AUTOR: AngelsBlue (AngelsBlue@aol.com)
TITEL: Schritte in die Zukunft
INHALT: Angel besucht Buffy in Sunnydale
FREIGABE: Wer die Serie schaut, kann es auch lesen
SPOILERS: Wenige Spoiler aus beiden Serien enthalten (Buffy S4, Angel S1)
DISCLAIMER: I do not own any character of BTVS or ATS, they all belong to Joss Whedon, the WB, Mutant Enemy etc.
KOMMENTAR: Wie immer freue ich mich auf Kommentare, denn Euer Feedback ist es, was mich couragiert, weiter zu schreiben. Je mehr, desto besser!
Diese Geschichte ist die Fortsetzung meiner Story „Schatten der Vergangenheit“, sie spielt in Sunnydale und - welch Überraschung - die Hauptcharaktere sind natürlich Buffy und Angel.



Schritte in die Zukunft


Kapitel Eins

Beep....beep.....beep.....! Die allerersten Sonnenstrahlen berührten gerade den Himmel. Buffy dreht sich um und zog ihr Kissen über den Kopf, doch das penetrante Geräusch des Weckers drang auch dadurch noch an ihr Ohr. Sie hob den Arm und ließ ihn gewaltsam auf das Gerät niedersausen. „Hey!“ lachte Willow. „Was hat der arme Wecker dir getan?“ Buffy gähnte. „War 'ne lange Nacht, ich mag nicht aufstehen.“ Willow grinste und trat näher an ihr Bett. „Hast du vergessen? Heute ist Samstag!“ Sie fuhr hoch und wirkte plötzlich hellwach. Ihre Augen strahlten. „Wußte ich doch, daß das deine Laune bessern würde.“ meinte Willow begeistert. „Wann kommt er denn?“ Buffy stand auf und holte ihre Kleidung aus dem Schrank. „Er müßte bereits hier sein. Er wollte noch in der Nacht losfahren, so daß er kurz vor +Morgengrauen hier ankommt.“ „Ich kann's immer noch nicht glauben, daß ihr wirklich wieder zusammen seid. Ich freu' mich so für dich!“ Das rothaarige Mädchen umarmte die Freundin enthusiastisch. Buffy verzog das Gesicht. „Nun, da bist du wohl die einzige. Riley ist ausgeflippt, Xander redet seit Tagen nicht mehr mit mir und ich will gar nicht wissen, was meine Mom sagen wird, wenn ich ihn heute abend mit zum essen bringe.“ Willow zog die Brauen hoch. „Du hast ihr noch nichts gesagt?“ „Nein, ich dachte es sei besser, sie vor vollendetet Tatsachen zu stellen. Ich hatte wirklich keine Lust auf eine Woche voller Appelle an meine Vernunft. Willow, ich liebe ihn und ich kann und will nicht ohne ihn leben. Niemand wird sich je wieder zwischen uns stellen. Auch dieser verdammte Fluch nicht!“ Ihre Stimme wurde ungewollt lauter und Willow ergriff ihre Hände. „Ich werde alles tun, um euch zu helfen. Tara spielt mit, wir werden eine Möglichkeit finden, da bin ich mir sicher.“ Dankbar blickte Buffy ihre Zimmerkameradin an. „Wenn ich dich nicht hätte, Will!“
Sie ging ins Bad, um sich anzuziehen. Ihr Herz machte kleine Freudenhüpfer bei jedem Gedanken an Angel. Es war eine lange Wochen gewesen ohne ihn und obwohl er jeden Abend angerufen hatte, fühlte sie sich immer noch wie in einem Traum, einem Traum, viel zu schön um wahr zu sein. Heute würde sie ihn endlich wiedersehen und das würde ihr helfen, endlich zu glauben.

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Es klopfte an der Türe ihres Zimmers und Willow öffnete. „Hey Angel!“ rief sie erstaunt, als sie den geheimnisvoll wirkenden Mann vor der Türe erblickte. „Hi Willow!“ erwiderte er und das Mädchen umarmte ihn herzlich. Angel war überrumpelt, mit diesem Empfang von seiten Buffy's bester Freundin hatte er nicht gerechnet. Vorsichtig, als habe er eine Puppe aus feinstem Porzellan in den Armen, erwiderte er die herzliche Geste. „Wie geht es dir?“ erkundigte sie sich freudestrahlend. Der Vampir ließ sie los und lächelte. „Es geht mir gut, danke!“
Die Tür zum Bad flog auf und Buffy stürzte heraus. „Angel! Ich habe deine Stimme gehört.“ Sie lief auf ihn zu und er umarmte sie, diesmal heftiger, verlangend. Sie schwang ihre Beine um seine Hüften und ihre Lippen trafen sich in einem sehnsüchtigen Kuß. Schließlich fragte sie atemlos: „Was machst du hier? Ich wollte gerade zur Villa kommen.“ Er schaute sie aus sanften, schokoladenbraunen Augen an. Sie funkelten, als ein Lächeln seine meist so ernsten Gesichtszüge erhellte. „Ich wollte dich überraschen!“ antwortete er. Sie sprang zu Boden. „Das ist dir gelungen! Warum kommst du nicht rein?“ meinte sie verwundert, als er ihr nicht ins Zimmer folgte. Zwar konnte ein Vampir nicht ohne Einladung die Wohnung eines lebenden Menschen betreten, doch schließlich hatte sie Angel diese Erlaubnis schon bei seinem letzten Besuch in Sunnydale erteilt. Noch immer stand er ungerührt im Türrahmen. „Ich dachte, du hättest vielleicht gerne noch länger Freude an meiner Anwesenheit.“ meinte er schließlich peinlich berührt und zeigte auf die Fenster der Studentenwohnung, durch die die Strahlen der Morgensonne den Raum hell durchfluteten. „Ah...oh...“, brachte Buffy nur hervor, während Willow schnell die Jalousien schloß. Die Jägerin lächelte ihren Freund an. „Tut mir leid, ich bin wohl etwas aus der Übung, was das Zusammensein mit einem Vampir betrifft.“ „Natürlich,“ sagte Angel mit einem merkwürdigen Unterton in der Stimme, „bei Riley brauchtest du ja an solche Dinge nicht zu denken.“ Buffy boxte ihn leicht in die Seite, um die Situation zu entspannen. „Nun hör' schon auf damit, Angel. Ich kann es nicht fassen. Wenn es um Rivalitäten geht, seid ihr Männer wie kleine Kinder. Aber dir hätte ich in deinem Alter doch etwas mehr Vernunft zugetraut.“ Angel grinste. „Keine Beleidigungen, bitte. Ich habe mich für mein Alter doch gut gehalten, oder?“ Buffy streckte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn erneut. „Einfach nur perfekt, mein Schatz!“ Mit erstaunlicher Mühelosigkeit hob er das blonde Mädchen hoch und wirbelte sie herum. „Du hast mir gefehlt.“ sagte er zärtlich. „Frag' mich mal!“ lachte Buffy. „Das stimmt!“ warf Willow ein. „Sie war die ganze Woche unausstehlich, es sei denn, sie telefonierte gerade mit dir.“ „Tatsächlich?“ amüsierte er sich. Buffy stieg die Röte ins Gesicht. „Glaub' ihr bloß nicht!“ wies sie alles weit  von sich. „Wie war deine Woche?“ Angel stöhnte. „Stressig. Ich bin froh, mal ein paar Tage raus zu kommen. Glücklicherweise gibt es momentan nichts, das Wesley und Cordelia nicht alleine schaffen könnten.“ Willow mußte schmunzeln. „Und dann wählst du ausgerechnet den Höllenschlund zum ausspannen?“ "Nun ja, es soll ja auch nicht langweilig werden." Buffy schaute ihn verliebt an. Seine Nähe zu spüren, die kühle Haut auf ihrer und seiner warmen Stimme zu lauschen, war für sie wie ein Wunder. Sie hatte gehofft, aber nie geglaubt, ihm jemals wieder so nahe zu sein. Manchmal fragte sie sich, wie sie das Jahr ohne ihn geschafft hatte. Momentan konnte sie sich nicht vorstellen, auch nur noch eine einzige Minute ohne ihn zu verbringen. Unbewußt drängte sie sich näher an den muskulösen Körper, der so gar keine menschliche Wärme verströmte und sie trotzdem innerlich erglühen ließ. Angel legte sanft den Arm um sie. Willow wurde beim Anblick des Paares ganz warm ums Herz. So glücklich hatte sie ihre Freundin schon ewig nicht mehr erlebt. "Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich habe einen Bärenhunger." wandte sie sich an die beiden. "Gehen wir frühstücken? Das heißt...äh....ich meine....natürlich haben wir kein...nun, du weißt schon....in der Cafeteria....und vielleicht möchtest du gar nicht....nun...." sie blickte Angel an und hielt sich schließlich die Hand vor den Mund. "Ich rede wieder Schwachsinn, nicht wahr?" meinte sie dann mit leuchtend roten Wangen. Der Vampir schenkte ihr ein schiefes Lächeln. "Ist schon okay, Willow. Ich trinke morgens gerne ein Tasse Kaffee. Und eine Scheibe Toast wird mich auch nicht umbringen. Es sei denn, eure Cafeteria liegt ebenso im herrlichsten Sonnenschein wie euer Zimmer." fügte er noch sarkastisch hinzu. "Liegt sie nicht!" lachte Buffy. Die drei  verließen das Zimmer und machten sich auf den Weg in die Cafeteria.
Bald darauf saßen sie vor einem typisch amerikanischen Frühstück. Während Angel nur wenig aß, griffen die beiden Mädchen mit großem Appetit zu.
"Was wollt ihr heute machen?" fragte Willow und Buffy zuckte mit den Schultern. Sie schenkte Angel einen Seitenblick. "Ich denke, Patrouille fällt schon mal aus." "Oh, ich begleite dich gerne, kein Problem." bemerkte Angel. "Doch ein Problem." meinte Buffy. "Mom hat beschlossen, daß sie heute ihre Tochter sehen möchte und bereitet ein Abendessen vor. Ich fürchte also, du kommst heute noch mal in den Genuß von...normaler Nahrung. Ich habe ihr gesagt, daß ich......meinen Freund mitbringe." Angel stockte. "Deiner Stimme entnehme ich, daß du nicht gesagt hast, welchen Freund du mitbringst." Sie lächelte ihn entschuldigend an. "Hat sich nicht ergeben." murmelte sie, stand auf, trat hinter Angels Stuhl und legte ihre Arme um seine Schultern. "Bitte nicht böse sein. Es hat absolut nichts mit dir zu tun. Bitte glaube nicht, daß ich nicht zu dir stehe. Ich hatte nur keine Lust auf eine Woche Streß schon bevor du kommst." Er griff nach ihrer Hand, drückte sie fest und drehte sich dann zu ihr um. "Mach' dir keine Sorgen. Es ist absolut okay, wenn wir es ihr zusammen erklären." Glücklich schmiegte sie sich an ihn. "Womit habe ich dich nur verdient?"
Unbemerkt von ihnen betrat Riley die Cafeteria. "Hey, die kleine Summers hat dich wegen eines anderen verlassen?" stichelte sein Kumpel, als er die Szene am Tisch sah. Rileys Augen verengten sich. Es war eine Sache, von Buffy zu hören, daß es aus zwischen ihnen sei, aber eine völlig andere, sie hier mit Angel zu sehen.
"Halt dein Maul!" fuhr er den Freund gereizt an. "Mach' mal halblang, Junge. Ich kann sie verstehen, ist doch ein toller Typ!" "Er ist ihr Ex und davon abgesehen ein Kerl mit Killerinstinkt." "Killerinstinkt?" Rileys Kumpel starrte ihn erstaunt an. "Er hat sie schon einmal verletzt und er wird es wieder tun." antwortete Riley nur und ging ohne einen Blick zur Seite an ihrem Tisch vorbei.
 
 

Kapitel Zwei

"Hi Tara!" grüßte Willow das blonde Mädchen, das ihr die Türe öffnete. "Willow, komm' doch rein." Sie betrat das Zimmer ihrer Freundin und sah sich um. "Hast du schon etwas gefunden?" Tara machte ein betretenes Gesicht. "Es ist sehr viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Dieser Fluch ist uralt und es ist nicht viel darüber bekannt." Sie nahm einen Stapel Blätter, den Willow ihr Tage zuvor gegeben hatte. "Hier steht leider nichts weiter drin, als wie man den Fluch auf jemanden legt. Keine Hinweise darauf, wie man ihn entschärft. Ich fürchte, wir müssen unseren Plan drastisch verändern." Willow blickte sie verständnislos an. "Was meinst du?" Tara legte die Blätter beiseite und griff statt dessen nach einem alten, dicken Buch. "Ich habe einen Spruch gefunden, der Vampiren die Menschlichkeit zurückgibt." Willows Augen weiteten sich. "Bitte?" fragte sie ungläubig. "So etwas existiert nicht, sonst wüßte Giles sicherlich davon." Tara schlug das Buch an der markierten Stelle auf und hielt es Willow vor. "Dieser Text ist noch älter als der Fluch der Zigeuner. Ein mächtiger Magier namens Dunkirk hat ihn niedergeschrieben. Er wollte so die Welt von Vampiren befreien. Das ganze hatte nur einen Haken." "Und der wäre?" Willow war skeptisch. "Man braucht erstmal Haare und Blut des Vampirs, den man mit dem Zauber belegen will und das war dann doch meistens recht schwierig zu bekommen. Außerdem blieben sie auch nach der Verwandlung zum Menschen seelenlose Wesen und Massenmörder. Deshalb ist dieser Zauber in Vergessenheit geraten. Aber da euer Freund eine Seele hat, würde aus ihm ein völlig normaler Mensch werden.....denke ich." Das rothaarige Mädchen starrte die Freundin fassungslos an. "Das wäre.....nein, ich darf gar nicht daran denken! Angel ein Mensch! Die beiden würden ausflippen vor Freude." Tara lächelte. Sie liebte es, wenn Willow so überschwenglich wurde.

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Nach Einbruch der Dunkelheit machten sich Buffy und Angel auf den Weg zum Revello Drive. Eine ganze Weile liefen sie schweigend nebeneinander her, beide in ihren eigenen Gedanken vertieft. Erinnerungen kamen in Buffy hoch, Erinnerungen an eine Zeit, wo sie fast jede Nacht zusammen durch Sunnydale's Straßen gelaufen waren. Dann kam die Trennung und sie mußte lernen, ihren Weg alleine zu gehen. Sie hatte gelernt, allerdings nicht, wie sie in Zukunft ohne Angel leben könnte, sondern das sie niemals ohne ihn würde überleben können.
Nun gingen sie diesen Weg wieder gemeinsam und doch kam es ihr immer noch so unwirklich vor. Das Schicksal hatte so viele Schwierigkeiten für sie bereit gehalten, daß sie noch nicht an ein Happy End glauben konnte. Auch Angel's Haltung bestätigte ihr das. Zwar wirkte er recht heiter und gelöst für seine Verhältnisse, doch sie spürte, wie sehr ihn manche Dinge bedrückten. So zum Beispiel, das sie den ganzen Tag in ihrem verdunkelten Zimmer hatten verbringen müssen, während andere Paare draußen auf dem Campus den strahlenden Sonnenschein genossen. Und nicht zuletzt natürlich, daß sie sich so nahe waren, und doch nicht den endgültigen Schritt tun konnten. Sie hatten viel geredet und waren beide darauf bedacht gewesen, das Thema keinesfalls auch nur anzuschneiden, während sie innerlich beide vor Sehnsucht verbrannten.
Rasch waren sie an dem so vertrauten Haus angekommen. Buffy atmete tief durch und schloß die Türe auf. „Mom, wir sind da!“ rief sie. „Ich komme!“ kam die Antwort aus der Küche. Buffy blickte Angel kurz an, der noch an der Türschwelle stand. „Hallo Liebes!“ Mit einem Handtuch in den Händen trat Joyce in den Flur. Sie eilte auf Buffy zu und umarmte ihre Tochter. „Wo ist Riley?“ fragte sie und blickte sich suchend um, dabei blieb ihr Blick an der großen, dunklen Gestalt im Türrahmen haften. Einen Moment lang war sie sprachlos, dann schaute sie Angel durchdringend an und meinte leise: „Guten Abend, Angel!“ Der Vampir erwiderte den Gruß und trat ein paar Schritte vor. „Mom, ich bin nicht mehr mit Riley zusammen.“ versuchte Buffy zu erklären. Plötzlich tat es ihr leid, ihrer Mutter nicht vorher über alles, was geschehen war informiert zu  haben. Angel reichte Joyce die Hand und sie ergriff sie zögernd. „Kommen Sie doch rein.“ bat sie ihn und ließ ihn passieren. Als er Richtung Wohnzimmer ging, flüsterte sie ihrer Tochter in vorwurfsvollen Ton zu: „Was soll das, Buffy?“ Doch Buffy ignorierte den Einwand und eilte ihrem Freund hinterher. „Setz' dich doch!“ forderte sie ihn auf und ließ sich dann neben ihm auf dem Sofa nieder. Die beiden Frauen machten einen recht unbehaglichen Eindruck und so beschloß Angel, das Wort zu ergreifen. „Glauben sie mir, Joyce, ich kann ihnen gut nachempfinden, was sie fühlen. Sie waren sicherlich ganz froh, als ich die Stadt verließ. Ihr Besuch kurz vor dem Abschlußball ist mir noch in guter Erinnerung.“ Buffy blickte Angel entsetzt an. „Ihr Besuch? Sie war bei dir?“, ihr Blick schweifte hinüber zu ihrer Mutter. „Warum Mom? Warum? Du hast ihn ermutigt, mich zu verlassen?“ Joyce fühlte sich in die Enge getrieben. Sie hatte ihrer Tochter nie von dem Besuch bei Angel erzählt, denn sie wußte, daß sie es nie verstanden hätte. „Es stimmt.“ sagte sie schließlich leise. Buffy sprang auf, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, hatte Angel sie am Arm gepackt und wieder zu sich auf die Couch gezogen. „Sag' in deiner Wut jetzt nichts, was dir später leid tun würde.“ meinte er zu Buffy, dann wandte er sich an ihre Mutter. „Joyce, ich weiß, sie hatten damals Recht mit dem, was sie sagten. Mit allem bis auf eines. Manche Dinge lassen sich mit Vernunft nicht lösen und Buffy war kein kleines Schulmädchen, das sich in jemanden verliebt hatte, den sie einfach vergessen würde, sobald er aus ihrer Reichweite ist. Unsere Liebe war und ist mehr als das. Ich habe mich selber lange dagegen gesträubt, ich weiß, daß Buffy besseres verdient hat als mich, eine Kreatur der Nacht. Aber Liebe läßt sich nicht steuern. Wir waren beide unglücklich während unserer Trennung und das würde sich nicht ändern, auch wenn wir noch weitere Jahre voneinander fern blieben. Ich will alles dafür tun, Buffy glücklich zu machen. Vielleicht kann ich ihr nicht alles geben, was ein Mensch ihr geben könnte, aber ich liebe sie, mehr als alles andere auf der Welt. Ich würde die Trennung ihr zuliebe ertragen, wenn ich wüßte, sie könnte mit einem anderen Mann glücklich werden. Darauf hatte ich gehofft, als ich Sunnydale verließ. Doch sie hat mir klar gemacht, daß es in ihrem Leben genauso wenig einen anderen Mann geben wird, wie es in meinem niemals eine andere Frau geben könnte. Warum also sollen wir beide leiden?“ Joyce hatte sich Angels Ausführungen schweigend angehört. Sie wußte nicht mehr, was sie sagen sollte. Sicher wollte sie ihre Tochter nie unglücklich sehen, aber wie konnte sie mit Angel glücklich sein, ein Wesen, das nicht einmal ein Mensch war? Sie konnte es einfach nicht begreifen. „Aber was ist mit Riley?“ wandte sie schließlich ein. „Du warst doch glücklich mit ihm!“ „Mom, ich wollte glücklich
mit ihm sein, weil ich Angel vergessen wollte, vergessen mußte! Aber irgendwann habe ich eingesehen, daß ich mir ständig nur etwas vormachte. Es war Riley gegenüber unfair, wenn ich an Angel dachte während er mich küßte. Also ging ich nach LA letzte Woche, um mit Angel zu reden. Wir hatten eine lange Unterhaltung und sind zu dem Schluß gekommen, daß wir einfach zusammengehören.“ Sie blickte ihn liebevoll an und setzte dann hinzu: „Er ist vielleicht kein Mensch im technischen Sinne, aber doch ist er das liebste Wesen, das ich je kennengelernt habe.“ Joyce blickte zwischen dem Vampir und ihrer Tochter hin und her. Sie hatte Angel auch als sehr zuvorkommend und freundlich kennengelernt und sie mußte zugeben, daß er wohl ihre Idealvorstellung eines Schwiegersohnes war, wäre da nicht dieser beunruhigende Fakt.....
Es machte sie verrückt, sich vorzustellen, daß der Freund ihrer Tochter ein dämonisches Wesen war, älter sogar als sie, alt genug, um ihrer aller Urahn zu sein. „Joyce, machen sie sich keine Sorgen, ich werde immer gut auf ihre Tochter aufpassen. Es wird ihr nichts geschehen.“ versprach Angel und lächelte. Dieses Lächeln auf den engelsgleichen Gesichtszügen...sie konnte schon verstehen, was Buffy so magisch anzog, und doch....
Sie ging auf die beiden zu und reichte Angel erneut die Hand. „Willkommen in meinem Haus, Angel. Ich werde sicherlich noch eine Zeit brauchen, bis ich mich wirklich an den Gedanken gewöhnt habe, daß Buffy mit einem....Vampir zusammen ist, aber ich denke, ich werde irgendwann damit klar kommen. An die Tatsache, daß sie die Jägerin ist, habe ich mich ja auch gewöhnt.“ Sie lachte und Angel spürte, daß sie bereit war, ihm eine Chance zu geben. „Ihre Rede hat mich ziemlich beeindruckt.“ gab sie zu. „Ja,“ entgegnete Buffy, „Angel ist schon ein beeindruckender Typ.“

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Willow schaute noch einmal in ihren Rucksack, bevor sie ihn umschnallte und unter ihrer Jacke verbarg. Es wäre einfach schrecklich, wenn sie jetzt etwas vergessen hätte, denn gleich würde der Laden schließen.
Sie hatte mit Tara vereinbart, das Ritual möglichst noch heute durchzuführen und hatte deshalb vorsorglich schon alles besorgt, was sie dafür benötigten. Nun fehlten nur noch Haare und Blut von Angel, aber das sollte wohl das kleinste Problem sein. Sie machte sich auf den Weg zum Summers Haus. Buffy würde über die Störung sicher nicht böse sein, wenn sie erklärte, was sie herausgefunden hatten. Obwohl...es war doch schon recht spät, ob sie nicht doch zurück zum Campus gehen und die Sache mit dem Ritual auf morgen verschieben sollte? Unschlüssig blieb sie stehen. Was würde Buffys Mutter sagen, wenn sie so spät noch dort auftauchte. Sie würde sicher wieder unheilvolle Dinge vermuten. So entschloß sich Willow, doch noch bis zum nächsten Tag zu warten. Angel wollte das ganze Wochenende hier verbringen, also kam es auf diesen einen Tag auch nicht mehr an.
Sie änderte die Richtung und lief zum Campus.
Die dunkle Gestalt, die jeden ihrer Schritte beobachtete, bemerkte sie nicht. „Kleine Hexe...“ sprach er zu sich selbst. Du ahnst nicht, mit welchen Kräften du dich hier anlegst...“

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Genüßlich zog Buffy die kalte Nachtluft durch ihre Lungen. „Was?“ fragte Angel amüsiert. Sie lächelte ihn an. „Du hast sie beeindruckt.“ antwortete sie. „Und glaube mir, das ist nicht leicht. Gerade bei den Vorurteilen, die sie dir gegenüber hat.“ „Ich wünschte nur, ich hätte sie ein wenig früher beeindrucken können!“ seufzte der Vampir. Buffy nahm stellte sich vor ihn, ging auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen zärtlichen Kuß auf die Nase. „Laß' nur, war vielleicht gut so, daß wir uns mal getrennt haben. So weiß ich erst richtig, was ich an dir habe. Und sie war ja wohl nicht der einzige Anlaß, daß du mich verlassen hast, oder?“ Angel wurde ernst. „Sagen wir mal, der Besuch deiner Mutter war...eine Art letzter Tropfen in einem vollen Faß. Und sie hatte nicht unrecht mit dem was sie damals sagte. Ein Traum,...ein seltsamer Traum hat mir damals gezeigt, daß es für uns keine Zukunft gibt.“ Buffy's Gesicht wurde zu einer steinernen Maske, Angels Worte schockten sie zutiefst. Er sah immer noch keine Zukunft? An der Veränderung in ihrer Haltung bemerkte Angel plötzlich seinen Fehler und setzte eilig hinzu. „...zumindest dachte ich damals, daß der Traum mir das sagen wollte. Mittlerweile denke ich, es war nur ein Traum...ein Traum, der mir zeigte, was mich am meisten beschäftigte.“ Buffy entspannte sich wieder, sie war noch immer sehr empfindlich in dieser Beziehung, noch immer ängstlich, ihr Freund könnte sich in der nächsten Sekunde dazu entschließen, ihr wieder den Rücken zu kehren. Wußte sie doch, welchen furchtbaren Kampf er immer noch mit sich selbst ausfocht. Wenn nur Willow bald eine Möglichkeit finden könnte, ihnen zu helfen.
„Woran denkst du?“ hörte sie Angels sanfte Stimme in ihre Gedanken dringen. Sie strahlte ihn an. „Erinnerungen!“ meinte sie leichthin und schob ihre schmale Hand in seine. Schweigend spazierten sie eine Weile durch die stillen dunklen Straßen der Stadt. Worte hätten in diesem Idyll nur gestört.
Schließlich fanden sich beide vor den Türen der alten Villa wieder, in der Angel bis vor einem guten Jahr gewohnt hatte. Unbewußt hatte sie ihr Weg hierher geführt. „Ich..ich sollte hierbleiben..“ begann Angel. „Ich kann ja schlecht mit dir zurück auf den Campus.“ Buffy schüttelte bestimmt den Kopf. „Auf keinen Fall. Das Haus ist unbewohnt seit du fort bist. Es wird nicht angenehm sein, hier zu schlafen.“ Angel öffnete die Türe, sie war unverschlossen. „Laß' uns reingehen.“ sagte er zu Buffy. Die zögerte. „Angel! Was willst du hier?“ Ohne noch ein Wort zu verlieren ging er in die große Halle und schaute sich um. Spinnweben und dichter Staub durchzogen den Raum und die Möbel, die er hier hinterlassen hatte. Er erinnerte sich an den Besuch von Buffy's Mutter kurz bevor er Buffy sagte, daß er sich von ihr trennen wolle. Dann ging er weiter hinein ins Wohnzimmer. Ein Zinngefäß lag zerdrückt auf dem Boden, daneben kleine, eingetrocknete rote Flecken. Blut....Buffys Blut! Die Erinnerungen überkamen ihn wie Wellen. Er hatte von ihr getrunken. Nicht freiwillig, nein. Sie hatte ihn dazu gezwungen. Aber hatte er sich nicht zu gerne zwingen lassen? Viel zu leicht hatte sie den Dämon aus ihm herausgelockt und ihn dazu gebracht, sie fast zu töten. Nur in letzter Minute hatte er die Beherrschung zurückerlangt und sie schnellstens ins Krankenhaus geschafft. Plötzlich stiegen Zweifel in ihm hoch. Hatte er wirklich die richtige Entscheidung getroffen, ihr nachzugeben? War es wirklich richtig, das er jetzt hier in Sunnydale war und sie allen erklärten, daß sie wieder zusammen sind? Vielleicht hätte er alles so lassen sollen wie es war, irgendwann hätte sie ihn vielleicht vergessen...irgendwann....
Er spürte einen kräftigen Ruck an seiner Jacke und drehte sich um. „Angel! Es gefällt mir gar nicht, was du hier machst! Laß' das alles hier ruhen....es ist Vergangenheit. Und wir wollten Schritte in die Zukunft machen, erinnerst du dich?“ Buffy blickte ihn erwartungsvoll an. Sie spürte, das wieder Zweifel an ihm nagten und sie hoffte inständig, sie könne zu ihm durchdringen. Eine ganze Weile starrte er sie schweigend an, dann schließlich zeigte sich der Hauch eines Lächelns auf seinem Gesicht. Er nahm sie bei der Hand, drehte sich um und verließ die Villa, ohne sich noch einmal umzusehen.
„Du hast Recht, Buffy!“ meinte er nur, und schlug die Türen endgültig hinter sich zu.
 
 

Kapitel Drei

Willow lief durch die dunklen Straßen. „Verdammt!“ fluchte sie, hatte sie doch immer panische Angst so alleine in dieser einsamen Gegend. Sie hätte die Sachen doch lieber morgen früh besorgen sollen, dann wäre auch noch reichlich Zeit dafür gewesen. Gehetzt blickte sie sich wieder um. Seit sie losgegangen war, ließ sie das Gefühl nicht mehr los, verfolgt zu werden. Wahrscheinlich war das wieder mal ihre lebhafte Fantasie, aber trotzdem beunruhigte es sie.
Vielleicht hätte sie doch lieber zu den Summers gehen sollen, das wäre näher gewesen und sie hätte später zusammen mit Buffy und Angel zurück zum Campus gehen können. Wieder drehte sie sich um und lauschte angestrengt in die stille Nacht hinein...- nichts!
Eilig lief sie weiter, nicht ohne immer wieder den Kopf zu wenden.
Plötzlich stieß sie auf ein weiches Hindernis. „Oh...uh...“ stammelte sie und starrte den Mann an, den sie gerade umgerannt hatte. „Das...das tut mir schrecklich leid....ich ....ich...entschuldigen sie bitte!“ Der Mann lächelte geheimnisvoll. „Wohin denn so eilig, junge Frau?“ Willow straffte ihre Haltung und blickte ihn von oben bis unten an. Seltsam sah er aus...irgendwie. Groß und dunkel...sehr dunkel....gefährlich dunkel. Der Impuls, auf der Stelle in die entgegengesetzte Richtung wegzurennen kam über das rothaarige Mädchen, doch es war, als gehorchten ihr die Beine nicht mehr, sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Er kam auf sie zu und packte ihren Arm. „Mir ist da etwas zu Ohren gekommen.....“ begann er und Willow schaute ihn fragend an. „Bitte? Ich verstehe nicht ganz....“ „Oh, du wirst verstehen...bald wirst du alles verstehen...du kleine Hexe!“ Panik kroch in ihr hoch, doch als er ihr gebot, ihm zu folgen, tat sie es willenlos.
 

**************

„Hör mal, Buffy, denkst du wirklich, es ist eine gute Idee, wenn ich hier auf dem Campus bei dir bleibe?“ erkundigte sich Angel skeptisch, doch Buffy lachte nur. „Klar! Willow übernachtet extra bei einer Freundin, Tara, du kannst ihr Bett benutzen. Getrennte Betten - keine Gefahr!“ Er nahm sie in den Arm. „Hey, keine Annäherungsversuche!“ schalt sie ihn spielerisch. „Sonst vergesse ich noch all meine guten Vorsätze und vernasche dich noch hier vor der Türe!“ Angel lachte und nahm sie nur noch fester. „Glaub' nicht, du könntest mir damit drohen!“
Buffy machte sich von ihm frei und griff nach ihrer Tasche, um den Schlüssel herauszuholen. Doch sie reichte nur ins Leere. „Mist!“ schimpfte sie und erntete einen erstaunten Blick ihres Freundes. „Ich muß meine Tasche in der Villa vergessen haben. Bei Mom habe ich sie genommen, das weiß ich ganz genau.““Ich gehe zurück und hole sie.“ bot sich Angel an. „Bleib du nur hier, ich bin rasch wieder zurück.“ Buffy schmunzelte. Sie wußte, daß er als Vampir Strecken viel schneller zurücklegen konnte als sie, selbst wenn die Berufung als Jägerin ihr ebenfalls ungewöhnliche Schnelligkeit verlieh. „Kein Problem, ich hole mir schonmal den Ersatzschlüssel vom Hausmeister, damit ich nicht so lange vor verschlossener Türe warten muß.“ Angel dreht sich um und lief zum Ausgang. Nachdenklich schaute Buffy ihm nach. Manchmal waren ihr die Gefühle, die er in ihr erzeugte immer noch unheimlich. Als er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, machte sie sich auf den Weg zum Hausmeister.
Angel eilte die Straße zur Villa entlang, als er plötzlich aus dem Augenwinkel etwas wahrnahm. Er stoppte und blickte angestrengt durch die Dunkelheit. Das war doch Willow dort drüben und sie folgte einem unheimlich aussehenden Fremden zu seinem Wagen.
„Willow!“ rief er und ging ein paar Schritte auf sie zu, doch das Mädchen schien ihn gar nicht wahrzunehmen. Dafür drehte sich der Mann zu ihm um. Er sah ihn nur kurz aus der Entfernung an, dann stieß er Willow schnell in den das Auto. Angel zögerte keine Sekunde mehr. In unmenschlicher Geschwindigkeit hechtete er vor, um sich auf den Mann zu stürzen, doch der war vorbereitet. Blitzschnell hob er den Arm und drückte Angel einen festen Gegenstand in die Seite. Es knisterte, Funken sprühten und dann sank der Vampir besinnungslos in sich zusammen.
„Das läuft besser, als ich gedacht habe...“ murmelte der Mann zu sich selbst. „Nun habe ich nicht nur die kleine Amateurhexe, sondern auch den Vampir, den sie verwandeln wollte.“ Er schaute auf den großen Elektroschocker in seiner Hand. „Nur schade, daß man als Magier auf solch technische Tricks zurückgreifen muß!“ Dann fiel sein Blick wieder auf den regungslos daliegenden Vampir. „Aber bei einem solchen Prachtexemplar sollte man Vorsicht walten lassen!“

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Es klopfte an der Zimmertür und Buffy's Herz machte einen kleinen Freudensprung. Kaum zu glaube, aber sie hatte Angel in der kurzen Zeit schon vermißt.
„Komm' nur rein, es ist offen!“ rief sie und die Tür öffnete sich. Buffy's Lächeln gefror auf ihrem Gesicht. „Riley...! Was machst du denn hier?“
„Wow, welch nette Begrüßung!“ Er schaute sich im Zimmer um. „Du hast wohl jemand anderen erwartet, was?“ „Riley, mach' jetzt keine Szene. Wir haben die ganze Sache geklärt und du weißt, das ich wieder mit Angel zusammen bin.“ Riley schüttelte amüsiert den Kopf. „Weißt du, Buffy. Ich hoffe einfach immer noch, daß du bald wieder zur Vernunft kommst. Bei all den Schwierigkeiten, die es zwischen euch gab, glaubst du wirklich, ein Neuanfang würde euch gelingen? Es ändert sich doch nichts. Er wird ewig ein Monster bleiben!“ Buffy schluckte schwer. „Riley! Hör' sofort auf, so von Angel zu sprechen!“ fuhr sie ihn an. „Manchmal habe ich das Gefühl, du willst gar nicht wahrhaben, daß er anders ist.“ fuhr er ungerührt fort. „Ich liebe ihn, das ist die Hauptsachen und er liebt mich. Angel ist kein Monster, er hat eine Seele und sogar eine sehr gute.“ verteidigte Buffy ihren Freund und stand dann auf. Sie ging an Riley vorbei und öffnete die Türe. Mit einer unmißverständlichen Geste machte sie ihn darauf aufmerksam, daß sie auf seine weitere Gesellschaft verzichtete. Schweigend passierte er sie und trat hinaus auf den Flur. Bevor sie die Türe schließen konnte, drehte er sich noch einmal um und sagte: „Überlege es dir gut, Buffy, denn sonst wirst du es bald bereuen.“ Dann verschwand er.
Buffy schloß nachdenklich die Türe und setzte sich wieder auf's Bett. Ihr Blick schweifte zwischen ihrem Fenster und der Uhr hin und her. Angel wollte sich doch beeilen und nun war er doch schon eine geschlagene Stunde fort.
Sie sprang wieder auf, griff nach ihrer Jacke und machte sich ihrerseits auf den Weg zur Villa. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Es war nicht Angels Art, sie einfach so warten zu lassen. Es mußte irgend etwas passiert sein.
Als sie die Halle der Villa betrat und ihre Tasche dort am Boden liegen sah, verstärkte sich dieses Gefühl zur Gewißheit. Angel war gar nicht bis zur Villa gekommen!
 
 

Kapitel Vier

Stöhnend öffnete Angel die Augen und blickte geradewegs in Willows besorgtes Gesicht. „Angel! Gott-sei-Dank, du bist wach!“ rief sie erfreut aus. Er setzte sich vorsichtig auf und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Im Moment war er sich nicht ganz sicher, was geschehen war. Er sah sich um und erkannte, daß er zusammen mit dem rothaarigen Mädchen in einer Art Gefängniszelle untergebracht war. „Wie gemütlich!“ murmelte er. „Wo sind wir hier?“ wandte er sich an Willow. „Ich weiß auch nicht genau....bin erst kurz vor dir erwacht. Was machst du überhaupt hier? Das letzte, woran ich mich erinnern kann ist, daß ich auf dem Weg zum Campus war.“ Angel hielt sich den schmerzenden Kopf. Es ging alles etwas durcheinander, aber langsam kehrte die Erinnerung zu ihm zurück. „Du wurdest entführt....“meinte er. „...eigentlich wollte ich dir helfen, aber...“ er hob in einer verzweifelten Geste die Hände. „Irgendwie habe ich wohl nicht aufgepaßt. Tut mir leid!“ Willow hockte sich auf eine der schmutzigen Pritschen, die an jeder Wand standen. „Du hast keinen Grund, dich zu entschuldigen. Ich sollte dir dankbar sein. Wenigstens bin ich nicht alleine hier und....dir wird doch etwas einfallen..?“ Der hoffnungsvolle Ton in ihrer Stimme gab Angel einen kleinen Stich. Sie verließ sich auf ihn. „Ich bringe uns hier raus!“ versicherte er ihr mit fester Stimme, es klang wesentlich überzeugter als er in Wirklichkeit war.
„Nun....“ hörten sie plötzlich jemanden sagen. Aus der Dunkelheit des Ganges tauchte eine große Gestalt auf. Angel erkannte sofort den Mann, der Willow ins Auto bugsiert und ihn mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt hatte. „...ich denke nicht, daß das so einfach wird. Willkommen in meinem bescheidenen Heim!“
Angel trat an die eisernen Gitterstäbe heran und blickte dem Mann geradewegs in die böse glitzernden Augen. „Was haben sie mit uns vor?“ knurrte er. „Mit dir hatte ich eigentlich gar nichts vor, Vampir. Du warst nur die willkommene Zugabe. Ich wollte nur unsere kleine Hexe hier von fixen Ideen kurieren. Und dein Auftauchen gab mir plötzlich die Gelegenheit, ihr nachdrücklich zu zeigen, womit sie sich hier einlassen wollte!“ Der Vampir starrte seinen Gegenüber verwirrt an. Er hatte keine Ahnung, worüber er da sprach. Willow dagegen ahnte, worauf er hinauswollte. Sie stand auf und trat an Angels Seite. „Sie sind Dunkirk....der Zauberer....“ murmelte sie tonlos. „Aber wie...wie kann das sein?“
„Nun, mein Kind...ich bin nicht Dunkirk selber, sondern nur Croydon, der Hüter seines Zaubers. Leider leben selbst mächtige Zauberer nicht so lange wie diese gottlosen Kreaturen hier!“ Er deutete voller Abscheu auf Angel. „Aber wir werden es nicht zulassen, daß kleine Mädchen, die niemals die volle Bedeutung eines mächtigen Zaubers begreifen können, solche Kreaturen auch noch belohnen. Wie ich bereits sagte, wir wollten dir nur eine Lehre erteilen. Aber dein Vampirfreund hier hat mich auf eine noch viel bessere Idee gebracht. Vielleicht begreifst du so, daß an diesen Monstern nichts menschliches ist und kein Zauber sie jemals zu etwas menschlichem machen kann.“ Er holte einen Eimer mit dunkelroter Flüssigkeit hervor. Angel schluckte schwer, er hatte den Geruch sofort erkannt...Menschenblut! Der Mann postierte den Eimer direkt vor die Gitter, gerade außerhalb von Angels Reichweite. „Ich wünsche euch beiden viel Spaß, ganz besonders dir mein Kind, wenn dein Freund von seinem Blutdurst übermannt wird. Wir werden sehen, ob du ihm dann immer noch eine solch wertvolle Gabe schenken willst!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand. „Angel hat eine Seele!“ schrie Willow ihm hinterher. „Er würde mir nie etwas tun!“ Sie blickte den Vampir fragend an. „Das würdest du doch nicht, oder?“
Angel starrte wie hypnotisiert auf den Eimer. Er hatte bereits länger nichts mehr zu sich genommen und die Möglichkeit Buffy's Tasche zu holen als willkommene Gelegenheit gesehen, sich etwas zu besorgen. Vor den anderen trank er nicht gerne. Nun nagte der Hunger bereits an ihm und der Geruch des frischen Blutes tat sein übriges. Er drehte sich um und ging ans andere Ende der kleinen Zelle, konnte dem Geruch jedoch nicht entkommen. „Angel! Nun sag' doch endlich etwas!“ drängte Willow. „Du machst mir Angst!“ „Ich....ich werde dir nichts tun!“ antwortete er ihr und der Dämon in ihm strafte ihn sofort Lüge. Er drängte an die Oberfläche und Angel wußte nicht, wie lange er in der Lage sein würde, ihn zu bekämpfen.

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Rastlos streifte Buffy durch das nächtliche Sunnydale. Sie hatte noch keine Spur von Angel entdeckt und das machte sie innerlich mehr als nervös. Wenn er in einen Kampf geraten wäre, dann hätte sie doch etwas sehen müssen - irgendwo.
Gegen ihren Willen krochen Zweifel in ihr hoch, vielleicht auch, um nicht an den Sorgen um den geliebten Vampir zu ersticken. Zweifel, ob Angel sie nicht freiwillig verlassen hatte. Der Besuch in der Villa hatte ihn sichtlich aus dem Gleichgewicht gebracht und sie wußte, wie unsicher er immer noch bezüglich ihrer Entscheidung, wieder zusammen zu sein, war. Plötzlich drängte sich ihr der Gedanke auf, Angel habe sie wieder im Stich gelassen, ihr wieder den Rücken gekehrt.
„Und ich sage dir, wenn du dich wirklich wieder aus dem Staub gemacht hast, dann will ich dich in meinem ganzen Leben nie mehr wieder sehen.“ sagte sie zu sich selbst. Wut baute sich in ihr auf und half ihr, die Sorge besser zu ertragen. Es war sehr viel leichter, sauer auf Angel zu sein, als um sein Leben fürchten zu müssen.
Sie entschied sich, Willow um Rat zu fragen und schlug den Weg zurück zum Campus ein, wo Willow bei Tara übernachten wollte.
Als sie vor der Türe stand und die Hand erhob, um anzuklopfen, wurde diese plötzlich von innen aufgerissen. Buffy erschrak heftig und auch Tara taumelte einige Schritte zurück. „Buffy! Hallo!“ keuchte sie, „Was machst du denn hier?“ „Ich wollte zu Willow.“ antwortete die Jägerin und lugte ein wenig um die Ecke. „Sie ist nicht hier. Ich wollte eigentlich gerade zu euch kommen und sehen, ob sie sich nun doch anders entschieden hat.“ Buffy schaute das groß gewachsene Mädchen verwirrt an. „Anders entschieden? Was heißt das denn?“ Tara hielt die Türe weit auf und bat Buffy herein. „Ich denke, ich muß dir einiges erklären. Setz dich doch!“ „Schieß los! Ich habe nicht die Ruhe, mich jetzt hinzusetzen.“ Tara nahm nichtsdestotrotz auf ihrem Bett Platz und begann zu erzählen. „Willow wollte noch einige Sachen besorgen für...für einen Zauber..und sie ist noch nicht zurückgekehrt. Es ist schon einige Stunden her. Ich dachte, sie hätte sich anders entschieden...gegen den Zauber und würde nun in ihrem eigenen Zimmer übernachten. Dann jedoch fiel mir ein , daß du mit deinem Freund dort sein würdest und ich begann mir Sorgen zu machen. Da niemand ans Telefon ging, wollte ich jetzt nachschauen, was los ist.“ Buffy kam ins Grübeln. „Das heißt also, Willow ist auch verschwunden..“ murmelte sie. „Auch?“ erkundigte sich Tara erstaunt. „Was heißt denn auch?“ „Nun, ich bin hier, weil Angel schon seit Stunden überfällig ist. Er wollte nur eine Tasche aus der Villa in der Crawford Street holen, ist aber nicht zurückgekehrt.“ „Ohje...“ Tara schlug sich die Hand vor den Mund und Buffy starrte sie fragend an. „Ohje?“ „Buffy, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, weil Willow euch überraschen wollte, aber nun fürchte ich, das Verschwinden der beiden ist kein Zufall. Ich hatte einen Zauberspruch entdeckt, der Vampire wieder zu Menschen macht....und Willow wollte ihn noch diese Nacht durchführen.“ Buffy war sprachlos, einen Moment lang brachte sie kein Wort hervor. „Einen solchen Zauber gibt es nicht!“ behauptete sie schließlich mit zittriger Stimme. „Doch, es gibt ihn. Ich habe ihn in einem uralten, seltenen Buch gefunden.“ Die Jägerin seufzte tief. „Aber ihr habt euch nicht zufällig vorher mal über eventuelle Risiken oder sonstiges informiert?“ Tara sah sie äußerst schuldbewußt an. „Willow war so enthusiastisch, sie wollte es sofort durchführen, um euch zu helfen.“ Gute, alte Willow, -  dachte Buffy bei sich, leider war so oftmals einfach zu enthusiastisch. „Wo ist das Buch? Wir müssen es sofort Giles zeigen, bevor den beiden wirklich irgend etwas passiert!“ Tara's Gesichtsausdruck bekam einen Hauch von Panik und Buffy fühlte Mitleid mit dem Mädchen in sich aufsteigen. „Mach dir nicht zu große Sorgen, wenn meine Vermutung richtig ist, dann ist Angel bei Willow, er wird nicht zulassen, daß ihr etwas passiert!“ fügte sie deshalb noch hinzu. Tara schien etwas erleichtert, doch sie selbst hatte sich damit nicht überzeugen können.

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Willow saß in einer Ecke der dunklen Zelle und schluchzte bitterlich. Es tat Angel in der Seele weh, doch er wagte nicht, zu ihr zu gehen, um ihr Trost zu spenden. Es kostete ihn jetzt bereits eine Menge Kraft, sich gegen den Dämonen in ihm aufzulehnen. Der Duft des süßen Blutes erfüllte den ganzen Raum und machte ihn fast verrückt. Immer mehr spürte er den nagenden Hunger in sich. „Angel?“ kam die leise Stimme des rothaarigen Mädchens aus der dunklen Ecke. „Ja?“ antwortete er knapp, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Ist alles in Ordnung?“ Ihre Stimme zitterte, sie hatte Angst. Angst vor ihm, wie er bemerkte. In Willow waren die Erinnerungen an Angelus noch immer allzu lebendig, auch wenn sie Angel bereits lange vergeben hatte. Doch sie würde nie vergessen, wie es sich anfühlte, von ihm bedroht zu werden, seine Hand an ihrer Kehle zu spüren, die drohte, ihr die Luft zu nehmen, oder das Genick zu brechen.
Nun wandte der Vampir sich doch dem Mädchen zu, trat näher und nahm sie sanft in den Arm. „Sssht, Willow. Es wird alles gut, wir kommen hier raus. Ich werde dir nichts tun, das verspreche ich dir.“ Er griff in die Tasche seines langen Mantels und fischte einen Pflock heraus. „Bevor ich die Kontrolle verliere, sorge ich dafür, daß dir nichts geschieht!“ Willow zog scharf die Luft ein. „Angel!“ rief sie entsetzt aus. „Dann bin ich auch verloren! Wir müssen einen Weg finden, hier rauszukommen!“ sie befreite sich aus Angels Griff und stürmte nach vorne. Wild rüttelte sie an den eisernen Gitterstäben, die jedoch nicht im Geringsten nachgaben. Verzweifelt drehte sie sich um. „Du bist doch stärker als ein Mensch, kannst du nicht....?“ Angel zuckte nur mit den Schultern. „Willow, so groß sind die Kräfte nun auch nicht. Es wird nicht reichen, um Eisenstäbe von 20 cm Durchmesser zu verbiegen. Wer auch immer diese Zelle gebaut hat, er wußte, das sie nicht nur für Menschen herhalten mußte.“
Ein Lichtschein erhellte plötzlich den Raum und Croydon trat ein.
„Oh...ein Vampir mit viel Selbstbeherrschung, wie ich sehe. Das Mädchen ist immer noch unversehrt. Schade, ich hatte gedacht, ich könnte bereits eine Leiche abholen und einen Vampir vernichten.“ Er lachte laut schallend los und Angel stürzte nach vorne an die Gitter, als wolle er geradewegs durch sie gehen, um dem Mann die Kehle aufzuschlitzen. Seine Augen blitzten gelb auf, als er Croydon anstarrte und seine Stimme glich mehr dem Knurren eines hungrigen Wolfes. „Wir werden hier rauskommen und dann gnade dir Gott!“ Der Zauberer lachte nur noch mehr. „Ich denke, du bist hier nicht in der Position, Drohungen auszustoßen, Vampir!“ Damit nahm er einen zweiten Eimer und stellte ihn neben den ersten. „Frisches Blut um den Appetit anzuregen!“ lachte er Angel ins Gesicht. „Und....“ er griff in seine Tasche, zog blitzschnell eine kleines Fläschchen hervor und schüttete den Inhalt Angel, der noch immer vorne an den Gittern stand, ins Gesicht. „...das ist, um den Dämon ein wenig hervorzulocken!“ Der Vampir heulte gepeinigt auf, hielt sich die Hände vor's Gesicht und taumelte zurück. „Weihwasser!“ schrie Willow, die bisher alles schweigend mit angehört hatte. Croydon verschwand lachend in dem dunklen Gang und Willow sprang auf und eilte zu Angel. Sie nahm seinen Arm, den er immer noch vor sein Gesicht hielt. „Laß' mich mal sehen, ist es schlimm?“ forderte sie ihn besorgt auf und versuchte, den Arm wegzuziehen. Doch Angel hielt dagegen. „Verschwinde!“ zischte er und Willow zog erschrocken ihre Hand zurück. „Geh' weg von mir! Möglichst weit!“ hörte sie ihn knurren, dann nahm er die Arme runter und Willow starrte mit Panik erfüllt in die schreckliche Maske des Vampirs.

 
 
Kapitel Fünf

Giles lief nervös seine Bücherregale ab. „Ich weiß, daß ich es hier irgendwo habe.“ murmelte er vor sich hin. Buffy beobachtete skeptisch die Suche nach einem bestimmten Buch. „Giles, irgendwie machen sie mich nervös. Nun sagen sie doch, was sie über diesen Zauber wissen!“ Giles drehte sich um und blickte die Jägerin an. „Ich will euch nicht beunruhigen, bevor ich nicht genau weiß, was los ist. Ich könnte mich auch täuschen. Hatte dieses Buch lange nicht mehr in den Händen.“ „Giles!“ ermahnte Buffy erneut. „Sie täuschen sich nie. Nun sagen sie schon woran sie sich erinnern!“ Der ehemalige Wächter verließ sein Bücherregal und gesellte sich wieder zu den beiden Mädchen, die so ungeduldig auf seine Hilfe warteten. „Nun, es ist so. Dieser Zauberer Dunkirk, er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Vampire nicht zu töten, sondern, ...nun...sagen wir mal...zu kurieren. Deshalb entwickelte er diesen Zauber. Leider ging die ganze Sache mächtig schief. Er mußte einsehen, daß er nichts gutes damit tat, sondern nur dafür sorgte, daß die 'kurierten' Vampire nun auch am Tag ihr Unwesen treiben konnten. Er beschloß deshalb, alles zu vernichten, was jemals an den Zauber erinnern würde. Zur Sicherheit beauftragte er andere Magier, diesen Zauber zu schützen. Niemand sollte ihn je wieder anwenden und jeder, der sich dem widersetzte und es dennoch versuchte, sollte sterben.“ Buffy schluckte. „Eine seltsame Art, der Menschheit Gutes tun zu wollen.“ Giles nickte. „War ein bißchen verrückt, der Gute. Aber seine Anhänger und Hüter des Zaubers nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Auf Tara's Buch könnte ein Zauber liegen, der den Hütern zeigt, daß jemand es benutzen will. Wo hast Du es her?“ Tara stockte. „Es...es hat lange auf dem Dachboden meiner Eltern gelegen. Ich habe es dort mit einigen anderen Büchern gefunden und mitgenommen. Als Willow mich bat, nach einer Möglichkeit zu suchen, Angel von seinem Fluch zu befreien, habe ich es zum ersten Mal gelesen.“
Giles machte eine Geste in Richtung der Jägerin, die deutlich sagte: Da haben wir's mal wieder! Wenn kleine Mädchen mit Zaubersprüchen spielen! Buffy wurde sehr unwohl zumute, gegenüber Magie war selbst Angel so gut wie machtlos. Sie mußte die beiden schnellstens finden, um sie noch unbeschadet aus dieser Lage zu befreien. Wenn....ja, ...wenn ihnen nicht bereits etwas passiert war und sie hoffte inständig, daß ihre Vermutung, Willow und Angel seien zusammen, auch richtig war. „Was können wir tun, Giles?“ fragte sie ungeduldig. „Das ist ja genau der Grund, aus dem ich dieses Buch suche. Ich weiß es nicht....“

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Willow stolperte rückwärts und fiel dabei über eine Blechschüssel, die laut scheppernd auf und nieder sprang. Das Mädchen selber landete hart auf dem Hintern und krabbelte auf Händen und Knien weiter weg. „Angel, bitte nicht!“ flehte sie. Der Vampir kam langsam näher. Willow hatte die Wand erreicht, sie saß hoffnungslos in der Falle. In dieser kleinen Zelle gab es kein Entkommen.
Angel starrte wie hypnotisiert auf den schlanken, weißen Hals des Mädchens. Tief in seinem Inneren wußte er, daß er es nicht tun durfte, doch sein Verlangen war übermächtig. Der Geruch des Blutes und die Schmerzen machten ihn unberechenbar und unkontrollierbar. Immer näher kam er ihr und zu dem Duft nach Blut nahm er auch die Witterung ihrer Angst auf. Er kannte diese Mischung nur zu gut...Blut und Adrenalin...das war wie göttlicher Nektar für ihn. Langsam kniete er vor dem zitternden Mädchen nieder und Willow konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie sich die scharfen Reißzähne des Vampirs in ihre Halsvene eingraben wollten. In einem letzten verzweifelten Versuch schrie sie auf: „Angel! NEIN!!“ Und tatsächlich, der Vampir stockte für den Bruchteil einer Sekunde. Einen Moment, der Willow wie eine Ewigkeit vorkam, hielt er vor ihrem Hals inne, sie konnte deutlich seinen kalten Atem spüren und fragte sich, warum er überhaupt atmete, dumme Angewohnheit vielleicht? Kaum zu glauben, auf welche Ideen man in Notsituationen kam.
Als sie schon damit rechnete, daß er nun zuschlug, stieß er sich plötzlich mit aller Kraft von ihr ab und prallte gegen das Eisengitter. Mit geballten Fäusten und zusammengepreßten Augen schien er einen inneren Kampf auszufechten und nach einer endlosen Minute schüttelte er den Kopf und blickte Willow dann aus schokoladenbraunen Augen um Vergebung bittend an. Beide verharrten reglos in ihren Positionen, bis schließlich Willow mit bebender Stimme sagte: „Ich...ich wußte, du würdest mir nichts tun.“ Angel wich ihrem Blick nicht aus. „Nein! Du wußtest es nicht! Und ich wußte nicht einmal selber, ob ich es schaffen würde, mich unter Kontrolle zu halten. Willow, es ist mir nur ganz knapp gelungen. Der Hunger wird größer und ich weiß nicht, was ich dagegen machen kann!“ Willow stand auf und preßte sich mit dem Rücken gegen die kalte Wand. „Und wenn du...nur ein kleines bißchen nimmst? Nur, bis der Hunger gestillt ist?“ schlug sie zögernd vor. Angel lachte gequält auf. „Nein, Willow! So funktioniert das nicht und du weißt das so gut wie ich.“ Er begann, unruhig an den Gittern auf und ab zu laufen. Irgendetwas mußte er tun, um sich abzulenken. Sein ganzes Gesicht schmerzte noch, es brannte wie Feuer, doch was noch mehr brannte, war das Verlangen in ihm. „Ich werde es nicht mehr lange aufhalten können.“ sagte er mit leiser Stimme. Er wandte sich wieder Willow zu und reichte ihr den Pflock aus seiner Tasche. „Tu es jetzt, bevor es zu spät ist!“ Doch Willow schüttelte energisch den Kopf. „Auf keinen Fall! Wenn wir eine Chance haben, dann nur zusammen. Ich kann das nicht tun!“ Angel schoß nach vorne und packte ihren Arm so fest, daß sie kurz aufschrie. „Du mußt es tun! Buffy wird schon auf der Suche sein, du hast eine faire Chance, wenn du mich tötest! Wenn nicht, dann wirst du nicht mehr lange genug leben, um von Buffy befreit zu werden!“ Er lockerte den Griff und Willow nahm den Holzpflock aus seiner Hand. Die Tränen liefen stumm über ihr Gesicht. „Und was soll ich ihr dann sagen? Es tut mir leid, aber ich habe deinen Freund zu Staub verwandelt?“ weinte sie. Aller Vernunft zum Trotz umarmte Angel das Mädchen kurz. „Es ist okay...sie wird es verstehen.“ Willow starrte ihn fassungslos an. „Sie wird es nicht verstehen!“ herrschte sie den Vampir an und wunderte sich über ihren eigenen Mut. Dann fügte sie leise hinzu. „Ich hätte auch eine bessere Idee.“ Angel schluckte. „Und die wäre?“ Willow holte ihren kleinen Rucksack unter dem weiten Pullover hervor. „Manchmal hasse ich meine Mom für die Klamotten, die sie mir immer andreht, aber in diesem Fall muß ich ihr wohl dankbar sein.“ sie brachte ein schwaches Lächeln zustande, als sie Angel den Rucksack vor die Nase hielt. Der wußte damit überhaupt nichts anzufangen. „Okay, ein Rucksack...und was weiter?“ meinte er ungeduldig. Er spürte, wie sein Blutdurst langsam unerträglich wurde. Ständig wanderte sein Blick zum Hals des Mädchens. „Hier sind die Sachen, die ich gekauft habe, bevor dieser Typ mich erwischt hat.“ offenbarte sie. Doch Angel wußte noch immer nicht, worauf sie hinauswollte und sah sie nur wortlos an. So fuhr sie fort. „Das sind die Sachen, die ich für den Zauber brauche....und ein paar Haare und Blut...“ „Bitte?“ wiederholte Angel fassungslos. „Zauber? Haare? Blut? Tut mir leid, aber muß ich das jetzt verstehen?“ „Tara hat einen Zauber gefunden, der Vampire in Menschen verwandelt, wir wollten euch damit überraschen, aber dann kam dieser Typ dazwischen.“ erklärte Willow und Angel verstand plötzlich alles. „Laß' mich raten!“ stöhnte er. „Der Spruch stammt von einem Zauberer namens Dunkirk und die Sache hat irgendeinen Haken!“ „Nur bei normalen Vampiren!“ ereiferte Willow sich. „Er war nicht in der Lage, die Seele wiederherzustellen, aber da du bereits eine hast, wäre das die ideale Lösung für Buffy und dich!“ Angel schwieg betreten, Erinnerungen kamen in ihm hoch, Erinnerungen an seinen Tag als Mensch. Diesen wunderschönen und doch so schmerzlichen Tag. Er hatte damals feststellen müssen, daß er selbst als Mensch nicht mit Buffy zusammensein konnte, da er sie nur in Gefahr bringen würde. „Willow,“ begann er, „ich glaube kaum, daß das eine Lösung wäre. Ich...wir...ich kann es dir nicht erklären. Glaub mir einfach, daß es so nicht geht!“ Willow blickte verständnislos auf Angel, der für einen Moment von seinem Verlangen nach Blut abgelenkt schien. „Keine Lösung? Angel! Das ist die Erfüllung eurer Träume!“ widersprach sie. „Das habe ich auch mal geglaubt. Aber es stimmt nicht. Es bringt nur noch mehr Probleme.“ „Du sprichst, als hättest du es schon ausprobiert!“ sagte sie anklagend und Angel starrte sie nur aus tieftraurigen Augen an. 'Ich habe es ausprobiert und es ging schief' - dachte er bei sich und senkte den Kopf.
Doch der Schmerz ließ rasch wieder nach, als der Duft nach frischen Blut erneut in seine empfindsame Nase stieg. Er kämpfte um die Kontrolle und merkte doch, wie aussichtslos dieser Kampf auf Dauer war. Willow hatte Recht. Wenn auch die Verwandlung nicht die endgültige Lösung für ihn und Buffy darstellte, so war es hier das einzig richtige, das sie tun konnten, wollten sie beide überleben.
„Hast du wirklich alles, was du brauchst?“ fragte er kaum hörbar und Willow begann begeistert in ihrer Tasche zu kramen. „Ich wußte, du wirst vernünftig. Ich habe den kompletten Spruch aufgeschrieben, damit ich nichts vergesse. Hier ist alles.“ Sie breitete den Inhalt vor ihm aus. „Nur Haare und Blut brauche ich noch von dir!“ „Wir müssen uns beeilen, ich schaffe es nicht mehr lange!“ drängte er das Mädchen und riß sich ein Büschel Haare aus. Danach schlitzte er mit scharfen Fingernägeln sein Handgelenk auf und ließ das Blut in die kleine Blechschüssel tropfen, die in der Zelle gelegen hatte. Willow bereitete sich vor, ließ sich im Lotussitz auf dem Boden nieder und bedeutete Angel, es ihr gleich zu tun. Auch er hockte sich nieder und Willow begann leise fremde Worte vor sich hin zu murmeln. Zusammen mit ein paar Kräutern unbekannter Herkunft und einer grünen Flüssigkeit warf sie die Haare in die Schüssel mit dem Blut. Es zischte und rauchte, bis Angel vollkommen in den grünen Dampf gehüllt war. Ihm wurde seltsam zumute...das Gefühl erinnerte ihn stark an die Erfahrung mit dem Blut des Mohra Dämons. Aber der Hunger schwand langsam, und das gab ihm ein wenig Ruhe. Dann packte Willow seine Hände und ihr Gesang schwoll an. Angel fühlte, wie sein Herz unregelmäßig zu schlagen begann.
„Es funktioniert!“ flüsterte er vollkommen überrascht.
In diesem Moment öffnete sich mit einem Ruck die Gittertüre. Croydon war unbemerkt in den Gang getreten und hatte sofort erkannt, was hier vor sich ging. Mit einem lauten Fluch auf den Lippen betrat er die Zelle und riß Willow aus ihrer Trance. „Du verdammte kleine Hexe!“ schrie der Mann in Rage. „Er sollte dich töten, damit du den Zauber nicht anwenden kannst! Ich habe einst geschworen, jeden Menschen zu töten, der es auch nur in Erwägung zieht, den Zauber anzuwenden!“ Willow verstummte abrupt und Angel fühlte sich von einer unsichtbaren Macht gepackt und fiel zu Boden. Der Zauber war nicht komplett, das konnte er deutlich spüren. Sein Herz schlug zwar, doch irgend etwas war noch nicht so wie es sein sollte.
Croydon packte das rothaarige Mädchen und zerrte sie mit sich. „Du bist schuld, daß ich meinen Schwur brechen muß. Ich muß alles vernichten...nun muß ich alles vernichten!“ Er murmelte ein paar fremd klingende Worte und Sekunden später ging der Zettel mit dem Spruch, den Willow noch immer fest in der Hand hielt, in Flammen auf. Erschrocken ließ sie ihn fallen. „Angel, hilf mir! Er ist verrückt! Bitte hilf' mir!“ schrie sie verzweifelt.
 

 
Kapitel Sechs

Aufmerksam blätterte Buffy durch die Seiten von Tara's Buch, während Giles immer noch nach der richtigen Quelle suchte.
Plötzlich hörte der ehemalige Wächter den schrillen Schrei seiner Jägerin und als er sich umdrehte, sah er nur noch, wie das Buch auf dem Tisch in hellen Flammen stand. „Buffy, was....?“ begann er und das blonde Mädchen hob nur hilflos die Hände. „Ich habe nichts gemacht, Giles. Ehrlich!!!“
„Der Hüter des Zaubers!“ kam es tonlos von Tara, die bisher schweigend auf dem Sofa gesessen hatte. „Er vernichtet alle Unterlagen.“ Giles ging zu ihr und packte sie an beiden Armen. „Was heißt das? Was weißt du darüber?“ Willows Freundin schien unter Schock zu stehen. „Ich.....ich hätte ihr nie vorschlagen dürfen, diesen Zauber anzuwenden....ich hätte es wissen müssen.“ Giles schüttelte sie sanft. „Tara, sprich! Was weißt du?“ Tränen lösten sich von ihren Augen und rollten ihre Wangen hinunter. „Es tut mir so leid...ich dachte, die Sache mit dem Hüter des Zaubers sein ein Märchen....ich konnte doch nicht wissen!“ Nun trat Buffy hinzu und noch bevor Giles ahnen konnte, was sie vorhatte, hatte sie Tara bereits eine schallende Ohrfeige versetzt. Das Mädchen erwachte aus ihrem Schockzustand und blickte ihr in die Augen. „Jetzt sag' uns verdammt nochmal, was hier los ist!“
„Sie hat ihn angewandt.“ begann sie. „Willow muß den Zauber angewandt haben und ist erwischt worden. Die Sage erzählt davon, daß der Hüter des Zauber alle Unterlagen vernichten muß, sollte es jemals einem Menschen gelingen, den Spruch anzuwenden. Aber mehr weiß ich auch nicht. Ich weiß nicht, wo wir sie finden können. Wenn sie überhaupt noch leben.“
Buffy drehte sich um, griff nach ihrer Tasche und eilte zur Türe. „Ich werde sie finden, das schwöre ich. Hier weiterhin rumzusitzen hat jedenfalls wenig Sinn.“ Sie stürmte hinaus und atmete die kühle Morgenluft ein. Bald würde es hell werden. Wie es Angel wohl ging? Und Willow? Im Laufschritt machte sie sich auf den Weg zum Campus. Von dort aus wollte sie noch einmal aufmerksam den Weg zur Villa abgehen und dabei auf ihr Gespür hoffen. Sie konnte Angel immer spüren, wenn er nahe war. Vielleicht würde ihr das nun weiterhelfen.

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Angel sprang mit Leichtigkeit auf die Füße und machte sich zum Angriff bereit. Ehe der Zauberer mit Willow die Zelle verlassen konnte, hatte er sich mit einem wilden Knurren auf ihn gestürzt. Er spürte, wie sich sein Gesicht zu dem des Vampirs veränderte und für Sekunden schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, daß Willows Spruch glücklicherweise doch nicht geklappt zu haben schien. Er war immer noch ein Vampir. Alles was ihn irritierte, war das schlagende Herz in seiner Brust, doch wahrscheinlich würde das nach einiger Zeit auch wieder aufhören.
Er überwältigte den unvorbereiteten Croydon, befreite Willow aus seinem Griff und schloß den überraschten Zauberer in seiner eigenen Zelle ein.
Als er sich von Angels Angriff erholt hatte, stürzte er nach vorne an die Gitterstäbe und stieß wilde Flüche aus. Doch der Vampir lachte nur und sagte: „Ich denke, du bist hier nicht in der Position, Drohungen auszustoßen, Zauberer!“ nutzte er seine eigenen Worte nun gegen ihn. Dann wandte er sich Willow zu. „Bist du in Ordnung?“ erkundigte er sich in sanftem Ton. Das Mädchen sah ihn dankbar an. „Mir geht es gut. Mein Fuß tut ein bißchen weh, aber das ist halb so wild.“ Sie schaute ihm tief in die gelben Augen. „Und wie geht es dir?“ Er lächelte. „Mir geht es gut. Aber ich glaube, dein Zauber ist ein wenig daneben gegangen.“ Damit wechselte er wieder zu seinem menschlichen Gesicht.“Das kann nicht sein!“ wehrte sich Willow. „Ich war fast fertig und dein Herz hatte schon zu schlagen begonnen.“ „Es schlägt noch immer.“ erwiderte Angel und hielt eine Hand auf seine Brust. Willow wirkte verwirrt. „Wie kann das sein? Sobald das Herz schlägt soll die Verwandlung vollzogen sein, so stand es im Buch. Es fehlte nur noch ein einziger Satz und das letzte Kraut!“ „Willow! Wir haben keine Zeit für Diskussionen. Darüber können wir uns später noch Gedanken machen. Nun sollten wir schauen, wie wir hier rauskommen.“
„Gar nicht, Vampir! Die Sonne geht gleich auf! Du wirst hier nicht rauskommen. Nicht, bevor dich meine Wachen finden!“ höhnte Croydon, doch Angel hörte gar nicht hin, sondern packte Willow am Arm und zog sie den Gang entlang. Das Mädchen stöhnte leise auf vor Schmerz. „Dein Fuß?“ erkundigte sich Angel und sie nickte. Er packte unter ihre Knie und hob sie mit spielerischer Leichtigkeit hoch. „Nein, Willow,“ sagte er, „es hat definitiv nicht geklappt!“ bemerkte er, bevor er mit ihr durch den dunklen Tunnel eilte.

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Die Suche hatte Buffy bis weit in Sunnydale's Außenbezirk getrieben. Sie war einfach immer nur ihrem Gefühl gefolgt und sie hoffte, es würde sie nicht trügen.
Besorgt schaute sie immer wieder gen Himmel, an dem sich die Morgensonne bereits langsam ihren Platz eroberte. Hoffentlich war Angel in Sicherheit, sicher vor den tödlichen Sonnenstrahlen. Unermüdlich lief sie weiter, die Sorge um die Freundin und den geliebten Vampir ließ sie ihre Müdigkeit und Erschöpfung gar nicht spüren. Es konnte doch nicht sein, daß sie Angel nun so verlieren sollte, nachdem sie gerade wieder zueinander gefunden hatten.
Erinnerungen erwachten vor ihrem inneren Auge zum Leben. Wieviel hatten sie nicht schon zusammen durchgemacht, es konnte - es durfte nicht so enden! Als Buffy an all ihre Erlebnisse mit Angel dachte, fiel ihr auf, daß sie ihn noch nicht ein einziges Mal wirklich fröhlich und ausgelassen erlebt hatte. Er wirkte ständig so ernst, selbst in wirklich glücklichen Momenten hatte er nie diesen Ausdruck von Schuld in seinen tiefbraunen Augen verloren. Und doch war es ihr, als habe sie ihn auch einmal anders erlebt, frei und fröhlich lachend, irgendwo in ihrem Unterbewußtsein sah sie die Bilder, die so gar nicht zu den Erlebnissen passen wollten, an die sie sich erinnerte. Ein Angel, der entspannt und glücklich mit ihr scherzte und lachte. Buffy schüttelte energisch ihr blondes Haar. In ihrer Angst um Angel spielten ihr selbst ihre eigenen Erinnerungen schon Streiche.
Sie hatte den Stadtrand erreicht und blieb eine Weile stehen, um in sich hinein zu horchen. War das nun auch Einbildung oder verstärkte sich wirklich ihr Gefühl, wie immer, wenn Angel in der Nähe war?
Sie sah sich aufmerksam um, konnte aber nicht viel entdecken. Hier vor den Stadtgrenzen gab es nicht viele Gebäude. Oftmals waren es nur Ruinen, die ihre blühenden Zeiten schon lange hinter sich hatten. Wie zum Beispiel das alte Gefängnis ein paar hundert Meter weiter nördlich.
Plötzlich hielt sie inne. Das Gefängnis! Es war zwar schon sehr verfallen, hatte jedoch noch recht gut erhaltene, unterirdische Zellen, wenn Buffy sich recht entsinnen konnte. Sie hatten irgendwann mal mit der Schule eine Exkursion zu dem alten Gebäude gemacht, kurz nachdem sie nach Sunnydale gezogen war. Das wäre vielleicht das ideale Versteck für jemanden, der zwei Personen entführt hatte. Vor allem bot es gute Möglichkeiten, diese Personen gefangen zu halten.
Buffy drehte sich um und machte sich im Laufschritt auf den Weg zur Gefängnisruine. Sie hoffte, es war ihr nicht zu spät eingefallen.

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Vor einer steinernen Treppe blieb Angel stehen. An ihrem Ende konnte er deutlich das Licht der grellen Morgensonne sehen. Er setzte Willow ab und wandte sich ihr zu. „Geh' hinauf, Willow!“ Doch das Mädchen blieb stehen. „Was ist mit dir? Du kannst nicht hierbleiben. Die Wachen....“ „Ich glaube an keine Wachen!“ unterbrach er sie, „wir hätten sie längst gesehen, wenn es welche gäbe. Croydon hat nur geblufft. Ich werde hier warten, bis die Sonne untergeht, dann komme ich nach.“ „Dann bleibe ich auch hier und warte mit dir!“ antwortete Willow mit fester Stimme. „Das geht nicht. Du solltest nicht vergessen, wir haben es mit einem Magier zu tun. Ich weiß nicht, wozu er fähig ist, er könnte sich befreien oder sonst etwas tun. Du mußt gehen. Außerdem...die anderen machen sich sicherlich die größten Sorgen. Du solltest ihnen Bescheid geben. Ich kann schon auf mich aufpassen.“ Er versuchte ein schiefes Lächeln. „Aber ich...ich kann kaum laufen. Und ich weiß gar nicht, wo wir hier sind. Vielleicht finde ich alleine gar nicht nach Hause.“ Angel packte   das Mädchen wieder und trug sie vorsichtig die Treppe hoch. An der vorletzten Stufe machte er halt und setzte sie ab, darauf bedacht, nicht in die Reichweite der Sonnenstrahlen zu kommen. „Schau raus und sieh wo wir sind.“ sagte er zu Willow, „wenn mich nicht alles täuscht, dann ist das hier die Ruine des alten Gefängnis von Sunnydale.“ Willow nahm Angels Hand. Sie fühlte sich anders an als sonst, wärmer, lebendiger. „Angel, komm' mit mir! Versuche es! Dein Herz schlägt, deine Haut ist warm und dein Hunger nach Blut? Ist der nicht auch verschwunden? Ich sage dir, der Zauber hat funktioniert. Angel zögerte. Willow hatte Recht, die Gier nach Blut war verschwunden, doch wie ließ sich erklären, daß er noch immer die immense Stärke des Vampirs besaß und auch die kleine Wunde, die er sich eben beim kurzen Kampf mit dem Zauberer zugezogen hatte, begann bereits, sich wieder zu schließen. Vorsichtig nahm er die letzte Stufe der Treppe und hielt seine Hand in den hereinscheinenden Strahl der Sonne. Er erwartete den heftigen Schmerz, bereit, die Hand sekundenschnell zurückzuziehen, bevor sie in Flammen aufging, doch alles was er spürte, war ein Prickeln auf der Haut, wie von kleinen Nadelstichen. Mit geweiteten Augen stieg er höher und setzte damit seinen gesamten Körper der Sonne aus. Willow begann über das ganze Gesicht zu strahlen. „Siehst du! Du bist ein Mensch! Es passiert gar nichts!“ Er drehte sich zu ihr um, in seinem Gesicht konnte sie Verwirrung und Erstaunen lesen. „Du hast Recht,“ sagte er „der Spruch scheint gewirkt zu haben!“ Er nahm das Mädchen erneut auf den Arm und trat mit ihr in die strahlende Morgensonne hinaus. Hier draußen schützte ihn nichts mehr vor ihrer Wirkung, doch außer den feinen Nadelstichen spürte er nichts. Seine Augen, an die Dunkelheit gewohnt, schmerzten ein wenig, doch das würde sich geben. Er schaute sich andächtig um. Wie anders doch alles am Tage aussah und welch ein Wunder es war, daß er das in nur so kurzer Zeit bereits zum dritten Mal erleben durfte. „Wir sind nur ein ein wenig außerhalb der Stadt.“ sagte er schließlich zu Willow. „Ich hatte Recht, es ist das alte Gefängnis.“ „Das ist ein ganzes Stück Weg bis zum Campus.“ erwiderte sie. „Kannst du mich wirklich so lange tragen? Sonst versuche ich mal ein Stück zu laufen.“ Angel lachte. „Kein Problem, Willow. So ein Fliegengewicht wie dich trage ich noch viel weiter, wenn es sein muß.“

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Buffy näherte sich der Gefängnisruine, sie konnte das alte Gemäuer schon erkennen. Angestrengt blinzelte sie gegen die Sonne, um frühzeitig eventuelle Gefahren ausmachen zu können, als sie eine dunkel gekleidete Gestalt in der Ferne sah. Sie griff nach einem Pflock aus ihrer Tasche. Nicht eben die beste Waffe am hellichten Tag, denn Vampiren würde sie jetzt kaum begegnen, aber es war alles, was sie hatte. Als sie sich der Gestalt näherte, bemerkte sie ein angenehmes Prickeln auf ihrer Haut und sie hielt sich die Hand an die Augen, um besser gegen die Sonne sehen zu können.
Doch was sie dort sah, konnte nur ein Trugbild sein. Vorsichtig blieb sie stehen, während sich die dunkle Gestalt ihr näherte. Es sah aus wie Angel, der Willow vor sich her trug, aber das konnte doch unmöglich sein! Wie erstarrt stand die Jägerin da, unfähig, sich auch nur einen Millimeter weg zu bewegen. Er kam immer näher und nun gab es keinen Zweifel mehr. Wie sie ihn so sah, ganz in schwarz, den langen Mantel weit schwingend hinter ihm und die Sonnenstrahlen auf seinem bleichen Gesicht tanzend, hatte sie plötzlich das starke Gefühl von Dejá-vu. Sie kannte diese Szene und doch konnte es nicht sein.
„Angel!“ hauchte sie.
„Nun laß' mich schon runter und geh' zu ihr!“ drängte Willow. Angel schien sie völlig vergessen zu haben, seine Augen hielten den erstaunten Blick seiner Freundin. Er gehorchte und setzte sie vorsichtig auf den Boden. Dann ging er weiter auf Buffy zu, die immer noch wie angewurzelt auf dem gleichen Fleck stand. Auf den letzten Metern gingen schließlich beide aufeinander zu und fielen sich in die Arme. Ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuß und Angel mußte an den wunderschönen Tag am Strand von Santa Monica denken. Doch er diesmal trug er die Hoffnung in sich, daß alles gut werden würde, daß sie schließlich und endlich eine Chance bekamen, miteinander glücklich zu werden. Er packte Buffy an den Hüften und wirbelte sie im lachend im Kreis. Das blonde Mädchen schaute ihm wie gebannt ihn die Augen, die im Sonnenschein glitzerten und plötzlich wußte sie, warum sie Fröhlichkeit an Angel immer so vermißt hatte.
 
 

Kapitel Sieben

Ein Klopfen unterbrach Giles' Recherchen und er ging zur Tür um zu öffnen. Mit großer Erleichterung sah er, daß es Buffy war, die geklopft hatte und hinter ihr Angel mit Willow auf dem Arm. „Buffy, du hast sie gefunden!“ rief er erfreut aus und trat zur Seite, um sie herein zu lassen. „Willow, ist alles in Ordnung mit dir?“ erkundigte er sich dann dennoch besorgt, als Angel sie ins Haus trug. „Mir fehlt nichts, Giles. Der Fuß ist nur ein wenig lädiert, das Laufen fällt mir schwer und Angel war so freundlich, mich den ganzen Weg zu tragen.“ antwortete sie. „Ja, Angel, nun...da können wir ja froh sein, daß sie es noch vor Sonnenaufgang....“ er hielt inne und schaute noch einmal nach draußen. „Die Sonne ist bereits aufgegangen...“ bemerkte er dann trocken und blickte Angel verwundert an.
„Lange Geschichte, Giles!“ fuhr Buffy dazwischen, „deshalb sind wir ja hier. Wir brauchen ein paar Antworten.

„Nun...ja...das ist in der Tat sehr ungewöhnlich.“ sagte Giles, nachdem Willow und Angel ihre Geschichte erzählt hatten. „Und sie sind sich vollkommen sicher, daß sie noch immer spezielle...Kräfte besitzen?“ wandte er sich an Angel. Der drehte sich kurz weg und als er den ehemaligen Wächter wieder ansah, blickte der in die leuchtend gelben Augen des Vampirs.
„Oh...ja., es sieht aus, als sei es nicht zu leugnen.“ Angel wechselte mühelos wieder zu seinen menschlichen Gesichtszügen. „Irgendetwas ist hier schief gegangen und wir müssen wissen was!“ sagte er dann.
„Das wird sich als sehr schwierig erweisen, nachdem alle Aufzeichnungen, die den Zauber betreffen in Flammen aufgegangen sind.“ ließ Tara vernehmen. „Sie hat Recht.“ stimmte Giles zu. „Wir können nicht mehr tun als abwarten was passiert.“
Buffy stöhnte auf. „Na prima! Wir müssen jetzt also wirklich tatenlos hier sitzen und warten, was mit meinem Freund passiert, der momentan weder ein richtiger Mensch noch ein richtiger Vampir ist. Wie fühlst du dich eigentlich, Angel?“ Er schaute das Mädchen lächelnd an. „Völlig normal, denke ich. Außer....“ „Außer was?“ riefen Buffy und Willow wie aus einem Mund. „Ich habe Hunger!“ antwortete er strahlend. Ein eisiges Schweigen breitete sich im Raum aus, keiner wagte zu fragen und Angel fügte amüsiert hinzu. „Was ist los? Darf ich keinen Hunger haben? Ich glaube, ein schönes Steak wäre jetzt angebracht...blutig!“ Die Mädchen starrten ihn weiterhin schweigend an, bis Willow schließlich anfing zu kichern. „Tut mir leid, Angel,“ brachte sie dann hervor. „Aber an deinen neugewonnen Humor müssen wir uns erst gewöhnen.“
„Und du willst wirklich essen,...richtig, meine ich?“ hakte Buffy mißtrauisch nach und Angel nickte. „Ich habe wirklich Hunger,“ gab er zu. „Und das nicht auf Blut.“
„Kein Problem,“ begann Giles, „ich denke, wir könnten alle ein gutes Frühstück gebrauchen, und danach sehen wir dann weiter.

Mit wachsender Begeisterung sah Buffy zu, wie ihr Freund mit gutem Appetit aß. So hatte sie sich das Leben immer vorgestellt, es war ihr größter Wunsch gewesen, mit Angel einmal eine einigermaßen normale Beziehung führen zu können und nun schien dieser Wunsch sich tatsächlich zu erfüllen. Wenn nur diese Ungewißheit über den unvollendeten Zauber nicht wäre. Keiner von ihnen wußte, wie es sich weiterhin auswirken würde. Alles was ihnen blieb, war abzuwarten. Sie konnten sich nicht einmal sicher sein, daß er nicht vielleicht doch seine Seele verlieren würde, wenn sie miteinander schliefen und das machte sie verrückt.
„Was bedrückt dich?“ riß Angels sanfte Stimme sie aus ihren Gedanken. Sie schaute ihn liebevoll an. „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, Angel. Was sollen wir nun tun?“ Er hob die Hand und streichelte zärtlich über ihre Wange. „Es wird sich alles finden, Buffy. Wir bleiben bei unserem bisherigen Plan und in ein paar Wochen wissen wir sicherlich mehr.“ Eine Spur der Trauer schlich sich auf ihre Gesichtszüge. „Das heißt, du fährst morgen wie geplant nach LA zurück.“ stellte sie fest und Angel nickte nur. „Es tut mir leid, daß unser erstes Wochenende so gründlich daneben ging. Aber es wird noch andere geben.“ „Ich will dich noch nicht gehen lassen. Nicht jetzt!“ bat sie ihn, doch er blieb bei seiner Meinung. „Buffy, es hat doch keinen Sinn, hier untätig rumzusitzen und auf irgendwelche Veränderungen zu warten, während ich in LA Cordelia und Wesley im Stich lasse. Bitte, versteh' mich doch. Wir haben noch den ganzen Tag und ich schwöre dir, wir werden ihn genießen. Jetzt, wo wir nicht den ganzen Tag in deinem Zimmer verbringen müssen.“ Sie lächelte leicht. „Ich gebe zu, es ist ein verlockender Gedanke, mit dir einen Tag in der Sonne zu verbringen.“ „Dann laß' uns das auch tun.“ Er stand auf und blickte die anderen an. „Ihr seid nicht böse, wenn wir gehen?“ fragte er unsicher, doch die lachten nur. „Geht nur, wir alle verstehen, daß ihr jetzt alleine sein wollt.“ sagte Willow.

„Wir sollten zuerst noch mal dem Gefängnis einen Besuch abstatten.“ meinte Angel, nachdem sie Giles' Appartement verlassen hatten. „Der Gedanke, Croydon einfach seinem Schicksal zu überlassen, schmeckt mir nicht.“ Buffy nickte. „Vielleicht hat er ja auch ein paar Antworten und will sie mit uns teilen.“ Angel stieß einen abfälligen Ton aus. „Sicherlich nicht freiwillig!“ „Habe ich was von freiwillig gesagt?“ lachte Buffy.
Schon bald hatten sie die Ruine erreicht und stiegen vorsichtig in die dunklen Gänge des Kellers hinunter.
„Er ist fort!“ bemerkte Angel, sobald sie den Raum betreten hatten, in dem Croydon Angel und Willow gefangen gehalten hatte. „Nun, dann sind wir mit den Recherchen wohl wieder auf uns gestellt.“ antwortete Buffy. „Ich hätte ihn nicht so entkommen lassen dürfen.“ gab sich Angel die Schuld. „Ich hätte hier bleiben müssen. Aber Willow wollte nicht alleine gehen und ich konnte sie doch nicht im Stich lassen.“ versuchte er, sich zu rechtfertigen. „Angel, du hast keinen Grund, dich für irgend etwas zu verteidigen. Ich glaube ohnehin nicht, daß er noch irgendein Unheil anrichten wird. Er hat nur versucht, seinen Auftrag zu erfüllen und ist wohl daran gescheitert. Sicherlich verkriecht er sich in irgendeine Ecke und brütet den Rest seines Lebens darüber nach, warum er versagt hat.“ Angel mußte grinsen. „Ich liebe deine Art, die Dinge immer von der positiven Seite zu betrachten.“ entgegnete er. „Ich werd's dir beibringen.“ scherzte sie und hakte sich dann bei ihm unter. „Aber nun, laß' uns gehen.“

„Es ist wie ein Traum!“ sagte Buffy und drängte sich dichter an Angels Seite. „Ja,“ erwiderte der leise. „die Stadt sieht im Tageslicht so anders aus, friedlicher.“ „Das täuscht!“ lachte Buffy. Sie hatten den Campus erreicht und beide ließen sich unter einem Baum im Gras nieder, wie so viele andere Pärchen um sie herum. Buffy lehnte den Kopf an Angel's breite Brust und lauschte seinem Herzschlag. „Wie gut das klingt.“ murmelte sie schläfrig. Angel strich sanft über ihr Haar. Er hing seinen eigenen Gedanken und Erinnerungen nach. Irgendwann würde er ihr von dem Tag erzählen, an dem er für kurze Zeit ein Mensch war und von den wundervollen Dingen, die sie damals gemacht hatten. Er atmete den Duft ihrer Haare ein und merkte, wie die Gefühle drohten, ihn zu überwältigen. Wenn sie doch nur mehr über seinen jetzigen Zustand wüßten. Es kam ihm alles so unwirklich vor. Warum sollte das Schicksal ihm, ausgerechnet ihm, ein solches Geschenk machen? Die Möglichkeit, ein normales Leben als Mensch zu führen, ohne die Kräfte und Möglichkeiten die er als Vampir hatte, zu verlieren. Es würde all ihre Probleme mit einem Schlag lösen. So würde er nie fürchten müssen, eine Belastung für Buffy zu sein, noch würde er Angst haben müssen, sie in Gefahr zu bringen, weil er den Kampf gegen seinen inneren Dämonen verlor. Er spürte ihn nicht mehr, obwohl die dunkle Seite noch immer in ihm war. Der Kampf hatte aufgehört, nach so langer Zeit schien sein Körper endlich wieder nur ihm alleine zu gehören. Er horchte tief in sich hinein und traf schließlich eine Entscheidung.
Buffy war vor Erschöpfung an seiner Schulter eingeschlafen. Er nahm sie vorsichtig hoch und trug sie über den Campus in ihr Zimmer. Dort legte er sie ins Bett. Das Mädchen murmelte leise vor sich hin, schien aber fest zu schlafen. Angel zog Mantel und Schuhe aus und legte sich neben sie. Sanft begann er, Buffy zu streicheln. Sie seufzte wohlig und begann sich zu regen. „Angel?“ hauchte sie und öffnete schließlich die Augen. „Was machst du da?“ „Ich liebe dich, Buffy,“ antwortete er. „Und ich werde nicht weggehen, ohne dir das bewiesen zu haben.“ Die Jägerin setzte sich abrupt auf. „Nein, wir...wir dürfen das nicht. Nicht, solange wir nicht wissen, was wirklich mit dir geschehen ist.“
Angel nahm ihre Hände und schaute ihr tief in die Augen. „Vertrau' mir einfach, es ist okay!“ Ihr ganzer Körper zitterte unter den liebevollen Berührungen ihres Freundes. Mehr als alles andere wünschte sie sich, sich ihm einfach vertrauensvoll hingeben zu können, doch es blieben Zweifel in ihr. Die furchtbaren Erinnerungen an ihre erste gemeinsame Nacht, nach der sie alleine im Bett aufgewacht war. Sie könnte es nicht ertragen, ihn noch einmal auf diese Weise zu verlieren. „Angel!“ begann sie erneut, doch er hörte nicht auf, sie zu liebkosen. „Ssshhst, es ist okay. Ich weiß, was ich tue!“ So sehr auch immer die Zweifel an ihm genagt hatten, so sehr er auch immer lieber den sicheren Weg gewählt hatte, diesmal war er einfach überzeugt, das Richtige zu tun. Seine Sicherheit begann langsam, sich auf Buffy zu übertragen und sie entspannte sich unter Angel's liebevollen Gesten. Sie knöpfte langsam sein Hemd auf und begann, seine weiche, warme Haut zu liebkosen. Seine Küsse bedeckten ihren ganzen Körper, langsam arbeitete er sich nach oben und verharrte an ihrem schlanken Hals. Er spürte, wie das heiße Blut durch die Schlagader unter seinen Lippen floß und er hielt eine Weile an der Stelle inne, die ihm für so lange Zeit als Nahrungsquelle gedient hatte. Buffy erbebte unter seinem heißen Atem. Dann atmete er erleichtert auf. Früher hatte eine Liebkosung dieser Stelle in ihm gemischte Gefühle hervorgerufen, doch diesmal spürte er nichts außer einer tiefen Liebe und der Leidenschaft, die sich immer weiter in ihm ausbreitete.

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Angel hob den Oberkörper und stützte sich auf einen Ellbogen. Lächelnd betrachtete er das friedlich schlafende Mädchen neben sich. Noch nie in seinem langen Leben hatte er sich so glücklich gefühlt, so absolut zufrieden. Was immer auch bei Willow's Ritual schiefgegangen war, er war dankbar dafür. Es hätte nicht besser kommen können, endlich konnte er ein Licht am Horizont sehen, eine Chance auf eine glückliche Zukunft. Endlich war er fähig, die immense Schuld, die er einst auf sich geladen hatte, für einen Augenblick zu vergessen. Er würde nie völlig frei von Schuldgefühlen sein, dafür waren seine Taten einfach zu grausam gewesen, doch er würde in der Lage sein, sein Leben unbeschwerter zu führen, als er es bisher getan hatte. Endlich konnte er ohne die Angst leben, sich in Angelus zurückzuverwandeln und trotzdem war er in der Lage, weiterhin die Dämonen zu bekämpfen, die die Menschheit bedrohten. Und er war weiterhin in der Lage, Buffy zu beschützen und ihr zu helfen.
Leise stand er auf. Es war bald Zeit für ihn, zurück nach LA zu fahren, wo Cordelia und Wesley auf ihn warteten. Ein Lächeln stahl sich auf seine Gesichtszüge. Vielleicht würde er doch lieber erst morgen früh losfahren und sie ein wenig schocken, in dem er wie selbstverständlich durch den Vordereingang des Gebäudes kam. Buffy würde sicher erfreut sein, wenn er eine weitere Nacht mit ihr verbringen könnte.
Er öffnete leise die Türe und verschwand im Bad. Die Entscheidung, doch noch bis zum Morgen in Sunnydale zu bleiben, war getroffen.

Buffy erwachte aus einem tiefen erholsamen Schlaf und noch bevor sie die Augen öffnete, tastete sie nach Angel, der neben ihr im Bett liegen sollte. Doch ihre Hand griff nur ins Leere.
Entsetzt fuhr die Jägerin hoch, die Augen in Panik weit geöffnet. „Angel?“ rief sie besorgt, doch der Raum war leer. Ein beklemmendes Gefühl legte sich wie eine eiserne Fessel um ihr Herz. Sie hatte das schon einmal erlebt und glaubte, ersticken zu müssen, wenn sie ihn nicht sofort fand.
Mit einer weichen Bewegung sprang sie aus dem Bett und bedeckte ihren nackten Körper mit dem Bettlaken. „Angel?“ rief sie erneut, doch es kam keine Antwort. Woher sollte sie auch kommen? Rasch lief sie zum Schrank, ließ das Tuch fallen und zog einen Slip und ein frisches seidenes Unterhemd an. Ihr Herz klopfte heftig gegen ihre Brust, als sie überlegte, was sie nun tun sollte. Sie öffnete die Tür zum Flur und schaute hinaus, doch der Flur lag völlig verlassen vor ihr. Sie lief zurück zum Schrank, um sich anzuziehen und vergaß dabei die Türe zu schließen.
Eilig bückte sie sich und schlüpfte in ihre Jeans und als sie sich wieder streckte, sah sie im Spiegel hinter sich Angel stehen. Mit einem leisen Aufschrei des Erschreckens drehte sie sich abrupt zu ihm herum. „Angel!“ rief sie dann erleichtert und warf sich ihm in die Arme. „Hey! Hey! Was ist denn los? Ich war doch nur 5 Minuten im Bad?“ lachte er und hielt das Mädchen fest an sich gepreßt.
„Oh Gott, tu das bloß nie wieder, Angel. Du hast mich zu Tode erschrocken!“ wisperte sie und eine einzelne Träne floß ihre Wange hinunter. Angel bemerkte plötzlich, was sie gedacht haben mußte, als sie aufwachte und sah, daß sie alleine im Bett lag. „Buffy, ich wollte dich nicht erschrecken, es tut mir leid. Du schienst so fest zu schlafen und ich wollte wirklich nur kurz ins Bad.“
Sie lächelte ihn an. „Tut mir leid, ich habe wohl überreagiert. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe, daß wir wirklich am Ziel sind.“ „Nun,“ erwiderte Angel, „da ich mich entschlossen habe, erst morgen früh zu fahren, weil ich ja nicht mehr von der Dunkelheit abhängig bin, kann ich ja in der Zwischenzeit dafür sorgen, daß du dich etwas schneller daran gewöhnst!“ Er begann erneut, sie zu liebkosen und Buffy ließ es nur zu gerne geschehen, sie fühlte sich wie im Traum und wollte auf keinen Fall mehr aufwachen,...nie wieder.

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Angel warf die kleine Tasche mit dem Gepäck auf den Rücksitz seines Wagen und wandte sich dann wieder Buffy zu. Zärtlich streichelte er über ihr blondes Haar. „Nun sei nicht traurig, es ist doch nicht für lange. Sobald es irgendwie geht, setzt du dich in den nächsten Bus nach LA und wir verbringen dort ein paar schöne Tage miteinander.“ Das Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn flüchtig auf den Mund. „Es fällt mir schwerer als je zuvor, dich jetzt gehen zu lassen.“ flüsterte sie und Angel bemerkte, wie ihre Stimme drohte zu brechen.
„Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als jetzt bei dir zu bleiben, doch ich muß zurück. Es gibt Menschen in LA, die sich auf mich verlassen, ich kann sie nicht im Stich lassen.“ sagte er in einem beruhigenden Tonfall. „Ich weiß. Aber nach allem, was wir durchgemacht haben, würde ich dich am liebsten keine einzige Sekunde mehr aus den Augen lassen. Wer weiß....“ sie stockte. Angel nahm sie fester in den Arm und die ungewohnte Wärme, die sein Körper ausstrahlte, ließ Buffy erbeben. „Du hast Angst, es könnte sich etwas ändern, während ich fort bin.“ stellte Angel fest und Buffy nickte. „Ich weiß, es ist verrückt, aber mich läßt dieser Gedanke nicht los, daß alles nur vorübergehend sein könnte und wir wertvolle Stunden einfach ungenutzt vergehen lassen.“ Angel lächelte, nahm beide Hände der Jägerin in seine und hob sie an seinen Mund. Sanft drückte seine Lippen darauf. „Es wird nichts mehr geschehen, Buffy. Was immer auch schief gegangen sein mag, wir sollten froh darüber sein und glaube mir, es wird sich nicht mehr ändern, das weiß ich einfach!“ Das Mädchen mußte schmunzeln. „Du hast schnell gelernt, Angel!“ sagte sie liebevoll zu ihm und er schaute sie verwundert an. „Was habe ich gelernt?“ „Na, die Dinge von der optimistischen Seite zu sehen.“ Angel begann zu lachen und Buffy fiel mit ein. Sie mochte ihren Freund noch mehr, wenn er sich von einer so fröhlichen Seite zeigte, obwohl sie nicht wußte, ob es überhaupt möglich war, ihn noch mehr zu mögen, als sie es ohnehin schon tat.
„Also dann, gute Fahrt und sei vorsichtig.“ verabschiedete sie ihn. „Bin ich, du kennst mich doch!“ erwiderte Angel. „Eben deshalb!“ Trotz der Trauer über seine Abfahrt konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen.
Er stieg in den schwarzen Wagen und schloß die Tür. „Wow,“ sagte er, „das erste Mal, daß ich ihn am Tag ohne Verdeck fahre.“ Es war alles noch so neu für ihn und es würde sicher noch vieles neu zu entdecken geben. Er freute sich auch schon auf die Gesichter von Cordy und Wesley und das erleichterte ihm den Abschied ein wenig. Buffy beugte sich über die Wagentür und küßte ihren Freund noch einmal zärtlich. „Wir telefonieren!“ sagte sie und trat dann zurück. Angel nickte, dann startete er den Wagen. „In spätestens zwei Wochen sehen wir uns wieder. Bis dahin werde ich mich regelmäßig melden. Keine Angst, uns läuft nichts weg. Wir haben ein ganzes Leben gemeinsam vor uns.“ Mit diesen Worten fuhr er an und Buffy winkte ihm lange hinterher. Als sie ihn schließlich nicht mehr sehen konnte, ging sie zurück über den Campus. Es gibt nicht einen einzigen Grund, traurig zu sein, dachte sie bei sich. Der größte Wunsch meines Lebens ist in Erfüllung gegangen, ich habe den besten Freund, den sich ein Mädchen nur wünschen kann und das Problem mit der Entfernung werden wir nun auch noch lösen können. Mit verschränkten Armen lief sie über den Campus, mit Angel schien auch ein Teil ihrer Wärme gegangen zu sein.
Dann aber streckte sie sich wieder und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Sie würde ihn bald wiedersehen und nichts würde sie je wieder trennen können.

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Aus der Ferne hatte ein großer, dunkel gekleideter Mann das verliebte Paar beobachtet. Ganz genau hatte Croydon jede ihrer Gesten und Blicke verfolgt und schließlich war er zu dem Schluß gekommen, das hier alles wirklich alles in Ordnung war. Zu guter Letzt hatte der Zauber seines Herrn doch einmal etwas wirklich gutes bewirkt und Croydon mußte zugeben, daß er diesen Vampir doch sehr unterschätzt hatte. Er hatte Vampire immer für Monster ohne Gewissen gehalten, doch wie er diese kleine Hexe beschützt hatte, vor seinem eigenen Verlangen nach Blut, das hatte ihn doch sehr beeindruckt. Mehr als er sich eingestehen wollte. Und das er und die Jägerin füreinander geschaffen waren, das sah noch ein Blinder.
Er wußte, der Zauber würde halten, obwohl er nicht vollendet war. Das letzte Kraut hätte ihm die Stärke des Vampirs genommen, doch er hatte sich überzeugt, daß dieser Angel mit seiner neu gewonnen Gabe verantwortungsvoll umgehen würde
Er drehte sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht um und wandte sich zum Gehen. Er würde alles so lassen, wie es war, denn diese beiden hier würden dazu beitragen, die Welt von den Vampiren zu befreien, so wie es sein Herr immer hatte tun wollen.

ENDE