anwesenheit von anderen Vampiren – doch Angel beruhigte mich mit seiner sanften Stimme und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Plötzlich spürte ich einen stechenden Blick in meinem Rücken. Ich drehte mich um, hinter mir stand ein blondes, zierliches Mädchen, welches ich noch nie zuvor gesehen habe. Doch ich spürte, dass sie Macht hatte. Angel scheinbar auch, er zuckte leicht zusammen – seine Augen bekamen einen verklärte Ausdruck und er flüsterte "Buffy." Das Mädchen starrte uns noch immer entsetzt an – scheinbar unfähig sich zu bewegen, doch auch Angel konnte den Blick nicht von ihr lassen. Die Nervosität in mir wurde größer – ich blickte von Angel zu diesem Mädchen. Diese drehte sich langsam um, ließ einen Pflock in ihrer Hand kreisen und verschwand dann in den Weiten des Friedhofs. Noch ein letztes Mal drehte sie sich um, und ich konnte die Tränen bemerken, die in ihren Augen glitzerten.

Schweigend setzten Angel und ich unseren Weg fort
"Wer war das?" brach es dann aus mir heraus, ich hielt diese drückende Stille einfach nicht mehr aus.
"Buffy" antworte Angel mir und schien gar nicht mehr zu registrieren, dass ich da war. Sein Arm war nicht mehr um meine Taille gelegt und er sah mich nicht mehr mit diesen sanften Augen an.
"Hmm..." erwiderte ich und begann langsam sauer zu werden.
Angel schien das zu bemerken.
Er entschuldigte sich und begann zu erklären:
"Tut mir leid. Buffy ist – war meine große Liebe. Sie ist die Jägerin. Wir verbrachten schöne Stunden miteinander – wir waren unzertrennlich. Doch als wir miteinander schliefen, wurde ich wieder zu Angelus... und versuchte sie zu töten. Sie schaffte es, mich zu überwältigen und schickte mich in die Hölle. Doch ich kehrte wieder – mit Seele. Unsere Beziehung flammte erneut auf, doch ich begriff, dass es keinen Sinn hat – dass wir nie glücklich sein würden, dass wir keine Chance haben und so trennte ich mich von ihr... es ist noch nicht so lange her. Es tut weh, wenn ich sie sehe, weil ein Teil in mir sie immer noch liebt."

Ich nickte, wusste nicht was ich darauf sagen sollte. An seiner Stimme erkannte ich, dass Angel noch immer an Buffy hing und es ihn schmerzte darüber zu reden. Und tief in mir spürte ich einen Stich, er liebte Buffy – und somit hatte auch ich keine Chance.

Das war das erste Mal, dass ich mir zugestand, Gefühle für Angel zu haben – ich hatte mich in ihn verliebt, doch er empfand nicht das gleiche für mich.

So legte ich einfach nur meinen Arm um ihn und wir gingen weiter, bis wir endlich beim Krankenhaus ankamen. Angel bat mich zu warten und schlich sich hinein um kurz darauf wieder mit zwei Blutkonserven zu erscheinen. Ich spürte wieder den Durst in mir, doch ich hielt mich zurück. Der Weg zurück zur Ruine ging trotzdem wesentlich schneller, als der Weg zum Krankenhaus.

Kaum im Wohnzimmer angelangt, riss ich Angel die Blutkonserve mit einem entschuldigenden Blick aus der Hand. Ich spürte die Veränderungen in meinem Gesicht – und was viel wesentlicher war – die Veränderung meiner Seele. Nur noch ganz schwach war der Ruf der Verzweiflung zu hören, resigniert und leise verhallte er in meinem Inneren.

Gierig riss ich die Konserve auf, meine Zähne bohrten sich in das kalte Plastik. Das noch warme Blut rann langsam meinen Rachen hinab. Ein Glücksgefühl breitete sich in mir aus, ich begann zu lächeln und warf den Beuteln achtlos in eine Ecke.

Ich drehte mich um, blickte zu Angel. Auch er hatte gerade seinen Durst gestillt und warf den Beutel zur Seite. Jedoch hatte er seine schwarze Seite, seine Gier besser unter Kontrolle. Ich legte den Kopf zur Seite, mein langes dunkelbraunes Haar fiel über meine Schulter und umspielten meinen Nacken. Meine Vampirfratze verschwand, meine Augen waren wieder stahlblau und ruhten auf Angels Antlitz. Langsam, jeden Schritt genau abwägend, ging ich auf Angel zu. Fuhr ihm durch die Haare, strich ihm über seine Wangen und küsste ihn sanft.

Zuerst spürte ich noch Abwehr in ihm, er wollte mich von sich stoßen, doch dann gab er nach, öffnete seinen Lippen und küsste mich. Seine Hände strichen sacht über meinen Rücken, massierten meine verspannten Muskeln. Doch ich wollte mehr – fordernd glitten meine Hände unter sein T-Shirt, berührten seine kräftigen Muskeln. Meine Zunge umkreiste seine, umspielte seine Lippen. Angel öffnete vorsichtig die Knöpfe meiner Bluse und lies sie achtlos zu Boden fallen. Ich sah im tief in die Augen und ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als er mich aufhob und ins Schlafzimmer aufs Bett beförderte. Noch immer lächelnd zog ich ihm den Pulli über den Kopf und begann vom Hals beginnend jeden Zentimeter seiner Haut mit kleinen Küssen zu bedecken. Bald schon lagen wir nackt nebeneinander. Unsere Küsse und Berührungen wurden immer fordernder. Ich begehrte ihn, seine Anwesenheit machte mich verrückt.
Endlich drang er in mich ein. Ein leichtes Stöhnen glitt über meine Lippen. Ich spürte, wie sich mein Inneres aufwölbte, wie meine Seele schrie. Doch es war mir egal. Ich ignorierte die Schmerzen, ignorierte den Schrei. Ich wusste, dass es bald zu Ende sein würde, denn nur noch leise vernahm ich den Ruf. Ich hatte keine Angst vor dem Danach, ich lebte nur für diesen Augenblick. Die Zukunft war mir egal, und ich war froh, endlich so fühlen zu können. Ich war beinahe frei. Und es fühlte sich gut an. Wie ein Hauch von Luft löste sich der Schrei auf. Ich konnte es fühlen. Wieder transformierte ich, spürte wie sich die Züge meines Gesichts veränderten... und es gefiel mir. Schnell biss ich zu. Angel zuckte vor Schreck zurück, doch dann gab er nach, ließ mich gewähren und genoss es. Immer tiefer bohrten sich meine Zähne in seinen Hals, immer wilder bewegte er sich in mir. Und dann biss auch er zu. Ich schloss die Augen. Genoss es. Vergaß alles um mich herum. Ich fühlte nichts mehr – keine Verzweiflung – keinen Schrei – und vor allem: keine Seele.

Die Dämmerung brach wieder über Sunnydale herein. Wir lagen noch immer im Bett, umhüllt von schwarzer Seide, umhüllt von unseren Gefühlen. Ich war frei – endlich, dieses Gefühl werde ich wohl nie vergessen. Freiheit... langsam wendete ich meinen Kopf, blickte Angel an. In stummen Einverständnis standen wir auf. Angel lächelte, doch etwas hatte sich verändert. Der Zug um seinen Mund, um sein Lächeln war gehässig, fies, und doch so anziehend auf mich. Ich fuhr mir durch die Haare, genoß seine Blicke, die auf meiner nackten Haut ruhten. Sein Grinsen wurde breiter und ich spürte die Gier in ihm. Ich schlenderte auf ihn zu, umarmte ihn und begann ihn zu küssen, immer fordernder drückte ich meinen Körper an seinen. Doch als er in mich eindringen wollte, lachte ich leise und drehte mich weg.

"Ich brauche neue Klamotten. In denen kann man sich ja kaum sehen lassen." stellte ich mit einem geringschätzigen Blick auf meinen grauen Pulli und die Jeans fest, ich wendete ihm meinen Kopf zu und der Ausdruck in seinen Augen veranlasste mich zu einem Lachen. Es war zu komisch, die Mischung aus Wut und Enttäuschung. Ich wusste, was er wollte, und ich würde lügen, wenn ich nun sagen würde, dass nicht auch ich darauf Lust hätte. Doch ich konnte warten, konnte meine Gefühle im Zaum halten. Zuerst sollte er mir geben was ich wollte.

Mit einem angeekelten Nasenrümpfen zog ich meine Sachen an, inzwischen hatte sich auch Angel bekleidet. Die schwarze Lederhose, das weinrote Seidenhemd und der schwarze Blazer standen ihm fantastisch. Als er vor mir stand, blieb mir die Luft weg, ich war fasziniert, fühlte mich von seiner Gegenwart so angezogen, war süchtig nach seinen Berührungen, seinen Worten. So tiefe Gefühle hatte ich noch nie empfunden.
Natürlich bemerkte er meinen starren Blick, der auf seinem gut gebauten Oberkörper ruhte, der sich durch den feinen Stoff abzeichnete. Und natürlich quittierte er den Blick mit einem breiten Grinsen.
Ich schüttelte kaum merklich den Kopf, um mich endlich von ihm abzuwenden.

"Gehen wir endlich?" fragte ich ungeduldig. Ich wollte raus hier. Frische Luft atmen, die Welt mit anderen Augen sehen, Neues kennenlernen und nicht zuletzt Blut trinken, frisches Blut.
"Klar" antwortete Angel knapp. Er nahm mich an der Hand und so schlenderten wir nach Sunnydale. Gemächlich, denn wir hatten Zeit, alle Zeit. Niemand ahnte etwas – noch. Früh genug müßten wir vermutlich fliehen, doch noch konnten wir ruhig sein.

Die Straße war menschenleer, doch ich konnte sie riechen, das warme Blut, dass in ihren Adern floß und meine Lust zu töten stieg.
An der nächsten Kreuzung war es soweit... Menschen, ein junges Pärchen, frisch verliebt querte unseren Weg. Man konnte das Knistern zwischen den beiden spüren. Angel löste sich von mir, beschleunigte seine Schritte kaum merklich. Ich fühlte seinen Durst, und ich verstand ihn. Er war frei, genauso wie ich. Und doch anders. Er wusste, was es hieß, böse zu sein. Er kannte die Lust zu töten. Und er liebte es!
Ich hielt mich noch im Hintergrund, ich liebte es, ihm zuzusehen. Er spielte seine Rolle perfekt. Höflich und schüchtern ging er auf die beiden zu, er fragte nach dem Weg. Freundlich begann die Kleine zu erklären, doch ehe sie es sich versah, gruben sich Angel's Reißzähne in ihren Hals. Sie schrie auf, doch es half nichts. Ihr Freund war entgeistert, gelähmt starrte er auf seine Freundin... und auf den Vampir, der dabei war sie zu töten. Nun war ich dran. Von hinten schlich ich auf den jungen Mann zu, riss ihn mit einem plötzlichen Ruck zu mir her und vertiefte meine Zähne in seine Adern. Blut floß durch meinen Gaumen, meinen Rachen hinunter. Es war das erste Mal, das ich einen Menschen biß. Das erste Mal, dass ich frisches Blut trank. Und es war gut! Ich spürte am ganzen Körper dieses Kribbeln. Es war wie eine Droge. Ich konnte kaum aufhören zu trinken, den verzweifelten Schrei des Jungen hörte ich nur entfernt. Doch schneller als ich dachte oder wollte war er tot, sank in meinen Armen zusammen und fiel zu Boden, um dort neben seiner Freundin liegen zu bleiben. Bleich, blutleer, tot!
Angel nahm mich in den Arm, er küsste mich, sein Durst war gestillt. Ich konnte das Blut an seiner Zunge, in seinem Rachen noch schmecken. Doch es störte mich nicht.
Er lachte, ich wusste, dass er stolz auf mich war. Ich konnte es in seinen Augen sehen. Wir ließen die Opfer einfach auf der Straße liegen, und gingen weiter – Richtung Stadt.
Gedanken
Mittlerweile waren Angel und ich in der Stadt angelangt. Es war dunkle Nacht. Kaum eine Menschenseele war auf der Straße anzutreffen. Doch es war uns nur recht, der Durst war gestillt. Und so konnte ich meinen kleinen "Einkaufsbummel" ungestört machen. Je näher wir dem Einkaufszentrum kamen, desto schneller wurden meine Schritte. Mich packte richtige Euphorie und Vorfreude. Das Tor des riesigen Komplexes war schnell geknackt und im Inneren drehte ich mich zuerst stürmisch um die eigene Achse. Ein Lachen entglitt meiner Kehle und begeistert hüpfte ich Angel um den Hals.
Langsam beruhigte ich mich etwas und sah mich um. Lauter neue Sachen – alles nur für mich, und das beste: alles umsonst! Vor einem großen Shop, mit Klamotten dir mir gefielen, hielt ich an. Die gläserne Tür zerbrach. Ich schnappte mir eine schwarze Lederhose, im Stil von Angel. Dazu eine Jacke und natürlich ein Hemd – ein weißes aus Satin. Weitere edle Oberteile landeten auf Angels Arm, dazu eine schwarze Hose aus Satin, ein bodenlanges weinrotes Kleid und gerade als Angel sich eine Tasche besorgte, entdeckte ich es – ein Outfit bei dem Angel ein bewundernder Pfiff entkam. Es war perfekt. Wie für mich gemacht. Schwarz, glänzend, elegant. Ein schwarzer kurzer Rock, der Stoff schimmerte leicht im dunkeln Licht. Dazu eine passende Jacke, die etwa zehn Zentimeter länger war, als der Rock. Das Oberteil – weinrot, aus Satin. Ein Hauch von nichts. Die dünnen Träger waren kaum sichtbar, der knappe Stoff spannte sich über meinen Busen, der Bauch lag frei. Hinten wurde es nur durch zwei gekreuzte Schnüre zusammengehalten. Es war perfekt. Die kniehohen Lederstiefel vervollständigten das Outfit. Doch Angel war noch nicht zufrieden und als wir beim Juwelier vorbeikamen, glitt ein Lächeln über sein Gesicht. Kaum merkbar schlug er die Scheibe ein und zog eine silberne Kette heraus, um sie mir um den Hals zu legen. Jetzt war es perfekt! Die Jeans und den Pulli hatte ich bereits im Kaufhaus abgelegt, mit meinem neuen sexy Outfit fühlte ich mich wesentlich wohler.
Wir beschlossen nun nach Hause zu gehen. Die Dämmerung nahte bestimmt schon. Ich nahm Angel die Taschen ab und wir machten uns auf den Weg. Wieder kreuzten keine Leute unseren Weg. Kurz vor der Villa jedoch kam uns eine Frau mittleren Alters entgegen. Sie war hübsch und Angel schlüpfte wieder in seine Gentlemen-Rolle. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, als er die Frau höflich nach dem Weg fragte. Bevor sie noch antworten konnte, biß er schon zu. Er begann an ihr zu saugen und ich hatte das zusehen satt. Deshalb stellte ich die Taschen ab und gesellte mich zu Angel. Der Hals war groß genug, ihr Blut floß warm durch unsere Körper, stillte unseren Durst, befriedigte unsere Gier. Sie hatte kaum Zeit zu schreien gehabt, fahl – wie auch die anderen – fiel sie zu Boden.
Lächelnd nahm Angel die Taschen, hackte sich bei mir ein und wir setzten unseren Weg fort, als wäre nie etwas gewesen.

Wir waren viel zu sehr beschäftigt mit uns, mit dem Opfer. Den Schatten, der hinter einem Busch kauerte bemerkte keiner. Wie auch, wir rechneten schließlich nicht damit, dass uns jemand beobachtete. Doch er war da. Ein kleiner Schatten – der mehr wusste als andere. Eine Person – die mehr konnte als andere.

Willow.

Als wir weit genug entfernt waren, stand sie auf. Der Ausdruck im Gesicht war entsetzt, verwirrt und voll Angst. Leicht torkelte sie noch, doch dann begann sie zu laufen. Immer schneller wurde die Schritte, immer eiliger trugen sie ihre Füße. Sie achtete nicht auf den Weg, auf die Dunkelheit. Tränen liefen über das blasse Gesicht. Der Atem kam nur mehr stoßweise aus den Lungen.

Keuchend erreichte sie ihr Ziel. Die Sunnydale High. Wenn Menschen hier gewesen wären, sie hätten sich bestimmt gefragt, was eine junge Person wie diese, bei Nacht in der Sunnydale High wollte.
Doch es war niemand da. Niemand, der sich sorgte. Niemand, der Angst hatte. Doch es würde sich ändern.
Das Tor schwang schnell auf und zu, Willow eilte zur Bibliothek. Mit festen Schritten, doch innerlich noch immer aufgewühlt betrat sie sie.
Um den Tisch waren alle versammelt. Giles stand mit einem dicken Buch an der Treppe, Anya saß auf Xanders Schoß und schnitzte einen Pflock, genauso wie Xander, der gerade auflachte. Buffy beobachtete die beiden amüsiert, vor ihr lag ein ebenso dickes Buch.
Als sie Willow erblickten, erstarrte das Lächeln auf ihren Gesichtern. Verwirrt schauten sie ihre Freundin an.

Etwas war anders, das spürten sie genau. Sie hatten Willow schon lange nicht mehr so aufgelöst gesehen. Ihre Augen waren verquollen, die Tränen trockneten noch auf der Wange. Sie zitterte leicht, keuchte auch noch vom schnellen Laufen.
Keiner traute sich zu fragen, was Willow widerfahren war.
Doch das brauchten sie auch nicht, denn Willow tat es selbst.
"Angelus ist wieder da."
Es wurde still, totenstill. Man konnte die Angst fühlen – alle erstarrten, aus Angst und aus Verzweiflung. Keiner konnte es glauben, langsam flossen Tränen über Buffy's Wangen. Der Stift der Giles aus der Hand fiel, prallte am Boden auf – die Stille war zerstört, äußerlich. Doch in den Gedanken nahm niemand das Geräusch war.
Viel zu beschäftigt waren sie jetzt mit ihren Gedanken, viel zu beschäftigt mit ihrer Angst.
"Angelus ist wieder da"
Das Echo tönte noch lange in ihren Köpfen... Angelus – der Inbegriff von Hass, Angst und Verzweiflung.

 

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