Autor: Astarte
E-Mail Adresse: astarte@fan-arts.net
Titel: The Remedy
Altersfreigabe: NC-17 for violence, rape, non-con sex, disturbing & dark images and general depression, oh and plot bunnies off the leash…
Teil: 24/?
Spoiler: up to AtS 3x12 Provider, BtVS 6x15 As you were, sehr viel später leichte bis AtS 5x22 Not fade away

Inhalt: Manchmal muss Feuer mit Feuer bekämpft werden, damit sich nicht alles in Asche verwandelt.
Hauptcharakter(e)/Paar(e): Cordelia/Spike, Cordelia/Angel(us), Friendship Cordelia/Wesley, implied Angel(us)/Spike, Buffy/Spike, Buffy/Angel, Drusilla/Spike
Disclaimer: Sie gehören mir nicht...
Alles Joss! ‘Virgin State Of Mind’ gehört K’s Choice. ‚We’re in this together now’ gehört Nine Inch Nails.

Dedication: Cassi, Stephanie, phoepe, Talamasca, HELL, Dreamer und Trisha

Extra dedication: Für Jules. Danke für alles, für deine Geschichten, die konstante Inspiration, deine Unterstützung, wenn ich mal wieder an einer Schreibblockade knabbere und dass es dich gibt. Gott, ich fühle mich ganz sappy und könnte die Liste unendlich fortsetzen... *sniff* Ich denke es reicht, wenn ich sage, dass ich dich liebe, oder?

Kommentar: Diese Geschichte geistert schon seit Jahren in der ein oder anderen Form durch meinen Verstand, eigentlich ist sie die mentale Richtung, die ich mit ‚Isn’t it romantic?’ einschlagen wollte und mich nicht dazu durchringen konnte, weil es zu schwierig, zu dunkel, zu hart zum Schreiben war. Naja, nun wird es Zeit sie loszuwerden.

Das hier qualifiziert sich als typische ‘Hurt & Comfort-Story’ und ich will nicht die Folgen einer Vergewaltigung in der Realität herunterspielen und den Heilungsprozess, den es benötigt, dieses Trauma zu bewältigen. Und nein, der hier geschilderte Missbrauch qualifiziert sich auch nicht, als harter Fick, bei dem beide auf ihre Kosten kommen. Vergewaltigung bleibt Vergewaltigung. Ich versuche hier einen greifbaren Ansatz zu finden, zwischen all den Dämonen, Seelen und Visionen und Cordelia und Spike auf eine Reise zu schicken, die hoffentlich von den Lesern nachvollzogen werden kann und ihren starken Charakteren entspricht. Außerdem kann man ungeliebte Storylines bei epischer Länge ungestraft, korrigieren und umschreiben und auf ein Happy End für die Hälfte des Casts zusteuern. Also lassen wir das Baby on the road!

The remedy – engl. (Heil- und Gegen-)Mittel

 

The Remedy


There's a chair in my head on which I used to sit,
Took a pencil and I wrote the following on it:

 

Now there's a key where my wonderful mouth used to be;
Dig it up, throw it at me.
Dig it up, throw it at me.

Where can I run to, where can I hide?
Who will I turn to now I'm in a virgin state of mind.

Got a knife to disengage the voids that I can't bear,
To cut out words, I've got written on my chair.

Like, do you think I'm sexy?
Do you think I really care?

Can I burn the mazes I grow?
Can I, I don't think so.

Virgin State Of Mind – K’s Choice

 

 

I’ve become

 impossible -

Es sind die kleinen Ungewissheiten, die sie ihre Balance verlieren lassen.

 

Die großen Gewissheiten, die sie ihren Verstand verlieren lassen.

 

Und sie spürt, wie sie fällt. Manchmal schneller, manchmal langsamer.

 

Aber der Fall ist allgegenwärtig.

 

Und sie spürt Wesleys Blick und die Fragen und die Sorge und sie schaut weg, weil sie es nicht mehr erträgt. Weil sie nicht anders kann. Weil er darauf besteht hier bei ihr zu bleiben und Angel im Hyperion tatsächlich nicht alleine ist. Mit Connor als Gesellschaft, Fred als Babysitterin, Gunn als Bewacher, Lorne als Seelendoktor.

 

Weil sie ihre Familie nicht um sich erträgt und Wes nicht weggeht.

 

Beharrlich auf ihren Zusammenbruch wartet und sie ihm nicht diesen Gefallen tut.

 

Beschäftigt ihre Hände mit den alltäglichen Handgriffen. Fährt Dennis an, weil er ihr die Hausarbeit abnehmen will und es wirklich das einzige ist, das sie im Moment erledigen kann. Will. Ohne ihr Apartment zu verlassen und sie fühlt sich nicht bereit für die Welt da draußen, die ihr gegenübertritt, als ob sich nichts verändert hat, wenn das nicht der Wahrheit entspricht. Alles ist anders und sie weiß, dass sie sich verkriecht und es erbärmlich ist und nicht ihrem Charakter entspricht, aber alles ist anders und das gehört dazu.

 

Kann nicht anders als daheim zu bleiben und sich zu alt für ihren Körper fühlen.

 

Erträgt nur Wesleys Gegenwart und sie weiß, dass sie ihn bricht, langsam, weil sie sein Weinen nachts durch ihre Schlafzimmertür hört und das nicht richtig ist und er trotzdem nicht gehen kann, obwohl die Türe offen ist. Weiß, dass es mit dem Bund zu tun hat, der sich in den letzten zwei Jahren hier in LA zwischen ihnen geformt hat und er denkt, dass es seine Verpflichtung ist, ihr beizustehen und sie hat nicht die Kraft, die Argumente zu vertiefen und ihn der Tür zu verweisen und er hat den Willen an ihrer Seite zu bleiben und sie weiß nicht, ob sie ihn verfluchen oder ihm dankbar sein soll.

 

Hält seine stoische Maske in ihrer Anwesenheit und das lässt sie hoffen. Hoffen, dass sie irgendwann die Energie aufbringt, wieder eine Maske aufzusetzen. Wieder etwas zu fühlen, neben der Leere und der Angst. Fragt sich, wann sie wieder den Griff, um ihre Gefühle zurückerhält und wann die Mauer zurück ist, zwischen ihr und der Vergangenheit. Zwischen ihr und der Außenwelt, denn sie fühlt sich schutzlos und offen und leer. Beraubt und träge, während sie von Tag zu Tag gespült wird, durch Schlafen, Essen, Duschen und Nicht-Fühlen.

 

Sie ist das Katastrophengebiet nach dem Vulkanausbruch und die Lava ist erkaltet, sie erstarrt und eine Pompeji-Leichen für die Nachwelt erhalten, nur darauf wartend, dass sie jemand mit Gips auffüllt oder liegen lässt. Unter all der Asche. Eingekerkert und sie merkt wie die Mauern dicker werden mit jedem Tag, der verstreicht und ihr die Luft ausgeht, während sich Schichten verdichten und einsickern mit Wesleys Tränen.

 

Denkt, dass nichts mehr hier wachsen wird. Kontaminiert für die Ewigkeit.

 

Fragt sich, ob sie bereit ist sich zu erinnern. An alles. Und Wann.

 

Fragt sich, wann sie sich wieder sauber fühlt und wann sie ihren Freunden wieder in die Augen schauen kann, ohne Scham. Ohne Schuld. Fragt sich viel und findet zu nichts die Antwort.

 

Wartet auf Freds Klick. Gunns Wut. Angels Eingebung. Wes Zusammenbruch.

 

Wartet. Wartet geduldig. Wartet gehorsam. Wartet beharrlich. Wartet umsonst.

 

Bleibt, weil sie nicht woanders hinflüchten kann. Nicht weiß, wohin sie rennen soll, um aus dem Horror ihres Geistes auszubrechen. Das Gefängnis ihr folgt. Cordelia ihrem Kopf nicht entkommen kann, ihn nicht hier liegen lassen und woanders ein neues Leben beginnen.

 

Er unter ihrer Haut ist und sie sieht, was er sieht, wenn sie in den Spiegel blickt. Was er gesehen hat. Sie nicht mehr alleine ist und niemals sein wird. Er ihr Schatten geworden ist und die Stimme in ihrem Kopf, die mokierend fragt, weshalb sie sich wäscht, wenn jeder weiß, wie verkommen sie ist. Dass sie es genossen hat, vielleicht nicht zu Beginn, aber ihr Entsetzen echt, als sie wieder in Angels Gegenwart war. Dass es einfacher für sie war, mit Angelus umzugehen als auf Angel Rücksicht zu nehmen. Dass sie sich nicht in dessen Arme geflüchtet hat, sondern ihn vor dem Hyperion abgeladen hat, wie ein Stück Dreck und ihre Familie ausgeschlossen.

 

Das Blut an ihren Händen klebt. Menschliches. Angels.

 

Ein Fleck auf weißen Leinen. Rubinrot.

 

Ein Schandfleck auf goldener Haut. Lilienblass.

 

Cordelia versucht sich zu erinnern, wie die Narbe an die Innenseite ihres Oberschenkels gekommen ist. Die Form einer Rose. Einer Knospe gleich. Erblüht mit jeder weiteren Reihe seiner Fänge. Präzise und tief eingraviert bis ihre Haut von ihrem Fleisch fällt und sie spürt sie beim Gehen, wenn ihre nackten Oberschenkel gegeneinander gleiten, weshalb sie Jeans vorzieht oder dicken Stoff.

 

Die Frage, wie er sie mit einer Rose aus Narben markieren konnte, taucht jedes Mal auf, wenn sie duscht, zwischenzeitlich nur noch zwei Mal am Tag, zu Beginn war es öfters. Die Frage taucht am Ende eines jeden Tages auf während sie badet, ein Bad, das für sie zwischenzeitlich zum Ritual geworden ist. Die ersten Tage fühlte es sich an, als ob sie die Dusche nie verlassen hätte, bis Wesley sie herauszerrte und in ein Handtuch einwickelte und versuchte nicht ihren vor Kälte zitternden Körper anzustarren.

 

Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht.

 

Die Wunden waren überall, kein Zentimeter, der nicht markiert war mit seinen Farben, grün, blau, lila, schwarz und rot. Seinen Besitz für die Welt kennzeichnete und Cordelia kann sich an die Ursache für einige erinnern. An andere nicht. Aber die Narbe an ihrem Innenschenkel hält eine gewisse Faszination für sie bereit in ihrer morbiden Schönheit, wie er die Haut kunstvoll durchbrochen hat und sie kann sich ihr nie entziehen.

 

Die ersten Tage waren einfacher, weil sie sich einreden konnte, dass es nur ein böser Traum gewesen war. Dass sie daraus aufwachen würde und sie ist tatsächlich aufgewacht, hat irgendwann ihr Spiegelbild angestarrt, die Augen aufgemacht und nicht weggesehen, bis sie tränten und sich das Bild vor ihr sich in ihr Bewusstsein eingebrannt hatte. Hat die abgenutzte Frau vor sich in ihr Leben gelassen, deren Farben verschwunden sind zu einem unauffälligen Grau. Weil die ausgediente Frau nicht wegging und sie es müde ist, Fakten zu verdrängen. Weil in ihrem Kopf kein Platz mehr dafür ist, sondern er zu angefüllt ist mit all dem Müll, der sich über die letzten Jahre dort angesammelt hat.

 

Vielleicht ist es ja nicht wahr, dass der Vulkanausbruch schon vorbei ist, vielleicht wartet Wesley auf ihren und sie hat Angst, dass sie St. Helens ist und danach die Hälfte ihres Fundaments weggesprengt ist, nie wieder aufgehäuft werden kann. Dass ihre Familie in alle Winde verteilt ist und sie dazu verdammt in den aschgrauen Ruinen auszuharren.

 

Ihre Hände gleiten über ihren Körper, ohne dass sie es spürt, bleiben wie immer dort hängen. Weiß, dass es eine Reihe von tiefen Bissen gewesen sein muss, um Spuren zu hinterlassen mit ihrem Dämonenstatus. Weiß instinktiv, dass er das Elfenbein seiner Zähne benutzt hat und keine stählerne Klinge. Hat die Blütenblätter ihrer Rose nie gezählt. Es zwischenzeitlich die einzig sichtbare Narbe ist, neben dem Biss an ihrem Hals. Dessen Aussage in seiner Schlichtheit abfällt gegen die Rose, sie trotzdem verfolgt. Sie ist Eigentum. Der Besitz eines Dämons und niemand hat das Recht, Hand an sie zu legen, außer der Meistervampir dem sie gehört. Angelus. Nicht einmal Angel.

 

Kann sich nicht an die Prozedur der Rose erinnern und weiß, dass sie es sollte, weil es das ist, was von ihr erwartet wird. Weil sie sich immer erinnern konnte, nach jeder Vision, nach jedem Mord und jeder Vergewaltigung ihres Geistes. Weil sie gelernt hat, ihr Leben in Schmerz einzuteilen und das Dazwischen nur das Warten auf neues Leiden war. Weil es wichtig war sich an den Schmerz zu erinnern, um zu verhindern, dass er eintraf und das ist ironisch in der Rückblende. 

 

Weil sie sich nicht an ihren eigene Schmerz erinnern kann. Nicht an alles.

 

Weil niemand es für nötig hielt, sie zu warnen.

 

Lässt ihre Finger auf der Narbe und versucht es erneut und so entdeckt Wesley sie und sie weiß, dass es ihr peinlich sein sollte. Aber es ist nicht das erste Mal, dass er sie aus der Dusche oder dem Bad fischt. Dass es trotzdem nicht angemessen für ihre Beziehung ist, dass er sie nackt in der Badewanne findet und er dachte, dass sie Fortschritte machen würde in den letzten Tagen, Wochen? Sie ist sich nicht sicher, hat neben anderen Gefühlen auch ihr Zeitgefühl verloren.

 

Aber sie sieht seine Ernüchterung, während er mit ihrem weißen Froteebademantel auf sie zukommt und fragt sich, weshalb es ein Fortschritt war, nur weil er nicht mehr jeden scharfen Gegenstand aus ihrer Hand nehmen musste, weil sie vergessen hatte, dass sie ein Messer hielt. Oder Rasierklingen. Oder eine Schere. Oder irgendeine Waffe, die im Laufe der Zeit in ihrem Apartment vergessen wurde oder auch nur ihre Pillen. Weil sie alleine badete und selber ein Ende fand, wenn das Wasser kalt wurde. Die Dusche aus eigenem Antrieb verließ, wenn auch nur zu seinem Wohl.

 

Sie langsam wieder einen Rhythmus in ihrem Leben fand. Oberflächlich.

 

Der Heilungsprozess nicht tiefer als die drei Millimeter ihrer Haut ging. Wes Enttäuschung ist gut versteckt und ihr Schamgefühl ist unbrauchbar im Augenblick. Taub, wie der Rest in ihr und sie sieht seinen müden Blick und der rationale Teil ihres Verstandes sagt ihr, dass sie zum Opfer geworden ist.

 

Irgendwann zwischen Vision Girl und Babypuder ist sie gefallen.

 

Zerschmettert. Liegengeblieben.

 

In dem Augenblick als sie in Wesleys alte Augen blickt, weiß sie, dass es Zeit für sie wird, sich zu entscheiden, ob sie die Stücke wieder zusammensetzen kann. Sich erinnern und weitergehen. Ob sie es will. Oder ob sie einfach hier liegen bleiben will, im abgekühlten Badewasser und darauf wartet, dass ihr Körper genauso abkühlt. Lässt das Bild von ihr in rosagefärbtem Badewasser durch ihren Verstand wandern und wundert sich, ob es wirklich reichen würde sich die Pulsadern aufzuschneiden, denn es erscheint banal. Nach allem.

 

Der Gedanke ist nicht neu.

 

Spürt Wesleys Hand auf ihrer Schulter und zuckt zusammen. Er hat kein Recht sie anzufassen, weiß er nicht, dass sie noch schmutzig ist. Er verbrennt sie mit seinem Mitgefühl, Zuneigung und guten Absichten, sie hat es nicht verdient.

 

Sie hat einiges nicht verdient und seine Tränen gehören auch dazu.

 

Nimmt seine Hand und legt sie auf die Narbe, weiß, dass sie sich einer Vertrautheit bedient, die ihr früher fremd gewesen wäre. Die ihn stocksteif unter ihrer Berührung werden lässt. Aber früher hätte sie erwartet, dass der Anblick von ihr nackt in der Badewanne einen Mönch sein Gelöbnis vergessen lässt. Heute weiß sie, dass sie diese Macht verloren hat. Sie fühlt sich nicht sexy, spielerisch oder erotisch, nur abgetragen und liegengelassen.

 

Sie weiß, warum seine Hand steif auf ihrem Bein liegt, beinahe zwischen ihren Schenkeln vergraben. Er hat Angst. Um sie. Vor ihr. Cordelia ist sich nicht sicher, wovor Wesley alles Angst hat, sie weiß nur, dass sie der Grund ist und das, was sie repräsentiert.

 

Sie hat ihre kleine Welt zum Einsturz gebracht.

 

„Kennst du die Geschichte dieser Rose, Wes?“ Ihre Stimme klingt hohl.

 

Er schüttelt verneinend den Kopf und seine stoische Maske bricht. Tränen fallen ins Badewasser. Pling. Sie legt ihren Kopf zurück auf den Rand, starrt an die Decke, lässt seine Berührung ihre Haut verbrennen und schließt die Augen. Pling. Genießt das Fegefeuer, das seine reine, unbewegliche Hand in ihr weckt. „Ich auch nicht.“

 

Stellt sich rosa Wattewolken vor einem Himmel so blau, wie Wesleys Augen vor und denkt, dass es das Paradies sein könnte. Hört das Feuerwerk und fragt sich, ob wirklich schon der vierte Juli ist, der Unabhängigkeitstag und ob es mehr als ein Datum ist. Ob sie wieder unabhängig sein will und frei. Der Donner bringt sie in eine andere Nacht, an ein Gewitter im Hintergrund und die Farben verändern sich zu einer Melange aus Dunkelblau und Schatten.

 

Das erste richtige Gewitter des Sommers.  

 

Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht. Pling. Pling. Pling. Pling. Konnte man von dem Tropfen des eigenen Blutes in den Wahnsinn getrieben werden oder starb man vorher? Die Frage erschien nicht so theoretisch, wie sie sollte. Die Aussicht auf ihren eigenen Tod, nicht mehr so erschreckend, sondern tröstlich.

 

Wundert sich, ob Wesley den Regen seiner Heimat vermisst und warum es in Kalifornien nur dann regnet, wenn die Welt unterzugehen droht und die Tore zum Himmel und Hölle geöffnet scheinen. Pling. Fragt sich, warum sie es nicht als die subtile Warnung gesehen hat, die es in dieser Nacht war. Pling.

 

Das erste Unwetter des Sommers war immer verhängnisvoll.

 

Der Sturmwind hat nichts als Verderben gesät.   

 

Erinnert sich daran, dass sie sich sicher, glücklich und geliebt gefühlt hat. Pling. Dass der Regen, der an die Fenster klopfte, das Gefühl verstärkte in einem komfortablen Kokon eingewickelt zu sein. Pling. In einem warmen Nest aus Zuneigung, Freundschaft und Liebe. Pling. Zusammen mit Connor und Angel. Pling. Dass es perfekt gewesen war in einer abstrakten unschuldigen Weise und sie abdriftete in ihre Träume von Shanshu und einer Familie. Pling.

 

Dass sie sagte, dass sie ihn liebt. Einfach so. Pling.

 

Das manche Dinge am besten ungesagt bleiben, fiel ihr erst später wieder ein.

 

Sie fragt sich, wann sie anfangen kann zu trauern, um alles was verloren ist.

 

Ist sich nicht sicher, was verloren ist, weil Angelus sein Versprechen gehalten hat.

 

Niemand den sie kannte, hat er niedergeschlachtet. Die einzigen, die sein Plan der Zerstörung involvierte waren Angel und sie. Er hatte Erfolg. Sie ist sich nicht sicher, ob sie jemals wieder in demselben Raum atmen kann, den sein beseeltes Selbst betritt. Ist nicht sicher, ob Angel in einem mit ihr existieren kann, ohne zu verbrennen.

 

Aber sie kann ihn auch nicht kampflos gewinnen lassen.

 

Es ist nicht mehr als ein Funke, tief begraben unter Angst und Taubheit, aber mehr als sie in den letzten Wochen gefühlt hat. Sie klammert sich daran. Es ist schmerzhaft. Aber es ist real. Realer als das Brennen von Wes’ menschlicher Hand auf ihrem Schenkel in jedem Fall.

 

„Wesley, du meintest, ich brauche professionelle Hilfe.“ Es war keine Frage. Es war das Thema, das er seit einer Woche nicht mehr fallen ließ, seit er seine Stimme der Vernunft wiedergefunden hat. Und nicht mehr nur aus diesen schreckensgeweiteten Augen starrte, die in ihr die Frage weckte, was er in ihrem Gesicht und Körper sah.

 

Ob Angelus tatsächlich ihren Wert in ihre Haut tätowiert hat.

 

(„Kennst du deinen Platz, Cordelia?“ Überschätzt.

 

„Unter dir, Angelus!“ Sie hatte ihren Wert überschätzt. Um soviel. Zu viel.

 

Die toten Augen blicken sie vorwurfsvoll an, das Blut tropft auf den dunklen Marmorfußboden und bildet eine Lache. Wer hätte gedacht, dass zwei Menschen noch soviel Blut verlieren können, wenn sie von einem Vampir ausgesaugt worden sind. Wenn die meisten Verletzungen Brandwunden sind und die nicht bluten. Aber die Schnitte bluten noch. Sind frisch.

 

Die Opfer ihres Stolzes. Ihre Schuld. Gott, es tat ihr so leid.

 

So unendlich leid. Gott?)

 

Vielleicht hatte Wes recht. Er ließ seinen geröteten Blick über ihr Gesicht gleiten und nickt hoffnungsvoll.

 

„Gut. Gib mir zweitausend Dollar, eine Woche frei und kümmere dich endlich um Angel.“

 

Die Summe ist fantastisch überzogen, aber sie braucht etwas, worauf sich sein Widerstand konzentrieren kann und das nichts mit ihr zu tun hat. Sie schließt die Augen und ignoriert die Frage, die sie in seinem Gesicht sieht und die Idee formt sich in ihrem Geist und bekommt Konturen. Fühlt sich beinahe wie ein Plan und Hoffnung an.

 

„Cordy?“

 

„Ich rufe an, falls ich eine Vision haben sollte, die LA mit einschließt, aber ich krepiere, wenn ich hier bleibe. Können wir uns die 20 Fragen für ein anderes Mal aufheben? Bitte!“

 

Langsam kommt ein, „Okay!“

 

Sie weiß, dass sie ihm nicht die mindeste Erklärung gegeben hat, aber dass er genügend Vertrauen in ihre Psyche und Selbsterhaltungstrieb setzt, um sie nicht in Frage zu stellen. Ist sich nicht sicher, ob sie seine Zuversicht teilt oder ihm nur ausweicht, weil sie weiß, dass es verrückt und noch dazu gefährlich ist.

 

Weil sie etwas anderes als ihre Rettung sucht oder Hilfe. Antworten.

 

Holding on

to when -


Es ist einfacher sich der Vergangenheit zu stellen, wenn sie keine Bedeutung mehr hat.

 

Cordelia wird sich über diesen Fakt bewusst, während sie über den nächtlichen Friedhof von Sunnydale wandert. Das Zusammentreffen mit den Scoobies, etwas das sie nervös gemacht hat, seit sie nach LA gezogen ist, verlief überraschend ereignislos. Ohne Aufsehen zu erregen und zivilisiert. Zu eingespannt in ihre eigenen Probleme und die Hochzeitsvorbereitungen, um die Zeit aufzubringen hinter ihre ‚Queen C’-Maske zu blicken und mehr Fragen zu stellen als nötig.

 

Und sie hat ihnen nichts mehr zu beweisen, kein Grund sich erwachsen, aufopferungsbereit und sanft zu geben, wenn es eindimensional ging. Sie hat eine selbstgewählte Mission hier und nichts zu verlieren, außer ihr Ansehen und es war einfach für eine Reputation zu schwindeln, wenn die Wahrheit schärfer war. Wenn die Unterhaltung so einfach zu steuern war und ihre Freunde nicht mehr als Schatten ihrer Jugend. Sie selbst sich dorthin zurückgesetzt fühlte.

 

Buffys Frage um Angels Wohlbefinden war ihr einzig schwacher Moment, hätte beinahe ihren Akt auffliegen lassen, aber sie klammerte sich an ihre Kontrolle, wie an ein Rettungsboot auf stürmischer See und sie kam damit durch. Sie war darauf vorbereitet. Buffy war vorhersehbar, meistens, vor allem wenn es um ihren Angel ging.

 

Trotzdem war es schwerer als erwartet, die Gefühle nicht an die Oberfläche zu lassen und sie ist wütend auf sich selbst, weil sie das Bedürfnis hatte, sich in Buffys starke Arme zu werfen und sich auszuheulen. Solange zu heulen, bis sie austrocknete oder die Welt fortgeschwemmt von ihren Tränen war, denn Buffy hatte Erfahrung im Bekämpfen von Weltuntergängen. Konnte vielleicht ihren noch einmal kitten. Kam sich wie eine Verräterin an ihrer Familie vor, die deren Beistand ablehnt, nur um sie bei einer Fremden zu suchen.

 

Gab keine Reaktion von sich, ließ sich Zeit mit der Antwort. 

 

‚Gut, den Umständen entsprechen, immer noch Mister Broody, nein, er grübelt 24/7.’ Weicht Buffys Augen aus und fühlt ihr Misstrauen, in dem Schweigen zwischen ihnen, blickt auf ihre Hände und sieht die weißen Knöchel. Steht auf und bringt ihre Hände hinten in die Jeanstaschen, während sie die Wohnzimmereinrichtung kritisch mustert. Einen herablassenden Blick über ihre Schulter wirft und dann mit Erlösung sieht, wie Buffy die Lippen zusammenpresst. Dann ihr Gespräch nonchalant fortsetzt, ‚Ach, das Übliche, du weißt doch wie er ist, Buffy, nichts hat sich verändert. Schuld ist eine Lebenskunst für ihn, wir haben es nur aufgegeben, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.’

 

Sieht Buffy aus dem Augenwinkel zufrieden nicken.

 

Die Jägerin war von ihrer Fährte abgekommen und sie unterdrückt einen Seufzer der Erleichterung. Augenblick des Herzstillstandes durchgestanden. Der Rest war einfach. Simples Schauspielern, vielleicht manchmal zu hölzern, aber egal.

 

Nein, keine Apokalypse, sondern nur Ferien, nur auf der Durchreise. Urlaub. Sie braucht Entspannung und Wesley hat ihrem Wunsch nachgegeben. Danke Xander, es ist schön, dass dir auffällt wie blass und dünn ich geworden bin, zu schade, dass ich nicht die Extrapfunde angespeckt habe, die du mit dir rumschleppst und wenn die Monster tagsüber die Straßen in Anspruch nehmen, haben wir etwas falsch gemacht. Ja, wir arbeiten nachts, duh! Natürlich. LA steht noch und liegt ihr noch nicht zu Füßen, sie ist nur die Sekretärin von Angels Investigations, kein Star in Hollywood.

 

Ja, das ist eine Trägodie. Ha ha.

 

Nein, nichts hat sich verändert, sie nimmt ihre Pflichten und Verantwortung auf die leichte Schulter wie immer. Nur hier, weil Spike etwas beantworten soll, das in seiner Vergangenheit liegt und wichtig für die Zukunft sein kann. Nein, nicht so wichtig und nein, er hat nichts ausgefressen. Kein Grund ihn zu pfählen. Zumindest nicht, wenn er kooperativ ist. Danke für deine angebotene Unterstützung, Buffy, aber ich glaube, ich werde mit dem gechippten Vampir alleine fertig. Sollte ich deine Hilfe benötigen, weiß ich ja, wo ich dich finde, aber wo finde ich ihn?

 

Cordelia lässt das Gespräch Revue passieren, ist ihnen für ihre Sorglosigkeit dankbar.

 

Beneidet sie fast darum.

 

Innerlich erleichtert über ihre Entscheidung alleine gegangen zu sein und nicht Wesleys Bitten nachgegeben zu haben. Er war ein schrecklicher Lügner und die Wahrheit hatte hier nichts zu suchen. Komfortable Halblügen waren einfacher zu ertragen, es reichte, wenn sie in LA von den Konsequenzen heimgesucht wurde. Wenn sie dort die mitleidsvollen Blicke verfolgten und ständige Sorge um ihr Wohlbefinden. Die Nachlässigkeit der Scoobies ihre Person betreffend, war erfrischend. Keine Eierschalen, bei denen es nicht um das Ob, sondern das Wann ihres Berstens ging und es war einfach in eine Rolle zu schlüpfen, vor Leuten, die eine starke und distanzierte Cordelia in Erinnerung hatten.

 

Eine, die sich mehr Sorgen um ihr Outfit machte, als um die nächste Apokalypse oder das Wohlbefinden anderer, denn schließlich war es nicht ihre Aufgabe die Bösewichtige zurückzukämpfen. Sie war höchstens Lockvogel für ein paar unvorsichtige Vamps und Cordelia vermisst das Mädchen, das sie war, trotz all ihrer offensichtlichen Schwächen. Vermisst das Miststück, das sich nur um ihren eigenen Vorteil kümmerte. Es war sicherer damals – für sie und die Menschen, die ihr nahe waren. Buffy, Willow und Xander standen ihr einmal nahe, aber die Scoobies kennen nicht die heutige Cordelia Chase.

 

Nicht dass sie eine deutlichere Vorstellung von sich und ihrem Leben hat oder wo es hinströmt, aber sie weiß, dass alles im Wechsel ist und Veränderungen müssen nicht immer gut sein. Können tödlich sein oder schlimmer, alles in ihrem Pfad zerstören. Die Vergangenheit war sicher hier, hatte keine Löcher und Erinnerungslücken, sondern nur den chronologischen Verlauf ihrer Jugend.

 

Es war seltsam von Sunnydale als Zuflucht zu denken.

 

Noch seltsamer über die Spielwiese ihrer Albträume der Kindheit zu laufen und nicht den Hauch der alten Panik wiederzuentdecken. Vielleicht war sie wirklich als Person gewachsen.

 

Vielleicht hatten ihre Albträume heute ein vertrauteres Gesicht, als schemenhafte Gestalten in der Nacht.

 

Die Erinnerungen kommen ungebeten, aber sie versucht sie diesmal nicht gewaltsam zurückzudrängen, es war Teil der Lösung ihres Problems. Sie wollte sich erinnern. Sie musste, damit die Wunde sich endlich säubern konnte und aufhören zu eitern und sie krank zu machen. Zeit für die Desinfektion. Zeit sich zu stellen.

 

Keine Zeit für die Wunschvorstellung, dass Angelus es hätte hier beenden können. Hier in Sunnydale, hier auf diesem Friedhof vor all den Jahren mit einem gebrochenen Nacken oder einem kleinen Snack für zwischendurch. Einem fieberkranken Slayer auf seinem Rücken und sie tot auf dem frischgeschnittenen Gras mit einem sternenklaren Himmel über ihr.

 

Sein Gewicht auf ihr war damals leichter zu ertragen, ohne die gelebten Jahre dazwischen. Unpersönlich und sie weiß, dass ihr Tod von seinen Händen ebenso kühl gewesen wäre. Nur eine weitere Formalität, die zwischen ihm und der Jägerin stand, um die Etikette zu wahren. Eisig und schnell.

 

Die damals gefühlte Dankbarkeit gegenüber Buffy hat sich in Nichts verwandelt, die Jägerin hat sie nicht beschützen können vor ihrer eigenen Dummheit und Naivität. Davor, dass sie denselben Fehltritt begangen hat, indem sie Angel bedingungslos geliebt hat, mit ihrer Seele und Herzen, nicht mit ihrem Körper – das hat sie nie.

 

In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, oder?

 

Ihr Körper war Kriegsbeute, nicht mehr.

 

Braune Augen, so kalt das ihr Schauer über den Rücken liefen und sie sucht nach einem Funken und findet nichts. So vertraut und sie weiß, dass er sich an alles erinnert, jeden Moment, den sie zusammen verbracht haben in den letzten Jahren und es sie nicht retten wird, sondern nur ihre Verdammnis anfeuern.

 

Weil er sich erinnert.

 

„Hallo Cordelia.“

 

Ihr Name hat sich nie so sündig auf seinen Lippen angehört und sie kämpft dagegen an, ihre Augen zu schließen und laut zu beten, weil es sie nicht erlösen wird. Er kennt sie. Er kennt die Gebete seiner Opfer und sie ist keine Heilige und keine Nonne und trotzdem etwas, das er huldigen wird in all seiner Unheiligkeit. Gott ist taub geworden, so wie die Mächte stumm sind und ihr keine Warnung zukommen ließen. Sie schluckt die Erbitterung hinunter, die sich in ihr aufbaut, weil es sie ebenso wenig erlösen wird von ihrem Schicksal.

 

Der Feind befindet sich in Angels Bett und ist weniger als einen halben Meter von ihr entfernt und er hatte Zeit, die Optionen abzuwägen und Pläne zu schmieden in all den gemeinsamen Jahren. Im Hinterland ihrer Freundschaft. Die Tortur auszufeilen und zu verbessern bis in das kleinste Detail und seine Finesse ist legendär und er wird bei ihr nicht improvisieren müssen. Perfektion und sie schaudert bei dem Gedanken. Er hatte Zeit. Weil er sie kennt. Weil er gewartet hat, geduldig, auf diesen Augenblick seiner Befreiung und sie sich in Sicherheit gewogen hat und Angel.

 

Und sie traut ihre Stimme nicht, räuspert sich und es ist trotzdem nicht mehr als ein Krächzen, „Hallo Angelus.“

 

Und er lächelt zufrieden, dass sie den Wechsel begriffen hat, anerkennend, stützt seinen Kopf auf die Hand und blickt sie abschätzend an, während die Zeit verrinnt und sie sich all die Augenblicke mit Angel in Erinnerung ruft, die sie für ihn fallen ließen. Die hierher führten.

 

Und so sie sind beide beschäftigt und so liegen sie in dem Halbdunkel von Angels Schlafzimmer, die Blitze, die über das nächtliche LA jagen, blenden nicht mehr. Nachwehen einer Geburt. 

 

Und ihr fällt irgendwann auf, dass Connor nicht mehr zwischen ihnen liegt und die Panik bei dem Gedanken lähmt sie. Hat sie seinen Tod ebenso verschlafen, wie Angels? Ihre Versuche die Angst unter Kontrolle zu bekommen, enden in abgehackten Atemzügen, die zu laut in der Stille sind und schließlich seine Aufmerksamkeit auf ihre Brust lenken.

 

Und sie ist beinahe gewillt seine Hand wegzuschlagen und zu schreien. Solange zu Schreien bis sie ohnmächtig wird. Aber er macht ein ‚Shhh’-Geräusch unter seinem Atem und ruft ihr Fred in Erinnerung und dass sie doch nicht wirklich will, dass die süße, kleine Fred jetzt hereinkommt und sie unterbricht.

 

Denn er mag keine Unterbrechungen, aber er mag Fred.

 

Und sie zwingt ihre Stimme zur Stille, schließt ergeben die Augen, denn er kennt sie und ihre Schwächen, dann ist er auf ihr.

 

Und wenig später in ihr.

 

Die Schreie in ihrem Kopf hört sie noch heute.

 

When everything seemed

to matter more.

 

Cordelia steht seit einiger Zeit vor Spikes Gruft oder zumindest wenn sie Buffys Anweisungen richtig gefolgt ist und sie nimmt einen beruhigenden Atemzug nach dem anderen und ruft sich in Erinnerung, warum das hier eine gute Idee war und Hyperventilieren nicht. Weshalb es damals okay gewesen wäre, ohnmächtig auf dem Gras zu liegen und heute nicht.

 

Sie war keine Jägerin. Aber ist auch nicht mehr Beute.

 

Dann ist sie durch die Tür.

 

Der Geruch von kaltem Rauch und verbrannten Etwas ist noch in der Luft, geschwärzte Wände und ein Trümmerfeld. Buffy meinte, dass nicht viel von Spikes Mobiliar übriggeblieben ist, nachdem Rileys Handgranaten hochgegangen sind und sie hat nicht übertrieben. Was sich anfangs als gute Ausgangsposition für ihr Unterfangen dargestellt hatte, könnte jetzt zum Problem werden.

 

Cordelia wundert sich, ob sie zu spät kommt.

 

Ob Spike die Stadt verlassen hat und während sie die Papiertüten auf einen Sarkophag stellt, den Rucksack daneben legt und den Ruinen seiner Existenz gegenübersteht.

 

„Spike!“ Ihre Stimme hallt von den Wänden, „Spike?“

 

Die Verzweiflung erhebt sich langsam in ihr, ein zu vertrautes Gefühl und sie ring es nieder. Vermisst einen Moment die Taubheit, die alles erträglich machte. Setzt sich schließlich auf den Steindeckel, neben ihren sorgsam ausgewählten Utensilien und überlegt, ob sie den Bourbone alleine aufmachen soll und darauf warten, dass irgendein Frischling sie hier findet und es zu ende bringt.

 

Überlegt, ob sie kampflos über sich ergehen lassen könnte und ist sich nicht sicher.

 

Denkt über Angelus’ Gesichtsausdruck nach, wenn dieses Ereignis eintreffen sollte und kann sich die konstatierte Miene bildlich vorstellen. Plötzlich erscheint es beinahe verführerisch, den Tod willkommen zu heißen. Ihre Hand holt eine der Flaschen heraus und ohne zweiten Gedanken öffnet sie den Verschluss und dann trifft sie der Geruch.

 

Dann die Erinnerungen.

 

Es ist kein Bourbone, den sie in der Hand hält, es ist Cognac.   

 

Ihre Kehle ist wund und der Geschmack in ihrem Mund lässt sie beinahe erbrechen, nicht weil er neu oder widerwärtig ist.

 

Sondern zu vertraut, es falsch ist.

 

Weil es so verdammt falsch ist und sie denkt an Xander und Blow Jobs und daran, dass sie den salzigen Geschmack nie so empfunden hat, nie so bitter und dass er weniger intensiv ist, als bei einem Menschen.

 

Beinahe neutral.

 

Aber das Beinahe treibt sie in den Wahnsinn und die Bitterkeit. 

 

Dass sie mit Sicherheit ekligere Dinge in einem Kampf geschluckt hat, aber im Moment würde sie Jauche vorziehen, Dämonenpisse, irgendetwas, das nicht Teil von ihm war.

 

Er zieht ihren Kopf zurück, die Hand in ihrem Nacken, die sie vorher so gnadenlos niedergedrückt hat, ist beinahe zärtlich.

 

Und wieder ein Beinahe, was an ihrem Verstand zehrt.

 

Sein Gesichtsausdruck ist amüsiert und seine Lippen fühlen sich kalt und leicht auf ihren an.

 

„Ich wusste, dass dein Mund bessere Verwendung hat, als ihn mit Reden zu beschäftigen.“

 

Und sie will ‚Duh!’ sagen, weil das wohl jeder Mann denkt und Xander wortwörtlich dasselbe zu ihr gesagt hat und dieser Satz so klischeehaft ist, dass er nicht einmal in einem B-Movie-Skript Platz finden würde, aber Angel war nie gut mit Popkulturverweisen und sein Alter Ego ist ebenso ahnungslos und sie fragt sich, ob man die Linie in einem billigen Porno noch verwenden kann und sie überlegt, ob ihm der Vergleich mit Xander gefallen würde und sie hat nicht mehr viele Dinge, die sie überlegen kann, damit sie sich nicht der Realität ihrer Situation stellen muss und geistige Verweigerung kann einen nur eine kurze Zeit aus seiner Gegenwart lösen, denn er ist Omipräsent hier und sie nackt auf ihren Knien und das ist keine Position, die einfach zu ignorieren ist oder wegzudenken und sie beißt sich auf die Lippen, denn sie haben immer noch einen Deal und sie ist nicht bereit ihn zu brechen und hofft, dass ihre Freunde endlich die Clues zusammensetzen und seine verdammte Seele zurück in den Körper vor ihr befördern.

 

Sie will schlucken und merkt, dass sie es nicht kann.

 

Dass es weh tut und es ist komisch und beinahe lacht sie und so wie sie vorher beinahe in seinen Schwanz gebissen hätte, in der Hoffnung, dass er ihr Genick bricht und sie sieht, wie sich seine Laune verändert und der Daumen, der über ihre Lippe streicht, erhöht den Druck und sie ist nicht sicher, was in seinem Kopf vorgeht, aber die intensive Miene bereitet ihr Unbehagen und sie ist sich nicht sicher, ob sie ihn reden lassen will, weil seine Worte sie bis jetzt mehr verletzt haben, als seine Hände und sie kein weiteres Geheimnis von Angel aus seinem Mund hören will, weil er es so geschickt verdreht, dass es sich widerwärtig anhört und sie nicht mehr weiß, was wahr und falsch ist und sie diese Linie braucht, die den Mann von dem Monster trennt und sie senkt ihre Augen, weil sich etwas in ihm aufbaut, das ihr noch mehr Angst macht.

 

Für einen Moment sah er aus wie Angel.

 

„Ich liebe dich, Cordelia.“

 

Und sie lacht und er erhebt das erste Mal die Hand gegen sie.

 

Ihre Lippe platzt auf und sie streicht mit der Zunge über die Wunde, nimmt den Geschmack von dem ersten Blut gierig in sich auf, um den anderen, den bitteren, seinen zu verdrängen und lächelt ihn an.

 

Das hier war schon eher der Dämon ihrer Albträume, denjenigen den sie in der Vergangenheit gefürchtet hat und so schnell wie er die Kontrolle verlor, hat er sie zurück, steht graziös auf, lässt den Ledersessel und sie nackt auf dem Boden kniend hinter sich und geht zur Bar, schenkt sich ein Glas ein und leert es mit einem Zug, füllt es erneut und kommt zurück, bietet es ihr in der grotesken Spiegelung eines Liebhabers an und sie starrt es an, wie der Cognacschwenker in seiner Handfläche liegt und die rotgoldene Flüssigkeit im Glas rotiert und schließlich zur Ruhe kommt und dann starrt sie ihn an und sie versucht zu verstehen und dann starrt sie wieder das feingeschliffene Glas an, dessen Inhalt wieder kreiselt, weil er es zu ihren Lippen führt, seine Hand ist wieder in ihrem Haar und sie schluckt und fragt sich für den Bruchteil einer Sekunde, warum er so zufrieden grinst und Mitleid mit ihr hat und ihr den Trost von Alkohol gewährt, bis der Weinbrand ihre Kehle trifft, die Tränen, die in ihre Augen stechen sind nichts weiter als eine körperliche Reaktion und sie will husten, will keuchen, will schreien, will ohnmächtig werden, will sterben, weil es sich wie flüssiges Feuer anfühlt und sie sich beinahe wünscht, dass sie nur seinen Geschmack in ihrem Mund hat und wieder das Beinahe, das sie in den Wahnsinn treibt.

 

Sein Lachen klingt in ihren Ohren und sie überlegt, ob Angel eine Entschuldigung annehmen würde, für all die Zeiten, in denen sie versucht hat, ihn zum Lachen zu bewegen und die hierher geführt haben, hier auf diesen Marmorfußboden, denn sie bereut. Jetzt. 

 

Und sie hat das Gefühl, dass Angelus Vorspiel zu ende ist, während sie versucht, den Schmerz in ihrer Kehle auszublenden und normal zu atmen und ihren Instinkt zurückzukämpfen, der ihr zuschreit, sie soll ihre ergebene Haltung endlich aufgeben und diesem verdammten Dämon zeigen, dass er unter ihr steht, ist und bleibt.

 

Dass er sich nicht über sie erhaben ist und über ihr Leid lachen, weil es nicht lustig ist, sondern schmerzt, weil er ihren Körper haben kann, aber nicht ihren Geist.

 

Sie hat keinen Todeswunsch, aber zuviel Stolz, „Lassen wir die Spiele beginnen, Angelus!“

 

Er hebt die Augenbraue bei ihrer heiseren Herausforderung und sie ist es müde, so zu tun, als ob es noch einen verdammten Unterschied machen würde, ob sie nach seinen Regeln spielt oder nicht, denn wenn ihre Familie bis jetzt noch nicht begriffen hat, dass etwas nicht in Ordnung ist, dann ist sein mörderischer Weckruf vielleicht angebracht und vielleicht ist ihre Stimme kaputt, sein Mark an ihrem Hals und sie hat Schwierigkeiten beim bloßen Atmen, aber sie ist noch immer Cordelia Chase und sie weiß, wie sie ihn in den Boden reden kann oder in Rage.

 

Sie kennt ihn und sein anmaßendes Grinsen ist etwas, das sie bereit ist mit ihrem Leben aus seinem Gesicht zu wischen, es ist nicht klug, es gefährdet ihr Überleben, aber sie muss es tun, weil die einzige Rechtfertigung für sie auf dem Boden Blut ist und das noch nicht genügend geflossen ist, um sie wirklich unten zu halten.

 

Ihre Augenbraue folgt seinem Beispiel und ihr eigenes herablassendes Grinsen ist sicher auf ihr Gesicht gepflastert, „Also diskutieren wir über deine Blondfiktion und die Obsession mit Seherinnen, weil beides weder neu noch innovativ ist und ich dich immer für einen kreativen Vampir gehalten habe.“

 

„Du willst Kreativität, Cor?“ Er legt den Kopf schief und mustert sie während sie langsam aufsteht und ihm entgegentritt. „Du bekommst Kreativität, aber nicht in der Form, die dir vorschwebt, obwohl das mit Sicherheit ebenfalls reizvoll wäre.“

 

Seine arrogante Zuversicht ist enervierend und sie spürt wie ihre Sicherheit unter seinem amüsierten Blick schwindet, bricht wie dünnes Porzellan in seinen Händen, weil er nicht die Kontrolle verloren und sie darauf gezählt hat, dass er sie niederschlägt.

 

Er sieht zu siegesgewiss aus, wie jemand, dem ein Stichwort gegeben wurde und sie mag es nicht, seinem Drehbuch zu folgen oder seinen Regieanweisungen.

 

„Ich habe dir noch nicht die Besitzer dieses prachtvollen Anwesens vorgestellt, oder? Wie unhöflich von mir. Die Haushälterin und der Butler, die hier lebten, sind leider unpässlich, obwohl Emma so nett war, mich einzuladen, nachdem sie von deiner schwachen Konstitution und dem Unfall erfahren hat. Selbst George, der anfangs etwas skeptisch war, konnte dir in deiner Ohnmacht nicht widerstehen.“

 

Ihre Schuld, es ist ihre Schuld, dass sie hier in dieser Villa sind.

 

Nein, seine.

 

Der Biss war seine Schuld, ihr Blutverlust war seine Schuld.

 

Dass sie das Hyperion hinter sich lassen, war ihre Idee.

 

Ihre Schuld.

 

Emma und George ihre Opfer für die Sicherheit ihrer Familie.

 

Sie wusste, dass es Opfer geben würde. Wusste sie es nicht?

 

„Aber es ist Zeit, dir die eigentliche Familie vorzustellen, Mrs. und Mr. MacKinsey oder bevorzugst du die Gesellschaft ihrer Tochter Susan und Thomas? Susan ist für ihre zwölf ein aufgewecktes Kind und sehr hübsch. Außerdem blond, das weckt Erinnerungen. Und Thomas, der Sohn? Er hat mit seinen Sechszehn einen jugendlichen Charme, dem man schwer widerstehen kann und ist das Bildnis des beschützenden großen Bruders. Der Beschützer einer holden Maid weckt ebenfalls gute Erinnerungen. Also Cor, wer soll es sein? Entscheide dich, wem soll meine Kreativität zuteil werden?“

 

Konzentriert sich wieder auf seinen sich bewegenden Mund, lässt die Worte einwirken.

 

„Mir.“

 

„Ich wiederhole mich ungern, also wer soll es sein?“

 

„Ich.“

 

Ihre eigene Dummheit verfluchend, besinnt sie sich auf das zweite Talent, das sie besitzt, ihn von ihrem Standpunkt zu überzeugen, mit allen Waffen, die sich in ihrem Besitz befinden, die erste hatte sie mit dem Deal aus der Hand gegeben und die zweite war Betteln, der arrogante Bastard wusste sowieso, dass er gewonnen hatte.

 

Sie würde nicht zulassen, dass er Hand an die Familie legte.

 

Sie hatte sich am Ende für die Eltern von Susan und Thomas entschieden, Anna und Joshua, wenn Menschen zu Tode gefoltert wurden, hatte es die Tendenz, Formalitäten wegzuschmelzen und Differenzen, die MacKindseys waren Mittvierziger und die einzige Konsequenz ihres Bettelns war ein relativ schneller Tod für beide.

 

Angelus war nicht begeistert davon gewesen, dass sie ihren Magen nicht im Zaum halten konnte und den Boden des väterlichen Schlafzimmers vollgekotzt hatte, nachdem er nicht einmal über die Aufwärmphase hinaus war.

 

Gottverdammt, sie waren in Kalifornien, weshalb besaß das Schlafzimmer einen offenen Kamin? Weshalb hatte Joshua ein Kaminbesteck, das Angelus im Feuer aufglühen lassen konnte und dieses krankmachende Zischen auf der Haut verursachte? Weshalb musste er seinen Beruf mit nachhause nehmen in Form eines antiken Skalpellbesteckes? Es in seinem Regal ausstellen und dessen Klingen noch scharf genug waren?

 

Joshua schrie, dass er Anna und die Kinder liebt und es ihm leid tut, dass er Melissa gebumst hat und seine Midlife-Crisis auf diese Art ausgelebt hatte, anstatt sich eine Yacht zu kaufen, es ihm leid tut, um die verlorene Zeit.

 

Anna schrie, dass sie Joshua und die Kinder liebt und es nicht wichtig war, dass er eine Affäre mit seiner Krankenschwester hatte, dass sie ihm verzeiht und es ihr leid tut, um die verlorene Zeit.

 

Cordelia schrie, dass sie alles tun würde, wenn Angelus endlich aufhört, Unschuldige zu quälen, warum die Tortur auf Unbeteiligte ausweiten, wenn er sich an ihr rächen konnte, ihren Körper martern und er gab ihr nur ein Grinsen.

 

Und sie saß auf dem kalten Boden mit angezogenen Knien, unfähig wegzusehen, die Schaulustige einer Katastrophe, die von ihr verursacht worden war, während der Bettpfosten sich in ihren Rücken drückte und seine Fesseln sich in ihre Handgelenke schnitten und er seine Aufmerksamkeit zwischen den beiden hin und hergleiten ließ.

 

Der blanke Terror des Ehemannes, als Angelus die Frau blendete und Cordelias Wunsch, dass er ihr anstelle das Augenlicht nahm, sie ignorierte und Cordelia sich schwor, dass sie nicht mehr zulassen würde, dass er sie weiterhin ignorieren würde.

 

Der Geruch von verbranntem Fleisch und Cognac.

 

Das Flehen an einen tauben Gott um Gnade.

 

Irgendwann die Frage, ob sie ihre Lektion gelernt hat.

 

„Kennst du deinen Platz, Cordelia?“

 

Gott, die Kinder waren im Keller.

 

„Unter dir, Angelus!“

 

„Oder auf mir, oder auf den Knien oder gegen die Wand. Um genau zu sein, was immer ich bevorzuge, Cor, oder ich werde wirklich kreativ. Und wir befinden uns immer noch im Großraum LA, über 17 Millionen Menschen in Reichweite, sogar ohne Susan und Thomas. Oder Gunn, Fred, Lorne, Wes, Connor und dich.“

 

Ihr Blut auf dem dunklen Marmor des Schlafzimmers, das sie niederdrückte.

 

Er hatte darauf bestanden, dass sie gemeinsam duschten.

 

Schließlich war sie dreckig.

 

Sie hatte verstanden.

 

Die Niederlage.

 

Ihre Schuld.

 

Die Erinnerung reißt schlagartig ab. Der letzte Teil war neu, sie hatte sich nicht daran erinnert, aufgestanden zu sein oder ihn herausgefordert zu haben.

 

Die Flasche ist noch immer in ihrer Hand und sie stellt sie ab, das Glas klickt laut gegen den Stein. Langsam und bedächtig löst sie ihre verkrampften Finger vom Flaschenhals. Ihre Hand zittert und sie starrt darauf, fast so als ob es ein Fremdkörper ist. Reibt sie gegen ihre Jeans, um den Schweiß abzuwischen und das Gefühl in ihr zurückzubekommen.

 

Bringt Abstand zwischen sich und den Cognac-Geruch, gleitet an dem Stein auf den Boden. Der Geruch von verbrannten Etwas hat sich in menschliches Fleisch gewandelt und sie legt die Arme eng um ihre Knie, presst ihren Oberkörper dagegen und wiegt langsam vor und zurück.

 

Sitzt dann in der Dunkelheit und versucht hart, an nichts zu denken.

 

Nicht den Schatten ihr gegenüber zu sehen, der sie höhnisch auslacht.

 

Senkt ihre Stirn gegen ihre Knie und atmet durch den Mund.

 

Versucht nichts zu riechen, das nicht da ist.

 

Der Plan war sowieso verrückt.

 

Es ist nicht wichtig, dass er scheitert.

 

Es ist nicht nötig, dass sie sich erinnert.

 

The two of us -

Die Schritte, die sich der Tür nähern, sind unsicher und Cordelias erster Gedanke, als sie Spike nach fast drei Jahren wiedersieht, ist, dass er nicht mehr bedrohlich wirkt und ihr Hintern taub ist, weil sie vergessen hat, sich zu bewegen. Stundenlang in der Finsternis auf einen unbestimmten Punkt gestarrt hat, als sie es endlich wagte wieder aufzusehen.

 

Und das Nicht-Grübeln in der Dunkelheit ist so sehr Angel, dass es ihr Angst macht.

 

Sie sich fragt, ob er auch Schatten sieht, die ihn analysieren und sabotieren.

 

Oder nur sie.

 

Tatsächlich Spike nicht wie die Lösung ihres Problems aussieht, sondern wie jemand der Rettung nötig hat und der Plan in ihrem Kopf passt sich den Umständen an. Vielleicht kann sie seinen Preis drücken oder seinen erbärmlichen Zustand zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Eventuell muss sie nicht bohren und er erzählt ihr freiwillig von seinen Erinnerungen in der Beschützerrolle von Dru. Schließlich waren es für ihn auch gute Zeiten.

 

Sie steht steif vom Boden auf.

 

„Hallo Spike.“ Er wendet sich erstaunt in ihre Richtung und die Drehung, die sein Körper vollführt, scheint zuviel für seinen Alkoholpegel zu sein und er schwankt. Versucht seinen Blick zu fokussieren und Cordelia hat den Eindruck, dass er sich nicht entscheiden kann, auf welche der Corderlias vor ihm, er sich konzentrieren soll.

 

„Wer ist da?“

 

Ihre Augenbrauen fahren zusammen, er sollte sich an sie erinnern. Wirklich. Es war ja nicht so, als ob er jeden Tag Angel mit heißen Eisenstangen durchbohrte. Zumindest nicht in jüngster Vergangenheit und in dieser Rollenverteilung.

 

„Cordelia.“ Als er nicht reagiert. “Cordelia Chase.” Immer noch kein Wiedererkennen. “Angels Seherin?“

 

„Ah, der Cheerleader, Angelus hatte Pläne für dich, damals.“ Und er driftet in Schweigen und sie beißt sich auf die Unterlippe, weil sie die Hysterie in sich behalten will, ebenso wie Ironie. Weil das ihre Eröffnungslinie ist und sie noch nicht bereit dafür und sich fragt, ob sie es jemals sein wird und so starrt sie ihn an und verbraucht all ihre Energie damit, dass sie nicht wie ein Reh im Scheinwerferlicht des heranrasenden Trucks aussieht, sondern wie eine Eiskönigin und wartet. Wieder einmal.

 

Wartet auf den Klick, die Wut, die Eingebung, den Zusammenbruch, den Aufschlag.

 

Wartet und Spike ist ebenfalls gut im Warten geworden. Aber nicht so gut wie sie und Cordelia bemerkt, wie er langsam aus der Vergangenheit in die Gegenwart zurückkommt und sein betrunkener Blick sich schärft, bis es schwer ist, sich ihm zu entziehen. Es gibt sehr wenige Erklärungen, die ihr Hiersein begründen. Die sie zurück nach Sunnydale führen können, ausgerechnet in seine Gesellschaft und sie hatte ernsthaft gedacht, das sich Gerüchte in der Unterwelt schneller verbreiten. Das hier wichtig war, auf einer Skale, die über ihre eigene kleine Welt und LA hinausging und er ein wenig vorbereitet für ihre Fragen war.

 

Aber Spike setzt die Teile selbst zusammen und sie schweigt, versucht jeden Ausdruck von ihrem Gesicht zu verbannen und unangreifbar zu wirken. Schließlich fährt er nüchtern fort, „Er hat seine Pläne für dich in die Tat umgesetzt?“

 

Sie nickt und die Bewegung ist ruckartig.

 

„Aber nicht in letzter Zeit.“ Sie blickt ihn nur ruhig an und er tippt auf seine Nase, während er näher kommt. „Deshalb habe ich dich nicht wiedererkannt, sensorisches Gedächtnis und Geruch ist eine der stärksten Komponenten davon. Du warst das letzte Mal in seinen eingehüllt wie in ein schlechtes Aftershave, plus du hast dich verändert. Nicht nur deine Haare. “ Die Augen zu Schlitzen verengt, „Halbdämonin?“

 

„Ja.“

 

„Für ihn?“

 

„Nein, für mein Überleben. Die Visionen waren nicht für einen menschlichen Körper bestimmt und mein Gehirn über eine Wand verteilt, war nicht wirklich eine Option.“ Das hier war sicherer Grund, alltäglicher Schmerz, die gute Seite davon, das was es wert war und kostbar.

 

Er gibt ihr keine Geste der Zustimmung, blickt sie nur ebenso ausdruckslos an. Sie stellt fest, dass sie diese Miene nicht mag. Cordelia schluckt und konzentriert sich auf ihr Anliegen, „Spike, ich bin hier um dich um einen Gefallen zu bitten, natürlich bezahle ich auch.“

 

Sie dreht sich fahrig zu den Papiertüten und verteilt deren Inhalt hektisch auf dem Steindeckel, schiebt die geöffnete Cognacflasche zur Seite und beginnt die Sachen auszubreiten. Bringt Whiskeyflaschen, Zigarettenstangen, Blutkonserven zum Vorschein. „Ich habe auch Geld, das ich...“

 

Er unterbricht, „Wenn du willst, dass ich meinen Grand Sire langsam töte, dann reicht ein Wort, Pet.“

 

Sie erstarrt, schließt die Augen und stellt sich das blutige Szenario vor und es ist so einfach, so verführerisch nur eine Silbe und keine weiteren Erklärungen. Sie weiß, dass Spike sie zusehen lassen würde. Sie weiß, dass es Angel zuwider wäre. Er sich trotzdem ihrem Wunsch fügen, weil ein Teil von ihm ihr die Augen geöffnet hat für das abgrundtief Böse und sein langsamer Tod unter Folter, das Ende eines Albtraumes für sie beide wäre. Vor allem für ihn, er will kein Mitleid und kein Verständnis und er bekommt es nicht in dem gleichen Maße wie sie. Aber er bekommt ebenso wenig die Bestrafung, die ihm vorschwebt für seine Vergehen und Spike könnte diesen Teil seines Wunsches erfüllen.

 

Könnte sie beide erlösen. Aber nicht vollständig.

 

Sie kann das ‚Ja’ auf ihrer Zunge schmecken und es fühlt sich gut an. Zu gut. Blutlust. Blutdurst. Und sie stützt sich auf den Sarkophag und atmet. Einen Zug um den anderen, während der Weinbrandgeruch ihre Nase füllt, ihre Sinne versengt. Kämpft das Ja hinunter, dorthin wo es sich in guter Gesellschaft mit den anderen Jas befindet, die Wes, Lorne, Gunn und Angel in ihr hervorgebracht haben.

 

Und würgt dann ein „Nein!” hervor, schmeckt dieselbe Bitterkeit des Wortes. Fühlt die Taubheit, die sich in ihr wieder aufbaut, fährt zusammen als Spike ihr die Hand auf die Schulter legt und wundert sich kurz, weshalb die Berührung in ihr nicht das Gefühl von Beschmutzung weckt. Bis ihr einfällt, dass er genauso dreckig ist wie sie. Wahrscheinlich noch viel dreckiger. Dass sie ihn nicht verunreinigen wird und kann durch den Kontakt mit ihr. Ihre Jeansjacke die Kälte seiner Hand abfängt.

 

Es sich menschlich anfühlt. Aber nicht zu sehr.

 

„Wenn es keine Rache ist, die dich hierher geführt hat, was dann?“ Die Frage ist in einem bedachten Tonfall gestellt und sie öffnet die Augen und dreht sich zu ihm. Lehnt gegen den Steinsarkophag, weil ihre Knie weich sind und überkreuzt die Arme. „Was willst du von mir, Cordelia?“

 

„Erinnerungen.“

 

„Erinnerungen?“, perplex, bis er versteht. „Wie lange warst du in seiner Gewalt?“

 

„Drei Tage.“

 

Seine Augen verlassen ihr Gesicht und es dauert einen Moment, bis er weiterspricht. Zurückkommt. „Das ist eine ziemlich lange Zeit selbst für die LA-Crew, weshalb hat es solange gedauert, bis er wieder beseelt war? Und da die Scoobies in glücklicher Unwissenheit über das Wiederauftauchen von Angelus sind, gehe ich davon aus, dass ihr den Part selbst in die Hand genommen habt. Aber weshalb drei Tage?“

 

Sie ist nicht bereit, die Schuld für ihr Versagen, ihren Freunden anzurechnen, „Keiner wusste, dass er frei war, keiner außer mir. Er sagte Fred, dass wir uns um eine Vision kümmern, die uns länger beschäftigen würde. Außerhalb von LA, nichts um das man sich Sorgen machen müsste, aber eben zeitaufwendig. Dass wir danach uns vielleicht noch ein paar Tage Kurzurlaub gönnen würden und sie solle sich um Connor kümmern und den Rest der Fanggang informieren. Außerdem haben mich meine Visionen früher mitgenommen, so war es für Fred logisch, dass er die Wahrheit sagte und sie ihn nicht weiter in Frage stellte.“ Cordelia fängt ihren Wortschwall ein, als sie bemerkt, dass sie sich mehr wie Fred anhört, als nach sich selbst.

 

Cordelia Chase babbelt nicht sinnlos, um die Stille zu füllen.

 

Schließt wortkarger und fester, „Du weißt, wie charmant und überzeugend er sein kann, wenn er nicht von seinem Gewissen belastet wird.“

 

Keine Bestätigung ihres letzten Statements, nur dieselbe leise Anschuldigung, die sie von Wesley zu hören bekam. Und vielleicht war es diesmal ebenso wenig eine als zu jener Zeit, aber es klingt nach einem Vorwurf. „Du hast bei seiner Flucht mitgeholfen?“

 

Die Antwort war dieselbe, „Keine Wahl. Es war entweder schauspielern oder Fred und Connors Leben aufs Spiel setzen und der Einsatz war mir zu hoch.“ Der defensive Ton hört sich zu verantwortlich an.

 

(Ihre Wahl:

 

George, Emma, Joshua, Anna im Gegenzug für Lorne, Fred, Gunn, Wes.

 

Susan und Thomas für Connor und sie.

 

Sie waren schon tot, als sie sich für die Eltern entschied. Er log ohne Seele besser. Sie hatte es nur vergessen. So wie sie vergessen hatte, dass er sie kannte. Er wusste, dass sie sich für die Eltern entscheiden würde. Sie hatte nie eine Chance gehabt, die Familie zu retten.)

 

Nach einem Moment fährt sie sachlicher, als bei ihrer Konfrontation mit Wes fort, „Ich ging davon aus, dass sie es erfahren würden. Die Seele eines Champions geht nicht wirklich unbeachtet ins Jenseits und die mystischen Wellen, die es verursacht, würden ihnen früher oder später zu Ohren kommen, schließlich haben wir mystische Kontakte in LA. Das war eine risikolosere Chance, als ihnen eine Mitteilung zuzustecken oder die Heldin zu spielen.“

 

„An was kannst du dich erinnern?“ Der Themenwechsel ist ihr zu sprunghaft und sie überlegt einen Moment, versucht die chaotische Zeit in Tage und Stunden zu ordnen.

 

„Die ersten beiden Nächte und dann erst wieder an Dinge, die stattfanden nachdem er seine Seele wiederhatte.“

 

„Dir fehlt also ein Tag?“ Zu sanftmütig, zu wenig der sarkastische Spike, an den sie sich erinnern kann und das macht sie nervös, weil sie mit Kälte gerechnet hat und darauf gezählt. Weil sie damit umgehen kann, aber nicht hiermit. Nicht mit Mitgefühl. Er hat kein Anrecht mitfühlend zu sein, wusste er das nicht?

 

„Nein, zwei.“ Und er reibt sich über die Stirn und schließt müde die Augen und schweigt. Der Restalkohol scheint anzuschlagen, weil er kraftlos wirkt und abgelebt. Die Frau im Spiegel hat ihren Partner gefunden.

 

„Spike?“ Sie ist wirklich nicht bereit zu betteln, aber der Ton hat sich in ihre Stimme geschlichen und ihre Fingernägel krallen sich in den Deminstoff ihrer Jacke, um nicht den Aufschlag seines Ledermantels zu greifen und den Eindruck von verzweifelter Weiblichkeit zu vollenden. „Spike, kannst du mir helfen? Komm schon, du weißt am besten, was seine favorisierten Methoden waren, um seine Opfer zu brechen und ich bezahle dich gut. Sogar sehr gut für die Informationen, die du mir geben kannst. Für jede Info.“

 

„Was war seine Prämisse? Wenn wollte er brechen?“

 

Die Antwort ist einfach, „Angel und mich.” 

 

Das hat seine Aufmerksamkeit und sie ist fast gewillt zu lächeln, weil es kurz so aussieht, als ob sie ein Geschäft haben, bis sie seine Frage und die dazugehörende Ausführung hört, weil Spike versteht und ihre Knie noch weicher werden. „Die Seele? Der Bastard wollte seine eigene Seele brechen? Das ist – krank, selbst für Angelus. Und ziemlich genial.“

 

Cordelia weiß, warum es genial ist und sie erinnert sich an die Zeit, bevor sie verstanden hat, um was es ihm ging.

 

Vor dem Deal, als es nur Verwirrung und Schock für sie war.

 

Geistige Verweigerung.


All used and beaten up.

 

Sie liegt still und die Decke hat nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Jetzt da sie sich nicht mehr bewegt, kann sie eine genauere Musterung durchführen und wundert sich über all die Flecken, die sie bei ihren früheren Besuchen übersehen hat. Die den Raum seiner Wärme und heimeligen Charmes berauben. Sie weiß, dass es wichtigeres in diesem Raum zu bewundern gab als die Decke. Connors unschuldig blaue Babyaugen und Angels warme braune. Die Stille ist unnatürlich und weckt Panik in ihr und so konzentriert sie sich auf die Decke.

 

Weil das besser ist, als die Alternativen.

 

Der braune Wasserfleck rechts über ihr erinnert sie an ein surrealistisches Gemälde, sie versucht einen Künstler zu zuordnen und scheitert. Sie hat den Vorträgen der Führung im Louvre nicht wirklich Beachtung geschenkt, sondern stillschweigend ihren Vater verflucht, der ihr die Kunsttour aufgebrummt hat, bevor sie überhaupt an Shopping denken konnte. Und Shopping in Paris war ein zu guter Ausgangspunkt, um ihn durch bockigen Ungehorsam zu verlieren und für den nächsten Schritt in der Eroberung der Sunnydale High essentiell und so war ihr Kopf voll von Haute Couture und Designerklamotten, während sie die klimatisierte Luft des Museums einatmete, denn sie war Sechszehn und sorgenlos.

 

Cordelia wünscht sich für einen Moment dieses Gefühl zurück und sie weiß, dass sie damals ebenso wenig perfekt glücklich war, aber zumindest war sie auch nicht perfekt unglücklich.

 

Ihr Leben ist das in Extremen und diese Nacht nur ein weiterer Höhepunkt in einer traurigen Bilanz von Misserfolgen und Rückschlägen. Seltsam, dass sie sich nicht an die Erfolge und Siege erinnern kann, wenn für Angel ein perfekter Moment erst so kurze Zeit zurückliegt. Sollte sie sich nicht ebenfalls daran erinnern. Wäre es nicht fair, wenn es so einschneidend in ihrer Existenz war?

 

Stattdessen macht sie sich Gedanken darüber, dass die Decke gestrichen werden sollte, damit sie nicht von dem Gedanken in den Wahnsinn getrieben wird, wie der Künstler hieß, an dessen Gemälde sie dieser verwünschte Fleck erinnert. Und sie hat eine lange Zeit nicht mehr an Paris und diese Tage zurückgedacht, als die Monster unter ihrem Bett nichts weiter als kindliche Einbildung waren. Oder auch nicht. Sie weiß, dass sie Angel jetzt fragen würde, wie oft er in Paris war in seinem langen Leben, in welchen Jahrzehnten und er würde ihr Antworten geben, die zensierten und harmlosen Antworten, die er die meiste Zeit für sie bereit hält.

 

Die Halbwahrheiten, die komfortable sind und kein Blut und keine Folter enthalten, weil es nicht ihre Frage war, wie viele Opfer er in dieser Zeit gejagt und beendet hat und er es weiß. Sie die lebendigen Geschichtsstunden liebt, in denen er ihr von seiner Sicht der Weltereignisse erzählt und die keine staubigen Bücher beinhalten und lehrreicher als die im College sind, zumindest geht sie davon aus.

 

Sie lacht beinahe über das Paradox, weil sie im Moment Geschichte lebt.

 

Ihr Angel ist nicht hier und die Stunden sind unzensiert.

 

Und ist das nicht lustig? Nicht in dem Ha-ha-Sinne, sondern auf diese zynische Weise auf die Die Mächte der Ewigkeit sie regelmäßig ficken? Angels Leben zerstören und sie will nicht mehr Schuld auf seine Schultern laden.

 

Sie weiß, dass sie es getan hat.

 

Aber er hat ihr auch nie den feinen Unterschied in seinem Fluch klargemacht, der sie hierher führte und sie verflucht ihn dafür. Sie dachte es wäre Sex mit Liebe, nachdem Connor der Beweis war, dass es nicht nur Sex war. Sie wäre vorsichtiger gewesen, wenn sie geahnt hätte, dass es Liebe mit Akzeptanz war. Sie konzentriert sich wieder auf die Decke, versucht das Gewicht auf ihr auszublenden, das sie in die Matratze drückt und ihr das Luftholen erschwert.

 

Totes Gewicht und sie starrt geradeaus, weil sie die Tränen nicht gehen lassen will.

 

Weil sie die Schreie nicht frei lassen kann.

 

Das lose Ende der Tapete ist interessant genug, das sich langsam der Schwerkraft ergibt, so wie der Rest. Sie ist sich sicher, dass nicht nur sein kalter Samen zwischen ihren Schenkel langsam auf die Matratze fließt, sondern ebenso Blut. Ihr Blut. Beinahe lächelt sie bei dem Gedanken, weil sie seit ihrer Dämonisierung nicht mehr ihre Periode hatte und Angel beinahe enttäuscht war, als er es endlich begriffen hatte, dass ihr weiblicher Zyklus ein weiteres Opfer ihrer Menschlichkeit war.

 

Oder der Preis für ihre Dämonisierung.

 

Sie will sich nicht wirklich vorstellen, was seine Enttäuschung hervorgerufen hat. Okay, sie weiß genau, was seine Enttäuschung begründet hat. Aber es ist einfacher sich darüber Gedanken zu machen, dass sie meinte, dass es cool wäre, dass sie das Badezimmer jetzt tatsächlich nur noch zum Schminken und Duschen aufsuchen musste und sonst nichts. Es soviel mehr ihrem Stil entsprach und Wesley es faszinierend fand, weil sie immer noch auf Essen und Trinken angewiesen war und er den Dämon in ihr, immer noch nicht bestimmen konnte.

 

Er Angel bei einer dieser Diskussionen fragte, ob er eine weitere Veränderung feststellen konnte, beispielsweise im Geruch und dieser unter Stottern ihren fehlenden Zyklus erwähnte und die beiden erwachsenen, kampferprobten Männer vor Scham knallrot wurden. Fred neugierig war, Gunn sich verabschiedete, Wes seine Gläser putzte und Angel mit den Schatten verschmolz, während sie ein lautstarkes ‚Pfft’ von sich gab und ein ‚Als ob ich vermissen würde, dass Angel entweder zu nahe oder zu weit weg von mir in diesen Tagen steht. Und ja, Kuschelvampir, es war schwer genug zu ignorieren in der Vergangenheit.’ Fred große Augen machte und in ihrer Naivität und Neugier fragte, weshalb er bei ihrer Monatsblutung nicht in ihrer Nähe herumstreifte und Wes aussah, wie ein Fisch auf dem Trockenen, Angel versuchte eins mit dem Bücherregal zu werden, nachdem der Boden sich nicht einfach unter ihm aufgetan hatte und Cordelia die beiden aus ihrer Misere erlöste, indem sie Fred in die Küche beförderte und mit Essen ablenkte.

 

Cordelia diese Frage im Nachhinein beschäftigte und ihre Konklusion ein großes, fettes ‚Ewww!’ war.

 

Sie weiß, dass Angel nie wollte, dass sie so für ihn blutet.

 

Selbst der Gedanke an Angels Scham besser ist als die Gegenwart.

 

Denn sie hat niemals vergessen, dass er ein Vampir ist, es wurde nur mit der Zeit immer unwichtiger, bis es ein Fakt in ihrem Verstand war. So wie Wes’ Wächterstatus oder ihrer als Seherin. Nichts Besonderes. Nichts worüber man sich Sorgen machen muss. Nur eine Stärke, keine Schwäche und sie bereut. Jetzt.

 

So wie sie bereut, dass sie nach ihrer Dämonenschwangerschaft vor mehr als zwei Jahren dem Sex abgeschworen und nicht den Mut hatte einen Dildo zu bestellen oder etwas anderes als ihre Finger zu benutzen, denn sie war eng wie eine Jungfrau und soviel trockener dieses Mal. Sie wusste nicht, dass Blut ebenso gut als Gleitmittel fungieren kann, wenn es so offen fließt.

 

Eine Tatsache, die ihm nicht unbekannt war.

 

Und sie hat das Gefühl, dass er wieder hart wird, was unmöglich ist, aber sie weiß nicht, wie lange ihre Aufmerksamkeit von der Decke gefangen war. Er beginnt wieder sich zu bewegen und sie beißt auf ihre Unterlippe, um das erbärmliche Winseln zu unterdrücken und er löst sein Gesicht aus ihrem Nacken und stützt sich auf seine Ellbogen. Sie verflucht seine gesteigerten Sinne, er hat das Winseln ebenso gehört, wie er ihre Angst riechen kann und ihre Panik sehen. Fühlen. Wie ein eigenes Lebewesen unter ihrer Haut, das mit der Verzweiflung an Stärke gewinnt und sie zu einem Körper macht, der nur nach Flucht schreit.

 

Sein Blick merkwürdig fokussiert auf ihr Gesicht und sie ist nicht sicher, ob er sie überhaupt wahrnimmt oder nur ihre Wärme und Furcht. Schwebt über ihr wie ein Todesengel und sie wundert sich, wie oft er Tod war und wie oft ein Engel und ob es wichtig ist, weil es sie nicht den Schmerz in ihrem Unterleib vergessen lässt.

 

Oder seine Hand auf ihrer Brust oder seine Lippen auf ihrem Mund.

 

Sie ahnt, dass er ihr gegenüber rücksichtsvoller ist, wie den meisten seiner Opfer der Vergangenheit. Sie weiß auch warum, denn eine zerbrochene Puppe ist nicht auf Dauer unterhaltsam und sie ist für sein Vergnügen da und seinen Hass auf die Seele. Es muss für ihn erstaunlich gewesen sein, ohne Sex frei zubrechen und zum ersten Mal fragt sie sich, was das für sie bedeutet. Für ihr Leben oder was davon übrig ist, aber sie stellt keine Fragen und er ist nicht bereit für Worte. Noch nicht.

 

Legt stattdessen ihre Knie über seine Schulter und stößt tiefer.

 

Sie presst die Augen zu, in dem Versuch die Tränen zurückzuhalten und den Schmerz auszuschließen, ihn auszuschließen und das was er mit ihrem Körper macht. Weil es beginnt real zu werden und das nicht sein darf. Ihre Albträume Angelus betreffend hatten zwar viele Variationen, aber nicht diese harten Bewegungen in ihr und das macht ihr Angst, weil wenn es echt ist, dann ist es wahr und dann ist sie so gut wie tot.

 

So wie der Rest ihrer Welt.

 

Was ihren Geburtstag in ein interessantes Licht stellt und die Mächte. Vielleicht ist sie nie aus dem Koma erwacht und in der Hölle, weil sie das Leben abgelehnt hatte, welches die Mächte für sie bestimmt hatten. Vielleicht kann sie an Ort weit weg gelangen, über den sie in Zeitschriften und Wächtertagebüchern gelesen hat, der es wieder unreal machen kann und einfacher zu ertragen. Wenn sie sich nur hart genug auf dieses vage Ziel konzentriert. Aber sie hat ultimative Sicherheit immer mit Angel gleichgesetzt und das wird ihr jetzt zum Verhängnis, weil er gleich riecht, sich gleich anhört und gleich aussieht. Weil er sich ebenso gleich anfühlt und sie oft genug seine Wunden versorgt hat und mit ihm trainiert, um diesen Fakt blind zu verifizieren.

 

Weil es hier nicht sicher für sie ist und er nicht ihr Fels in der Brandung.

 

Er sie aufreibt und zermahlt unter sich ohne die Weichheit des Wassers.

 

Cordelia an Gischt, Wellenbrecher und Sand denkt und weiß, wer am Ende gewinnt.

 

Wer diesen ewigen Kreislauf immer triumphiert.

 

Sein harsches Kommando bringt ihren Fokus vollkommen zurück auf ihn. Zurück ins Jetzt. „Sieh mich an, wag es nicht wegzusehen, Cor. Erinnere dich später, wer dir das hier antut.“

 

Sie wird sich erinnern, an alles. Auch ohne seine Warnung.

 

Er spült sie aus und sie schmeckt Salz und es ist okay und sie kann damit leben, weil ihre Gedanken konfus sind, so wie ihre instinktiven Abwehrreaktionen, um ihm nicht noch tieferen Zugang zu gewähren. Die Tränen fließen jetzt frei, aber sie bleibt stumm, nichts weiter als die natürliche Reaktion auf Schmerz. Kein Schluchzen und kein Betteln, um mehr Gnade, wie er ihr freiwillig zugesteht. Kein Zeichen von Schwäche.

 

Sein Griff um ihre Handgelenkte verstärkt sich. Sie fragt sich, ob diese Knochen als erstes dem unnatürlichen Druck seiner Finger nachgeben und konzentriert sich darauf. Die Hitze in ihrem Unterleib steigt mit jedem tiefen Stoß und sie weiß, dass sie nicht auf einen Orgasmus zusteuert, sondern auf das was ihr Körper ertragen kann. Sie war vorher schon wund, nun fühlt es sich an, als ob er sie aufreißen würde.

 

Sand im Getriebe der Zeit und sie weiß nicht, warum der Gedanke lustig ist.

 

So wie das Salz in ihrer Kehle eigentlich bitter sein sollte und nicht nach Meer schmecken und sein Kuss raubt ihr den Atmen und zwar wortwörtlich und sie hofft, dass sie ohnmächtig wird. Untergeht. Denkt an Meerjungfrauen und Ozeane. Denkt ihr Verstand zerfließt wie ein Aquarell und sie weiß, dass dies seine Art von Kunst ist und sie schnappt nach Luft.

 

Verdammt seien ihre sexfreien Jahre. Verdammt sei seine Größe. Verdammt sei ihre unkomplizierte Freundschaft. Verdammt sei er.

 

Sie ist sich nicht sicher, ob sie Angel oder Angelus meint.

 

Sie ist nicht sicher, ob es sie noch kümmert.

 

Spikes Hände auf ihren Oberarmen gleichen Schraubstöcken und sie wundert sich, wann er begonnen hat, sie zu schütteln. Ihr Blick geht zurück in sein Gesicht und sie bringt ein, „Was zur Hölle fasst du mich an?“, hervor, das ihn wieder auf Abstand bringt.

 

„Du bist für die letzten Minuten ausgezoomt, Cheerleader und auch wenn dein Körper eine erstaunliche Sprache hat, fand ich es an der Zeit, dass wir die Unterhaltung wieder zweiseitig machen. Hier ist der Deal!“

 

Und Cordelia zuckt bei der letzten Phrase zusammen und zu gefangen in ihren eigenen, nach innen gerichteten Flüchen über ihre Überempfindlichkeit, überhört sie fast seine Korrektion, „Das Geschäft, okay? Hier ist das Geschäft.“

 

Sie nickt geistesabwesend.

 

„Wir beide gehen zusammen auf einen Road Trip Richtung New York, ich kenne dort einen Schamanen, der dir in deiner Situation hilfreich sein kann. Du kommst für den Sprit und sonstige Unkosten auf. Du versuchst nicht wieder auszuzoomen, weil das angsteinflößend ist, selbst für mich. Du versuchst weder dich noch mich unterwegs umzubringen, weil ich keinen Bock habe deinen Bodyguard zu spielen und noch weniger deinen Babysitter. Du bekommst keine Antworten von mir, bevor wir bei meinem Hexenmeister waren, denn ich gehe davon aus, dass er dir alle Antworten liefern kann, die du suchst. Wir fahren heute Nacht los. Besser gesagt jetzt, du fährst tagsüber, ich nachts. Okay?“

 

„Okay.“ Der Handschlag besiegelt das Geschäft. Nach einem Moment, „Oh, mit was fahren wir? Ich bin mit dem Bus hierher gekommen, Spike.“

 

„Ich nicht, Pet!“ Damit packt er den Inhalt ihrer Papiertüten wieder ein und gibt ihr dann ein Zeichen ihm zu folgen. Die Cognacflasche bleibt einsam auf dem Sarkophag stehen. Den Rucksack schulternd folgt sie ihm aus der ausgebombten Gruft, zielsicher beginnt er Richtung Süden über den Friedhof zu laufen und Cordelia versucht sich ins Gedächtnis zu rufen, warum es keine gute Idee war einem Vampir zu vertrauen.

 

Oder ihm blind zu folgen.

 

Aber nach all dem Bullshit, den sie in den letzten Monaten durchgemacht hat, war sie sich über eine Tatsache bewusst. Die Seele machte den Unterschied aus und faktisch waren es bisher immer Vampire, die unter dem Einfluss einer Seele standen oder deren Nachwirkung, die sie am tiefsten verletzt hatten. Darla. Angelus. Sie war fast froh, dass Spike seelenlos war und wie krank war das von ihr? Und wirklich, wie sehr kümmerte es sie?

 

Sie sind am südlichen Rand des Friedhofes, als sie Spikes, „Mein Baby!“, ausmacht, um ihn einen Moment später Äste und Grünzeug aus dem Weg befördern zu sehen. Als sie schließlich den schwarzen Oldtimer vor sich sieht, kommen ihr die ersten Zweifel an ihrem Geschäft. Der Wagen sieht aus, als ob er nicht einmal starten würde, ganz zu schweigen davon, dass er eine Fahrt nach New York überstehen sollte.

 

„Ähm, Spike, bist du sicher, dass wir nicht doch den Bus nehmen sollen?“ Aber er ist schon hinters Steuer verschwunden und zu ihrem Erstaunen röhrt der Motor tatsächlich ohne einen Fehlstart durch die Nacht.

 

Die Beifahrertür geht auf, „Meine Lady, einsteigen und keine Beschwerden über meinen DeSoto! Sie schnurrt zuverlässiger, als jede Frau in meinem Unleben.“

 

„Sag mir, dass das kein Blut auf dem Rücksitz ist und sag es so, dass ich es dir glauben kann.“

 

Er gibt ihr ein Raubtierlächeln, bevor er artig, wenn auch nicht überzeugend wiederholt, „Das ist kein Blut auf dem Rücksitz, Cordelia, auch wenn es dir mit deinen halbdämonischen Augen unmöglich sein sollte, in dieser Dunkelheit überhaupt einen Fleck auszumachen!“ Ihre Augenbraue schießt hoch.

 

„Komm schon, wir haben ein Geschäft und ich kann es kaum erwarten Sunnyhell für den Augenblick hinter mir zu lassen. Genug ‚Hau-den-Spike’ für dieses Jahr und yeah, ich bin mir ebenfalls darüber bewusst, dass es gerade Mal Juli ist, sagt dies nichts über die Vorverurteilung von Dämonen hier aus? Vielleicht sollten wir eine Petition starten, um den Slayer auf den Umstand aufmerksam zu machen. Nicht dass es sie kümmern würde oder ihr kaltes Herz erwärmen, schließlich ist sie auf der Suche nach ihren Gefühlen und nicht Beistand. Aber wer weiß, vielleicht würde sie der Bittschrift Aufmerksamkeit geben, wenn ich sie mit ‚In Liebe, William’ unterschreibe.“

 

„Sag mir, dass du heute Nacht nur getrunken hast, Spike und keine Drogen oder ähnliches zu dir genommen hast!“ Die einzige Antwort ist das Heben seiner Augenbraue mit Narbe, ein noch breiteres Lächeln und die einladend entgegengestreckte Hand. Das konnte ja heiter werden.

 

Weshalb lächelte sie noch mal zurück? Weil es richtig erschien und nicht von ihr erwartet wurde. Weil es ihn nicht kümmerte. Weil er es so einfach für sie machte, zu vergessen wer sie war und warum sie hier war.

 

Für den Augenblick sie sich jung und unberührt vorkam. Am Anfang einer großen Reise.

 

Als ob sich ihr nichts in der Welt entgegenstellen konnte oder ihm. Als ob sie nicht zerschmettert liegengelassen worden war. Als ob sie nicht eine Vergangenheit suchte, die sich ihr immer wieder entzog.

 

Seine blauen Augen erinnerten sie in ihrer Intensität an Wesleys und der einzige Unterschied sind die gelebten Jahre in ihnen und Spikes Weisheit war geschliffen durch diese. Cordelia wurde sich zum ersten Mal darüber bewusst, dass der Vampir vor ihr klug war, intelligent genug um Angelus’ Tortur zu überleben und aus dessen Schatten zu einem Meistervampir seiner eigenen Klasse zu wachsen. Das was sie wollte, ausgenommen den Meistervampir-Part.

 

„Komm schon, Cordelia, bringen wir das Baby auf die Straße.“

 

Sie nickt, „Bringen wir das Monster auf die Straße.“

 

Und sie nimmt die entgegengestreckte Hand endlich an und steigt ein, diesmal fühlt es sich weniger wie ein Geschäft an, sondern mehr nach einem Versprechen.

 

Sie wollte überleben. Sie wollte gewinnen.

 

Und Spike hatte zurzeit nichts Besseres vor, als ihr dabei zu helfen.

 

Sie ist dankbar dafür.

 

Watching fate

as it flows down

 

Die Träume begannen mit dem Trip und sie war nicht sicher, ob es ein gutes Zeichen war oder sie einfach den Rest ihres Verstandes verlor. Aber Spikes Sorglosigkeit ihnen gegenüber war genug Bestätigung, um sie nicht zu bekämpfen. Sie lässt sie kommen. Einen nach dem anderen, sich ausspielen und wiederholen in einer seltsamen Choreographie ihres brüchigen Geistes.

 

Ereignisse, die stattgefunden hatte oder nicht oder anders oder gleich, wie in ihren wirren Träumen. Phantasien über eine frühere Rettung und Illusionen darüber, dass sie nie entkommen ist und ihre Familie ihr Gesellschaft leistet in Angelus Folterkammer, zusammen mit Angel. Bilder, die sie mit wildem Herzrasen in die Realität entlassen, nur um sie in Frage zu stellen, ob sie hier sein kann. Mit Spike in einem Oldtimer. Richtung Osten. Ob sie verrückt ist und das nur das Produkt ihrer Einbildung. Ihrer konstruierten Welt, um Angelus zu entwischen, dorthin, wohin er ihr nicht folgen kann. Sie unberührt ist. In ihren Kopf.

 

Aber egal, wie oft sie in einer Nacht aufschreckt, sie wird immer von dem monotonen Brummen des Motors empfangen, leiser Rockmusik und den Vibrationen der Straße. Der Dunkelheit der Rückbank und dem Geruch von Leder, Whiskey und Rauch.

 

Irgendwann wird es vertraut. Sie glaubt, dass sie Da ist.

 

Zweifelt es nicht mehr an.

 

Kommt im Hier an.

 

Als sie in der dritten Nacht wieder einmal heiser, mit tränennassem Gesicht und verschwitzt aufwacht, schlägt Spike nur vor, dass sie vor Sonnenaufgang ein Motel suchen, damit sie duschen und in einem Bett schlafen kann. Sie nickt und kriecht auf den Vordersitz, ihr Verstand zu aufgewühlt, um auch nur einen weiteren Versuch mit traumbelastetem Schlaf zu probieren.

 

Sie lässt die Wüste an sich vorbeisausen in einer grauen Legierung, nicht die mangelnde Aussicht vermissend, die schwarz lackierten Scheiben sind luxuriöse Deckung, halten die Welt draußen, während sie versucht ihre Gefühle drinnen zu behalten. Nicht zu schreien. Nicht zu weinen. Nicht ohne ihre Träume als Katalysator dafür.

 

Die Brise von dem heruntergelassenen Fahrerfenster ist angenehm auf ihrem Gesicht, einen Moment ist sie geneigt, ihre Jacke auszuziehen, was sie auf einen anderen Gedanken bringt. Ihre mangelnde Garderobe. Es wird Zeit einige Dinge einzukaufen, der Inhalt ihres Rucksackes ist erschöpft. Sie kann sich die verwunderten Blicke der Verkäuferinnen vorstellen, die sie einfangen wird, wenn sie Mitten im Hochsommer nach langen Jeans und Rollkragenpullis verlangt. Vielleicht ist es Zeit, dass sie gewagt wird und Stehkragenblusen ausprobiert oder Seidenschals.

 

Vielleicht kann sie mit Spike die Aufgaben tauschen und er geht für sie einkaufen, während sie ihm Blut besorgt. Irgendwie erscheint der verdutzte Blick des Metzgers einfacher zu sein, als sich bewusst für Kleidung zu entscheiden, die ihr früheres Selbst verachtet hätte. Sie hat nicht damit gerechnet, mehr als zwei Tage unterwegs zu sein und ihr Plan sich für die restliche Zeit allein in ihrer Wohnung zu verbarrikadieren, um sich mit den Erkenntnissen auseinander zusetzen, die Spike ihr offenbaren würde, hat sich als überholt erwiesen.

 

Spike dreht den Kassettenrekorder lauter und die Band ist ihr unbekannt, schnell, hart und aggressiv. Keine ausgefeilte Popmusik, die sie normalerweise bevorzugte, aber das hier sprach die neue Frau an, die sie in ihr Leben gelassen hatte. Nicht wirklich sicher, ob sie eine weitere Liebesballade in diesem Jahrzehnt ertragen konnte und ihr fällt erst jetzt auf, wie leise es in ihrem Leben geworden ist, seit dem Angelus-Zwischenfall.

 

Keine Musik. Kein Fernsehen in ihrem Apartment.

 

Nur die Geräusche, die Wes und Dennis produzierten, während sie auf leisen Sohlen durch ihre Wohnung schwebten in dem Versuch, ihre Unruhe nicht zu stören. Der Lärm der Dusche war die einzige Unterbrechung der monotonen Stille.

 

Ihre Fingerspitzen wippen im schnellen Takt der Musik, zeichnen zufällige Muster auf die Fensterscheibe und ihren Oberschenkel. Sie mag den Lärm, nicht sicher, ob Musik zutreffend ist und ihre Stirn gegen das Fenster gelehnt ist es fast friedvoll, abgesehen davon, dass der Leadsänger etwas davon schreit, dass sie alle brennen sollen.

 

Aber die Scheibe ist kühl und die Welt brennt nicht. Nur sie. 

 

Cordelia ist müde, aber die Erschöpfung, die sie seit Wochen niederdrückte, ist weniger geworden und sie überlegt, ob es an den Träumen liegt. Sie kann sich nicht erinnern, dass sie in der Zeit danach geträumt hat, obwohl sie geschlafen hat, fast komatös war, zwischen den Duschen und dem Baden. Ihre Augenbrauen fahren zusammen, als sie versucht, sich die Zeit in ihrem Apartment ins Gedächtnis zu rufen. Aber Wes und Dennis Fürsorge sind ein Nebel aus Blitzlichtern und Sekunden. Die Zeit dazwischen nicht existent und es beunruhigt sie nicht so sehr, wie es sollte. Sie war sicher und umsorgt. Diese Gedächtnislücke ist nicht ihr Problem.

 

Sie ist verrückt, kein Zweifel, aber mit Spike ist sie dabei in guter Gesellschaft.

 

Es ist einfach ihm die Führung zu überlassen, sie ist zu orientierungslos, um ihrer Umgebung viel Aufmerksamkeit zu schenken und er erinnert sie an Tankstops und Kaffeepausen. Er mag keine Interstates und so halten sie sich an endlose schwarze Highways und die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ihn kümmert es nicht, wenn sie falsch fährt und Umwege einbaut, scheint ebenso wie sie in keiner Hektik zu sein, ihr Ziel zu erreichen. Oder zurück nach Hause zukommen und sie fragt sich, ob er Sunnydale als Heimat sieht oder nur einen Zwischenstop in seinem Unleben. Ob es schwer ist mit den endlosen Jahren eine Heimat zu finden und nicht nur auf Durchreise zu sein. Sein DeSoto alle wichtigen Gebrauchsgegenstände und Klamotten enthielt, bereit für eine überstürzte Flucht war.

 

Angel in LA eine Heimat gefunden hatte und sie.

 

Die Strecke ist einfach zu halten. Einfach weg von LA.

 

Spike fordert nicht viel, nur dass sie eine Unterhaltung mit mehr als der Bewegung ihres Kopfes führt oder manchmal nur zuhört, während er die Stille zwischen ihnen mit Erinnerungen an frühere Road Trips füllt. Nicht wirklich abgestoßen davon, dass er die lebendige Geschichte mit mehr Details füllt, als Angel es jemals getan hat. Sie erst später merkt, dass sie Spike ehrliche Antworten auf seine dazwischen gestreuten Fragen gibt.

 

Sie hat jetzt gelernt, dass ein Vampir zu sein, etwas anderes ist, als eine Seherin oder ein Wächter. Es stört sie nicht, dass Spike von Opfern spricht und der Jagd. Sie weiß, dass er ihr die grausamsten Details immer noch ausspart, aber es ist für sie nicht von Bedeutung. Diese Menschenleben sind schon so lange Zeit Geschichte und ihre Leiber zu Humus zerfallen. Cordelia war ein Kind, als er seine letzten Opfer verschlang, ist erwachsen geworden in LA und er harmlos in Sunnydale. Sie sind meistens nicht lange zur gleichen Zeit wach und sein Geplänkel ist nicht mehr als das, das Ausfüllen von leerem Raum zwischen ihnen.

 

Sie hat sich an das Summen der Gefahr gewöhnt, die seine Gegenwart für sie repräsentiert. Gibt ihrem Instinkt nicht mehr Beachtung als er verdient, während Spike auf der Rückbank liegt und schläft oder vor ihr sitzt und fährt.

 

„Weshalb weckst du mich nicht?“ Die Frage kommt überraschend, selbst für sie und er bleibt stumm, den Highway vor sich im Visier, nur das Zucken seines Wangenmuskels zeigt, dass er sie über die Musik gehört hat.

 

Sie ist nicht in der Stimmung zu bohren und ist erstaunt, als er nach drei Zigaretten ihre Frage dennoch beantwortet.

 

„Drusilla hat mich gelehrt, dass es heilsamer ist, die Träume ausspielen zu lassen, anstatt sie immer wieder zu unterbrechen. Du wachst in dem Moment auf, in dem dein Geist es nicht mehr erträgt, wenn ich dich vorher wecken würde, dann setze ich dich auf deiner Reise zurück. Du musst wieder durch den einen Traum, um zu dem nächsten zu gelangen und das ist anstrengender, als wenn du selber erwachst.“

 

„Begib dich direkt ins Gefängnis, gehe nicht über Los, ziehe nicht 2000$ ein.“

 

Er gibt ihr ein halbes Lächeln und nickt. „Du musst deine Zeit absitzen, um tatsächlich frei zu sein. Ist es nicht das, was ihr euren Straftätern sagt, Pet?“

 

Sie zieht die Knie an und starrt auf sein Profil, seine Haare schimmern silbern im gedämpften Mondlicht und seine Finger liegen leicht auf dem Steuer.

 

Sie nimmt zum ersten Mal die optischen Unterschiede zwischen Angel und ihm wahr, wie sehr sie sich unterscheiden in ihrer tödlichen Schönheit. Spike verschmilzt nie mit den Schatten, scheint immer im Spotlicht zu stehen und sie glaubt, dass das seinen Grand Sire zur Verzweiflung getrieben hat und zu harten Lektionen, die abgeperlt zu sein scheinen. Seine Geschichten erzählen von einer anderen Form von Jagd, die er bevorzugt hat, das Stellen der Beute war für ihn Konfrontation und Gewalt.

 

Bei Angelus nur das Ende eines langen Prozesses, der finale Akt.

 

Licht und Schatten, schmal und breit, ruhelos und in sich ruhend.

 

Sie weiß, dass sie es vorgezogen hätte, Spikes Opfer zu sein. Schnell, brutal und unbekümmert. Nicht so fokussiert und geduldig. Nicht so gewissenhaft in der Beseitigung der Spuren ihres alten Lebens und so effektiv im Auslöschen. Es ist schwer sich in Erinnerung zu rufen, dass Angel für sie einmal engelsgleich war. Ihr persönlicher, geheimnisvoller Held. Immer zur Stelle, wenn sie seine Hilfe benötigte, immer ein Schatten in ihrer Nähe und sie weiß, dass sie vor nicht allzu langer Zeit noch so von ihm gedacht hat. Ihr dunkler Schutzengel.

 

Sie den Schatten nicht mehr abschütteln kann, den er kreiert hat.

 

Als ihr Leben geräuschlos, gefühllos und traumlos wurde.

 

Und visionslos.

 

Der Gedanke trifft sie wie ein Vorschlaghammer, „Spike, ich hatte keine Vision mehr, seit, seit...“

 

„Seit er Hand an dich gelegt hat?“ Sie nickt abgehackt. „Mach dir keine Sorgen, vielleicht geben dir die Mächte gerade frei, Cheerleader, weiß Gott, du hast es dir verdient.“

 

Sie will ihn auslachen oder anschreien für seine Naivität, weil die Mächte nicht so arbeiten, weil es ihnen egal ist, in was für einer Lage sich ihre Spieler befinden oder ob sie überhaupt noch auf derselben Seite stehen. Dass es nicht so etwas wie eine Ruhepause im Kampf für das Gute gibt oder Schonzeit. Und sie schluckt, die Erklärungen herunter, besinnt sich auf die Fakten, umklammert ihre Knie fester.

 

„Aber es liegt über einen Monat zurück und das war noch nie der Fall, ich kann nicht meine Visionen verlieren. Ich kann nicht. Verdammt sie können mir doch nicht auch noch das nehmen. Es reicht, wenn sie mir meinen Champion genommen haben, aber nicht meine Gabe. Es ist nicht fair. Nicht fair.“

 

Sie fühlt die Panik, den Verlust und Urangst. Ungefiltert, weil es ihre erste wichtige Aufgabe war, etwas das sie definiert hat. Ihr Leben und ein weiteres Stück fehlt und sie es erst jetzt merkt. Sie das „Nicht fair“, nicht stoppen kann, das immer wieder über ihre Lippen kommt und sie fragt sich, ob das Hysterie ist und warum sie nicht die Kraft hat, sie niederzukämpfen oder einfach den Mund zu halten.

 

Weshalb ihr erst jetzt auffällt, wie unfair das Ganze ist und warum niemand daran dachte, es zu verhindern. Warum sie hier landen musste, in der Wüste Hunderte Meilen von ihrer Familie entfernt, bei einem Fremden und mit den Scherben eines behutsam aufgebauten Lebens. Weshalb es für irgendeine Macht richtig war, sie so zu bestrafen und Angel und was genau ihr Verbrechen war, das es rechtfertigte, die Verbindung zwischen ihnen zu zerschlagen.

 

Den Bund.

 

Sie fühlt sich einsam und wird sich darüber klar, dass es Jahre her ist, seit sie sich das letzte Mal wirklich einsam gefühlt hat. Die Tränen sind in ihren Augen, bevor sie Zeit hat sie niederzukämpfen und es ist das erste Mal der Fall, dass sie weint, ohne dass der Schlaf die Abwehr geschwächt hat und sie wischt über ihr Gesicht, ungläubig.

 

Ein weiteres fehlendes Stück und sie merkt, wie Spike am Rande des leeren Highways zum stehen kommt und sie seine Hand nicht wegschlägt, sondern sich in seine Umarmung ziehen lässt und bricht.

 

Das Leder unter ihren Händen ist weich, so wie der Stoff seines T-Shirts an ihrem Gesicht, der die Tränen aufsaugt und die Schluchzer. Der Ton seiner Stimme ist ebenso weich, als er ihr leise zuredet, dass es okay ist. Dass es in Ordnung kommen wird. Dass sie okay sein wird. Stärker als jemals zuvor und strahlender und ihre Tränen kommen härter, die Schluchzer krampfhafter, weil sie nie stark sein wollte, sondern nur geliebt und sie es war und es war kein Märchen, aber auch kein Albtraum, der sie schweißgebadet aufwachen lässt.

 

Sie das Gefühl hat zu ersticken. Unterzugehen.

 

Sie nicht mit Feuer gespielt hat und trotzdem verbrannt ist und sie sich nicht wie Phönix fühlt und auch nicht, als ob sie jetzt aufwachen wird und alles okay sein wird. Weil es nicht so sein wird. Weil nichts mehr einfach ist oder unkompliziert und der Partner, der für die letzten Jahre die wichtigste Komponente in ihrem bewegten Leben war, in LA ist. Weggebrochen. Genauso gebrochen wie sie und sie nicht den Mut hat und die Stärke, ihm zu verzeihen. Sie Angst hat, dass sie es niemals kann und sie weiß, dass es das ist, was ihr altes Ich von ihr verlangt. Was sie benötigt, um das hier zu gewinnen und sie kann Angelus nicht einfach so gewinnen lassen und kampflos das Feld räumen, denn das ist feige und sie ist kein Feigling, oder?

 

Sie hört Spikes Zustimmung unter ihren Klagen, hört seine sinnlosen Worte des Trostes und sie glaubt an Nichts mehr. Nicht mehr an Siege, Sinn und Zusammenhang, weil sie zu Stücken zerbrochen ist, die nicht einmal sie wiedererkennt. Zu klein und zerrissen. Cordelia es müde ist zu hören, dass es nicht ihre Schuld ist und sie ist es müde sich vorzumachen, dass sie gewonnen hat, nur weil sie nicht tot ist. Sie hat den Preis für ihre Familie bezahlt und Angelus ist sicher gegangen, dass er dabei nicht übervorteilt wurde. Ihr Schmerzensgeld waren keine dreißig Silberlinge, sondern Erinnerungen und die Belohnung, dass kein Familienmitglied seinen Tod in diesen vier Nächten und drei Tagen fand, die er frei war.

 

Ein guter Handel, einer mit dem sie gedacht hat, dass sie leben kann. Ein guter Deal.

 

Einer, der sie langsam umbringt, wie schleichendes Gift ihrem Körper lähmt und sie weiß, dass es für Angel schlimmer sein muss. Sie weiß es. Weil er nicht nur Opfer, sondern Täter in einem ist und Gott, ihr reicht, dass sie Opfer ist, eine Rolle mit der sie sich im letzten Monat angefreundet hat.

 

Aber sie will nicht nur Opfer sein. Will etwas anders als die graue Frau im Spiegel sein.

 

Ihre Tränen trocknen langsam, ihre Nase läuft und die Schluchzer verebnen zu abgehackten Atemzügen. Sie liegt auf Spike, kraftlos und er ist stumm, weil ihm die sinnlosen Floskeln in der letzten halben Stunde ihres Zusammenbruches ausgegangen sind. Aber es ist okay, sie nimmt ihm sein Schweigen eher ab, weil es wahr ist. Niemand kann ihr die kleine Welt zurückgeben, die sie sich so hart erkämpft hat. Die Geborgenheit ihrer Familie, weil Sicherheit eliminiert wurde. Weil es nicht wichtig ist, dass Angels Seele JETZT permanent ist, es nicht mehr wichtig ist und sie nicht denkt, dass sie in Gefahr wäre, solange sie lebt.

 

Sie sich fragt, weshalb Spike es mit dem ganzen Bullshit aufnimmt, den sie auf ihm ablädt, weil das nicht fair von ihr ist und sie lächelt über ihre Definition von ‚Nicht fair!’

 

Weil sie so menschlich erscheint. So schwach.

 

The path

we have chose.

 

Die Vision trifft sie unerwartet, aber noch nie so gut getimt. Als ob die Mächte endlich Mitleid mit ihr und ihrer Ziellosigkeit hätten. Ihre Berufung absegnen und sie lacht unter erneuten Tränen, während Spike sie ansieht, als ob sie endgültig den Verstand verloren hätte und sie es ihm nicht übel nehmen kann. Sie nicht stabil ist, schwankt unter ihren Emotionen, wie ein überladenes Muli und sie will ihn warnen, weil es sie nicht kümmert, ob sie ihn mit in den Abgrund zieht. Er sich besser nicht an sie klammert oder versucht sie zu retten. Zum richtigen Zeitpunkt loslässt.

 

Sie labil genug für eine gesamte geschlossene Anstalt ist.

 

„Vision!“, Spike grinst genauso manisch zurück und sie vibriert förmlich auf seinem Schoß, nicht nur durch die mystischen Energien, die sich in ihr entladen haben.

 

Das hier ist ihr Leben. Ihre Bestimmung und ihr Schicksal, das wofür sie kämpft.

 

Und dann sind ihre Lippen auf seinen und sie ist sich nicht sicher, nichts mehr ist sicher und dann verdammt sie alles zur Hölle, weil sie diejenige war, die ihn geküsst hat und nun wie eine leblose Puppe auf ihm sitzt, der die Batterie herausgenommen wurde beim ersten Kontakt. Spike genauso geschockt unter ihr sitzt, sie seine Gutmütigkeit ausgenutzt hat und das wirklich das Letzte war, das sie beide brauchen.

 

Es kompliziert genug ist, ohne dass er auf eine gebrochene Frau Rücksicht nehmen muss, die sich ihm an den Hals wirft. Ohne zweiten Gedanken. Er nicht genügend Güte besitzt, um sie sinnlos an sie zu verschwenden. Sie nicht mehr unschuldig ist.

 

Sie gefährlich ist und es richtig war, dass Wes Angst vor ihr hatte.

 

Dass Spike auf der Hut sein sollte, sie ihn nicht verletzen will. Aber kann.

 

Cordelia Chase nicht unantastbar, unbefleckt und sündenlos ist. Den bitteren Beigeschmack von Blut und Sühne auf ihren Lippen trägt. Es nichts ändert, dass sie sich in unzählige Stofflagen einwickelt und ihr Mundwerk in Zaum hält. Es nicht die Zeit wiedergutmacht, die sie auf den Knien verbracht hat oder auf ihrem Rücken.

 

Ihre Gedankenlosigkeit überhaupt hierher führte. Und dorthin.

 

Egal, wie unschuldig der Kuss in ihrem Kopf war, sie seine kalten Lippen unter ihren spürt und sich dreckig fühlt, verdorben. Ein weiterer Teil von ihr, der zerstört ist und die Spontaneität ihres Wesens korrumpiert. Ihre direkte Reaktion einfängt und in Frage stellt. Ihren Wert in Frage stellt und sich.

 

Letztendlich Liebe ihr Leben zerstört hat.

 

Blinde Zuneigung nicht mehr zu ihr gehört und erst recht nicht, wenn ein Vampir das Ziel davon ist. Sie nimmt einen tiefen Atemzug und bringt Abstand zwischen ihre Körper, „Es tut mir leid, Spike, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Was ich mir dabei gedacht habe.“

 

„Du hast gar nichts gedacht, Luv, und wenn es nach mir geht, dann bleibt das auch so. Kein Grund für ein schlechtes Gewissen oder Grübeleien, es war nur die Erleichterung. Immerhin hattest du ein Zeichen von ganz oben, 'kay? So was ist selten. Ein kurzer Überschwung der Gefühle, nichts weiter und hey, man sagt mir nicht umsonst nach, dass ich ein gutaussehender Teufel bin!“

 

Die vernarbte Augenbraue ist wieder oben und sein Lächeln ist leicht, das einzige, das seinen heiteren Tonfall Lügen straft, ist der ernste Funke in seinen blauen Augen und Cordelias Hand wandert instinktiv von seiner Brust auf seine Wange. Sein Wangenknochen schmiegt sich in ihre Handfläche und ihr Daumen fährt die Fülle seiner Lippen ab, er wirkt erst weich, wenn man ihn anfasst. Der Gedanke ist zusammenhanglos und sie zieht die Augenbrauen zusammen, versucht ihre konfusen Eindrücke einzufangen, bevor sie sich ihr wieder entziehen.

 

Bringt ihre andere Hand auf sein Gesicht und ertastet die Differenz.

 

Er hält still, stellt sogar das Atmen ein. Das einzige, das den Eindruck einer Leiche zerstört, das blaue Feuer in seinen Augen ist und die Besorgnis in seiner Miene. Tote starren nicht besorgt, sondern verurteilend, erwarten Strafe für ihr Fehlen und ihr Scheitern.

 

Aber es ist kein Tadel in seinem Ausdruck, nur leichtes Interesse, während ihre Finger über sein Gesicht gleiten. Harte Kanten und spitze Ecken, Seide über Stahl und trotzdem nur Fleisch und Blut. Knochen, die brechen können. Haut, die verletzbar ist. Gefühle, die verwundbar sind. Ein Dämon, der alles erträglich macht, den Schmerz dämmt und Wunden schneller heilen lässt, als der Körper Narben bilden kann. Und ist es nicht das, was sie beide überleben lässt?

 

Wenn ihre Seele sich nicht erinnern müsste oder sie nicht immer noch warm mit Menschlichkeit wäre, während er die Kühle des Todes in sich trägt und er wirkt verführerisch in diesem Augenblick, so wie die Messer.

 

Oder die Rasierklingen. Oder die Waffen und Pillen.

 

Sie fühlt sich in Trance und es ist kein Wesley hier, der ihr die Gefahr aus der Hand nimmt und mit besorgtem Schweigen darüber hinweggeht. Hinwegsieht. Nur zwei Dämonen auf der Suche nach Antworten und zuviel Bitterkeit und Schärfe. Das Glitzern seiner Lippen aus dem Augenwinkel. Wie eine Klinge in der Nacht und sie kann nicht widerstehen, fällt.

 

Verstärkt ihren Griff, sucht Halt und findet nur weiche Haut.

 

Ihre Blicke brennen sich ineinander, bis sie nichts weiter als das Schwarz seiner Pupillen im Mondlicht sieht. Seine Hände auf ihrem Hintern, weil sie ebenso langsam und unbemerkt gefallen sind wie sie. Sein Griff, der sich allmählich verstärkt, sie näher zieht und es ist die wachsende Härte zwischen ihren Beinen, die sie letztendlich zurück in die Gegenwart bringt.  

 

„Danke“, nicht mehr als ein raues Flüstern. „Für alles!“

 

Und diesmal ist der Kuss berechnend, kurz und fest.

 

Eine Geste der Zuneigung unter Freunden. Auch wenn sie Wesley nie so geküsst hat, ist es möglich ihn so zu küssen. Niemand würde Anstoß daran nehmen. So wie sie Wes’ Hand auf ihre Narbe legen konnte und er nicht mehr als markierte Haut und eine besiegte, nackte Frau gesehen hat. Sie hat nicht vergessen, welche Waffe sie außerdem an Angelus verloren hat. Eine, die sie nicht vermisst. Ein Arsenal, das unbrauchbar geworden ist, so wie die Schminke in ihrem Rucksack, die für die Scoobies bestimmt war, aber niemals für Xander. Oder Spike.

 

Dann ist sie von seinem Schoß und auf der Beifahrerseite, „Die Vision war für uns, wir haben weniger als eine Stunde, um dort zu sein, aber wir sind in der Nähe. Nimm den nächsten Feldweg und ich hoffe, du hast Waffen im Kofferraum, denn die Dämonen sind nicht nur ekelhaft, sondern auch giftig bei Körperkontakt. Sogar für uns und sie haben eine Geisel.“

 

Nach einem langen Blick in ihre Richtung startet er den DeSoto. Ignoriert ihre Nervosität, die nichts mit dem anstehenden Kampf zu tun hat, so wie er das Zittern ihrer Stimme unbeachtet lässt und bestätigt ruhig, „Yeah, keine Sorge, auch wenn ich einen Faustkampf vorziehe, kann ich mit Schwertern dienen. Führ uns einfach hin, Cor.“

 

Die Spannung zwischen ihnen findet ein anderes Ventil. Ihr Fokus ist bei den Vorbereitungen für den Kampf und den Informationen, die sie ihm über ihre Widersacher geben kann.

 

Und nicht bei Cor. Oder Angelus und dessen Vorliebe für diese Abkürzung ihres Namens.

 

Die Erinnerungen kommen erst sehr viel später in dem Motelbett, nachdem sie den Staub ihres Trips und das Dämonenblut von ihrem Körper gewaschen hat und die erste Dusche nach beinahe drei Tagen auf der Straße bis zur Neige ausgekostet hat. Sie sich nicht einmal gewundert hat, warum es ausgerechnet jetzt nicht mehr so wichtig erscheint, dass sie zweimal am Tag duscht und einmal badet, wenn ihre Hygiene ernsthaft von dem Staub der Straße gefährdet ist und der Sommerhitze. Sie die Fenster verhangen und ihre Kleider ausgewaschen und zum trocknen über die spärlichen Möbel verteilt hat. Es nicht einmal zur Debatte stand, dass sie zwei Zimmer nehmen und das Doppelbett tatsächlich breit genug für sie beide ist. Sie Spike im Badezimmer zuhört, der fluchend seine Wunden versorgt.

 

Sie ist nicht so naiv ihm ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse anzubieten.

 

Er ist ein Vampir. Er heilt.

 

Ist nicht auf sie und ihre unbedachte Hilfe angewiesen.

 

Sie sich darüber bewusst wird, wie sehr sie ein Schwert in ihrer Hand vermisst hat und zufrieden ist und todmüde, aber auf eine gute Weise. Auf die Weise, die sie die letzten drei Jahre in ihr Bett fallen ließ, mit der Gewissheit, dass sie die Welt zu einem besseren Ort gemacht hat. Sicherer. Zumindest für die Personen in ihren Visionen.

 

Die befreite Geisel sich in ihrer Dankbarkeit nicht mehr halten konnte und anscheinend eine Berühmtheit in der Schwertschmiedekunst ist. Zumindest konnte Spike mit dem Namen etwas anfangen, sagte er sei der Beste auf diesem Kontinent und der fremdartige Mann bestätigte dies mit einem festen Nicken und mangelnder Bescheidenheit wiederholte er, ‚Der absolut Beste in Nord- und Südamerika!’

 

Spike grinste unter Schmerzen. Höhnisch, ‚Sind wir das nicht alle?’

 

Aber sein Kommentar wurde von ihnen ignoriert, weil sie sich halbherzig gegen das Maßband wehrte, was an ihrem Körper Verwendung fand. Während der kleine Mann mit dem seltsamen Akzent ihren Körper, ihre Schultern, Arme und Hände vermaß und Begriffe unter seinem Atem murmelte, mit denen sie nichts anfangen konnte. Aber passgenaue Dinge hatten immer einen subjektiven Reiz für Cordelia und so hielt sie letztendlich still, eingefangen von ihrer natürlichen Neugier.

 

Ihr verschiedene Schwerter aus seinem Kombi probeweise in die Hand gedrückt wurden.

 

Sie dazu aufforderte sich eines auszusuchen und Spike ebenso, dessen Auswahl sich total von ihrer unterschied und sie fragte weshalb. ‚Anderer Körperbau und Kampfstil’, war die schnelle, professionelle Antwort des Mannes.

 

Spike weigerte sich jedoch, die anschließenden Vermessungen über sich ergehen zu lassen und meinte, dass seine Fäuste, die besten Waffen seien und das ausgesuchte Breitschwert für sein Unleben ausreichen würde. Er mit einem Hauch von Amüsement ihrem Treiben zugesehen hatte, während er gemütlich eine rauchte.

 

Cordelia sich letztendlich für ein Samuraischwert entschieden hatte, dessen Klinge lang und leicht in der Hand lag. Der kleine Mann zufrieden nickte, aber sie korrigierte, das wäre kein Samuraischwert sondern ein Sakabatou. Ein Katana mit umgekehrter Klinge, sie hatte die Achsel gezuckt und gesagt, solange ihr Gegner tot wäre, konnte es sein, was immer es wollte.

 

Nachdem sie einige Schwünge und Drehungen damit vollzogen hatte, war sie erstaunt über die Leichtigkeit mit der sie das Schwert handhabte und die ehemalige Geisel meinte nur, es wäre das perfekte Schwert für ihren Kampfstil. Sie würde die Gegner zu nah an ihren Körper kommen lassen und die umgedrehte Klinge würde diesem Teil ihres Stiles entgegenkommen. Der Gedanke hinter dem Schwert die Überraschungstaktik war, die tatsächliche Schärfe dort lag, wo sie niemand vermutete, auf der Rückseite. Sie dann nach einer Adresse fragte, zu der er das individuell für sie geschmiedete Katana schicken konnte und sie kopfschüttelnd das Hyperion angab.

 

Spike danach im DeSoto äußerte, dass sie gerade ein Vermögen angehäuft hätten.

 

Cordelia nicht verstand, was er meinte, bis er sagte, dass ihre beiden neuen Schwerter zusammen auf einer Auktion locker das Geld für ein Einfamilienhaus einbringen würden. Das handgefertigte Schwert noch einmal soviel und die Warteliste des Mannes auf Jahre ausgebucht wäre. Er jedoch mit Sicherheit eine Ausnahme machen würde, für die draufgängerische und verwegene Frau, die sein Leben gerettet hatte. Er wegen seiner Fähigkeiten überhaupt erst von den Dämonen entführt worden wäre.

 

Cordelia hatte ungläubig ihr neues Schwert gemustert, die schwarze Hülle mit den beeindruckenden und stilvollen Gravuren und Mustern. Den festen pechschwarzen Baumwollbändern und Seide um den Griff und war sich nicht sicher, ob Spike sie auf den Arm nahm oder nicht.

 

Sie zögernd die Hülle abstreifte und ihr Katana eingehend musterte.

 

Die Klinge sah wertvoll aus, elegant, aber vor allem tödlich.

 

Cordelia streckt sich erneut, schüttelt die Gedanken an den Kampf und das was folgte ab oder ihre Gründe, weshalb das Schwert neben ihr in Reichweite, an den Nachttisch lehnte und schließt die Augen, während sie sich auf den Rücken dreht.

 

Sie glaubt nicht mehr an das große Bild, daran dass die Vision sie zu ihrem neuen Katana geschickt hat, sondern nur an die Erleichterung der Geisel, die vor einem grausamen Schicksal gerettet wurde. Die Laken sind nicht so weich wie daheim, riechen aber sauber, wenn man Chlorbleiche Frühlingsfrische vorzog. Die Unterwäsche erscheint nicht gesittet genug und sie muss einkaufen. Heute noch. Bevor sie weiterfahren. Es jetzt nicht so wichtig ist, sie ist zu erschöpft für Züchtigkeit, wenn die Klimaanlage in ihrem Zimmer ausgefallen ist und ihr so verdammt heiß ist.

 

Die gestärkte Leine schmiegt sich langsam an ihren nackten Körper.

 

Dass sie das erste Mal länger als zehn Minuten für sich ist und sie sich in einer langen Zeit, das erste Mal wirklich sauber fühlt, trotz des Schweißfilms auf ihrer Haut und dann hört sie dem Rauschen des Wassers zu. Sie fast glücklich ist. Sie fast eingeschlafen ist.

 

Bis sie sich an Cor, relatives Glück und Küsse in schwarzen Autos erinnert.

 

Sie weiter fällt.


You and me -
We’re in this together now.

 

Cordelia winkt Fred zu, die mit Connor auf dem Arm am Tor des Hyperion steht und es sich nicht hat nehmen lassen, ihrer Abfahrt zuzusehen. Die Schauspielstunden haben sich ausgezahlt, das Lächeln ist in ihr Gesicht gepflastert und vielleicht ist es auch nur die Furcht, die sich manifestiert. Aber sie kann nicht aufhören zu lächeln, selbst als einige Blocks zwischen ihr und der unmittelbaren Gefahr für Fred und Connor liegen.

 

Der Dämon, der sich auf dem Fahrersitz ausbreitet, ist ihr fremd.

 

Sie versteht nicht, warum er ihr einen Deal vorgeschlagen hat, wenn er seinen Weg in die Freiheit einfach erzwingen konnte. Es nicht einmal musste. Mit ihr und Fred im Hotel hatte er keine ebenbürtigen Gegner. Sein Sohn ist sicher und sie so unglaublich dankbar dafür, dass sie sich auf jede seiner Bedingungen eingelassen hätte. Und sie versteht nichts von dem, was sich hier abspielt und sie stellt keine Fragen, solange der Abstand zwischen ihnen und ihrer Familie nicht groß genug ist. Solange die Distanz weiter wächst. Solange er es sich noch anders überlegen kann. Solange er noch umdrehen kann. Und alles zerstören, das ihr wichtig ist.

 

„Du kannst aufhören zu lächeln, Cor, ich glaube, Fred wird nicht mehr misstrauisch“, er klingt belustigt.

 

Und sie versucht seinem Befehl nachzukommen, aber ihr Gesicht scheint in das Lächeln eingefroren zu sein, seit dem Moment, in dem er fragte, ob sie bereit wäre mit ihm zu gehen ohne Widerstand, wenn er dafür den Rest verschont. Als er seine Bedingungen unterbreitet hat. Sie weiß, dass es nicht ihr echtes Lächeln ist, aber es kommt sehr nahe an ihr glückliches Lächeln heran, weil er ihr bereit ist mehr zu geben, als sie erwartet hat und das neu ist.

 

Der Deal so überraschend einfach war, so gnädig und sie einsehen musste, dass sie Angelus gegenüber etwas anderes als Hass empfinden konnte. Dankbarkeit. Kein Stockholm-Syndrom oder das Vergessen, dass er ihr Vergewaltiger ist. Aber pure Erleichterung über das Geschenk, das er bereit ist, ihr zu geben. Er will ihr Entgegenkommen und ihre Bereitwilligkeit im Austausch für das Leben ihrer Freunde. Kein hoher Preis, nicht auf der großen Skala. Sie ist nicht diejenige, die ihm sagen muss, dass ihre Familie herausfinden wird, dass er frei ist. Dass es sich nur um eine Spanne von Tagen handelt, bis er wieder in den Käfig seiner Seele befördert wird. Aber das scheint nicht seine Priorität zu sein, die möglichen Gefahren für seinen seelenlosen Status auszuschalten, genauso wenig wie er versucht eine Allianz mit Wolfram & Hart einzugehen. Oder Sunnydale niederzubrennen und Cordelia ist verwirrt.

 

Sie dachte, dass sie ihn und seine Verhaltensmuster kennt.

 

Er ist still, hat noch nicht viel gesagt, vor dem Deal und danach und sie sitzt steif auf dem Beifahrersitz, unsicher, was er genau mit Willigkeit meint und wie viele Opfer sie mit ihrem Körper verhindern kann. Objektiv betrachtet einem schönen Körper, jung, athletisch, mit vollen Brüsten und Kurven. Weiblich durch und durch. Widerstandsfähig. Stark. Kalkuliert, wie viel er wert sein kann und wie viel sie durch ihre mangelnde Erfahrung wieder verliert. Was sie gewinnen kann, wenn sie nicht denkt und nicht fühlt. Ihren Widerwillen wegschließt, ihre Abneigung unterdrückt und die Reue vergisst.

 

Ihren Stolz schluckt und sich auf den Fakt besinnt, dass sie unter Umständen zu einer Hure geworden wäre, wenn sie Angel nicht auf dieser schicksalhaften Party wiedergetroffen hätten. Nicht zu einer Straßennutte, aber Partysnacks nicht wirklich satt machten und die Verzweiflung damals an ihrem Vorsatz nagte, nicht für die Casting-Agenten die Beine breit zu machen. Wenn sie sich darauf hinweist, dass sie keinen Bürojob bekam, weil sie zu hübsch und zu jung war und als Kellnerin zu ungeschickt. Wenn sie sich daran erinnert, dass Angel und Doyle ihr einen Platz gaben und Respekt. Dass Angel ihr eine Familie geschaffen hat und ein Heim. Dass nicht nur sie ihn, sondern er auch sie vor der Einsamkeit gerettet hatte.

 

Seine Hand auf ihrer Schulter kommt überraschend, aber sie zuckt nicht zusammen, versteift sich kurz, bis er sie an seinen Körper zieht. Sie fühlt die geschmeidigen Muskeln unter seinem Seidenhemd und vermisst den Ledermantel, der ihn unnahbar erscheinen ließ. Vermisst Angel. Den Angel, der die schwarze Lederhose öfters angehabt hatte und sie es lustig fand, ihn mit Angelus aufzuziehen, weil es sexy war und heiß. Er ihre Gedanken in gefährliche Bahnen lenkte und sie stichelte, bis er sie nicht mehr anzog. Sie froh darüber war, so wie sie über den Fakt froh ist, dass ihr Kühlschrank keine Sahnetorte enthält, weil es für ihre Figur Gefahr bedeutet und Halbfettjogurt ebenso den Hunger mitten in der Nacht stillt und man sich vorstellen kann, dass es Torte ist, wenn man nur tief genug im Land der Verweigerung lebt.

 

Es nicht lustig fand, als Angelus sie mit ihrem Heißhunger aufgezogen hat, während er das Leder über seine schmalen Hüften schob.

 

Weil Angel ihre Erregung riechen konnte und sie sich fragt, was er sonst noch an Gefühlen wahrnehmen konnte, die sich ungebeten einstellten. Unsicherheiten, Eifersucht und Verlangen. Wundert sich, ob sie sich vormachen kann, dass er Angel ist, wenn sie die Augen schließt und weiß, dass es Verrat ist und diese Taktik schon einmal fehlschlug. Aber es ist der einzige Weg, der sie willig machen kann. Fühlt seine Nase in ihrem Haar, seine Lippen auf ihrer Schläfe und die Cops neben ihnen an der Ampel lächeln ihnen breit zu und sie fragt sich, ob sie wie Frischverliebte aussehen, dass sogar die gestählte Polizei von LA ohne Verdacht ist und sie denkt, das ist nicht mein Freund, das ist mein Vergewaltiger und das falsche Lächeln verschwindet von ihrem Gesicht, nachdem es Grün ist und sie weiter Richtung Santa Ana fahren. Es würde nur deren sicheren Tod bedeuten und die Cops haben es schwer genug in LA, ohne ihre Hilferufe.

 

Rutscht ein wenig herum, bis sie eine bequeme Position an seiner Seite findet.

 

Kann ihren Blick nicht von seiner blassen Hand auf dem Steuer lösen und wundert sich, wie viel Blut an ihr klebt. Grinst sarkastisch als ihr einfällt, dass ihr Blut nur das eines weiteren Dämons ist, auch wenn es rot ist und ihn satt macht. Seine Finger ihre Hüfte gefunden haben und sie tatsächlich halb auf ihm liegt, die Stille seiner Brust in anderen Umständen faszinierend sein könnte und nicht beängstigend.

 

Die Mädchen neben ihnen im Jeep eindeutig zuviel getrunken haben und selbst die Fahrerin angeheitert wirkt oder vielleicht einfach jung und unbeschwert. Sie versuchen seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und sie spürt wie er den Kopf dreht. Kann ohne aufzublicken sein erotisches Lächeln an der begeisterten Reaktion der vier ausmachen. Cordelia überlegt, dass sie wahrscheinlich älter sind. Auf jeden Fall erfahrener als sie, wenn auch nicht weiser.

 

Weil das Raubtier in ihm leichte Beute wittert und sie ihm zustimmt.

 

Sein Mal an ihrem Hals pulsiert, sie beißt sich auf die Lippen und lässt ihre Hand zwischen seine Beine gleiten, hört ihn scharf einatmen, lenkt seine Aufmerksamkeit zurück auf sich und darauf, dass sie sein primäres Ziel ist. Hört die Buh-Rufe der Frauen, als sie sich dreht und ihre Lippen über seinen Hals gleiten lässt. Das spielerische Auspfeifen, als sie saugt und knabbert, spürt wie er mit den Schultern zuckt und lacht, während sie seine Hose aufknöpft und beginnt ihre Finger um seine Härte zu legen. Weil es vier Uhr morgens ist und die Straßen fast leergefegt sind. Das Blut sich auf dem schwarzen regennassen Asphalt verlaufen würde, die Reflexionen der orangenen Straßenlaternen, blauen Werbungen und roten Ampeln ihr unrealistisch in ihrer Kompaktheit vorkommen.

 

Sie sich fühlt wie in einer ihrer Visionen und alle Eindrücke zu klar, zu intensiv sind und trotzdem verwischt. Der Horror nur ein Bild weiter auf sie wartet. Weil sie weiß, dass er die Vier innerhalb von einer Minute umbringen könnte, ohne in Schweiß auszubrechen und sie die Feuchtigkeit auf ihrer Stirn spürt. Die Tropfen, die sich zwischen ihren Brüsten bilden und sich vorkommt, wie in einer Sauna, die Luft zu dick zum Atmen ist und zu diesig um klar zu sehen. Ihr Körper sich in Alarmbereitschaft befindet, die Warnung in der stickigen Luft schwirrt und es für ihn nicht wichtig ist, dass die Verkehrsüberwachung den Vorfall auf Video aufnimmt und Angel somit nie wieder zurück in sein altes Leben könnte. Weil die polizeilichen Nachforschungen es ihm unmöglich machen. Weil Angelus die Vier an einen wirklich einsamen Ort locken könnte und sich seine Zeit lassen.

 

Die Ampel auf Grün springt und sie sich fragt, wie viele Ampeln noch zwischen ihr und dem Ende dieser Fahrt liegen.

 

Das Lachen ist aus seinem Timbre verschwunden und hat einer dunklen Ermahnung Platz gemacht. „Das ist unerwartet, Cor, Angel wäre unzufrieden, wenn er wüsste, wie schnell du zu den billigen Waffen greifst. Immerhin hat er sich das Szenario wie du seinen Schwanz anfasst unzählige Male vorgestellt. Ist wachgelegen nach dem Training und hat sich gewundert, ob du wirklich nicht unseren Harten gegen deinen Arsch gespürt hast und nächtelang Phantasien gepflegt, die ihn in den Wahnsinn getrieben haben und die er am Ende mir zuschob, weil gute Jungs ihre Seherin nicht auf der Trainingmatte nageln. Selbst wenn sie darum mit allem außer Worte bettelt. Was eigentlich unfair von Soulboy ist, aber wenigstens mussten wir uns nicht mehr über das Objekt unserer Vorstellung streiten, du hast ihm die Augen geöffnet.“

 

Sie lässt die Worte einwirken, die Gänsehaut ist schmerzhaft, sie weiß, dass sie nicht von der Temperatur kommt. Es ist eine feuchtwarme Mainacht, die Sturmwolken sind Richtung Pazifik abgezogen und sie könnte Sterne sehen, wenn sie nicht in LA mit seinem ständigen Smog wären. Wenn sie nicht die Augen geschlossen hätte, sie fängt an seine Erektion schneller mit ihrer Faust zu pumpen, in der Hoffnung, dass es seine Worte verlangsamt.

 

„Weißt du, dass du uns selbst in Sunnydale aufgefallen bist? Nicht nur in deiner feuchten Phase, die in ihrer Offensichtlichkeit tragisch-komischen Annäherungsversuche? Sondern auch später? Er ist immer davon ausgegangen, dass du mehr Selbstrespekt und Leidenschaft hast. Es besser machst, besser schluckst, besser bumst, aber dass Xander dich mit Willow betrogen hat, war ein ziemlich eindeutiges Zeugnis deiner sexuellen Fähigkeiten. Es reicht eben nicht perfekt auszusehen, man kann nur eine gewisse Zeit mit Aussehen blenden. Irgendwann kommt es auf Taten an und dein eisiger Charme war wohl zu wenig für Xander, um sein Interesse bei dir zu halten. Obwohl ich mir damals schon sicher war, dass du nur einen harten Fick brauchst, um auf den Geschmack zu kommen. Du hast dieses Feuer in dir und diesen Hurenmund.“

 

Benetzt ihre Lippen und senkt den Kopf, will, dass er endlich aufhört zu reden.

 

Hat Erfolg damit.

 

Die Instruktionen, die er ihr gibt, sind einfach zu folgen, kümmert sich nicht wirklich darum, dass sie ihm im fahrenden Auto auf dem Pacific Coast Highway einen bläst mit offenem Verdeck. Bittet nur darum, dass er den Plymouth auf einem unbelebten Parkstreifen in der Huntington Beach parkt, bevor sie auf ihn klettert und ihn hart reitet. Weil es seine Befehle sind und sie nicht denken muss, sondern nur den Kommandos folgen. Weil Fred immer noch alleine im Hyperion mit Connor ist und der Sonnenaufgang auf sich warten lässt, obwohl es die längste Nacht ihres Lebens ist.

Hört ihn sagen, dass sie besser als eine Professionelle ist. Besser als Darla. Und soviel besser als Buffy, weil die Jägerin unschuldig war und sie nie Unschuld besessen hat.

 

Fragt sie, wie vielen Spieler des Footballteams sie in ihrer Aufgabe als Head-Cheerleader einen geblasen hat und lacht ungläubig, als sie schließlich mit zwei antwortet, weil seine Hände um ihre schmale Taille ihr die Luft abschnüren, effektiver als ein Korsett.

 

Sagt ihm nicht, dass einer bei einem Autounfall gestorben ist und später ihren Kopf wollte, in der Zeit als sie sich so schamlos an ihn herangeschmissen hat und Angel sie ohne Widerworte heimbegleitete, weil er auf Buffy und Xander ebenso eifersüchtig war, wie sie blind. Sagt ihm nicht, dass er den zweiten umgebracht hat und sie nicht wusste, wie sie fühlen soll, weil Xander ihr neuer Freund und Marc sich zwar als ein Arschloch entpuppte, sie trotzdem in ihr Kissen weinte in der Nacht, als seine Leiche außerhalb des Bronze gefunden wurde, mit einer Botschaft für den Slayer.

 

Fragt sie, wie vielen Männern sie einen geblasen hat und sie antwortet vier und sie rechnet ihn stumm mitein. Fragt sie, mit wie vielen Männern sie geschlafen hat und sie antwortet mit drei und sie rechnet ihn stumm mitein. Fragt sie, wie oft sie dabei gekommen ist und sie küsst ihn, weil sie seine Reaktion auf Nie nicht erleben will und er zu dieser Zeit noch leicht abzulenken ist.

 

Stellt fest, dass es härter ist, ihn zu küssen, als ihm einen zu blasen oder sich auf ihm zu bewegen und Angel nicht in ihrem Kopf erscheint, obwohl sie die Augen geschlossen hat und an nichts denkt. Seine Zunge ihre Mundhöhle ebenso unbarmherzig erobert, wie er den Rest ihres Körpers für sich beansprucht und sie Mühe hat seiner Führung zu folgen. In ihrem Körper noch Platz für sich zu finden. Sich nach Atem ringend von ihm löst und sie seine Mimik mit fast klinischer Unberührtheit beobachtet oder der Unbeteiligkeit einer Hure. Wie er zwischen menschlicher Fassade und seinem wahren Gesicht hin und herschwankt. Versucht die Kontrolle zu wahren.

 

Sie lernt in diesem Moment instinktiv ihre erste nützliche Lektion von Angelus.

 

Es ist schneller vorbei, wenn er die Kontrolle verliert.

 

Bietet ihm ihre Kehle an und lächelt beinahe über seinen verblüfften Gesichtsausdruck.

 

Ist dankbar als der Blutverlust sie in die Bewusstlosigkeit schickt, nachdem er gekommen ist und seine Finger sich so tief in ihren Hintern gepresst haben, dass die blauen Flecken am nächsten Tag deutlich auszumachen sind. Zehn perfekte schwarze Abdrücke, die Daumen auf ihrem Hüftknochen, die acht Finger auf ihren Pobacken. Es nicht die ersten Spuren auf ihrer Haut sind und die Seile um ihre Handgelenke nicht breit genug, um die violetten Verfärbungen ganz abzudecken. Oder die blauen Flecken auf ihren Oberarmen.

 

Cordelia erst wieder bei den MacKinseys in der gedämpften Nachmittagssonne aufwacht.

 

Lässt ihn schlafen.

 

Wartet leise auf sein Erwachen. 

 

Fragt ihn später nicht, wie er die Zwischenzeit überbrückt hat. Weshalb verkrustetes Blut seinen Penis rot färbt, wenn sie seit seinen ersten Attacken nicht mehr geblutet hat. Der Zwischenfall im Auto zwar unangenehm war, aber ihr Körper endlich mit natürlichen Reaktionen dienen konnte oder dämonischen, um es erträglich zu machen.

 

Fragt nicht, warum sie gefesselt und nackt ist. Weiß, dass er mit Absicht nicht geduscht hat, auf ihre Fragen wartet, sieht es in den eisigen Tiefen seiner schwarzen Augen. Aber er spielt mit ihr, lässt ihr ihre Vorstellungskraft und die Szenarien, die sie sich in ihrem Verstand ausbreiten und der Horror in ihrem Gesicht ist genug Bestätigung für ihn.

 

Lächelt sein kaltes Lächeln und die Gänsehaut ist zurück.

 

Liest später in den Zeitungen aus diesen Tagen von einer mysteriösen Reihe grausamer Morde in Laguna Beach, legt Wesley stumm die aufgeschlagene Zeitung hin und geht duschen.

 

Fragt sich, ob die Mädels noch Spaß hatten in dieser Nacht und ob sie sicher heimgekommen sind.

 

Weiß, dass sie es nicht ist.

 

Cordelia starrt an die Decke als sie Spike das Wasser abdrehen hört, drängt die Bilder zurück. Sie weiß heute, dass es Susans Blut war oder Thomas’, weil sie den Artikel über das Familienmassaker der MacKindseys in der Zeitung gelesen hat. Die verharmlosenden Phrasen vom sexuellen Missbrauch der Kinder und der Folter der Eltern. Dem schnellen Tod der Bediensteten. Die Frage, was für ein Unmensch so etwas tun kann. Dazu fähig ist.

 

Versteht nicht, weshalb sie Wesley diesen Zeitungsartikel nicht ebenfalls hingelegt hat, sondern das Geheimnis wahrt. Weshalb sie denkt, dass es Angels Aufgabe ist, dieses Verbrechen zu gestehen oder totzuschweigen.

 

Wischt sich den Schweiß vom Gesicht, zupft an dem Laken, das an ihrem Körper klebt, wie eine zweite Haut. Hört Spike aus dem Badezimmer kommen und blickt ihn an, weil sie ihm versprochen hat, nicht mehr aus seiner Gegenwart auszuzoomen und er trotzdem in seinem Schritt verharrt, als er den kleinen Raum betritt. Sie weiß, dass er Scham, Angst und Erregung riecht, weil sie irgendwann in den vier Nächten und drei Tagen gelernt hat, Schmerz mit Lust gleichzusetzen und jeder Psychologe ihr irgendetwas von primitivem Überlebensinstinkt erzählen könnte. Oder archaischen Selbstschutz und sie trotzdem versuchen würde, ihm die Zähne auszuschlagen, weil er keine Ahnung davon hat, was es heißt ausgeliefert zu sein und hilflos.

 

Spike es weiß und es dadurch okay wird.

 

Weil er nicht über ihre Gefühle reden will oder Babysitter spielen oder Bodyguard.

 

Er die Luft einatmet wie das Raubtier, das er ist und sie lächelt, weil er ihr keine Angst machen kann. Weil sie sich nur vor sich selbst und engelsgleichen Gesichtern fürchtet, vor Dingen, die einmal sicher waren, bevor sie von ihr zerstört wurden.

 

Sein wahres Gesicht an die Oberfläche kommt, während sich die Muskeln seines Brustkorbes mit jedem seiner tiefen Atemzügen an und wieder entspannen. Sie fasziniert von den Gezeiten ist, die in ihm wüten und unberührt von dem Sturm in seinem Innern ist.

 

Nur auf das Ergebnis wartet, während er um Kontrolle kämpft. Gegen seine Natur.

 

Denn er weiß, sie würde sich nicht wehren, nicht die zimperliche Jungfrau spielen, die sie nicht ist und sie weiß, es wäre pervers einen Schmerz mit einem anderen zu kurieren. Zumindest für die meisten Menschen. Für ihre Familie und Angel sowieso. Aber es ist ihr im Moment egal. Sie fühlt sich schwach und nicht in der Lage, sich darum zu sorgen, was andere von ihr denken, die zu weit weg sind, um das Geschehen hier zu beeinflussen.

 

Weil Spike nichts von seiner rasiermesserscharfen Verführung verloren hat und sie jetzt vielleicht breit wäre, sich ihm hinzugeben, nur um herauszufinden, ob sie noch bluten kann. Ob er noch töten kann, wenn sie ihn willkommen heißt, darum bittet oder auch wenn sie sich wehrt. Und das ist traurig. So wie die Härte, die sich unter seinem Jeansstoff abzeichnet, aber sie kann es ihm nicht verübeln, er ist ein Vampir und sie weiß heute, was das bedeutet.

 

Sieht die tiefen Wunden, welche die Dämonen auf seine Brust geritzt haben und die großflächigen Verätzungen, weiß, dass sie brennen wie Säure, hat es in ihrer Vision gefühlt und er seit gestern nichts mehr gegessen hat. Den Rest der Blutkonserven heruntergeschluckt hat, bevor sie schlecht wurden. Er noch voll Adrenalin und Gewalt und Blutdurst ist. Sie ihm Erleichterung für zwei seiner Bedürfnisse geben könnte, unter Umständen allen drei.

 

Bewundert seine Kontrolle, als er den Dämon endgültig herunterkämpft.

 

Klopft schweigend auf seine Seite des Bettes und dreht sich von ihm weg. Ihr Blick bleibt auf dem überflüssigen Katana hängen. Sie benötigt keinen todbringenden Stahl. Es reichen ihr heute Schatten, um sich zu verlieren. Weiß, dass Spike ihr nicht entkommen kann, weil die Sonne sich im Osten abzeichnet und den Raum in Altrosa und Schatten taucht. Direkt auf die Eingangstür scheint und er hier in diesem Motelzimmer zusammen mit ihr und seinem Hunger feststeckt.

 

Und Cordelia ist fast eingeschlafen, als er sich endlich hinlegt.

 

Sie ihm dankbar ist, weil sie sich nicht selbst schützen kann.

 

Nicht vor ihm und erst Recht nicht vor sich selbst.

 

None of them can stop us now -
We will make it through somehow.

Spike entscheidet, dass sie einen Tag länger bleiben und sie nickt.

 

Es ist später Nachmittag und ein Bett ist besser als die Rückbank des DeSotos und sie haben Einkäufe zu erledigen, die Stadt ist typisch für Texas oder zumindest ist sie das, was Cordelia von einer Kleinstadt in Texas erwartet hat. Staub, mehr Staub, Cowboyhüte, Countrymusic und Xenonphobie und ja, sie weiß im Gegensatz zu Gunn, was das Wort bedeutet. Was wiederum den Einkauf von Blut zu einer Herausforderung ihres Charmes macht.

 

Der Metzger hat tatsächlich den Nerv sich zu erkundigen für was sie Schweineblut benötigt und sie kaut auf ihrer Unterlippe, vermisst die Anonymität von LA und die Ignoranz von Sunnydale. Kommt schließlich mit Blutsuppe und einem ausgefallenen Rezept ihrer Großmutter, was ihn zwar nicht weniger misstrauisch macht, aber ihn in Bewegung setzt. Sein Kommentar, dass sie Glück hatte, dass er heute geschlachtet hat, belohnt sie mit einem Plastiklächeln und die fünfzehn Dollar, die er für die vier Liter verlangt, sind wirklich überzogen, aber sie bezahlt und widersteht dem Bedürfnis, ihm einen Liter über den Schädel zu verteilen. Schließlich ist er nicht Carrie und Spike benötigt soviel von dem roten Stoff, wie er kriegen kann.

 

Die Papiertüten schwer in ihren Armen liegen und der Stop in der Apotheke fühlt sich ebenfalls vertraut an. Sie kauft Desinfektionsmittel und die Megapackung Verbandszeug, zusätzlich einen Erste-Hilfe-Kasten der Luxusklasse, weil sie wieder Vertrauen in die Mächte hat. Lädt ihre Einkäufe im Motel ab, füllt ein Glas und gibt es ihm, stellt einen Behälter auf den Nachttisch in seine Reichweite und versorgt Spikes Wunden, weil sich die Ränder entzündet haben, während der den Kanister nach und nach leert. Es gut ist, beschäftigt zu sein und Krankenschwester ihre dritte Berufung nach Seherin und Sekretärin ist. Außerdem hat sie keine Lust, Kleider einzukaufen, was ihr wieder ins Bewusstsein ruft, wie kaputt sie tatsächlich ist.

 

Spike derjenige ist, der von sich anbietet Kleider zu besorgen und sie setzt sich auf ihre Ferse zurück und starrt ihn überrascht an. Sie muss wirklich lernen, leiser in seiner Gegenwart zu denken.

 

Ihre Optionen gegeneinander abwägend, entschließt sie sich dazu, dass er im Augenblick einen besseren Geschmack hat und sie nicht wirklich fähig ist, hässliche Klamotten einzukaufen. Es gegen ihr Weltbild läuft und so gibt sie ihm fünfhundert Dollar und er verschwindet, nachdem er den zweiten Kanister geleert hat mit der Decke über dem Kopf und sie geht duschen. Wenn sie in eines Vertrauen hat, dann in Wallmarkt und dessen Fähigkeit jedes noch so kleine Nest mit einem überdimensionierten Einkaufszentrum zuzubomben.

 

Spike es ohne Probleme finden wird, schließlich lebt er lange genug in Amerika.

 

Sie sich beginnt etwas Sorgen zu machen, als die Sonne untergeht. Sie leicht panisch ist, als Mitternacht vorbei ist, offiziell besorgt und in Schreimodus eine Stunde später. Das Zimmer eine weitere Stunde später nicht mehr groß genug für die Runden ist, die sie dreht und sie bereit ihm die Gurgel rauszureißen, wenn er wieder hier auftauchen sollte.

 

Als er gegen drei Uhr morgens mit einem breiten Grinsen und mit Tüten beladen durch die Tür stolpert, ist sie über diese Phase ebenfalls hinaus. Denn sie hat nicht mehr mit seiner Rückkehr gerechnet, sondern damit, dass er sie Irgendwo im Mittleren Westen ihrem Schicksal überlassen hat. Die fünfhundert Dollar in bar und ein wertvolles Schwert als Bezahlung für vier Tage Psychostress angenommen hat.

 

Cordelia sich zu einem Ball auf dem Bett zusammengekauert hat und über die Phase des Kümmerns ebenfalls hinaus ist. Seine Zufriedenheit und kindliche Überschwang sie aus ihrer Erstarrung weckt und die Tüten, die auf sie nieder regnen.

 

„Ich hatte vergessen, wie viel Spaß einkaufen für eine Frau macht, Cheerleader!“

 

„Huh?“ Seine volle Aufmerksamkeit ist auf den Päckchen und dabei deren Inhalt über das Bett zu verteilen und sie setzt sich auf, kreuzt die Beine unter sich. Unterwäsche, Shirts, Hosen, Schuhe. Das meiste in Schwarz. Eigentlich alles in Schwarz. Die Kosmetikartikel bilden Farbkleckse während das Weiß der Laken von seinen schwarzen Eroberungen geschluckt wird. „Ist dir klar, dass du beinahe zehn Stunden unterwegs warst, Spike?“

 

„Ja und? Du glaubst nicht, wie weit ich fahren musste, um ein Einkaufszentrum mit Tiefgarage hier zu finden und dann die passenden Geschäfte und die Verkäuferinnen, die mich nicht weglassen wollten und Rabatte erfunden haben, die in der Tat lächerlich sind. Ich konnte nicht wirklich deren Hälse umdrehen, so wie früher. Und das Bezahlen dauerte seine Zeit und schließlich hast du mir genügend Geld mitgegeben, um einige Läden abzuklappern. Und die Rückfahrt - “ Spike verstummt plötzlich.

 

Sein Blick ist auf ihr. „Du hast gedacht, ich lasse dich hier sitzen?“

 

Ihr Gesichtsausdruck gibt ihm die Antwort, er sieht zwischen angepisst und enttäuscht aus, als er sich auf die Matratze setzt und Cordelia hat ein schlechtes Gewissen. Aber was hätte sie sonst denken sollen? Ehrlich? Dass Spike einkaufen für eine Frau Spaß macht? Nu-hu. Eher dass er in eine Herde Dhumari-Dämonen gerannt ist und davon in Stücke zerrissen wurde. Oder sein DeSoto endgültig den Geist aufgegeben hat.

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass er einfach ohne Verabschiedung abhaut, war höher auf ihrer Liste. Sie zuckt mit den Schultern und kommt sich dumm vor. „Ich kenne keinen Mann, dem Einkaufen über Stunden Spaß macht. Außer Lorne und das ist die Diva in ihm. Aber keinen männlichen Mann.“ Und sie gibt dem ‚männlichen Mann’ Anführungsstriche mit den Händen und Spike grinst beinahe wieder.

 

„Du kennst mich nicht.“ Es klingt nach einer Erklärung für sich selbst und sie stimmt ihm zu. Es ist wahr, sie kennt Spike nicht und sie versteht ihn nicht. Der Gedanke, der von der Vision unterbrochen wurde, ist zurück, dass sie nicht weiß, weshalb er sich ihre Gesellschaft antut. Das hier antut.

 

Was seine Motive für den Roadtrip sind. Es ist einfach, direkt zu sein, „Warum bist du hier?“

 

„Mmh, das ist eine Antwort, die einen gewaltigen Alkoholspiegel erfordert, um ehrlich zu sein.“

 

Seine Hände gleiten durch das Meer von Schwarz und er entscheidet sich schließlich für etwas das wie die Victoria Secrets Version eines unschuldigen Nachthemdes aussieht und ihre Augen weiten sich. Aber sein Blick ist auf die schwarze Seide gerichtet, die er um seine Hand wickelt und einen unnatürlichen Kontrast zu seiner blassen Haut bildet und das ist komisch, weil er nur Schwarz trägt und sie kommt darauf, dass es am Glanz der Seide liegt und daran, dass er keine Seide trägt, nicht solange sie ihn kennt und sie auch nicht glaubt, dass er jemals Seide getragen hat und dann an den Dämon denkt, der Seide bevorzugt und die andere Kreation, die er geschaffen hat.

 

„Drusilla?“

 

Zum Teil. Zum Teil Buffy. Zum Teil ich. Der Rest ist in den meist negativen Gefühlen für Angelus verwurzelt und darin, dass ich nicht will, dass er ein weiteres Leben ungestraft nimmt und zertrampelt.“

 

„Was wenn es dafür zu spät ist?“

 

Er schüttelt den Kopf und blickt hoch, „Du unterschätzt dich, Cordelia. Du bist nach Sunnydale gekommen auf der Suche nach einer Waffe und nein, ich sage nicht, dass du nicht bereit warst, sie gegen dich selber zu führen. Aber du warst auf der Suche nach etwas, vor dem die meisten Kreaturen zurückschrecken - Wahrheit. Und das sagt etwas darüber aus, dass er dich nicht gebrochen hat, weil ich heute noch vor manchen Erinnerungen davonlaufe. Ich weiß zu was er fähig ist und wie tief er unter die Haut gehen kann. Ich weiß es, weil ich die dunkle Seite verstehe und du keine Ahnung davon hast, trotz allem was du meinst zu wissen. Du denkst, es war dein Versagen, dass du in seinen Armen gekommen bist? Du bist ein Kind, nichts weiter, das glaubt zu wissen, wie Gut und Böse aussehen und er ein manipulierender Bastard. Das ist die Wahrheit, nichts weiter. Es ist so einfach, wirklich, nur dauert es seine Zeit, bis man es versteht.“

 

Sie will etwas erwidern, einen intelligenten Konter, der seine Aussage Lügen straft, aber die Worte entziehen sich ihr und bleiben schließlich an dem Geheimnis hängen, das sie ebenfalls nicht mit Wesley teilen konnte. „Woher weißt du, dass ich gekommen bin?“

 

„Weil das seine gefährlichste Waffe war, manipulierender Bastard der er ist. Die tödlichste.“

 

Es hört sich einfach aus Spikes Mund an, aber die Gefühle sind alles andere als simple. Der Selbsthass löst sich nicht in Luft auf, ebenso wenig wie der Selbstverrat und die Scham. Die Schuld ist da und sein allgegenwärtiger Schatten. Sie reibt über die Rose, die Konturen haben sich in ihre Erinnerung eingebrannt, spürt sie so deutlich durch die Jeans. Sein Blick senkt sich und die Neugierde darin stoppt die instinktive Bewegung, greift nach etwas um ihn abzulenken und hat weiches Leder in der Hand.

 

„Wo genau hast du eingekauft? In einem Fetischshop?“

 

Sie grinst und er lacht, lässt sich auf den Themenwechsel ein und lässt sich diesmal Zeit mit den einzelnen Teilen und seinen ausschweifenden Erklärungen dazu. Seine Begeisterung ist zu aufrichtig, um sie zu trüben und er öffnet den Whiskey und sie trinkt ihre Cola.

 

Am Ende muss sie ihm überraschend zugestehen, dass er Geschmack hat. Mit Schwarz kann man letztendlich wenig falsch machen, klassisch und fleckenlos. Aber die Schnitte sind mehr als schmeichelhaft und er einen Sinn fürs Praktische bewiesen hat. Er hat Stücke ausgewählt, die sie tatsächlich auf die Dämonenjagd anziehen kann und auf dem Roadtrip, sie deswegen nicht weniger gewagt sind. Nicht augenscheinlich, aber sogar ihr altes Selbst hätte gezögert diese Kleider zu kaufen, weil sie Gefahr signalisieren. Die Materialen sind exquisit, Leder, Seide, Satin, hochwertige Baumwolle und die Luxusfrau in ihr genießt, das Gefühl gegen ihre Haut.

 

Sie weiß, dass die Stücke teurer waren, wie die fünfhundert Dollar, die sie ihm überlassen hat und der Gedanke ist beunruhigend. Außer es ist natürlich Hehlerware und sie kann sich seltsamerweise mit diesem Bild eher anfreunden, wie mit dem eines Spike, in einem hellerleuchteten Einkaufszentrum, umschwärmt von Verkäuferinnen, der sein eigenes Geld für sie verwendet.

 

Sie will nicht in seiner Schuld stehen und tut es dennoch. In beiden Fällen.

 

„Nur eine weitere Waffe, Cheerleader.“

 

Und sie blickt langsam auf, weil sie dieser Waffe abschwören wollte und er es schwer für sie macht mit seinen sorgsam ausgewählten Stücken. Gräbt ihre Zähne in ihre Lippe und überlegt.

 

Spike bestimmt fortfährt, „Der Überraschungsmoment - kein Dämon wird glauben, dass du kämpfen kannst, wenn du aussiehst, als ob du mehr Zeit vor dem Spiegel verbracht hast als zu trainieren. Einer der Gründe, warum Buffy heute noch lebt. Sie wird gerne unterschätzt, immer wieder und es rettet sie.“ Er klingt zu logisch, es ist eine Taktik, der sie sich in der Vergangenheit zu gerne bedient hat und ihr Blick wandert zu dem schwarzen Katana.

 

Sie wusste, wie man überlebt, bevor sie wusste, wie man ein Schwert handhabt.

 

Aber sie hat vergessen, wie man sich schützt. Den Gegner auf Abstand hält.

 

Spikes Hand geht zu ihrem Hals, zieht den Rollkragen herunter und legt das Mal frei.

 

Ihr Blick ist zurück auf seinen Augen und sie sind blauer, wie Cordelia sie in Erinnerung hat. Als ob eine Flamme dahinter tanzen würde und der Blick ist hypnotisierend anders, unterscheidet sich total von allem, was sie bisher von ihm gesehen hat. Seine Stimme ist tiefgründig, „Kein Grund, das hier zu verstecken. Es ist nur eine weitere Waffe in deinem Kampf und eine von der du vergisst, dass sie sich in deinem Besitz befindet. Aber sie kann deinen Gegner verunsichern und manchmal reicht die kurze Verwirrung des Feindes, um einen Kampf zu gewinnen. Oder dessen Ignoranz. Ich weiß, dass du gefährlich bist, Cor, lass es andere auch sehen.“

 

Sie denkt, dass er sie überschätzt, aber es tut gut, wieder überschätzt zu werden, sie hat vergessen, wie sich das anfühlt. Lächelt ihm zu und nickt. Solange sie ihren eigenen Wert kennt, ist es okay, andere in dem Glauben zu lassen, sie sei etwas wert.

 

Ihr Ton ist bemüht leicht, „Heißt das, dass du mir eine verbale Warnung gibst, bevor du aus meinem Leben verschwindest, weil ich deinen toten Arsch kicken kann?“

 

Sein Ton ist äußerst intensiv, „Nein, das heißt, dass ich dir eine Warnung gebe, weil es nicht in meiner Natur liegt, stillschweigend abzuhauen, egal wie die Umstände sind.“

 

Cordelia glaubt ihm das jetzt.

 

Sie durchschaut ihn ein bisschen besser, aber ergründen, kann sie ihn nicht.


You and me -
If the world should break in two.

 

Die Visionen halten sie beschäftigt auf ihrem Weg nach Osten. Cordelia muss keine Umwege mehr fahren, um Zeit zu schinden und Spike genießt die Gewaltausbrüche und sie auch. Sie ziehen merkwürdige Kreise durch das Herz von Amerika, in der Spur, die ihnen die Mächte vorgeben. Es ist einfach am Leben zu sein, wenn man dafür kämpft und sie fallen in ein Muster und sie decken sich gegenseitig den Rücken und es tut gut, als gleichwertiger Partner anerkannt zu werden und nicht an die Seitenlinie verbahnt zu sein.

 

Sie hatten den gleichen Lehrmeister und tragen dieselbe Wut in sich, sind manchmal geradezu erschreckend synchron für die zahlenmäßig wenig bestrittenen Kämpfe. Sie vermisst Angel nicht und Spike anscheinend nicht den Slayer, trotz der gekämpften Jahre an deren Seiten.

 

Cordelia lernt ihren eigenen Dämon in diesen Schlachten besser kennen und sie mag sie. Sie ist schnell, hartnäckig, wendig, clever und hat keine Angst davor, schmutzige Tricks anzuwenden und liebt das neue Samuraischwert genug, um damit intensiv zu trainieren. Vielleicht ist es auch nur sie ohne tiefere Bindung.

 

Spike ist ein guter Mentor, selbst wenn er seine Fäuste bevorzugt, kann er ihr klare Anweisungen bei ihren Schattenkämpfen geben, während er auf der Motorhaube seines DeSotos sitzt und sie rauchend beobachtet. Die Drehungen und Pirouetten verfolgt und seine scharfen Kommandos werden seltener, je mehr sie sich um ihre Abwehr bemüht und tatsächlich das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive sucht und nicht mehr nur leichtsinnig ihren imaginären Gegner angreift. Ihre Wut und Hilflosigkeit in den Griff bekommt und durch konstruktive Manöver ersetzt, welche die blinde Gewalt in Tödlichkeit verwandeln. Ihre Instinkte für die Gefahr schärfen. Bei ihrem Training.

 

Denn sie ist frei in den Schlachten, ihre Zuversicht fast schon arrogant.

 

Aber Spike triumphiert und sie stimmt ein. Die Mächte ebenfalls, wenn sie nach dem Grad ihrer Beschäftigung geht und einige Aufträge erfordern Planung und so werden ihre Anrufe bei Wes regelmäßiger. Er ist nicht wirklich begeistert von ihrer Gesellschaft und sie ist nicht sicher, ob es an dem Fakt liegt, dass Spike ein seelenloser Vampir ist oder daran, dass er sie mit in die Schlachten ziehen lässt. Nicht dass er eine Wahl hat.

 

Weder sie noch die Mächte sind bereit für Diskussionen zu diesem Thema.

 

Aber Wesley hilft so gut er kann mit Informationen über die Distanz aus und scheint erleichtert zu sein, dass sie sich meldet und ihre ‚Therapie’ anschlägt. Obwohl sie weiß, wie wenig er ihre professionelle Hilfe als solche anerkennt. Als er sie das erste Mal über eine für Wesleys Verhältnisse bösartige Bemerkung zum Thema Spike am Telefon schallend lachen hört, mutmaßt sie, dass er im Anschluss weinend an seinem Schreibtisch sitzt. Das Ende ihrer Unterhaltung war zu abrupt von seiner Seite und er entschuldigte sich zu sehr beim nächsten Telefonat dafür. Sie kann es ihm nicht nachhalten, sie hat selber gedacht, dass sie nie wieder herzhaft lachen würde.

 

Das Geräusch sie das erste Mal ebenso erschreckt hat, als sie es von einem ihrer Motelzimmer dröhnen hörte und Spike sie so fasziniert ansah, dass sie für einen kurzen Moment peinlich berührt war. Bis sie sich auf den Grund ihres Lachens besann und er wieder den verdienten Spott abbekam, schließlich hatte er sich selbst freiwillig der Lächerlichkeit preisgegeben.

 

Die Phasen kürzer werden, in denen sie sein Rasiermessercharme einfängt und die Phasen länger, in denen sie seinem ganz eigenen Charme erliegt und sich von ihm zu Dingen überreden lässt, die nicht seine Sorge sein sollten. Wie ihre Maniküre oder Gesichtspflege oder ein Sonnebad am Pool, falls ihr Motel einen besitzen sollte. Er ihr sogar einen verdammten Liegestuhl besorgt hat für die Motels ohne Pool und ihr Kommentar, dass sie nicht auf Urlaub, sondern mit einem Auftrag unterwegs sind, hat er mit einem Schulterzucken abgetan.

 

„Du siehst aus wie eine Leiche und ob hier oder draußen schläfst ist einerlei. Kein Grund, der gegen einen Teint spricht, oder Luv? Außerdem brauche ich von Zeit zu Zeit meine Privatsphäre, egal wie angenehm deine Gesellschaft ist.“ Sie hat ihm die Zeitung über den Kopf geschlagen auf ihrem Weg nach draußen, sich ihrer Niederlage deutlich bewusst, aber es war schwer mit rationaler Logik zu argumentieren.

 

Gott, sie wusste jetzt, wie sich ihre Familie manchmal gefühlt hat und die Scoobies. 

 

Spike generell zuviel Ahnung von Frauen hat und seine hundertzwanzig Jahre mit Drusilla ihm den letzten Feinschliff bei deren Handhabung gegeben haben. Weil sie bei einige Dinge, die er ihr vorschlug im Nachhinein dachte, dass sie einen anderen Mann auf äußerst gewalttätige und schmerzhafte Weise umgebracht hätte, wenn er es nur gewagt hätte, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich die Beine rasieren könnte. Nichts dabei fand, mit Spike über die Vorteile von Heißwachs und Epilierer zu reden, das Gespräch irgendwann in Foltermethoden abdriftete und damit endete, dass sie das Zeug besorgte und eine Schicht Heißwachs auf seiner Achsel verteilte, weil der Vampir scheinbar anderswo keine Haare besaß, die er für das Experiment opfern wollte.

 

Das erste Lachen, weil er eine vollendete Stichwunde durch den Bauch mit einem Wimpernzucken wegstecken konnte, aber wie ein kleines Mädchen schrie, als sie ihm den Streifen abzog. Cordelia denkt, dass er die zweite Achsel nur über sich ergehen ließ, weil sie vor prustendem Gelächter schon Schwierigkeiten hatte, das Wachs zu verteilen. Sie vollkommen die Beherrschung verlor und fast vom Bett flog vor hilflosem Lachen, als er ihr danach ganz trocken einen Brazil Wax im Ausgleich vorschlug. Er natürlich seinen Schwanz einzog, als sie meinte, dass dann aber zuerst seine Schambehaarung dran wäre, weil Ladies First in dem Fall nicht gelten würde.

 

Cordelia bis heute nicht weiß, wie er die Kurve von Körperenthaarung zu Folter zu schallendem Gelächter, so problemlos geschafft hat, dass es zwischendurch nie unangenehm wurde, weil keines der Themen im Grunde lustig ist.

 

Oder jemand anders schlicht für schwul gehalten hätte, den wirklich, wie sollte sie Make-up Tipps von einem anderen männlichen Dämon außer Lorne einschätzen? Aber sie benutzt den Kajal und Lipgloss, den er ihr von einer Tankstelle besorgt hat, obwohl sie sich skeptisch fragt, seit wann die ArtDeco im Angebot haben.

 

Spike sein Image als männlicher Mann sogar ohne Kämpfe in ihren Augen halten kann, weil er zu geschickt in der Unterbreitung seiner Vorschläge ist oder die Artikel plötzlich da sind, zu schade zum wegschmeißen oder ungenutzt lassen. So wie sie sein Blut kommentarlos besorgt und sie wundert sich manchmal, ob er ihr nicht etwas ebenso Essentielles im Austausch dafür gibt. Seine Ratschläge sich wie attraktive Empfehlungen und reizvolle Einladungen anhören und nicht wie konstruktive Kritik an ihrem Äußeren.

 

Die Oberfläche langsam wieder wichtig wird, aufpoliert und dann wird ihr klar, dass sie wieder Konturen bekommt und Farben. Obwohl ihre Kleider schwarz sind, sie nicht wie eine trauernde Witwe wirkt. Cordelia sich fragt, wie verrückt Drusilla war, weil er so gut im sanften Beherrschen geworden ist, dass er sogar sie manipulieren kann. Die ehemalige Königin der Beeinflussungen in ihrem Sinne.

 

Sie sich wieder weiblich fühlt. Es seltsam ist.

 

Sie sich langsam wieder stark fühlt. Sie nicht weiß, was sie davon halten soll.

 

Ihre Gefühle entwirrend und einteilend in mentale Kisten einpackt, mit dem Hinweis ‚Vorsicht zerbrechlich’. Es keine Umzugskartons in ihrem Inneren sind und sie scheinbar doch noch genügend Stauraum für die Erlebnisse findet, um sie geordnet unterzubringen. In einer abgelegenen Abstellkammer in ihrem Kopf, die sie selten besucht. Sie sich damit arrangiert, dass diese gläsernen Gefühle ebenfalls zu ihr gehören und sich damit auseinandersetzt, was ihr wiederfahren ist. Sie weiß nicht, ob ihre Schutzmaßnahmen ausreichen, um die Landung unbeschadet zu überstehen, aber diese scheint zu weit weg, um sich darüber Gedanken zu machen.

 

Sie das Klirren vernehmen wird, weil sie begonnen hat, darauf zu lauschen.

 

Weil sie beginnt zu akzeptieren, was passiert ist.

 

Dass sie, Cordelia Chase, Vergewaltigungsopfer Vierhunderttausend geworden ist, denn es war Ende Mai und sie hat sich eine runde Nummer in dieser traurigen Statistik verdient, in die sie sich in diesen langen Mainächten stillschweigend eingereiht hat.

 

Dass sie nur eine weitere Zahl in einer Masse von gesichtslosen Frauen ist, die ein ähnliches Schicksal teilen. Zusammen mit den rund 876.000 Menschen pro Jahr in den Staaten. Sie innerlich auf den unabwendbaren Aufschlag wartet, der dieser Erkenntnis folgen muss.

 

Weil Opfer zu sein, schlimm genug war, ohne dass sie es näher definiert hat.

 

Das Klirren ausbleibt und die Wut nicht so konsumierend ist, wie sie vermutet hat.

 

Cordelia denkt, dass sie noch immer auf den Klick, die Eingebung oder den Zusammenbruch wartet sollte. Sie noch immer auf eine Art taub ist, nur nicht apathisch und passiv, die Hilferufe von ihr mit neuer Inbrunst beantwortet werden und sie sich zuweilen fragt, wenn sie eigentlich versucht zu retten. In letzter Konsequenz. Warum sie so aggressiv und gnadenlos vorgeht. Aber irgendwie erscheint ihr dieses graue Leben von LA soweit weg, wird angefüllt von den bunten Impressionen ihres Road Trips. Den roten Wüsten, grünen Weiden, dunklen Wäldern und gelben Steppen. Neuen Dämonenarten und neue Wege eben diese umzubringen, wenn es die Visionen vorschreiben oder sie auf unvorsichtige Vamps treffen.

 

Den wundervollen Unterschieden in den nächtlichen Landschaften, zwischen herber Schönheit und weicher Pracht unter Sternenhimmel so weit, wie das Auge sehen kann. Die Reise ihre Lebensgeister wieder weckt und sie auf der Straße nichts an ihre jüngste Vergangenheit mahnt. Dieses Nicht-Fühlen ihr so fremd wird und sie weiß nicht, ob sie sich versteckt hinter ihrer Mission, guten Absichten und frischen Eindrücken. Hinter ihrer pragmatischen Art nicht das Opfer zu spielen, sondern den Killer. Hinter Spike und seinem Sarkasmus und Witz. Der Kokon, den sie sich in ihrem heimischen Apartment mit Wes und Dennis gewoben hat, durch die Straße und ihr Katana ersetzt und erweitert worden ist.

 

Spikes Präsenz in ihrem Leben.

 

Er schwer zu ignorieren ist und so hat sie es aufgegeben. Denn er erwartet noch immer nicht viel von ihr, aber genug. Dass sie nicht nur funktionieren soll, sondern leben. Ein kleines Bisschen. Jeden Tag und jede Nacht ein Stück mehr. Und das ist schwer und zugleich leicht in einem, wenn sie sich vergisst. Aber sie weiß, dass sie sich erinnern sollte und es macht ihr Angst, diese Ungewissheit, ob sie augenblicklich verdrängt oder weiterlebt. Sich verschließt oder öffnet. Für Alles oder Nichts.

 

Weil sie sich früher stets sicher war, wann sie welche Taktik angewandt hat.

 

Die letzen drei Wochen ihr unwirklich vorkommen auf eine Art, weil sie wieder aufsteigt und dessen ungeachtet argwöhnisch wartet, dass die Idylle zerschmettert wird. Ihr Kopf sich mit Bildern füllt und sie ist gut im Selbsteinschüchtern und Zweifeln geworden. Sich nicht den Luxus des Gutfühlens erlauben will und Spike ihr nicht erlaubt ins Grübeln zu verfallen oder sich in ihre harte, undurchlässige Schale zurückzuziehen. Sich von ihm abzugrenzen. Er ihr immer wieder ein Lachen abringt und sie denkt, dass er zwischenzeitlich mit Absicht seine scharfe Zunge nicht mehr in Zaum hält, nur um das Geräusch zu hören.

 

Spike aufmerksamer ist, als sie ihm zugetraut hat.

 

Manchmal soviel sanften Druck ausübt, dass sie meint, dass ihre Depression einfach zerspringen wird und er ihr ein Grinsen gibt und sie das Vertrauen niederkämpft.

 

Sie Seherin ist und Dinge sieht, die sie nicht mit Spike teilt, wie Angelus’ Schatten neben ihrem oder dessen Hände auf ihrer Haut. Die Visionen von Angel in LA immer gut getimt sind. Sie entweder vor dem Schlafen heimsuchen oder bevor Spike aufwacht. Oder wenn sie für eine kurze Zeit alleine ist, bei ihrem Sonnenbaden oder den Zwischenstopps, wenn Spike Kaffee holt oder tankt. Bisweilen fragt sie sich, warum die Mächte so vorsichtig mit dieser neuen Waffe sind.

 

Sie zurückgeworfen wird und still ist.

 

Spike deshalb vorsichtiger mit dem Alleinlassen wird.

 

Er es wahrscheinlich auf ihre Launen schiebt und sie nicht genau weiß, weshalb sie diese Bilder nicht mit ihm teilt. Wahrscheinlich weil es keinen Unterschied macht, es nichts gibt, das man mit Stahl und Fängen bekämpfen kann. In Angels Hotelsuite. In seinem Kopf. Wie er die Bilder verarbeitet, die sein Verstand vor ihm ausbreitet. Wie er versucht sich schuldig für die Eroberung ihres Körpers zu fühlen und manchmal scheitert. Die Seele nicht repariert ist und der Dämon stärker als jemals zuvor. Weil Angelus klug genug war, die Seele zu schwächen und Angel von seiner Schuld und schlechtem Gewissen geradezu aufgefressen wird.

 

Es nicht mehr nur an ihm nagt, sondern ihm seine Substanz raubt und er versucht, sich sein Versprechen in Erinnerung zu rufen, dass er sich nicht umbringt und nicht aufgibt. Dass sie sich nicht auch noch darüber Gedanken machen kann, es trotzdem tut, weil seine Gefühle in ihr nachklingen und er es ihr zwar schuldig ist, stark zu sein. Dieses Versprechen jedoch nicht halten kann allein in der Dunkelheit seines Schlafzimmers. Er ihr effektiv die Farben entzieht, die sie zuvor gierig aufgezogen hat. Cordelia dennoch daran glaubt, dass sie beide das Geschehen hinter sich lassen werden, irgendwann, es gemeinsam überstehen werden und er dort ist und sie hier.

 

Die Distanz richtig ist. Weil er ihr Blut will, trotz Seele.

 

Nicht weit genug erscheint, weil die Mächte ihre Gabe so gegen sie verwenden.

 

Sie zwischenzeitlich andere Ausblicke, ebenso wie die Visionen von Angel fürchtet. Wie Spike als Staubwolke in einem ihrer Kämpfe und ihr das zeigt, dass sie sich öffnet. Dass der blonde Vampir das Vorhängeschloss an ihrem Herzen geknackt hat und sie in ihm mehr sieht, als einen Alliierten oder Veteran eines gemeinsamen Krieges.

 

Cordelia nicht daran gedacht hat, dass sie beide eine Naturmacht für sich sind und es reicht, wenn einer verbal zuschlägt, um die Balance zu kippen. Sie nicht dachte, dass sie es wäre und nicht weiß, wie es dazu kam. Was die Situation eskalieren ließ. Sie jetzt auf die geschlossene Tür starrt und sich fragt, ob er sein Versprechen hält und zurückkehrt, weil er kein Wort gesagt hat, als er aufstand und ging.

 

Die Grauzonen in ihrem Kopf sich weiter mischen und sie das Schwarz-Weiß ihrer Jugend vermisst. Die Frage, ob ein Vampir ohne Seele lieben kann, früher nicht relevant war. Er kein schlechtes Gewissen zeigt, wenn er einen seiner Art tötet und Nietzsches Gebot des Stärkeren sein verdammtes Unleben diktiert und sie nicht versteht, weshalb es ihn so aufbringt. Weil sie Obsession, Sex und Familienbindung nicht als Liebe anerkennt und was ist falsch daran?

 

Und er lässt sich Zeit mit seiner Rückkehr und sie nutzt die Zeit mit Nachdenken.

 

Über ihn und sein Leben und die Aspekte, die sie nicht davon kennt und überlegt, was ihn in Sunnydale hält und kommt zu der Antwort, dass jemand seine Aufmerksamkeit dort gehalten haben muss. Sie geht ihre Gespräche durch und kommt zu der Lösung, dass es die Summers-Frauen waren.

 

Dass es letztendlich Buffy war und sie einen wunden Punkt berührt hat. Dass er auch für Dawn fühlt, in ihr so etwas wie eine kleine Schwester sieht, die er mit seinem Leben beschützen würde. Jeden, der sie verletzen sollte, es zehnfach bereuen lassen würde, selbst wenn es nur ihr Highschool-Schwarm ist, der sie nicht beachtet. Er Willow für ihre Intelligenz mag und sogar Xanders Witz irgendwie.

 

Weiß nicht, was sie fühlen soll.

 

Weil Angelus kein Kuschelvampir war und es einfach ist, sich vorzumachen, dass er absolut keine Emotionen in sich trägt, die auch nur im Entferntesten an Liebe erinnern. Höchstens das perverse Abziehbild davon und Angels innerer Kampf das Echo des Dämons ist und nicht seines gesamten Wesens.

 

Weil Spike kein Kuschelvampir ist und er trotzdem loyal gegenüber den Scoobies ist und ihr nach heulen zumute ist, weil sie nicht noch mehr Schwarz in ihrem Dunkelgrau haben will. Sie Spike nicht Liebe absprechen kann und es zu viele Konsequenzen für das fragile Gerüst ihres Verstandes hat.

 

Cordelia ihren Verstand abschaltet, duschen geht und danach auf den kleinen, flimmernden Fernseher starrt, ohne etwas zu sehen. Eine weitere patentierte Technik von ihr, um die Zweifel und Bedenken nicht weiter an die Oberfläche zu lassen.

 

Die Erleichterung als er vor Sonnenaufgang in das Zimmer stürmt, universell ist, so wie die kosmische Balance, die er in ihr ins Kippen gebracht hat. Er sie nicht beachtet, als er ins Badezimmer geht und seine Wut einer Rauchlawine gleicht, die sie auf seinem Weg an ihr vorbei versengt. Er sich schließlich neben sie legt in seinen neuen Boxern, der Geruch von Whiskey, Blut und Rauch sie einhüllt und Spike sie weiter ignoriert. So verdammt angepisst wirkt, dass sie Angst hätte, wenn sie ihn nicht inzwischen halbwegs durchschauen würde. Seine Wut auf sie wahrscheinlich die gesamte Dämonenpopulation dieses Kaffs ausgelöscht hat und das zumindest als ihre einzige gute Tat dieser Nacht gewertet werden kann. Er verletzt und wütend ist, bereit für einen Frontalangriff, sollte sie ihm nur den geringsten Anlass dafür bieten.

 

Sie wählt ihre Worte vorsichtig, spricht besänftigend, „Er hat gesagt, dass er mich liebt und weniger als eine halbe Stunde später zwei Menschen vor meinen Augen zu Tode gefoltert, weil ich es wagte, ihn auf seine Blondfiktion und die auf Seherinnen anzusprechen. Weil ich so dumm war, ihn mit Kreativität herauszufordern, obwohl ich nichts weiter wollte, als dass er es zu Ende bringt. Er kannte meinen einzigen Wunsch und ist Liebe nicht auch das Erfüllen von selbstlosen Wünschen? Sag mir, ob das Liebe ist, Spike?“

 

Er schließt die Augen und schweigt. Yeah, sie ist zur selben Antwort gekommen.

 

Legt sich neben ihn und starrt an die Decke, hat nahezu das Schwarz aus ihrem Kopf verdrängt, bis Spike sie zurückbringt. Es zurückbringt und der Schatten wieder größer wird.

 

Desillusioniert und bedächtig, „Man kann nicht entbehren, was man liebt. Liebe ist nie selbstlos, Cor, sie erwartet immer Gegenleistung, immer Erfüllung. Liebe ist der Sieg in der ultimativen Niederlage. Die Unterordnung, um zu herrschen. Die Herrschaft, um zu dienen. Besessenheit, um besessen zu werden. Du kannst Vampiren selbstlose Liebe absprechen, aber du weißt selbst, wie selten uneigennützige Liebe unter Menschen ist.“

 

Ihr Blick geht auf sein Profil und sie versucht die Poetik und Resignation aus seinen Worten zu filtern und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, merkt, dass es schwieriger ist, als angenommen. Die Bestürzung in Wellen durch ihren Körper schwappt und sie versucht sich gegen seine nächsten Worte zu stählen und etwas zu finden, das sie festhält in dieser Lawine aus Trümmern und gebrochenen Träumen. Sich nicht an den Splittern zu schneiden, die so lose durch ihr Inneres fliegen. 

 

Die Implikationen für ihr Leben und ihre Liebe.

 

Gegen die Wahrheit, die er ihr vermitteln will.

 

Spike gedanklich zu weit weg ist, um ihre Abwehrreaktion und ihr körperliches Unbehagen wahrzunehmen. Nach einer kurzen Pause ruhig weiterspricht, „Der Dämon macht nur das Verlangen klarer, die Wege zur Erfüllung einfacher. Wollen. Nehmen. Haben. Keine falsche Rücksichtnahme, verschleierte Absichten oder das Zügeln des Besitzwunsches und der Begierde. Sicher ist es keine menschliche Liebe, die uns für das Sterben lässt, das uns wichtig ist, aber Selbstaufgabe bis zum Tod ist möglich.“

 

Sein Blick trifft auf ihren und sie zuckt nicht zurück vor den widersprüchlichen Emotionen, die in seinen Augen flammen, die nichts mit ihr zu tun haben. Sondern einzig und allein mit seiner Vergangenheit und seiner Liebe.

 

Lustig, er hat ihre Frage nicht beantwortet und sie trotzdem in Frage gestellt.

 

„Spike, glaubst du, dass Angelus mich liebt?“

 

„Du lebst noch.“

 

Sie denkt, dass das ein Ja ist und sie denkt, dass sie sich übergeben muss. Richtet sich auf, weil der Raum sich dreht und schneller wird, sich an den Rand des Bettes klammert, die Füße auf den dünnen Teppich presst und das Flimmern des Fernsehers fixiert. Das Flackern ihre Übelkeit verstärkt und so schließt sie besiegt die Augen, wappnet sich gegen die Welle von Widerstreben und Ekel, die durch ihren Körper rauscht, ungebremst. Auftobt und größer wird.

 

Sich daran erinnern muss, einen Atemzug nach den anderen zu nehmen, nicht zu schnell.

 

Langsam. Ein. Aus. Ein. Aus.

 

Der Schweiß zurück ist und die Gänsehaut. Das Zittern sich dazu gesellt und das Herzklopfen. Die Panik ihren Körper in Schockzustand sendet, über den Fluchtmodus hinaus. Es erschreckend sein sollte, wie schnell sich ihr Geist verabschiedet und sie auf einen Körper reduziert, der nicht nach ihren Regeln funktioniert. Sie kann sich nicht bewegen. Sie kann kaum atmen. Sie erinnert sich vage an das letzte Mal, als sie sich so gefühlt hat. So vage und so dunkel. Seine kalte Hand sanft auf ihrem Rücken landet und das alles ist, was sie braucht, um der Starre zu entfliehen und sich ins Badezimmer zu stürzen.

 

Diesmal hat sie die Option der Flucht, weil Spike nicht Angelus ist.

 

Ihre Hand auf den Mund gepresst, schafft sie es bis zum Waschbecken nichts von ihrem Erbrochenen zu verlieren und nur das weiße Porzellan zu treffen. Nachdem das krampfartige Entleeren ihres Magens einen Rhythmus gefunden hat, wagt sie es schließlich neben der Toilette in die Knie zu gehen. Sie wirklich nicht an die Vorgeschichte dieser Schüssel denken will, weil das kalte Porzellan ihr momentaner Freund ist. Sich gut gegen ihre Schläfe anfühlt.

 

Lustig, sie hätte auf die Antwort verzichten können. Im Nachhinein.

 

Spike ihr langsam folgt, das Badezimmerlicht anschaltet und sie kneift die Augen weiter zusammen gegen das grelle Flurozonlicht. Hört wie er das Wasser im Waschbecken laufen lässt, während sie noch trockenes Röcheln von sich gibt. Aber ihr Magen ist leer, das Würgen nur noch schmerzhaft. Er ein Handtuch um die Schultern legt und ihr einen kalten Waschlappen gegen die Stirn presst. Ein Glas mit Wasser klickend neben sie stellt und dann an ihrer Seite kniet. Schweigt. Wartet darauf, dass sie sich wieder fängt. Sie nicht berührt und sie will ihm sagen, dass es –

 

Vergisst, was sie sagen will, es ist nicht wichtig.

 

Hört das Tropfen des Wasserhahns. Pling. Pling.

 

Spürt die kalten Fließen unter ihren nackten Beinen, greift blind nach Spikes Hand und legt sie auf die Narbe. Will ihn fragen, ob das Liebe ist oder Verdammnis. Ob es einen Unterschied darin gibt und seine Hand verbrennt sie nicht wie Wesleys, öffnet deswegen ungläubig die Augen. Wundert sich warum, während sie ihn anstarrt und er die Konturen der Rose abfährt. Fasziniert, fast bewundernd und sie kennt seine Antwort. Das ist für ihn Liebe und es sind ihre Tränen, die sich auf das Pling des tropfenden Wasserhahns einstimmen.

 

Regenbogenfarben haben sich in schimmerndes Schwarz und Gold in dem kalten Flurozonlicht gewandelt und ihre Tränen schmerzen mehr, als sie ihr Blut in Erinnerung hat. Obwohl sie genauso verhalten fließen, leise von Kapitulation und Ohnmacht wispern. Von einem Kampf, den sie nicht gewinnen kann. Damals und die Verzweiflung ist so fassbar in ihr, so greifbar, wie sie sich windet und aufbegehrt. Der Strudel dieses kleine Bisschen schneller wird. Die Konturen diese Nuance dunkler werden. Ein Stück mehr aus ihrer Abwehr bricht und sie versucht zu verstehen, weshalb es immer in Schmerz endet.

 

Weshalb es immer so endet. Mit ihr auf dem Boden und dieser letzten Wahl.

 

Cordelia muss Spike nicht wie Wes mit dem Druck ihrer Hand auf der Rose halten und sie löst den Griff, um sein Handgelenk, fährt mit dem nassen Lappen über ihr Gesicht. Ihre Nase läuft und sie reißt, ein Stück Klopapier ab und putzt sie. Übertönt das Wispern. Spült sich gurgelnd den Mund aus, verdrängt das Flüstern ein Stück weiter in den Hintergrund. Spuckt den Geschmack von Unterwerfung ins Klo, wo er hingehört.

 

Behält ihn und seine abwesende Raubtiermiene im Blick und denkt, dass sie eine der wichtigsten Lektionen über Vampire heute Nacht gelernt hat. Ist sich nicht sicher, ob sie das Wissen verarbeiten kann und so sperrt sie es weg, für späteren Gebrauch in dieselbe Abstellkammer, die für Angelus reserviert ist, während Spikes Finger die Blütenblätter zärtlich abfahren. Sie sich schließlich aufrichtet und auf seine blasse Hand auf ihrem goldenen Innenschenkel starrt. Er so lilienweiß wie die Narbe ist und die schwarze Seide ihres Nachthemdes den Kontrast verschärft. Ihn unrealer machen.

 

Erstaunlicherweise bricht ihre Stimme nicht bei der Frage, „Muss Liebe Schmerz sein, damit sie real ist?“

 

Seine goldenen Augen blicken auf, fast verlegen. „Ich dachte, ich kenne die Antwort darauf, Buffy meinte, ich liebe nicht sie, sondern den Schmerz. Vielleicht hätte sie mich lieben können, wenn sie nicht ihren dunkleren Bedürfnissen mit mir nachgegeben hätte und es so einfach für sich machte, die schwärende Wunde auf mein Konto zu schieben. Indem sie unsere gesamte Beziehung zu einer Karikatur verzerrte, die keine echte Nähe zuließ, sondern uns aufs körperliche Verlangen reduzierte. Mich auf meinen Schwanz und sich auf ihr schlechtes Gewissen gegenüber ihren Freunden. Weil es trotz allem nicht so falsch war, wie sie es sich eingeredet hat. Die Poesie da war, bevor wir Sex hatten. Ich schätze, du kannst das nachvollziehen, Cor.“

 

Cordelia nickt, kein Grund ihn darauf aufmerksam zu machen, dass sie es nicht weiß und es trotzdem versteht. Er ebenfalls auf der Suche nach Akzeptanz und Liebe war und sie diese dem falschen Dämon gegeben hat, um mit heiler Psyche davon zu kommen.

 

Ein weiteres kosmisches Ungleichgewicht. Eines von vielen heute Nacht.

 

Eine weitere Ungerechtigkeit. Eine von vielen.

 

Steht auf, seine Finger verstärken kurz den Druck, bevor sie von ihrem Innenschenkel abfallen und Spike sie gehen lässt. Dreht die Dusche auf und wartet darauf, dass er sie alleine lässt. Er nur die Spülung betätigt und den Sitz herunterklappt, die Arme darauf aufstützt und sie aus dunklen Bernsteinaugen wachsam beobachtet. Nach einem kurzen Zögern ignoriert sie seine Anwesenheit und streift das Handtuch und ihr Nachthemd von den Schultern, schmeißt den Slip auf den kleinen Haufen.

 

Ihre Unterwerfung ist weggespült, irgendwo in den Abwasserrohren unter ihren Füßen und sie ist nur noch ausgelaugt. Sein Game Face fest in sein Gesicht gemeißelt ist und sie fragt sich, ob er den Schmerz so einfacher erträgt oder die Liebe, die er in sich trägt. Es mittlerweile keinen Unterschied zwischen den beiden gibt. So wie sie sich annähern und die Grenzen verwischen. Dass es sich für ihn ebenso zu einer Last entwickelt, wie für sie. Dass er ebenso unter seinen Emotionen schwankt.

 

Cordelia blickt Spike eine lange Zeit regungslos an, wartet darauf, dass er ihr die Entscheidung abnimmt. Mit ihr fällt. Die Dumpfheit in seinen Augen den Blick genug trübt, dass sie es hinter sich bringen können. Diese Phrase der Besserung abschreiben und ins Bodenlose fallen können.

 

Er hat ihr die Waffen in Form von Kleidern gegeben und nackt ist sie immer noch markiert und besiegt. Machtlos und es ist nicht wichtig, dass sie ihre Weiblichkeit nur mit dem Schwarz von exquisiten Stoffen trägt. Ihre Haut wieder golden strahlt und seine Erektion sich durch das Dunkel seiner Boxer abzeichnet, weil nur ihre Qual seine niederen Instinkte aktiviert. Nicht ihre weiblichen Rundungen oder ihr Wesen. Nicht sie. Sondern der Schmerz. Nicht ihn. Sondern nur den Vampir. Nur Teile eines fehlenden Ganzen.

 

Er so schneeweiß wie die Fließen ist und verführerisch wie eine Rasierklinge im Moment.

 

Sein Kopfschütteln erfolgt unendlich langsam und sie steigt in die Kabine.

 

Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht.

 

Cordelia sich müde gegen die kalten Kacheln lehnt und weiß, dass Spike es ihr draußen gleichtut. Die Dusche nichts daran ändert, dass sie dreckig ist und er. Sie nie wieder unversehrt und intakt sein werden, stattdessen verdorben sind bis in die hinterste Ecke ihres Wesens und sie denkt an Angelus und daran, was er ihnen geraubt und was er pervertiert hat.

 

Neben dem Offensichtlichen. Ihrem Glauben und ihrer Liebe.

 

Weil Schmerz Liebe ist und sie das nicht glauben kann. Oder will. Trotz allem. Nicht in letzter Instanz. Zumindest ein kleiner Teil von ihr wehrt sich noch gegen diese Erkenntnis. Sie ihre Abwehr mit den Lagen an Stoff wieder aufbauen wird und sie beide morgen so tun können, als ob sich nichts geändert hat.

 

Warum weint sie dann? Und für wen? Sich oder ihn? Oder Angel?

 

Ist es wichtig? Ihre Tränen werden sowieso von dem Wasserstrahl fortgespült. Trockene Schluchzer und spurenlose Feuchtigkeit auf nasser Haut. Sie kann nicht daran verbrennen. Nicht hier. So wie sie nicht untergehen konnte in Angelus’ Bett. Oder verblutet auf den Fließen. So wie sie Farben in ihrem Schwarz vermisst. Oder den Grund unter ihren Füßen.

 

Spike und sie Naturgewalten sind, die verwüsten und es genießen.

 

Sie den Sieg suchen und nicht nur die ultimative Niederlage.

 

Ein gnädiges Ende.

 

Cordelia denkt, dass sie einmal besser darin war, sich selbst zu belügen.


 Until the very end of me -
Until the very end of you.

 

Cordelia ruft Wesley am nächsten Abend bei einem Tankstop an und erkundigt sich das erste Mal nach Angel, hört sich sagen, dass sie gerne mit ihm reden würde. Dass es ihr nichts ausmachen würde zu warten, bis Wes ihn aus seinem Zimmer geholt hat.

 

Starrt auf den Sternenhimmel von Kansas und die unendlichen goldenen Weizenfelder vor ihr. Reif für die Ernte. Spürt Spike hinter sich, der bezahlt hat und Diskretion nicht in seiner Natur liegt, fühlt seinen fragenden Blick in ihrem Rücken und es ist einfach sich vorzumachen, dass sie heute morgen nicht in seinen Armen aufgewacht ist und es sich sicher und gut angefühlt hat. Beschützt.

 

Dass es eine Premiere war und einer der Gründe, weshalb sie mit Angel reden muss. Sich erinnern muss. Weil Spike nicht sicher ist und sie nicht beschützen kann vor ihren eigenen Dämonen. Denkt darüber nach, dass es eigentlich verboten ist, neben der Zapfsäule zu telefonieren und mit einem Handzeichen ihr zu folgen, steigt sie ein. Spike startet den Wagen und sie sind wieder auf der Straße, während Angel immer noch nicht am anderen Ende der Leitung ist. Sie Gunn und Fred im Hintergrund hört und die Augen schließt, sich auf das vertraute Geräusch von ihren kleinen Diskussionen konzentriert, das liebevolle Geplänkel gedämpft durch die Entfernung und das Lächeln erst von ihrem Mund verschwindet, als sie Angels Stimme hört, „Hallo?“

 

Kein Name und sie weiß nicht, weshalb sie das traurig macht.

 

„Hallo Angel, wie geht es dir?“

 

Hört ihn seufzen und nach Worten suchen, weil sie nicht mehr miteinander geredet haben, seit sie ihn aus dem Plymouth warf, mit der Warnung, dass er es nicht wagen sollte zusammenzubrechen oder sie aufzusuchen. Er sich nicht zu erklären bräuchte oder entschuldigen, weil sie zu erschöpft war, um zu argumentieren oder ihn aufzurichten. Er ihr seine Sicht der Ereignisse ersparen sollte und der totale Zusammenbruch ihr Privileg war. Etwas das sie sich verdient hatte. Sie ihre Ruhe haben wollte, endlich für sich sein und er die Erklärungen auch alleine geben konnte. Ohne sie an seiner Seite zu haben.

 

Sie zurückkommen würde zu ihm. Es nur eine Phase war, die sie überstehen mussten.

 

Sie ihre Stimme in seiner Gegenwart wiederfinden musste.

 

Denn es war eines der wenigen Male, bei denen Angel sie ohne ein Wort verstand, sie nur anblickte mit diesen verletzten Augen und dann abgekämpft aus dem Auto stieg, als ob er die Schlacht seines Lebens verloren hatte. Und Cordelia weiß noch, dass sie dachte, dass es noch genügend andere Kämpfe für ihn geben würde, die er überstehen musste, als sie ihm nachblickte, wie er langsam im Hyperion verschwand.

 

Es keinen Grund gab, ihm nachzulaufen und besänftigen. Er dies besser wusste als sie. Es jeden Grund gab davonzulaufen und solange zu fahren, bis der Plymouth in seine Einzelteile zerfiel. Und Cordelia wird sich darüber klar, dass ihr Road Trip seit einiger Zeit keine Flucht mehr ist und am Anfang nichts weiter war. Sie sich damals in dem Moment vor dem Hyperion schwor, dass sie dann zurückkommen würde, wenn sie etwas anders zu sagen hatte, als Fragen oder Vorwürfe. Sie dann heimkommen würde, wenn sie etwas anderes, als seinen Dämon sehen würde. Und sie denkt, dass sie noch nicht ganz an ihrem Ziel angekommen ist.

 

Wesley eine halbe Stunde später bei ihr auftauchte und von Dennis hereingelassen worden ist.

 

Sie unter der Dusche war. Dort blieb. Für eine lange Zeit.

 

Sein Klopfen und Flehen ignorierte, etwas zu sagen. Er den Albtraum nur realer machte.

 

Sie schwieg und verwirrt war, durch Wes’ Versuche ihr beizustehen.

 

Seine Tränen. Seinen Trost. Noch für eine lange Zeit.

 

Sie war sich nicht darüber bewusst, dass sie die Augen geschlossen hatte und öffnet sie langsam. Wacht noch immer nicht auf. Der Albtraum bleibt real, löst sich nicht in Nebelfetzen mit einem sanften Wort von Angel auf, so wie in der Vergangenheit, wenn sie ihn nach einer besonders schlimmen Vision mitten in der Nacht angerufen hat, nur um zu wissen, dass ihre Welt noch da war. Keiner verletzt und das Böse besiegt. Er noch da war. Ihr Beschützer, der die Monster zurückschlug und die Unschuldigen rettete. Die Grenzen sind nicht mehr so scharf, schneiden trotzdem tiefer. Machen ihn vielschichtiger und sie wusste doch schon immer, dass Angel eine komplexe Persönlichkeit war.

 

Sein Schweigen spricht Bände und sie fragt sich, ob er verschwindet, sich in Nichts auflöst, wenn sie es sich nur hart genug vorstellt. Ob er es ohne ihre Vorstellung tut. Ob sie sich zuviel oder zuwenig in der Vergangenheit vorgestellt hat. Denn er ist unverwandelbar für die Ewigkeit. Ein gefallener Engel ausgestoßen aus dem Paradies und sie hat versucht, ihm eine Familie zu geben und einen Grund. Darauf hatte sie gebaut und sie weiß, dass ihr Fundament auf Sand errichtet war.

 

Seine Liebe für Buffy nicht so ewig war, wie sie in ihrer romantischen Vorstellung gedacht hat. Sein Sehnen für die Jägerin durch die Erfüllung seiner Mission und dem Beschützen seiner Familie ersetzt worden ist. Sie so hart an etwas Glück für ihn gearbeitet hat, dass ihr gar nicht aufgefallen ist, das perfektes Glück für ihn in Reichweite war.

 

Weil sie blind war. Geblendet von ihrer Vorstellung von ihm.

 

Die Zeiten haben sich gewandelt.

 

Sie hat sich verwandelt in jemanden, den sie nicht kennt.

 

„Ich vermisse dich, Cordy.“ Vernimmt das Knacken und lockert den Griff um das Plastik ihres Mobiltelefons, bevor es splittert. „Wir alle vermissen dich.“

 

Wundert sich, ob emotionale Erpressung immer Teil ihrer Beziehung war und was sie antworten soll, weil sie ihn nicht wirklich vermisst und gleichzeitig so sehr, dass es ihr Angst macht. Sie ihre Naivität und Unbefangenheit ebenso vermisst. Ihre Freunde. Ihr Leben. Sich selbst. Und ihn. Ihre Vorstellung von ihm.

 

Hat Panik die Frage zu stellen, die sie seit gestern verfolgt und der eigentliche Grund für ihren Anruf ist. Die Bestätigung ihrer schlimmsten Befürchtungen und können es ihre sein, wenn sie diese Möglichkeit bis gestern nicht einmal in Erwägung gezogen hat? Es sogar zu absurd für ihre verdrehte Weltvorstellung war? Bis Spikes Ausführungen Fragen aufwarfen, die nicht so einfach zu ignorieren sind. Nicht so einfach wegzuwischen.

 

Besinnt sich auf ungefährliche Floskeln, „Also geht es dir soweit gut?“

 

Lauscht in die Stille seiner Antwort. Versucht sich an die Regeln von Konversationen zu erinnern, an die Gespräche mit ihm und seine Art sich mitzuteilen. Ihr das blendende Scheinwerferlicht zu überlassen und sie weiß, dass sie es genossen hat. Vor nicht allzu langer Zeit. Das Schweigen, das er für seine Zwecke nutzen konnte, um sich darin zu verstecken und sie sich entfalten konnte. Es eine perfekte Symbiose war.

 

Sie beobachtete ihn, hat es immer getan, wie er mit den Schatten in einem hellerleuchteten Raum verschmolz. Seine Art, die Energie im Raum zu verändern und sie liebte auch das. Seine leisen Auftritte daheim, die in so großen Kontrast zu den melodramatischen bei den Missionen standen. Sieht ihn seit einer langen Zeit so klar, seit ihr Fokus von ihrer Person abrutschte und auf ihm landete. Weil es Doyles Vermächtnis war, dass sie sich um Angel zu kümmern hatte, um ihn menschlicher zu machen. Ihn in die Welt zu integrieren und aus den Schatten zu lösen. Vorzubereiten für die Ewigkeit seiner Unsterblichkeit ohne sie. Neben den Visionen und der Migräne und der ständigen Gefahr. Neben ihrem eigenen Sterben.

 

Sie hat versagt.

 

Ihn besser in den Schatten kennen gelernt und aus der Distanz, als im Licht.

 

Aus der Nähe hat er sie geblendet. Blind für seine Schwächen gemacht und seine Liebe.

 

Erinnert sich schließlich daran, dass Angel keine Visionen von ihr hat oder vielleicht doch, aber andere. „Angel, mach das nicht schwerer, als es ohnehin ist. Bitte. Erzähl mir von Connor und deinen kurzen Nächten weil er zahnt oder was Babies in seinem Alter sonst so machen, um ihre Väter auf Trab zu halten. Oder von Wes’ letzte Beute im Buchladen. Erzähl mir von Lornes greller Garderobe, Freds neuster Erfindung und Gunn und die letzten Monster, die ihr in LA niedergestreckt habt. Aber schweig nicht, weil ich dieses Leben für euch aufgegeben habe und ich will, dass du Teil von ihren Leben bleibst und nicht nur in deinem verdammten Sessel sitzt und über die Tage nachdenkst, die ich vor dir auf den Knien verbracht habe.“

 

Hört ihn hart schlucken und fühlt die heiße Wut, welche die Visionen in ihr ausgelöst haben, erneut aufflammen. Hört das Knirschen der Scherben in ihrem Inneren, bis sie sich darüber bewusst wird, dass ihre Zähne das Geräusch produzieren und sie ihren Kiefer mühsam entspannt.

 

Bringt sich wieder unter Kontrolle und fährt dann bestimmt fort, „Wir sind stärker als das. Ich habe es ernst gemeint, als ich dir von Wesley ausrichten ließ, dass wir es gemeinsam überstehen werden. Aber nicht indem du schweigst und ich rede. Die Rollen passen nicht mehr. Komm schon, sei stark für mich und sag mir nicht, dass du mich vermisst und damit implizierst, dass ich zurückkommen soll, weil ich zwar deine Stimme ertrage, aber noch nicht dein Gesicht. Ich das normale Leben vermisse, das ich in LA hatte, Angel erzähl mir davon, bevor ich dir Fragen stellen, deren Antworten uns nur weiter auseinanderbringen – Bitte.“

 

Spike nimmt ihr das Telefon unvermittelt ab, „Peaches, ich weiß, wie sehr du es liebst deine Frauen betteln zu hören, aber mir reicht es für heute. Denk über ihre Worte nach und du erzählst ihr das nächste Mal besser eine Gute-Nacht-Geschichte, die sie sehr gut unterhält, weil es mir für heute zuviel ist, dass sie zweimal Bitte gesagt hat.“ Spike verstummt kurz und lacht dann. „Yeah, lustig, die Drohung war beim ersten Mal schon veraltet und da du absolut keine Ahnung hast, wo wir uns befinden, ist sie nicht nur albern, sondern zwecklos.“

 

Anscheinend hat Angel seine Stimme in Spikes Gegenwart wiedergefunden und Cordelia ist aufgebracht, mit einem guten Schuss von Verbitterung, während sie die Kaskade von Flüchen und Einschüchterungen sogar vom Beifahrersitz aus mitbekommt. Spike grinsend, den Hörer in ihre Richtung hält und sie wusste, dass es Vorteile hat seelenlos zu sein und einen Groll über Jahrhunderte zu pflegen, weil er sich irgendwann auszahlt.

 

So wie jetzt. Angels Brüllen ist unüberhörbar, „- wenn du es wagen solltest, sie auch nur anzufassen, nein, wenn du dich erdreisten solltest, unaufgefordert in Cordys Richtung zu blicken, werde ich dir jeden Knochen einzeln brechen und danach die Haut abziehen. Langsam. In Streifen und deine Muskeln in Quadraten. Du wirst jeden Tag bereuen, seit dem Drusilla in deine Richtung geblinzelt hat. Jeden einzelnen verdammten Tag und jede Nacht davon, William, ich meine es ernst. Todernst. Das ist kein Spiel, ich weiß nicht, was für einen kranken Plan du dir zurechgelegt hast, um mich zu provozieren. Aber es ist nicht die angemessene Art, wie du dich an mir rächen kannst, weil ich es dich bitter bereuen lasse bis zum jüngsten Gericht. Lass deine schmutzigen Hände von ihr. Ich warne dich.“

 

Die Wut ist eisig, „Angel, ich bin nicht dein Besitz und keine Schachfigur in euren kranken Spielen, um unter die Haut des anderen zu kommen und die Rangordnung auszumachen. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen, vielen Dank für dein Vertrauen in meine Urteilskraft. Und selbst wenn ich Lust haben sollte, deinem Grand Childe sein Unleben zu verschönern, ist das meine Sache. Einzig und allein meine Entscheidung. Es war nicht meine, die dich in mein Bett ließ, sondern dein Versäumnis mich darauf hinzuweisen, dass du deine Seele ohne Sex verlieren konntest. Eine Tatsache, die ich dir noch nicht verziehen habe, obwohl es gerade schwer ist, mich daran zu erinnern, warum das Ziel überhaupt erstrebenswert war. Und ja, es war dein Fehler, der Angelus zurück in unser Dasein brachte. Der hierher führte. Also halte dich aus meinem Leben raus, bevor du noch mehr kaputt machst und mich zu etwas aufstachelst, das wir alle bereuen werden.“

 

Cordelia kann die Gelegenheiten an einer Hand abzählen, bei denen sie Angel tatsächlich angeschrieen hat. Heute gehört dazu. Ihre heiße Wut ist in Kälte umgeschlagen, während ihrer Tirade und sie wartet auf seine Erwiderung, die nicht kommt.

 

Es für ihre Warnung ohnehin zu spät ist. Sie fühlt sich provoziert, weil es Angel nicht darum ging, dass Spike sie verletzen konnte, eine begründete Angst. Sondern einzig und allein um seine Eifersucht und sein Besitzanspruch. Die entfernte Möglichkeit, dass sie glücklich werden könnte und wieder sein verdammtes Schweigen.

 

Spike das Telefon wieder an sein Ohr presst, „Du hast die Lady gehört, Angel und du hast meine Chancen unter ihre harte Schale zu kommen gerade unheimlich gesteigert, denn in ihrem Bett bin ich schon.“ Sie lächelt ein böses Lächeln, das ihr Gegenüber frech entgegnet. Spike braucht nicht einmal die Wahrheit zu verbiegen, um es Angel heimzuzahlen, will lachen, weil sie dessen dunkle, unheilvolle Miene vor sich sieht und er es sich verdient hat. „Übrigens danke dafür, Grandpa, der Platz ist kuschelig.“ 

 

Das Knurren eines gewalttätigen Tieres, kann sogar sie ohne weiteres unter der Musik und dem Motor ausmachen. „Oh, und denke über die nächste Gute-Nacht-Geschichte nach, anstatt über Wege mich leiden zu lassen, weil es dir mehr bringt. Außerdem Cor Grausamkeit meine Person betreffend verabscheut, wenn sie nicht diejenige ist, die sie zufügt und du willst sie doch nicht weiter verstimmen, oder?“

 

Spike lauscht auf die leise Erwiderung, die folgt und die zu lang für ein einfaches Ja ist.

 

Schließlich, „Ich kann dir versichern, dass deine miserable Entschuldigung für ein Leben keine Priorität in meinem Unleben hat. Du schaffst es auch ohne meine Hilfe ausgezeichnet deine Existenz in eine einzige abgefuckte Katastrophe zu verwandeln. Ich dachte mit Buffy hättest du den Vogel abgeschossen, aber das hier übertrifft, diesen ‚Romeo und Julia’-Scheiß um ein Vielfaches. Sag mir, wirst du mit Cordelia wieder einen gemeinsamen Nenner finde, so wie du es mit dem Slayer geschafft hast? Oder tauchst du nur auf ihrer Beerdigung auf und trauerst den versäumten Chancen nach?“ Er wird unterbrochen, dann höhnisch, „Du mich auch. Das Gefühl beruht absolut auf Gegenseitigkeit. In guten wie in schlechten Zeiten ist nicht so dein Ding, oder Angelus?“

 

Angel scheint in Erklärungslaune zu sein, zu schade, dass sie nicht diejenige ist, die er über seinen Seelenzustand aufklären will. Ihr misstrauischer Blick ist auf Spikes ernstes Profil gerichtet. Endlich, „Gut, dass wir uns so prächtig verstehen und einmal ein gemeinsames Ziel haben, Angel. Bye!“

 

Spike klappt das Handy zusammen und sie will nicht denken, weil wenn sie anfängt zu denken, sie weiter brüllen will. Lauter schreien will. Leiser weinen. Stattdessen dreht sie die Musik bis zum Anschlag auf und versucht an nichts zu denken, es hat ihr früher geholfen, aber die Wut verzehrt sie. Lässt ihr keine Ruhe.

 

Was fällt ihm ein, sich in ihr Leben und ihre Entscheidungen einzumischen und warum hat Wes ihm nicht gesagt, wo sie sich befand und vor allem mit wem? Waren sie wieder in den Zeiten angekommen, in denen niemand es wagte ihn bei seinem Grübeln zu stören? Er diese unüberwindbare Mauer zwischen sich und dem Rest der Welt hochzog, nur um sich selbst zu bemitleiden? Sein Schicksal? Was war mit ihrem? Sie schloss sich doch auch nicht mehr ein und verkroch sich vor der Welt.

 

Sicher, schmerzte es anfangs weiterzuleben, wieder zu leben, aber sie konnten sich beide nicht ewig vor der Realität verschließen. Der dramatischen Wendung, die ihre Leben an jenem verhängnisvollen Abend genommen hatten und nur weil sie unterschiedliche Wege gingen, um damit fertig zu werden, hieß es nicht, dass keine Hoffnung für sie bestand. Ihre Wege würden sich früh genug wieder kreuzen, denn sie waren noch immer verbunden, durch ein Band, das drastische Maßnahmen erforderte, um durchtrennt zu werden. Schritte, für die sie nicht bereit war. Sie weiß, dass sie es überstehen und ihr wird klar, dass Angel der Glaube daran fehlt und ihre Wut verraucht langsam.

 

Glüht unter ihrer Erkenntnis aus, dass sie Angel noch immer versteht.

 

Ohne Glauben, kann es keine Hoffnung geben und ohne Hoffnung keine Liebe

 

War er sich nicht darüber bewusst, wie viele Menschen von ihm und seinem Schicksal abhängig waren und sich auf ihn verließen? Darauf dass er seine Kraft wiederfand? Seinen Glauben und seine Hoffnung? Er von ihrer Familie geliebt wurde, trotz seiner Schwächen.

 

Er ihr Champion war. Aber nicht nur ihrer. Gottverdammt.

 

Sie hatte ihre Antworten bekommen, ungefragt.

 

Waren Vampire zur Liebe fähig? Ja, auch wenn es nicht schön war.

 

Liebte Angelus sie? Ja, ohne Zweifel.

 

Sein Claim pochte an ihrem Hals, in dem Rhythmus ihres Herzschlages.

 

Sie wusste, dass es zu früh war, mit ihm zu reden, es konnte nur in einem Desaster enden. In Bitterkeit und Vorwürfen. Yeah, sie hatten beides en masse ausgetauscht ohne direkt miteinander zu reden, denn entweder hatte sie gesprochen oder er und sie zittert unter der Wucht ihrer Emotionen. Warum konnte er mit Spike reden, aber nicht mit ihr? War es so schwer, es zumindest zu versuchen?

 

Und sie hatte vergessen, was für ein selbstgerechtes Arschloch Angel sein konnte, sobald sie sich in männlicher Gesellschaft befand. Das hatte sich nicht geändert.

 

Entlockt ihr Widererwarten ein kleines Lächeln.

 

Zwischen zwei Liedern, „Können wir bei der nächsten Bar anhalten, Spike, mir ist nach vergessen.“

 

„Sicher, Cheerleader.“

 

Denkt an die Nacht auf dem Parkplatz der Huntington Beach und Angelus’ Fragen, ihren Cheerleader-Status betreffend, während die Brise über ihre nackte Arme weht. Die Weizenfelder sich wie ein Meer unter dem leichten Wind biegen. Wellen und Gezeiten soweit vom Ozean entfernt. Denkt an weiße Fließen und schwarze Boxershorts. Schwarzer glänzender Asphalt und glatte Seide. Denkt an ihre Lektion gestern, dass sie nicht mehr nur Begierde mit Schmerz gleichsetzt, sondern ebenso Liebe. Will nicht so zynisch werden, dass sie vergisst, dass Liebe auch Wärme und Geborgenheit sein kann. Freundschaft. Vielleicht kann sie Spike diese Lektion mitgeben.

 

Sie wissen beide, dass Sex gefährlich für die Liebe ist. Wut tödlich.

 

Sie beide einen Grund suchen, sich endgültig fallen zu lassen. Zuwenig zu verlieren haben, um auf ihre eigenen Warnungen und Gefühle unablässig Rücksicht zu nehmen. Vielleicht Freundschaft sie retten kann oder auch nicht. Für Angel und sie war es der Anfang vom Ende. Aber dieses Ende liegt hinter ihr und Cordelia ahnt, dass nur ihre Freundschaft zu Angel den Funken in ihr am Leben hält, dass ein neuer Beginn für sie möglich ist. Eine neue Etappe in ihrer langgezogenen Reise. Ihre Liebe Schmerz ist, aber ihre Freundschaft Hoffnung.

 

Außerdem ist Spike nicht Angelus.

 

Er hält auf einem belebten Parkplatz vor einer Bar, sie hört Menschen lachen. Das Geräusch ist fremdartig. Das Budweiser-Schild leuchtet abwechselnd rot-blau in der Nacht. Die Farben sind zu künstlich, passen nicht in ihren Film Noir und sie durchdenkt ihre Optionen, während Spike geduldig auf eine Reaktion wartet, nachdem sie nicht sofort ausgestiegen ist.

 

Sie versucht ehrlich mit sich selbst zu sein. Und ihm.

 

Starrt auf das blinkende Schild und die Worte kommen schließlich schnell und sicher, als sie den Mund aufmacht, „Ich will heute Abend vergessen, dass es LA und Angel gibt. Ich will nicht daran denken, dass ich so sauer auf ihn bin, dass ich für einige Dummheiten bereit bin, die dich mit einschließen, nur um es ihm heimzuzahlen. Ihm einen unnötigen Denkzettel zu verpassen, den niemand braucht, um uns an den Bullshit zu erinnern, der unser Leben ist. Ich will nicht daran denken, dass du ebenfalls dafür bereit bist, aus ähnlichen Gründen wie ich und anderen die tiefer gehen. Ich will nicht daran denken, dass es unser gutes Recht wäre, zu tun was immer uns beliebt und ich will vergessen, dass es den Begriff Liebe überhaupt gibt. Ich will vergessen, dass es Schmerz gibt.“

 

Schluckt den Kloß entschlossen hinunter, der sich bildet, fixiert angestrengt das Schild, bevor es vor ihren Augen verschwimmt. Die Pause zieht sich und sie spürt Spikes konzentrierten Blick auf ihrem Profil. Dreht sich schließlich langsam zu ihm und sucht seine Augen.

 

Ihre Stimme ist ein Wispern bei ihrem letzten Wunsch für diese Nacht, verhalten, „Ich will nicht morgen früh aufwachen und dir nicht mehr in die Augen blicken können, weil ich mich von meiner Wut zu etwas habe hinreißen lassen, das uns beiden schadet und für das ich nicht bereit bin. Ich will mich betrinken und Spaß haben und wenn das nicht möglich ist, zumindest meine Depression in Ruhe auskosten. Ist das okay für dich?“

 

„Klingt nach einem guten Plan, Cor, soll ich uns gleich in das Motel einchecken?“ Folgt der Richtung seiner Hand und nickt.

 

Eine Sorge weniger und sie will in einem Zustand sein, in dem sie nicht mehr denken kann, wenn sie die Kneipe verlassen. Packt ihr Zeug für die Übernachtung zusammen, während er ein Zimmer besorgt und schmeißt ihre Tasche anschließend nachlässig auf das Bett. Macht sich keine Gedanken über seinen Arm, um ihre Taille als sie die Bar betreten und dass sie wie ein Paar wirken. Hat keine Lust auf irgendwelche billigen Annäherungsversuche von Fremden, weil sie heute ohne Problem einen durchtrainierten Footballspieler auf den Boden der Tatsachen befördern könnte. Nicht nur verbal, sondern so hart, dass er nie mehr aufstehen würde und so bleibt sie an Spikes Seite sitzen und wahrt die zivilisierte Fassade.

 

Lächelt sogar ehrlich amüsiert, als der Barkeeper ihren Ausweis sehen will.

 

Vergisst irgendwann, dass es eine Fassade ist, weil Spike ein zu guter Unterhalter ist und darauf achtet, dass ihr Glas immer voll ist. Er Anekdoten erzählen kann, so dass sie lustig sind, obwohl ihr noch immer nicht nach Lachen ist. Seine Pointen scharfzüngig sind ohne zu verdrehen oder zu übertreiben. Er die Scoobies in den Jahren seit ihrem Weggang so messerscharf beobachtet hat, wie es ihre Aufgabe war und sein Sarkasmus ihren eigenen in den Schatten stellen kann. Sein Sunnydale vor ihren Augen lebendig wird, so wie er ihre alte Heimatstadt sieht und es der perfekte Ort für eine zerrissene Kreatur wie ihn ist.

 

Spike schnell tanzen kann, ohne sich lächerlich zu machen, im Gegensatz zu den Männern, die sie kennt und sich sein Körper gut gegen ihren anfühlt, bei den kurzen Kontakten. Sein Griff locker ist und er ihr Raum gibt, Freiheit lässt für ihre Drehungen und Pirouetten. Er ihren Stil auswendig kennt und sie sich fragt, ob ihr Kampfstil dem ihres Tanzes so verdammt ähnelt, dass er ihm ohne Schwierigkeiten folgen kann.

 

Oder ob das einfach seine Erfahrung ist.

 

Den Abstand, den sie braucht, bis sie sich an ihn gewöhnt hat. Seine Hände leicht auf ihrer Haut sind. Sie sich lächerlich machen kann und er nur sein lautes Lachen als Antwort gibt und sie einstimmt. Sie sexy sein kann, ohne Feuer in seinen Augen zu zünden. Ihre Hüften sich seinen anpassen und der Rhythmus selbst dann nicht unangenehm wird, als die Lieder langsamer werden und die Beleuchtung noch schummriger.

 

Cordelia froh ist, dass sie ehrlich mit ihm war, weil sie jetzt ihre Schläfe gegen seine Schulter lehnen kann, ihre Nase an seinem Hals vergraben und Spaß haben, ohne falsche Erwartungen zu wecken und sie das noch nie in ihrem Leben konnte. Weil es immer etwas zu schützen galt, sei es ihr Ruf vor Gerüchten oder ihren Körper vor wandernde Hände, die sie im Zaum halten musste.

 

Sie feststellt, dass er gut riecht unter seinem Ledergeruch und dem kalten Rauch.

 

Etwas das sie an frischgeschnittenes Gras und Sommer erinnert.

 

Sie sich entspannt und es nicht am Alkohol liegt.

 

Das Klingeln ihres Handys in seiner Tasche, die Idylle zerbricht. Sie beide erstarren, weil niemand sie in den letzten vier Wochen seit ihrem Weggang aus LA angerufen hat und es zwei Gründe für den Anruf gibt und keiner gut ist. Geht ran, bevor sich das Bild eines verletzten Wesley oder Gunn sich in ihrem Verstand herauskristallisieren kann oder die Wut auf Angel sich erneut manifestieren. „Ja?“

 

„Hi Cordelia, ich bin’s Buffy, gib mir Spike. Sofort!“

 

Nach einem Moment der Verwirrung über die beinahe unhöflich formulierte Forderung der Jägerin fängt sie sich und gibt das Telefon an ihn mit einem Schulterzucken und „Buffy“ weiter.

 

Seine Miene ist ebenso verblüfft wie ihre, als er rangeht und sie gemeinsam von der Tanzfläche verschwinden, während er dem einseitigen Gespräch zuhört, sich übers Gesicht reibt und sie zeigt auf den Ausgang und er folgt ihrem stummen Rat. Lässt ihn alleine und bestellt zwei weitere Bier, wartet auf seine Rückkehr und überlegt, was der Anlass des Anrufes sein könnte, versucht nicht an Weltuntergänge und die alltäglichen Risiken des Höllenschlundes für die Scoobies zu denken, weil Spike es ihr sofort mitgeteilt hätte. Ist nicht sicher, wie sie Spikes verschlossenen Gesichtsausdruck einordnen soll, als er wieder an ihrem Tisch kommt, weil er nicht nach Apokalypse aussieht, aber auch nicht nach frohen Neuigkeiten. 

 

„Was ist passier?“

 

„Nichts“, nimmt sein Bier und leert die halbe Flasche auf einen Zug.

 

„Nichts?”

 

“Nichts das von Bedeutung ist, Cor, kein Tod oder schwere Verletzung der Scoobies. Es war eben wieder Zeit für eine Abreibung für mich und meine mangelnde Weitsicht und fehlende Rücksichtnahme gegenüber den Menschen, die sich Sorgen, über meinen Verbleib machen. Diese Menschen nicht Buffy mit einschließen und sie nur anruft, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass sie mich nicht in Sunnyhell vermisst.“

 

Die Verbindung klickt zusammen, „Angel hat Buffy angerufen, sich bei ihr ausgeheult und ihr dann meine Nummer gegeben?“ Das zugeknöpfte Grinsen ist Bestätigung genug. Gott, in diesem Moment hasste sie Angel. Das zu seiner Fähigkeit ihre Laune zu verderben, selbst wenn vier Bundesstaaten zwischen ihnen lagen.

 

„Wie hat sie den Seelenverlust ihres Angels aufgenommen?“ Spike schweigt und ihre Augen weiten sich. „Er hat ihr nichts davon gesagt?“ Sein Kopfschütteln erfolgt bedächtig. „Wie hat er dann deine Gesellschaft auf meinem Roadtrip begründet?“

 

„Schlechte Beeinflussung seiner Seherin.“

 

Damit prostet er ihr ironisch zu und es ist jetzt an ihr die halbe Flasche zu leeren, vielleicht würde der Alkohol ihre Wut betäuben. Nein, nicht wirklich. Sie fühlt sich hintergangen und verarscht, wünscht die beiden tragischsten Geliebten der Sunnydaler Geschichte in eine Höllendimension, weil die beiden sich zur falschen Zeit gegen sie verschwören. Weil sie nicht alleine die Reise beenden will und die Antworten suchen, nicht sicher ist, ob sie es kann, aber sie weiß, wem sein Herz gehört.

 

„Gehst du morgen zurück?“ Spike spielt mit dem Flaschenhals, zögert. „Es reicht, wenn du mir die Adresse von deinem Schamanen gibst und ich kann mit dem Zug nach New York und mit dem Flugzeug zurück nach LA. Es macht keine Umstände, Spike, ich habe dich lange genug aufgehalten, ohne die Visionen wären wir schon längst wieder zurück. Vier Wochen für eine Strecke, die normalerweise weniger als eine in Anspruch nimmt, das ist zuviel Zeit und wir haben gerade Mal die Hälfte geschafft.“

 

„Sie hat mich nicht gefragt, ob ich zurückkomme, Cordelia.“

 

Ihr nervöses Gebrabbel verstummt und er sieht auf, „Ich sage nicht, dass ich nicht sofort umgedreht wäre, wenn sie mich darum gebeten hätte. Innerhalb eines Herzschlages oder vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich hätte ich dich trotzdem in New York abgeliefert, ohne Pausen und mit Interstates. Aber sie hat mich nicht gefragt und ich habe ihr mehr als einmal das Stichwort in unserer Unterhaltung gegeben und wenn sie noch nicht einmal sagen kann, dass sie mich an ihrer Seite haben will, dann –" Er verliert sich, zuckt mit den Schultern und gibt ihr ein trauriges Lächeln. „Dann besteht wenig Hoffnung, dass sie mir das geben kann, das ich brauche, wenn ich unaufgefordert zurückkehre. Manchmal ist es so einfach.“

 

Sie greift nach seiner Hand, denkt, dass es nicht so einfach sein sollte.

 

Dass er nicht so verloren aussehen dürfte, ohne Seele.

 

Nicht sicher, ob sie ihn aufmuntern kann, weil sie nicht daran glaubt, das Worte es tragbarer machen und er ohnehin mehr Talent dafür besitzt. Sitzt ihm im Halbdunkel gegenüber und beobachtet, die Gefühle, die sich in seiner Miene offenbaren und akzeptiert endgültig die Tatsache, dass seelenlose Vampire lieben können.

 

Nur erscheint die Erkenntnis nicht so niederschmetternd wie gestern.

 

Sie ist also noch immer gut darin, ungeahnte Fakten in ihr Weltbild zu integrieren. So wie Angels Machogehabe sie heute zum Lächeln bringen konnte und sie es nicht für möglich hielt, dass sie je wieder etwas Amüsantes an ihm finden würde, das ihren Humor zündet.

 

Die Wut ist ihr ständiger Begleiter, aber sie ahnt, dass sie auch feiern wollte, weil sie heute einen wichtigen Schritt in der Annäherung ihres Zieles gemacht hat. Sie hat mit Angel telefoniert, egal wie unglücklich der Verlauf war, es hat ihr nur bewiesen, dass es die beseelte Variante war. Sein Schweigen ihr seine Geschichte erzählte. Weil keine glatten Beleidigungen und wohlformulierte Halbwahrheiten ihr Bild trüben. Sie war wütend auf Angel. Und sie war sich sicher, auf was für eine Variante seiner Persönlichkeit sich ihre Wut fixierte. Ohne Zweifel und glasklar. Es macht die Visionen von ihm nicht einfacher, aber sie weiß jetzt, dass es trotz allem der Angel ist, den sie kennt. Den sie lieben gelernt hat.

 

Dass Spike unter ihrem Triumph zu leiden hat und es einmal an ihr ist, ihn aufzuheitern, weil sie Buffys Anruf mit ihrem verursacht hat. Starrt auf ihre verschränkten Finger und denkt, dass es sich gut anfühlt, erinnert sich an ihren Tanz und seine Umarmung am Rande der Landstraße. Daran dass Nähe auch Trost sein kann.

 

„Wir wollten heute Abend Spaß haben und uns betrinken, also haben wir nach diesem Telefonat einen Grund mehr diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen, oder?“ Er sieht sie ausdruckslos an, sie lächelt ihn unbefangen an, zieht ihn dann mit sanftem Druck in Richtung Tanzfläche und in ihre Arme

 

Er gibt ihr ein langsames Lächeln, „Ich wusste, warum ich dich Cheerleader nenne, Cor, du schreckst nicht vor körperlicher Aufopferung zurück.“

 

„Yeah und es hat Gott sei Dank nichts damit zu tun, dass die zwei Footballspieler, denen ich einen geblasen habe, tot sind.“ Lacht über seine verdatterte Miene und lässt sich dann in seine Halsbeuge fallen. Der Platz fühlt sich behaglich an. „Die Sunnydaler Inkarnation von Klischeebekämpfung.“

 

Er lässt sich Zeit mit seiner behutsamen Frage, „Hat er dich Cheerleader genannt?“

 

„Mmh, nein, er hatte nur Fragen, das Training betreffend.“

 

Dreht sich aus seinen Armen, schwingt ihre Hüfte und er zieht sie zurück bringt ihren Körper in vollen Kontakt. Ihre Augen sind fast auf gleicher Höhe, ihre Nasen wenige Millimeter entfernt, „Wie hat er dich genannt?“

 

Legt den Kopf schief, „Cordelia oder Cor, Cordy ist für die Seele reserviert.“

 

„Stört dich mein Cor?“ Und er schaut so verdammt ernst, der Blick schnürt ihr plötzlich die Luft ab und sie schüttelt verneinend den Kopf.

 

Sein Cor klingt wie eine kandierte Schmeichelei. Zuckersüß.

 

Nicht wie eine Verhöhnung ihrer Person und allem was sie repräsentiert.

 

„Hölle, nein. Das ist was anderes, Spike. Er wollte damit seine Autorität ausdrücken. Seine Macht über mich. Eine verbale Unterscheidung herstellen, die vorher nicht existent war, weil Angel Cor dreimal über die Lippen gekriegt hat und stolz darauf war und diskutieren wir wirklich meine Spitznamen? Ernsthaft? Ich meine, Luv und Pet teile ich ja mit der gesamten weiblichen Bevölkerung und genügend Dämonen, die im Besitz von Brüsten sind und es ist okay.“

 

„Gut“, damit dreht er sie aus dem Frontalkontakt und das Thema ist für ihn erledigt. Cordelia würde noch einige Zeit benötigen, bis sie sich an seine Stimmungsumschwünge gewöhnt hatte. Er konnte eine Frau mit PMS ausgeglichen erscheinen lassen, vielleicht rührte seine weibliche Ader von zu vielen Snacks an selbigen. Sie grinst ihn spöttisch an, während sie seine Schrittfolge nachahmt und er die Augenbraue hebt.

 

„Cheerleader mit jahrelanger Praxis, deine veralteten Praktiken können mich nicht einschüchtern.“ Seine Choreografie wird komplizierte und sie folgt blind seiner Führung, hat irgendwann das Gefühl, dass sie keine zufälligen Muster bilden, sondern sie etwas auf Countrymusic tanzen, das seit mindestens einem Jahrhundert nicht mehr aktuell ist. Aber es erheiternd und elegant in einem ist und sie dieser Mischung nie widerstehen konnte. Der Tanzboden sich leert und die Menge einen Kreis um sie beide bildet. Sie eigene Schrittfolgen mit einbaut und er anerkennend nickt.

 

Sie nicht nur beim Kämpfen synchron sind, sonder hier ebenso harmonisch.

 

Das Lied verstummt und sie begeisterten Applaus von den Leuten bekommen, sie zwar auf dem Land sind, aber Cordelia Spike stolz anstrahlt und der blasiert lächelt. Sie eine Vorstellung davon bekommt, was für ein verstaubter Dandy er als Mensch gewesen sein muss. Einen Gratisdrink aufs Haus vom Wirt erhalten und Spike meint, dass sie mit dem Contredanse durch verschiedene Läden ziehen könnten, wenn alle Stricke reißen. Sie der Meinung ist, dass sie nicht genügend getrunken haben, wenn sie noch einen nostalgischen Tanzstil zustande bringen und er nicht auf die Idee kommt, sie als Stripperin zu verhökern, er ihr zustimmt und sie weißen und goldenen Tequila bestellen.

 

Die Runden ineinander fließen, so wie ihr Lachen, sie sich gut fühlt und glücklich.

 

Eine Last von ihrer Seele genommen wurde, von der sie nicht geahnt hat, dass sie diese spezielle mit sich herumtrug. Die Fesseln ein wenig lockerer sitzen. Ihre Gefühle sich etwas ausgeglichen haben. Weil Angel sie zum Lächeln brachte und seine Stimme ihr die Realität endgültig vor Augen führte und diese Wirklichkeit über die Gegenwart hinausging und eine Zukunft mit Seele einschloss. Eine, die sie erleben wollte.

 

Als sie zusammen mit Spike ins Bett fällt, hat sie vergessen, weshalb sie überhaupt vergessen wollten und urteilt, dass es gut ist, dass er weiß, wo sich ihr Zimmer befindet und den Schlüssel hat. Oder dass er sie auf der kurzen Strecke von der Bar zum Motel mehrmals vor einem Sturz bewahrte. Oder dass der Boden heute tatsächlich schwankt, ohne dass sie fällt. Oder dass sie nicht in ihren Kleidern schlafen sollte, wobei sie sich nicht sicher ist, was das mit Fallen zu tun haben soll und weshalb Unterwäsche sich nicht als Kleidung in seinen Augen qualifiziert. Sie diese auf sein Drängen anbehält und ihren Widerspruch vergisst, als sie seine nackte Haut unter ihrer fühlt. Sein kalter Körper sich gut unter ihrem erhitzten anfühlt, wie eine eigene Klimaanlage und ein sicherer Hafen.

 

So wie seine Arme um ihren Rücken, das Gefühl von Schutz verstärken.

 

Sie seine Halsbeuge liebt und seinen Sommergeruch.

 

Nichts dabei findet, ihm diese Kenntnis mitzuteilen.

 

Er ihr ein Grunzen als Bestätigung gibt und dann ist sie weg.


Awake to

the sound

 

Cordelia vermisst ihre Seltrax und zwar nicht wegen ihrem Kater, der das gedämpfte Licht in ihrem Motelzimmer in Scheinwerfer verwandelt, sondern wegen den zwei Mördervisionen, die sie direkt hintereinander bekommen hat. Was sie eigentlich zu einer Vision werden lassen, nur scheint ihre Logik zusammen mit ihrem Gleichgewichtssinn gerade in dem nicht funktionsfähigen Teil ihres Hirns zu sitzen. Denn das Zimmer dreht sich und sie will sich nicht schon wieder in Spikes Gegenwart übergeben und verflucht, sie versucht die Eindrücke zu ordnen und gleichzeitig ihr Handy zu finden.

 

Etwas das beinahe zuviel Koordination in diesem lädierten Zustand erfordert.

 

Wird endlich in seinem Ledermantel fündig.

 

Sunnydale bekommt den ersten Anruf und sie klärt Buffy darüber auf, dass ihre Versöhnung mit Xander über Sex mit Spike warten kann und sie stattdessen Tara aus dem gemeinsamen Schlafzimmer mit Willow schaffen sollen und zwar JETZT. Sie eine Vision hatte und Fragen gerade nicht angebracht sind, sondern die Jägerin einfach ihren Anweisungen folgen soll. Warren zwar wie ein Loser aussieht, aber Pistolen trotzdem tödlich sind und noch viel tödlicher ist Willow auf einem Rachetrip. Und ja, es wäre angebracht, die Cops jetzt anzurufen, damit er direkt ins Gefängnis wegen unerlaubten Waffenbesitz wandert, wenn er in wenigen Minuten in der Summerresidenz auftaucht und Guten Morgen, Buffy. Ja, sie muss sie heute im Laufe des Tages zurückrufen und sich jetzt um Tara kümmern.

 

LA ist der zweite Anruf gewidmet und sie schreit Wesley an, dass er die Hände von Connor und falsche Prophezeiungen lassen soll. Weil sie erstens nur Verderben bringen und zweitens gefälscht sind, er sich drittens nicht mit Holtz verbünden soll, weil er ein verdammter psychopathischer Bastard ist und sollte er auch nur daran denken, der Aussage ‚Der Vater tötet den Sohn’ glauben zu schenken, sie persönlich seinen Arsch nach Quor-toth kicken wird und ja, er kann in seinen Büchern nachlesen über was für eine Höllendimension sie genau redet und wer Shajhan ist.

 

Und nein, sie ist nicht verrückt, sie hatte nur eine Vision, die ihn als schlafgestörten Judas darstellt, der zuviel Zeit alleine in seinem Büro verbringt. Ja, er kann sie heute im Laufe des Tages zurückrufen, solange er sich darüber bewusst ist, dass die Voraussage nicht echt ist und Angel Connor nicht umbringen wird, egal wie grüblerisch oder mörderisch er schaut, weil er ein Problem damit hat, dass sie mit Spike hier in Kansas ist. Und es wäre von Vorteil, wenn er die Blutkonserven im Kühlschrank durch neue ersetzt, weil die Connors Blut enthalten und Wolfram & Hart ihre Finger darin haben. Es Zeit für einen erneuten Besuch von Angel bei den Anwälten ist und er dort seine effektiv Wut entladen kann, die sich in ihm angestaut hat.

 

Ja, sie liebt ihn auch, selbst wenn sie ihn wie eine Furie anschreit.

 

Danke der Nachfrage und sie muss jetzt auflegen.

 

Sitzt nachdem sie die Verbindung unterbrochen hat auf der Matratze und versucht die Bilder einzuordnen. Die möglichen Konsequenzen für das Leben ihrer Familie und Freunde auszusortieren, wenn sie keine Vision bekommen hätte und sich mit den veränderten Fakten zu arrangieren. Nicht an eine Kugel durchs Herz zu denken oder kalter Stahl, der ihre Kehle aufschlitzt. Nicht an die Kälte und den Hass in den Nachwehen. Es ist schwieriger, wie sie angenommen hat. Die Eindrücke zu frisch.

 

Spike ihr einen kalten Waschlappen bringt und sie einen Moment draufstarrt, bevor sie loslacht.

 

Verdammt, der Tag fing gut an.

 

Kann sich nicht entscheiden, ob ihr Magen oder ihr Kopf sich mehr dreht, fällt erschöpft zurück auf die Matratze und schließt die Augen. Gott, ihr Schädel hämmerte auf eine Weise, die sie an ihre undämonischen Visionen erinnerte und die den Rhythmus ihres Herzschlags schmerzlich durch jede Synapse jagten. Nicht die angenehmste Art zu beweisen, dass sie am Leben war.

 

Kläglich, „Nie wieder Alkohol für Seherinnen, 'kay?“

 

„Okay!“, hört Spikes Lächeln und die Lüge in seiner Stimme, die Matratze, die protestierend unter seinem Gewicht quietscht. Er nimmt ihr den Lappen aus der Hand und legt ihn auf ihre Augen. Die Kühle bringt tatsächlich etwas Linderung, so wie das noch weiter gedämpfte Licht. „Können wir weiterschlafen?“

 

„Ich weiß zumindest, dass ich im Moment nicht transportfähig bin, ohne dass mein Schädel auseinander bricht, wie eine überreife Melone.“

 

„Ich nehme das als ja.“

 

„Yeah.“

 

Buffys Anruf weckt sie nachmittags und die Dankbarkeit für die Warnung ist fühlbar, Warren sicher hinter Gitter und jeder wohlauf. Aber das mit den Visionen muss Cordy ihr einmal genauer erklären und sie sagt, dass Willow Bescheid weiß oder Wes ihr genauere Informationen geben kann. Sie ist nur der Blitzableiter der Mächte der Ewigkeit und erhält vagen Warnungen oder in letzter Zeit ziemlich explizite, was mit ihrem neuen Dämonenstatus zusammenhängt und nein, sie wissen noch nicht genau, was für eine Art von Dämon sie ist. Nein, sie haben Spikes Chip nicht an ihr getestet, obwohl Cordelia vermutet, dass er nicht auf sie anspringen würde, schließlich ist sie kein reiner Mensch mehr. Aber ebenso wenig fungiert sie gerne als Punchingball, das hat sich nicht geändert. Ja, es ist wirklich cool, dass Spike Buffy schlagen kann, weil bei ihrer Auferstehung etwas auf der molekularen Ebene durcheinander gekommen ist, ist interessant, aber Cordelia fragt, ob die Jägerin nicht lieber mit Spike direkt reden will und deren Stocken ist deutlich.

 

Cordelia sich zur Seite dreht und Spikes gespanntem Blick begegnet.

 

Sie etwas subtiler vorgeht, „Buffy, um was ging es bei der geplatzten Versöhnung heute morgen zwischen dir und Xander? Das einzige, das ich mitbekommen habe, ist, dass es um Spike ging und dein Sexleben mit ihm.“ Okay, vielleicht musste sie an dem subtilen Part noch arbeiten, aber die Probleme kamen ihr ziemlich banal vor.

 

Die Pause dehnt sich und die Decke ist bequemer anzustarren, ohne sich den Hals zu verrenken, wie den Vampir neben ihr, endlich, „Du weiß darüber Bescheid?“

 

„Ja, es ist bei ein, zwei Gesprächen in Nebensätzen aufgetaucht.“

 

„Und du findest es okay? Ich meine, Slayer/Vampir ist ein Konzept, das sich den meisten Menschen schon im Prinzip entzieht. Aber da du jetzt eine Halbdämonin bist, hast du sicher keine Probleme damit, schließlich sind Menschen für dich jetzt auch eine andere Spezies. Angelus war mir aber eine Lehre auf dem dämonischen Gebiet und eine negative Erfahrung, die sich eingeprägt hat. Nichts das ich wiederholen will.“ Cordelia hat vergessen was für ein selbstgerechtes Miststück Buffy sein konnte, was sie zu dem gestrigen Grund ihrer heutigen Kopfschmerzen bringt.

 

Sie reibt sich über die Stirn, versucht das sich wieder ankündigende Pochen zu ignorieren und eine unverfängliche Antwort zu finden.

 

Dass die Jägerin in glücklicher Unwissenheit über die neusten Entwicklungen an der Angelus-Front ist und ihrer Meinung nach auch bleiben soll. Ein bewusstes Versäumnis von ihr in Sunnydale und diese Art von Wahrheit kommt immer zurück, um einen heimzusuchen so wie im Augenblick. Cordelia sich nicht wirklich dazu in der Lage sieht, den Fehlschluss aufzuklären, den Buffy gezogen hat, ohne ihre Fassung und den eigentlichen Punkt zu verlieren.

 

Besinnt sich auf die unpersönlichen Fakten. Unterweisend, „Du kannst Angelus und Spike nicht miteinander vergleichen, Buffy. Das sind zwei Paar Schuhe nicht nur aus unterschiedlichen Kollektionen, sondern Jahrgängen. Du würdest ja auch nicht einen Prada-Pomps und einen Gucci-Pomps anziehen, selbst wenn beide die gleiche Absatzhöhe und die gleiche Farbe haben, nur um zu beweisen, das sich beide in deiner Kollektion befinden. Das ist lächerlich, richtig?“ Das Schweigen am anderen Ende zeigt Cordelia, dass der Vergleich zu absurd war. „Kannst du dir Angelus beim Babysitten von Dawn vorstellen?“

 

Sexueller Missbrauch der Kinder. Susan war zwölf und blond und Thomas sechszehn.

 

Schlechter Gedanke. Cordelia schluckt und schließt die Augen, hat keine Lust mehr sich mit Buffy zu unterhalten, aber die redet sich über Chips warm und unsichere Alliierte. Darüber dass er für sie da war und sie etwas fühlten wollte neben der Leere und Cordelia gibt Spike wortlos das Telefon und geht duschen.

 

Bevor sie ihr Gefühl und ihren Mageninhalt erneut verliert.

 

Als sie nach über einer Stunde aus dem Badezimmer kommt, ist ihr Gesicht ohne Make-up, ihre Lippen blau und die Schatten unter ihren geröteten Augen tiefer. Sie sucht ihre Tasche mit den Kleidern. Der dicke Rauch im Zimmer sagt ihr, wie Spike die Zeit überbrückt hat. Er raucht selten Kette und dann meistens in emotionalen Stresssituationen. Das Gespräch mit Buffy ist wahrscheinlich nicht so gelaufen, wie er es sich gewünscht hatte. Cordelia weiß nicht, ob sie deswegen froh sein soll, immerhin war er nicht auf seinem überstürzten Rückweg nach Sunnydale, auch wenn er gestern gemeint hatte, dass er sie wahrscheinlich so oder so in New York abliefern würde. Aber irgendwie vertraut sie ihrem glücklichen Händchen mit Männern zurzeit nicht so, wie es in der Vergangenheit der Fall war.

 

Spikes wachsamer Blick folgt ihr und sie fühlt die Ungeduld in sich. Ruhelosigkeit.

 

Eine Panterin, der ihr Käfig zu eng wird und die Gitter auf der Suche nach nicht vorhandenen Schwächen abstreift. Nicht vorhandene Gitter. Sie neigt zur Dramatik in letzter Zeit und ihr fallen spontan zu viele Metaphern ein, um innere Verwesung in mehr Worten zu umschreiben.

 

„Ich habe Buffy erklärt, warum wir auf diesem Road Trip sind.“ Sie erstarrt in ihrer Bewegung, denkt nicht. Nicht. Denken. „Sie hat es entsprechend den Umständen aufgenommen.“

 

Was waren ihre Umstände? Cordelia kannte ihre eigenen, aber Buffys? Sie hatte Angel in den letzten drei Jahren weniger als ein halbes Dutzend Mal gesehen, wie konnte sie also Umstände haben, die ihn involvierten? Sie hatte ihn nicht fast jeden Tag gesehen, ihn mit Blutmischungen und Kaffee bedient und in den Wahnsinn getrieben, Wunden versorgt und sein Baby in den Schlaf gesungen. War nicht an seiner Seite, als Darla zurückkehrte und er sie zur Nebendarstellerin degradierte. Hatte nicht trotz allem sein Leben geteilt, weil sie keine andere Wahl hatte. Es ihre gemeinsame Mission war.

 

Aber natürlich drehte sich alles irgendwie um Buffy, so wie sich bei der Jägerin alles irgendwie um Angel dreht und sie beide die entsprechenden Entschuldigungen finden, die Menschen in ihrem Leben zurückzustoßen und aufs Kreuz zu legen. Cordy. Spike. Teil des Champion-Deals. Handlanger, Weggefährten und Komplizen, aber nie die erste Wahl gewesen. Immer Ersatz.

 

Sie ist bitter und sie ist zynisch. Unehrlich zu sich selbst, aber Cordelia ist es egal.

 

Ihr ist es egal, wenn die Jägerin genau in diesem Moment auf ihrem Weg nach LA ist.

 

„Schön für sie.“ Ihre Hände zittern und sie flucht unter ihrem Atem, greift nach dem Rucksack und will zurück in die Sterilität des Bades. Zurück in den weichen Kokon aus Dampf und Feuchtigkeit, der sie in dem Glauben lässt, dass die Welt nur aus dem einen Quadratmeter ihrer Duschkabine besteht. Will sich nicht vor den Spiegel stellen und für die Welt präsentable machen. Aber sie weiß, dass sie es tun wird, weil es das ist, was sie von sich selbst erwartet.

 

Spike klingt überrascht, „Schön für sie? Ich denke, das trifft es nicht ganz.“

 

Sie dreht sich zu ihm um, zornig, „Was erwartest du, Spike? Soll ich einen Freudentanz aufführen, weil ich es ihr endlich heimgezahlt habe für all die Male, bei denen sie mir Angels unsterbliche Liebe unter die Nase gerieben hat? Eine reine Liebe, die eine selbstzentrierte, narzisstische Person, wie ich es bin, nicht verdient hat? Ich bitte dich, diese kindische Fehde gab es nie und die Highschool liegt schon lange hinter uns. Ich war nie eifersüchtig auf die Bürde, die mit dieser Liebe kam.“

 

„Das ist interessant, ich dachte, sie wäre Perfektion und keine Bürde. Du hast mir nie gesagt, wie dein Angel seine Seele in deiner Gegenwart verlieren konnte. Ich bin bis gestern vom Klassiker ‚Wham bam thank you ma’am’ ausgegangen, aber den hast du bei deinem kleinen Streit mit Peaches ausgeschlossen. Also wie hat er deine Abwehr unterlaufen?“

 

Und sie überlegt lange, ob sie ihm an die Gurgel springen soll für die pseudopsychoanalytische Art, in der er es gesagt hat. Starrt ihn hart an und schnappt dann ihren Rucksack, um sich zu keinen unbedachten Handlungen hinreißen zu lassen, die seine Kastration beinhalten.

 

Spike fängt sie an ihrer Hüfte ein, als sie am Bett vorbeiläuft, sie ist zu sprunghaft, ihr Rucksack fällt zu Boden. Das Handtuch ist einen Moment später durch ihre impulsive Bewegung weggerutscht, hängt wie eine zerknitterte weiße Friedensfahne in seiner Faust und er blickt es einen Moment verwirrt an, bis er sich auf ihr Gesicht konzentriert. Seine Frage erstirbt unter der Herausforderung in ihrem Blick.

 

Sie fragt sich, wann er aufgeben wird und die Unmöglichkeit seines Unterfangens einsehen, er ist kein Psychiater und ihre professionelle Hilfe schließt Waffen, Stahl und Blut ein. Keine Therapiestunden auf der imaginären Couch mit ihr auf dem Rücken und dass sie keine schnelle Antwort findet, verwirrt sie weiter. Aber er hat ihr nie versprochen, dass es einfach wird, nur dass er sie bei seinem Hexenmeister abliefert und dort ihre Erinnerungen findet. Nur kann sie im Moment mit den Bruchstücken nicht umgehen, die sie aufgesammelt hat und es schmerzt, pocht, reißt an ihr.

 

Die roten Striemen sind noch deutlich sichtbar und sie spürt die Scham in sich und die Wut auf ihn, weil sie nicht in der Stimmung ist, dass er ausgerechnet jetzt bohrt. Weil sie doch wohl ungestört duschen kann, sich sauber schrubben, wenn sie dreckig ist und sie presst die Lippen zusammen, um die bitteren Worte drinnen zu halten, die nicht ihn zum Ziel haben, er aber genauso gut dafür fungieren kann, wenn er nicht aufhört sie genau so anzustarren.

 

Cordelia nicht in Laune ist zu teilen und er kann ihren Schmerz nicht wie einen Schwamm aufsaugen, ohne sie zu töten. Kann ihr nicht sagen, dass alles gut wird, ohne eine Lüge zwischen sie zu stellen. Kann ihr nicht die Schuld von den Schultern nehmen, weil es alles ist, das sie im Hier verankert. Sie ohne diese himmelwärts fliegen würde, ohne Reue oder gar nicht an diesem Punkt angelangt wäre, wo er sie mitleidig anstarren kann. Dass sie sich auf derselben Ebene befinden. In derselben Hölle.

 

Er hat keine Seele. Hat ihm Buffy das nicht gerade wieder klar gemacht?

 

Verdammnis ist alles was sie beide erwartet.

 

Seine verteufelten Augen lassen ihr Gesicht hinter sich und streifen über die gerötete Haut. Die ungleichen Muster, die ihre Finger in ihrem Wunsch gelegt haben, endlich sauber zu sein. Mit zuviel Druck. Mit zuviel Entschlossenheit. Mit Nägeln und ohne Erfolg.

 

Sein Fokus sich auf den Bluttropfen an ihrer linken Brust verlegt, über ihrem Herzen, die einzige Stelle, an der sie aus Versehen die Haut aufgekratzt hat. Es ist keine Blutlust in seinem Blick aber Neugierde und sein Kopf kommt näher. So unendlich langsam und sie ist nicht von Spikes eigenem Charme hypnotisiert, sondern von dem Dämon und sie erkennt den Unterschied. Die Differenz in der Dunkelheit dieses Verlangens. Worin es sich verwurzelt und steht still mit pochendem Herzen, sieht wie ihre Brustwarzen steif werden, in Erwartung des Bisses. Des Schmerzes. Irgendetwas das es einfacher zu ertragen macht, das sie aus dieser Vorhölle ihres Verstandes katapultiert und die verwischte Erinnerung drängt an die Oberfläche, dass es einfacher ist, wenn sie kapituliert.

 

Er die Augenbrauen nachdenklich zusammenzieht, bevor seine kalte Zunge ihre feuchte Haut trifft. Eine raue Spur hinterlässt, die kein Fegefeuer in ihr weckt, aber eine kleine Flamme, die unter der Stelle züngelt, die er berührt und sie bringt ihre Hände auf seine Schulter, um nicht in die Knie zu gehen. Zieht sich näher an ihn, während er die Augen schließt und ihren Geschmack in sich aufnimmt.

 

Sie in Trance ist und es so einfach erscheint, sich auf seinen Schoß zu setzen und den Geschmack ihres Blutes von seinen Lippen zu kosten. Seine Worte unklar sind, als er die Lippen löst, sein Kopf zwischen ihren Brüsten schwebt, die Luft, die beim Reden ihre Haut streift eine Gänsehaut verursacht und sie will nicht aufwachen. Nicht vernünftig sein. Will sich ergeben. Nicht an Konsequenzen und Vergangenheit denken.

 

Aber seine Worte verlangen es von ihr, bedeuten Gefahr und Erinnerung.

 

Seine Stimme ist so leise und sie senkt den Kopf, um ihn besser zu verstehen, die Bedeutung seines heiseren Flüsterns einzufangen. „Du kannst dich an einen Höhepunkt erinnern, danach hast du abgeschalten und zeitweise davor. Aber die eigentliche Gedächtnislücke beginnt erst mit deiner ungeahnten Niederlage, richtig Cordelia?“

 

Seine dunkelblauen Augen treffen ihre, die goldenen Flecken, die darin tanzen, faszinieren sie, fesseln ihre Aufmerksamkeit. Und sie nickt, atmet tiefer und wartet darauf, dass die Kühle seiner Wangen gegen ihre brennende Haut zurückkehrt. Dass er ihren Kopf herunterzieht und ihre Lippen in Beschlag nimmt. Die Kühle seiner Zunge und die Hitze ihrer Haut von seinem Körper konsumiert wird.

 

„Es war das erste Mal, dass du in den Armen eines anderen gekommen bist?“ Ein weiteres Nicken und seine Stimme wird fester. Nachdrücklich und wissend, „Das erklärt einiges.“

 

Damit lässt er sie los, schiebt sie ein Stück zurück und sie starrt ihn an. Nicht fähig die Kontrolle zurückzuerlangen, die er ihr so effektiv gestohlen hat.

 

„Ich gehe duschen, bin gleich wieder da.“ Er hört sich so gottverdammt normal an.

 

Und sie setzt sich mit weichen Knien auf den Platz, den er auf dem Bett geräumt hat und hört den Klick des Schlosses, den sie noch nie in seiner Gegenwart vernommen hat. Dreht den Kopf und starrt ungläubig auf die weiße, dünne Tür, die sie mit einem Kick niederreißen könnte. Hört das Rauschen der Dusche einsetzen.

 

Sie schließen keine Türen ab, nicht sie beide, weil sie die Privatsphäre des anderen respektieren und keine Schlösser brauchen, um sich zu verteidigen oder den anderen auszuschließen. Nicht aneinander kleben und wissen, wie weit sie gehen können und wann. Weshalb schließt Spike also ab? Schließt sie aus? Wie konnte er soweit gehen und dann einfach gehen? Aufstehen und sie hier zurücklassen?

 

Versucht zu verstehen, was gerade eben passiert ist.

 

Was es erklärt.

 

Warum er so desinteressiert an ihrem Gefühlstumult ist. So kühl.

 

Ihr Handyklingeln bringt etwas Realität in ihren Kopf und es ist Wesley, der mehr Informationen zu ihrer Vision will und sie sagt ihm, dass sie sich anziehen muss und ob er sich in fünf Minuten noch mal melden kann. Beeilt sich mit dem Ankleiden, bringt etwas Make-up auf ihr Gesicht und starrt dann auf das Telefon.

 

Spürt Spikes Zunge unter ihren Kleidern auf ihrer nackten Haut und sie hat nicht an Stärke gewonnen, sondern nur ihre Fragen. Weil sie sich jetzt schwach vorkommt und nicht weiß, ob sie ausgespielt wurde oder nur seziert. Sie kein Forschungsprojekt oder Experiment sein will, aber es sich so anfühlt. Das Drehen des Badezimmerschlosses ignoriert sie, es ist nicht das Geräusch auf das sie wartet.

 

Spike sie fragt, ob sie bereit ist und sie nickt, schlafwandlerisch sicher.

 

Er die alte Decke über den Kopf wirft und Richtung DeSoto lossprintet, während sie bedächtig abschließt und den Schlüssel an der Rezeption abgibt. Sich fragt, ob sie tatsächlich weniger als zwölf Stunden vorher lachend in das Zimmer gestürzt ist. Sich ihre Zeit lässt, weil sie ihr Zeitgefühl immer noch nicht gefunden hat und auf dem Weg zum Auto von dem Klingeln erlöst wird. In der prallen Abendsonne steht und Wesleys Fragen so gut und ausführlich beantwortet wie sie kann.

 

Die Luft vor Energie und Hitze schwirrt und ihr schwindelig ist.

 

Es gut ist seine Stimme zu hören, sie diese Kenntnis für sich behält.

 

Sagt, dass sie ihn vermisst am Ende des Gespräches.

 

Hört seine Entgegnung und wundert sich, weshalb es sich bei ihm nicht wie emotionale Erpressung anhört, wenn er sagt, dass er sie vermisst. Wundert sich, wie viel Wesley ungesagt von dem versteht, was zur Zeit in ihr vorgeht, denn er war ebenfalls schon einmal hilflos gefesselt und hat der Gefahr zu lange, zu tief in die Augen geblickt.

 

Dann in den DeSoto steigt, mit einem vermummten Spike auf dem Beifahrersitz. Sie ihre eigenen Defensiven vermisst. Das Radio aufdreht und den Motor, er nichts dazu sagt und sie sich irgendwann albern vorkommt, mit überhöhter Geschwindigkeit über die Landstraße zu brettern, vorbei an endlosen Weizenfeldern und alles Gold erscheint, selbst der Himmel.

 

Er eine Zigarette nach der anderen raucht, bis ihre Augen brennen.

 

Sie das Brennen auf den Rauch schiebt und nicht auf ihn.

 

Als das letzte Sonnenlicht verglüht ist, tauschen sie das Steuer, öffnen die Fenster und die Luft erscheint noch immer zu dick zum atmen. Die Stille zu tief. Die dritte Vision dieses Tages trifft sie wenig später unvermutet, aber sie ist für sie und sie scheinen beide in Blutlust zu sein und der Kampf in der passenden Relation.

 

Groß, golden und wenig ruhmreich.

 

Wer hätte gedacht, dass in Kansas Dämonen auf den Feldern wachsen? Im Dutzend?

 

As they peel

apart the skin –

 

Cordelia hat ein schlechtes Gefühl, als sie auf die Lichtung für das Ritual treten und es bestätigt sich wie meistens, sie werden beide verletzt. Aber Spike deutlich schwerer und sie kämpft härter, als sie ihn in Slow Motion fallen sieht. Die Welt einfriert für den zeitlosen Augenblick, als sein Blut über das Schlachtfeld sprüht in einem abgefuckten Horrorfilmklischee und sie versteht in diesem Augenblick, weshalb die Filmemacher immer soviel Blut verwenden. Er ein Vampir ist und nicht auf diese gottverdammt unnatürliche Weise ausbluten sollte mit all den menschlichen Spezialeffekten. Denn Spike hat keinen Herzschlag, der es aus seinen Adern presst und es liegt dennoch wie ein Sprühnebel aus roter Graffitifarbe in der Nacht.

 

Erstarrt und starrt. Wird von seinen Augen festgenagelt, die sie um etwas bitten.

 

Wehrt instinktiv den Gegner an ihrem Rücken mit dem Rückschwung ihres Katanas ab. Noch immer schlafwandlerisch sicher. Noch immer auf Autopilot. Weil ihr Geist noch immer von dem Bild vor ihr gefangen gehalten wird. Er so fassungslos blickt, wie sie sich fühlt, denn das hier passiert nicht. Spike fällt nicht. Er tut es einfach nicht. Er kann nicht. Bitte nicht. Nicht so. Das ist ihr Part. Sie hat dafür geübt die letzten Monate, möglicherweise die letzten Jahre.

 

Aber er geht in die Knie, egal wie ungläubig und stumm er sich die Kehle hält, sich mit einem gurgelnden Röcheln vorbeugt. Es ändert sich nichts daran, dass er wie ein gefällter Urwaldgigant nach vorne kippt, der sich immer schneller der Schwerkraft ergibt.

 

Ihn fallen sieht und denkt, dass diese verfluchten Dämonen nicht wissen, dass er kein Mensch ist, weil sie ihn sonst beenden würden, während er schutzlos auf der Erde des Feldes kauert. Es sein Ende wäre, wäre er ein Mensch und nicht nur eine weitere schwere Verletzung in seinem langen Leben. Ihr wieder klar wird, was für eine relativ fragile Konstante Zeit in ihrem tödlichen Geschäft ist, denn zwischen der Blutfontäne und seinem Aufprall vergehen nur Sekunden und sie fühlt sich um Jahre gealtert, als er schließlich regungslos auf dem Boden liegt.

 

Sie überleben muss, damit ihn nicht die Morgensonne umbringt.

 

Es keine Entschuldigung für sie gibt, den Tod herauszufordern und ihre Deckung zu vergessen. Die Lektionen zu vernachlässigen, die Angel und Spike ihr in den endlosen Trainingsstunden eingetrichtert haben und sie auf all ihr Können angewiesen ist, um hieraus nicht als komplette Verliererin hervorzugehen. Ihr Griff um ihr Katana wird unsicherer, ihr eigenes Blut und Schweiß machen selbst die grobe Baumwolle glitschig, so wie ihre einsetzende Erschöpfung sie angreifbar macht. Mehr bluten lässt. Schneller. Das Röhren der Dämonen durch die Nacht klingt und sie einstimmt in ihrer urtümlichen Wut, weil es primitiv ist und zu ihrem Wesen passt. Und diese Dämonen sind ebenso loyal wie Spike, weil sie nicht flüchten, selbst als ihre Zahl von ihrem Schwert auf zwei dezimiert wird.

 

Hier kein Platz für Fragen ist und Experimente, die ultimative Niederlage entweder ihr Gegenüber oder sie trifft und so enthauptet sie den vorletzten und dreht sich weiter. Ihrem eigenen originären Tanz folgend und dem Schwung ihres Katanas und der letzte fällt auf die offene Erde, während sein Schädel aus ihrem Sichtfeld rollt.

 

Sie gerne aufrecht stehen bleiben würde und Atem schöpfen in der kühlen Brise oder einen animalischen Siegesschrei ausstoßen, der die Mächte aufweckt und ihnen eine Warnung mitgibt, sich nicht mit ihr einzulassen, weil sie es müde ist, verletzt zu werden und ihre Freunde fallen zu sehen.

 

Weil sie es so müde ist, halbherzige Rechtfertigungen für deren großen Plan in ihrem Kopf zurechtzulegen. Das Adrenalin durch ihre Adern pumpt und ihren Verstand auf den Überlebensinstinkt reduziert und dieser die Mächte als Gefahr für ihr Überleben und das ihrer Familie identifiziert und gleichzeitig als deren einzige Rettung. Die Dualität dieses Gedankens, Hysterie in ihr weckt und sie kämpft um ihre Beherrschung. Kämpft ihre Gefühle nieder. Hart. Versucht die Fetzen der Vernunft einzufangen, die durch ihren Verstand rasen, Blitze in Lichtgeschwindigkeit. Zu schnell. Nicht wirklich greifbar und sie versucht die Gedanken einzufangen. Nicht den roten Nebel vor ihren Augen zu sehen, weil der nicht mehr real ist.

 

Abgelöst durch die unnatürliche Stille ihres Sieges und Spikes Niederlage.

 

Nur durchbrochen durch ihre harschen Atemzüge, die zu laut sind.

 

Spikes Kehle genauso aufgeschlitzt, wie es Wesleys wäre ohne die höhere Warnung und sie fragt sich, ob Willows Schmerz genauso surreal war, als Tara vor ihr zu Boden fiel, wie Cordelias in dem Moment, indem sie Spike fallen sah. Es für Tara genauso schockierend und ewig war, als die Blutspritzer Willows weißes Oberteil befleckten und sie verstand, was passiert war. Ob Spikes Fall für ihn ebenso zeitlos war.

 

Sie Heimsuchung erkennt, wenn sie damit gnadenlos konfrontiert wird.

 

Sie heimgesucht wird, von ihren Erinnerungen, den Visionen, der Gegenwart. Bis Nichts mehr im Zusammenhang steht und trotzdem Alles miteinander vereinigt ist. Jede Emotion klickt in ihr zusammen, in einem perfekten Einklang. Einer perfekten Melodie aus Schmerz und Verlust. Sie fühlt und sie hat immer zuviel gefühlt bei den Visionen und das war der Teil, der wirklich schmerzhaft war. Der sie tatsächlich umgebracht hat, nicht ihren Körper sondern sie, dieses unbekümmerte Mädchen. Diese emotionale Verbindung zu dem Gesehenen. Und sie hat gedacht, dass sie besser geworden ist, im distanzieren von dem Erlebten, aber hier geht es letztendlich um ihre Familie. Um Menschen, die sie seit ihren Kindergarten-Tagen kannte oder um diejenigen, die so verzweifelt geliebt worden sind und sie fühlt.

 

Hat sie erwähnt, wie viel sie fühlt? Zuviel und Cordelia löst sich. Lässt die Gegenwart los.

 

Die Rollen verdreht und verkehrt sind, ineinander fließen, aber die Fakten gleich bleiben.

 

Ein gebrochenes Herz. Eine aufgeschnittene Kehle. Nichts von Bedeutung. Nichts das sich grundlegend ändert. Der Hass und die Kälte sind in ihr, das ist neu, weil es noch nie einen Effekt auf sie hatte, weil die Dunkelheit sich immer so fremd angefühlt hat. Aber nicht jetzt. Weil Cordelia diese durch Menschen kennen lernt, denen sie schon so oft mit ihrem Leben vertraut hat, dass sie aufgehört hat zu zählen und sie versucht sie verzweifelt festzuhalten, weil es das leichter macht. Weiß, dass sie wie Willow scheitern wird. Dass sie sich wie Wesley weiter sorgen wird.

 

Eine Balance, die sich ewig die Waage hält und was ist Gut und was ist Böse? Was richtig und was falsch? Ist es passender, dass Spike auf dem Boden liegt, anstelle von Wesley? Weil er nicht kälter werden kann, nicht toter? Weil seine Zeit sowieso geborgt ist von fremdem Blut? Macht es das besser? Macht es das einfacher? Macht es das zu dem geringeren Übel? Ist es letztendlich ihre Wahl, weil sie sich entschieden hat die Visionen zu sehen und sich kein Urteil zu erlauben, nicht blind wie Justitia zu sein?

 

Cordelia ein Killer für das Licht geworden ist und nicht für die Dunkelheit.

 

Sie verzweifelt den Unterschied darin sucht, denn die Beute ist am Ende genauso tot. Der Schmerz genauso real und vielleicht das der einzige Unterschied zur dunklen Seite ist. Weil der Schmerz so verdammt real ist. So konsumierend. Es kein Spaß ist, keine Unterhaltung, sondern einfach nur einschüchternd. Lähmend.

 

Auge um Auge. Zahn um Zahn. Tropfen um Tropfen.

 

Spürt die Risse in ihrem Fundament, die knirschen, knacken und krachen unter dem Ansturm ihrer Gefühle. Unter dem Gewicht ihrer Aufgabe. Will sich aufgeben. Weil sie davon ausgehöhlt wird und etwas Neues in ihr erwacht. Und sie ist keine verdammte Schlange, die ihre Verantwortung wie eine alte Haut abstreifen kann und ihr altes Leben hinter sich lassen. Sich auf diese neue Berufung stürzen kann. Will.

 

Nur hat sie keine Wahl, die Energie fließt durch ihren Körper und jede Fiber davon und sie ist sich verdammt sicher, dass das Ganze nicht nur in ihrem Kopf stattfindet, sondern tatsächlich. Dass sie tatsächlich versteinert ist und es sich nicht nur einbildet. Aber sie würde gerne Zeugen befragen und nicht nur diese vollkommene Stille um sie herum, die ihr kalt entgegenschlägt. Ohne einen Laut und einen Windhauch und das ist merkwürdig.

 

Ein Vakuum in der Zeit. So fühlt es sich an.

 

Und Cordelia erkennt, dass es nicht wichtig ist, was sie fühlt. Sie bei denen da oben kein Interesse oder Mitgefühl weckt, sondern nur eine neue Prüfung provozieren wird, falls sie sich weigern sollte ihrer Aufgabe nachzugehen, um die andere, die ertragene in passende Relation zu setzen. Mit den desinteressierten Augen der Ewigkeit, ohne Partei zu ergreifen, immer ausgleichend, aber nie gerecht.

 

Sie fragt sich, weshalb sie diese Beförderung zum Champion erhalten hat und ob Wesley ihr Gehalt aufstockt, wenn sie ihn darüber aufklärt, dass Vision Girl nicht mehr wie ein Mädchen kämpft, sondern wie eine Furie. Sie eine Eingebung hat und ihr fehlt nur noch der Klick oder liegt der ebenfalls hinter ihr? Sie ist unsicher und der Zusammenbruch, wartet in der nahen Zukunft auf sie und das ist ein Bauchgefühl. Vielleicht hat sie die planvolle Zersplitterung ihres Wesens bis jetzt einfach übersehen. So wie sie vieles in ihrem Leben ausgeblendet hat, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand, ohne Ausweg. Es sich wie Angels und Buffys melodramatischer Deal anfühlt und nicht ihrer. Und ganz sicher nicht Spikes.

 

Sie sind die Ersatzbank. Haben die da oben diese wichtige Tatsache vergessen?

 

Oder wollen die nur ihr Team aufstocken?

 

Sicher gehen, dass alle Reparationen abgeleistet werden in diesem endlosen Krieg.

 

Und was passiert, wenn sie genug davon hat, keinen Wert mehr auf deren Meinung legt?

 

Irgendwie bezweifelt Cordelia, dass die Mächte ein formvollendetes Kündigungsschreiben akzeptieren. Schon die Adressierung würde sich als schwierig erweisen. Sie begreift, dass sie immer verliert und nur das beste aus den Momenten dazwischen machen kann. Denn darin besteht der Unterschied zwischen existieren und vegetieren. Sie hat keine Unsterblichkeit als Entschuldigung, um nicht zu leben. Und sie will nicht nur tot sein. Nicht nur auf ihr Ende warten.

 

So wie sie sich mit der mystischen Energie in ihrem Körper auseinandersetzen muss. Es kann nicht so schwer sein, ihrem eigenen Körper Befehle zu geben. Großer Zeh? Kleiner Finger? Rechte Hand? Das Katana löst sich aus ihrem krampfartigen Todesgriff und fällt klirrend zu Boden. Durchbricht die Stille. Die Starre hebt sich langsam mit einer stechenden Impression von tausend Nadelstichen auf. Der heiße Wind weht wieder ungestüm in ihr Gesicht, die Realität kommt zurück und sie.

 

Das hier war unnatürlich, bestätigt ihr Verstand leidenschaftslos.

 

Aber sie hat andere Sorgen, die ihre Aufmerksamkeit erfordern.

 

Wendet sich steif von dem kalten, passiven Himmel über ihr ab und geht stattdessen unbeholfen neben Spike auf die Knie, dreht ihn um und begutachtet den Schaden. Ist wütend, denn die Wut ist effektiver als hilflose Verzweiflung. Cordelia besinnt sich auf ihren Zorn und das prickelnde Gefühl der Taubheit verschwindet. Abgelöst durch diesen Ball aus heißer Glut in ihrem Magen, der ihre Hände nicht zittern und sie methodisch vorgehen lässt.

 

Mit einem Plan und mehr Überzeugung, wie sie sich zutraut.

 

Cordelia presst einen breiten Druckverband aus ihrer Bluse an seine Kehle, schnürt ihn so eng bis der Stoff in seinen Hals schneidet und fragt sich abwesend, ob er sein gesamtes Blut auf die Erde verteilt hat. Es eine Pfütze unter seinem Körper bildet, den Boden unter ihren Knien aufweicht und durch den Stoff ihrer Hose dringt. An ihr klebt, scheinbar überall. Glitschig und kalt. Er nicht mehr nach Sommer riecht, sondern Tod und sie nach ihrem Schwert greift und ihre Handgelenke anschneidet, weil die Abwehrwunden auf ihren Armen an zu ungeschickten Stellen sind, um sie ihm leicht zugänglich zu machen.

 

Betet, dass sie wenigstens etwas Rot in ihn zurückzupumpen kann, nachdem der provisorische Verband fest sitzt und es gut ist, dass er nicht atmen muss oder reden. Er sowieso bewusstlos ist und die Klinge nicht viel tiefer hätte schneiden dürfen, bevor sie seine Wirbelsäule durchtrennt hätte und sie mit Staub und Erde zurückgelassen hätte. Hofft, dass ihr Blut nicht vollständig in seinen Lungen landet, wo es seinen Nutzen nicht voll entfalten kann. Bebt vor Wut, weil sie ihn liegen lassen muss, um den DeSoto zu holen und sein totes Gewicht selbst dann schwer zu hantieren ist, als der Wagen direkt neben ihm steht und sie einige Minuten braucht, bis er sicher auf dem Beifahrersitz verstaut ist.

 

Ihr blutverschmiertes Katana nachlässig auf dem Rücksitz landet und sie sich den Teufel darum schert, denn sie sieht sowieso aus wie die Überlebende eines Massakers und kein Polizist wird ihr ihre Story glauben. Aber irgendwie glaubt sie, dass sie einfach blind durch jede Polizeisperre gewunken werden würde und das beweist wiederum, dass ihr Glaube trotz allem noch da ist, sie nicht fähig ist, ihn abzuschütteln oder niederzuringen und das ebenso furchteinflößend ist, wie paralysiert auf einem Feld in Kansas zu stehen, ohne einen Anhaltspunkt zu haben, was sie eingefroren hat. Oder ob sie sich einfach kurz aus ihrem Leben ausgeklinkt hat, um ihren Verstand zu bewahren und neu zu orientieren.

 

Spikes Kopf schließlich auf ihrem Oberschenkel liegt. Das Silber seiner Haare ist in Bronzerot getaucht und glänzt wie frisches Kupfer in der Finsternis. Ihre Hände zittern als sie nicht nach einem nichtexistenten Lebenszeichen sucht, sondern stattdessen ihr Handgelenk wieder auf seinen Mund presst und zwar solange, bis sie diesmal seine Fänge tief darin vergraben spürt.

 

Der Blutverlust die Furcht abebnen lässt und sie sich leichter fühlt mit jedem Schluck den er trinkt. Der Schluckreflex die einzige Reaktion ist und sie sich fragt, ob es ausreicht und er sein Bewusstsein wiedererlangen würde, wenn er sie bis zum letzten Tropfen aussaugen würde. Sich sein Gesicht vorstellt, wie er neben ihrer Leiche erwacht und es auf keinen Versuch ankommen lassen will. Sie absolut sicher ist, dass Leichenschändung nicht von seinem Chip präventiv verhindert wird und sie als Punchingball herhalten müsste, sollte sie es wagen, sich auf diese unehrenhafte Art aus der Affäre zu ziehen und ihn zu hintergehen. Spike sich nicht bewegt, als sie schließlich die Blutzufuhr unterbricht und ein T-Shirt von dem Rücksitz holt, um ihr Gelenk zu verbinden. Der Verbandskasten zu weit weg im Kofferraum ist. Sie es sich nicht erlauben kann, in Panik zu verfallen und Wesley die zwei in ihrem Kurzwahlspeicher hat.

 

Sie ihn fragt, an wen sie sich wenden kann mit einem verletzten Vampir und es dringend ist. Wirklich dringend. Er sie fragt, wo genau sie sich befinden und sie keine Ahnung hat, weil sie nach Staaten geht und nicht Städten. Sie nicht weiter östlich sind, als zu der Zeit, als Spike ihr Kleider gekauft hat. Sie in Kreisen durch Colorado, Oklahoma, Arizona und Missouri gefahren sind, vorbei an Wüsten, Weiden und Felder. Weil sie blind dem Pfad der Mächte gefolgt sind und nicht der ungefähren Direktion ihres Zieles New York.

 

Cordelia Tränen spürt und heiße Verzweiflung, weil sie in Wes’ Gegenwart nicht wütend bleiben kann. Und sie will ihn dafür verdammen, weil es weh tut, die Wut zu verlieren. Bis Wesley ihr sagt, sie soll einfach sitzen bleiben und sich kurz ausruhen. Er kümmert sich darum. Er kümmert sich um alles, er ruft sie zurück und gibt ihr dann exakte Anweisungen und das alles wieder gut wird. Sie glaubt Wesley einfach, weil er ihr nie einen Grund zum zweifeln gegeben hat und wartet mit Spikes Kopf auf ihrem Oberschenkel und ihrer Handfläche auf seinem Herz. Nicht dass es ihn schützen würde oder sie.

 

Aber es fühlt sich beruhigend an, selbst ohne einen Herzschlag.

 

Kein Staub unter ihren Fingern. Kein Schwefelgeruch in ihrer Nase. Nur Erde und Metall.

 

Solide Grundlagen, etwas mit dem man bauen kann, wenn man will.

 

Wenn man weiß, wie.

 

Sie ist wieder in Kontrolle, als ihr Telefon klingelt und Wesley ihr die Strecke erklärt, die vor ihr liegt und sie wundert sich nicht, wie er herausgefunden hat, wo sie genau sind. Ortungszauber ist in ihrer Welt alltäglicher, wie ein Navigationssystem. Sie sagt, dass Spike Blut benötigt, viel davon und ob sie sich darum kümmern soll oder ob daran gedacht wurde. Wesley sagt, sie soll sich keine Gedanken machen, sondern einfach sicher dort ankommen.

 

Dann fährt sie los, lässt das Schlachtfeld hinter sich und ihre Hand auf Spike Brust.

 

Ist dankbar für die Automatikschaltung. Für die kleinen Konzepte von flüchtigem Glück.

 

Kommt in dem Teil des Potawatomi-Indianerreservat an, der ihr beschrieben wurde und folgt der einzigen Straße bis sie die Gestalt einer alten Frau am Rande sieht vor einem einsamen Haus und zwei Beschützern, die ihre Seite flankieren. Fährt in die Auffahrt, parkt neben einer alten Corvette und wartet einen Moment, um sich zu sammeln, bevor sie Spikes Kopf achtsam von ihrem Oberschenkel legt und aussteigt.

 

Sieht das Misstrauen in dem Blick der Männer und die Weisheit in dem lederartigen Gesicht der hochbetagten Frau, „Wir haben dich erwartet, Kwé. Ngi-wabma.“ Der letzte Teil ist für die Männer bestimmt und sie mildern ihren Argwohn etwas.

 

Cordelia nickt, ist sich sicher, dass sie erwartet wurde lange bevor Wesleys Anruf hier eintraf. Seit entschieden wurde, dass nicht er heute Nacht bluten soll, sondern Spike und vielleicht schon eine sehr lange Zeit davor. Sie gibt den Männern Anweisung vorsichtig mit Spike zu sein, als sie ein breites Brett unter ihn schieben und anschließend in das Haus tragen. Ihnen in ein spärlich eingerichtetes Zimmer mit ihrem Luxusverbandkasten in ihren Armen folgt. Überwacht, wie sie ihn vorsichtig hinlegen und das Brett wegziehen, ihn mit ihrer Hilfe aus seinen Kleidern schält. Beginnt ihn zu waschen, verlangt mehr Wasser, als es sich sofort Rosa färbt und ist nach der fünfte Schale zufrieden als das Wasser fast klar bleibt und sie ihm auch den Rücken und die Haare gewaschen hat.

 

Spürt die Neugier in der Frau und die schützende Präsenz der Männer, während sie die Schnitte versorgt und sich schließlich an den provisorischen Druckverband wagt. Ihn vorsichtig löst, den vollgesogenen Stoff auf den Boden fallen lässt auf den Haufen seiner Kleider und mit Erleichterung wahrnimmt, dass das Blut nicht sofort in Strömen fließt. Seine Heilungskräfte das gröbste eingefangen haben und wischt das restliche Rinnsal behutsam weg, tupft vorsichtig Salbe darauf, bevor sie Gaze und anschließend sterile Watte auf die Wunde legt und dann den richtigen Verband um seinen Hals legt.

 

Spike so leichenblass wie der Stoff ist. So still wie der Tod. Eingefallen. Ausgelaugt.

 

Cordelia die Decke über seinen nackten Körper legt, der fast fragil wirkt, zerbrechlich und so verdammt schutzlos. Sie ihn nie in diesem Zustand sehen wollte und es nur ein weiterer Test der Mächte ist, um zu sehen, ob sie ohne ihren Protektor überleben kann. Die Aura der Unverletzlichkeit, die Spike in ihren Augen immer umgab zerstört ist, so wie Angels Bild des dunklen Retters. Sie keine Beschützer mehr an ihrer Seite aufweisen kann und es trotzdem okay ist. Irgendwie. Sie trotzdem nicht fällt. Momentan.

 

Sie langsam aufsteht, „Die Kleider müssen gewaschen werden und der Ledermantel ebenfalls. Und ich brauche das Blut.“

 

Schaut die drei stillen Gestalten vor sich an und erhascht aus dem Augenwinkel einen Blick auf sich, in dem großen Spiegel neben der Tür. Ist von dem Bild plötzlich festgenagelt. Sieht ihre dunkle Gestalt, in der engen Hose und dem Spagettitop. Das Schwarz ihrer Kleider ist eingestaubt, so wie ihre Haut kupferrot ist. Ihre Haare sind eine strähnige Masse und ihr Gesicht ist unkenntlich unter dem Schmutz und Schweiß. Mit seinem und ihrem Blut eingefärbt, das oszillierend Goldene der Dämonen einer verwischten Kriegsbemalung gleicht. Die Sprenkel Funken ähnlich sehen, die über sie verteilt sind. Der Stoff an ihrer Haut klebt.

 

Sie nach Tod riecht und nach Schwierigkeiten aussieht.

 

Cordelia kennt die Frau im Spiegel nicht, aber sie weiß, dass sie gefährlich ist.

 

Dass sie weiß, wie sie ihren Willen und ihre Forderungen durchsetzt. Dass sie sich schnell mit ihr anfreunden wird. Dass das die Person ist, die Spike in ihr gesehen hat, bevor er ihr wie selbstverständlich eine Waffe in die Hand gedrückt hat. Sie fühlt sich immer noch zu alt für ihr Gesicht, aber nicht mehr für ihren Körper. Die graue Frau hat einer Platz gemacht, die Schwarz wie die Nacht ist und so golden und rot wie die Sonne dazwischen.

 

Löst widerwillig ihren Blick, als die alte Frau ihr ein Zeichen gibt, ihr zu folgen und sie sammelt seine Kleider vom Boden ein, stopft sie in die Waschmaschine in dem großen Bad und den Ledermantel in die Wanne, lässt Wasser einlaufen. Stützt ihre Ellbogen kraftlos auf den Rand der Wanne und presst ihre Hände gegen ihre Stirn. Nicht die klassische Gebetshaltung und dennoch nicht soweit davon entfernt, wie sie es gerne hätte.

 

Die drei Visionen haben sie entkräftet, zusammen mit dem Kampf und dem Blutverlust bewegt sie sich am Rande ihrer Belastungsgrenze. Nicht körperlich, aber sie wurde heute zu oft getötet, hat zu viele Leben genommen, wahrgenommen und die Nacht fordert ihren Tribut von ihr. Kniet einen Moment länger als nötig und unterdrückt das Bedürfnis zu beten. Hilflos zu heulen. Eine Macht in dem Chaos da oben um Gnade anzuflehen, weil sie nicht weiß, wie lange sie das noch ohne Liebe erträgt, bevor der Teil von ihr stirbt, der ihr Mitgefühl beherbergt. Der sie von der Dunkelheit trennt, die sie umgibt und die sich langsam um sie herumschließt, wie ein in die enge gehetztes Tier.

 

Gott, sie vermisst die Taubheit. Diese Schwerelosigkeit nach dem ersten Erwachen.

 

Und sie weiß nicht, woher dieser Gedanke kam. Sie weiß nur, dass er gefährlich ist.

 

Steht schwerfällig auf, ihre Muskeln protestieren in Unisono, aber sie ignoriert das Bedürfnis. Denn sie weiß, dass sie das kann. Dass sie das in Angelus Gegenwart gelernt hat und die Erinnerung berührt sie nicht wirklich. Nicht negativ. Wärmt das Blut in der Küche auf. Bringt ihn dazu die Liter zu trinken, die er vorhin verloren hat und mehr. Spike sträubt sich zu Beginn instinktiv dagegen, aber sie kann ihm kein weiteres williges Opfer präsentieren, das im Besitz eines Herzschlages ist und die Plastikbeutel sind ebenso effektiv. Sie ist hartnäckig, zwingt es seine Kehle hinunter und ist froh, dass es menschliches ist, weil es die Heilung noch weiter beschleunigt. Verhängt als letzten Akt um sein körperliches Wohlergehen das Fenster und geht ins Bad, wringt das Leder aus bis sein Blut fortgespült ist und sie den Mantel draußen aufhängen kann. Nimmt die verschmierten Blutkonserventüten aus der Küche mit und wirft sie in den Müll.

 

Das Blut und der restliche Dreck auf ihrer Haut beginnt ohne ihren Angstschweiß langsam zu trocknen, zieht ihre Haut unangenehm zusammen. Macht ihre Kleider steif. Sie muss wirklich duschen. Diesmal ist es kein psychologisches Bedürfnis nach Sauberkeit, sondern unübersehbarer und riechbarer Fakt.

 

Steht dennoch auf der kleinen hölzernen Veranda und starrt auf den Silberstreifen im Osten, der langsam golden wird. Eine weitere Nacht knapp überlebt. Diese spezielle Nacht hat sie Jahre gekostet und sie fühlt sich nicht weiser. Ihre Hände greifen das Holz des Geländers fester, bis sie Splitter in ihren Handflächen fühlt.

 

Keine menschliche Stärke mehr und trotzdem nicht genug. Niemals genug.

 

Fühlt die Alte hinter sich und sucht nach Worten der Erkenntlichkeit. Letztendlich, „Danke für die Gastfreundschaft und alles andere.“

 

Die Frau kommt näher und stellt sich neben sie ans Geländer, studiert ihr Profil, so wie Cordelia den Himmel studiert. „Es ist nicht so einfach, wie du gedacht hast, dass es sein würde.“

 

Yeah, warum hat sie erwartet, dass sie von ihr kryptische Botschaften erhalten würde.

 

„Was ist nicht so einfach?“

 

„Die Geschichte neu zu schreiben, ohne die alten Fehler zu wiederholen.“

 

Das hat ihre Aufmerksamkeit und Cordelia lässt den Himmel hinter sich und starrt in das Schwarz ihrer Augen. Sie kann keine Pupillen darin erkennen und irgendwie ist der Blick nicht halb so beunruhigend, wie er sein sollte. Es bedarf mehr als seltsamer Augen, um sie heute zu einer äußerlichen Reaktion zu bewegen, die Worte der alten Squaw reichen nicht dafür aus.

 

Cordelia ist erschöpft und aufgewühlt in einem, nicht bereit für noch mehr mysteriöse Erklärungen, in dieser sich zuende neigenden Nacht. Außerdem kann sie sich an keine Wahl erinnern, die sie hatte, außer die ihre Familie zu retten.

 

Die Alte lächelt ein melancholisches Lächeln unter ihrem unnachgiebigen Blick, sie muss nicht einmal Desinteresse heucheln. Cordelia interessiert es im Moment ausgesprochen wenig, wie sie hier gelandet ist oder warum. Was die verschleierte Botschaft der Mächte enthält und welche Warnungen. Ihr Tagwerk ist erfüllt. Sie ist zu müde für einen abgefuckten Psychotrip ins diffuse Zwischenleben oder die Geisterwelt und so geht ihr Blick wieder zurück zur anbrechenden Morgendämmerung, wo sie zumindest etwas Klarheit, Hoffnung und Licht erspäht. Etwas von dem flüchtigen Glück, das sich nicht mit beiden Händen festhalten lässt oder Waffen oder Fängen. Nur mit dem Herzen.

 

Spike würde wieder gesund, die Konsequenzen waren nicht so tiefschneidend, wie Taras Tod oder Wesleys Verrat. Sie würde, hätte sie eine tatsächliche Wahl, wieder genauso handeln und sie weiß, dass dies ebenfalls in Spikes Sinne wäre. Ihre Wut ist nur die Manifestation ihrer eigenen Schwäche und Hilflosigkeit, die Nachwehen ihrer Visionen, die sie erneut überrollten. Etwas das ihr durch den Schock half und sie in Gang setzte, damit sie nicht paralysiert dastand und von dem Angriff gegen ihr Ego und den Mächte einfach überrannt wurde.

 

Sie hat eine Vermutung, was sie auf dem Feld im Griff hatte. Ihre Furcht.

 

Cordelia weiß das ebenfalls. Eine kleine Glaubenskrise.

 

Nichts das sie nicht handhaben konnte, nach all dem Bullshit.

 

Aber die Alte lässt sich nicht abschrecken von ihrer unbewegten Haltung. Ihre stoische Ruhe hat nicht den gewünschten Effekt und warum überrascht sie das nicht? Wann hat sie jemals Angel in Ruhe über sein Schicksal brüten lassen? Das hier ist die späte Rache dafür. Die Indianerin beginnt wieder zu reden und Cordelia hört zu.

 

„Du fällst wieder für eines seiner Childer, obwohl du bereit warst soviel für deine Liebe zu Azhe'n zu opfern, bereit seinem Biest deinen Körper zu übergeben, um am Ende seine Seele zu retten. Du hast seine Seele gerettet, aber der Preis war deine bedingungslose Liebe und du trauerst darum, wie um den Verlust deines Geliebten. Aber es ist nur eine Phase, die vergehen wird, wie der kalte Winter, egal wie endlos er im Frost und Schnee im Dezember auch erscheinen mag.“

 

Cordelia lächelt zynisch, wundert sich, ob die Hochbetagte das passende Beispiel gewählt hat oder ihre Senilität die Fakten ihrer Aura durcheinander schüttelt. Denn Angels Seelenverlust hatte mit ihrer momentanen Identitätskrise wenig zu tun. Sie kann sich an den Schnee in Aspen erinnern, glitzernd und puderig, eine Schicht aus Diamanten über den Rockys und dass ihr die Weihnachtsferien immer zu kurz waren, um der klirrenden Kälte dort oben überdrüssig zu werden.

 

Dass sie Schnee geliebt hat und den weißen Winter.

 

Das dreckige Tauwetter mit seinem Match gehasst.

 

Konzentriert sie wieder auf die leisen Worte in einen gutturalen Akzent getaucht, „Deine Liebe bleibt im selben Blut und diesmal ist es das richtige seiner Penoje'k, Kwé. Eine Liebe, die er akzeptieren kann, ohne zu verdörren, trotz seines Dämons. Eine, die dich nicht zerstören wird und ihn. Die etwas Gutes hervorbringen kann.

 

Unbeteiligt, „Ich habe mich für diesen Weg entschieden?“

 

„Ahaw.“ Und Cordelia denkt, dass das ein Ja ist und schweigt, weil ihr das kosmische Konzept zu groß für ihren momentanen Gemütszustand wird. Weil sie sich nicht für Angelus entschieden haben kann, aber die instinktive Verweigerung in ihr diesmal ausbleibt. Die Stille in ihr genauso unnatürlich ist, wie die auf dem Schlachtfeld nach ihrem Sieg.

 

Die Alte fährt nach einer Weile fort, “Du hast einiges dafür in Bewegung gesetzt, dass du dich auf diesem Pfad bewegst und die Mächte haben sich deinem Wunsch gebeugt.“

 

Schaut direkt in die rote Sonne, fragt sich, was für ein Horror in dem überschriebenen Leben auf sie gewartet hat, dass sie sich für dieses entschieden hat und die Mächte sich ihrer Bitte angeschlossen haben. Welche Verluste sie hiermit verhindern soll und denkt an die Visionen heute Morgen, Connor und Tara. Wesley und Willow. An die ständigen Scharmützel, die Spike und sie austragen müssen, bevor sie eine Meile näher an ihr Ziel gelangen können. Daran, das sie stärker wird, den dämonischen Teil in ihr langsam definieren kann und eingrenzen, ohne ihn zu unterdrücken. Glaubt, dass die Mächte ihren Teil der Vereinbarung eingehalten haben und sie sich trotzdem auf einem ungewissen Pfad befindet.

 

Schließt die Augen, als sie die Helligkeit nicht mehr erträgt.

 

Denkt an den verletzten Vampir, „Was ist mit Spike?“

 

„Er hatte seine eigenen Gründe sich deinem Weg anzuschließen, in diesem Leben und dem anderen.“

 

Damit begibt die Indianerin sich auf den Weg ins Haus, Cordelia hat noch eine Frage, „Wie lautet dein Name?“

 

„Martha“, und Cordelia lächelt das erste Mal wirklich amüsiert, weil sie an Cassandra oder Esmeralda gedacht hat und Martha ebenso passend ist.

 

Sie steht noch lange auf der Veranda und sucht in ihr die Frau, die es wagte, die Mächte herauszufordern und zu konfrontieren. Die vis-à-vis eine Forderung gestellt hat, diesen Weg des Schicksals erpresst und gewonnen. Sie erinnert an die vorlaute Göre aus Sunnydale, egoistisch und mit mehr Temperament und Trotz gesegnet, als gut für sie war. Die ihre Klappe stets zu weit aufgerissen und nie die passende Quittung dafür bekommen hat. Sie denkt, sie weiß, wer ihr das Schlamassel letztendlich eingebrockt hat.

 

Sie selbst in ihrer Naivität und dem eigenen Glauben an ihre eigene Unbesiegbarkeit.

 

Die Mächte in ihrem Kopf Angelus ziemlich ähnlich sind.

 

Beide Gewalten ließen sich nicht übervorteilen.

 

Manche Sinnfindung ist einfach, nur wurde das Dasein zu kompliziert, um den Sinn klar zu sehen. Das hier war ihr Leben und ihre Entscheidungen hatten sie hierher geführt, hatte sie nicht Angel vorgestern am Telefon klargemacht, dass sie für sich selber entscheiden konnte, was richtig für sie war. Warum versteckte sie sich dann hinter Ausreden und den Mächten? Sie hatte sich gegen das Leben eines einsamen Stars an ihrem Geburtstag entschieden. Für diese Existenz mit allem, was in dem Deal enthalten war. Ihre Familie, ihre Freunde und ihre Liebe. Ihre Feinde, ihre Dämonen und ihrem Hass. Alles Teil des Pakets Cordelia Chase – ein Dutzend Inkarnationen und trotzdem ein Wesen. Vision Girl und Queen C. Vergewaltigungsopfer und Kriegerin. Frau und Dämonin.

 

Das waren keine Masken, das war sie.

 

Tatsache war, dass es zwar nicht ihre Absicht gewesen war, dass Angel seine Seele verlor, aber sie sich freiwillig neben Connor und ihn gelegt hat. Ohne Zwang. Sie war diejenige, die sich von dem Gefühl der Sicherheit in Angels Bett einlullen ließ und sich dagegen entschieden hatte, aufzustehen und heimzugehen. Obwohl ihr gesunder Menschenverstand sie vor den Folgen warnte, diese Grenze zu übertreten. Sie hatte diese in den Wind geschlagen und als Zuckerguss ihr ‚Ich liebe dich’ obenauf gesetzt.

 

Das Schicksal oder Angel konnten sie nicht aufs Kreuz legen, das hatte sie selbst.

 

Sie hatte es vermasselt und musste sich jetzt damit arrangieren. Punkt. Ende.

 

Cordelia konnte nicht ewig in Verweigerung leben, aber sie musste die Erinnerungen auch nicht Niederhetzen. Sie hatte ihre Visionen von Angel und die waren Mahnung genug, sich nicht zu tief in sich selbst zurückzuziehen. Es nicht zu einer Kamikazemission werden zu lassen, bei der sie am Ende nur verlieren konnte. Spike hatte zu ihren Albträumen gesagt, dass diese sich komplett ausspielen mussten und sie von selbst erwachen würde, wenn es an der Zeit war und vielleicht war es mit ihren Erinnerungen ähnlich.

 

Vielleicht war es richtig, dass sie nicht seit zwei Wochen wieder zurück in LA war.

 

Mit ihren Erinnerungen und ohne die Fähigkeit, mit ihnen umzugehen.

 

Vielleicht war es ebenso richtig, dass Spike zurzeit nicht in Sunnydale war.

 

Mit seiner Liebe und ohne die Fähigkeit, mit ihr umzugehen.

 

Denn so poetisch seine Vorstellung von Schmerz und Liebe auch war, sie war falsch und genauso destruktiv, wie sein verlorener Kampf heute Nacht. Sogar zerstörerischer und tödlicher. Schmerz war Teil seiner Leidenschaft, so wie Mitgefühl zu ihrer Liebe gehörte. Beides konnte gefährlich sein, aber ohne diese Emotionen waren sie innerlich leer. Tot. Und er wäre jetzt in der Morgensonne ein ruhmloses Häufchen Asche auf einem namenlosen Feld in Kansas, weil es sie nicht gekümmert hätte. Er verletzt keinen Nutzen für sie erfüllte. So wie er ohne Temperament nicht an ihrer Seite gekämpft hätte, ohne Bedrohung entstand keine Herausforderung. Sie liebten Herausforderungen und sie fühlten sich von der Welt in ihrem Status bedroht.

 

Das waren sie, nicht unbedingt klug, aber weise genug um diese Lektion einzusehen.

 

Und eine Welt ohne Spike? Definitiv um einen komplizierten Egomanen ärmer.

 

Cordelia lächelt, ihr Kriegerpoet hatte ohne Zweifel einen herben Schlag für sein Ego hinnehmen müssen. Fäuste und Fänge? Pfft! Stahl wäre eindeutig die bessere Wahl für ihn in dieser Nacht gewesen. Sie war sicher, dass er sich schneller davon erholen würde, als ihr lieb sein konnte.

 

Holt grinsend die Kleider und restliche Übernachtungsutensilien aus dem DeSoto, geht duschen und fällt dann neben Spike ins Bett. Der wacht auf und sie schüttelt den Kopf, bevor er die Frage formen kann, die ihm ins desorientierte Gesicht geschrieben steht.

 

Besänftigend, „Nicht reden, deine Stimmbänder brauchen noch Zeit zum verheilen. Hast du Durst? Blut? Wasser?” Er verneint mit einem Kopfschütteln, mustert sie intensiv und sie kriecht näher. „Du hast mir einen ziemlichen Schrecken eingejagt, ich hoffe das war dir eine Lehre. Das nächste Mal nehme ich mir deinen Kopf dafür.“

 

Er grinst und zieht sie in seine Arme. Ihr Kopf findet seine Achselhöhle bequem und die Belastung der letzten Stunden verflüchtigt sich in seinem festen Griff. Er ist wieder soweit hergestellt, dass sein Körper ihr Geborgenheit vermittelt, seine Finger finden die Knoten in ihren Schultern und massieren die Anspannung mit gleichmäßigen, fast unbewussten Bewegungen heraus.

 

Die letzten Reste der Wut klingen nach und verhallen leise. „Du schuldest mir noch eine Erklärung für dein kryptisches Verhalten im Motel, aber das sparen wir uns für die Zeit auf, in der du deine Stimme wieder benutzen kannst. Nicht dass ich viel Hoffnung für deinen Verstand habe, manche Dinge ändern sich nie. Für was hast du ein Breitschwert, wenn du es nicht benutzt, huh?“ Sie spürt sein Schulterzucken unter ihrer Wange, stellt sich sein nonchalantes Grinsen auf den Lippen vor und lächelt in seine weiche Haut.

 

Sie ist zufrieden und fühlt sich schläfrig.

 

„Du weißt, dass dieses glänzende Stück Stahl einen anderen Nutzen hat, wie ein phallusförmiges Sportauto und du deinem Aussehen nach zu jung und deinen Jahren nach zu alt für diese riskante Art von Midlifecrisis bist?“

 

Sein Griff verstärkt sich in Bestätigung, „Wir sind nicht unbesiegbar und es gut, wenn uns das klar ist, denn ich will dich nicht aufgrund deiner eigenen Nachlässigkeit oder Dummheit verlieren. Ich will dich nicht verlieren, Spike. Du bist Familie und du bist mir wichtig.“

 

Cordelia ist sicher für den Moment und das ist ihr ebenfalls wichtig. Und so zieht sie ihren Arm zurück, der locker über seine Seite lag, sucht die vertraute Stelle seines Herzens mit ihrer Handfläche, findet sie. Fällt Augenblicke später in einen tiefen Schlaf.

 

Spike nicht.

 

They pick and they pull –

 

Der Platz neben ihr ist leer, unvertraut.

 

Cordelia ist überrascht, dass die Tatsache, dass sie über 21 Jahre alleine geschlafen hat, so schnell in ihrem Gedächtnis verblasst ist, dass sie sich ausnahmslos an Spikes Präsenz bei ihrem Aufwachen in ihrem Bett gewöhnt hat. Dass sie ihn schon vermisst, wenn er nicht durch ein untermöbliertes Motelzimmer mit Bad räumlich an sie gebunden ist.

 

Sie wird anhänglich und das schlimme ist, dass sie darüber grinst, anstatt sich ernsthaft Gedanken zu machen, was das für sie, ihr Leben und ihre Unabhängigkeit bedeutet. Denn es ist nicht lustig, so wie die gestrige Nacht nicht lustig war. Sie ihn beinahe für immer verloren hätte und auch dieser Fakt schon wieder zur bloßen Erinnerung in ihrem Kopf degradiert wurde.

 

Zu weit weg, um noch darüber nachzudenken. Überlebt.

 

Das Grinsen liegt breit auf ihrem Gesicht.

 

Dass Vampire in ihrer Gegenwart den Kopf verlieren, sollte eine Metapher bleiben, wenn es sich dabei um die beiden, auf die ein oder andere Art, beseelten Ausnahmeexemplare dieser Spezies handelt.

 

Nach einem Moment verwirft Cordelia den Gedanken noch länger liegen zu bleiben, zieht sich an und macht sich herzeigbar für die Welt. Geht in die Küche, wo sie ihn findet, in eine einseitige Unterhaltung mit Martha verstrickt, er schaut auf und sie lächelt und er gibt ihr ein langsames Lächeln zurück.

 

„Schon später Nachmittag?“ Die beiden nicken und die Tasse vor ihm enthält Kaffee und sie schenkt sich einen ein, setzt sich neben ihn. „Worüber habt ihr euch unterhalten?“

 

„Martha hat mich in die Stammesgeschichte der Potawatomi eingeführt, genauer die der Prairie Band.“ Seine Stimme hört sich schrecklich an, ein schräges Krächzen, aber immerhin kann er schon wieder reden. Sie hätte gedacht, dass er länger auf seine Artikulationsfähigkeit verzichten müsste.

 

Sein Verband ist frisch und sie überprüft den Sitz instinktiv, bevor sie sich entspannt.

 

Spike das Potential eines Horrorpatienten in ihren Augen besessen hat und dieser bittere Kelch ist offenbar an ihr vorbeigegangen. Er scheint soweit fit. Nimmt positiv überrascht seine schnelle Heilung wahr, nicht dass Krankenpflege eines bettlägerigen Vampirs auf ihrer Wunschliste gestanden hätte und sie ist davon verschont worden. Flüchtiges Glück, ihr neues Mantra und sie lächelt ihn befriedigt an.

 

Die Indianerin lehnt sich zurück, beobachtet sie beide fasziniert mit einem Blick, der Lornes allwissendem Halblächeln ziemlich nahe kommt und Cordelia kann nicht anders, als nachzuhacken, „Ist das die einzige Geschichte, die sie dir erzählt hat? Gestern hatte sie eine ziemlich interessante Variation meiner Story in petto.“

 

„Diese war für dich bestimmt, Kwé.“ Martha erscheint belustigt.

 

„Kwé?“

 

„Königin oder auch Frau, in Cordelias Fall war aber die erste Variation des Wortes gemeint.“

 

Und Spike wiederholt das Wort erneut, testet es auf seiner Zunge aus, „Ich glaube, ich habe einen neuen Spitznamen für dich.“

 

Sie zuckt die Schultern und grinst kurz, bevor sie sich wieder auf Martha konzentriert, wieder ernsthaft, „Heißt das, ich soll meine Geschichte für mich behalten?“

 

„Co, du kannst den Vampir einweihen, er hat seinen Weg ebenso frei gewählt wie du, nur hatte er nicht die Macht seine Forderungen durchzusetzen im Gegensatz zu dir. Es ist ebenso seine zweite Chance, Fehler auszugleichen. Sein Preis für die Seele war ebenso hoch, wie Angels oder deiner. Sein Glaube an das Happy End hat ihn, wie den Rest der Gruppe, verlassen.“ Martha wendet sich dem perplexen Spike zu, „Du bist Azhe'n frei in die Schlacht gefolgt, trotz besseren Wissens. Aber manchmal hat man nichts mehr zu verlieren, sogar mit Seele und Wiedergutmachung kann einem zu sinnlos vorkommen, um sie überhaupt in Angriff zu nehmen, oder?“

 

Spike ist zu verblüfft für einen spitzen Konter.

 

„Moment, Spike hat keine Seele.“ Keine raffinierte Feststellung, aber Fakt.

 

Das weise Lächeln vertieft sich, so wie Cordelias Wunsch es von dem Gesicht zu wischen und das hatte Martha ebenfalls mit dem Pylear gemeinsam. Sie weckte dieses unbändige Verlangen zu revoltieren, aufzubegehren, zu beweisen, dass man einen eigenen freien Willen hat. Ein eigenes Leben neben der Mission.

 

Dass Nichts in Stein gemeißelt war, das ihre Bestimmung betraf.

 

Und sie weiß, dass es sinnlos und kindisch ist, aber aufsässig hackt sie nach, „Nun?“

 

„Die Mächte haben die Tendenz, die Teile der Geschichte nicht zu verändern, die für sie von Vorteil sind oder mit denen sie sich arrangiert haben. Aber freier Wille ist eine tückische Angelegenheit. Du hast ihnen zwei Krieger aus der Dunkelheit versprochen und so wie ich dich kenne, wirst du dein Versprechen halten.“ Sie kannte sie nicht, aber bevor Cordelia zu einer cleveren Entgegnung ansetzen kann, fährt die Squaw fort. „Und ich habe genug über Dinge geredet, von denen ihr zwei im Moment keine Ahnung habt.“

 

Damit steht Martha graziös auf und verlässt für ihr Alter erstaunlich behände die Küche.

 

Spöttisch, „Und da geht unser Orakel.“

 

Aber Spike lässt sich nicht auf ihren Sarkasmus ein und starrt weiter beunruhigt auf die Tür, durch welche die Indianerin verschwunden ist. Alarmiert und in Gedanken von ihm, „Welche Geschichte hat sie dir erzählt, als ich den Schlaf der Verletzten geschlafen habe, Cor?“

 

„Dieselbe wie dir, nur ein wenig länger, aber nicht mit mehr Details, wenn es das ist, was du wissen willst. Und das mit deiner Seele ist mir ebenso neu.“ Sein Blick fokussiert sich auf sie und sie versucht die Frage zu beantworten, die dahinter liegt. „Spike, ohne Witz, sie war genauso zugeknöpft wie eben, nur hat sie meine Rolle mehr betont. Dass ich die Mächte konfrontiert habe und dieses Leben für mich gefordert habe. Wie sie schon sagte, die Geschichte neu zu schreiben.“ Sein Gesichtsausdruck verdunkelt sich und sie setzt schließlich nach,  „Was beunruhigt dich so sehr daran?“

 

„Dass die Mächte nicht direkt mit niederen Wesen kommunizieren, egal wie penetrant sie in ihrem Flehen sind, geschweige denn sich auf einen Deal einlassen, zum Beispiel. Oder der Fakt, dass sie nicht einfach grundlos die Geschichte überschreiben, oh und dann wäre noch der weitere Fakt, dass du ein verdammt beschissenes Leben im Ausgleich für dein altes gefordert hast. Plus dass ich meine Seele in dem anderen Leben plötzlich wiederhatte und offensichtlich als Krieger für die Mächte gewertet werde. Dort und Hier. Soll ich weitermachen oder reichen dir meine Gründe zur Beunruhigung aus?“

 

Er hatte sich in Rage geredet und Cordelia denkt, dass Spike schreien würde, wenn es seine Stimmbänder zulassen würden. So ist es nicht mehr als ein heiseres Knurren, das sie an ein gereiztes Tier erinnert. „Du kämpfst seit Jahren auf dieser Seite des Zaunes und dass du dich um die Visionen kümmerst, die mir die Mächte schicken, verifiziert den Fakt deines Kriegerstatus. Was ist dein Problem damit? Du kämpfst gerne. Du liebst es.“

 

„Aus freiem Willen und nicht weil ich einen höheren Auftrag habe, verdammt!“ Und seine Faust knallt auf den Tisch und ihr Kaffee schwappt über.

 

Sie versteht seine hochkochende Wut zu gut, zur Hölle sie war gestern genau in demselben Zustand gewesen. Aber das war gestern. Heute empfindet sie die Rage als absurd, wenn sie nicht zielgerichtet ist. Ist sich spätestens seit Angels Beigephase über ihre Rolle in diesem Krieg klar und wie wenig Wahl man im Endeffekt tatsächlich hat. Wie wenig freien Willen, wenn man zuviel gesehen hat, um sich noch wegzudrehen und die Augen vor dem Leid zu verschließen. Aber das waren ihre Gründe nicht Spikes. Sie hatte ein Gewissen, er nur Blutdurst und Loyalität gegenüber einer Gruppe von vermeintlichen Friedensstiftern.

 

Steht auf und holt einen nassen Lappen. Kontert seine Wut mit einem sachlichen Tonfall, „Was ist der Unterschied, ob du im Auftrag handelst oder frei. Sie geben dir nur einen Hinweis darauf, wo du deine Gegner und die Gefahr findest.“

 

„Das ist nicht der Punkt.“

 

„Dann sag mir, was dein Punkt ist, du klingst irrational, Spike. Es steht dir frei, ihren Auftrag zu erfüllen oder zu ignorieren.“ Setzt sich wieder, wischt den Kaffee zusammen und wirft den Lappen treffsicher in die Spüle, während er sie zornig und frustriert mustert.

 

Schließlich, „Hast du jemals eine Vision ignoriert?“

 

Schaut wieder von ihm weg aus dem Fenster, in den blauen Kansashimmel und die weichgeschwungenen goldenen Hügel. „Nein.“

 

„Also das ist der Punkt.“

 

„Huh?“

 

Ihre Überraschung ist echt und Spike spricht langsam mit ihr, wie mit einem uneinsichtigen Kind und sie mochten den Tonfall nie bei Angel und er ist genauso unattraktiv an Spike. „Ich kann verstehen, weshalb Angel den tragischen Helden spielen will, er hat genug Dinge getan, für die er Wiedergutmachung leisten muss und trotzdem nie den Status Quo erreichen kann. Dich nicht miteingerechnet. Aber weshalb du dich an diesem Spiel beteiligst, ist mir unbegreiflich.“

 

Und sie schweigt ein trotziges Schweigen, weil sein Tonfall es von ihr verlangt, bis er enttäuscht und bitter nachsetzt, „Gott, du bist genauso aufopferungsbereit wie Buffy, in einem Krieg, der nicht eure Sache ist und sein sollte.“

 

Er lässt es wie ihre größte Charakterschwäche klingen und vielleicht hat er Recht.

 

Allerdings im gleichen Maße Unrecht.

 

Spike ist in diesem Moment das Kind, wird ihr klar. Cordelia will lächeln, unterdrückt es aber rechtzeitig. Er hat keine Ahnung, dass sie der Krieg ist. So sehr Teil davon, so tief darin verwurzelt, dass sie ebenso wenig Frieden fand, bevor der Horror sich ihr Leben vollständig angeeignet hatte. Sie von Bildern verfolgt wurde, die sie zeitweise in den Wahnsinn trieben.

 

Das Böse ihrer Albträume für sie jetzt nur ein geliebtes Gesicht angenommen hat.

 

Es war nicht von Bedeutung, dass die Opfer ihrer Visionen gerettet wurden, sie lebte mit dem ‚Wenn nicht’ in ihrem Kopf, nicht mit dem Happy End. Hatte zu selten die glückliche Wendung tatsächlich gesehen, während sie ihre Pillen in sich stopfte, bis sie so abgestumpft und apathisch war, das alles begann unreal zu werden. Sogar ihre eigene Person und Cordelia nur versuchte nicht zusammenzubrechen, bevor sie nicht in ihrem eigenen Bett und alleine war.

 

Nicht aufzugeben, weil es keine Option für sie war.

 

Cordelia glaubt, dass Buffy das vage Gefühl davon jede Nacht auf Patrouille gehen lässt. Bringt den Begriff Kriegerin in einen neuen Zusammenhang. Warum sollte die Jägerin sonst die Behaglichkeit ihres Heimes hinter sich lassen und die Dunkelheit und die Monster suchen, wenn sie nicht ebenso Teil des Krieges waren? Notwendiger Bestandteil des Ganzen. Weil jeder besiegte Gegner für die Überlebenden stand, die er nicht nach ihr erwischen würde. Egal, ob es sich um einen Frischling oder einen den Weltuntergang heraufbeschwörenden Dämon handelte.

 

Sie sich vielleicht doch ähnlicher waren, wie sie in der Vergangenheit angenommen hatte.

 

Sie sich im Laufe der Zeit angenähert haben, denn sie mochte Buffy in ihrer rechtschaffenden Glorie noch immer nicht. Aber Cordelia verstand sie. Verstand ihren Antrieb und ihre Angst, diese Urteilskraft zu verlieren. Hatte es vielleicht nicht immer durchscheinen lassen, aber sie bewunderte Buffys Talent so vortrefflich in Schwarz und Weiß zu unterteilen. Diese Grenzen in ihrem Kopf aufrecht zu halten und nicht einzuknicken. Nicht nachzugeben.

 

Egal, mit was für Kreaturen sie konfrontiert war. Sogar gegenüber Spike.

 

Aber sie teilt nicht die Aufopferungsbereitschaft mit dem Slayer, ihre Motive blieben egoistisch. Sie war keine Märtyrerin. Sie war nur bereit, etwas von sich aufzugeben, wenn sie im Gegenzug etwas dafür bekam. Sei es Sicherheit oder die Tatsache das sich nichts in ihrer kleinen Welt ändern würde. 

 

Es drehte sich immer, um die möglichen oder tatsächlichen Opfer.

 

Sie waren vielleicht des Kriegs zeitweise müde, aber sie konnten sich von den simplen Prinzipien, die dahinter standen, nicht lossagen.

 

Und eine Maxime lautete: „Es ist kein Spiel.“

 

„Verdammt richtig, also sag mir noch mal, weshalb du vier Nächte und drei Tage in Angelus’ Gegenwart verbringen musstest, weil mir kein triftiger Grund einfällt, der diese Strafe für eine Seherin der guten Seite rechtfertigt. Selbst wenn sie in einem anderen Leben unartig war.“ Sein Krächzen klingt wie Kreide auf einer Schiefertafel, geht direkt unter ihre Haut und fährt ihr ins Mark.

 

Sein verbaler Tiefschlag klingt nach und sie antwortet nachsichtig, wenn auch erschöpft, „Niemand bekommt das, was er verdient, nicht in dieser Welt. Nicht in diesem Leben. Du solltest das besser wissen, als die meisten anderen, Spike.“ Seine Augen verengen sich bei ihrer unverdeckten Anschuldigung und sie hebt die Augenbraue. „Das heißt noch lange nicht, dass man sich den Luxus von verletzten Gefühlen auf Dauer erlauben darf. Nichts geschieht ohne Grund oder bist du so naiv an Zufälle zu glauben?“

 

Provokant, „Aber an die Illusion des freien Willens? Ist sie dann nicht ebenso naiv, Cordelia?“

 

Jetzt lächelt sie, „Vielleicht, aber der Glaube an Märtyrer stirbt nie, schließlich brennt deine Haut, wenn sie ein Kreuz oder Weihwasser berührt. Also muss der Tod für eine höhere Sache folglich einen universellen Sinn haben.“

 

Die nächsten Worte kommen kalt und überlegen, sind persönlich und auch so verletzend von ihr gemeint, denn nicht nur er ist gut im ins Gedächtnis rufen von Wahrheiten. „Und bestand Buffys Grundproblem in diesem Jahr nicht darin, dass sie aus dem Himmel gerissen und in der Hölle landete? Hier? Bei dir?“ Sie hebt die Augenbraue noch ein Stück, zynisch, „Was macht dir mehr Angst, Spike? Der Gedanke, dass es einen Gott gibt oder die Möglichkeit, dass es keinen gibt.“

 

Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder und presst dann die Lippen hart aufeinander.

 

Cordelia nickt nach einem Moment versonnen, „Dich treibt dieselbe Todesangst an, die Angel keine Ruhe lässt. Ihr fürchtet euch vor dem Tag, an dem ihr Rechenschaft ablegen müsst. Paenitentiam agite adpropinquavit enim regnum caelorum.“

 

Spike schaut sie verblüfft an und sie starrt zurück, bevor er leise übersetzt, „’Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.’ Das ist aus der Bibel.“

 

Sie wusste, dass sie auf seine Viktorianische Erziehung zählen kann und erwidert, „Research-Girl, Latein gehört zur Grundausstattung. Der Spruch hat sich eingebrannt, seit ich ihn das erste Mal gelesen habe, verbinde ich ihn mit Angel und seiner Mission. Und jetzt mit dir.“

 

Höhnisch von ihm, „Ich dachte unser Anblick weckt in dir eher das Alte Testament, Fegefeuer und Schwefel, anstatt den Gedanken an das Himmelreich oder die weichgespülte Sonntagschule. Du enttäuschst mich, Cordelia. Nach all den gewonnenen Schlachten und dem Wissen, dass dieser Krieg zwischen Gut und Böse nie enden wird, ohne dass eine völlig neue Weltordnung entsteht, habe ich dich für kriegerischer gehalten.“

 

Cordelia zuckt die Schultern, „Vielleicht bin ich zu feminin, um mich für die pure Gewalt begeistern zu können, die dieser Krieg bedeutet.“

 

Sein Auflachen ist unerwartet und das Geräusch fremdartig, ihr Blick fällt wieder auf den Verband, nach einem Augenblick fährt sie bedächtig fort, „Vielleicht klug genug, um zu wissen, dass Wiedergutmachung möglich ist und naiv genug, um auf ultimative Gerechtigkeit zu hoffen.“

 

Sie spürt in seiner Haltung wie sich ausgedehnterer Widerspruch regt.

 

„Ist das Alte Testament nicht gerechter?“

 

Spike legt den Kopf schief und seine Stimme ändert den Tonfall, klingt als ob ein oft rezitiertes, geliebtes Gedicht wiedergibt, anstelle eines grausamen Bibelverses. „‚Nunc de propinquo effundam iram meam super te et conpleam furorem meum in te et iudicabo te iuxta vias tuas et inponam tibi omnia scelera tua et non parcet oculus meus neque miserebor sed vias tuas inponam tibi et abominationes tuae in medio tui erunt et scietis quia ego sum Dominus percutiens.’*“

 

Sein Latein ist besser als ihres und er mag das Thema oder einfach die Chance einmal seine Bildung auszuspielen und nicht seinen Charme. „Entspricht das nicht eher deinem Bild eines zornigen Gottes? ‚Ich will nicht gnädig sein; sondern will dir geben, wie du verdient hast, und deine Gräuel sollen unter dich kommen, dass ihr erfahren sollt, ich sei der HERR, der euch schlägt.’

 

So lächelt er sie an, mit seinem bornierten Intellektuellenlächeln, als ob sie eine unpersönliche Podiumsdiskussion zu dem Thema führen und nicht ihre Einstellung und die Konsequenzen für ihr Leben erörtern.

 

Spike lehnt sich entspannt zurück, philosophisch, „Glaubst du, dass dieser Gott in unserer Welt noch eine Macht hat? Oder warten wir nicht alle auf die Gerechtigkeit im nächsten Leben? Hatte ich eine Wahl, ob der Dämon mich übernimmt oder war es meine freie Entscheidung? War es nicht Schicksal und meine unerwiderte Liebe, die mich in dieser Nacht auf die Straße trieb. Hat es meine Seele befleckt, dass ich mich Drusilla ohne Gegenwehr hingegeben habe oder war es vorherbestimmt? War es Schicksal, dass mir ein Chip verpasst wurde und ich mich plötzlich in so widrigen Umständen wiederfand, dass ich auf meine Feinde angewiesen war, um zu überleben? Auf die Jägerin und sich meine Obsession mit den Jägerinnen in Liebe zu Buffy verwandelte?“

 

Und Cordelia versucht den Philosophen und den Krieger in Einklang zu bringen, während sie ihm zuhört und es ist einfacher, als sie angenommen hat.

 

Vielleicht auch weil sie beide wissen, dass seine Fragen keine Antwort finden werden und Spike sie trotzdem stellt. Mit derselben Leidenschaft, die ihn immer antreibt und verhindert, dass er diesem Leben jemals müde werden kann. Die Cordelia erstaunt und in Bewunderung versetzt, denn nach allem was er getan und gesehen hat, findet er noch Rechtfertigungen für seine Existenz, die sich nicht nach Entschuldigungen anhören, sondern nach seinem Anrecht.

 

Also hört sie zu, „War es der Masochist in mir, der Funke William oder der Dämon? Oder freier Wille und wenn es freier Wille ist, wie kann er sich so meiner Macht entziehen? Denn ich hätte mich sicher nicht für diesen unbequemen Weg meines Unlebens entschieden. Oder ist das Williams späte Rache für ein versautes Leben, vergebene Chancen?“

 

Er hat sich in Fahrt geredet und sie keine wirkliche Lust auf endlose Fragenzeichen über seinem Leben. Cordelia reichen ihre. Will nicht auch noch seine Existenz enträtseln, sondern genießen, ohne eine Bibelstunde. Sie hat keine Nerven dazu und zuwenig Argumente.

 

Schließlich stoppt sie ihn mit einem, „Ich weiß es nicht.“

 

Nein, sie ist nicht allwissend und vielleicht wäre das eine interessante Frage für Wesley und die beiden könnten sich mit einem Whiskey oder Scotch für eine Nacht darüber streiten ohne das sich etwas an den Fakten änderte. Aber sie weiß auch, dass Spike einen Kampf dieser Diskussion vorziehen würde, egal wie sinnlos beides ist.

 

Deshalb besinnt sie sich auf die Fakten, ruhig und eindringlich, “Vergiss eine Wahrheit nie, egal ob mit oder ohne Seele. Wir laufen nicht vor denselben Wahrheiten weg, Spike. Wir kämpfen nicht aus demselben Antrieb und wir lieben nicht aus denselben Gründen. Sie sind sich nicht einmal im Ansatz ähnlich. Aber sie sind beide real. Zumindest hier.“

 

Sie legt ihre Hand über ihr Herz.

 

„Und deshalb können wir trotzdem für das gleiche Ziel getötet werden. Du hättest gestern an meiner Seite sterben können und in jedem Kampf in den letzten drei Jahren so wie ich. Ich hätte zumindest eine vage Vorstellung für was ich zugrunde gehe, wenn ich auch nicht das Warum beantworten kann. Ein Warum, das für dich nicht wichtig ist, um zu kämpfen. Wenn du mich also fragst, ob es diese zweifelhafte Vorstellung des Guten wert ist, dafür zu töten und getötet zu werden, dann frage ich dich nach den Alternativen. Sollen wir den Kopf in den Sand stecken und auf einen strahlenden Retter warten? Können wir das? Haben wir eine andere annehmbare Wahl, als für unsere Überzeugungen einzutreten? Denn Aufgabe und Frömmigkeit sind uns beiden nicht ins Naturell gelegt. Wir können beide nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Niemals.“

 

Er ist still, lässt ihre Worte einwirken. Aber sie weiß, dass sein Schweigen nicht von Dauer sein wird, nicht für lange anhalten, weil es nicht in seinem Charakter liegt.

 

Weil er ein Kämpfer und Opportunist ist. Er sich jeder Lage anpassen kann und die Wahrheiten trotzdem in seinem Sinne manipulieren. Verbiegen. Wahrer machen. Sein Grinsen, bevor er den Mund aufmacht, ist ihr eine Warnung und seine Frage verhängnisvoll einfach, „Macht unsere Fähigkeit zu Sehen den freien Willen also wahrer, Cordelia, oder trügerischer?“

 

Sie überlegt, gibt ihm dann letztendlich ihre erste ungefilterte Antwort, die nicht halb so philosophisch gemeint ist, wie sie sich anhört. „Wir sind beide Sklaven unserer eigenen Dämonen und wir lassen uns zu gerne von ihnen beherrschen, unterwerfen uns und sind ihnen zu Willen. Wir sind nicht frei. Werden es niemals sein.“

 

Spikes Augen verengen sich, „Hat er dir das beigebracht?“

 

Der intellektuelle Schlagabtausch, in den sich ihre Diskussion verwandelt hat, kommt zu einem jähen Ende. Das spielerische Geplänkel ebenso. Ihr Lächeln ist mit einer Spur von Trauer durchsetzt, als sie langsam antwortet, „Nein, für diese Lektion habe ich ihn nicht benötigt, ich kannte sie seit Jahren.“

 

„Für welche Lektion dann?“

 

„Für die, mich in mein Schicksal zu fügen und es zu genießen. Ist es nicht das, was du mir vorsichtig beibringen wolltest, Spike? Dass ich zu seiner Hure geworden bin und es genossen habe? Dass ich ebenso zu deiner werden und es genießen kann? Dass Liebe nie selbstlos ist? Erst recht nicht unter uns Dämonen.“

 

Der Ausdruck von Bestürzung ist fast komisch, sein Kinn fällt ein Stück herunter und seine mitternachtsblauen Augen weiten sich. Spike sieht so aus, als ob er seine Stimme verloren hat und sie blickt ihn auffordernd an.

 

Die Antwort kommt mit Verspätung und heiser, „Nein.“

 

Sie weiß, dass er diese Wahrheit nicht hören wollte und sie weiß, dass sie ebenso trügerisch wie seine Frage des freien Willens ist. Ebenso verlogen. Aber dennoch da. Etwas das sie belastet und trotzdem so integriert in ihr Leben ist, wie das Summen ihres Kühlschrankes daheim. Ein störendes Nebengeräusch, das einen nur vom einschlafen abhält, wenn man andere Gründe hat wachzuliegen.

 

Und Cordelia hat zu lange versucht ihren Frieden und ihre Ruhe zu finden.

 

Vielleicht rennen sie beide tatsächlich vor denselben Wahrheiten davon, aber Cordelias Gefühl sagt ihr, dass sie dieses Rennen verlieren werden. Träume sind Schäume und Seifenblasen nur leerer Raum in einer glänzenden Verpackung. Dazu bestimmt zu platzen und sich wieder in Nichts aufzulösen. Es ist gut, wenn sie sich daran erinnert und ihn. Daran, dass das was sie hierher geführt hat, nicht schillernd und ruhmreich ist.

 

Sie beide Kreationen desselben Meisters sind.

 

Ebenso flüchtig. Ebenso grausam.

 

„Seltsam, aber so fühlt es sich an.“

 

Der Schock in seinem Gesicht ist echt und er schweigt.

 

Diesmal erwartet sie keinen expliziten Konter.

 

Das Entsetzen in seiner Miene ist auf einen Schlag zuviel und sie will nicht darüber nachdenken, was an ihrer Aussage ihn am tiefsten verletzt hat. Was seine Gründe für die offenkundige Enttäuschung sind, die sein Gesicht widerspiegelt. Das Befremden dort, denn sie dachte, dass sie sich auf derselben Seite ihrer Geschichte befanden.

 

Lässt ihn hinter sich und tritt instinktiv in die helle Nachmittagssonne auf der Veranda, bringt Abstand zwischen sich und ihn. Zwischen sich und die Fragen, die sie sich selbst zu oft gestellt hat, bevor Spike sie überhaupt laut formuliert hat. Wahrheiten, die nicht wahr sind, aber sich dennoch so anfühlen.

 

Sie weiß, dass ihr eigener Glaube sie Angelus in die Hände gespielt hat.

 

Verflucht ihre scharfe Zunge gegenüber Spike und ihre Unfähigkeit, die einfachen, harmlosen Antworten zu finden, die sie sucht und die sie einmal gekannt hat. Verdammt ihren Zynismus, der zuviel mit Selbstschutz und einem harten Panzer gemein hat, der sie zu sehr einengt, um angenehm zu sein.

 

Beginnt zu laufen, erst langsam, einfach geradeaus. Einfach der Sonne entgegen, querfeldein und spürt die reifen Ähren an ihren Händen. Läuft schneller und fühlt, wie sie gegen ihre Beine schlagen und die feste Erde unter ihren Schuhen aufstaubt. Sprintet bis sie es müde ist und ein Wald das Rennen verlangsamt, geht weiter bis ein See ihr den Weg versperrt.

 

Flucht ist keine wirkliche Option, sie weiß das.

 

Aber das macht den Wunsch allem zu entfliehen nicht kleiner.

 

(*“8Nun will ich bald meinen Grimm über dich schütten und meinen Zorn an dir vollenden und will dich richten, wie du verdient hast, und dir geben, was deinen Gräueln allen gebührt.9Mein Auge soll dein nicht schonen, und ich will nicht gnädig sein; sondern will dir geben, wie du verdient hast, und deine Gräuel sollen unter dich kommen, dass ihr erfahren sollt, ich sei der HERR, der euch schlägt.“ Hesekiel 7, 8f)

 

Trying to get their fingers in.

 

Cordelia setzt sich schließlich ans Ufer, nachdem sie einen guten Platz gefunden hat. Es müde ist wegzurennen und der alte Steg zu einladend aussieht, um zu widerstehen. Zieht ihre Schuhe aus und lässt ihre Füße im Wasser baumeln.

 

Denkt über Seherinnen, Visionen und Champions nach.

 

Denkt an Angel in LA und den Kampf gegen seinen Dämon, der ihm zuflüstert, dass er ihm das Kommando überlassen soll, damit jeder auf seine Kosten kommt. Schließt die Augen und versucht nicht an das Bild zu denken, wie er in dem Sessel sitzt und zu dem Bild kommt, wie sie vor ihm liegt. Aufgebrochen und ungeschützt. Seinen Selbstekel und sein Wunsch nach Selbstgeißelung waren nie die Gefühle, die sie in ihm wecken wollte, aber es ist nicht das erste Mal, dass sie ihr Ziel bei Angel verfehlt hatte. Richtig? 

 

Versucht sich andere Zeiten in Erinnerung zu rufen, bessere und scheitert wie so oft.

 

Die Mächte haben ihr Bild von Angel vollends besudelt, in den Dreck gezogen und sie weiß, wenn sie damit bestrafen und ermahnen wollen, nicht vom rechten Weg abzukommen. Nicht den Kampf aufzugeben, weil Angels Seelenheil noch lange nicht gesichert ist und der seidene Faden in ihrer Hand, wie in der einer mystischen griechischen Schicksalsgöttin liegt. Mädchen, Frau. Greisin. Vergangenheit. Gegenwart. Zukunft. Geburt. Leben. Tod. Sie hatte immer gedacht, es wäre ihre Aufgabe Angels Leben mit dem seiner Familie zu verweben. Ein festes Gebilde für ihn zu schaffen, das ihn über ihren Tod hinweghilft. Aber sie ist nicht gestorben, sondern neugeboren und in einem unbedachten Moment hatte sie den Faden zerrissen, der ihn mit seiner Menschlichkeit verband, weil sie es zu hart probiert hatte.

 

Verdammte vorbehaltlose Liebe.

 

Der Knoten, der nun seine und ihre Seele zusammenhielt, war alles andere als fest. Sie wusste, dass er ihr kunstvolles Gewebe aufscheuerte. Durchscheinend machte für die dunklen Abgründe, die unter den Seelen lagen. Sie war zu oft versucht, die Verbindung zu trennen, die noch zwischen ihnen bestand. Sie wollte nicht Buße leisten, sondern leben, ungesühnt, aber dafür war es zu spät.

 

Cordelia weiß, dass Angel die meiste Zeit nicht über ihre Unterwerfung nachdachte, sondern über die Zeit ihrer bedingungslosen Niederlage. Sie konnte es ihm nicht wirklich übel nehmen, schließlich wusste sie, was ein Vampir war, der noch dazu von seiner Seele in Zaum gehalten wurde. Sie sollte froh darüber sein, aber gerade diese Bilder ließen sie nicht in Ruhe. Waren diejenigen, die sie verfolgten, selbst wenn sie in ihrem Kopf nur aus kurzen Fetzen und Eindrücken bestanden, aus zweiter Hand, durch andere Augen gesehen, vertieften sie trotzdem den Riss, der sich zwischen ihnen immer weiter auftat. Diese Stunden entfachten in ihm nicht den Wunsch sich sofort einen Pflock ins Herz zu rammen und weckten stattdessen in ihr das Verlangen endgültig loszulassen.

 

Oder an guten Tagen nie wieder heimzugehen.

 

Sie konnte sich nicht an diese Zeit erinnern, aber Angel rief diese Stunden und Tage ohne Probleme ab. Er war derjenige, der vor der anderen Zeit zurückschreckte, vor der als sie noch passiven Widerstand geleistet hatte. Denn um ehrlich zu sein, ihre Gegenwehr war nie mehr als stumme Erduldung gewesen. Zu eingeschüchtert von seinen Drohungen und ihrer eigenen Angst, um wirklich aufzubegehren oder eine Gefahr für ihn darzustellen.

 

Gefangen in ihren eigenen Moralvorstellungen.

 

Sein Tod war unakzeptable und der eines anderen Menschen auch.

 

So sieht sie sich durch seine Augen und die Visionen sind kein Trost, sondern Unterweisung in ihrer eigenen dunklen Seite. Cordelia wundert sich, wie Angel dieses finstere Wesen scheinbar mühelos mit ihr vereinigen kann, das er in seinen Phantasien sieht. Das ihm unerschrocken entgegengetreten ist, die eigene Macht in der Niederlage gefunden hat. Die Freiheit, das zu tun, was es wollte, ohne sich weiter um Konsequenzen und Familie zu scheren. Ohne sich darum zu kümmern, was richtig und falsch ist, solange es sich gut anfühlt und zur Erfüllung führt.

 

Weshalb es Angel so fasziniert, diesen Teil von ihr in seiner Vorstellung weiter zu erkunden und ob Angelus tatsächlich jenen Teil von ihr erschaffen hat oder ob er nur von ihm geweckt wurde, aus einem scheinbar jahrelangen Schlaf.

 

Wie er diese dunkle rücksichtslose Göttin so gut in sie integrieren kann.

 

Mit der Freundin und Seelenverwandten auf eine Stufe stellen, ohne verrückt zu werden.

 

Weil es nicht Teil von ihr ist, zumindest nicht solange sie denken kann und die Scham, die sie bei jeder Vision von ihm fühlt, Eiswasser gleich kommt. Sie kurz taub und gefühllos macht, solange bis sie seine Eindrücke akzeptiert und wieder weiter ihr Dasein leben kann. Bis zur nächsten Vision.

 

Denkt an Spikes gestrige Worte und versucht zu ergründen, was er so offensichtlich in ihrem Verhalten findet, das ihre Erinnerungslücke erklärt. Blickt in den See und sieht ihre Reflexion und seinen Schatten, ist fast gewillt zu fragen, ob er es nicht müde wird, sie und Angel zu terrorisieren, aber sie kennt Angelus’ Antwort darauf und so spart sie sich den Atem. Er ist nur eine weitere Verbindung zu Angel. Eine, deren sie sich nicht entledigen kann.

 

Sieht die Tropfen auf ihrem Schienbein, die wie Diamanten in der untergehenden Sonne glitzern.

 

Schließt die Augen und ist dort.

 

Im Schatten. Bei ihm.

 

Vor dem Erwachen, weil es Zeit ist, sich ihm zu stellen.

 

Cordelia ist viele Dinge, müde, wund, erschöpft. Aber eines nicht – sauber.

 

Es ist nicht von Bedeutung, die Dusche ist vorbei und er führt sie in das Schlafzimmer der Mutter. Anna. Ihr Name war Anna und Cordelia sträubt sich, die Tote namenlos werden zu lassen. Der Raum ist feminin gehalten, Pastellfarben und weißer Marmor. Weiße Möbel und ein Queensize-Bett.

 

Cordelia fühlt sich unwohl in dem luxuriösen Raum, denkt an die entstellten Leichen im anderen Zimmer und sieht die Photos auf der Kommode. Bilder einer Vorzeigefamilie. Oberflächlich. Aber die separaten Räume der Eltern sprechen eine eigene Sprache, die Cordelia zu gut aus ihrer eigenen Kindheit versteht, obwohl sie durch ein Badezimmer verbunden waren, lebten ihre Eltern in zwei Welten, die sich selten berührten. Zu viele Räume, um sich für einen zu entscheiden und eine Ehe zu leben.

 

Dieses Zimmer erinnert sie an den frostigen Ort, an dem sie aufgewachsen ist.

 

So wie Joshuas Geständnis seiner Affäre, sie an ihren Vater erinnert hat. Er hätte ihr Vater sein können. Erfolgreich in all den Punkten, die für seine Tochter nicht signifikant waren, bis sie lernte, dass sein Geld zwar nicht Liebe aber Annehmlichkeit kaufen konnte. Ihr eine Welt zu Füßen legen konnte, egal wie leichtlebig, es besser war zum neunten Geburtstag ein Pferd zu fordern, als enttäuscht zu sein, wenn ihr Vater es nicht schaffte von seiner Geschäftsreise rechtzeitig zurück zu sein. Sie hat sich damit arrangiert. So wie ihre Mutter sich mit Unterstützung ihren unnötigen Pillen und Alkohol mit seinen Affären arrangiert hatte, um die Leere zu füllen.

 

Es ist nicht mehr von Bedeutung. Nicht für sie, nicht für Anna. Es entlastet niemand, dass Joshua unter Umständen ein schlechter Ehemann war und die Ehe eine Farce. Erst recht nicht ihr Gewissen.

 

Sie ist nur am Ende, unterdrückt das Bedürfnis zusammenzubrechen und nie wieder aufzustehen.

 

Cordelia ist gut im unterdrücken ihrer Bedürfnisse geworden.

 

Es fühlt sich beinahe natürlich an.

 

So steht sie neben ihm und wartet auf seine nächsten Anweisungen, während er den Raum und sie eingehend mustert. Sie hat sich an die Kälte seines Blickes gewöhnt, so wie an ihren unbekleideten Zustand, spürt nicht mehr den Drang sich zu bedecken und beschämt die Augen zu senken. Es ist der Verlust ihrer Unschuld in Gegenwart eines Mannes, sie weiß das, weil sie selbst bei Xander Dunkelheit vorgezogen hat und Decken über ihrem Körper. Nacktheit für sie für die neidischen Blicke der anderen Cheerleader unter der Dusche nach dem Training reserviert war. Blickt ihn unbeteiligt an, sieht die Illusion eines nackten Mannes vor sich, der nichts anderes als tot ist, der sie trotzdem mit einem Wort in die Knie zwingen kann oder einem Handzeichen.

 

Sie sieht nicht mehr Angel in ihm, seit er den glühenden Schürhacken in der Hand hatte.

 

Und das ist merkwürdig, weil sie vorher auch nicht Angel gesehen hat.

 

Aber etwas hat sich ihr weiter entzogen, seit diesem Moment.

 

Die gemeinsamen Jahre sind nicht vergessen, aber liegen jetzt unter einer dicken Ölschicht. Kontaminiert. Selbst wenn sie das hier hinter sich lassen können, wird ihre Verbindung nie wieder unbefleckt sein. Unberührt und schuldlos wie in der Vergangenheit. Eine elementare Freundschaft und das warme Gefühl von Familie, das er für sie repräsentierte, haben sich in etwas Dunkles verwandelt.

 

Nicht kalt wie das Verhältnis zu ihren Eltern, sondern tot. Verwest. Hat plötzlich einen faulen Geschmack in ihrem Mund und der Ekel vertieft sich, dringt bis auf die Knochen und sie kämpft ihren Widerwillen zurück. Und Cordelia erlaubt sich zum ersten Mal über die Zukunft nachzudenken, die dem hier folgen wird, falls sie überlebt und es macht ihr Angst.

 

Mehr Angst als seine Gegenwart.

 

Soviel Angst, dass sie sich das Weiterdenken abrupt verbietet.

 

Und so konzentriert Cordelia sich auf die Gefahr vor ihr. Sie macht sich nicht mehr vor, dass sie ihn kennt oder seine Motive versteht. Sie weiß, dass sie keine Macht über ihn und seinen Willen besitzt. Aber sie sucht noch immer den Ort in ihr, an dem er sie nicht berühren kann und der es unreal macht. In der Dusche hatte sie ihn fast gefunden, bis er ihr Haar packte und ihre Kehle bloßlegte. Der Biss war beinahe Routine und nicht so schmerzhaft wie das Zurückkommen in seine Gegenwart.

 

Er ist vorsichtig geworden, in der Menge Blut, die er nimmt.

 

Sie weiß, dass sie es sich nicht erlauben kann, ohnmächtig zu werden, den Kinder zuliebe und so sollte sie ihm dankbar sein. Sie weiß noch, dass Dankbarkeit sich anders anfühlt.

 

Gibt ihm Zeit seine weiteren Pläne zu schmieden, sie hat es sich verdient.

 

Bleibt mit hocherhobenem Kopf stehen, als er bedächtige Runden um sie dreht, ballt ihre Fäuste und starrt auf das Bett vor sich. Weiß, dass er Raubtier und sie Beute ist. Kämpft noch immer gegen sich, ihre innere Stimme und die gellenden Schreie in ihrem Kopf. Stellt sich taub für sie, es ist nur wichtig, dass sie ihn beschäftigt hält, nichts weiter. Ihr Stolz ist nicht wichtig. Ihr Herz ebenso wenig. Sie ist nicht wichtig. Nicht hier. Nicht Jetzt.

 

Er steht hinter ihr. Zu nah und sie bebt. Er hat noch immer diese Macht über sie.

 

„Geh aufs Bett, Cor.“ Seine Lippen sind an ihrem Ohr, die Stimme heiser und sie schließt kurz die Augen, weil sie nicht bereit für die nächste Runde ist und keine Wahl hat. Muskeln in ihr protestieren, von denen sie nicht geahnt hat, dass sie diese besitzt. Gibt sich einen Ruck und setzt sich in Bewegung, klettert auf das Bett und dreht sich in seine Richtung, behält die Gefahr im Auge. Stützt sich auf ihre Ellbogen und wartet.

 

„Öffne deine Beine, ich will dich ansehen.“

 

Folgt seinem Befehl und fühlt sich unkomfortable, verwundbar, was lustig ist, weil er sie schon so oft geöffnet unter sich hatte. Im Licht.

 

Weil er sie schon so oft verletzt hat. Im Schatten.

 

Er kommt langsam näher und sie weiß nicht, wie sie den Blick deuten soll, den er ihr zuwirft, weil er einen neuen Plan hat und ihn gerade minutiös ausarbeitet. Sie zuwenig Erfahrung besitzt, um sich vorzubreiten und ihre Abwehr aufzubauen. Anzupassen. Weil sie weiß, dass seine intensive Blicke gefährlicher für sie sind, als seine eisigen.

 

Er am Rande des Bettes zum stehen kommt. Schneller wie er sollte, aber er ist ein Vampir und die Ewigkeit keine Gefahr für ihn, er würde ihr dorthin folgen und sie ist es müde auf Zeit zu spielen oder zu hoffen, dass jemand sie erlöst. Jemand anders als er und der Tod ist eine süße Versuchung und er repräsentiert ihn und vielleicht sollte sie sich das zunutze machen. Vielleicht sollte sie ihm mehr entgegenkommen, bis nichts mehr von ihr übrig ist. Ihr Fleisch konsumiert bis auf die Knochen.

 

„Berühre dich selbst, Cor.“

 

Sie schließt gedemütigt die Augen und legt sich zurück. Sie kennt seinen Plan nun, es braucht kein Genie, um ihn zu verstehen. Sie fühlt die Schamesröte, die in ihren Wangen brennt und zögert und er wartet geduldig. Sie denkt, dass es für ihn Teil der Show ist und er auf ihren Widerwillen gezählt hat, so wie auf ihre Beschämung und sie ist zornig, weil sie es ihm so einfach macht. Weil er sie so leicht schockieren und ausspielen kann. Sie sich wie ein Mädchen fühlt und gleichzeitig wie eine leere Hülle.

 

Nicht wie die Frau, die sie ihm wahren Leben ist.

 

Dass es Teil des Kicks ist, den er sich hieraus verspricht.

 

Ihre Hand langsam zwischen ihren Beinen verschwindet und sie schluckt und versucht seinen brennenden Blick auszublenden und einen eigenen Rhythmus zu finden unter ihm. Unabhängig von ihm und seiner Gegenwart. Ihre Finger taub sind und ihre Bewegung mechanisch. Sie einen Schluchzer hinunterbeißt und sich härter konzentriert, es Gottverdammt, das einzige ist, bei dem sie tatsächliche Erfahrung hat. Seine Feuchtigkeit noch zwischen ihren Schenkeln klebt, aus ihr herausrinnt und sie taucht ihre Finger ein, bringt sie zurück auf ihre Klitoris und versucht sich an das Konzept von Selbstbefriedigung zu erinnern und scheitert in der Grundlage.

 

Sie nicht befriedigt werden muss und nicht sie selbst ist.

 

Spürt, wie die Matratze unter seinem Gewicht nachgibt und er näher kommt.

 

„Nicht aufhören, Cor!“ Seine Stimme ist leise, die Drohung dennoch nicht zu überhören, gebieterisch und die Autorität im Tonfall ist ein weiterer Unterschied zu Angel. Sie hält sich daran fest. So wie sie die Augen geschlossen hält, als seine Hand ihren Knöchel einfängt und seine Zunge den Spann ihres anderen Fußes abfährt.

 

Gott, sie wünscht sich so sehr, dass er sie einfach in Ruhe lässt. Ihr ihren Frieden wiedergibt. Und sie weiß nicht, wie lange sie diese Tortur noch aushält, ihn in ihrer Nähe zu haben und seine Zunge fährt über ihr Schienbein, leckt die Tropfen der Dusche weg. Seine Hände kommen auf ihren Knien zur Ruhe und drücken sie weiter auseinander, wandern nach außen und in ihre Kniekehle, verweilen dort.

 

Die Stille hängt zwischen ihnen und sie nimmt nur ihren eigenen Atem wahr.

 

Seinen Schatten auf ihr. Wie er an ihr klebt. In ihr.

 

Sie ist taub und kalt für ihre eigene Berührung.

 

Kann sie vorhersehen und erwarten.

 

Es ist nicht mehr dasselbe.

 

Wie vorher.

 

Reizlos.

 

Er spreizt seine Hände, umfasst ihre Oberschenkel, zieht sie näher, legt sie noch offener vor sich, beobachten sie, so dass sie die taxierenden Blicke mit geschlossenen Augen fühlt und ihre fruchtlosen Bemühungen. Sie kann sich nicht an Leidenschaft erinnern und ihre Lungen brennen, in dem Verlangen, den Schreien in ihrem Kopf endlich Gewähr zu leisten. Und dann ist seine Zunge ohne Warnung auf ihr und sie zuckt zurück. Der Schrei löst sich ungewollt, bevor sie ihn wieder einfängt. Versucht instinktiv die Beine zu schließen, die er ohne Schwierigkeiten in seinem eisernen Griff gespreizt hält.

 

Ihre Finger liegen still und sie krallt die linke Hand in die Tagesdecke. Vermisst den Geruch ihrer Laken daheim und er leckt sie langsam, sie will ihm sagen, dass er kein Recht hat, sie dort anzutasten. Anzurühren. Er genug von ihr genommen hat, um ihr diesen kleinen Rest von sich selbst zu lassen, diesen Teil ihrer Intimsphäre. Aber seine Zunge vollführt langsame Bewegungen, fährt ihre volle Länge ab und der Schluchzer lässt sich diesmal nicht hinunterschlucken. Hinunterbeißen.

 

Sein Schwanz war grausam, aber das hier ist grausamer. Offener.

 

Die Tränen fließen wieder frei und diesmal ist kein körperlicher Schmerz, die passende Entschuldigung für ihr jämmerliches Verhalten und er erhöht nicht den Druck, aber ihr Weinen verstärkt sich und sie weiß nicht, um was sie weint. Um wen. Um Alles.

 

Aber ihm ist es egal und so muss sie sich ebenfalls nicht darum kümmern. Ihre Nervenenden durch die ungewohnte Beanspruchung der letzten vierundzwanzig Stunden überempfindlich sind. Ihre Nerven bloßliegen und sie.

 

Seine Hände liegen auf ihrem Bauch und sie fühlt sich so ausgeliefert und hilflos.

 

Sie unter seiner kalten Zunge und deren langsamen Rhythmus weiter zersplittert.

 

Bis sie ein Ventil für ihre Gefühle findet. Ihre Finger krallen sich in seinen Skalp, in dem nutzlosen Versuch ihn wegzuziehen. Wegzudrücken. Wegzuschieben.

 

Sie ihn hilflos anschreit, dass sie ihn hasst.

 

Ist sich nicht sicher, ob seine Antwort ein Knurren oder Schnurren ist. Weiß, dass es sie nicht kümmert und ihr armseliges Weinen nicht tröstet, sondern nur verstärkt. Sie sich noch nie so schwach in seiner Gegenwart gefühlt hat, so machtlos und abhängig.

 

Er seinen Fokus auf den Punkt konzentriert, der ihr erbärmliches Schluchzen verstärkt und die Kreise kleiner werden, der Druck höher und die Kälte ist da und sie hasst sich dafür. Hasst ihn noch mehr. Und ihren verräterischen Körper. Hasst das eisige Feuer, das er in ihren Lenden entzündet und das sie versengt. Hasst wie es sich durch ihre Glieder ausbreitet bis in die Zehenspitzen und dann wieder zu einem Feuerball in ihrem Bauch wird. Hasst die Intensität und das Echo, das ihre Zähne aufeinanderschlagen lässt, in dem Rhythmus den seine Finger in sie hineinpumpen und sie zittern lässt. Hasst seine raue Zunge auf ihr, die sie an Trockeneis erinnert, ihr das Gefühl nimmt, sie einfriert und an ihm kleben lässt, seinen verhassten Bewegungen folgend. Taumelnd. 

 

Hasst ihn. Hasst sich.

 

Hat vergessen, dass Hass sehr viel mit Lieben zu tun hat und sie sich auf dünnem Eis befindet. Dies hier in mehr als einer Weise gefährlicher für sie ist. Als seine Fänge ihre Klitoris streifen, berstet sie. Ihr Herz fühlt sich an wie ein großer Eisklumpen und sie lauscht unbewegt dem Klirren, als es unter seinem Druck bricht. Die kalten Splitter schmerzhaft durch ihren Körper jagen. Ihr Blut abkühlen.

 

Cordelia sich einen Moment fragt, ob es nicht auch ihr Verstand war, der zersprungen ist.

 

Es ist nichts mehr von ihr übrig, das sie an sich erinnert und das was vorher war. Angelus auf ihr liegt mit dem Grinsen einer Raubkatze, die ihr Opfer in die Enge getrieben hat und dieses die Falle viel zu spät erkannt hat, um noch zu entkommen. Er sie bewusst nicht daran erinnert, dass sie sein Opfer ist, als er wieder in ihr abtaucht und ihre Lippen in Anspruch nimmt, während er in sie mit einem harten Stoß gleitet.

 

Weiß nur, dass sie ihn hasst, aber nicht mehr warum.

 

Und so setzt sie seinem Rhythmus ihren eigenen entgegen und ihre Arme legen sich um seine breiten Schultern und Beine umschlingen seine schmalen Hüften. Hat vergessen, dass es noch etwas zu schützen galt und zu verteidigen, als sie ihre Finger in seinen Haare vergräbt und ihn noch näher zieht. Die Taubheit in ihr verschwunden ist, so wie die Kälte. Leidenschaft durch ihr Blut pumpt, zusammen mit dem Willen diesen Kampf zu überleben, wenn sie schon nicht gewinnen kann.

 

Dass sie sich in sein Gedächtnis einbrennen will, so wie er ihres ausgelöscht hat.

 

Vergisst, dass Begierde nichts mit Schmerz zu tun haben sollte. Ebenso wenig Liebe.

 

Dass es ein Vorher gab. Und dass es ein Nachher geben wird.

 

Kann sich heute noch nicht an das erinnern, was folgte.

 

Angel schon und das macht ihr Angst.

 

Well they’ve got to kill what we found.

 

Cordelia fühlt Spikes Präsenz hinter ihr und sie klopft neben sich auf den Holzsteg.

 

Er folgt ihrer Direktive, setzt sich im Schneidersitz neben sie und ihr Blick fängt die Szenerie vor sich ein. Den Vollmond und das entfernte Quacken der Frösche. Das Zirpen der Grillen und die Reflexionen im See. Den Wald um sie herum und die nächtlichen Geräusche in ihm. Vielleicht hätte sie die Kulisse in ihrem anderen Leben romantisch empfunden, aber sie ist noch immer friedvoll, gerade für einen Stadtmenschen wie sie.

 

„Du hast dir Zeit gelassen.“

 

„Ich dachte, du benötigst Zeit für dich allein.“ Seine Stimme hört sich fast wieder normal an, der Verband ist verschwunden, gibt den Blick auf einen hässlichen Narbenwulst frei, der einige Tage benötigen wird, bis er ganz verschwunden ist und sie richtet ihren Blick schließlich auf seine Augen.

 

Unsicher, ob er Recht hat oder nicht. Weil es gefährlich sein kann zu denken und nicht den Instinkten blind zu folgen. Oder den Mächten.

 

Der Verstand Instinkte mit Motive versetzt, Intuitionen in Frage stellt und Beweggründe offenbart, die nicht immer rein und selbstlos sind. Sie deshalb Denken in den letzten drei Monaten rigoros abgelehnt hat, wenn es für sie gefährlich wurde und sie sich dadurch ihren Verstand teilweise bewahrt. Aber man kann nicht ewig in Verweigerung leben und Zeit heilt alle Wunden und sie benötigt eine Ewigkeit davon, um wieder sie selbst zu sein. Vielleicht auch nicht. Vielleicht hatte er damals bei ihrem Zusammenbruch in seinem DeSoto Recht, dass sie hieraus stärker hervorgehen wird, wenn sie lernt die Veränderung zu akzeptieren. Sich anzunehmen mit ihren Fehlern und Schwächen.

 

Den Schatten zu dulden, der sich in ihrer Existenz ausbreitet.

 

Sie heute körperlich stärker ist, als jemals zuvor. Es zwischenzeitlich mit jedem Vampir aufnehmen könnte, außer mit denen, die sie und ihre Schwäche zu gut kennen. Spike. Angel. Sie weiter an Kraft gewinnt und ihr Training, das übliche dazutut, um ihre Tödlichkeit zu erhöhen, so wie Spikes Einfluss. Sie damalige Schwächen heute erkennt und sie trotzdem Schwierigkeiten hat, diese ganz abzustreifen. Alle hinter sich zulassen.

 

Weil Liebe Schwäche ist und Mitgefühl ebenso.

 

Aber kann sie darauf verzichten und noch sie selbst sein?

 

Wieder eine Frage ohne einfache Antwort, schiebt sie weg und besinnt sie sich auf die Fakten, versöhnlich, „Du heilst schneller, wie ich angenommen habe.“

 

Er nickt, „Martha sagte mir, dass du mir genügend Blut für drei von meiner Sorte gegeben hast.“

 

„Ja.“

 

„Weshalb?“ Die Frage kommt unerwartet und sie blickt ihn überrascht an.

 

„Du hast es benötigt, es war nicht wirklich eine Option dich auf dem Feld ausbluten zu lassen, weder in deinem noch in meinem Sinne.“ Spike blickt sie erstaunt an und sie fährt hastig fort, „Und ich heile ebenso schnell wie du.“

 

Sie weist auf ihre nun wieder verheilten Abwehrwunden auf den nackten Unterarmen, auf denen noch einige lange weiße Narben von dem Kampf zu sehen sind, einige rote Striemen von den tiefsten Verletzungen. Dann dreht sie ihm ihr inneres Handgelenk zu, wo seine Fänge nur eine Reihe von perlenförmigen Narben hinterlassen haben, die aber bis morgen ebenso verblassen und verschwunden sein werden.

 

Sie hebt herausfordernd die Augenbraue, wartet darauf, dass er ihre Logik in Zweifel zieht.

 

Stattdessen fängt er ihr linkes Handgelenk ein und streicht mit dem Daumen sanft über die Abdrücke. Kleine Kreise über ihren Puls und sie folgt der Bewegung seines Daumens mit ihren Augen. Er erwidert schließlich gedehnt, „Ich rede nicht vom Feld, sondern von hier. Ich wusste nicht, dass du mir dein Blut gegeben hast, was wiederum einiges meiner Wunderheilung erklärt. Dein Blut ist exquisite und potent.“

 

„Ah.“ Sie nimmt es als Kompliment und schweigt. Wieder ihre Instinkte und die Konsequenzen und weshalb färben sich ihre Wangen in Verlegenheit rot? Sie hat genug von diesem Thema, entzieht ihm vorsichtig ihre Hand und zieht ihre Knie an, stützt ihr Kinn darauf und starrt in den Nachthimmel. „Es reicht, wenn du brav Danke sagst, ich bin nicht das erste Mal Blutspenderin für einen Vampir. Ich erwarte keine Blumen oder einen Schokoriegel für meine Mühen.“

 

„Danke“, nach kurzem Zögern, „für alles.“

 

„Wenn ich hart an dir arbeite, bringe ich dir vielleicht noch Manieren bei, huh?“ Lächelt ihn an und er sieht sie ernst an, bleibt stumm. „Ich schätze es war einfach mich zu finden, oder? Einfach dem Pfad meiner Zerstörung nach.“

 

„Es erforderte keinen indianischen Spurenleser oder unser Orakel, wenn du das meinst. Die alte Squaw hat mich nach Sonnenuntergang zurückgehalten, solange sie konnte. Es ist ziemlich erstaunlich, wie viel Durchsetzungskraft in einem alten Knochen wie ihr steckt.“

 

„Die Einsicht, dass ich Zeit benötige, ist also nicht auf deinem Mist gewachsen?“

 

Er legt den Kopf schief, mit nur einem Hauch von Humor, „Mmh, ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass du wieder die Geschichte überschreibst, weil du festgestellt hast, dass dein Handel nicht so aufgegangen ist, wie du ihn dir vorgestellt hast oder unfair war. Dein Starrsinn und Durchsetzungsvermögen Marthas offensichtlich in den Schatten stellen kann, wenn du sogar die Mächte überzeugen konntest.“

 

„Ha ha, sehr lustig. Ich habe diese Macht verloren, Spike.“

 

„Hast du?“

 

Sie nickt, „Ich bin mir ziemlich sicher.“

 

„Ich bin mir da aber nicht so sicher, Cor.“ Und seine schwermütige Erwiderung ist nicht für sie bestimmt und so spart sie sich die Antwort.

 

Er fischt seine Zigaretten aus der Hosentasche zusammen mit dem Feuerzeug und die Flamme blendet sie und sein Gesicht ist wieder ein undeutlicher Fleck in der Nacht nachdem sie erlischt. Aber sie kann den Ausdruck nicht mehr lesen und sie wundert sich, ob das seine Absicht war. Ob nicht nur sie das Gefühl hat, ihre Emotionen verstecken zu müssen. Ihr Blick wendete sich auf die Landschaft vor ihnen.

 

Sie waren noch nicht zum eigentlichen Thema gekommen und Cordelia hasste diese Befangenheit, die sich zwischen ihnen aufbaute. Gottverdammt, Spike wollte sie zu einer Brazil Wax überreden, es gab nicht sehr viel Peinlicheres und Intimeres, als die eigene Schambehaarung, das man mit einem Vertreter des männlichen Geschlechts besprechen konnte, der nicht der eigene Liebhaber war. Weshalb war ihr es damals nicht verrucht vorgekommen, sondern nur lustig und nun brachte sie ein intensiver Blick von ihm aus dem Konzept?

 

Aber die Lage war komplizierter geworden, damals ging es nur um ihren Körper, heute nicht. Heute ging es um ihre Einstellung dazu. Seine gleichmäßigen Züge sind die einzigen Bewegungen, hüllen sie beide in den Geruch von Rauch und sie fragt sich, wann sie angefangen hat, Zigarettenrauch angenehm zu empfinden und ihn mit Schutz gleichzusetzen. Mit seiner Gegenwart.

 

Vielleicht gestern nach dem Kampf. Vielleicht vorher.

 

Schließlich schnippt er die zuende gerauchte Kippe in den See und durchbricht vorsichtig das Schweigen zwischen ihnen, „Hast du das ernst gemeint, heute Nachmittag?“

 

„Ich weiß es nicht, ich denke zum Teil ja.“ Sie nickt bekräftigend mit dem Kopf. „Es ist nicht, dass ich dir irgendwelche Motive unterstelle, wirklich nicht, aber es ist, wie es ist.“

 

„Mmh. Du bist keine Hure und du hast dich nicht für ihn verhurt und ebenso wenig könntest du das für mich, Kwé.“

 

Cordelia lächelt leicht über seinen neuen Spitznamen und bleibt stumm.

 

Es gibt soviel, das sie seiner Aussage entgegensetzen könnte. So viele Wahrheiten über sich und Angelus’ Deal, die ihn vom Gegenteil überzeugen könnten, aber sie mag den Respekt mit dem er sie behandelt. Mag Spikes Loyalität, die nun ebenfalls ihre Person mit einschließt und will nicht das Risiko eingehen, diese zu verlieren.

 

Lauscht in ihr Inneres, versucht noch immer die unschuldigen Antworten zu finden, die einmal in ihrem Besitz waren. Freundschaft. Familie. Liebe. Das sind Begriffe, die ihm ebenso vertraut sind, wie ihr und die er nachvollziehen könnte. Die seinen Schutz ebenso in Anspruch nehmen, wie ihren. Aber es fühlt sich nicht richtig an, diese Begriffe sollten nicht mit soviel Schuld beladen werden.

 

Eine Hure kann ihren Körper aus Liebe verkaufen. Ihrem Gewerbe nachgehen, um ihre Familie zu ernähren und zu erhalten und das ist etwas, das sich für Cordelia wahrer anfühlt, als zu behaupten, sie hätte es aus reiner Nächstenliebe getan. Sie hat einen Teil von sich an Angelus verkauft, den sie nie wieder zurückerhält. Der mit seiner Präsenz ebenso aus ihrem Dasein verschwunden ist. Von dem sie noch nicht einmal angenommen hatte, dass er einen eigenen Wert besaß oder sich in ihrem Besitz befand. Erst jetzt bei ihren Aufräumarbeiten wird ihr klar, dass Stücke fehlen. Helle Flächen, die jetzt in Finsternis getaucht sind. Große Teile, die nicht wiederherzustellen sind.

 

Restauration im Ansatz gescheitert.

 

Gott, ihr Kopf fühlte sich chaotisch und blutleer an, zu viele widersprüchliche Gefühle, um ihnen allen ein Motiv zu zuordnen. Sie fährt über ihr Gesicht, reibt ihre Augen und dreht sich dann herum, setzt sich im Schneidersitz neben ihn, er kehrt sich ihr ebenfalls frontal zu, bis sich ihre Knie berühren und sie starrt ihm ins Gesicht.

 

„Also was macht dich so sicher, Spike, dass ich keine Hure bin? Ich kenne meine Argumente, die zu diesem Schluss führten, was sind deine, die das Gegenteil beweisen.“

 

Sie kennt ebenso die Argumentationslücke darin, die ihn in diesem Gedankengang betrifft. Er hat ihr nichts zu geben, kein Gut oder Wert, was sie sich zu eigen machen oder haben will und eine Hure macht nicht umsonst die Beine breit, außer um Zuneigung zu erwerben und dann ist sie keine Hure mehr, sondern Frau. Eine naive noch dazu.

 

„Ich kenne genügend Huren, Cordelia. Ich kenne die teuren Mätressen aus edlen Kreisen und die Straßennutten aus East End. Sie alle haben eines gemeinsam, sie wollen gut behandelt werden.“

 

Sie versteht nicht, „Und?“

 

„Du willst das nicht. Du willst Strafe für dein Scheitern, für deine Niederlage und das ist etwas, das nur eine Lady für sich in Anspruch nehmen kann, die den Unterschied zwischen Überleben und Liebe kennt. So eine Frau kann ebenfalls ihren Körper verkaufen, versteh mich nicht falsch, Überleben ist ein Urinstinkt, dem sich niemand entziehen kann, der noch einen Hauch von Hoffnung in sich trägt. Aber diese Frauen werden dabei nie zu einer Hure, weil sie die Bestrafung für ihr Fehlverhalten mit ihren Augen fordert. Du hast diesen Blick und nicht den einer Hure.“

 

Sie kann sich seiner simplen Logik nicht entziehen. Sie weiß nicht, was er in ihren Augen liest und was man in ihren Blick hineininterpretieren kann, so wechselt sie das Thema. „Aber du schuldest mir noch immer eine andere Erklärung.“

 

„Tue ich das?“, und er klingt fast wieder spielerisch.

 

Er weiß, worauf sie zielt, sie braucht die Frage nicht ausformulieren, deshalb kurzangebunden, „Ja.“

 

Spike fängt ihr Handgelenkt ein, legt seine Hand locker auf sein Knie und beginnt wieder Kreise um ihren Puls mit dem Abdruck seiner Fänge zu ziehen. Nach einem Moment des Schweigens, versucht sie es ihm zu entziehen, sein Griff wird fest. „Entspann dich, Cordelia, das hier gehört zu deiner Lektion.“

 

Starrt auf die blasse Haut, die selbst im Mondlicht mit ihrer kontrastiert.

 

Dann beginnt er leise zu sprechen, „Hast du dich je gefragt, was sexuelle Erfahrung ist?“

 

Schüttelt unsicher den Kopf, verwirrt durch sein Verhalten, seinen Daumen und seine Worte. „Es ist nicht die Zahl deiner Liebhaber oder die Variation der Positionen. Es ist noch nicht einmal der Grad der Leidenschaft, zu dem du fähig bist. Sexuelle Erfahrung beginnt mit einer Erkenntnis, dass es gut ist einen Körper zu haben, der die Genialität hat, einen Höhenpunkt zu fühlen. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist der, dass Jungs sich sehr viel früher darüber klar werden, wie sie ihn erreichen können. Es ist einfach für uns, Erregung ist Härte, die Erleichterung sucht und der Weg ist ebenso anspruchslos, wie unfehlbar. Bei Frauen liegt es ein wenig anders, eure Lust ist nicht so offensichtlich. Deshalb könnt ihr euren Körper dafür einsetzen, eure Ziele zu verfolgen und Männer zu täuschen, während unser einziges Ziel, der Sex selbst ist und bleibt.“

 

Cordelia fühlt sich hypnotisiert durch die Kreise auf ihrem Handgelenk und sie blickt langsam in sein Gesicht, versucht sich nicht von ihm und seiner Laune einfangen zu lassen. Spikes Miene ist intensiv, ob oder gerade wegen des Mondlichtes, das tiefe Schatten darauf zaubert, kann sie nicht ganz ausmachen.

 

„Dein erster Liebhaber war Xander?“ Sie nickt.

 

„Und du warst seine erste?“ Ein weiteres Nicken folgt.

 

„Es war nicht so erderschütternd, wie du es dir gedacht hast, richtig? Die Welt ist nicht aus ihrer Bahn gekippt und dir hat niemand am nächsten Tag angesehen, dass du keine Jungfrau mehr warst. Das sich etwas in deinem Leben grundlegend geändert hat.“ Cordelia zuckt die Schultern, ein beschwingtes Lächeln um die Lippen, bei den Erinnerungen und seinen Worten sie zu umschreiben.

 

„Viel Gefummel von Xan-Boy und wenig Reaktion deinerseits. Sein vorzeitiges Kommen und dein Fragezeichen, um was es bei dem ganzen Drama überhaupt geht und weshalb so ein Aufhebens darum gemacht wird.“ Sie lächelt ihm breiter zu und er erwidert es, seine Zähne leuchten in der Nacht. Lenken blendend von dem Schatten ab, der um seine Augen liegt. „Du aber glücklich warst, dass dein Freund sich nicht in ein mordendes, psychopathisches Ungeheuer verwandelt hat, du nicht vor ihm und den Erinnerungen auf der Flucht sein musstest.“

 

Spike braucht kein Nicken von ihr, um diese Frage als beantwortet anzusehen und es erstaunt sie, dass er ihr erstes Mal zeitlich so gut einschätzen konnte, obwohl er sie vor all den Jahren gerade einmal flüchtig aus der Distanz kannte.

 

„Du weißt, dass in der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, Unschuld ein hohes Gut war, eigentlich der einzige Besitz, den eine Frau ihr Eigentum nennen konnte. Nicht nur in den Adelskreisen. Eine Frau, die sie verlor, bevor sie im Stand der Ehe war, konnte ihr gesamtes Leben und das ihrer Familie ruinieren. Als Mensch habe ich mich nie gefragt, warum. Ich meine, weshalb ein System in Frage stellen, das Jahrhunderte lang gut funktioniert hat. Außerdem waren meine eigenen Vorstellungen über die Ehe und die nächtlichen Aktivitäten ziemlich romantisch, um nicht zu sagen naiv.“

 

Sie kann sich Spike nicht als Ehemann und Vater vorstellen, aber seine Worte beweisen, dass er kein Lebemann war und es ist seltsam, dass sie sich nie Gedanken darüber gemacht hat, was für eine Art von Mensch er gewesen war. Cordelia kann ihre Neugier nicht länger in Zaum halten, sie platzt heraus, „Warst du verheiratet?“

 

„Nein, zu sehr Müttersöhnchen, um das Risiko eines Hausdrachens einzugehen.“

 

Es ist mehr als ein Schuss ins Blaue, ein Bauchgefühl, „Du wurdest du als Jungfrau gevampt?“

 

Sein Grinsen wird provokant, „Diese Frage verbietet der Anstand und gefährdet meine Reputation, Cor. Außerdem entbehrt sie jeder Grundlage.“

 

Sie wirft den Kopf in den Nacken, ihr Lachen ist schallend und unbefangen, nicht bösartig, aber oh Gott, er war unschuldig gestorben und diese Variante seiner Vergangenheit wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Salonlöwe? Ja. Dandy? Definitiv. Aber Jungfrau? Nope. Er blickt sie mit milder Nachsicht an und als sie sich endlich wieder gefangen hat. „Wie süß, Spike.“

 

Sein warmes Lächeln verschwindet, „Nein, nicht süß. Unrealistisch und verträumt schon eher, weshalb es mich auch dermaßen niedergeschmettert hat, als ich Drusilla zusammen mit Angelus im Bett fand. Ich dachte, ich hätte mein Schicksal mit ihr gefunden, die eine dunkle Göttin für die Ewigkeit an meiner Seite. Allerdings waren das die Träumereien des Poeten. Auch wenn ich zwei Nächte davor meine Jungfräulichkeit verloren hatte, nahm mir Angelus die Unschuld in jener Nacht auf jede erdenkliche Weise.“

 

Sein Griff wird unbewusst schmerzhaft, es dauert bis er ihn wieder lockert. Spikes Augen sind in die Ferne gerichtet, an ihrem Gesicht vorbei, als ob sich direkt hinter ihrer Schulter ein blutiges Drama abspielen würde. Sie ist sich ziemlich sicher, dass er diese Nacht in jedem grauenhaften Detail sieht. Aber im Gegensatz zu ihr, verliert er, wenn er mit seinen Erinnerungen konfrontiert ist, nicht die Sprache.

 

Die Ruhe in seinem Tonfall ist erschütternd, „Der Bastard hatte schon immer ein Talent im auffinden und zerstören von Unschuld und Illusionen. Als ob er die Leere in sich auffüllen müsste, nicht nur mit Blut, sondern auch mit den Träumen seiner Opfer. Ihre Wünsche und ihre Phantasien, so dass sie am Ende genauso leer, wie er waren. Aber er hat mich auch stärker gemacht. Schneller wie jeder andere Lehrmeister es je gekonnt hätte. Schmerz ist eine sehr gute Gedächtnisstütze, um gewisse Lektionen und Wahrheiten nie wieder zu vergessen. Gewisse Gefühle und Geheimnisse um jeden Preis für sich zu behalten, damit er sie nicht verwüsten und ausmerzen konnte.“

 

Seine Stimme ist emotionslos und losgelöst, als ob er sich selbst von dem Inhalt des Gesagten distanziert. Als ob nicht er der Frischling wäre, der damals gebrochen wurde. Es in keiner Beziehung zu ihm und zum heute steht. Cordelia ist sich nicht sicher, ob es gerade diese Art zu erzählen, es noch intensiver erscheinen lässt. Näher bringt. Aber sie hat eine Gänsehaut und ihre Hände zittern in seinem ruhigen Griff. Vielleicht weil er ihr zum ersten Mal ihre Vermutung vorbehaltlos bestätigt, dass er auch Opfer war.

 

Dass sie von demselben Monster gebrochen wurden.

 

Dass es eine gemeinsame Vergangenheit gibt, die sie tiefer verbindet, als ihr Blut in seinen Adern. Die sie im Heute verankert und hinter ihren Schutzmauern.

 

Spikes Augen suchen ihre, „Du wirst vorsichtiger mit dem, was du an die Oberfläche lässt, filterst es und kontrollierst es auf Schwächen. Du wirst härter, kümmerst dich weniger und veranstaltest größeres Chaos draußen, um von dem Chaos in dir drinnen abzulenken. Irgendwann hast du Erfolg damit. Du bist so laut, so ungezähmt, so wild, dass man es nicht mehr ignorieren kann. Er es nicht mehr ignorieren kann und dir ist alles so was von egal, weil du deine Strafe für etwas bekommst, das endlich außerhalb von dir liegt und nichts mehr mit dir zu tun hat. Du verlierst dich selbst darin. Wirst größer damit. Brutaler. Verstehst endlich den Dämon, der dich jede Nacht antreibt. Der ihn antreibt.“

 

Und er lächelt sie so nachsichtig an, so wissend, dass sie sich unwohl fühlt. Noch immer ihre Sprache sucht, weil seine Erinnerungen ebenfalls die Macht haben, ihr diese zu rauben. Sanft, „Diesen Teil wirst du nie verstehen, Cordelia, und ich beneide dich fast darum. Du hattest Recht, heute Nachmittag, wir kämpfen nicht aus denselben Gründen und ich bin froh, dass dem so ist. Du versteht die Dunkelheit gut genug, um vor ihr zurückzuschrecken und sie nicht auch noch in dir zu suchen.“

 

Cordelia blickt ihn nur an, nicht sicher, ob er Recht hat.

 

Nach einem Moment redet er weiter, „Egal, wir waren eigentlich bei weiblicher Unschuld und nicht meiner, richtig?“

 

Sie nickt, akzeptiert den Themenwechsel, weil das schmerzhaft in der Intensität war und er fährt fort, „Als Vampir hatte ich eine andere Perspektive auf Keuschheit, sicher, sie reizte noch immer. Man kann Jungfräulichkeit bei beiden Geschlechtern regelrecht riechen, stärker bei Frauen, sie lockt dich. Zieht dich in ihren Bann und du willst sie nehmen und zerstören. Das ist was einen Vampir daran reizt.“

 

Er zuckt die Schultern, „Männer haben ein Bedürfnis, das anders gelagert ist, sie wollen sie behüten, weil letztendlich der Verlust der Unschuld Frauen befreit und ihnen Macht über sie gibt. Sie können manipulierend und berechend werden, erkennen vor allem ihre eigenen Bedürfnisse und unter Umständen die Unfähigkeit ihrer Männer eben diese zu befriedigen. Es bedarf einer eigenen Stärke, um sich nicht von Frauen unterwerfen zu lassen und ihnen gleichzeitig Lust zu zugestehen. Die Bibel und christliche Kirche hatte Jahrtausende lang, die Ikone der unbefleckten Jungfrau als Symbol für das ideale Frauenbild zelebriert. Nicht ohne Grund, Männer haben vor Frauen und vor allem ihrer eigenen Schwäche für sie Angst. Zu meiner Zeit waren Frauen oft genug Waren, Gattinnen dazu da einen Erben zu gebären, Mätressen dazu da Vergnügen zu schenken. Man trennte diese Lebensbereiche gerne, weil es einfacher für einen Mann ist. Aber die Zeiten haben sich geändert und die sexuelle Revolution hat ihr übriges getan, um diese Weltanschauung als überholt zu entlarven. Fast jedes Mädchen weiß heute, dass Sex einen Höhenpunkt als Ziel hat und trotzdem täuschen in dieser Sekunde Tausende Frauen noch Orgasmen vor, hast du dich je gefragt warum?“

 

Ihre Augenbrauen gehen zusammen und sie durchleuchtet ihre Motive der Vergangenheit, eben dieses nicht zu tun. Denkt daran, dass sie Xander unter Umständen hätte halten können, wenn sie ihm diese Bestätigung seines Egos gegeben hätte, anstatt ihren Trost nach jedem gescheiterten Versuch. Seine wachsende Enttäuschung und seinen Frust.

 

Sie war damals zu unerfahren für ihn gewesen, so wie er für sie und sie begreift das heute. Es gibt keine bitteren Gefühle mehr, aber sie weiß, wie sein Betrug sie damals verletzt hat. Sie sich dumm vorkam, verraten, betrogen, stärker als sie es davor je für möglich gehalten hatte und in ihrem weiblichen Stolz zutiefst gekränkt. Das Vortäuschen eines Höhepunktes ihr eine Dämonenschwangerschaft mit Wilson nicht erspart hätte, aber zumindest nicht seinen kalten, steifen Abgang danach.

 

So antwortet sie knapp, „Weil es keine große Schauspielkunst erfordert und einiges an Unannehmlichkeiten ersparen kann?“

 

Er lächelt sie ironisch an, „Yeah, um es kurz zu fassen, machen Frauen aus genau diesem Grund ihren Liebhabern etwas vor. Weißt du auch, warum du einem Vampir keinen Orgasmus vortäuschen kannst, oder zumindest keinem halbwegs erfahrenen?“ Verlagert sich in die Rolle des Lehrers und sie hat kein Problem damit, weil es dadurch einfacher für sie wird. Distanzierter.

 

Die Schlussfolgerung ist schnell getroffen, „Eure übernatürlichen Sinne. Herzschlag. Atmung. Und ihr könnt Erregung riechen und deren Entladung.“

 

Und er wiederholt die Worte von eben, „Yeah, um es kurz zu fassen, machen Menschen Vampiren bei natürlichen Reaktionen nichts vor. Fällt dir auch ein Grund ein, der einen Vampir dazu bringen könnte, einen menschlichen Bettgefährten zum Höhepunkt zu bringen?“

 

„Blut. Es läuft immer auf das Blut hinaus.“

 

„Ja, das Blut ist süßer. Es gibt sogar Vampire, die diesen Geschmack der Furcht immer vorziehen, Angelus war ein Meister in der Kombination von Furcht, Erregung und Todesangst. Er liebte diese Mischung und die absolute Dominanz, die sich daraus ergab. Es ist berauschend ein Opfer auf einen unbekannten Pfad zu setzen und die meisten jungen Frauen wussten damals nicht, was er genau mit ihrem Körper anstellte, bis sie blutend und tot in ihren Laken lagen. Du hast es gewusst und konntest dich ihm trotzdem nicht entziehen und es verfolgt dich. Weißt du, warum? Nein, Stopp, ich weiß, dass ich von dir nur die falschen Antworten hierauf bekommen würde. Das war die falsche Frage, weil du eines nicht verstehst.“

 

Cordelia versteht soviel mehr nach seinen Belehrungen der heutigen Nacht. Er ist ein guter Mentor, besser als Schmerz auch wenn sie denkt, dass er ihr widersprechen würde. So entgegnet sie sanftmütig, „Und das wäre?“

 

„Dass Angelus ein manipulierender Bastard mit Erfahrung ist, der dein Körper besser kennt als du.“ Sie schluckt. „Ich kenne deinen Körper besser, Cordelia, und wenn ich mir Zeit lasse in der Erforschung deiner restlichen Geheimnisse, könnte ich dich noch heute Nacht härter kommen lassen als er.“

 

Spike weist mit Kopf nach unten und sie bemerkt überrascht, dass er ihre beiden Unterarme in den Händen hält. Sie weiß nicht, wann er ihr zweites Handgelenk überhaupt in Anspruch genommen hat, wann er weiter an ihren Armen entlang gewandert ist und irgendwie beunruhigt sie das ein wenig. So wie die Tatsache, dass sie sich ihm nicht entziehen will oder ihr gesamter Körper sich in seinen lehnt, von ihren aufgestützten Ellbogen bis zu ihrem durchgedrückten Rücken, der ihre Brüste hervorbringt.

 

Ihr Gesicht eine Handbreit von seinem entfernt ist und es nicht nahe genug erscheint.

 

Das schlimme ist, dass Spike sich aufrichtig anhört, nicht wie ein Aufschneider oder Möchtegern-Casanova, sondern wie jemand, der von der Wahrheit seiner Aussage absolut überzeugt ist. Sie blickt wieder in sein Gesicht und der sinnliche Zug um seine Lippen fordert sie heraus, ihn in Frage zu stellen, damit er es ihr beweisen kann.

 

Cordelia fühlt sich dazu versucht.

 

Spike ist die Versuchung.

 

Und sie schweigt.

 

Well they’ve got to hate what they fear.

 

Der leichte Wind spielt mit ihren Haaren, die wieder ein Stück über die Schultern gehen, weht ihr Strähnen ins Gesicht und Spike ist nah genug, dass ihre Haare sein Gesicht streifen. Die Zeit dehnt sich, während er sie gründlich mustert. Seinen Blick prüfend über ihr Gesicht und ihren Hals gleiten lässt, eine Weile an Angelus Mal hängen bleibt und dann tiefer wandert. Ihr Decollete fixiert, Cordelia sich fragt, ob er an gestern denkt, als sein Gesicht dort ruhte.

 

Ihre Brustspitzen hart bei der Erinnerung werden und ein warmes Prickeln durch ihre Adern fließt. Süße. Und sie will fragen, warum er die Bitterkeit der Gewalt bei der Jagd vorgezogen hat, wenn er so leicht fasziniert von ihr in diesem Stadium ist. Sie mit einem Heißhunger mustert, der bedrohlich wäre, wenn sie nicht ebenso fühlen würde, bis sie sich erinnert, dass er ihr diese Frage schon beantwortet hat.

 

Es würde ihn auf die gleiche Stufe stellen wie Angelus.

 

Etwas das seinem Wesen zuwider ist. Dass was sie in den letzten Wochen geschützt hat. Letztendlich. Seine Abneigung in die Fußstapfen seines Grand Sires zu treten. Aber die Spannung zwischen ihnen entspringt heute Nacht nicht Schmerz. Nicht Liebe. Noch nicht einmal der Überanstrengung ihrer Defensiven. Ist einfach da. Unangemeldet. Zwischen ihnen beiden. Oder unter Umständen das erste Mal klar an der Oberfläche, ohne mit einem zweideutigen Motiv versetzt zu sein.

 

Sie denkt, dass er schön ist.

 

Will ihn und seine Schönheit in sich aufnehmen, die Einfachheit mit der er ihre Fragen widerlegt oder als nebensächlich abtut. Die unkomplizierte Wahrheit dahinter und die komplizierten Lügen, um es noch einfacher für sie zu machen. Er bietet ihr ein Vorhängeschloss für den Käfig, den er für Angelus in ihrem Innern gebaut hat und es ist einfach, den Schlüssel aus Spikes Hand zu nehmen. Die Besuchszeiten einzuschränken. Mit ihren eigenen Bedingungen zu verknüpfen und der Möglichkeit das Gefängnis zu verlassen.

 

Spikes Blick kommt langsam zurück auf ihr Gesicht und die Lust lässt seine Gesichtszüge noch schärfer wirken. Als er spricht ist seine Stimme kehlig und tief, löst einen wohligen Schauer in ihr aus. „Du bist atemberaubend schön.“

 

„Ich war es einmal.“

 

Sie weiß nicht, warum sie ihm ausgerechnet diese Eröffnung gegeben hat.

 

Oder er diese eine Feststellung getroffen hat. Weil es eine Einladung ist und sie beide diesen speziellen Tanz auslassen sollten. Er war nicht für sie bestimmt, davon war Cordelia überzeugt. Auch wenn es ihr so einfach fällt, seine Schrittfolge nachzuahmen und sich auf seinen Takt einzustimmen.

 

Es sich natürlich anfühlt, wie alles was Spike ihre Person betreffend in Angriff nimmt.

 

Nicht zu schnell, nicht zu langsam. Sie blind seine nächsten Aktionen vorhersehen kann und es dennoch nicht an Reiz verliert, diese Unterhaltung mit ihm zu führen und zu ergründen, in welche Bahnen es sie lenken wird, weil sie weiß, dass er sie trotzdem überraschen wird.

 

Er es ebenso weiß und auf dieses Überraschungselement hinarbeitet.

 

Der Sarkasmus schleicht sich in sein Lächeln, „Du bist es noch immer und ich bin froh, dass ich nicht auf Atmen angewiesen bin, um in deiner Nähe zu überleben.“

 

Und ihr Blick senkt sich auf den Narbenwulst und sie stimmt ihm stumm zu, lässt sich nicht von seiner geheuchelten Galanterie einfangen. Sondern von dem Fakt, dass wenn er ein Mensch wäre - wenn er ein Mann wäre - er die gestrige Nacht in ihrer Gesellschaft nicht überlebt hätte.

 

Sie dankbar dafür ist, dass er ein Vampir ist. Mit Seele oder ohne spielt im Moment keine Rolle, so wie es gestern nicht von Bedeutung war, als sie seine Wunden versorgt hat. Er ihr Weltbild so oft hinterfragt und durcheinander gebracht hat, dass alles Teil eines Spieles erscheint, dessen Antworten nie eindeutig sind und vielleicht ist das wahrer, als all ihre Überzeugungen der letzten Jahre.

 

Nichts ist Unwiderlegbar, aber das macht es nicht unsicher, sondern interessant, solange man seine Essenz beibehält. Einige ausgewählte Prinzipien, einen stabilen Rahme, ein Gerüst, das einen trägt und sie beide widersprechen sich in so vielen Ansichten und ergänzen sich in den Grundlagen, dass es zeitweise erschreckend einfach ist, die Meinung des anderen als Teil der Wahrheit zu akzeptieren.

 

Die andere Seite der gleichen Münze. Geschmiedet in demselben Feuer.

 

So hält sich ihr Widerspruch, der sich bei seinen nächsten Worten bildet in Grenzen, „Eine klassische dunkle Schönheit, die trotzdem an Sonne erinnert, heiße Sommertage und die unendlichen Möglichkeiten diese zu füllen.“

 

Cordelia sich sicher ist, dass er sie für seine Sichtweise gewinnen könnte, wenn sie es darauf anlegt. Wenn sie ihre Zweifel laut ausspricht und seinen Standpunkt hinterfragt. Er darauf spekuliert hat.

 

Spikes herausforderndes Grinsen schwindet unter ihrer erhobenen Augenbraue, diese Seite von ihr ist neu für ihn. Sie war nicht immer verlegen, wenn es um ihre körperlichen Reize ging und es ist gut, sich daran zu erinnern. Und ihn. Dass nicht alles was jetzt unter schwarzem Stoff verborgen ist, Neuland für sie war.

 

Die kühne Witwentracht nur Teil seines Entwurfs.

 

Er improvisiert, als sich ihr nachsichtiges Schweigen dehnt und fährt leise fort, „Weißt du, dass ich an Eiswürfel denke und die Arten, wie ich sie auf deiner Haut schmelzen lassen könnte, in der Zeit, in der du sonnenbaden bist? Die Hitze deiner Haut mich und meine Selbstkontrolle beinahe verbrennt, nachdem du wieder im Zimmer bist? Dein Geruch reines Licht und Sonne ist und ich nicht genug davon bekomme? Er nicht weniger intensiv wird, wenn du duschst, sondern nur purer und ich zwischenzeitlich überzeugt bin, dass Sonne deine Grundessenz ist? Und was ist verführerischer für einen Vampir, als die eine Sache, die er nie in seinem Unleben genießen kann, ohne sich daran zu verbrennen und die sich trotzdem in Reichweite befindet?“

 

Spike beinahe entrückt wirkt und sie ist sich sicher, dass es eine Masche von ihm ist, um seine Worte noch eindringlicher erscheinen zu lassen. Wundert sich für den Bruchteil einer Sekunde über die Anzahl von Frauen, die er mit genau diesem tiefen Timbre seiner Stimme aus der relativen Sicherheit eines Nachtclubs oder Bar gelockt hat. Aber er überrascht sie wieder, kennt ihre Art zu denken zu genau, wechselt zur Ernsthaftigkeit.

 

„Du bist verführerisch, nicht nur dein Körper, dein Verstand ebenso.“

 

Ihr anerkennendes Lächeln bei seinen Worten, beinhaltet mehr als eine Spur von Lob für die geänderte Taktik und verliert sich nur zögernd, als er erneut Teile seiner Vergangenheit für sie eröffnet. Weil keine gefälligen Lügen über die Gewalt hinwegtäuschen können, die für ihn dort unter der Oberfläche liegt.

 

In sich gekehrt, „Du bist nicht Drusilla, die Sternenstaub und kaltes Mondlicht war. Blutige Versprechen die Nächte der Ewigkeit aufzufüllen, mit Leidenschaft und Leiden. Oder Buffys süßer Nektar, der Teil ihres Waffenarsenals ist, Venusfliegenfalle und glitzernder Tau. Zu verlockend und berauschend, als dass man seinen Überlebensinstinkt einsetzen kann und fliehen.“

 

Er ist in der Laune sie zu bezaubern und diese Stimmung trägt er nie ohne Absicht.

 

Cordelia sollte sich daran erinnern, aber sie fühlt sich lebendig und jung und das ist neu.

 

Und sie will das Gefühl auskosten, nur für den Augenblick. Einfach so. Weil er diesen Zauber um sie spinnt und sie unangreifbar macht mit seinen sanften Worten. Ein Netz webt, das sie an Sicherheit erinnert und bodenlosem Fall ohne Aufschlag. Weil er nichts von ihr fordert, sondern ihr nur einen Einblick verschafft in das, was hinter seiner nonchalanten Maske vor sich geht und selbst wenn es nicht der ganzen Wahrheit entspricht, ist es genug für sie.

 

Mehr als sie erwartet hat, aber nicht angsteinflößend in der Tragweite oder Tiefe.

 

Sie weiß, dass Spike klug ist und manipulierend sein kann, aber die meiste Zeit ist es nicht von Bedeutung, weil es sie besser fühlen lässt. Schöner. Wärmer. Weiser. Der König des sanften Beherrschens und sie hat diese Tatsache nicht vergessen. Sie mag ihn und seine Art sie zu handhaben noch immer und das ist irgendwie überraschend. Trotz allem.

 

Trotz der gemeinsam verbrachten Zeit. Den gemeinsamen Dämonen.

 

„Aber wir kommen wieder vom Thema ab und das ist nicht die Auskunft, die du brauchst.“

 

Cordelia schüttelt den Kopf, ist sich selbst nicht sicher, ob sie ihm zustimmt oder den Themenwechsel diesmal verneinen will. Er verwirrt sie heute Nacht in mehr als einer Weise. „Du willst wissen, was deinen Gedächtnisverlust mit der Tatsache zu tun hat, dass du zum ersten Mal in den Armen eines anderen gekommen bist.“

 

Sie denkt, das war ihre Frage. Irgendwann einmal.

 

Bevor sie soviel mehr über ihn und seine Art zu denken gelernt hat.

 

Gestern erscheint zu weit weg, um sich deswegen Sorgen zu machen und ihr wird klar, dass das Spikes Magie ist, sie in den richtigen Augenblicken vergessen zu lassen. Ihren Zynismus zur Ruhe kommen zu lassen. Aber nie vollständig, hört ihm aufmerksam zu, da er sie noch nie grundlos erinnert hat und das keine Ausnahme bilden wird.

 

„Weil du nie den Unterschied zwischen Leidenschaft und Liebe treffen musstest und daran geglaubt hattest, dass es keinen gibt. Du dich für deine große Liebe im Herzen aufsparen wolltest und dich stattdessen von deinem Körper verraten fühlst. Was die ganze Sache noch komplizierter macht, ist die Tatsache, dass das Gesicht deiner Verdammnis, dasselbe deiner einzigen Liebe ist und auch wenn ich auf dem psychologischen Sektor keine Erfahrung habe, gehe ich davon aus, dass dies genug ist, um einige Sicherungen im Verstand durchbrennen zu lassen. Stimmst du mir zu?“

 

„Ja.“ Die nächtlichen Geräusche füllen die Stille, die ihre Zustimmung zwischen ihnen auslöst. Sie zieht ihre Arme zurück verschränkt ihre Finger mit seinen und sucht eine Antwort in seinen beschatteten Augen und dem geraden Strich seiner Lippen.

 

Schließlich, „Fällt dir ein effektives Gegenmittel ein, Spike?“

 

Sein Lächeln ist eine weitere Überraschung dieser Nacht.

 

Purer Sex, verrucht und verdorben, seine Stimme ist ebenso davon eingefärbt und jagt etwas durch ihren Körper, das sie nicht so genau bestimmen will. Von dem sie annimmt, dass Spike es schlicht als sexuelle Erregung bezeichnen würde und sie gut daran tun würde, es bei seiner Lösung zu belassen. „Das einzige Gegenmittel, das mir einfallen will, ist, dass ich dir den Unterschied zwischen Liebe und Leidenschaft zeige, aber da ich selber dazu neige, dem Objekt meiner Begierde zu verfallen, erscheint es mir wenig effektiv und heilsam.“

 

Cordelia ahnt, dass es die fehlende Lektion ist, die Angelus so viel tiefer unter ihre Haut kommen ließ und seine. Er in dem letzten Jahrhundert Zeit hatte, die fehlende Erfahrung aufzuholen. Sie in der Vergangenheit davor zurückschreckte, dieses Terrain im Ansatz zu erkunden. Weil gute Mädchen keine Fremde aus der Bar abschleppten, um ihre Befriedigung in anonymen Sex zu suchen.

 

Angelus es ihr unmöglich gemacht hat, diese Option in Zukunft überhaupt in Erwägung zu ziehen und so wie Angel es in der Vergangenheit getan hat. Die unausgesprochene Wahrheit zwischen ihnen, dieses Wissen, dass wenn die Dinge ein wenig anders liegen würden - ohne Buffy, ohne den Fluch - sie ein Paar wären und das gemeinsame Warten auf diesen Tag. Sie hat es nie als Bürde empfunden, nie als bewusste Entscheidung, aber selbstgewählte Lügen täuschen über viele Ungewissheiten hinweg.

 

Deshalb spart sie sich dieses ‚Was wäre wenn?’-Spiel mit Spike.

 

Ihr Aufeinandertreffen hatte nur einen einzigen Grund und sie weiß, dass sie sich nie die Zeit genommen hätten, den anderen unter anderen Umständen kennen zu lernen. Sie kann sich keine Apokalypse oder einen verunglückten Barbesuch vorstellen, der sie näher gebracht hätte. Sie wäre nie in den Genuss seines Wissens und seiner Erfahrung gekommen, wenn er nicht etwas in ihr entdeckt hätte, das er reparieren wollte. Von dem er annahm, dass es zu beheben war.

 

Sie weiß nur, dass Angel sie nie ermutigt hätte, ihr Glück in einem fremden Bett zu suchen. Sie weiß, dass es das ist, was Spike ihr ultimativ vorschlagen wird. Erinnert sich daran, dass selbstlose Liebe unter Dämonen möglich ist und sie gerade Teil davon wird.

 

Dass sie diese Differenzierung in ihrem Leben braucht. Nötiger, als jemals zuvor. Diese Unterscheidung zwischen Sex und Liebe, dass das eine nicht in direktem Zusammenhang mit dem anderen steht. Weiß, dass sie zu verunsichert und zerstört ist, um den nächsten Mann abzuschleppen, der ihr gefällt. Dass ihr gesamtes Wesen sich allein bei dem Gedanken daran sträubt. Sie schluckt den Brechreiz hinunter, versucht die Logik von Spikes Aussage ihrem Körper zu vermitteln und nicht nur ihrem Verstand. Scheitert. Es hört sich nur in ihrem Kopf gut an. Eine Theorie, die sie nicht in die Praxis umsetzen kann, ohne schreiend davonzulaufen.

 

Dass ein Höhepunkt möglich ist, ohne in ihren Grundfesten zu zerbersten.

 

Spikes Lächeln verliert sich so schnell, wie es aufgetaucht ist und sein Ausdruck wird Ernst, ohne Spielerei und Charme, als ob er eine Wahrheit ausspricht, die gefährlich sein kann. Es unter Umständen ist. Eine Facette, die er selten an die Oberfläche lässt und so gibt sie instinktiv seinen folgenden Worten noch mehr Aufmerksamkeit, weil sie ihre Zukunft einschließen.

 

Er den Gedanken vorweg greift, der logische Konsequenz für sie wäre, würde er ihr Zeit lassen, seine Analyse zu durchdenken. Die gesamte Realität ihrer verfahrenen Situation. „Ich weiß, dass ich für dich fallen könnte und wir beide sind verbrannt und ausgezehrt von unserer Liebe, um uns auf diesen Pfad zu begeben. Er könnte das zerstören, was sich zwischen uns aufgebaut hat und ich will nicht die Freundin verlieren, die ich in dir gefunden habe, Cordelia.“

 

Ihr Tonfall ist resigniert, „Und ich nicht den Freund, Spike. Du bist mir wichtig.“

 

Manchmal ist es so einfach. Aber dieser Moment gehört nicht dazu, weil sie noch immer etwas von ihm braucht, das über Freundschaft hinausgeht und trotzdem nicht Liebe ist. Sie will nichts verderben und zerstören. Sie will nichts verkomplizieren, das perfekt in der Einfachheit ist und nichts herausfordern, das gefährlich sein kann. Weil die Chancen, dass es tatsächlich besser wird, so verdammt gering sind.

 

Verflucht Angelus. Verdammt den Schatten, den er für sie kreiert hat. Für sie alle.

 

„Und wenn wir beschließen und schwören nicht füreinander zu fallen?“

 

Der Satz steht plötzlich zwischen ihnen und Cordelia ist erstaunt, dass sie ihn laut ausgesprochen hat. Es nicht ihre Art ist, das Schicksal herauszufordern. Nicht wenn es um ihre Gefühle geht. Sie normalerweise zu gut darin ist, eben diese zu schützen, um jeden Preis. Wenn es sich nicht ihrem Einfluss entzieht.

 

Spike blickt sie nur leicht amüsiert an. „Was? Wir schwören es? Wie soll das funktionieren, geben wir ein Signal sobald wir spüren, dass wir beginnen uns in den anderen zu verlieben? Erwarten von ihm einen Klaps auf den Hintern und das Versprechen, sich nicht mehr in einem so positiven Licht zu repräsentieren, weil wir eine Erinnerung daran brauchen, dass er nicht perfekt für uns ist? Nicht der Partner fürs Leben, falls es so etwas überhaupt geben sollte? Und erst recht nicht die Liebe fürs Leben? Ist das nicht ein wenig, um den Ausdruck verrückt zu vermeiden, leichtgläubig von dir?“

 

Ohne Naivität von ihr, „Nein, wir könnten Fuck Buddies sein.“

 

Und er sieht sie im Moment an, als ob sie das achte Weltwunder ist und er sich nicht entscheiden kann, ob er huldigen vor ihr auf die Knie gehen soll oder sie einfach auslachen.

 

Ihr Kopf wippt zustimmend, als sie sich an den Cosmo-Artikel erinnert und das Konzept, das sich ebenfalls in der Theorie ziemlich genial angehört hat. So logisch, dass sie sogar versucht war, Wesley zu fragen, ob er Lust auf einen Versuch hätte und dann von ihren eigenen durchdrehenden Hormonen vollends überzeugt war, so dass sie es auf keinen Probelauf ihrerseits ankommen ließ. Es unter Visionsnachwirkungen abbuchte oder spontanen Notstand und keine Überlegungen anstellte, was den Trieb in ihr ausgelöst hatte.

 

Aber ihre Situation hatte sich geändert und Spike war nicht Wesley.

 

Sie war hier nicht jedermanns Cordy.

 

Spike war sexy und erfahren und riskant.

 

Sie sollte sich an den Fakt erinnern, dass er Risiken für sie barg und Gefahren. Aber das erschien so herunterrationalisiert. So unwahr. Ihre Instinkte sahen ihn nicht als Gefahr, egal was ihr Verstand ihr zuflüsterte. Spike war ein seelenloser Dämon, aber dies hieß für sie nur, dass er seine Seele nicht verlieren konnte und sie war selbst für die Partnerwahl riskant. Niemand, der es auf Dauer mit ihr in ihrem derzeitigen Zustand aufnehmen konnte, ohne von ihr zerbrochen zu werden. Kein unschuldiges Mädchen mehr mit romantischen Vorstellungen, über ihre Zukunft und die, wie hatte er es genannt? Nächtliche Aktivitäten.

 

Sie war pervertiert worden von jemand, dem es gleichgültig war, was es für sie bedeutete und der sie gut genug kannte, um die Wunde nicht tiefer, als ihre Haut gehen zu lassen und trotzdem bis in die Tiefe ihrer Seele.

 

Dort etwas gebrochen war, das sich nicht so einfach reparieren oder heilen ließ, wie ein gebrochener Arm. In der Fatalität mehr an ein gebrochenes Genick erinnerte.

 

Das Lachen überwog schließlich die Ungläubigkeit in seiner Stimme, „Fuck Buddies? Was zum Teufel soll das sein?“

 

„Freunde, die Sex haben. Ohne weitere Verpflichtungen oder Bindungen, die einfach miteinander schlafen, ohne dass sie Liebe voneinander erwarten oder Versprechungen für die Zukunft. Eigentlich die beste Form, um an unverbindlichen Sex zu kommen.“

 

„Du meinst, du willst einen Liebhaber, Cor. Das Konzept ist so alt, wie die Menschheit und war mit Sicherheit auch den Dämonen vor den Menschen bekannt. Fuck Buddies lässt es vielleicht ein wenig moderner und anstößiger klingen, aber im Prinzip ist es dasselbe.“

 

Er hört sich zu arrogant an, aber hat nicht seinen langsam belehrenden Tonfall ausgepackt, der sie als Kind darstellt und sie in den Wahnsinn trieb, der sie dieses Thema im Grundsatz vergessen ließ. So bohrt sie weiter, „Und?“

 

„Und was?“

 

„Komm schon, Spike, lass mich dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Willst du mich als Liebhaberin?“

 

Noch immer keine herablassenden Unterweisungen seinerseits, aber die Entnervtheit ist klar herauszuhören, „Hast du ein Wort von dem verstanden, was ich dir vorher gesagt habe? Natürlich will ich dich. Natürlich will ich mit dir schlafen, Sex haben, dich vögeln, bumsen, ficken, poppen, was auch immer, aber wir haben das Problem, dass ich auch Liebe mit dir machen will. Herausfinden, ob ich mich in deinem Körper vergessen kann und deinen Verstand lieben.“

 

Sein Seufzen ist unterdrückt, seine Nachsicht für diese Nacht aber noch nicht ganz aufgebraucht, „Hier geht es nicht um Begehren. Ich begehre dich seit dem ersten Moment, in dem ich dich gesehen habe. Ich müsste blind sein, um es nicht zu tun. Du bist eine äußerst attraktive Frau und deine Reize sind schwer zu übersehen, selbst bei unserem Wiedersehen in Sunnydale. Deine Schönheit ist da, egal wie sehr du sie herunterspielst und versuchst sie zu vertuschen oder unter den Scheffel zu stellen. Dieses Licht brennt in dir, Cordelia, und nicht einmal er konnte es auslöschen. Und ich bin nicht impotent und selbst dann – Egal, belassen wir es bei der Wahrheit, dass ich dich begehre und du zu einfach zum lieben bist, um uns auf dieses Experiment einzulassen.“

 

„Ich bin nicht liebenswert.“ Ja, das war nicht der Punkt, aber das einzige, das ihr spontan zum antworten einfiel.

 

„Das habe ich auch nicht behauptet, ich sagte nur, dass du zu einfach zum lieben bist.“

 

Seine Hand ist beinahe auf ihrer Wange, bevor er sich besinnt und sie fallen lässt. Seine eigene tröstende Geste ignorierend setzt Spike zähneknirschend nach, „Nur weil du meinst, dass das nicht zutrifft, muss nicht der Rest der Welt es so wie du sehen. Oder habe ich das Memo verpasst, das dich zur Allwissenden Cordy machte? Außerdem ist liebenswert langweilig und Gott, jeder verfluchte Dämon von hier bis zur Hölle muss mich für verrückt halten.“

 

Er stöhnt frustriert, fährt mit beiden Händen durch sein Haar, kämpft sich seine Kontrolle zurück, die scheinbar heute Nacht von ihr auf eine harte Probe gestellt wird.

 

Beherrschter, „Erinnere mich daran, warum ich verdammt noch mal mit dir argumentiere und dich nicht einfach flachlege?“

 

Cordelia wundert sich, ob das eine rhetorische Frage ist, weil er sie jetzt wieder nonchalant angrinst. Die sexy Laune von vorhin in sein Grinsen zurückkehrt und sie noch nicht bereit für diesen Stimmungsumschwung ist. Sie blickt auf ihre verschränkte Hände und die Konfusion ist zurück, warum bemerkt sie nicht mehr, wann er beginnt sie anzufassen? Bei Wes reichte eine kurze Berührung, um die Alarmglocke in ihr zum Schellen zu bringen, obwohl sie wusste, dass er keine Gefahr für sie bedeutete.

 

So laut, dass sie erst wieder klar denken konnte, wenn er sie losließ.

 

Gott, das alles war so irritierend. Chaotisch. Sie braucht Spikes Freundschaft, darüber ist sie sich klar. Er war der Schlüssel dazu, dass sie sich wieder zurechnungsfähig fühlen konnte und begehrenswert. Wieder am Leben sein konnte, ohne in jedem Atemzug einen Kampf zu sehen. Sich selbst Vertrauen konnte und ihren Instinkten, ohne von der Finsternis konsumiert zu werden oder dem Schatten an ihrer Seite.

 

Weil Spike noch immer nicht mit der Dunkelheit verschmolz, von der er Teil war.

 

So beantwortet sie seine rhetorische Frage, so ehrlich, wie sie kann und bedauert, dass sein leichtes Lächeln wieder verschwindet, aber es zeigt ihr zumindest, dass er ihr zuhört und dem, was sie zu sagen hat.

 

„Weil ich klare Fronten benötige, Spike. Ich bin nicht Buffy, ich weiß nicht, was richtig und falsch ist. Ich brauche dich nicht, um etwas zu fühlen. Aber ich will –"

 

Verstummt, unsicher, wie sie ihm klar machen kann, was sie von ihm braucht, was er ihr zum Überleben beibringen soll, nötiger als Kämpfen. Dringender als Lachen. Verzweifelter als Lieben. Es namenlos ist und sie ahnt, dass ihr Wortschatz dafür nicht ausreicht und ihre Erfahrung. Er diese besitzt und ihr diese Lehre spielerisch leicht mitgeben könnte, wenn er nicht ebenso ramponiert und kaputt wie sie wäre. Sie diese ungetrübte Leidenschaft trotzdem braucht, obwohl sie diese noch nie in ihrem Leben hatte. Sie nicht vermisst hat. Aber Cordelia muss den dunklen Hohlraum in ihrem Inneren mit Helligkeit auffüllen, ansonsten friert sie ein. Stirbt ab, wie eine Pflanze ohne Licht.

 

Sucht Worte für die Einfachheit ihrer Erkenntnis, die kein Missverständnis seinerseits zulassen. „Ich will etwas anderes fühlen. Neben der Dunkelheit. Etwas das sich normal anfühlt und mich nicht entzweit.“

 

Cordelia fühlt, wie Tränen ihre Augen füllen und die Umrisse schemenhaft werden.

 

Gott, seit wann war sie so verdammt nahe am Wasser gebaut, dass sie keine Nacht verstreichen lassen konnte, ohne gegen diesen Drang zu kämpfen? Diesmal seine Hände auf ihren Wangen zum liegen kommen und sie ist noch nicht fertig, sie kann sich nicht dem offerierten Trost ergeben. Lässt die Tränen nicht fallen, kämpft um ihre Fassung und gegen ihren verräterischen Körper. Dagegen jetzt einfach zusammenzubrechen und die Stücke von Spike aufsammeln zu lassen, in der Hoffnung, dass er sie in der richtigen Reihenfolge zusammensetzen kann. Oder so, wie er sie gerne haben will. Vielleicht würde sie seine Anordnung lieben. Vielleicht nicht.

 

Vielleicht wäre sie nicht mehr sie selbst und vielleicht wäre das ebenfalls ganz gut.

 

Atmet tief durch, beruhigt sich selbst.

 

Drängt die Niederlage und das Bedürfnis sich zu ergeben zurück.

 

Fängt seine Handgelenke ein und zieht seine Hände in ihren Schoß. Gefasster sucht sie die Schatten seiner Augen, das Schwarz seiner Pupillen und das Licht, das dahinter liegt. Sie kann ihn in diesem Moment nicht lesen und sie weiß nicht, ob es das einfacher macht oder schwieriger und so flüchtet sie sich in die Wahrheit. Egal, wie verwundbar es sie macht. Oder bedürftig.

 

„Ich brauche dich, Spike. Aber ich weiß nicht, ob ich überhaupt anders lieben kann, als platonisch. Ob ich nicht zu verdreht und zu gebrochen bin, um zu erkennen, was der Unterschied ist. Wann ich geliebt werde und wann ausgenutzt. Ob ich wirklich nur noch durch und in der Dunkelheit kommen kann. Und ich will dich nicht ausnutzen, wirklich nicht und keine Hoffnung schüren, die sich nicht erfüllen kann. Aber ich fühle mich gut in deiner Gegenwart. Gelöst und locker.“

 

Sie lächelt zittrig und er erwidert es langsam.

 

Als ob er sie beruhigen will, sie nicht weiter verschrecken. So wie man ein verletztes Tier Anlächeln würde, wenn es den Trost eines Lächelns verstehen würde und einen Moment macht sie das wütend. Die Wut ist auf sich selbst gerichtet. Mit dem Zorn löst sich das Gefühl von Befangenheit ein wenig, sie kann wieder ruhig durchatmen und sie tut es. Der Eisenring um ihre Brust, gibt ein wenig nach, schnürt ihr nicht mehr die Luft ab.

 

Cordelia schreckt nicht mehr vor Wahrheiten zurück, die sie schwach wirken lassen, weil Spike wissen muss, auf was er sich einlässt und warum. Ist sich nicht sicher, ob sie ihn anlügen könnte, selbst wenn sie es versuchen würde, weil sie das Gefühl hat, dass er sie versteht. Immer. Egal, wie verwirrt und irrational sie ist, er ihren eigentlichen Antrieb versteht, meistens sogar besser als sie selbst und sie findet es seltsam, dass sie diese Gewissheit nicht wehrlos fühlen lässt.

 

Spike ihre Gründe trotzdem laut ausgesprochen braucht, um zu verstehen, was sie jagt und warum sie einen Liebhaber benötigt, der nichts von ihr beansprucht und sich nichts erhofft, außer seinem Höhepunkt. Besinnt sich auf die Fakten, die er noch nicht aus ihrem frühren Leben kennt. „Ich habe nicht das Gefühl, dass du von mir erwartest, dass ich deine Welt auf den Schultern balanciere, gleichzeitig dein Kind großziehe, deine Freunde bei Laune halte und dein Geschäft am Laufen. Das hier geht tiefer. Ist etwas, das vor Angelus war. Diese Erwartung von ihm und ich habe Angst zu versagen und ich habe Angst, es gar nicht zu probieren. Und ich will mich nicht ewig von meiner Furcht lähmen lassen und endlich ein Stückchen leben. So leben, wie es meine 21 Jahre eigentlich von mir verlangen, unbeschwert und sorglos.“

 

Er blickt überrascht, die Sturmwolken im Paradies waren offensichtlich etwas, das er vorher nicht gesehen hat und Cordelia geht es ähnlich. Es war zu alltäglich, um sich darüber Gedanken zu machen. Zu sehr Teil ihres Lebens, um es mit Motiven zu versetzen und sie ist sich nicht sicher, ob sie es in Frage gestellt hätte, wenn sie ihre Aufgabe nicht zu perfekt erfüllt hätte und ihre Angst zu Versagen von Angelus auf eine neue Ebene projiziert wurde.

 

Es Zeit wird für Spike, egoistisch zu werden und sie nicht zu verhätscheln. Er sich daran erinnern muss, wessen Scherben er hier aufsammelt und wessen Arbeit er hier eigentlich erledigt und für wen. Sie seinen Widerwillen bei allem was mit Angel zu tun hat kennt und er gerade deshalb wissen muss, ob es sich für ihn überhaupt lohnt, die Sache anzugehen.

 

„Ich liebe dich als Freund und brauche etwas von dir, das über meine Definition von Freundschaft hinausgeht, aber trotzdem keine echte Liebe ist.“ Cordelia fühlt sich so verfallen und so arglos in diesem Augenblick. So verdammt unsicher. Aufgewühlt bis in die hinterste Ecke ihres Wesens.

 

Sie lacht ein trockenes, verzweifeltes Lachen, „Wobei wahre Liebe wieder etwas ist, das ich nur vom Hörensagen kenne.“

 

Seine Erwiderung ist resigniert, „Wir kennen sie alle nur vom Hörensagen, vielleicht würden wir sie nicht einmal erkennen, wenn sie sich direkt vor unseren Augen befindet.“

 

Spike blickt sie ruhig an, nachdenklich, fast lauernd. Sieht glasklar durch ihre Facetten und Schutzwälle auf seine eigentümlich transparente Art, bei der sie sich ausgeliefert fühlt und gleichzeitig beschützt. Kommt langsam für sich zu seiner Entscheidung, die sie mit einschließt und ihr Leben.

 

Der Eisenring ist zurück, endlich seine Zustimmung, „Aber ich habe eine Vorstellung von dem, was du brauchst, Cordelia. Keine Erwartungen und alles was ich von dir brauche, ist Vertrauen. Kannst du mir das geben?“

 

Sie atmet auf und nickt.

 

Sie denkt nicht, aber sie weiß, dass ich ihm vertrauen kann.

 

Blind. Bei allem was wichtig ist. Spike sie in der Vergangenheit zu oft vor sich selbst und ihm geschützt hat, um sich ihm nicht anzuvertrauen. Auf ihn und seine Fähigkeit zu bauen, ihr das zu geben, was sie letztendlich braucht. Selbst wenn sie keine Ahnung davon hat, was sie jetzt genau begehrt.

 

„Gut, zieh dich aus, wir gehen schwimmen.“ Und er ist auf den Beinen und streckt ihr eine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie ergreift sie, nicht wirklich denkend, weil ihr das alles ein wenig zu schnell geht.

 

„Spike, sollte das hier nicht etwas anders ablaufen?“ Ihre Stimme ist unsicher.

 

Er beginnt sein T-Shirt auszuziehen und blickt sie abschätzend an, „Du willst einen Liebhaber, Cor und den bekommst du. Du willst keine romantischen Versprechen hören, die dich und mich in einer falschen Sicherheit wiegen oder Illusionen und so verzichte ich darauf. Folglich bleiben mir nicht viele Möglichkeiten, dich aufzulockern und schwimmen gehört zu eben diesen. Keine Sorge, ich weiß, was ich tue.“ Damit bindet er sich die Schuhe auf und sie fängt zögernd an seinem Beispiel zu folgen.

 

Irgendwie war die ganze Situation von möglichem Sex einfacher zu managen, als es eine Theorie in ihrem Verstand war oder sein Kopf zwischen ihren Brüsten schwebte. Da hatte sie zumindest ihre körperliche Reaktion auf ihn, die ihr die Sinne verwirrte und jetzt? Ein unbekleideter Spike war nicht wirklich neu, trotzdem ungewohnt.

 

Vor allem in seiner Zielstrebigkeit, die Kleider zu verlieren.

 

Für einen Moment ist er ein gutmodellierter, silberner Schatten im Mondlicht und dann hechtet er in den See. Sie zuckt die Schulter, er war derjenige mit der sexuellen Erfahrung, also was blieb ihr übrig, als seiner Führung zu folgen. Sie konnte schließlich nicht schreiend in ihrem halbbekleideten Zustand durch den Wald jagen, weil sie das hier in letzter Konsequenz herausgefordert hat. Und verbot es nicht der Anstand so lange unter Wasser zu bleiben oder war es anständig, dass er ihr die Zeit zum ungestörten entkleiden ließ?

 

Cordelia steht unentschlossen in ihre Unterwäsche auf dem Steg, bis sie sich dazu entscheidet, die schwarzen Dessous auch fallen zu lassen. Schließlich verbarg die Spitze nichts, was er nicht schon gesehen hatte und er hatte sie sowieso eingekauft, sie wollte die geliebten Teile unter keinen Umständen im Wasser verlieren. Außerdem erschien sie dieser besiegelten Konfrontation nackt besser gewappnet. Yeah, mit wie vielen pragmatischen Gedanken konnte sie sich noch ablenken, bevor sie sich der Realität ihrer Situation stellte?

 

Sie zog sich aus, um Sex zu haben.

 

Das war gelinde gesagt, erschreckend und furchteinflößend.

 

Sollte es sein, auf so vielen unterschiedlichen Ebenen.

 

Aber diesmal fühlt sie sich nicht besiegt und markiert, als sie die letzten Lagen Stoff von ihrer Haut pellt. Sie fühlt sich ausgesprochen lebendig. Bleibt einen Augenblick so wie Gott sie schuf stehen. Fühlt den warmen Augustwind auf ihrer aufgeladenen Haut, der ihre Haare leicht durcheinander wirbelt. Sieht ihren Schatten, der vom Vollmond vor ihr auf den Steg geworfen wird und dann auf die Oberfläche des Sees wandert. Das ausgegerbte Holz unter ihren Sohlen und schließt die Augen.

 

Cordelia ist sich sicher, dass irgendeine Macht da oben, sich gerade vortrefflich auf ihre Kosten amüsiert und hat keine Probleme damit, sich das Entsetzen auszumalen, dass jede einzelne Person, die sie je näher in ihrem Leben kennen gelernt hat, empfinden wird, wenn das hier kein Geheimnis zwischen Spike und ihr bleiben sollte. Kann sich den Verrat von Buffy und Angel bis ins kleinste Detail vorstellen, den die beiden fühlen werden und Wesleys leises Unverständnis.

 

Ihr fällt nicht eine einzige Person ein, dämonisch oder menschlich, die dem hier vorbehaltlos zustimmen würde und das schlimme? Es war ihr vollkommen egal. Von ihr aus konnte jeder zur Hölle gehen, der sie für diesen Schritt verdammte oder für wahnsinnig hielt. Sie selbst eingeschlossen.

 

Wann hatte sie noch mal endgültig ihren Verstand verloren?

 

Sie war dabei Spike als Liebhaber zu bejahen, hatte ihn dazu eingeladen, aufgefordert und provoziert. Hatte ihn dazu überredet, angestiftet und angespornt, obwohl er meinte, dass sie beide sich in gefährliche Untiefen begaben. War dabei ihm ihren Körper zu überantworten.

 

Gott, sie und ihre große Klappe.

 

Ihr Kopf fühlt sich wieder leer an. Gut.

 

Dann ist sie bereit und köpft ihm nach.


Well they’ve got to make it go away.

 

Er muss sie nicht suchen. Spike weiß, wo er sie finden kann.

 

Hat es immer gewusst.

 

Cordelia taucht durch das schwarze Wasser, solange bis ihre Lungen brennen und sie die Oberfläche mit einem harten Zug durchbricht. Nimmt mehr Atem und taucht wieder ab, lässt sich von dem warmen Wasser und seiner Magie einfangen, die jeden Millimeter ihrer Haut in pures, nasses Leben eintunkt. Wiederholt die Notwendigkeit des Atemholens bis sie sich trunken von all der Lebendigkeit ihres Körpers fühlt.

 

Denkt nicht an Meerjungfrauen, Klippen und Gezeiten, aber an Wassergöttinnen, Nixen und Nymphen, während das Wasser ihren Leib umspült und ihr Schwerelosigkeit gibt. Das Gewicht von ihren Schultern nimmt und ihr nichts anderes übrig bleibt, als sich sauber und rein zu fühlen.

 

Eins mit sich und ihrer Sphäre.

 

Spürt Spike neben sich, unter ihr, hinter ihr. Ein weiteres Wissen, das einfach da ist, weil er sie nicht berührt und trotzdem etwas in ihr zum schwingen bringt. Sie lächelt grundlos, so wie der See grundlos erscheint und trotzdem voller Sinn.

 

Schwimmt schließlich wieder an die Wasseroberfläche und bleibt dort, lässt sich vom Wasser treiben und entspannt sich, bis sie bewegungslos auf der Oberfläche schwimmt. Wie ein Korken oder ein Schwan. Grinst bei der Erinnerung an das hässliche Entlein, das sie nie war und wie sie trotzdem wieder von ihrer eigenen Schönheit überzeugt werden muss. Fragt sich, weshalb ihr schwärze Schwäne nie gefallen haben, sondern immer das Gefühl von Nicht-Richtigsein in ihr geweckt haben. Spreizt ihre Finger wie ein Gefieder und starrt auf den Mond über ihr und die Sterne. Die Welt ist Silber und Blau, von Weiß bis Schwarz, in jeder Nuance dazwischen getaucht und Cordelia wundert sich, wann sie wieder jede Farbe zusammen wahrnimmt und nicht immer nur eine selektive Farbnuance.

 

Gestern die Rote, heute die Blaue und vorvorgestern die Gelbe. Aber immer Schwarz.

 

Seufzt und schließt die Augen. Ist in einer geräuschlosen Welt, deren Ruhe nicht mehr bedrohlich erscheint, weil sie Spike beinhaltet und er die Stille brechen wird, bevor sie unangenehm oder zu leise wird. Die sanften Wellen sie auf sein Auftauchen neben ihr vorbereiten und sie bleibt still liegen, träge auf dem Seewasser und wartet auf seinen nächsten Zug.

 

Es ist seltsam wie viel Zeit sie mit warten verbringt, aber dieser Augenblick fühlt sich so sehr nach dem sicheren Ort an, den sie in Angelus’ Gegenwart immer wieder gesucht hat. So gedämpft und trotzdem klar. Sie ist eins mit sich, die Erwartung hat sich noch nicht eingestellt und kann nicht die Schönheit dieses Zeitpunktes trüben.

 

Sie ist nur ein Körper ohne feste Grenzen, ohne Limitationen oder Behinderungen.

 

Sie ist nur ein ungedachter Gedanke, die Möglichkeit des Augenblickes.

 

Spike ist der See, seine Hände haben die Temperatur des Wassers und die Weichheit. Sie kann nicht genau sagen, wo er sie wirklich berührt, weil der Druck zu leicht ist. Verschwindet, bevor sie sicher ist, ob es nur ihre Vorstellung oder tatsächlich er ist, der den Spann ihres Beines abfährt oder die Beuge ihrer Knie. Sie ihn an ihren Schulterblättern fühlt und an ihren Fingerspitzen.

 

Sie lächelt still in die Dunkelheit ihres Geistes.

 

Spreizt ein wenig mehr die Beine und schwebt weiter in der Nacht. So leicht. So frei. Überlegt, ob sich so ein Astronaut in den Weiten des Weltalls fühlt und verneint instinktiv, weil sie nackt ist und nicht in einen zentimeterdicken Schutzanzug gepackt, der sie vor der Kälte und dem luftleeren Raum schützen soll. Sie ihre Nacktheit genießt und das Gefühl von Unbezähmtheit, das sie in ihr weckt. Sie an gestern denkt und an den kurzen Moment zwischen endgültigem Sieg und der Sorge um Spikes Wohlbefinden. Der Augenblick, der sie mit dem Wunsch nach einem Urschrei zurückließ, nur um auf sich aufmerksam zu machen. Auf ihre Bedürfnisse und Wünsche.

 

Das Gefühl war ähnlich primitiv wie jetzt, nur eine andere Facette desselben Steines.

 

Friedlich, den sie will keinen Krieg beginnen.

 

Keines ihrer Rechte erstreiten, sondern einfach sein. Konzentriert sich wieder auf ihre Haut und die Grenze, die sie bedeutet, aber die sich jetzt gut anfühlt. Das was sie vom Rest der Welt trennt, lässt sie sich gleichzeitig einzigartig fühlen. Saugt die Nachtluft ein und wartet auf die nächste Berührung seiner Finger, erwartet sie nicht, aber weiß, dass sie kommen wird.

 

So sicher wie der Neumond nach dem Vollmond. Oder die Ebbe nach der Flut.

 

Seine Finger umschließen ihre Taille und sie weiß jetzt, dass er sich direkt unter ihr befindet, ist einen Moment versucht, sich sinken zu lassen, um seinen Körper gegen ihren zu fühlen. In der vollen Länge. Der vollen Härte. Aber Spike liest ihre Gedanken, lässt sich nach oben spülen von der Leichtigkeit seines Körpers. Sie zieht die Luft ein und hält sie an, genießt den Schock, der durch ihren Körper fährt, die kleinen Wellen von Lust und Begehren, die von dort ausgehen, wo sich ihre Haut berührt und sie gegen seine Glätte stößt.

 

Die Weichheit, die ihre Brüste umspült oder sind das seine Hände?

 

Nein, seine Hände umfassen ihre Hüfte und sie spürt seine Erektion leicht zwischen ihren Innenschenkeln. Dorthin, wo seine Finger wandern, mit dem Haar spielen leicht zupfen und sie stöhnt nur für die Nacht, weil er noch immer unter Wasser ist und es nicht hören kann. Sie selbst es nicht hören kann, sondern nur die gedämpften Geräusche des Sees. Wird noch weicher und nachgiebiger in seinem Griff, noch biegsamer.

 

Öffnet sich noch ein Stück weiter.

 

Geschmeidige Wellen, die gegen sie plätschern und in ihr nachhallen. Weitergetragen werden. Hält den Atem ein wenig mehr an, als seine Finger ihre Weiblichkeit auskundschaften. Darüber streichen, hineingleiten, noch immer sanft, aber sie lernt den Unterschied zwischen ihnen und dem Wasser kennen. So wie die zufälligen Berührungen seines Körpers an ihrem, sie noch empfindlicher machen. Die Bewegungen zwischen ihren Beinen nichts Zufälliges in sich hat. Sie den Kontakt sucht, so wie seine Finger.

 

Seine Zähne sind an ihrer Schulter, streifen darüber, finden ihren Nacken. Sie zerfließt. Schmilzt unter dem Rhythmus seiner Finger, taut auf. Weiß nicht, ob sie die Beine noch weiter öffnen oder schließen soll, um die Berührung zu intensivieren. Badet sich einfach in seiner Erfahrung und seiner Zärtlichkeit. Der Sanftheit, die er ihr gibt und spendet und sie hat sich noch nie so bereit gefühlt und sie wartet nicht mehr, sondern sucht mehr.

 

Legt ihre Hand über seine, verstärkt etwas den Druck, genau so und schiebt ihre Hüfte etwas vor, genau so. Fühlt seinen Arm um ihren Bauch, seine Hand an ihrer Brust. Die Spitzen zwischen seinen Fingern, so wie der Knoten von Nerven unter seinem Reiben härter wird.

 

Sie weicher wird, während sie sich gleichzeitig mehr anspannt.

 

Flüssiges Feuer zwischen ihren Schenkeln, das sie nicht verbrennt. Kühlendes Wasser und seine Härte, die sie an ihrem Handrücken und Innenschenkel streift und sie phantomgleich an etwas erinnert, das dem hier folgen wird. Etwas, das noch besser ist. Seine Bewegungen sind zu schnell für sie und sie greift nach seinem Unterarm, krallt sich daran fest und drückt den Rücken durch, beißt den Schrei zurück und kommt mit einem Zittern, das durch ihren Körper schießt. Schwingt. Nachweht.

 

Schauer und Regen. Nichts erderschütterndes, nur etwas das sie erschüttert in seiner Einfachheit. Sie kommt in den Armen eines anderen und ist noch sie selbst. Kein Schmerz, keine Aufgabe, nur ihr Körper und Spike.

 

Die beiden verstehen sich offensichtlich gut, wenn sie nicht denkt und sie möchte lachen, weil ihr einfach nach Lachen ist und Feiern. Und sie dreht sich und er kommt an die Oberfläche, einem vergessenen Seegott gleich, zieht sie an ihrer Hüfte an seinen Körper und ihre Hände kommen auf seinen Schultern zum liegen. Sie widersteht dem Bedürfnis ihre Beine um ihn zu schlingen und sie beide in ihrem überschäumenden Enthusiasmus zu ertränken. Oder zumindest sie.

 

Und einen Moment schweben sie so, umspült vom Wasser und den leichten Wellen und Cordelia ist schockiert von seiner Jugend, die er ausstrahlt, ohne seine zurückgegelten Haare und mit dem zufriedenen Lächeln, als ob er gerade den letzten Keks aus der Keksdose geklaut hat. Mit den Tropfen, die in seinen langen schwarzen Wimpern hängen, dem Mondschein auf seinem Gesicht und er raubt ihr kurz den Atem, wieder einmal in dieser Nacht.

 

Raubt ihr die Sprache, vielleicht zum ersten Mal und sie starrt ihn an, unsicher, weil sie ihn kennt, aber nicht diese Seite von ihm. Bis jetzt nur Facetten davon gesehen hat, die aufblitzten und wieder verschwanden, bevor sie sich wirklich herauskristallisierten. Sie diese wirklich erkennen konnte. Sie dachte, dass das Spielen mit seinen Reizen oberflächlich war, etwas das sie nicht tiefer berühren konnte, weil sie es verstand. Zu gut.

 

Woher es kam und wohin es führt.

 

Aber er ist ohne diese Maske noch schöner. Noch einnehmender. Noch sinnlicher.

 

Cordelia schließt die Augen, konzentriert sich auf irgendetwas anderes als ihn. Versucht diesen Gedanken an ihn zu verscheuchen und die Wärme in ihrem Herzen und sie weiß jetzt, was Spike mit Gefahr meinte und damit, dass sie vorsichtig sein sollen. Sie vorsichtig mit ihren Wünschen sein sollte, weil diese sich nicht erfüllen konnten. Es schwierig war, das hier einfach zu halten und nicht unnötig zu verkomplizieren.

 

Spike ihr Freund war und jetzt ihr Liebhaber.

 

Oder bald. Denn sie spürt seine Erektion gegen ihren Bauch und öffnet die Augen.

 

Spike grinst sie arrogant und sexy an, ein dunkles Versprechen in der Stimme, „Das war die Ouvertüre, sollen wir zum Hauptteil kommen?“

 

Schluckt trocken und das ist lustig, weil sie von soviel Wasser umgeben sind und nickt dann langsam.

 

Ernsthaft von ihm, „An Land, weil ich dich nicht wirklich ertränken will im Eifer des Gefechts.“

 

Sie lacht, weil er ihren Gedanken von eben laut und unvermutet ausgesprochen hat und löst sich von ihm, schwimmt auf den Steg zu und fühlt wieder sicherer. Es war gut, dass sie ihm klar gemacht hatte, worum es ihr ging, denn wenn er jetzt süße Worte benutzt hätte, wäre sie unter Umständen für seinen Charme gefallen.

 

Nein, nicht für seinen Charme, sondern für ihn.

 

Ist sich nicht sicher, weshalb diese Unterscheidung wichtig ist, außer dass es von Bedeutung ist und verspricht sich, später darüber nachzudenken, wenn sie ihren Teil des Abkommens eingehalten hat. So fühlt sie ihn hinter sich, als sie das mit Algen bewachsene Holz erreicht und er hilft ihr auf den Steg, greift das Holz und schiebt ihren Hintern hoch, kommt mit einer fließenden Bewegung neben ihr zum sitzen und betrachtet sie für eine lange Zeit. Einfach so. Und sie gönnt sich den Luxus ihn anzustarren, weil er die Erlaubnis mit seinem Blick gibt, sie dazu auffordert und es nicht peinlich ist, sondern unentbehrlich.

 

Trinkt seinen Anblick. Seine silberne Schönheit.

 

Die Geschmeidigkeit seines Körpers, die Muskeln, die jetzt entspannt sind, aber tödlich in ihrer Perfektion. Sich weich in das Bild von ihm einfügen und er ist so anders als Angel. Beinahe hager und sehnig im Vergleich. Kein Gigant, in dessen Schatten sie sich versteckt oder von ihm geschluckt und zertrampelt wird. Ihr Blick senkt sich auf seinen Penis, nicht voll erregiert, aber beeindruckend in der Größe, aber nicht so angsteinflößend wie Angelus’.

 

Annehmbar in dem Ausmaß.

 

Spike hat mit Sicherheit auch Frauen bluten lassen, aber er konnte sie mit Gewissheit nicht mehr zum bluten bringen. Zumindest nicht mit seinem Schwanz, dieses Privileg befand sich ebenfalls im Besitz seines Grand Sires. Sie beide diese Schuld bei ihrem Lehnsherren abgegolten haben. Ius primae noctis. Das Recht der ersten Nacht und sie lächelt bitter bei dem Gedanken, dass Angelus mit absoluter Sicherheit nicht diese Verbindung absegnen wollte.

 

Er dennoch der Grund ist, warum sie sich überhaupt hier mit Spike befindet.

 

Auf der Suche nach Heilung und Helligkeit. Nach Vergessen.

 

Cordelia scheucht die dunklen Gedanken davon. Den Schatten aus ihrem Sichtfeld. Sie war gut im Verdrängen gewesen, so gut, dass sie wirklich nicht mehr an ihn gedacht hatte, während sie sich der Nacht hingab und seinem Grand Childe. Er seine Macht über sie verlor, zumindest wenn Spike sie berührte, aber seine Blicke reichten noch nicht ganz dafür aus. 

 

Spike wirkt ohne seine Kleider größer, breiter. Schwarz macht tatsächlich dünner, der Gedanke ist da und sie lächelt gelöst. Als ihr Blick zurück in sein Gesicht geht, verliert sich ihr Lächeln sofort, als sie seinen Ausdruck sieht und fühlt zum ersten Mal die Kühle der Nacht.

 

Seine Miene ist ernst, die Stimme angespannt, „Wovor hast du Angst, Cor?“

 

Verflucht seine übernatürlichen Sinne und den Wind, der ihren Duft in seine Richtung treibt. Die Witterung, die er aufgenommen hat, gefällt ihr nicht, sie will nicht darüber reden. Weiß nicht, ob sie es kann. Nicht Jetzt. Nicht Heute.

 

Ihre Erwiderung schnell und emotionslos, „Du weißt, wovor ich Angst habe und es hat nichts mit dir zu tun.“

 

„Aber mit dem, was ich bin.“ Keine Frage und sie blickt ihn nur an.

 

Schließlich leidenschaftslos, „Ich hatte auch vor Wesley – "

 

Unterbricht sich abrupt, weil sie zwar vor Wes Angst gehabt hatte, aber mehr vor seiner Verurteilung, als davor, dass er ihr körperlich wehtat. Wes ihr bester Freund ist und ihr Bruder im Geiste. Nichts an ihm, was sie mit diesem Akt der Erniedrigung in Verbindung setzen wollte. Konnte. Ihre Haut trotzdem brannte. Sie sich ihm gegenüber so schuldig gefühlt hatte, weil sie es hätte besser wissen müssen, oder nicht? Weil sie etwas zerstört hatte, das für ihn ebenso wichtig war, wie für sie. Die erste richtige Familie ihres Lebens und seines.

 

Das Fegefeuer ihrer Schuld jedes Mal aufflackerte, wenn er sie berührte.

 

Besinnt sich auf das Jetzt. „Wir sollten aufhören zu reden.“ Und es hinter uns bringen, setzt sie stumm hinzu. Bitte, lass es uns hinter uns bringen, Spike. Einfach so. Mit der Leichtigkeit, die keine Grundfesten erschüttert.

 

Vielleicht konnte sie ihm rationalere Antworten geben, wenn sie ihn in sich gefühlt hatte und sich davon überzeugt, dass er sie nicht aufspießen und Niederpinnen konnte, wie ein verdammter Schmetterling in einem gläsernen Schaukasten.

 

Er zögert noch immer und sie fühlt etwas, das nahe an pure Melancholie herankommt.

 

Das hier wird sich nicht durch Worte lösen oder weitere Diskussionen. Sie es müde ist und zu lange mit sich selbst argumentiert hat, um sich jetzt von seiner falschen Rücksichtnahme ausbooten zu lassen. Weil sie verflucht noch mal überraschenderweise noch immer einen Verstand hatte und egal, wie verdreht, gebrochen oder verrückt er war, er eben dieses Szenario mit Spike, als Lösung präsentiert hat und sie konnte ihre eigenen weitreichenden Entscheidungen für sich und ihr Leben treffen.

 

Vielen Dank für die geschenkte Aufmerksamkeit und das Vertrauen.

 

Trifft eine weitere, diesmal spontane Entscheidung, als sie rittlings auf seinen Schoß klettert und sich seine Augen in Überraschung weiten, packt seine Handgelenke und legt seine Handflächen auf ihre Brüste. Drückt den Rücken ein Stück durch, legt dann ihre Arme um seine Schultern und nimmt sein Ohrläppchen zwischen ihre Zähne, beißt und spürt seine Hüfte vorstoßen.

 

Nackte nasse Haut, die sich gegen ihre reibt.

 

In einer Stimme, die sich hoffentlich verführerisch und auffordernd in einem anhört, „Du hast mir versprochen, dass du mich heute Nacht härter kommen lassen kannst als er und dieses Versprechen hast du noch nicht gehalten.“

 

Legt ihren Kopf schräg und sieht, wie er die Geste nachahmt. Sein wissendes Grinsen ist zurück und sie atmet erleichtert auf, amüsiert von ihm, „Das habe ich noch nicht?“

 

Ihre Augenbrauen gehen hoch und sie schüttelt den Kopf, ein schelmisches Lächeln um ihre Lippen. „Dann schulde ich der Lady noch die Erfüllung eines Versprechens, schließlich bin ich ein Ehrenmann.“

 

Ein Ehrenmann? Soll ich dir erklären auf wie vielen Ebenen, diese Aussage falsch ist, Spike?“

 

Er echot gekonnt ihre Worte von gerade eben, „Wir sollten aufhören zu reden und uns an gegebene Versprechen erinnern.“

 

Dann liegt sie kichernd mit einer schnellen Drehung unter ihm, spürt das raue Holz an ihrem Rücken und die Weichheit seiner Lippen auf ihrem Gesicht. Ihr Lachen versiegt, während er den Bogen ihrer Augenbrauen nachfährt. Die Rundung ihrer Wangen mit seinem Mund nachzeichnet. Fühlt seine Hand an ihrer Kehle und die andere an der Rundung ihrer Brust.

 

Seufzt und reibt sich gegen seinen Oberschenkel.

 

Entspannt sich unter seiner gekonnten Berührung und der Spur seiner Küsse, fühlt wie er an dem Mal hängen bleibt und seine Zunge, die Kontur abfährt, seine Zähne darüber gleiten, bevor er beinahe bedauernd tiefer über ihren Hals wandert. Dem Pfad seiner Hände folgt und sie sich nicht entscheiden kann, ob sie lieber seinen Rücken erkundet oder sich in der Weichheit seiner nassen Haare verlieren sollte. Sich schließlich für seine Schulter entscheidet, ihre Hände dagegen presst und ihre Fingernägel kratzen leicht über seinen Rücken und er lässt ein Stöhnen vernehmen und etwas, das sich nach einer Verwünschung oder einem Gebet anhören könnte und ihren Griff verstärkt.

 

Sein Mund ihr Schlüsselbein erforscht und seine Hände ihre Brüste umfassen, seine Finger das Fleisch leicht kneten, drücken. Er dazwischen schwebt, als ob er sich nicht entscheiden kann, welcher der beiden Hügel er zuerst seine Aufmerksamkeit schenken soll. Die Zwischenzeit mit seiner Zunge in der Vertiefung füllt, die ihre Rippen unterhalb ihres Herzens schaffen, bevor er die Schwere hochdrückt und die Lücke vertieft, die Stelle schließt, unerreichbar für seine Zunge macht und sie streicht über seinen Haaransatz.

 

Er blickt hoch und sie lächelt sinnlich, fühlt sich zum ersten Mal wirklich sexy in seiner Gegenwart, warm und weiblich, und in seiner Unentschlossenheit weckt er ihren Spieltrieb.

 

Neckisch, „Ich verspreche dir, keine läuft ohne die andere weg.“

 

Sieht die Überraschung in seinem Blick und die Ertapptheit. Wieder der Junge mit der Keksdose und sie mag diesen Aspekt von ihm, der sie sich leichter fühlen lässt. Wissender. Ihre Hand ist unter seinem Kinn und sie würde ihn gerne küssen und weiß nicht, ob dies zu ihrem Arrangement gehört und so streift sie nur mit dem Daumen über die Fülle seiner Unterlippe. Seine menschlichen Zähne schnappen sie schneller, als sie im Moment reagieren kann und sie spürt den Druck auf ihrem Nagel und die Rauheit seiner Zunge gegen ihren Daumen.

 

Ihre Hand ist auf seine Wange gewandert und er legt sein Kinn auf ihre linke Brust. Seine Zungenspitze kreist träge um ihren Daumen und er blickt sie aus halbgeschlossenen Lidern an, träge wie ein Löwe nach der Jagd. Oder davor. Je nachdem. Fragt sich, ob deshalb Meistervampire für Jägerinnen fallen, weil sie das erste Mal in ihrem Unleben Beute sind. Sie von ihren Gefährtinnen versorgt, aber nicht gehetzt werden. Denkt an Drusilla und Darla, denkt an die seltsame Gruppe von Wesen und Frauen, die vor ihr unter ihm lagen und sie weiß, dass sie ihn nicht so liebt, wie eine Frau einen Mann lieben sollte, weil sie keine Eifersucht spürt, sondern nur Bedauern, dass er ebenfalls unter Angelus lag und weiß, was es heißt, niedergepinnt und hilflos zu sein.

 

Sein Inneres nach Außen gekehrt zu haben.

 

Wenigstens blieb ihm die Seelenqual dieses Wissens erspart.

 

Merkt nach einer Weile, dass sie seine Zähne nicht mehr festhalten, sie tiefer mit ihrem Daumen eingetaucht ist und sie unbewusst die Kreise seiner begabten Zunge mit ihren Hüften gegen seinen Hüftknochen echot. Ihre Beine ihn so umschlungen haben, wie sie es im Wasser vermieden hat, aus Angst unterzugehen.

 

Es sich noch immer leicht und sexy anfühlt.

 

Er entlässt ihren Daumen aus seiner Gefangenschaft, verhalten, „An was denkst du?“ Seine Worte sind undeutliches Flüstern unter dem Blätterrauschen des Windes.

 

Lächelt ein erotisches Lächeln und bannt die trüben Gedanken aus dem Hier, „Dass du mich an einen weißen Löwen erinnerst, mit deinen blauen Augen und platinblonden Haaren.“

 

Er hebt die Augenbraue nach diesem Statement. „Weiße Löwen können in der Wildnis nicht überleben.“

 

„Du warst nicht immer weiß.“ Und Spike grinst anerkennend und sie ist sich nicht sicher, ob er ihr auf mehr als einer Ebene bei dieser Aussage zustimmt, findet es nicht wichtig. Sie braucht keinen weißen Ritter, der sie aus dem Elfenbeinturm befreit oder ihre Kämpfe ausfechtet. Streicht über seine frische Narbe an seiner Kehle, denkt an sein Blut, wie es über ihre Hände floss. So glitschig und kalt, ihr das Gefühl raubte mit jeder Unze, die er verlor.

 

Er gehört jetzt auch zu der seltsamen Reihe von Wesen, für die sie sterben würde.

 

Ist Familie und keine gesichtslose Macht.

 

„Und du hast überlebt.“ Das ist wichtig.

 

„Ich bin nicht so einfach totzukriegen.“

 

„Gut.“ Cordelia ihren Finger von seinem Gesicht löst und ihre Brust mit der freigewordenen Hand weiter hochdrückt, so dass er den Nippel ohne sich einen Millimeter zu bewegen, zwischen seine Lippen nehmen kann. Ihre andere Hand sich schon lange in seinem weißen Haar vergraben hat und ihn nun näher zieht.

 

Sie will sein lebendiges Gewicht auf ihr spüren und in ihr, wie ihr mit Überraschung klar wird. Seine Zähne fahren über ihre Spitzen und sie verschränkt ihre Arme hinter seinem Nacken, rutscht tiefer unter ihn und zieht ihre Beine an, lässt ihre Fußsohle über seine Oberschenkel gleiten, bevor sie die Knöchel überkreuzt. Fühlt, wie er das Gewicht auf eine Seite verlagert und dann sind seine Finger genau dort, wo Cordelia sie haben will. „Oh, gut.“

 

Sein Zeigefinger vollführt einen langsamen Kreis und sie seufzt, „Besser?“

 

„Ja.“ Wundert sich, ob er von ihr eine Konservation erwartet und sie löst einen Arm, spürt die Fülle ihrer Brust und drückt sie hoch, sein Gesicht herunter und er kommt ihrer Aufforderung nach. Seine Zähne gleiten über die empfindliche Haut unterhalb ihrer Spitze, knabbern leicht an ihrer Haut, spielerisch, bevor er wieder den Kopf hebt.

 

„Und so?“ Spike erhöht den Druck, aber nicht die Geschwindigkeit und sie sprüht Funken.

 

„Ja.“ Zwischen zusammengebissenen Zähnen. Das Holz ist rau und reibt ihren Rücken auf, in dem Versuch ihm näher zu kommen. Er hat Erbarmen, lehnt sich über sie und saugt ihre Brustwarze in seinen Mund. Fest. Sie entlässt die angehaltene Luft mit einem Keuchen.

 

„Oder doch so?“ Versenkt zwei Finger in ihr und sein Daumen presst gegen ihre Klitoris, ihre Antwort ist ihr Rücken der sich vom Boden löst und ein tiefes Stöhnen. Eine Kaskade von leichten Stromstößen, die sein Pumpen in ihr auslöst und spürt, wie sich etwas in ihr verkrampft und lockert mit jedem kreiseln und pressen. Sie höher treibt und sie lässt ihre Beine kraftlos von seinen Hüften rutschen. Zu viel. Gefühl.

 

Presst ihre Augen zu und seinen Kopf noch näher.

 

„Gott, bist du feucht.“

 

„See – Wasser nass.“ Hört ihn leise lachen und lächelt trotz ihrer Anspannung. Yeah, vielleicht wurde sie nie einen Oskar für bestes Drehbuch bekommen, aber das war ihr egal, solange er nicht aufhörte, nur noch ein bisschen. Sie konnte den Höhepunkt in ihren Bauchmuskeln fühlen. Nur noch ein wenig schneller. Komm schon. Komm.

 

„Das ist nicht der See, Cor, das bist du. Nur du.” Ihr einerlei.

 

Sie hat ihn angelogen, sie will etwas von ihm. Mehr. Jetzt.

 

„Verdammt, ich will dich kommen sehen.“ Spike löst seinen Kopf aus ihrem Griff und ist direkt über ihr. Spürt seinen Atem auf ihren glühenden Wangen. Wundert sich warum. Nein, eigentlich nicht. Eigentlich ist es ihr gleichgültig. Beißt die Verwünschung zurück, weil sie sich ebenfalls kommen fühlen will und er dafür nur ein wenig härter – Die Welt bleibt stehen für den perfekten Bruchteil einer Ewigkeit, hört sie nur Stille und ihren Körper, wie er schwingt und eins wird.

 

Dann fühlt sie seine Finger in sich und seinen Daumen, der drückt – Sie stöhnt. Schwebt. Zerspringt. Und die Welt dreht sich schneller, als ob sie den vorigen Moment wieder aufholen will, wird lauter oder ist das sie?

 

Egal. Sie kommt. Kommt an. Im Hier. Bei Spike.

 

Wunderschön.“ Seine Lippen streifen wieder über ihr Gesicht und sie zittert.

 

Nachbeben. Nichts weiter. Teil des Arrangements.

 

Nichts worüber sie sich Sorgen machen muss.


Well they’ve got to make it disappear.

“Bereit für den nächsten Schritt?”

 

Cordelia hört Spike wie durch einen Nebel, aber die Bedeutung ist klar, würde Alarmbereitschaft in ihr auslösen, wenn sie nicht so relaxt wäre und sie nickt. Findet die Kraft und wickelt sich wieder um ihn mit ihren Armen und Beinen. Ihre Nase findet wieder den Ort an seiner Halsbeuge, der nach See, Sommer und ihm riecht. Nicht mehr nach Tod. Der behaglich und tröstlich ist und sie braucht etwas Trost für ihre aufgewühlten Emotionen.

 

Fühlt, wie er wieder das Gewicht verlagert und dann über ihr schwebt.

 

Nur die Andeutung von Härte.

 

„Sicher?“ Er klingt so angespannt, wie sie sich fühlen sollte und sie löst sich aus seiner Halsbeuge, blickt ihm offen ins Gesicht und nickt noch einmal. Sie ist sich so sicher, wie sie ihrer Sache je sein kann und reden macht es nicht besser. Streicht ihm die widerspenstigen Haare aus den Augen und lässt ihre Hand über seine Wange gleiten. Härte und Weichheit.

 

Es geht noch immer darum ihre Dämonen zur Ruhe kommen zu lassen.

 

„Sicher.“ Ein Vorrücken in der Dunkelheit und er ist in ihr, füllt sie aus und dehnt sie, während Spike mit einem behutsamen Stoß tiefer in sie dringt. Cordelia hält die Luft an, wartet auf den Schmerz, der nicht kommt, selbst dann nicht, als sie seine Hüfte an ihrer spürt. Er bewegungslos in ihr verharrt. Sein Schambein den Druck seines Daumens ersetzt und sie wieder Funken spürt.

 

Tiefer in ihr und es sie mehr an Blitze erinnert.

 

Das erste richtige Gewitter des Sommers.

 

Gott, davor hatte sie so verdammte Angst?

 

Spannt testend die Muskeln an und hört ihn scharf die Luft einziehen. Das hier fühlt sich gut an, besser als gedacht, ohne Qual. Sie grinst in sein Gesicht, aber er hat die Augen geschlossen und sein Gesichtsausdruck ist angestrengt. Als ob er versucht seinen Fokus zu finden. Fühlt Leichtigkeit und Humor in sich, ist beinahe etwas berauscht von der plötzlichen Erleichterung.

 

Gelöstheit und sie weiß, dass es das ist.

 

Spike ist in ihr und sie fühlt sich noch immer wie sie selbst. Die sexy Laune ist noch immer nicht abgeklungen und hat dem Drama platzgemacht. Spannt erneut die Muskeln an und hört sein, „Verflucht!“

 

Fährt durch seine feuchten Haare und will plötzlich seine Augen sehen. „Spike, um dein nichtvorhandenes Gewissen zu beruhigen, du hast dein Versprechen gehalten und ich bin außerdem schon zweimal bedient worden. Du brauchst dich meinetwegen nicht zurückhalten.“

 

Er hat sie vielleicht nicht härter kommen lassen, aber schöner. Viel schöner.

 

Er gibt ihr ein trockenes Lachen und blickt sie an. Seine Augen funkeln wie Edelsteine in der Nacht, Saphiren gleich, mit einem inneren Feuer. „Ich habe noch immer einen Ruf zu verteidigen und Zurückhaltung ist mir ins Blut gelegt.“

 

Sie lacht und er flucht wieder, bei der Bewegung. „Gott, du bist so eng.“

 

„Ist das nicht eine erstrebenswerte Eigenschaft bei einer Frau?“

 

„Cordelia.“ Sein Ton ist Ermahnung und Stöhnen in einem. „Ssh.“

 

Sein Kopf fällt auf ihre Schulter und seine Hände verlieren sich in ihrem nassen Haar, biegen ihren Kopf ein Stück zurück und sie fühlt seinen harschen Atem an ihrer Kehle. Dann zieht er sich bedächtig zurück und stößt wieder vor.

 

Ihr Lachen ebnet ab und sie zieht die Knie an.

 

Okay, es ist nicht so witzig, wie sie gedacht hat. Nicht wenn er genau diesen Punkt in ihr trifft und sein Funke auf sie überspringt. Wenn er die Bewegung genauso wiederholt und sie plötzlich etwas benötigt, um ihren Mund zu beschäftigen. Um die Leere nicht mit Worten zu füllen oder Küssen. Findet seine Schulter und ihre Zähne graben sich leicht hinein.

 

Spike biegt ihren Kopf noch ein Stück weiter nach hinten, streift mit seiner Zunge über das Mal, presst dagegen, als ob er noch Angelus’ Essenz wahrnehmen kann, die es enthält und diesmal ist der Stoß heftiger. Spürt, wie die Aufgebrachtheit sich in seinem Rhythmus manifestiert und er auf diesen einen Makel fixiert ist, versucht es wegzuwischen mit seiner wütenden Zunge. Er lässt seine Aufmerksamkeit und seinen Mund dort, leckt und nagt mit stumpfen Zähnen und Cordelia fühlt ihren Puls brennen unter der Narbe, wie das Blut sich unter der Oberfläche sammelt.

 

Ihr Stöhnen entschlüpft ihr, bevor sie es halten kann.

 

Sie will Verdammt sagen, aber es ist sein Name.

 

Sie will ihn loslassen, aber sie zieht ihn näher.

 

Sie will – ihn.

 

Mit dieser Erkenntnis stoßen ihre Hüften vor, kommen ihm entgegen und sie will keine gezügelte Zärtlichkeit oder seine aufgezwungene Rücksichtnahme. Dieser Teil von ihr erwacht erneut, der dunkle, den sie nicht zuordnen kann oder ergründen will. Aber Spike scheint keinen Unterschied in ihrem Verhalten festzustellen oder keinen, der ihn abstößt und sie ist einen Moment unsicher, bevor sie die Muskeln erneut anspannt und ihm entgegenkommt. Denkt, ‚Härter. Tiefer. Fester.’

 

Den Kopf zurückwirft und ihr Rückrat vom Holz löst. Ihren flexiblen Körper in seine Härte hineinbiegt, ihn stumm um etwas bittet, das er zu gerne bereit ist ihr zu geben. Sein Tempo wird schneller und unkontrollierter. Es spielt keine Rolle, dass ihre Haut an den Stellen brennt, die das Holz berühren, weil andere Stellen lichterloh in Flammen stehen.

 

Bis er erstarrt und sie beißt den Schrei der Enttäuschung hinunter.

 

Beißt sich auf die Unterlippe. Schluckt.

 

Zittert und weiß mit der plötzlichen Bewegungslosigkeit nichts anzufangen.

 

Seine Stimme ist gedämpft und heiser, „Du blutest.“

 

„Nein.“

 

„Doch.“

 

Schluckt das automatische Nein hinunter und denkt nach, wie sie diese sinnlose Diskussion sofort beenden kann, während er sich von ihrem Hals löst und sich von ihr aufrichtet. Nimmt sein echtes Gesicht wahr und wie er prüfend den Blick seiner gelben Augen über sie wandern lässt. Erwägend, „Mein Rücken?“

 

Vielleicht. Komm hoch.“ Ist sorgsam darauf bedacht, ihre körperliche Verbindung nicht zu unterbrechen, als sie sich aufrichtet. Spürt seine Hand an ihrem Schulterblatt und sieht wie seine Finger beinahe schwarz in ihr Sichtfeld zurückkommen. Ihr Blut. Er hatte Recht. Greift nach seinem T-Shirt und wirft es hinter ihren Rücken. Breitet es aus.

 

Legt sich zurück, „Nun?“

 

Sieht, dass die Blutspur von seinem Finger verschwunden und sein Game Face fest an seinem Platz ist. Könnte wetten, dass wenn sie ihn jetzt küssen wurde, sie ihr Blut in seinem Mund wahrnehmen würde.

 

Vampire, so unglaublich einfach gestrickt. Manchmal.

 

„Nun gehen wir es umsichtiger an.“ Spürt seine Hände unter ihrem Gesäß, wie er sie anhebt und näher zieht, bis er ganz zwischen ihren Beine ist. Sie seine Oberschenkel unter ihrem Po fühlt und seine Hände an ihren Hüften.

 

Dann beginnt er sie zu bewegen und sie schluckt. Der Winkel ist anders, tiefer. Schaukeln und wiegen. Intensiver, vor allem weil er seinen Daumen zwischen ihren Beine verschwinden lässt und genau den richtigen Druck auf das Nervenbündel ausübt, das sie schmelzen lässt. Er ist kontrollierter in dieser Position und sie starrt ihn an, wie seine Bauchmuskeln sich an und entspannen mit jedem Heben von ihrer Hüfte. Ihre Arme sind über ihren Kopf zurückgebogen und der Vollmond scheint direkt auf ihn, lässt die Szene vor ihr in einem bizarren Zwischenlicht erscheinen.

 

Sie ist ihm mehr ausgeliefert in dieser Position und gleichzeitig freier. Seltsam.

 

Spike baut die abgekühlte Spannung mit ein paar Stößen wieder auf und sie blickt in seine Augen. Kann nur in seine Augen starren, während er ihren Körper einnimmt und den Druck in ihre Lenden zurückbringt. Das Pochen und Pulsieren. Es fühlt sich merkwürdig an, wie schnell sie wieder an Funken und Feuerwerk denkt und sie weiß, sie bildet es sich nur ein, aber seine Augen scheinen unnatürlich zu strahlen. Zu hell. Aber sie kann den Blick nicht abwenden und er steigert seinen Rhythmus, in dem er in sie fährt und sie ist in Trance. Unter seinem Bann.

 

Hypnotisierend, „Komm für mich, Cordelia.“

 

Es ist beinahe unheimlich, wie sehr sich ihr Körper und Spike verstehen. Er übereifrig seinem Befehl nachkommt und sie fühlte sich nicht auf der Grenze, als sein Daumenagel den Punkt streift, aber sie spürt wie sie erneut fällt. In seine Augen und seinen Körper. Die Spannung sich entlädt, als ob er eine Klaviersaite durchtrennt hätte. Kurz und einschneidend. Lässt die Luft mit einem langgezogenen Seufzen entweichen, spürt wie sich ihre Muskeln um ihn konvulsivisch zusammenziehen und er verzieht sein Gesicht beinahe schmerzverzerrt.

 

Hält sie noch fest.

 

Hält seine Kontrolle und es nicht das erste Mal, dass sie diese bewundert, aber ihr will gerade die andere Zeit nicht einfallen. Schließt schaudernd die Augen und kommt zur Ruhe.

 

Spürt seine Handflächen auf ihren Oberschenkeln, wie sie weiter wandern, über ihren flachen Bauch und an ihrem Busen verharren. Rauer, wie vorher. Inständiger. Jetzt benötigt er etwas von ihr, will mehr und sie ist mehr als bereit seinen Wünschen nachzugeben. Egal, wie diese aussehen sollten.

 

Sie schuldete ihm mehr als drei Orgasmen.

 

Sie schuldet ihm ihr Sexleben und ihre Zukunft.

 

Cordelia öffnet die Augen und blickt auffordernd in seine Miene, er zögert kurz, dann, „Dreh dich um.“

 

Nickt ihm zu und löst sich von ihm, kniet vor ihm und spürt wie er wieder in sie eindringt. Die Leere erneut füllt. A Tergo hineingleitet, langsam. Bringt ihre Stirn auf die Unterarme und fühlt seine Hände, die ihre Hüfte näher ziehen und er nimmt einen leichten Rhythmus auf. Wieder kontrolliert und beinahe abwesend in der Unbeschwertheit. Als ob er nicht wirklich hier bei ihr wäre, sondern seinen Fokus woanders hätte und sie wundert sich.

 

Nur ein wenig. Nur ein bisschen. Und würde gerne sein Gesicht sehen, einfach so.

 

Vielleicht um sich zu vergewissern, dass er hier bei ihr ist und nicht in seiner Vergangenheit. Weil seine Augen es ihr verraten würden oder der angespannte Zug um seinen Mund, von dem sie weiß, wann er nichts mit ihr zu tun hat. Und sie spürt den ersten Anflug von Lust und weiß plötzlich, was er da treibt. Sein Griff wird fester und seine Stöße unnachgiebiger und sie drückt den Rücken durch.

 

Das hier ist anders, als vorher, unpersönlicher und trotzdem – heiß.

 

Presst ihre Stirn ein wenig fester auf ihre überkreuzten Unterarme, beißt sich auf die Unterlippe. Fühlt, wie seine Hände auf Wanderschaft gehen, eine die Rundung ihres Hinterns abfährt und die andere ihre Wirbelsäule, nachdem seine Finger ausgiebig, die Konturen ihrer Tätowierung abgefahren haben.

 

Vielleicht hatte auch ihr Tattoo seine Aufmerksamkeit, aber es muss ihm vorher aufgefallen sein, oder? Seine Hände fühlen sich anders an, aber den Teil hatte sie schon, oder? Bestimmter und seine Handfläche übt genug Druck aus, um sich in seine Berührung zu biegen. Beinahe eine Massage, aber sie bauen keine Spannung ab, sondern erhöhen sie nur. So wie seine Geschwindigkeit sie atemlos und bedürftig macht. Schließlich findet seine Hand ihr Ziel, sein Unterarm auf ihrem Rückrat, seine Finger um ihr Genick. 

 

Kommt an ihrem Nacken zur Ruhe, sie dort nicht wirklich niederdrückt, aber festhält.

 

Zeit für seine Bedürfnisse und das hier fühlt sich primitiver an, aber Cordelia hat gelernt, dass Primitivität nicht unbedingt schlecht sein muss. Er sie trotzdem mit einer Bewegung töten könnte und die Feststellung berührt sie ungefähr genauso tief, wie die, dass der Himmel tagsüber azurblau ist. Diese Wahrheit ist nicht neu. Spike zwar ihren Nacken festhält, aber nicht ihre Hüften und so findet sie zögernd ihr eigenes Tempo, das sie seinem entgegensetzt.

 

Ihm schließlich in nichts nachsteht. Animalisch. Dämonisch. Herausfordernd.

 

Cordelia lässt sich von ihm dominieren und ihre Hand zwischen ihre Schenkel wandern, spreizt ihre Finger und sie denkt nicht, als sie die Wölbung findet, sondern fühlt nur. Fühlt seinen Schwanz, wie er sich ungezähmt in ihr bewegt und ihre eigene Lust, weiß, wie sie es noch besser für sich machen kann und das hier hat nichts mit einsamer Selbstbefriedigung zu tun, aber viel mit Befriedigung und Spike hat zur Genüge dafür heute Nacht gesorgt. Es sollte nicht seine Sorge sein.

 

Es ist nichts Schamhaftes in ihrer Haltung, es fühlt sich zu natürlich und richtig an.

 

Sie weiß, dass sie jetzt Sex haben, um expliziter zu sein, miteinander ficken und es nicht süß oder lieblich ist, sondern wild und auf der Grenze zur Rohheit. Und dass es einen Teil von ihr unglaublich antörnt.

 

Der Teil ist noch immer dunkel, erscheint aber nicht mehr so angsteinflößend. Das hier fühlt sich zu gut an, um von Grund auf verdorben zu sein. Gleichzeitig ist es das, vor dem der Priester sonntags in der Kirche von der Kanzel predigt und sie fühlt sich sündig und gut. Der Widerspruch verwirrt sie einen Moment, bis sie seine Hand über ihrer spürt und er seine Finger zwischen ihre schiebt.

 

Noch immer dominierend, aber er hat ihr genug Zärtlichkeit für eine Nacht gegeben und sie braucht auch das. Hört ihn stöhnen und seine simple Art, die Erregung in primitive Laute zu packen. Es klingt richtig und verdammt, er ist sowieso lauter als sie und es kümmert niemand. Cordelia das Klatschen von nacktem Fleisch aus der Distanz wahrnimmt. Nichts von Bedeutung und diesmal glühen nicht nur ihre Wangen, sondern ihr gesamter Körper. So wie die gesamte Welt in Bewegung erscheint und nicht nur ihr Körper. Die beiden Hände, die sie fest und niederhalten ihr Unterstützung geben und einen Rahmen.

 

Sie keucht und den Schweiß in ihrem Nacken fühlt.

 

Die Lust in ihrem Unterleib, wie sie sich ausstreckt, wie ein Raubtier, das langsam aus seinem Winterschlaf erwacht. Nein, wie ein Raubtier, das zum ersten Mal jagt. Spürt die Erwartung, die Gewalt in ihrem eigenen Wesen. Spürt Spikes Dominanz und fühlt keinen Grund sich aufzulehnen, weil er ihr das gibt, was sie braucht. Seine Härte in ihr. Sein Vorstoßen und Ausfüllen ihrer Leere.

 

Will seinen Namen sagen und keucht, „Gott.“

 

Fühlt, wie er gegen ihren Rücken fällt und einen Arm neben ihre Rippen aufstützt. Seine Lippen sind neben ihrem Ohr, so heiß, sie weiß, dass er nicht so heiß sein kann.

 

Frevelhaft und ruchlos, „Gott, hat nichts damit zu tun, Cordelia.“

 

Und er presst fester auf den Knoten und stößt tiefer und sie spürt, wie ihre Knie zittern, ihre Oberschenkel, als ob sie eine verdammte Stute wäre und sich ihre Flanken heiß gelaufen hätte. Gibt nach, als sie ihr Gewicht nicht mehr halten kann und seines. Bricht nieder und sein Mund ist auf ihren Wunden am Rücken, sie fühlt seine Zunge, seine scharfen Zähne, wie er saugt und leckt. Spürt seine Hand unter ihrem Schambein und wie er sie wieder hochzieht in Position bringt.

 

Spürt seine Fänge, wie sie über ihre Schultern streifen und sie will sagen, dass es okay ist. Dass es für sie in Ordnung sein wird, falls er sie beißt, wenn er sie endlich kommen lässt, aber ihr fehlt die Fähigkeit sich zu artikulieren. In Worten auszudrücken, was sie will. Bringt ein Schluchzer hervor und bockt unkontrolliert gegen ihn, das ist das, auf das er gewartet zu haben scheint. Denn sie hört ihn schreien und fühlt ihn kommen, in jeder Fiber ihres Körpers. In jeder Faser und sie spürt die unkontrollierten Zuckungen seines Körpers, als er sich in ihren entleert. Sein Griff, der sich anspannt, bis es schmerzhaft ist und folgt ihm in die Niederlage.

 

Kampfunfähig. Besiegt. Gewinnend.

 

Spürt durch einen Nebelschleier, wie Spike auf ihr zusammenbricht. Bleibt liegen.

 

Solange bis er sich mit ihr schwungvoll umdreht und sie auf ihm zum liegen kommt. Er ist noch immer in ihr und sie starrt blicklos in den Sternenhimmel. Fühlt seine Umarmung und seine Lippen an ihrem Hals, ist trotzdem irgendwie taub, von ihren Sinneseindrücken überwältigt und niedergeworfen. Schließlich nachdem sich ihr Atem schon lange wieder beruhigt hat und das Zittern ebenso der Vergangenheit angehört, wie das Pochen zwischen ihren Schenkeln, bricht Spike das Schweigen.

 

„Bin ich gut oder bin ich gut?“ Sie spürt ein Lächeln, das sich seinen Weg an ihre Lippen erkämpft und ist zu kraftlos für eine Erwiderung. Arroganter Bastard, aber er hatte Recht. Drückt nur kurz seinen Unterarm, der über ihrem Bauch liegt.

 

„Das war unerwartet, aber du bist tatsächlich heute Nacht härter gekommen, als mit ihm.“ Das Lächeln ist jetzt breit auf ihr Gesicht gepflastert. „Wie wäre es, wenn du jetzt brav Danke sagst und ich verzichte ebenso auf meine Blumen und meinen Schokoriegel?“ Sie lacht los und er spannt seine Arme um sie an. „Nun?“

 

Cordelia bringt ihre Hand auf seine Wange, legt ihren Kopf in den Nacken, dreht sein Gesicht und ihres. Küsst ihn. Fest. Lange. Freundschaftlich. Dann mir einer Stimme, die mehr als ein bisschen amüsiert ist. „Danke, Spike, für den großartigsten Sex meines kurzen Lebens.“

 

„Wofür sind Freunde mit Erfahrung da.“ Schüttelt den Kopf über seine Zufriedenheit und ist zu träge zum Weiterargumentieren. Cordelia hat jetzt eine bessere Vorstellung von sexueller Erfahrung und Sex. Sie versteht Liebe noch immer nicht, aber das ist ganz okay. Gähnt so ausgiebig, dass ihr Kiefer knackt und sie sein leises Lachen hört. „Wir sollten langsam aufbrechen, bevor ich in Gefahr gerate, mich in Staub aufzulösen.“

 

„Gib mir noch einen Moment, ich brauche mein Gefühl in meinen Gliedmaßen zurück.“ Bewegt ihre Zehenspitzen und Finger.

 

Wachsam, „War ich zu grob?“

 

„Nein. Aber erschöpfend. Immerhin weiß ich jetzt wenigstens, was mit der Redewendung, es wie Tiere treiben, gemeint ist.“

 

Seine Stimme klingt ernsthaft, als ob es ein wichtiges Thema wäre, das es zu erwägen galt, „Ich würde mehr mit dem Spruch, das Hirn rausvögeln gehen.“

 

„Spike?”

 

„Ja?”

 

Sei einfach still, okay? Einmal in deinem langen Unleben, tu mir den Gefallen. Wir können das Ganze noch auf einer Note ausklingen lassen, die nicht total grotesk ist.”

 

„Oh-kay.“ Einen Herzschlag später, „Aber du warst diejenige, die überhaupt erst mit der Idee von Fuck Buddies kam und wie grotesk ist das? Ich meine, Liebhaber hört sich klassisch und stilvoll an, aber -“ Der harte Schlag ihres Ellbogens in seine Rippen lässt ihn augenblicklich verstummen und sie dreht sich schneller um, als ihr ausgepowerter Zustand es erlauben sollte. Spürt einige Muskeln sich in Protest zusammenziehen, kommt rittlings auf seinem Bauch zum sitzen, fängt seine Handgelenke ein und nagelt ihn spielerisch unter ihr fest.

 

„Bezeichnest du mich und meine moderne Ausdrucksweise als stillos, Spike?“ Hebt ihre Augenbraue und ihr Tonfall enthält mehr als nur eine kleine Dosis Drohung, ihren Stil in Frage zu stellen.

 

Sein Grinsen ist verdorben, „Wie sieht meine Bestrafung aus, wenn ich es tue?“

 

Spikes Handgelenke loslassend, setzt sich zurück, sinnend, „Mmh, wie wäre es mit Sexentzug, ich habe gehört, das soll effektiv bei einem Liebhaber sein.“

 

Seine Hände kommen auf ihrem nackten Oberschenkel zum liegen, unbeeindruckt von ihm, „Oh, du würdest es nicht wagen. Außerdem müssten wir dazu eine Beziehung haben, die über deine Definition von Fuck Buddies hinausgeht, denn so wie ich es verstanden habe, machen wir es nur ‚wie Tiere’, wenn wir beide Notstand haben. Richtig?“

 

Ihr Grinsen ist sexy und herausfordernd. “Ich könnte dafür sorgen, dass der sich ziemlich schnell bei dir einstellt mit meinem stillosen Verhalten.“

 

„Ich denke, ich habe ein Monster mit meinem unwiderstehlichen Sexappeal geschaffen, Kwé.“

 

„Ich denke, wir sollten dich in Sicherheit schaffen, bevor du davon überzeugt bist, dass du die Sonne dieser Galaxie bist und dich selber in Flammen setzt.“

 

„Tödlich getroffen, genau ins Herz.“ Und er schlägt gegen seinen Brustkorb und Cordelia schüttelt lachend den Kopf. Steht auf und streckt ihm ihre Hand zum Hochkommen hin, er nimmt sie an und kommt neben ihr zum stehen.

 

„Dein Herz wird dein Ende sein, weißt du das, Spike?“

 

„Ich wusste es schon immer, niemand ist an meinem Kopf interessiert. Dabei bin ich ein so vernünftiger Vampir und habe ein so betörendes Wesen.“ Sein Lächeln ist so einnehmend und die Geste, mit der er ihr das Haar hinters Ohr streicht so natürlich, dass die Wärme in ihrem Herz kurz zurück ist, bevor sie sich fast brüsk wegdreht und beginnt sich anzukleiden.

 

Sie weiß, dass ihre Unerfahrenheit sie empfänglich für seinen Charme macht und für ihn, sie sollte an etwas denken. Etwas das wichtig war, aber die Nacht war zuviel für sie, um sich schnell an alle Veränderungen anzupassen. Sie war liebevolles Geplänkel nicht mehr gewohnt. Nicht damit vertraut, dass jemand sie als Sexobjekt wahrnahm und es sich gut anfühlte.

 

Cordelia hatte sich viele Titel und Positionen in ihrem Leben erkämpft, aber die einer Liebhaberin befand sich nicht darunter. Seine gute Laune und gelöste Stimmung nach dem Sex war absolutes Neuland für sie. Das musste es sein, zufrieden mit ihrer Logik hat sie sich wieder im Griff, als sie ihre Schuhe überstreift, wendet sie sich ihm wieder zu.

 

„Wie lange haben wir noch, bevor die Sonne aufgeht?“

 

Er kniet vor ihr, bindet seine Docks, blickt zum Vollmond und dann in den Sternenhimmel. „Eine gute Stunde, sollte eigentlich ohne Probleme im Schritttempo reichen, wenn wir in keine Schwierigkeiten rennen, wie einen umherstreifenden Werwolf.“

 

„Du hast eine unnachahmliche Art Schwierigkeiten heraufzubeschwören.“

 

Er gibt ihr ein verwegenes Grinsen und läuft los. Wirft über seine Schulter zurück, „Dafür liebst du mich, ich bin wie die Mächte.“ Sie friert in ihrem Schritt ein. „Führe dich genau in den Ärger, nur helfe ich dir dabei wieder heraus und lasse dich nicht in den Seilen hängen.“

 

Folgt ihm kopfschüttelnd, „Das ist nicht der Grund, weshalb ich dich liebe.“

 

Er bleibt stehen, „Nein?“

 

„Nein.“ Geht an ihm vorbei und er holt wieder auf, blickt sie so lange abwartend von der Seite an, bis sie sich schließlich lächelnd zu ihm dreht, während sie weiterläuft. „Was? Wir haben schon über die Gefahr deines Egos geredet und ich setze mich nicht dem Risiko einer plötzlichen Verpuffung aus oder in deinem Fall mit Sicherheit einer dramatischen spontanen Selbstentzündung.“

 

„Komm schon, nur einen weiteren Grund.“

 

„Nein.“

 

„Cor.“ Er tänzelt um sie herum. 

 

„Nein!“ Sie denkt, sie wird diese Form der Kommunikation bis zur Rückkehr zu Marthas Haus führen und grinst. Es gibt schlimmere Formen des Zeitvertreibens, als es mit Spike auf eine Diskussion ankommen zu lassen.

 

Er quengelt, „Cor-de-li-ah!“

 

Und bessere. Hackt sich in seinen Arm ein. „Ich liebe dich einfach so, okay? Als Freund und Fuck Buddy, weil du unglaublich penetrant und nervenaufreibend bist, dass ich deine Gesellschaft nicht anders ertragen könnte und ich den letzten Teil meiner Aussage anhängen musste, damit dein Ego erträglich bleibt. Einverstanden?“

 

Er grinst wieder zufrieden, „Du hattest nichts gegen mein penetrant sein, als ich dich penetriert habe.“

 

„Das war lahm, selbst für dich.“

 

„Warum grinst du dann?“

 

„Pfft, ich grinse nicht.“

 

„Tust du wohl.“

 

„Sind wir im Kindergarten, oder was?“

 

Natürlich rannten sie auf ihrem Weg zurück in Schwierigkeiten und wurden angegriffen, aber nicht von Werwölfen, soweit reichten Spikes seherische Fähigkeiten dann doch nicht. Nur ein Pack von denselben Dämonen, die Spike gestern niedergemetzelt hatten, so dass es Zeit für eine Revancheparty für ihn war und einer kurzen Lektion für Cordelia, wie man ein Genick schnell und effektiv mit den Händen brechen kann. Sie zog noch immer Schwerter vor, weshalb sie die Klinge eines gefallenen Dämons an sich nahm und ihren Kampf mit dieser Waffe fortführte.

 

Selbstverständlich schlichen sie sich erst wenige Minuten, bevor das Morgengrau eindeutig zu hell für ihn wurde in Marthas Haus. Tatsächlich kam Cordelias Verbandskasten erneut bei ihm zur Verwendung. Zweifellos war es nicht das letzte Mal auf ihrer gemeinsamen Reise. Trotzdem riss ihre Unterhaltung nie ab und das Lächeln blieb auf ihren Gesichtern.

 

Und als sie gemeinsam im Bett lagen, kurz bevor der Schlaf Überhand gewann, dachte Cordelia, was für komische Wesen sie waren.

 

Und Spike dachte, was für eine erstaunliche Kreatur sie war.

 

Martha nebenan in ihrem Schlafzimmer dachte, dass ein weiteres Schicksal besiegelt war und ihr die Vorgehensweise der Mächte nicht gefiel. Die alte Indianerin eine lange Zeit nicht mit ihnen uneins war, aber der Besuch in der Zwischenwelt ihren Widerspruch geregt hatte. Die Balance drohte erneut zu kippen und sie sahen sich nicht gezwungen einzugreifen, stattdessen stellten sie weitere Fallen für ihre Streiter auf und das war nicht nur sinnlos, sondern bedrohlich für die Welt. Martha liebte diese Welt. So wie sie war, sie mochte keine grundlegenden Veränderungen, weshalb sie Apokalypsen verabscheute. Sie fühlte sich wohl bei dem Stamm, den sie als ihren angenommen hatte, über den sie wachte und beschützte.

 

Sie Cordelia im Wesen ähnlicher war, als diese annahm und sie würde ihnen gerne eine Warnung zukommen lassen, die effektiv war, klar und deutlich. Aber das letzte Mal als sie gegen die Mächte argumentierte, war um die Zeit geschehen, als ihr Stamm vom weißen Mann nach Westen zwangsumgesiedelt wurde und sie hatte diese Zeit in einer anderen Dimension verbracht, von Dämonen bewacht und von den Mächten niedergebunden. Ihrer Kraft beraubt für Jahrhunderte.

 

Martha weiß nicht mehr, wie viele Sommer es her ist, als ihr endlich erlaubt wurde zurückzukehren, geschwächt und machtlos. Sie ist sich nur sicher, dass dies lange vor Spikes menschlicher Geburt geschehen war. Sie hatte keine Lust auf eine Wiederholung dieser speziellen Erfahrung oder auf das Eintreffen dieser dunklen Zukunft, die in der Luft lag und ein Schlüssel dazu war eine zufriedene Cordelia. Eine glückliche Cordelia zog nicht in den Krieg und Martha versteht nicht, weshalb die Mächte sich dieser einfachen Wahrheit verschlossen und sie wieder herausforderten.

 

Martha ist bereit, einiges dafür zu opfern, dass ihre Welt erhalten bleibt. Sie nahm persönliche Niederlagen nicht gut auf. Eine weitere Ähnlichkeit mit Cordelia, sie behüteten, was sich unter ihrem Schutz befand oder zerstörten die Bedrohungen elementar.

 

Es hieß ein individuelles Schicksal aufzuheben zum Wohl der Welt, denn Cordelia und Spike beschritten einen gefährlichen Pfad. Die Verantwortung war zu groß und die Chancen zu gewinnen zu niedrig. Die beide waren eindeutig zu jung für diese Bürde.

 

Aber sie waren machtvolle Krieger.

 

Und sie hatten beide wieder etwas zu verlieren.

 

Wissen war Macht und Aufklärung nicht gegen die Regeln, langsam beginnt Martha zu lächeln.


The farther I fall, I’m beside you.

 

Das Klopfen an der Türe ist unnachgiebig, es hört nicht auf, egal wie tief Cordelia unter dem Kissen und Spikes Körper verschwindet. Er war im Ignorieren störender Geräusche geübter als sie oder einfach ungehobelter in seinem Egoismus. Mit einem Stöhnen richtet sie sich schließlich auf, stolpert fluchend über einen von Spikes Docks und öffnet die Tür. Es war zu früh für Höflichkeiten und das alte Gesicht vor ihr ist enervierend gutgelaunt.

 

Die schmerzende Stelle reibend und Martha müde anfunkelnd, „Was?“

 

„Zeit für dein Reinigungsritual.“

 

Verdutzt, „Huh?“

 

Die Indianerin gibt ihr ein durchtriebenes Lächeln, „Das ist Brauch nach der Paarung.“

 

Jetzt ist sie wach. „Wa-as?“ Was hatte Sex mit dieser Störung zu tun?

 

Ein glockenhelles Lachen hallt durch den Flur und es ist nicht Cordelias, zu verwirrt für eine Reaktion, bis Martha Erbarmen mit ihr hat und ausführt, „Ich mache nur Spaß. Aber im Ernst ich muss mit euch beiden reden und diesmal Klartext, keine kryptischen Botschaften, das hier ist zu wichtig, um es auf Missverständnisse ankommen zu lassen. Ich erwarte euch in fünf Minuten unter der Küche und ja, ihr habt ausreichend geschlafen, die Sonne geht bereits unter, also keine Ausreden und etwas Beeilung.“

 

Damit ist Martha aus dem Gang verschwunden, erstaunlich wie flink und behände die Alte sein konnte und direkt, Cordelia schüttelt ungläubig den Kopf und schließt die Tür.

 

„Hast du das mitbekommen, Spike?“ Er gibt ihr nur ein Grunzen und sie weiß zwischenzeitlich, dass er kein Abendvampir ist oder wie auch immer man die Zeit direkt nach dem Aufstehen, bei seiner Spezies nannte. Etwas das mit ihrem Wesen Hand in Hand ging, niemand der sie kannte, sprach sie ohne eine Tasse Kaffee an oder zwei. Ein Grund mehr, warum Dennis der perfekte Untermieter für sie war.

 

Vor allem nicht wenn sie Muskelkater hat und - Oh. Sie sollte dort keinen Muskelkater haben und sie sollte nicht nackt sein. Das war nicht gut und langsam wacht ihr Verstand auf und die Erinnerung an gestern kommt zurück.

 

Ihr Blick geht panisch zu dem Vampir in ihrem Bett. Die Boxershorts sind verschwunden, waren nie mehr als ein Zugeständnis an ihr Bedürfnis nach etwas Anstand und Sitte. Der nackte Hintern, egal wie delikat er auch sein mochte, war ein falscher Ausblick in einem Leben, das ihr scheinbar aus den Händen geglitten war.

 

Cordelia lässt sich haltsuchend gegen den Türrahmen fallen.

 

Verdammt.

 

Aber sie hat keine Zeit sich damit auseinander zusetzen, nicht wenn Martha in der Küche wartet und ihre fünf Minuten sich bereits dem Ende zuneigten. Sich schnell anziehend und Spike zum Aufstehen motivierend, brauchte sie trotzdem länger und das Hämmern an der Türe ist zurück.

 

Sie überlässt das endgültige Wecken von Spike Martha, weil deren Gesicht mit Sicherheit den gewünschten Effekt auf seine Erektion und suggestiv ins Kissen gebrummte Andeutung, „Komm her, lass uns Fuck Buddy spielen.“ hatte und ihres, nun ja – Kein Eiswasser mehr für seine Lust bedeutete.

 

Cordelia geht der peinlichen Situation aus dem Weg und sich die Zähne putzen. Ihr Spiegelbild war erstaunlich unbewegt, von den sich jagenden Gedanken. Die Wangen rosig, die Augen funkelnd und mit dem Nachglühen einer Frau, die wirklich guten Sex in den letzten zwölf Stunden gehabt hatte. Oder vielleicht war es nur die Verlegenheit, aber verdammt, warum mussten Dämonen wie Martha und Lorne mit ihrem Wissen immer in den ungünstigsten Moment prahlen und herausplatzen.

 

Es war lästig und unhöflich.

 

Die Alte hatte mit Sicherheit in den letzten fünfzig Jahren keinen Sex gehabt und mit dem Gedanken stürzt sie in die Küche und erstarrt. Da wo der Küchentisch auf einem wahrscheinlich handgehäkelten Teppich gestanden hatte, war nun eine Luke, die in den Keller führte. Die Idee, diese Unterhaltung in einem dunklen, engen, muffigen Keller zu führen, sagte ihr nicht zu. Ganz und gar nicht.

 

„Cordelia, komm schon und ja, du hast Recht und es ist tatsächlich länger her.“ Die Stimme aus dem Loch klingt noch immer vergnügt und vom Echo leicht verzerrt.

 

Ihre Wangen brannten jetzt. Shit, das konnte heiter werden.

 

Sie klettert vorsichtig die Leiter hinunter, unten ankommt und merkt Cordelia, dass es kein Keller sondern eine natürliche Höhle unter dem Haus ist. Der Stein glänzt in dem Licht der Feuer, der unbehandelte schwarzer Granit, wirft Funken zurück und der Platz vor ihr ist groß und eben. Ihr Blick fängt die Szene ein, die Fackeln und das Feuer in der Mitte. Den Kreis und die Symbole, die in den Sand gezeichnet sind und Cordelia mochte Magie noch nie und hier sind alle Vorbereitungen getroffen. Die Gänsehaut ist zurück und sie sucht Spikes Blick und als sie ihn findet, erwidert er ihn achselzuckend. Er sieht nicht alarmiert aus, wie er leger neben Martha steht, außerhalb des Zirkels und sie kommt neben ihnen zum Stehen.

 

Martha schmunzelt jovial, „Ihr seid nicht an der langen Erklärung interessiert, oder?“ Sie verneinen beide augenblicklich.

 

„Okay, die Kurzfassung, alles was innerhalb des Kreises gesprochen wird, bleibt Unvernommen. Mit Unvernommen meine ich, dass weder die Mächte noch sonst ein höheres oder niederes Wesen, die gesprochenen Worte hören und aufnehmen können, ebenso wenig wie Dämonen und Menschen. Nur was sich körperlich im Zirkel befindet, ist dazu fähig, das Gesagte zu erfassen. Seht es als wirksame Spionageabwehr auf mystischer Ebene. Außerdem hat dieser Zirkel die Zusatzfunktion, die Wahrheit zu offenbaren. Ihr könnt nicht lügen, ebenso wenig ich und wir werden uns alle in unserer dämonischen Form gegenüberstehen, dich miteingenommen Cordelia. Es wird Zeit, dass du erkennst, was für eine Art von Dämon du bist. Ich habe vor euch über einen Teil eures Schicksals aufzuklären und eure Fragen so offen zu beantworten, wie ich es kann. Seid ihr bereit?“

 

Spike starrt erwägen in ihre Augen, als er findet was er sucht, antwortet er als erster, „Yeah, warum nicht, Aufklärung hat noch niemanden geschadet.“

 

Cordelia nickt zögernd. Sieht wie Martha in den Kreis tritt und die Gestalt der alten Frau von ihr abfällt, stattdessen eine Dämonin an ihre Stelle tritt, deren Haut eine absolut brillante Grünnuance annimmt. Anders als Lornes Färbung, trotzdem beeindruckend und ergreifend makellos. Sie erscheint beinahe durchscheinen und Cordelia denkt an eine Jadestatue mit Augen aus Smaragden und Onyx, blendend und wunderschön. Das hüftlange Haar pechschwarz. Das Gesicht zeitlos und glatt. Dann folgt Spike und es ist beruhigend sein Game Face zu sehen, normal und komfortable. Nach einem tiefen Atemzug folgt sie den beiden, fühlt wie die Magie durch sie durchschwappt und dann schließt sie die Augen vor dem gleißenden weißen Licht, das von ihrem Körper ausgeht. Zu hell. Viel zu hell.

 

Sie ist körperlos für einen Augenblick, nur Licht und sie fühlt Panik.

 

Hört Marthas Stimme aus der Distanz und dann in ihrem Kopf und konzentriert sich auf die Worte. „Fokussier dich auf deinen Körper.“ Cordelia will sagen, dass sie keinen hat, aber dann bekommt sie das Gefühl für ihre Haut zurück und dann kann sie endlich die Augen öffnen und ihr Körper glüht noch immer. Aber es ist mehr ein Nachglühen. Diesmal ist es kein subtiler Eindruck, ihre Haut ist golden, glänzt und schimmert wie flüssiges Metal, die Sonne in einer Nahaufnahme. Lebendig, liquide, transparent.

 

Aber ihre Hände sind noch ihre Hände auch wenn sie anders aussehen, die gleichen Linien, die sie Zeit ihres Lebens begleitet haben, die Narben, die sie in den letzten Jahren erkämpft hat und dieselbe Form ihrer Fingernägel. Selbst wenn alles anders wirkt, ist es noch sie unter all dem trägfließenden Gold.

 

Vernimmt Spikes, „Verdammt, das war imposant, Kwé.“ Und sie kann sich noch nicht vom Anblick ihrer Haut lösen. „Wie heißt ihre Dämonenart, Martha?“

 

„Die Potawatomi nennen uns Sawasmo we'onuk.“ Nach einem Moment des Suchens hat sie den passenden Begriff geformt, „Gewitterschönheit.“

 

„Uns?“ Cordelia blickt auf und Marthas grüne Gestalt verwandelt sich in das gleißende weiße Licht. Kontrollierter als es bei ihr der Fall war, aber noch strahlender ergießt sich die Lichtflut aus dem Körper der Dämonin. Die Verwandlung hat tatsächlich etwas von einem Gewitter und die Helligkeit ist so blendend, wie ein langgezogener Blitz am Nachthimmel. Für Spikes Augen zuviel. Er legt instinktiv schützend den Arm vor sein Gesicht, bis das Licht wieder gedämpft ist und er den Arm senkt. Auch Marthas Körper glüht in den Nachwehen, aber sie hat den grünlichen Schein einer Waldfee oder Elfe.

 

Wunderschön, aber anders, kühler.

 

„Jetzt fehlt nur noch, dass ich mich in ein Glühwürmchen verwandele und das Triangel ist perfekt.“ Spikes Spott kann den fassungslosen Tonfall nicht ganz verbergen.

 

„Nein, du bleibst schön das Schattenwesen, das du bist, ansonsten haben wir größere Probleme, als ich bis jetzt angenommen habe.“ Martha klingt ernst. „Ihr seid beide zu vertrauensselig, ich hätte mehr Widerstand von dir erwartet, Spike. Den Kreis zu betreten war leichtsinnig und dumm. Magie ist nicht zu unterschätzen. Niemals.“ Bevor er zu einer heftigen Erwiderung ansetzen kann, hebt sie die Hand. „Keine Diskussionen, wir haben wichtigere Themen, die wir besprechen müssen und Cordelias Dämonenstatus ist ein Teil davon.“

 

Mit den Worten richtet sich Marthas Aufmerksamkeit auf sie. „Wir sind mächtig, fast zu mächtig für diese Dimension, aber es wird noch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte dauern, bis du eine Vorstellung von dem bekommst, was in dir schlummert und das macht dich verletzbar. Im Jetzt. Ich sagte dir, dass du diesen Weg gewählt hast und das ist wahr. Jedoch haben sich die Mächte der Ewigkeit nicht selbstlos deinen Wünschen angeschlossen. Wie viel versteht ihr von Zeit und den kosmischen Gesetzen, denen wir unterliegen?“

 

Cordelia blickt Spike fragend an und er zuckt ein wenig hilflos die Schultern, sie entgegnet, „Kommt auf den Zusammenhang an, schätze ich.“

 

„Soll ich es einfach machen?“ Und sie beide atmen mit einem Nicken auf und Martha überlegt kurz und fährt dann fort, „Schnecke und Fliege nehmen sich gegenseitig nicht als Lebewesen wahr, obwohl sie denselben Lebensraum miteinander teilen, weil die Zeitkonstanten auf denen sie beide existieren zu weit auseinanderliegen. Die Bewegung der Schnecke ist zu langsam für die Fliege und die der Fliege zu schnell für die Schnecke. Um es grob zu umschreiben, haben Dämonen und Menschen oft dasselbe Wahrnehmungsproblem. Oder die Mächte. Ein menschliches Flehen und Beten, das über Jahre hinweggeht, ist trotzdem nur der Bruchteil einer Makrosekunde für ein Wesen, das ein Millennium als Wimperschlag wahrnimmt. Bedeutungslos.“

 

Das klang logisch, kam an Spikes gestrige Feststellung heran und erklärte gleichzeitig, den Mangel an Rücksichtnahme vonseiten der Mächte.

 

„Die Mächte greifen erst ein, wenn sich Zeitkonstanten und Welten überschneiden. Dann wird es für sie interessant. Das bringt mich zu deiner anderen Lebenslinie. Du hast eine abtrünnige Macht hier in dieser Dimension freigesetzt und sie haben den Verräter in den eigenen Reihen entlarvt, überführt und bestraft. Du warst danach mit dem Ausgang dieses Szenarios nicht glücklich und mächtig genug, um dich mit ihnen auf eine Abmachung einzulassen. Sie schuldeten dir einen Gefallen. Dieser Handel fiel ebenfalls nicht nach deinen Vorstellungen aus. Du warst, um es milde zu sagen angepisst, dass sie Angel eine Vision gaben, die nicht für ihn bestimmt war und zu dessen vorzeitigen Tod führte. Somit auf deinem ganz persönlichen Kreuzzug als Zwischenwesen. Infolgedessen haben die Mächte eingesehen, dass sie dich besser unter Kontrolle halten, wenn sie dir diese Existenz geben, dir deine Familie lassen und dir dein Wissen nehmen. Dein Preis bestand im Vergessen all deiner Fähigkeiten, der ultimativen Niederlage. Du hast gestattet, dass sie dein Leben auslöschten und dich einem Test unterzogen. Deine Liebe, deinen Glauben und deinen Geist.“

 

Cordelia stimmt ihr zu, das hier war vertrautes Terrain. „Die Mächte greifen gerne auf Tests ihrer Krieger zurück. Dass Angelus meine Wahl war, hast du schon einmal gesagt.“

 

„Er war deine Forderung, Cordelia.“ Marthas Tonfall enthält leichten Tadel. „Du wolltest seine Seele verankern, aber dafür musstest du ihnen etwas im Gegenzug bieten. Deine Arroganz bestand im Vergessen der Tatsache, dass du nicht immer unbesiegbar warst und dies hatte nichts mit deiner Jugend, sondern mit deinem Alter zu tun. Du hast einen Krieg angeführt, gegen die, wie nennst du sie im heute? Senior Partner?“

 

Cordelia gibt ihre wortlose Bestätigung. „Gegen sie und ihre Verbündeten. Du hast gewonnen, aber es gab zu viele Verluste, um den Sieg und die weitreichenden Konsequenzen zu versüßen. Die kosmischen Gesetze verloren ihre Bedeutung und die Balance kippte endgültig und nein, die Welt war nach deinem Sieg kein Paradies, sondern in Trümmern und nicht nur diese Welt.“

 

„Weshalb sollte ich so einen Krieg anführen?“ Ihre Stimme klingt hohl.

 

„Weil du nichts mehr zu verlieren hattest, Kwé. Nichts und das nicht der Deal war, den sie dir versprochen hatten. Dein Versprechen gegenüber Angel, dass du ihn wiedersiehst, hat sich nicht erfüllt. Er hatte noch nicht seine Wiedergutmachung geleistet, als er starb und der Rest deiner Familie war deiner Meinung nach, ebenfalls erst am Anfang ihrer Reise. Leider war Azhe'n, der Wächter, der Hüter, der Krieger, der König und Spike hier anderer Ansicht. Deine Familie wurde in einer Nacht von dem Wolf, dem Widder und dem Hirsch niedergeschlachtet und das war der letzte Grund, den du benötigt hast, um dich von den Spielregeln der Mächten loszusagen.“

 

Spike unterbricht, „Wolfram & Hart? Was hat eine Anwaltskanzlei damit zu tun, egal wie dämonisch ihr Klientel ist?“

 

Die Erklärung ist logisch für Cordelia, offenkundig, „Sie sind die profanen Repräsentanten der Senior Partner hier auf Erden, Spike. Die Gegenspieler der Mächte.“

 

Martha schüttelt verneinend den Kopf, „Das ist so nicht richtig. Wolfram & Hart sind ebenfalls Mächte, nur auf der anderen Seite des Gleichgewichtes. Du hattest eine Armee von Jägerinnen im Rücken und mit den beiden Ursprungsjägerinnen, der Hexe und der Ältesten als Unterstützung hast du Höllen erobert und Himmel einfallen lassen. Frauen Power bekam durch euch eine neue Dimension und ich meine das wortwörtlich. Aber der Krieg war zu verlustreich, zu ewig und am Ende standest du wieder alleine da. Genauso wie zu Beginn, nur war der Kosmos dein Schlachtfeld und nicht dein Inneres. Das war der Grund, weshalb du dich letztendlich auf das Friedensangebot der Mächte eingelassen hast, nachdem der Gottkönig Illyria fiel. Du hast dich nicht mit ihnen versöhnt, sondern nur ein anderes Terrain gewählt. Du wusstest, dass sie dich bluten lassen, aber es war besser, als die Alternative, die du hervorgebracht hast. Eine Heerschar von Engel ist am Ende ebenfalls nur ein Heer und Krieg bleibt Krieg, egal in wessen Namen er geführt wird. Du bist der Krieg, aber diese Wahrheit ist dir schon bekannt.“

 

„Weshalb haben die Mächte meinen Aufstieg nicht verhindert? Du sprichst von einem Feldzug, der alles in den Schatten stellt, was sich in meiner Realität und Vorstellung befindet.“

 

„Du warst zu unbedeutend und dadurch unangreifbar, bis es zu spät war.“ Spike hört sich überzeugt von sich an und Martha nickt ihm aufmunternd zu, dass er weiterreden soll. „Sie haben nicht erkannt, dass sie in Gefahr schwebten, wenn das was unser Orakel sagt, stimmt, dann haben sie dich für ihre eigene Zwecke benutzt. Missbraucht und nicht durchschaut, dass dein Potential über das ihrer Pläne für dich hinausging. Dass du mächtige Alliierte in dieser Welt hast und die Hinterhalt-Taktik ist immer effektiver gegen einen übermächtigen Gegner, wie ein offener Angriff.“

 

Schließlich übernimmt Martha wieder das Gespräch, „Die Mächte sind nicht eine Macht, sondern untereinander verstritten und verfeindet. Verschiedene Interessen kommen zusammen, Fehden laufen über Ewigkeiten und dein Auftauchen war für einige von Vorteil. Sie unterstützten deine Rebellion gegen die Direktive des Nichtintervenierens. Sie schützten dich, bis ein offener Krieg ausbrach. Sieh deine Rolle als die eines jeden großen Umstürzlers, die chaotischen äußeren Umstände haben deinen Aufstieg beschleunigt. Die Unzufriedenheit war vorher da, aber brach mit dir offenkundig aus. Sie waren zu fokussiert auf den Vampir mit Seele und die Frage, welcher Vampir nun gemeint war, um an die Seherin zu denken. Prophezeiungen wurden diskutiert, anstatt das Chaos zu unterbinden. Nachdem Spike und Angel beide Opfer der Senior Partner wurden, verschärfte sich die Anarchie, Machthunger mit Ehrgeiz und alteingesessene Interessen begannen sich zu bekriegen. Du hast die Gunst der Stunde genutzt, hieltest dich lange genug im Hintergrund auf, um im richtigen Moment mit deinen Verbündeten zu zuschlagen und ihnen die Rückkehr mit Hilfe des Schlüssels zu versperren. Der Kreislauf war unterbrochen, die Zeit für alle Wesen linear und begrenzt. Ihr führtet einen Blitzkrieg mit Giganten, die Äonen verschliefen und ward dadurch im Vorteil. Götter wurden sterblich und Sterbliche ewig. Ein Konzept, das neu war und einige Mächte sofort ausrottete, andere ihrer Kontrolle beraubte.“

 

Entschieden, „Ich führe keinen Krieg, um des Krieges Willen.“

 

Marthas Erwiderung erfolgt ebenso überzeugt, „Nein, aber einen, um für deine Überzeugung einzutreten. Cordelia, hier geht es nicht um eine Verurteilung, die liegt hinter dir. Dieser Teil der Geschichte wird nie wieder so geschrieben, die Mächte haben dafür gesorgt und du. Ihr habt einen Pakt ausgehandelt, der wieder hierher führte. Sie haben dir diese Macht genommen und sie werden dich kein zweites Mal unterschätzen. Das vor dem ich dich warne, ist die späte Rache der Besiegten. Oder verfrüht. Je nachdem. Du hast ein System zum Einsturz gebracht, das die Ewigkeit funktionierte und du hast Kräfte besiegt, die sich außerhalb deiner wildesten Phantasie befinden. Diese Gegner sind gefährlich und tödlich. Denkst du deine Visionen von Angel kommen von derselben Quelle, wie die deiner Rettungsmissionen?“

 

Cordelia spürt Spikes überraschten Blick auf sich und schluckt. Trocken, „Nein, aber es muss doch eine Einheit bestehen, oder nicht?“

 

„Ganzheit besteht in dem Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, so wie du es erlebst. Nicht in einem Endziel, weil es eine Symbiose ist, die helle Seite kann ohne die dunkle nicht existieren. Das ist die Lektion, die ein Teil der Mächte dir mitgeben will und die du am Ende selbst eingesehen haben musst, ansonsten wäre der Waffenstillstand nicht zustande gekommen. Man kann das Böse nicht in eine einzige Dimension verbannen, es ist zu tief in allem verwurzelt, was uns umgibt. Man kann nur die schlimmsten Auswirkungen verhindern und darauf hoffen, dass es sich am Ende zum Guten wendet. Deine Methode war zu extrem, zu tiefgreifend und verwandelte das Gute in Nichts, weil es nicht ausbalanciert wurde.“

 

Ihr Kopf schwirrt, aber die Geschichte hört sich nicht so unwahr an, wie es Cordelia gerne hätte. „Okay, gehen wir davon aus, dass du die Wahrheit sagst. Dieses Kuriosum sich so abgespielt hat, wie du es erzählst und ich jetzt wieder am Anfang stehe, an dem Punkt, den ich mir ausgesucht habe. Warum Angelus? Und vor allem warum Spike? Warum jetzt? Und weshalb erzählst du mir davon? Ich bin offensichtlich nicht unschuldig an der Misere.“

 

„Eines nach dem anderen. Warum jetzt? Ihr habt eine Variable in der Zeitlinie benötigt, einen Moment, der sich hätte anders entfalten können, um ein Paradoxon entstehen zu lassen und kein alternatives Universum. Diese Nacht war eine Option, der sowohl du, wie die verbliebenen Mächte zustimmten.“

 

Cordelia nickt, das klang einleuchtend und nachvollziehbar. Fred würde mit Sicherheit einige Fragen hierzu haben, aber ihr reichte diese einfache Erklärung. Angels Fluch war also modulierbar für die Mächte gewesen und nur dann zum Einsatz gekommen, als es in ihrem Sinne war. Aber das war jetzt nicht mehr der Fall, wenn sie Wesleys Ausführungen glauben konnte, dann hatte Lornes Kontakte, den Fluch für immer aus dieser Existenz verbannt. „Du sagtest, dass ich Angels Seele gerettet habe, folglich ist die Glücksklausel endgültig geschlossen und er kann seinen Frieden finden?“

 

Martha blickt sie einen Augenblick hart an, bevor sich ihr Ausdruck in Mitleid wandelt und Cordelia sich auf noch mehr schlechte Nachrichten gefasst macht, bedauernd, „Er wird nicht verdammt, Kwé, du wirst es.“

 

Spike macht instinktiv einen Schritt auf sie zu, aber Cordelia lächelt ihm beruhigend zu, steckt den imaginären Faustschlag in ihren Magen weg und verneint seinen Beistand mit einer Geste ihrer Hand. Das wortlose Entsetzen in Cordelia bleibt unter der Oberfläche, als die grüne Dämonin bestimmt fortfährt, „Angel kann morgen sterben und seine Seele wird in die Dimension wandern, die ihr mit dem Himmel gleichsetzt, aber deine nicht. Du bist an dein Schicksal hier auf Erden gebunden und musst Wiedergutmachung leisten. Für dich und für ihn. Das ist Teil deiner Abmachung mit den Mächten.“

 

„Die Senior Partner sind jetzt also wirklich daran interessiert mich in ihre Finger zu kriegen, wenn ich das richtig verstehe, haben sie Anspruch auf meine Seele.“

 

„Nein, aber sie sind die einzigen, die sich im Moment ernsthaft dafür interessieren.“ Die Pause, die dieser Aussage folgt, ist schwerwiegend. Die Warnung offensichtlich. Tod war tatsächlich keine Option mehr.

 

Schließlich nimmt Martha die Fragen von vorhin wieder auf, „Warum Angelus deine Prüfung war? Weil es um deine Rache für Angel ging bei deinem Kreuzzug und es ein Test der Mächte ist. Nicht nur deiner Liebe, sondern auch deiner Überzeugung. Sie sind nicht so weltfremd, um den Einschlag von purer Perversion und dem Bösen in Gestalt einer geliebten Kreatur zu unterschätzen, im Gegensatz zu deinem alten Selbst. Du hattest vergessen, dass du nicht dieselbe warst, wie zu diesem späten Zeitpunkt deines Lebens. Du bist nicht so widerstandsfähig und hattest nicht all die Verluste zu betrauern und zu verarbeiten, die du dort über dich ergehen lassen musstest. Du bist stark, aber nicht so stark wie in dem anderen Leben. Noch zu menschlich, zu jung, um in höheren Konzepten zu denken.“

 

Ihr Blick schweift zu Spike, der ihrer Unterhaltung angespannt und stillschweigend folgt, etwas das sie nervös machen sollte. Er war nicht ruhig oder leise, nicht unter normalen Umständen, es war beinahe unnatürlich. Diese Ruhe von ihm.

 

Er hatte diesen Eispanzer weggesprengt, den sie sich um ihr Herz aufgebaut hatte und Cordelia schaudert bei der Vorstellung, wie kalt und hart sie dort gewesen sein muss, wenn ihr Angelus als ungefährlicher Gegner vorschwebte. Als ein Dämon, dessen Tortur sie einfach so wegstecken sollte. Dieses Wesen macht ihr Angst und sie beantwortet ihre gestrige Frage für sich um Stillen.

 

Liebe und Mitgefühl waren keine Schwächen.

 

„Vielleicht bin ich stärker.“ Und die beiden sehen sie verblüfft an. Nein, sie war nicht naiv, aber ebenso wenig desillusioniert von dem Kosmos und seinen Möglichkeiten. „Aber das ist nicht das Thema. Also warum Spike als Weggefährten?“

 

Und zum ersten Mal seit sie die Dämonin vor ihr kennt, zeigt diese eine Spur von Unsicherheit. „Ich bin mir nicht sicher, ob er eine Variable oder feste Größe in deinen Plänen war.“

 

„Warum das?“

 

„Weil ihr keine gemeinsame Vergangenheit dort hattet, nur einen Biss, der eine Geschmacksprobe war und nicht mehr. Eventuell hat die erste Auserwählte so von ihm erzählt, dass es Eindruck bei dir hinterließ oder der Schlüssel. Ich weiß nicht, was du in ihm gesehen hast, ich kann dir nur von den großen Ereignissen und meine Sicht darauf erzählen. Von den Dingen, die hinter vorgehaltener Hand über dich in der Dimension der Mächten kursieren und die Gerüchte, die sich hartnäckig bei denen halten, die behaupten sich an das Ende erinnern zu können. Legendenbildung ist ein feines Gespinst aus Wahrheit und Lügen, deshalb ist es schwer zu unterscheiden, was tatsächlich stattgefunden hat. Wann und wie. Ob du ihn als Teil des Handels gefordert hast oder ob das hier eine neue Form von Schicksal darstellt, ist eine Frage, die nur du und die Macht beantworten könnten, die den Pakt aushandelte. Vielleicht ist es tatsächlich nur freier Wille. Du hast ihnen zwei Krieger versprochen, die den Mächten ergeben sind, zusätzlich zu deiner Loyalität, dich auf deine Ursprungsmission zu besinnen, das Retten von Seelen in dieser Dimension.“

 

„Seelenrettung, meine Rede.“ Sie blinzelt Spike zu, aber bekommt keine Reaktion. Sein Gesicht ist so verschlossen wie gestern bei ihrer eigenen kleinen Diskussion zu dem Thema. Sein Blick dunkel und nicht nur wegen seiner Dämonenvisage. Das Glühen, das sie gestern Nacht in seinen Augen wahrgenommen hat, ist erloschen und hat Argwohn platzgemacht. Sie lenkt das Gespräch wieder zurück auf ihn, „Also was ist Spikes Geschichte? Die Seele muss einen Grund dort gehabt haben und du meintest, dass er hier ebenfalls auf eine zusteuert. Freier Wille oder Zufall?“

 

„Der Grund dort war sein Versuch, Buffy das zu geben, was sie verdient.“

 

Der Widerspruch von Spike kommt schnell und hart, „Ich würde nie so weit gehen.“

 

Sein Kopfschütteln ist instinktiv und Cordelia stimmt ihm insgeheim zu, das war untertrieben gesagt, zu extrem für eine seelenlose Kreatur. Zuviel edle Absicht. Spike konnte seine noblen Momente haben, ohne Zweifel, aber er war kein Heiliger. Er wusste durch Angel, dass eine Seele etwas anderes als ein neuer Ledermantel war. Nichts mit dem man kurzerhand sein Ansehen aufpolieren kann.

 

„Du hast versucht sie zu vergewaltigen.“ Die Stille war schneidend. Das war dagegen ein möglicher Anstoß für ihn, um auf Seelensuche zu gehen. „Deine Impulsivität ist legendär und es erschien dir ein bequemer Weg, um dein Ziel zu erreichen. Ihre Liebe.“

 

Nach einer langen Pause, „Und habe ich mein Ziel erreicht?“

 

„Du hattest am Ende ihren Respekt, hast durch dein Selbstopfer den Höllenschlund über Sunnydale geschlossen und sie beteuerte ihre Liebe. Aber du hast ihr anscheinend nicht geglaubt, denn du hast nach deiner Wiederauferstehung LA und Angels Gesellschaft bei Wolfram & Hart vorgezogen und das ist eine lange und komplizierte Geschichte, die nicht wirklich von Bedeutung hier ist.“

 

„Haben wir keine Zeit?“ Cordelias Frage war zu seinen Gunsten gesprochen, Spike sah verstört aus. Eine Miene, die sie beunruhigte, es schmerzte ihn in diesem ohnmächtigen Zustand zu sehen.

 

„Bedauerlicherweise nein, unsere Zeit im Zirkel ist begrenzt. Was mich zu deiner letzten Frage bringt, warum ich euch beiden diese Geschichte überhaupt erzähle, obwohl ihr beide nicht unschuldig seid. Die Dämonen gegen die ihr die letzten beide Nächte gekämpft habt, sind Vorboten einer Armee und diesmal keiner Heerschar von Engeln. Nur der übliche Weltuntergang mit den dazugehörenden Omen und den entsprechenden Riten. Ein Teil der Mächte ist für eine Eroberung dieser Dimension, ein Teil dagegen und ich sehe es als eure Reifeprüfung an, euch darum zu kümmern. Diese Bedrohung ist neu und geht hauptsächlich auf dein Konto Cordelia, somit ist sie deine Verantwortung. Aber sie ist zu groß, ohne dein Wissen und deine Erfahrung, etwas das unwiederbringlich verloren ist. Ich schuldete euch diese Warnung und dieses Bewusstsein, damit ihr begreift, auf was für einer Ebene ihr spielt und dass ihr euch nicht blind auf alles verlassen könnt, was euch von den Mächten serviert wird. Ihre Informationen sind mit Vorsicht zu genießen, sie können dir keine Visionen schicken, die Lügengebilde sind, das ist Teil deines Deals, aber sie sind dir auch keinen Sieg schuldig, Kwé. Aber ich würde es vorziehen, wenn diesmal nicht Himmel und Hölle dafür in Bewegung gesetzt werden, um deinen Triumph zu feiern. Habt ihr noch Fragen?“

 

Eine hatte sie tatsächlich noch, „Warum bin ich nicht tot? Weshalb ermorden die Mächte mich nicht einfach, um die Bedrohung zu eliminieren oder ein Exempel zu statuieren? Oder ließen Angelus die Drecksarbeit für sie erledigen?“

 

Du kannst nur durch eigene Hand oder durch einen zufälligen Gegner fallen, aber wenn du stirbst, führt dein Weg momentan wie gesagt nicht nach oben, ebenso wenig wie Spikes. Erst an dem Tag, an dem du in dem anderen Leben gestorben bist, kann die eigentliche Hetzjagd auf dich beginnen und ich hoffe für dich, dass du bis dahin einige der Mächte wieder für dich gewinnen konntest, damit du eine Chance zu überleben hast. Bis zu diesem Tag kannst du nicht durch einen ihrer höheren Helfershelfer oder Angelus beseitigt werden. Was nicht heißt, dass letzterer es nicht in eurer ersten Nacht versucht hat. Nur ist die Verwandlung in einen Vampir nichts für uns. Sein Blut war wirkungslos. Unsere Dämonenart ist soviel stärker, als die der Vampire, aber nicht unbesiegbar. Sawasmo we'onuk, die du bist, hast du den Vampir in dir zurückgedrängt, aber er ist noch da, deine Augen verraten es, auch wenn sie gut zu deinem Teint passen. Du hast vielleicht keine Fänge und keinen Blutdurst, aber du bist auch nicht mehr rein.“

 

Ja, irgendwie hatte sie damit gerechnet.

 

Cordelia reibt sich über die Stirn. Ihre Fassungsvermögen war an der Grenze. Nur sprach Martha weiter, mit Mühe zwingt sie ihre Konzentration zurück auf die Unterhaltung. „Was zur Folge hat, dass du keine himmlische Sphäre mehr betreten kannst und dort für deine Sache eintreten oder Unterstützer rekrutieren. Ein Großteil der Mächte wird dir sowieso misstrauisch entgegentreten oder mit offener Abneigung. Du bist an diese Dimension für eine sehr lange Zeit gebunden und du hast hier bedrohliche Widersacher und eine Menge zu verlieren. Habe ich erwähnt, dass deine Lehre, die Harmonie der Elemente sein wird und deren Balance? Ist euch beiden klar, das Aufgeben keine Option ist?“

 

Ihr Nicken erfolgt synchron, zu viele Informationen und warum wurde das in den letzten Nächten zur Regel in ihrem Leben?

 

„Dann überlasse ich euch, der Planung eures Gegenangriffs.“

 

Martha tritt aus dem Zirkel und nach einer Weile geht Cordelia langsam auf Spike zu. Bedächtig von ihr, „Glaubst du ihr, Spike?“

 

Der schweigt, mustert sie gründlich und schließlich ernsthaft, „So merkwürdig es sich anhören mag, ja, ich glaube ihr. Deine Augen erinnern mich tatsächlich an einen Vampir nur ohne die Kälte und sie hat keinen Grund uns anzulügen, weil sie nichts gefordert hat, außer das sich ihre Welt nicht grundlegend ändert. Die Warnung hört sich ehrlich besorgt an und ich kann mir dich in dem geschilderten Szenario zusammen mit Buffy und Willow zu gut vorstellen. Eine Armee von Jägerinnen würde zu Buffys Generalstatus passen und Willow ist dazu imstande mit den nötigen Hilfsmitteln. Mische noch Dawn und Faith in den Mix und die Hölle kann losbrechen. Du bist dazu fähig einen Krieg zu führen, wenn du nichts zu verlieren hast und wenn du nicht deinen Frieden findest, dann bist du selbstmörderisch.“

 

Belegt, „Und du bereit für eine Seele.“

 

„Wie es scheint.“ Seine Schlussfolgerung kommt überraschend und leise, „Du liebst ihn. Trotz allem.“

 

Es ist keine Frage und so antwortet sie mit einer weiteren Feststellung, „Ja, und du liebst sie. Ohne Zweifel.”

 

„Ja.” Seine Augen gehen über ihre goldene Haut und schließlich, “Ich frage mich, ob du mich einfach verbrennst, wenn ich dich jetzt anfasse und ich weiß, dass ich mich das nicht fragen sollte, in Anbetracht der Umstände, weil es im Moment nicht wichtig ist.“

 

„Ich verbrenne dich nicht. Ich kann dir keinen Schmerz zufügen.“

 

„Kannst du nicht?”

 

„Nein.”

 

“Seltsam, ich dachte, wir würden uns in einem Wahrheitszirkel befinden.“

 

Cordelia verengt die Augen, streckt die Hand aus und lässt sie sanft auf seiner Wange kommen, streicht über die weiche Haut und sie sind fast auf Augenhöhe und es gibt wiedereinmal so viele Wahrheiten, die sie ihm entgegnen könnte und sie besinnt sich auf die einfachste. „Ich liebe dich, Spike.“

 

„Natürlich tust du das und deine Liebe zu ihm hat hierher geführt, ließ Himmel einstürzen und Höllen untergehen.“

 

Murmelnd, „Verbrenne ich dich jetzt?“ Er schüttelt den Kopf. „Deine Liebe zu ihr, ließ dich auf die Suche nach einer Seele gehen und den Höllenschlund kollidieren. Das ist ebenfalls ziemlich poetisch, meinst du nicht?“

 

„Noch immer nicht genug Poesie, um sie zu halten, Cor.“

 

„Noch immer nicht genug Blut, um ihn zu gewinnen, Spike.“

 

Nach einer langen Pause zögernd von ihm, „Also werden wir ihnen jemals in einem Leben reichen? Um sie zu gewinnen und zu halten, zumindest für einen friedvollen Moment, ohne Niederlage und Schmerz, einfach aus Liebe?“

 

„Ich weiß es nicht. Aber du wirst wissen, wo du mich findest, wenn du es mal wieder bezweifelst.“ Sie gibt ihm ein tröstendes Lächeln. „Wir haben beide die Ewigkeit vor uns, wenn wir es uns nicht versauen.“

 

Und dann sind seine Lippen auf ihren, langsam und zärtlich, so unendlich zärtlich und sie schmilzt ein Stückchen mehr. Schließt die Augen und gibt ein Stückchen mehr nach, wird weicher. Wird offener und sie ist noch immer überrascht, wie wehrlos er sie mit einer unerwarteten Geste machen kann. Wie sanft. Wie zart. Bevor der Kuss sich vertiefen kann, geht er wieder auf Abstand und sie bleibt zurück mit Verlangen und – nein, keine Begierde. Vielleicht Sehnsucht. Vielleicht mit dem Wunsch ihn so zu lieben, wie er es verdient hat.

 

Eine Liebe, die sich ihr scheinbar im Grundkonzept entzieht.

 

Als sie die Augen langsam öffnet, geht sein Blick ihr unter die Haut. Intensiv und er schnürt ihr wieder die Luft ab, nur mit seinem durchdringenden Ausdruck.

 

Sie schnappt nach Atem und sein Grinsen auf diese Reaktion ist wieder erheitert und unverschämt, „Du weißt, dass er mich nicht in deiner Nähe dulden wird. Niemand macht seine Frauen atemlos, außer ihm und wenn er dazu zu erotischer Erstickung greifen muss, dann heiligt der Zweck die Mittel.“

 

Ihre Augenbraue geht hoch, „Ja, aber er wird es akzeptieren, wenn ich es so will.“

 

„Deine Arroganz ist ungesund und überzogen.“

 

„Sagt mir genau der Richtige, Spike, du bist auch kein Abbild der Bescheidenheit und Demut.“ Und er lächelt und sie grinst und kurz sind es wieder nur sie beide. Big Bad und Queen C. Ohne den Rest der Welt im Nacken oder deren Gewicht auf den Schultern.

 

Ohne Prophezeiungen von brennenden Himmeln und fallenden Höllen.

 

Aber der Augenblick hat keinen Bestand, wird von den Bedrohungen ihres Lebens eingeholt und es wird Zeit für einen Plan. „Weißt du gegen was für eine Dämonenart wir kämpfen?“

 

Er schüttelt den Kopf, wieder bei der Sache, „Nein, aber dein Watcher wird es schnell herausfinden können, wenn er sich bei seiner Suche nicht nur auf diese Dimension beschränkt. Sie sind nicht so stark, aber in der Menge nicht zu unterschätzen.“

 

Seine Hand fährt gedankenverloren über die Narbe an seiner Kehle, die nun nur noch ein dünner weißer Strich ist. „Und sie benutzen Magie, wie Martha es ausdrückte, ist die nie zu unterschätzen und ich bin mir nicht sicher, ob Willow im Moment eine große Hilfe auf dem Sektor ist. Vielleicht mit Taras Unterstützung ein tragbares Risiko und die Wicca kickt Ärsche, wenn es hart auf hart kommt. Ich habe sie gegen Anya argumentieren sehen, sehr beeindruckend und sie hat ein Verständnis, das andere fehlen lassen. Und eine Weisheit, die älter ist als ihre Jahre. Buffy und Angel sind ebenfalls für jeden Endkampf zu haben. Aber diese Apokalypse geht auf dein Konto, deshalb wäre es angebracht, die beiden herauszuhalten, wenn möglich. Du bist im Moment sowieso nicht gut auf unsere beiden Liebenden zu sprechen. Nur werden wir nicht das Risiko eingehen, dass die Welt Opfer deiner Reifeprüfung wird.“

 

Cordelia hat Bedenken den Rest der Gruppe in den Plan einzuweihen oder auf sie zu zählen, aber ihr fällt kein vernünftiges Argument ein, außer ihrem Bauchgefühl und so behält sie ihre Zweifel für sich. Vielleicht ist es auch nur das Bedürfnis ihre schmutzige Wäsche nicht in aller Öffentlichkeit zu waschen und das ist eigensüchtig und dumm.

 

Erinnert sich an einen anderen Fakt, „Was ist mit deiner Seele?“

 

„Was soll damit sein, im Moment wird sie nicht benötigt, oder? Und ich werde mich mit Sicherheit nicht mit so was belasten, wenn es sich vermeiden lässt.“ Sie dachte an Angels Erzählungen, die Jahrzehnte, die er benötigte, um zu lernen mit Gewissen zu leben und stimmt Spike zu. Sie hatten keine Zeit für Experimente oder Versuche. Konnten nicht das Risiko eingehen, sich mit einer plötzlichen Seele zu schwächen. Vielleicht später, wenn sie nicht in akuter Gefahr waren und er noch Interesse daran hatte.

 

Der richtige Zeitpunkt war eine wichtige Komponente, was sie zurück zum Thema brachte, schmutzige Wäsche hin oder her, „Fred ist ein Genie was Dimensionen und Portale betrifft, mit ihrem Physikverständnis und generell naturwissenschaftlichem Talent lässt sich einiges anstellen. Lorne könnte sich vielleicht in LA umhöre, wenn Wes die genaue Dämonenart herausgefunden hat, die Neuankömmlinge müssen Aufsehen erregen, falls sie dort auftauchen. Außerdem haben wir dort noch immer einen Slayer, der sich auf dem Pfad der Wiedergutmachung der weltlichen Justiz ausgeliefert hat. Faith kickt ebenso Ärsche wie Tara, aber um einiges brutaler und tödlicher. Gunn ist auch nicht zu unterschätzen und wenn alle Stricke reißen, können wir uns getrost auf Angel und Buffy verlassen. Oh und Giles, ist der nicht zurück in England beim Rat der Wächter? Die haben doch auch Verbindungen.“

 

„Wenn sie sich nicht gerade in eine Prophezeiung verlieben oder sich selbst im Weg stehen. Ich würde sie als absolute Notlösung einstufen oder deinen Wächter zwischenschalten, damit uns das Palaver erspart bleibt. Wir haben eine schlagkräftige Truppe im Rücken, wenn es hart auf hart kommen sollte und bis dahin haben wir uns. Wir können genügend Dämonen niedermähen, um die Bedrohung in Schach zu halten und sind auch nicht völlig bescheuert, wenn es um Hinweise für eine endgültige Beseitigung derselbigen geht. Unorthodoxe Methoden eingeschlossen. Deshalb einfach weiter nach Osten zu unserem ursprünglichen Ziel? New York?“

 

Cordelia nickt geistesabwesend, das hörte sich logisch an. „Martha meinte, dass nur ein Teil der Mächte für eine Eroberung dieser Dimension war, hoffen wir, dass der andere Teil uns weiterhin Warnungen zukommen lässt.“

 

Spike nickt erwägend und dann behutsam, „Warum hast du mir nichts von den anderen Visionen erzählt? Diejenigen, die Angel einschlossen?“

 

Ertappt blickt sie ihn an, beruft sich dann aber auf die Gegebenheiten, „Weil sie nicht für dich bestimmt waren. Es hätte keinen Zweck gehabt, sie mit dir zu teilen oder wäre es für dich von Interesse gewesen, wie Angel sich zu dem Bild von mir einen runterholt? Ich denke nicht.“

 

Spikes Antwort ist ebenso kalt wie ihre, „Ich denke schon.“

 

„Komm schon, es wäre nicht in meinem Sinne gewesen, wen hättest du mehr verflucht Angel oder die Mächte? Alle? Niemand?“ Sie zuckt die Achseln. „Oder mich bemitleidet? Pfft! So nicht mein Stil, vor allem weil es kein Gegenmittel dafür gibt. Du kannst mir nicht die Visionen nehmen, sie gehören zu mir.“

 

Er kämpft einen Augenblick mit sich, bis seine Wut die Überhand gewinnt, „Das wäre auch nicht meine Intention gewesen, aber vielleicht hätte ich die Bürde erleichtern können. Verdammt, Cordelia, du bist nicht alleine, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, ich stecke genauso halstief drin wie du. Die Welt geht nicht unter, wenn du einmal nicht stark bist und Gefühle zulässt, die negativ sind. Niemand wird einen falschen Eindruck von dir bekommen oder dich verhöhnen. Und falls du dir Sorgen über deinen möglichen Zorn machen solltest, der mit deinen ach so diabolischen Emotionen einhergeht, dann kann ich dich beruhigen, du darfst wütend sein, es ist eine natürliche Reaktion und verdammt sind wir beide. Wenn ich dich an Martha erinnern darf, dann bist du ebenfalls dort oben unerwünscht. Sogar unwillkommener als ich.“

 

Der Stich saß, sie schluckt und schweigt.

 

Sie weiß, dass er eine Reaktion provozieren will. Irgendeine. Zwingt sich zur Ruhe und Gleichgültigkeit. Zwingt sich zu einer ausdruckslosen Miene. Und er nickt nach einer Weile bitter, die Einsicht in seiner Miene entschärft nicht seine Worte, „Meine Schwäche ist das Herz, aber deine ist das Fehlen desselbigen und das wird dein Ende sein.“

 

Cordelia hasst seine Fähigkeit, ihre Worte so ungeniert zurückzuwerfen und ihre Unfähigkeit, sich von dem Inhalt zu distanzieren. Ironisch, dass sie vorhin gedacht hatte, dass er den Eispanzer, um selbiges weggesprengt hat. Weshalb macht Spike sie so verletzbar, empfänglich für seine Kritik und übersensibel dafür? Sie ist keine Idiotin und kein kleines Mädchen. Sie weiß, was sie will und wie sie es bekommt, aber er stiehlt ihr die Begabung es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen und eigentlich hat er sie nicht angegriffen.

 

Sie hat ihn mit dem Satz gestern nicht herabgesetzt und sie ist nicht kalt.

 

Warum lag ihr so verdammt viel an seiner Meinung? Warum sagte sie ihm nicht einfach, dass er sie am Arsch lecken konnte mit seinen verdrehten Analysen? Oder warum stimmte sie ihm nicht einfach zu, denn es war nicht so schlimm, sein Ende durch den Verstand zu erlangen.

 

Anstelle des Herzens. Es war mit Sicherheit weniger schmerzhaft.

 

Aber sie hat Panik, dass sie davor verrückt wird und nicht einfach krepiert.

 

Wenn sie sich ihren Gefühlen stellt und sich nicht von den Geschehnissen distanziert, dass sie von ihnen überrollt und niedergeworfen wird. Dass sie einen Tobsuchtsanfall bekommt, wie eine hysterische Frau geifernd und Galle und Gift um sich spritzend, mit Gegenständen, um sich werfen wird und ihr Schicksal verfluchen. Dass dies kein schöner Anblick sein wird, darüber ist sie sich klar. Dass es nichts an den Tatsachen ändert, ist ihr ebenso bewusst. Dass sie diese Unfallszene in ihrem Inneren ist, weiß sie sicher.

 

Aber sie muss diesen Eindruck nicht nach außen tragen, oder?

 

Die lebensmüde Frau befindet sich in demselben Käfig, den Angelus jetzt für sich in Anspruch nimmt und rüttelt an den Gittern. Ist in guter Gesellschaft dort, ein Spielzeug für Stärkere, bis sie bricht, die Stücke weggeworfen werden und endlich frei sind. Sie frei von ihr ist.

 

Sie muss nicht mit Spike darüber reden, wie sie sich dabei fühlt, dass sie Angel diese Schuld im Hier aufgebürdet hat, es sie entsetzt und stumm macht. Dass sie ihn nicht mehr verdammen kann, weil sie die alleinige Verantwortung trägt. Weil sie für soviel mehr die Schuld trägt und die Mächte gerecht erscheinen und gnädig, nicht wie ein zorniger Gott, weil sie sich selbst eine soviel größere Strafe auferlegt hätte, es vielleicht getan hat.

 

Angelus ihr wehgetan hat, aber sie sich diese Behandlung mehr als verdient hat.

 

Weil sie die höheren Konzepte nicht versteht und die Rose an ihrem Innenschenkel brennt und die Konsequenzen plötzlich untragbar sind. Sie eine lange Zeit nicht mehr den Fall gespürt hat, aber im Moment ist er allgegenwärtig.

 

Dröhnt in ihren Ohren. Verwischt ihr Sichtfeld. Versengt ihre Haut.

 

Die Konturen verschwimmen.

 

Sie. Kann. Nicht. Atmen.

 

Sie. Kann. Nicht. Fühlen.

 

Es ist zu viel. Sie will sich nicht wieder neu zusammensetzen oder ist es freisetzen? Spürt die Erschütterung in ihrem Innern, wie die Welle aus Energie sich aufbaut und sie ist müde, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Ist es so müde und es nicht mehr als ein Schimmer auf ihrer Haut, der den Tzunami ankündigt. Die Flutwelle, die bereit ist loszubrechen und ihre restlichen Schutzmauern zu zerstören. Cordelia denkt, dass er Unrecht hatte. Ihr Herz war ebenso ihr Ende, wie seines. Das hier war unreal. Der Wunsch in Licht zu explodieren und sich zu vergessen.

 

Vergessen, dass sie ein Ich besaß und einen Willen und eine Vergangenheit.

 

Plötzlich sind Spikes Arme fest um sie gelegt. 

 

Sie wird gehalten. „Entspann dich, Cor. Komm schon, Cheerleader, das ist keine Wahrheit, die dich sprengen kann. Lass es gut sein. Lass los.“

 

Wusste er nicht, dass sie dabei war loszulassen? Weshalb hielt er sie zurück?

 

„Lass den Schmerz los.“ Sie war der Schmerz, wie sollte das funktionieren? Sie war der Krieg. Sie war so müde.

 

„Baby, komm schon.“ Sie war niemandes Baby. Sie war jedermanns Cordy.

 

„Verdammt, brich mir jetzt nicht zusammen.“ Sie brach nicht zusammen. Sie explodierte. Das war nicht dasselbe. Das war anders.

 

Weshalb hatte er solche Angst? Weshalb presste er sie in seinen Körper? Er würde nur von der Flutwelle weggespült, wenn sie losbrach. Sie sollte ihn warnen. Ihre Stimme war so weit weg. „Spike, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt loszulassen.“

 

„Nein.“ Sie will den Kopf schütteln, aber seine Hand in ihrem Haar unterbindet die Bewegung. „Ich falle mit dir.“ Das war ungerecht. Er sollte seine Chance auf Wiedergutmachung haben. Er hatte nicht die Götter ihrer Welt gefordert.

 

„Das ist idiotisch von dir.“

 

„Ich war nie klug, in den Angelegenheiten des Herzens.“ Cordelia schließt die Augen, spürt wie sich ein Lächeln in ihr aufbaut und atmet tief durch. Riecht Sommer und den See. Fühlt, wie er die Leere in ihr füllt. „Nenn mich einen hoffnungslosen Fall.“

 

Versonnen von ihr, „Die Hoffnung stirbt zuletzt oder ist es die Liebe?“

 

„Wenn die Hoffnung stirbt, dann stirbt auch die Liebe.“

 

Sie will nicken, aber er drückt sie noch immer in seinen harten Körper. Ihre Arme gehen zögernd um seinen Oberkörper und die Anspannung weicht langsam unter seinem beruhigenden Streicheln. Seine und ihre. Die Kreise die seine Hände auf ihren Rücken zeichnen, kommen ihr magisch vor, lösen das Eisenband, kann den Klick in ihrem Innern vernehmen als es von ihr abfällt und sie legt ihren Kopf schließlich erschöpft auf seine Schulter. Ihre Nase wieder in seiner Halsbeuge und sie atmet tief und gleichmäßig durch. Ihr Kopf fühlt sich so schwer an und sie will sich nur ausruhen, nur kurz verschnaufen, bevor sie ihre Stärke zurückkämpft und ihn auf Abstand bringt.

 

Und so stehen sie eine lange Zeit.

 

Bis der Zirkel um sie beginnt aufzuglühen, ein kurzes Schwirren und er bricht mit einem Zischen zusammen. Zeit sich wieder der Welt zu stellen. Ihre Aufmerksamkeit hat ein anderes Ziel und sie atmet erleichtert auf, „Schätze unsere mystische Spionageabwehr hat ihren Geist aufgegeben.“

 

„Dann gehe ich eine rauchen und du kannst deinen Wächter anrufen.“

 

„Yeah, klingt nach einem Plan.“

 

Und sie liebt seine Art, über ihre emotionalen Zusammenbrüche hinwegzugehen.

 

Es war so britisch und hatte Klasse.


As lost as I get, I will find you.

 

Der Plan klang vielleicht gut, aber die Aussicht mit Wesley zu telefonieren war nach den Ereignissen, der letzten beiden Tage ein wenig beunruhigend. Vor allem weil sie keine Ahnung hatte, wie sie Marthas Warnung in Worte fassen konnte und die Bedrohung darstellen, ohne ihn zu paralysieren oder in den Panikmodus zu versetzen. Sich selbst daraus befreien.

 

Außerdem gab es noch das kleine Problem, einem Wächter klarzumachen, dass sie Sex mit einem Vampir hatte und es gut war. Für sie und sie deshalb nicht verrückt war. Gerade mit ihrer Vergangenheit. Nach einem letzten langen Blick auf das Handy, steuert sie auf die Küche zu, schenkt zwei Whiskey ein und folgt Spike auf die Terrasse.

 

Er blickt müde auf, als sie ihm den Whiskey reicht und sich in den Sessel neben ihn setzt. „Wo ist Martha?“

 

„Keine Ahnung, sie ist weggefahren.“ Sein Kopf weist auf die Stelle, an der vorher eine alte Corvette stand. Dann lehnt er sich in dem Korbsessel zurück, nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette und starrt auf die Felder vor ihm.

 

Das Schweigen ist angenehm nach all den Offenbarungen der vergangenen Tage und Cordelia zieht die Beine an und entspannt sich, nimmt einen Schluck von ihrem Whiskey. Der Geschmack ist unvertraut scharf, aber die Wärme des Alkohols angenehm in ihrem leeren Magen. Sie war dabei sich eine Menge schlechter Angewohnheiten zuzulegen und Whiskey vor dem ‚Frühstück’ war noch nicht einmal in der Top Ten.

 

Versucht sich zu erinnern, wann sie zuletzt eine Tagesroutine hatte, die auch nur im Entferntesten an Normalität heranreichte und denkt, dass sie die kläglichen Ansätze davon endgültig mit ihrem Highschool-Abschluss hinter sich gelassen hat. Dass sie sich in den letzten Wochen endgültig auf den Vampir-Rhythmus eingestellt hat, die Tage verschlief und erst mit der einsetzenden Dämmerung wach wurde. Seit die Visionen, die zu einem Kampf führten mit der Genauigkeit einer Schweizer Uhr eben dann eintrafen, wenn sie wieder auf der Straße waren.

 

Überlegt, ob die drei Visionen ihr drei Tage Ruhe zusichern und ob das heißt, dass sie morgen wieder auf der Straße sind und ob tatsächlich jedes Detail Part eines größeren Planes ist. Warum die Schattenbilder verschwunden sind und ob sie den Kontakt mit Angel verliert oder nur den zu Angelus unterbindet. Schiebt den trüben Gedanken weg, besinnt sich auf etwas anderes.

 

Die Nächte waren angenehmer, nicht nur weil Spike sich frei bewegen konnte, sondern weil sie sich freier fühlte. Bizarr, aber die Routine mit der die Menschen ihre Leben führten, erschien bedrückend und Cordelia ist sich nicht sicher, ob es daran liegt, dass sie eben diese nie erleben wird oder es sie irritiert, weil sie sicherstellt, dass die Familien in Frieden leben können. Die Freaks der Nacht waren ihrem Wesen näher, ließen ihr den Glauben, dass sie normal war. Zumindest normaler.

 

„Du bist eine seltsame Frau voller Widersprüche, Cordelia. Sehr beunruhigend.“

 

Sie blickt ihn verblüfft an, erinnert sich daran, dass Gedankenlesen keines seiner Talente ist und Spikes Lächeln ist unverfänglich. „Ist dir das gerade erst klargeworden oder ist diese Wahrheit das Ergebnis eines längeren Denkprozesses?“

 

„Mmh, beides. Mir ist nur gerade klar geworden, wie seltsam du tatsächlich bist.“

 

Als sie ihn unverwandt anstarrt fährt er schließlich fort, „Auf der einen Seite kannst du es mit Angelus und den Mächten aufnehmen, ohne daran zu zerbrechen, bist so biegsam wie flüssiger Stahl. Auf der anderen Seite kann die Aussage, dass du kein Herz hast, dich soweit treiben, dass du bereit bist dich aufzugeben. Als ob jemand flüssigen Stickstoff über dich geschüttet hat und eine falsche Bewegung reicht, um dich in Stücke zu schlagen, der geringste Druck. Nur langsames Auftauen eine Vernichtung verhindert.“

 

„Ich wusste nicht, dass du den Discovery Channel in deiner Gruft empfangen konntest.“

 

Er lässt ein leises Lachen hören. „Was kann ich zu meiner Entschuldigung sagen? Die Tage in Sunnydale sind lang, die Besuche des Slayers oder Nibblets waren zu selten und man braucht ein Kontrastprogramm zu Passions.“ Er inhaliert noch einmal tief und schnippt die Zigarette auf den Vorplatz, erwidert ihren bösen Blick mit einem Achselzucken. „Warum hast du deinen Wächter noch nicht angerufen?“

 

„Weil er nicht nur mein Wächter ist, sondern in erster Linie mein bester Freund und ich noch dabei bin, mir eine Formulierung für den Stand unserer Beziehung einfallen zu lassen, die Wes nicht in den ‚Brillenputz-Modus’ schickt.“

 

Spike grinst frech, bevor er ironisch erwidert, „Fuck Buddies ist keine passende Formulierung? Dabei war deine Erklärung gestern so einleuchtend.“

 

Sie lässt ein Schnauben hören, bevor sie ihr Glas leert. „Ich bin eine seltsame Frau.“

 

„Vergiss die Widersprüche nicht.“

 

„Wie könnte ich.“

 

Schließlich fährt er ernsthaft fort, „Also welchem Umstand habe ich es zu verdanken, dass du dich nicht in Licht aufgelöst hast, Cor? Um zukünftigen Spaltungen auf nuklearer Ebene zuvorzukommen.“

 

Die Antwort ist einfach. „Deine Worte und dein Geruch.“

 

„Huh?“ Er legt überrascht den Kopf schief.

 

„Dein Geruch nach Sommer, See und Salz weckte Erinnerungen.“

 

„Also habe ich Eindruck hinterlassen.“ Sein Grinsen ist pure männliche Eitelkeit und sie lächelt kopfschüttelnd. „Dann sollte ich für mehr gute Erinnerungen sorgen, oder?“ Ihre Augen werden groß.

 

Er leert seinen Whiskey mit einem Zug, steht auf und hält ihr seine Hand entgegen. Sein Grinsen ist teuflisch, „Sieh es als Präventionsmaßnahme, schließlich sind wir Fuck Buddies.“ Und sie kann seine mentalen Anführungsstriche, um das Wort sehen.

 

„Martha –"

 

Er unterbricht sie, „- wird für die nächste Stunde weg sein und selbst wenn nicht, wird sie uns nicht stören. Dafür ist sie diskret genug, außer sie ist auf einen Dreier scharf, was ich persönlich für unwahrscheinlich erachte. Also?“

 

Cordelias Hand legt sich zögernd in seine und er zieht sie hoch. Zieht sie hinter sich her in das gemeinsame Schlafzimmer, entledigt sich ihrer Kleider und seiner. Dann manövriert er sie auf das Bett, kniet über ihr, seine Hände erkunden ihren Körper. Das hier ist noch immer unvertrautes Terrain und sie liegt ein wenig steif unter ihm, weiß nicht, wohin mit ihren plötzlich zu langen Armen und Beinen.

 

Seine Stimme ist eindringlich, „Entspann dich, Cor, ich werde dir nicht wehtun.“

 

„Ich weiß.“

 

Das ist auch nicht ihre Sorge. Aber sie kann das Gefühl nicht abschütteln, dass sie das hier nicht verdient hat. Dass es schwerer sein sollte, sich ihm hinzugeben. Verworrener. Sie etwas anderes empfinden sollte, als das Gefühl seiner begnadeten Hände auf ihrem Busen. Seiner Lippen auf ihrem Schlüsselbein.

 

Das pure Vergnügen von eisiger Haut, die gegen feurige reibt.

 

Ihre Arme gehen zögernd um seinen Nacken, ziehen ihn näher und sie seufzt leise. Schließt die Augen und atmet seinen Geruch ein, vermischt mit Whiskey und Rauch. Er erinnert sie an die ersten Wochen in seiner Gesellschaft und daran, dass sie beide jemand anders lieben. Die Frage, was sie eigentlich hier treiben, eine wäre, auf die eine Antwort suchen, sich lohnen würde.

 

Nur scheint dieses geheimnisumwitterte Rätsel unwichtig.

 

Nur scheint ihr Körper nicht daran interessiert zu sein, was ihr Herz will.

 

Es nicht wirklich hiergegen demonstriert. Sie stöhnt als seine stumpfen Zähne sich flüchtig in ihre Brust graben, ihr Rücken biegt sich durch und ihre Beine öffnen sich. Beinahe als ob sie ferngesteuert ist. Beinahe als ob es natürlich ist. Beinahe als ob sie ihn begehrt und ihm nicht nur vertraut.

 

Aber das tut sie nicht. Kann sie nicht. Und will sie nicht.

 

Nicht mehr als sie es ohnehin schon tut.

 

Spürt mehr, wie sie es bewusst wahrnimmt, dass er seine Position ändert, zwischen ihre Beine gleitet und sie reibt sich gegen seine Erektion, hört ihn seufzen und benötigt wieder etwas, um ihren Mund beschäftigt zu halten. Biegt ihren Arm zurück und legt ihren Handrücken auf ihre Lippen, um sich von unbedachten Handlungen abzuhalten. Und vielleicht auch vor gedankenlosen Äußerungen.

 

Fühlt wie sein Mund tiefer gleitet und diesmal nicht an ihren Brüsten hängen bleibt, als er auf Höhe ihres Bauchnabels ist, zieht sie ihn zurück. Fest, „Nein, Spike!“

 

Seine Augenbrauen gehen zusammen, „Nein?“

 

Sie schüttelt entschieden den Kopf, „Nein.“

 

„Okay. Alles andere ist jedoch offene Spielwiese?“ Sie nickt langsam. „Gut.“

 

Aber Spike kommt nicht sofort zurück, lässt seine Zunge um ihren Nabel kreisen und sie hat genug Vertrauen in ihn, dass er ihre Wünsche respektiert und sie entspannt sich wieder unter den Berührungen seiner Fingerspitzen. Lässt sich wieder von der Wärme und Leidenschaft einfangen, die sein kühler Körper in ihr zündet. Die Flamme unter ihrer Haut macht sie nicht mehr nervös und sie genießt seine Finger, die tiefer wandern.

 

Erwartet sie, lächelt, streicht mit einer Hand über seinen Rücken und seinen Hals.

 

Entfaltet sich weiter und atmet tiefer.

 

Ebnet einen weiteren Schutzwall in sich, hebt einen weiteren Schleier, während seine Lippen ihren Körper erkunden. Die Stelle unter ihren Rippen findet, die sie seufzen lässt und den Punkt an ihrer Taille, der sie auflachen lässt. Seine Augen leuchten und sie grinst und weiß, dass sie genauso strahlt wie er, ohne übernatürliche Kräfte. Sie sich verstanden fühlt und seltsam beschwingt.

 

Cordelia diesmal keine ausgedehnte Ouvertüre will, sondern einfach Sex.

 

Keinen formvollendeten Liebhaber, sondern einen Fuck Buddy.

 

Bringt ihn mit einer Drehung unter sich, positioniert sich über ihn und er blickt sie mit einer Mischung aus Hunger und Verlangen an, die ihre Haut noch mehr glühen lässt. Ihre Hand schließt sich um seine Erektion und sie lässt sich langsam fallen. Diesmal wird sie wieder von ihm aufgefangen und seinem harten Körper. Seinen Händen um ihre Hüfte. Schließt die Augen, als sie ihn so tief in sich begraben fühlt und ihr Kopf fällt instinktiv in den Nacken.

 

Verharrt für den Augenblick.

 

Nimmt seine Fülle in sich auf, die ihre Leere so perfekt ausdehnt, das Gefühl von ihm tief in ihr begraben. Ihre Handfläche auf seinem Oberkörper. Ihre ersten Bewegungen sind behutsam und sie sucht ihren eigenen Rhythmus, sucht nach etwas das ihr Vergnügen bereitet und findet langsam das Gleichmaß, das sie klingen lässt. Eine Resonanz in ihr entfacht, die nachhallt bis in seine Muskeln unter ihren Händen. Seine Finger wandern zärtlich, fast spielerisch über ihre Oberschenkel, malen leichte Muster auf ihre Haut, während sein intensiver Blick auf ihrem Gesicht ruht.

 

Bis sie ein Tempo ansetzt, das ihn anheizt und seine Lider schließt. Sich gegen das Kopfteil stützt und seine unterdrückten Flüche bringen ihren Blick zurück auf sein Gesicht. Er hat nichts Himmlisches in diesem Moment und es könnte sie nicht weniger interessieren, solange seine Hände sie nicht einfangen und ihre Geschwindigkeit ausbremsen.

 

Ihr die Freiheit lassen.

 

Aber alles was er anbietet, ist seine Unterstützung, sind seine Hände auf ihrem Hintern, die sie locker halten, wieder ein Rahmen. Wieder etwas, dass sie nicht ziellos werden lässt. Ihren Fokus hält. Ihr Atem kommt stoßweise, ihre Bewegungen fließend und sie lässt sich endlich nach vorne auf ihre Ellbogen fallen, bringt ihre Arme neben seinen Kopf und ihre Stirn gegeneinander und sie fühlt wie er synchron mit ihr atmet.

 

Die simple Erotik in der Geste trifft sie unerwartet.

 

Die Bedeutung, dass er sich ganz auf ihren Körper einstellt, ist nicht wirklich überraschend. Ist intensiv. Ist etwas, das er vielleicht gestern schon getan hat und ihrer Aufmerksamkeit entging. Und sie wird langsamer, weil sie noch nicht will, dass es zuende geht und sie zu nahe am Abgrund ist.

 

Und Cordelia öffnet die Augen, sein Gesicht ist so dicht, dass es fast verschwommen ist und sie wird von goldumrandeten Blau empfangen und seine verbale Stille ist genauso unnatürlich wie im Zirkel. Aber es erscheint trotz allem richtig. Seine Hände die sie näher ziehen, ihren Oberkörper gegen seinen pressen und seine Hüften, die gegen ihre stoßen. Sie aufrütteln, aber auf eine gute Weise. Sie daran erinnern, dass dies Sex ist und sie auf ein Ende zusteuern sollten. Es zuviel ist und sie wieder die Augen schließt, sich auf das Gefühl in ihrem Innern konzentriert und ihre gemeinsamen Bewegungen.

 

„Komm näher.“

 

Sie will sagen, dass wenn sie noch näher kommt, ihr Körper in seinem verschwindet. Sie immer noch zwei Individuen sind und ihre Finger vergraben sich zittrig in seinem Haar. Seine Arme legen sich enger um ihren Rücken. Ihr Atem rasselt in ihren Ohren und dann dreht er plötzlich den Kopf und seine Zunge fährt die Linie hinter ihrem Ohr ab. Langsam und zündend folgt sie ihrem Hals und ihre Lippen wandern genauso begierig über die Stellen seiner Haut, die sie erreichen kann, ohne sich von ihm zu lösen. Seinen Oberkörper, seine Kehle, genauso ruhelos wie seine Hände ihr Kreuz kneten und sein Mund ihre Schulter und ihren Hals schmeckt.

 

Versucht seinen Geschmack aufzunehmen.

 

Versucht ihn im Gedächtnis zu behalten und sie weiß nicht, woher die heftige Wendung kommt, aber auf einmal ist es Leidenschaft und Lust und eine Spur von Trauer in beidem. Keine Verzweiflung, aber das Wissen, dass dies zu gut ist, um zu halten. Relatives Glück nicht mehr als ein Zwischenspiel. Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt. Nicht sie beide. Sie wissen das.

 

Verharrt mit der Stirn gegen sein Kinn gepresst, offene Lippen gegen seinen Adamsapfel, denkt an all die Worte, die ungesagt bleiben werden zwischen ihnen. Denkt an all die Möglichkeiten, die unerforscht im Raum zwischen ihnen stehen werden. Denkt an ihn und das was er bereit ist ihr zu geben, neben den gemachten Erinnerungen. Am Ende.

 

Das Erkennen, das sie nicht alles von ihm annehmen kann, das er bereit ist zu geben.

 

Es sollte sie nicht stören, aber der Missklang ist da.

 

Das Moll, das von einer Zukunft wispert, in der sie beide wieder getrennt ihre Wege gehen. Sie will ihn festhalten, will in ihn kriechen und sich dort in den Rissen und Spalten festsetzen. Unbemerkt. Einen Teil von ihr in ihn imprägnieren. Unzerstörbar machen in ihm. Unerreichbar in seinem Gedächtnis sogar für sie, so dass es Bestand über alle Veränderungen hinaus hat. So dass sie sich ohne schlechtes Gewissen davon schleichen kann, mit dem Wissen, dass ein Teil von ihr solange existieren wird, wie Spike an diese Erde gebunden ist und selbst in seinem Staub noch da sein wird.

 

Dass sie gut war. Ist. In etwas. In ihrem Wesen. Ihrer Liebe.

 

Seine Hände fangen ihr Gesicht ein, heben es an und seine Augen suchen ihre. Fingerspitzen, die ihr Gesicht federleicht abzeichnen und in seltsamen Kontrast zu seinen harten Stößen stehen, die gegen ihre Hüften prasseln. Die aufgebracht sind, wachrütteln und seine Blicke fragen sie, ob es nicht das ist, was sie von ihm will, braucht, verlangt und seine Hand wandert in ihren Nacken zieht sie näher an sein Gesicht und sie weiß, wohin das führt und es ist das, was sie über die Grenze wirft und sie reißt ihn mit.

 

Denn Spike hat nie gelernt loszulassen und manchmal kann das gut sein.

 

Manchmal kann der Fall schön und schwerelos sein und atemberaubend, ohne Angst zu wecken und Dinge zu verkomplizieren. Ihre Hände halten noch immer sein Haar und er hält noch immer sie, als sie langsam zurückkommt. Aber ihr Gesicht ist sicher in seinen Hals gepresst, Cordelia atmet ihn ein. Und sie will hier weich liegen bleiben, nur bis sie ihr Rückgrat zurück hat und er schiebt sie nicht von sich, legt nur seine Arme locker um ihren Rücken, seine Hände auf ihren Hintern und sie greift seine Schultern.

 

Sie denkt, dass das keine Gewohnheit werden sollte. Diese Schwäche.

 

Dem ungeachtet liegt sie knochenlos auf ihm, nicht wartend aber auch nicht angekommen, bis der Schweiß auf ihrer Haut getrocknet ist und sie sich zögernd von ihm löst. Die Welt ist zurück. Sie sind es, an dem Punkt, an dem sie gestartet sind und es hat sich nichts geändert. Nichts ist aus den Bahnen gekippt und das ist ebenfalls gut.

 

„Wir sollten morgen weiterziehen.“ Und er nickt bedächtig. „Und ich sollte noch Wes anrufen.“

 

„Ist es dafür nicht einwenig zu spät?“

 

Nach einem Blick auf die Wanduhr, „Nein, er wird noch im Hyperion sein.“

 

„Okay, dann gehe ich duschen, damit ihr ungestört reden könnt.“

 

Und sie gibt ihm ihre Bestätigung mit einem Nicken, selbstvergessen, „Deine Sachen sind im Bad.“

 

„Du sollst mir nicht hinterher räumen, bezwing den Mutterinstinkt oder ich sehe mich gezwungen, ihn aus dir herauszutreiben.“ Blickt ihn überrascht an und er lächelt provokant und damit ist ein nackter Spike aus der Tür und sie blickt einen Moment unentschlossen auf das helle Viereck. Bevor sie das Mobiltelefon aufklappt und auf Empfang hofft. Nach einem Blick auf das Display, zieht sie sich an und geht in die Küche. Martha wird nichts dagegen haben, wenn sie ihr Telefon benutzte.

 

Die Nummer gedankenlos aus dem Gedächtnis eintippend, lauscht sie dem Leerzeichen, nachdem zweiten Klingeln, hört sie die verschlafene Stimme auf die sie gesetzt hat. „Angel Investigation. Wesley Wyndham-Pryce am Apparat. Was kann ich für Sie tun?“

 

Lächelt bei ihrer Vorstellung, wie er über seinem Schreibtisch eingeschlafen ist, weil niemand da war, der ihn heimgeschickt hat. Lächelt, weil sie deswegen nicht traurig sein sollte. Wundert sich nicht, wo ihr Motto geblieben ist, ‚Wir helfen den Hilflosen!’, erinnert sich, dass sie seit einer ganzen Weile selbst ziemlich hilflos und hoffnungslos waren. Sind.

 

„Wesley, hier ist Cordelia.“

 

„Cordy.“ Und er hört sich so müde an, dass sie ihn am liebsten für einige Wochen in Urlaub schicken würde, weil er es sich mehr als verdient hat. Entspannung dieser Tage nicht so leicht in LA gefunden werden kann. „Wie geht es dir?“

 

Das Zögern ist beinahe unmerklich, wie ging es ihr? „Gut.“

 

Abgesehen von ein paar bedeutungslosen Kleinigkeiten, wie einen von ihr heraufbeschworenen Weltuntergang und der zusätzlichen Nachricht, dass sie sich mit einem Teil der Mächte in einem persönlichen Krieg befand, ging es ihr ausgesprochen gut. Dass sie die Ewigkeit wahrscheinlich in irgendeiner Höllendimension schmoren würde, war auch noch ganz oben auf ihrer Liste, der trivialen Dinge. Plus der irrelevante Fakt, dass Angelus allein auf ihr Konto ging und zwar noch viel weitreichender, wie sie es noch vor zwei Tagen gedacht hatte. Das leichte Pochen zwischen ihren feuchten Schenkel fühlte sich auch gut an und ja, eigentlich lief in ihrem Leben alles soweit fantastisch. Wenn sie nicht über die Zukunft nachdachte oder die Geschichte und eigentlich war sie der Meinung gewesen, dass sie nur die Vergangenheit zu fürchten hätte.

 

Cordelia merkt erst jetzt, wie abgedreht, nein, verdammt abgefuckt das alles klingt und dass sie Wes damit nicht belasten sollte. Er hatte bereits genug Verantwortung auf seinen schmalen Schultern. Wesleys Worte durchdringen den Nebel aus Groll und Sarkasmus, der sich gerade einstellen will. „Braucht ihr Hilfe? Hattest du eine Vision?“

 

Und er hört sich noch immer so müde an und sie kommt zu einer Entscheidung, dass er mit einer von ihren kürzlich getroffenen Entscheidungen genug zu knabbern hat. Sie vernimmt wie er einen seiner dicken ledergebundenen Schmöker auf den Tisch vor sich fallen lässt und schließt die Augen, lauscht auf das folgende Geräusch und ja, da ist es, das leise Rascheln von Papier und sie sieht ihn so offensichtlich vor sich. Fast fühlbar, als ob sie die Hand ausstrecken kann und ihn anfassen. Wie er gedankenverloren an dem großen Schreibtisch sitzt und ein wenig verloren dahinter wirkt, wenn er nicht ein Buch vor sich liegen hat, das älter als er ist.

 

Sie kennt ihn und seine Reflexe und lächelt. „Wo ist Spike?“ Und er kennt sie.

 

„Er duscht.“ Sie fragt sich, warum es so komfortable ist mit Wesley zu reden. So sehr daheim und alltäglich, dass sie sich beinahe wieder normal fühlt. „Cordy. Nicht dass ich es nicht schätze, dass du mich anrufst, aber es ist -“

 

Sie unterbricht ihn lächelnd, „Was, zu spät? Zu früh? Warum bist du dann noch an der Arbeit, Wes?“ Und sie kann sich nicht halten, ihn mit ihrem Wissen aufzuziehen. „Und warum hast du dann das Buch der Wächter vor dir liegen?“

 

„Ich höre, dass es dir tatsächlich gut geht.“ Langsam wird er wach und ihr Lächeln wird noch breiter.

 

„Es geht mir gut, Wes.“ Ihr geht es jetzt gut, aber das ist nicht der Punkt, sie muss trotzdem mit ihm reden und sie braucht seinen Segen oder etwas, was dem sehr nahe kommt. Sie braucht sein Verständnis, das wenigstens er sie nicht verdammen wird und sie weiß, dass er der einzige sein wird, auf den sie hoffen kann, weil sie den Rest ihrer Familie kennt. Angel und Gunn einmal mit dem Hass auf einen speziellen Dämon vereint wären, Freds Gründe Dämonen nicht zu trauen und Lornes allseitiges Verständnis, das soweit geht, dass es keine Bejahung ihrer Situation sein kann.

 

Sie setzt sich langsam an den Küchentisch.

 

„Aber es gibt da tatsächlich etwas, über das ich mit dir reden muss...“ Cordelia pausiert, unsicher, wie sie das Thema anschneiden soll, ohne ihn zu verschrecken oder die Familie auf den Plan zu rufen. „Aber du musst mir versprechen es niemand zu sagen. Ich weiß nicht, wen ich sonst anrufen soll. Fred ist wohl kaum die Richtige um über Sex zu palavern. Und du musst zugeben, dass ich nicht allzu viele Freundinnen habe.“

 

„Wie bitte?“ Er schnappt ihren Köder und sie lehnt sich zurück, „Sex?“

 

„Sex. Ja, Wes.“ Sie konnte ihn noch schocken, trotz der gemeinsam durchlebten Traumata und Katastrophen, einfach indem sie das S-Wort benutzte im Zusammenhang mit ihrer Person. Und das war nicht neu. Das war älter als drei Monate. Das war ihr Wes.

 

„Das hat nicht mit Angel zu tun, nicht wahr?“

 

Seine Frage ist langsam gestellt, er versucht seinen Geist, um das neue Konzept zu wickeln und sie lässt ihm seine Zeit. „Nicht wirklich.“

 

„Das hat mit Spike und dir zu tun, oder?“

 

„Ja.“

 

Nach einiger Zeit, schließlich leise, „Also?“

 

Sie denkt, die Wahrheit ist das, was er am ehesten versteht. „Wir sind zu der Übereinkunft gekommen Fuck Buddies zu sein.“

 

„Wie BITTE?“ Oder auch nicht.

 

Vielleicht anders? „Freunde mit Extras.“

 

„Gott, Cordy, das...“

 

Sie unterbricht ihn diesmal rigoros, hat keine Lust auf seine Vorträge, wenn er derjenige mit den One-Night-Stands war. „Das machen die Leute heutzutage ständig. Sie...“ Cordelia nimmt einen tiefen Atemzug. „Sie haben Sex mit Freunden, Nicht-Freunden, Kollegen, Fremden, Freunden...“

 

„Du wiederholst dich.“

 

„Ja, ich weiß.“ Das hier war sicher. Auf eine Art und Weise. Und normal. Sie durfte normal nicht vergessen. „Was ich sagen will ist, dass es mehr Leute wie mich gibt, die auch Freunde haben mit denen sie Sex haben. Sehr guten Sex, wenn ich das mal so-“

 

„Zu viel Informationen, Cordy.“

 

Lustig, das von dem Mann, der sie nach einer Mördervision nach der Augenfarbe des Monsters fragen konnte, während sie versuchte, ihr Gehirn im Kopf zu behalten und ihren Verstand dort, wo er hingehörte. Sie klingt etwas spöttisch, „Ich dachte nicht, dass ich das mal aus deinem Mund höre, Wes.“

 

„In diesem Fall heißt es, umso weniger Informationen umso besser.“ Haha, falsche Antwort Wächter.

 

„Nun...“ Sie grinst böse, Wes hatte es sich verdient mit seinen Visionsinquisitionen und den endlosen Recherchemarathons, durch die er sie in der Vergangenheit durchgehetzt hatte. Keine 21jährige sollte Latein und die Bibel und diverse andere Wälzer in einer toten Sprache rezitieren können. Worüber eine junge Frau reden sollte, war das: „Spike ist ein toller Liebhaber. Ich bin dreimal hintereinander gekommen und das ohne dass er mehr als seine Finger und seinen Körper einsetzen müsste. Ich meine alles ohne Lippen und danach hat er mich umgedreht und-“

 

Seine Stimme klingt eine Oktave höher, „Tut mir leid dich zu stören, Cordelia, aber ich bin wirklich nicht erpicht darauf über deine und Spikes sexuellen Erfahrungen zu hören. Obwohl ich es sehr schön finde festzustellen, dass du überhaupt wieder über Sex reden kannst.“ Sieht wie er die Augen verdreht und gegen die Decke starrt, nur da oben ist niemand, der ihn oder sie erhören wird.

 

Der ihnen gewogen ist und nicht auf ihr Blut aus ist.

 

Mit all seinem angehäuften Wissen sollte er das ahnen, oder?

 

„C-Cordy.“

 

Sie versucht die Erschöpfung abzustreifen und sich auf ihr eigentliches Thema zu konzentrieren, sie wollte ihn nicht weiter beunruhigen oder ihm ein schlechtes Gewissen machen. Und er klang so verdammt besorgt. Weshalb? Wes wusste noch nicht einmal den Anfang ihrer Geschichte und sie würde sie ihm nicht heute Nacht erzählen, sie unterdrückt ein Seufzer. „Ich weiß nicht was mit mir los ist, Wes.“

 

„Was meinst du?“

 

„Ich meine...“ Wieder eine Schauspielstunde zugunsten ihrer Familie und Wes und Angel waren der Meinung gewesen, dass es sich nicht bezahlt machen würde. Wenn sie nur damals geahnt hätten, wie falsch sie mit dieser Annahme lagen, dann hätte sie die verdammten Stunden auf Kosten von Angels Investigations genommen, anstatt auf ihre eigene Kappe, weil sie dachte, dass sie einem kindischen Traum nachlief und sie diesen aus eigener Kasse zu finanzieren hatte.

 

Die Stunden waren praktisch und hatten sich gelohnt. Für alle.

 

Sie überlegt kurz, es hieß nahe bei der Wahrheit bleiben und Wes trotzdem auf eine falsche Fährte locken. Es nicht zu wahr zu machen. „Ich fühle mich wie eine verdammte Schlampe. Ich fühle mich gut dabei. Ich *mag* es. Ich will es wieder tun. Aber es fühlt sich so an...“

 

Wie fühlt es sich an, eine Schlampe zu sein? „Als...“

 

Sie war Zeit ihres Lebens ein Miststück, eine Bitch und eine Eiskönigin.

 

Cordelia denkt an Faith und sieht kajalverschmierte, gehetzte Augen. Sieht sturen Überlebenswillen und Traurigkeit. Sieht den Konflikt. Die mangelnde Erwartung und sie denkt daran, dass von ihr Zeitlebens erwartet wurde, dass sie scheitert und von Faith, das sich die schlimmsten Erwartungen bestätigen und vielleicht sind sie doch nicht so unterschiedlich. „Als stimme etwas nicht mit mir. Ich bin sicher vor Spike, weil ich nichts für ihn empfinde, ich kann Sex mit ihm haben, weil ich nichts für ihn empfinde und doch...“

 

Vielleicht sind sie die dunkle Jägerin und sie zwei Seiten einer Münze. Der Gedanke ist sehr beunruhigend. So wie ihr Einfühlungsvermögen langsam unheimlich wird, kann sie wenn sie sich hart genug konzentriert auch in Satan einfühlen oder Angelus? Schiebt die Retrospektive weg und setzt gedankenverloren nach, „Irgend etwas ist nicht richtig daran und ich weiß nicht was.“

 

Seine Erwiderung kommt bedächtig, „Vielleicht ist es der Teil mit dem nichts empfinden.“

 

Diese Antwort ist wahr, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, „Aber dann muss ich keine Angst haben.“

 

„Cordy. Wir alle haben Angst, wenn wir lieben. Wir sind einfacher zu verletzen und einfacher kaputt zu machen. Du bist verletzt worden, weil du liebst, aber deshalb...“ Er sucht nach Worten. „Deshalb darfst du nicht damit aufhören.“

 

Und das von ihm. Das war klassisch.

 

Gott, Wesley war einer der wenigen, der noch mehr Angst vor Liebe hatte als sie.

 

Cordelia wird sich zum ersten Mal vollends darüber klar, wie sehr er sich hinter seine Bücher und sein Wissen zurückzieht, um nicht angreifbar zu sein. Denkt an Faith. Denkt an die Zeit, die folgte und die so unendlich hart für sie war, wenn er vor ihrer Berührung zurückzuckte und sich dabei seine Verletzungen erneut aufriss. Er Monate brauchte um unter ihren Händen ruhig zu sein. Still zuhalten und den Kontakt zu ertragen, ihre Fürsorge und die Nähe. Sie dachte, das wäre normal, hat selbst nicht anders bei seinen tröstenden Gesten reagiert, bis er es endlich einsah und die Messer an der Klinge aus ihrer Hand nahm, um ihre Haut nicht zu berühren.

 

Und vielleicht kann sie ihn zum ersten Mal vorbehaltlos begreifen, weil ihr allein bei dem Gedanken übel wird, mit Angel in einem Raum zu sein. Was seine Aussage noch mehr als Lüge abstempelt und offene Lügen sind wie Schmetterlinge, schillernd, aber schnell vergänglich. Sie verkürzt die Lebenszeit dieses überzogen optimistischen und farbenprächtigen Exemplars auf ein paar Sekunden, „Das kannst du mir nicht erzählen, Wes, nicht du.“

 

Sie zieht ihre Hand von ihrem Mund zurück, wird sich erst nachdem sie gesprochen hat, darüber klar, dass sie in ihrem Entsetzen vergessen hat, dass er sie nicht sehen konnte und das vielleicht gut war.

 

„Du wirst es nicht glauben, Cordy, aber ich bin auch verletzt worden. Auf eine andere Art. Ob schmerzlich oder tödlich spielt keine Rolle. Es tat weh. Es tut jetzt noch weh. Und ich weiß, du willst irgendwann mit Angel zusammen sein können. Du willst nicht zuerst deine Gefühle abtöten müssen, bevor du wieder bereit bist etwas zu empfinden, aus Angst es könnte zu viel werden.“

 

Sein Seufzen klingt gequält. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es meistens nicht genug sein kann.“

 

Sie bleibt ruhig, verarbeitet die gewonnenen Erkenntnisse über Wesley und weicht der Frage aus, ob sie das alles tut, um mit Angel zusammenzusein, denn diese Antwort ist zu komplex. Sie hat schon zuviel getan, um ihm das zu geben, was er verdient hat und sie will einen kleinen Moment egoistisch sein, ohne das Ganze auf Spikes Rücken auszutragen und ihn als Bauernopfer darzureichen.

 

Ihr einziger Schutz davor ist seine Liebe zu Buffy und sie fühlt sich nicht als Betrügerin. Fühlt sich nicht als die Schattenfrau oder Geliebte, weil sie mit zuviel Gefühl tatsächlich nicht umgehen kann und Wes ihr gezeigt hat, weshalb sie in den Bahnen denkt, in denen ihr Verstand zurzeit kreist. Selbst zu lange darin gefangen war. Er es logisch und rational klingen lässt, ohne den ganzen Konflikt überhaupt gehört zu haben.

 

Vermutlich verstecken Spike und sie sich gerade hinter ihrer Freundschaft, aber es ist die Atempause, die sie beide brauchen, um sie nicht von ihrer Liebe vollständig konsumieren zu lassen, so dass tatsächlich nichts als Asche zurückbleibt.

 

Schließlich sagt sie, „Das ist nicht das, was ich erwartet habe.“

 

Spürt sein Lächeln, „Nun, aber das ist meine Antwort.“

 

Der Konter ist Instinkt, „Ich war mir nicht bewusst eine Frage gestellt zu haben.“ Das Buch auf seinem Tisch gibt ein leises Woosch von sich und sie weiß, dass er es geschlossen hat und die Geschichte darin eingeschlossen.

 

Und sie waren die Zukunft, oder? Lebendige, nicht festgeschriebene Schicksale.

 

Seine Stimme ist warm, „Aber ich habe sie trotzdem gehört.“

 

Er kennt sie so gut und manchmal tatsächlich besser als sie sich selbst kennt. Setzt sie auf den Pfad zurück, ohne dass er von ihrem Straucheln unterrichtet werden muss. Cordelias Augen brennen, während das Lächeln auf ihr Gesicht zurückkehrt. Sie war nicht töricht und sie hätte sich wohl kaum auf diese Reise gesetzt, wenn diese erfahrene Cordelia der Meinung gewesen wäre, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen wäre oder sich nicht lohnen würde.

 

Sie nicht ihren Frieden finden würde. Irgendwann.

 

„Danke, Wes.“

 

„Nein, Danke dir, Cordy.“ Und sie weiß, dass er ebenso dümmlich lächelt wie sie und es ist mehr als okay.

 

Sie hält das ‚Ich liebe dich’ zurück, weil sie dann beide in Tränen ausbrechen würden und ihm das peinlich wäre. Sie schluckt den Kloß hinunter, der sich gebildet hat und schließt ihre Augen.

 

Zeit sich den Herausforderungen ihres Lebens zu stellen und Wesley hatte die Hoffnung neu in ihrem Herzen gesät. Hat ihr seinen Segen gegeben für diesen Weg. Diese für Außenstehende befremdliche Beziehung zwischen Spike und ihr. Selbst wenn es gegen alles sprach, was er als Wächter gelernt haben muss, vertraute er ihrem Instinkt. Wollte er, dass sie wieder fühlte und lebte, selbst wenn das hieß, Fehler zu machen. Denn das macht sie menschlich.

 

Hat sie erwähnt, dass sie ihn liebt?

 

„Ach Wes, eines noch, vielleicht wäre es an der Zeit, Faith einen Besuch abzustatten und das Gefängnis hinter dir zu lassen.“ Lauscht in die Stille seiner Antwort, wenn sie sich ihren Dämonen stellen sollte, dann war es nur fair, wenn er ebenso seinen einen Besuch abstattete. Hört wie er hart einatmet, dann besänftigend, „Geh nachhause Wes und schlaf dich einmal richtig aus. Angel wird sich schon nicht umbringen, wenn du nicht im Hotel bist. Er hat es nicht in den ersten Wochen getan und er wird es jetzt mit Sicherheit nicht tun. Er hat es mir versprochen.“

 

„Gute Nacht, Cordy.“

 

„Gute Nacht, Wes.“

 

Und das ist ihre Art ‚Ich liebe dich’ zu sagen und sie lächelt leise in den Klick, bleibt einen Moment sitzen, bevor sie sich ein Sandwich macht und es herunterschlingt. Dann ins Bad geht und kurz duscht.

 

Sie fühlt sich ganz okay und eigentlich hätte ihr das eine Warnung sein sollen.


The deeper the wound, I’m inside you.

 

Als Cordelia neben Spike ins Bett kriecht, wirft er ihr nur einen kurzen Blick zu und starrt dann weiter an die Decke. Seine ganze Haltung schreit königlich angepisst, mit den hinter dem Kopf verschränkten Armen. Sie unterdrückt ein Seufzer und verflucht wieder einmal die übernatürlichen Sinne von Vampiren.

 

Behutsam, „Wie viel von meiner ungestörten Unterhaltung hast du mitbekommen?“ Sie verzichtet auf die Betonung von ungestört, denn es macht letztendlich keinen Unterschied. Es reicht, wenn er wütend ist und sie ist zu gut drauf, um sich leicht die Stimmung verderben zu lassen.

 

„Mmh, ich habe nach Schlampe und ‚Nichts für ihn empfinden’ begonnen wegzuhören.“

 

Cordelia verlegt ihre Strategie auf verständnisvoll, „Du weißt, was ich für dich empfinde, Wesley hingegen - Es ist schwierig, das zu beschreiben, ohne ihn in Panik zu verfallen lassen. Er ist ausgebildeter Wächter und er traut keinem seelenlosen Vampir, warum sollte er? Er kennt dich nicht, abgesehen von deinen Auftritten in den Wächtertagebüchern und ich will ihn nicht noch weiter runterziehen, er hat es im Moment schwer genug in LA.“

 

Herausfordernd von Spike, „Du meinst bei Angel? Sag mir, wie fühlt es sich für deinen Wes an, tagtäglich mit der Kreatur zusammenzuarbeiten, die dich in den Fängen hatte? Kitzelt es einen Nerv in ihm ihn zu foltern mit all seinem Wächterwissen oder ist schon alles vergeben und vergessen?“

 

Sie runzelt missbilligend die Stirn, „Wir haben nicht darüber geredet.”

 

Er dreht sich elegant auf den Bauch und stützt sich auf seine Ellbogen, den Kopf auf die Unterarme gesenkt. Die vermeintlich entspannte Pose täuscht nicht darüber hinweg, dass Spike sich in Angriffposition bringt und auf sie ein Gewitter der Extraklasse wartet. Solange es die Atmosphäre reinigt, sollte es ihr recht sein, denn momentan war die Luft zwischen ihnen zum Schneiden dick.

 

Die gute Laune, in die Wes sie versetzt hat, legt sich mit leisem Bedauern, aber sie ging keinem Streit mehr aus dem Weg. Eine von Spikes Lektionen. Ein Psychiater würde an ihnen beiden ein Vermögen verdienen und eigentlich sollte Wes froh sein, dass sie keine professionelle Hilfe in Anspruch genommen hat. Nicht nur zum Wohle der Gemeinschaftskasse von Angel Investigations.

 

Das hier funktionierte ausgezeichnet. Die meiste Zeit.

 

Außer wenn sie sich in Paartherapie begaben. Dann brach die Hölle los.

 

Die leichte Belustigung verschwindet unter seinem Blick, der kritisch auf sie gerichtet ist und seinem verächtlichen Tonfall, „Ihr tut das nie, selbst mir ist das aufgefallen, so unsensibel ich scheinbar auch sein mag und so wenig ich von deinen echten Gefühlen mitbekomme. Du redest über die Zeit davor und danach, das dazwischen ist ein Vakuum. So wie deine Visionen von Angel oder deine Alpträume.“ Er stockt kurz und der Hauch von Mitleid in seinen nächsten Fragen, trifft sie tiefer, als seine Verachtung, „Redest du überhaupt mit irgendjemand über deine echten Gefühle? Allgemein? In den letzten Jahre? Jemals? Bist du noch ehrlich mit dir selbst?“

 

Sie schluckt und rafft sich zu keiner Antwort auf, die sie ihm in die Hände spielen würde.

 

Spike wägt seine nächsten Worte einen Moment ab, bevor er fortfährt, „Bist du dir eigentlich darüber bewusst, dass du noch immer in deinen Träumen um Hilfe schreist? Zwar seltener, aber deine Tränen sind noch nicht ganz getrocknet und ich weiß nicht, was mich verrückter macht, deine Hilferufe oder diese stumme Resignation, die du in den letzten Wochen im Schlaf gezeigt hast. Ich konnte mir vorher keinen Reim darauf machen, also klär mich auf, hast du damals bei Angelus so aufgegeben oder brichst du augenblicklich wegen Angel?“

 

Cordelia bleibt stumm, ihre Aufgabe bei Angelus war auf eine Art geschehen, die Spike wahrscheinlich nicht als Niederlage empfinden würde. Und ihr Brechen wegen Angel war etwas, das sie nicht bekämpfen konnte, nur akzeptieren, wie all die Neuerungen in ihrem Leben. Die zeitweise zu schnell über sie hereinbrachen, um sich mit ihnen rechtzeitig zu arrangieren, bevor sie sich als veraltet erwiesen. Sie versucht mit ihnen mitzuhalten, weiß Gott, hatte aber meistens den Eindruck, dass sie einfach von ihnen mitgerissen wurde.

 

Lässt sich Zeit mit ihrer Antwort, weil sie beide genug davon haben.

 

Sie war sich nicht darüber bewusst gewesen, dass die Träume noch so schlimm waren. Eine seltsame Konstante. Oder woran es lag, dass sie weinte, sie konnte ihre Reaktion im Schlaf nicht kontrollieren und sie war sich sicher, dass es nicht das war, was Spike von ihr forderte. Sie weiß, dass es harmloser für sie wäre, wenn es ihm nur um seine gestörte Tagesruhe gehen würde und nicht Einblicke in ihr Gefühlsleben. Etwas das sie ihm nicht geben kann, selbst wenn sie wollte, sie hat diese Verbindung zu ihrem Ich noch nicht wieder vollends aufgespürt. Hatte nur Augenblicke der Klarheit hin und wieder, die meistens ihn involvierten, wenn er sie wieder auf etwas stieß, das augenscheinlich war, wenn es nicht direkt unter ihrer Nase liegen würde.

 

Er hat Recht, sie hat ihre Empfindungen nie offen für die Welt getragen und ihre Sorgen selbst gehandhabt. Es war Teil ihres Wesens. Autonomie im Schmerz. Die Visionen hatten nur ihre Versuche verstärkt, diesen Part von ihr für die Welt unzugänglicher werden zu lassen. Nun war sie selbst inzwischen gefangen in dem Labyrinth, das sie geschaffen hatte und auf der Suche nach Erinnerungen und ihrer Zukunft. Sie hatte letztendlich mit ihrer Strategie Erfolg gehabt, der Schmerz war nicht mehr so wichtig, wie der Weg.

 

Sie war verschlossen auf diese Art und sie sah nicht die Notwendigkeit sich zu öffnen.

 

Und es sollte nicht sein Problem sein, was in ihr vorging, selbst wenn er ihr Freund war. Es sollte sich nicht nach seinem Problem anhören, wenn sie Schwierigkeiten hatte mit all den Zeitbomben umzugehen, die in ihr lagerten und das tat es.

 

Wenn sie sich zu nah kamen, war die Kollision ihrer Wesen unabwendbar.

 

Das hier war riskant und der Alarm in ihrem Kopf geht los.

 

Ein nervendes Nebengeräusch in dem Chaos ihrer Vernunft. Ihre Stimme ist gepresst, „Ich weiß es nicht, Spike. Und hatten wir nicht eine Vereinbarung, die sich darauf bezog, dass ich nicht davon rede?“

 

Und er schüttelt den Kopf, gefasst, „Nein, wir hatten eine, die mich davon befreite darüber zu reden und ich habe diese schon vor einer langen Zeit gebrochen und es hat dich nicht gestört. Deshalb komm mir nicht mit dem überholten Deal und denkt darüber nach, warum Angel nicht wollte, dass du diese Seite von ihm kennen lernst.“

 

Ihre Lippen befeuchtend, versucht sie ihre Reizbarkeit zu unterdrücken, „Welche Seite?“

 

Seine vampirische Facette, Cor.” Spikes packt all seine Überheblichkeit in seine Stimme und es hat tatsächlich die gewünschte Wirkung, sie fühlt sich nicht nur ahnungslos, sondern unwissend, trotz all ihrer Erfahrung mit eben dieser.

 

Versucht leicht zu klingen und scheitert, „Als ob jetzt noch einen Unterschied macht, Spike. Das liegt in der Vergangenheit.“

 

„Ist dem so?“ Er schnaubt ungläubig, bevor er unterweisend weiterspricht, „Peaches hat viele Fehler, aber sein größter in den vergangenen Jahren war der, dich in den Glauben zu wiegen, dass er wie ein Mensch denkt. Das tut er nicht, hat und wird er nie. Er hat sich schon einen zu deinem Bild runtergeholt, als du noch nicht einmal richtig in dein Cheerleaderoutfit gewachsen warst, weil es das ist, was Vampire tun, wenn sie mit Schönheit konfrontiert werden. Wir wollen sie.“

 

Die Pause ist beinahe unhörbar, der verändert resignierte Tonfall dagegen deutlich, „Die Seele kann keinen so gravierenden Unterschied im Kopf machen, sondern nur den Umgang mit diesem Wissen verändern. Die Konsequenzen werden abgewogen, aber nicht die Denkanstöße. Ansonsten hätte Angelus sich wohl kaum in Sunnydale schon darüber Gedanken gemacht, dass er dich in einen Vampir verwandeln sollte, damit er ein nettes Spielzeug für sein Bett neben Dru hat. Dass dies den Slayer und Xander anpisst hätte, war nur ein weiterer Bonuspunkt in dem Plan, aber nicht der eigentliche Beweggrund.“

 

Sie schweigt, denkt an Angelus und seine Ausführungen zu dem Thema, versucht wegzuhören, weil manche Wahrheiten noch immer versengend sind. Spike hat sich dagegen in Fahrt geredet, sein Temperament ist am Hochkochen und sie kann seine eiskalte Stimme nicht ignorieren, die an ihrer Abwehr nagt.

 

Spike von ihr durch die unbedachte Charade, die sie mit Wes gespielt hatte, verletzt wurde und es nun an ihm ist, den Gefallen zurückzugeben, indem er einige in ihrem Kopf aufdeckt und ihr unter die Nase reibt. Lügen waren Schmetterlinge, richtig? Und Spike versprüht momentan Insektengift in ihrem Kopf. Cordelia fühlt sich benommen.

 

Ätzend von ihm, „Selbst in der Zeit, als er offiziell Buffy nachtrauerte und du nicht mehr als seine dunkelhaarige, hinreißende Sekretärin warst. Oder glaubst du noch ernsthaft, dass er sich in seine Batman-Höhle eingeschlossen hat, mit den Phantasien über seine Jägerin mit romantischer Hochzeit, Kerzen und Händchenhalten? Weshalb sagt mir mein Instinkt, dass er eher einen ménage à trois in seinen Phantasien hatte? Denn Darla und Dru haben ihm genügend Material und Ideen für dich und Buffy in Gedanken gegeben. Blutige Variationen eines Themas.“

 

Legt die Arme schützend um ihren Oberkörper, defensiv, „Ich kenne eure Motive, Spike, du musst sie mir nicht erläutern.“

 

Spike hebt den Kopf von seinen Unterarmen und lehnt sich aggressiv vor, „Kennst du sie, Cor? Warum wendest du sie dann nicht auf deinen Angel an? Warum passt er nicht in die Schublade, die du für ihn eingerichtet hast?“

 

Weil er zwischenzeitlich eine eigene Ebene in ihrem Geist bekommen hat, aber Cordelia ist davon überzeugt, dass Spike es nur als weitere Ausweichtaktik ansehen würde. Ihr Wissen zu diesem Thema war ausreichend genug, sie hat sich mehr als einmal in diesem Labyrinth verloren und keine Intention dorthin zurückzukehren. Das ging sie nichts an, waren nicht ihre Instinkte und die Einblicke, die Angelus ihr gegeben hatte, waren widerwärtig genug und die Visionen taten ihr übriges, um sie vor diesem Irrgarten aus abstruser Sinneslust zurückschrecken zu lassen, die keine Regeln kannte.

 

Cordelia will vor allem keine endgültige Antwort von Spike bekommen, die dieselben Gedankengänge in ihm offenbarte. Gott, sie wusste doch zwischenzeitlich genau, wie sehr sich Vampire von Menschen unterschieden und deren Vorlieben zu Eskapaden offenkundig waren.

 

Egal, ob es sich um Gewalt oder Sex handelte. Mit Seele. Ohne.

 

Es war das, was sie anfeuerte jede Nacht. Jede Sekunde ihres Unlebens.

 

Spike fährt dagegen höhnisch fort, „Weshalb konnte Angel nicht in Sunnydale bleiben, Cheerleader? Weil er seine verdammten Instinkte in Buffys Nähe nachgab, die Verlockung sie auf Patrouille einfach auf das Gras zu werfen und sich in ihr zu vergessen zu groß war. Weil er der Versuchung aus dem Weg gehen wollte und in LA eine neue entdeckte, der er sich Stück für Stück ergab. Eine Sucht mit einer anderen ersetzte, wie der Junkie, der er ist.“

 

Ihr Protest klingt schneidend, „Du kennst Angel nicht.“

 

Und sie weiß, dass sie ihr ein weiterer Fehler unterlaufen ist, denn seine Erwiderung ist schärfer, „Oh, ich kenne Angel, meine Süße.“

 

Und sie glaubt ihm. Das ist der Teil, der schmerzt.

 

Spikes Lächeln ist wieder so verdammt anmaßend und er nickt langsam, „Buffy und du, ihr könnt euren großen Illusionen über den tragischen Helden nachhängen. Aber die Konfrontationen, die ich mit der Seele hatte, liefen nicht sehr viel anders ab, wie in der glorreichen Vergangenheit. Vielleicht ohne einen Fick oder Auspeitschen, aber ich weiß, dass mein Grand Sire noch in ihm steckt. Verhüllt unter der brüchigen Maske von Zivilisation und Heldenmut. Diese Seite zeigt er nur nicht gerne den Menschen, die er nicht verlieren will. Seiner kleinen menschlichen Familie und ihr habt es ihm einfach gemacht, indem ihr weggesehen habt. Aber seine Triebe schlafen nicht, sind nur besser versteckt und seine Zerstörungswut hat ein anderes Ziel. Ich frage mich nur, weshalb du solch immensen Schwierigkeiten mit diesem Wissen hast, wenn du doch scheinbar begriffen hast, was ein Vampir ist?“

 

Der Sarkasmus tropft von seinen letzten Worten, wie klebriger Honig und sie bleibt an ihm hängen. „Denn dein Angel war nie etwas anderes und ist nichts anderes.“

 

Sie sollte sich von Unterschieden fernhalten und vermeintlichen Sicherheiten, aber sie kann nicht anders. Ist es so sehr gewöhnt, Angel zu verteidigen, dass es ihr in Fleisch und Blut übergegangen ist.

 

„Die Seele macht den Unterschied aus.“ Ihre Stimme kippt und der Einspruch klingt selbst in ihren eigenen Ohren verzweifelt und angestrengt.

 

Den eigentlichen Punkt verfehlend. 

 

Sein Lächeln wird noch kälter und Cordelia weiß, dass es besser gewesen wäre, wenn sie den Mund gehalten hätte. Boshaft, „Tut sie das? Hat er sich bei dir entschuldigt oder war er so sehr damit beschäftigt einen Griff um seine Gefühle zu bekommen, dass er deine wieder außen vor ließ?“

 

Spikes Augenbraue ist oben und er beantwortet seine gestellte Frage überzeugt und siegesgewiss, „Weißt du, was er in dem Moment gedacht hat, als er wiederbeseelt war? Verdammt! Und es hatte sehr wenig mit deinem Trauma zu tun, sondern einzig und allein mit dem Umstand, dass er diese Wärme nicht aufgeben wollte und dein Blut. Er die Umstände vielleicht bedauerte, die dazu führten, aber nicht den Akt selbst und kannst du ihm dieses Denken verzeihen? Mit all deinem Verständnis und deiner Liebe für ihn? Mmh?“

 

Beißt sich auf die Unterlippe, denn diese Frage ist eine, die nur die Zeit beantworten kann und ihre gemeinsame rinnt durch ihre Finger. Cordelia ahnt, wohin diese Unterhaltung führt und zwar nicht in zwangloses Lachen oder das Vergessen ihrer Sorgen.

 

Das hier ist ein Wettbewerb um ihre Gunst, nicht im romantischen Sinne, sondern Spikes Ungewissheit, wer mehr wert ist. Sein Grand Sire oder er. Wessen Existenz mehr Daseinsberechtigung hat und sie würde sich gerne für Spike entscheiden, weil er es wert wäre. Er genug verloren hat und so wenig für sich fordert. Weil es so anspruchslos wäre, so ungekünstelt und frei. Aber uralte Prophezeiungen sprechen eine eigene Sprache, teilen sie dem anderen Vampir als dessen Seherin zu und dass ihr Schicksal untrennbar mit dessen verwoben ist. Sie hat keine Wahl. Niemals gehabt. Daran ändern ein paar Wochen auf der Straße nichts und das ist kein Bekenntnis zu seiner vampirische Natur mehr. Sie kann nicht denselben tiefschwarzen Hass für Angel empfinden, den Spike in sich trägt.

 

Ihre Stimme ist dumpf, „Hast du dich jemals verraten gefühlt, als er euch wegen der Seele verließ? Damals anno 1898?“

 

Spikes Blick flackert, „Nein, niemals.“

 

Er war ebenso schlecht im Lügen wie sie und das sollte sie beruhigen. Tat es aber nicht.

 

Verhalten, „Warum hast du dann alle Antworten im Bezug auf Angel?“

 

Die Anspannung kehrt in seine Miene zurück, als er die nonchalante Maske fallen lässt, „Ich kenne ihn. Das ist der Grund, ich weiß, wie er tickt und was ihn antreibt. Ich verstehe nur eure verdammte Heldenverehrung seines Charakters nicht. Ihr könnt doch nicht alle so blind sein und in ihm den Märtyrer ohne Grund sehen. Er hat jeden Grund wie einer zu leiden, das ist wahr. Jeden, den du dir auch nur im Entferntesten vorstellen kannst, aber keinen sich als Schlachtopfer zu sehen. Gottverdammt! Mich beunruhigt schon der Gedanke, dass ich versucht habe Buffy zu vergewaltigen und er hat dich nicht nur vergewaltigt, sondern für die Welt gebrandmarkt und es ist okay?“

 

Die absolute Ungläubigkeit seinem Ton wird nur von dem Unverständnis in seinem Gesicht übertroffen. Nach einem tiefen Atemzug hat er sich wieder soweit unter Kontrolle, dass er ohne Brüllen weitersprechen kann, „Jeder deiner zukünftigen Liebhaber wird dich fragen, woher die Rose stammt, nicht unbedingt mit Worten, aber mit Gesten. Du wirst in jeder Nacht an ihn erinnert, die du mit einem anderen Mann oder Dämon verbringst. Für den Rest deines langen Lebens, weil du ihm seine wohlverdiente Verdammnis abgenommen hast. Ohne dass er darum gebeten hat oder es sich verdient. Fuck, Cordelia, das ist so krank, ich kann dir noch nicht einmal sagen, gegen wie viele kosmische Naturgesetze das verstößt. Und du liegst hier und nimmst die Bürde auf dich, als ob es Nichts wäre. Als ob es deine Schuld wäre. Es ist seine. Seine und daran ändert die Seele nichts!“

 

Er hat gegen Ende seines Monologs wieder angefangen zu schreien und Cordelia denkt, dass es gut ist, dass er nicht Gefahr läuft einem Herzinfarkt zu erliegen. Galgenhumor, sie erinnert sich daran, dass sie ihn das letzte Mal ebenfalls in Gegenwart eines seelenlosen Vampirs gefühlt hat.

 

Dass sie jetzt ebenso auf den Exitus eines Traumes zusteuert.

 

Ihre Augen brennen sich in seine und sie versucht ihn nieder zu starren, ihn dazu zu bewegen, das Gespräch fallen zu lassen. Aber Spike verzieht nur spöttisch den Mund bei ihrem Versuch. Nicht beeindruckt von ihrem Blick oder ihrem eindeutigen nonverbalen Wunsch nicht über dieses Thema zu reden. Spikes Hand zieht plötzlich das Laken weg, Cordelia ist kurz zu verblüfft, um zu reagieren und er schnappt sich ihren Oberschenkel, legt die Narbe bloß. Seine Augen tragen das Duell von gerade weiterhin aus, während seine Hand die Rose bedeckt.

 

Die Intensität in Spikes Blick ist beinahe zuviel, macht sie schwindelig, der Alarm in ihrem Kopf wird lauter, „Deine Visionen lassen dich sehen und fühlen und dir gefällt nicht, was du in den dunklen Ecken seines Geistes findest, aber es nicht neu. Es ist das, was immer unter der Seele liegt und es wird nie verschwinden oder vergehen. Nie weniger werden. Es bleibt dort und lauert auf eine winzige Gelegenheit, sich zu entfalten und weiter zu wachsen, die Überhand zu gewinnen, bis die Seele vom Dämon kontrolliert und dominiert wird. Du hast ihn noch nicht für diese Welt gerettet, sondern nur seine Galgenfrist hier verlängert. Eine weitere Fessel um die Seele geschlungen, in der Hoffnung, dass es reicht, um den Dämon endgültig zu fixieren. Denkst du, dass es reicht, Kwé? Glaubst du das?“

 

Cordelia beißt die Zähne zusammen, um den Fluch zurückzuhalten und die Bestätigung seiner Worte. Ja, es musste reichen, weil sie es müde war und ja, es tat weh und sie war sich nicht sicher, ob sie jemals gegenüber Angel die Realität seines festgeschriebenen Pfades nach seinem irdischen Ende aussprechen konnte. Ihm diesen Ausweg zu präsentieren, käme eines Todesurteils gleich. Weil es zu einfach für ihn werden würde, er unter Umständen schlicht seinen Tod provozieren würde

 

So wie sie nach der Rückkehr in ihr Leben versucht war, liegen zu bleiben.

 

Bevor sie sich benommen aufraffte, um Heil in der Flucht zu suchen und zu finden. Selbst wenn es die ins Jenseits gewesen wäre, wenn sie Angelus in dieser Dimension nicht hätte anders entkommen könnte. Sie die Chance wahrgenommen hätten, wenn es nur den Schmerz gestoppt hätte. Sie Angel hier braucht, auch wenn sie ihn zurzeit nicht an ihrer Seite ertragen konnte, es das war, was er sich ebenfalls verdient hatte. Wiedergutmachung sein Schicksal ist und wenn er einzig und allein in ihrer Schuld stand, dann war es für sie kein Grund ihm zu vergeben, dann würde sie diese gnadenlos einkassieren.

 

Sie egoistisch genug dafür war. Ohne schlechtes Gewissen.

 

Und Spike holt zu seinem nächsten Schlag aus, nachdem er ihr Zeit gelassen hatte, seine Worte einwirken zu lassen. Beißend, „Egal, ob er sich im Besitz einer Seele befindet oder nicht, Angel bleibt ein Vampir. Nur hast du zu spät verstanden, was in ihm vorgeht oder glaubst du, diese Rose ist spontan entstanden? Nur einer Eingebung folgend? Nah, sieh dir die Perfektion an und dann denk nach, Cordelia. Denn ich weiß bis heute nicht, wie er es geschafft hat, sie permanent zu halten und ich habe lange über sie nachgegrübelt, während du in die Matratze geweint hast. Denn ich bin ein Vampir und Schmerz sollte mich nicht in den Wahnsinn treiben, sondern anturnen. Dein stummes Weinen sollte mich hart machen.“

 

Der Traum ist tot und sie kann nichts anderes tun, als ihn begraben.

 

Der Warnruf in ihr verstummt, sie hat ihre Antwort.

 

Braucht keinen Alarm und Bewegungssensor mehr, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass Spike zu nah an ihr dran ist für sein eigenes Wohl. Dass es Zeit ist, dass sie ihn wegstößt, um nicht ein weiteres Leben auf ihrem Gewissen zu haben, das von ihr zerstört wurde. Sie kennt Spikes rote Knöpfe, die sie nicht drücken sollte, um ihn nicht explodieren zu lassen. Die plötzliche Stille in ihr ist unheimlich und effektiv, so lässt sich ihre Vernunft leichter auf die kommende Konfrontation einschärfen. Ihre Konzentration ist bei den Auswegen, die sich ihr anbieten und die Lösung so einfach, dass es quälend ist.

 

Eisig, „Und hat es dich angeturnt, Spike?“

 

Seine Hand fällt von ihr ab, als ob er sich verbrannt hat und sein Blick flackert einen Moment, bevor er sich wieder fängt. Er diesmal keine Lüge präsentiert, sondern die Wahrheit. „Ich finde es tragisch, dass du von all meinen Sätzen, dir ausgerechnet diesen aussuchst, um ihn zu analysieren.“

 

Sie ebenso, aber das ist keine Tatsache, die sie mit ihm teilen kann.

 

Die Spur von Traurigkeit in seinem Tonfall lässt fast ihre anzügliche Maske einstürzen.

 

Aber die Alarmglocken in ihrem Kopf sind in ihrer Grabesstille laut genug, um nicht nachzugeben, nicht wenn er sich so weich anhört. Als ob er bereit wäre, sich für sie zu opfern, weil es nicht fair wäre und sie heute weiß, wie der Begriff von den Mächten definiert wird. Sie weiß, dass Spike von ihrer Gefühlskälte abgestoßen wird und sie sich keine Schwäche erlauben darf, wenn er überleben soll. Er ihr genug Lektionen mitgegeben hat, um diese Schlacht eventuell zu gewinnen, zusammen mit Marthas Warnungen.

 

Das hier ist ihre Abschlussprüfung.

 

Das hier ist ihre letzte Chance, ihn auf einen unabhängigen Pfad von ihrem zu setzen, einem der keine tragischen Auswirkungen auf sein Unleben beinhaltet. Einem, der ihn zurück nach Sunnydale zu seinem Slayer und seinem Krümel schickt, wo er hingehört. Wo er in relativer Sicherheit weiterleben kann. Nicht an ihrer Seite. Nicht mit einem Schadensersatz, der allein in ihre Hände fällt.

 

Deshalb mokierend von ihr, „Nun?“

 

„Gottverdammt ja! Das ist es doch, was du hören willst!“ Er brüllt und sie lächelt ihn weiter spöttisch an, weil es alles ist, was sie tun kann, um nicht in Tränen auszubrechen.

 

Sardonisch, „Das ist, was du bist, Spike. Gefangen in dem Teufelskreislauf seine gebrochenen Puppen zu reparieren, bis es für ihn Zeit ist, in die nächste Runde mit uns zu gehen. Er ist der Puppenspieler, wir sind die Marionetten und was bist du? Geppetto oder Pinocchio? Wirst du eines Tages ein echter Junge sein? Willst du es? Oder liebst du seine Art zu sehr, an deinen Fäden zu ziehen, als dass du dich von ihm befreist. Immer in seinem Schatten.“

 

Er ist um Sachlichkeit in seiner Stimme bemüht und scheitert, der Schmerz ist da, „Ich habe mich vor einer langen Zeit von ihm befreit und in seinem Schatten stehe ich schon gar nicht.“

 

Zynisch, „Tatsächlich? Warum verrichtest du dann Drecksarbeit als sein Lakai, anstatt deinen eigenen Wünschen nachzugehen? Warum bist du nicht in Sunnydale als Schmied deines eigenen Schicksals?“ Sie hasst sich selbst, hasst ihre erniedrigenden Worte und die herbe Enttäuschung, die sie in seiner Miene wahrnimmt.

 

Setzt zum Todesstoß für all seine guten Absichten an, „Die Wahrheit ist die, dass du nur ein Bruchstück von ihm bist. Nicht mehr. Niemals mehr. Und wir alle wissen das zu genau, um dir mehr als unser vorübergehendes Mitleid entgegenzubringen.

 

Wartet auf seine Reaktion, die Explosion ihres Gemisches und einen Moment sieht es so aus, als ob er sie schlagen würde. Die Gewaltbereitschaft geradezu blendend von seinem Gesicht ausstrahlt und ihn noch dämonischer wirken lässt als sein Game Face. Seine Augen das blaue Feuer von ungeschliffenem Verrat in sich tragen.

 

Cordelia verbannt ihre Gefühle tief unter die Maske der Eiskönigin. Die Maske so fest auf ihrem Gesicht sitzt, dass sie es nicht wagt zu atmen, aber Sauerstoff ist überbewertet, wenn es um sein Leben geht und so verzichtet sie darauf. Verdrängt ihre Bedürfnisse. Drängt sie zurück. Drängt sie nieder. Hält sie dort, hält seinen Blick und hält die Luft an.

 

Spike wieder auf der Grenze ist und ihn diesmal seine Aggression dorthin getrieben hat.

 

Es noch immer gut für ihn wäre, wenn er sie endgültig loslassen würde. Es das Beste in seinem Sinne wäre, sie sich noch immer nicht gegen ihn wehren würde und sie weiß, dass er damit heute die Ausnahme von der Regel bildet, weil sie jetzt so verdammt viel zu verlieren hat.

 

Dann ist der Moment vorbei.

 

Etwas fällt von ihm ab und seine Miene wirkt so leer, dass es ihr Angst macht.

 

Ernüchtert, „Dann will ich nicht länger dein Mitleid an mich verschwenden, Cordelia.“

 

Cordelias Kehle zieht sich zusammen, ihre Zähne fest zusammengebissen, um den Hilfeschrei drinnen zu halten. Erstarrt in Bewegungslosigkeit, weil wenn sie ihm eine Entschuldigung schuldig bleibt, er sein Leben wiederbekommt und sie diesen Preis zahlen muss. Es ihre Wahl ist. Eine bewusste.

 

Eine Entscheidung, die sie krank macht, aber nicht umbringt.

 

Spike steht langsam auf, zieht sich an und geht ohne einen Blick zurück.

 

Das Knallen der Haustür zerstört den Eindruck eines leisen Abgangs. Cordelia hört wie der DeSoto aufheult und das Röhren in der Nacht verschwindet. Sitzt benommen in dem dunklen Zimmer und sie weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, bis die Maske von ihr abfällt und sie sich den Zusammenbruch gestattet.

 

Zieht die Decke über ihren Körper und lässt all die aufgestauten Tränen gehen. Die Schluchzer werden von dem Kissen erstickt und sie presst ihr Gesicht so tief hinein und kann seinem Geruch trotzdem nicht entkommen. Das Mantra, dass es richtig war, ihn freizulassen unvernommen durch ihren Schädel hallt. Sie wegen Angel weinen sollte, ihren eigenen verworrenen Gefühlen und ihrem Egoismus, es vielleicht auch tut, aber der Großteil ihrer Tränen geht auf Spikes Konto, weil er etwas besseres, als diesen grotesken Abschied hier verdient hat.

 

Etwas anderes, als einen Streit über Angel. Ihre giftige Zunge.

 

Sie Spike auf Abstand bringen musste, um ihn nicht zu verbrennen und er so nahe dran war, ein Inferno in ihrem Innern auszulösen, weil sie durch ihn zuviel versteht und Wissen fatal sein kann.

 

Ihre Liebe nicht gesund ist und tödlich sein kann. Vor allem für ihn.

 

Lacht bitter zwischen ihren Schluchzern, denn Liebe ist immer eine passende Entschuldigung dafür, zu verletzen und verletzt zu werden. Sogar ihre gebrochene Vorstellung davon ausreicht, um ihm das Messer ins Herz zu jagen und es in der Wunde noch einmal umzudrehen, damit die Botschaft ankommt. Damit er geht, sie alleine in ihrer Misere lässt. Ihr Weg hieraus einer ist, den sie am besten allein beschreitet, weil soviel Gefahren vor ihr liegen, die allein ihre Schuld sind und sie sich nicht den Luxus von Gesellschaft erlauben kann. Sie diese Ohnmacht abstreifen muss und lernen, keine weiteren Opfer zu zulassen. Weil es sie verletzbar macht und angreifbar.

 

Cordelia jetzt alles weiß, was sie für ihr Schicksal wissen muss und Spike einen festen Platz in ihrem Herzen haben wird. Aber der an ihrer Seite zu riskant ist, um sein Leben für ein selbstmörderisches Unterfangen zu verschwenden und sie erlaubt sich ihre Tränen, weil sie weiß, dass sie sich für eine lange Zeit nicht mehr den Luxus von Selbstmitleid gestatten kann oder Gefühlen.

 

Der Gedanke in die Hölle zu fahren, sie nicht so einschüchtert, wie er sollte, weil sie selbst nicht davor zurückschreckt, dorthin zu schlagen, wo es am meisten schmerzt. Es nicht viel schlimmer sein kann, wie ihr diesjähriges Leben und sie trotzdem einen Auftrag hier zu erledigen hat. Sie schuldet Spike eine aufrichtige Entschuldigung, wenn sie all das hinter sich gebracht hat und hofft, dass er sie und ihre Gründe anhört und ihr verzeiht.

 

Eine persönliche Mission und sie denkt an die Zeiten, als es einfacher war.

 

Die Erinnerung, wie die Rose auf ihren Innenschenkel kam, gehört zu dieser Zeit. Der Schleier des Vergessens reißt und offenbart ein Bild, das in all seiner bizarren Verdrehung surrealistisch wirkt und sie nicht an ein Gemälde im Louvre erinnert, sondern nur an Wahnsinn.

 

Sie noch nie bei einem Rückblick das Gefühl hatte, über ihre Furcht zu lachen, aber jetzt kämpft sie gegen das Bedürfnis an. Ihr Herz momentan blutet und die verzweifelte Frau dort, sich nicht mehr vor den gleichen Dingen fürchtet wie sie, denn sie ist machtlos. Nur ein Instrument, ohne den Luxus von Entscheidungen und das macht es leicht ihren Zweck zu erfüllen. Zu überleben.

 

Cordelia hält Angelus beschäftigt und sie weiß nicht, wieso. Nicht wirklich.

 

Sie weiß nur, dass dies ihre Aufgabe ist und es für irgendjemand wichtig war. Vielleicht für sie selbst. Vielleicht für die Welt. Die Grenze ist nicht mehr so klar und sie denkt, dass es sich so anfühlen muss, wenn man übergeschnappt. Verrückt wird. Gleichzeitig die Frage durch ihren Schädel hämmert, ob man irre ist, wenn man noch darüber nachdenkt. Ob man geisteskrank sein kann, wenn man nur einen Körper besitzt.

 

Schließt das eine nicht das andere aus?

 

Aber sie behält diese hypothetische Fragen für sich, weil der Dämon an ihrer Seite eine andere Form von Kommunikation vorzieht und so schreit sie ihm süße Nichtigkeiten in sein Ohr, wie ‚Fick mich härter!’ Und die Dualität ihrer Gedanken macht sie ein wenig nervös, weil sie nicht weiß, ob eine gespaltene Persönlichkeit sich so anhören würde, wie ihr Verstand. Ihr niemand einfällt mit dem sie das Problem diskutieren könnte, außer sie selbst und sie tatsächlich unterschiedliche Meinungen zu dem Thema vertritt und ihr überhaupt niemand einfällt, den sie kennt.

 

Sie neu hier ist und da um ihn zu entzücken.

 

Cordy hält sich und ihre Erinnerungen bedeckt, ist nicht mehr ansprechbar, hat sich irgendwo in den Hintergrund geschlichen und ihr den Weg freigemacht. Aber er scheint es nicht zu bemerken und irgendwie beruhigt sie das, weil es wichtig ist, Angelus beschäftigt zu halten und die Fassade zu wahren.

 

Ihn in den Glauben zu wiegen, dass er die Frau kennt, die sein Bett teilt.

 

Ihr der Grund hierfür nicht einfallen will.

 

Es irgendetwas mit Liebe zu tun hatte. Aber sie ist sich nicht sicher, ob es seine oder ihre oder die einer anderen war und ob es noch Geltung hat. Der Platz, den Cordy suchte, um sich vor ihm zu schützen jetzt ihr Körper ist und sie die Verbindung dazu aufgegeben hat. Die Erinnerungen nicht ihre eigenen sind. Denn sie war keine sterbende Hure. Sie war keine ewige Jungfrau. Sie war keine gefallene Heldin. Sie ist es dennoch. In ihrem Kopf. Es dadurch einfach wird, ihn zu unterhalten, weil ihr Körper nur noch auf Instinkte und Reize reagiert und nicht mehr auf ihre Kommandos. Aber auf seine. Es ist beinahe lustig, weil sie noch weiß, dass ihr das irgendwann einmal Schwierigkeiten gemacht hat. Sie weiß nur nicht genau wann.

 

Sie denkt, dass es sehr lange Zeit her sein muss, wenn sie sich nicht erinnert.

 

Weil die, die vor ihr war, eigentlich intelligent war.

 

Weil die, die vor ihr war, einmal ein anderes Talent, außer ihrem Körper besessen hat.

 

Die Zeiten hinter ihr liegen. Nur ein Leib, um zu gefallen und Freude zu spenden. Eine Hülle, die nicht leer ist, aber angefüllt mit neuen Sinneseindrücken und Sensationen, um ihn zu halten. Hier. Bei ihr. Er darf sie nicht verlassen, nicht gehen. Sie ist seine Kreation und er ist ihr Meister und sie fügt sich willig.

 

So viel zu erforschen mit dem unbrauchbaren Verstand, dass sie erschaudert vor all den Eventualitäten, die noch vor ihr liegen. Wahnsinn schmeckt süß auf ihren Lippen, wie sein Blut, das sie an die Oberfläche bringt. Nur fair, ein Handel der aufgeht, weil er unter ihren Händen zittert. Aus Wohllust. Tiefer gräbt, all die unsichtbaren Schleier von seinem Körper reißt und ihn in Ekstase aufschreien lässt.

 

Genießt die Explosionen, die sie verursacht. Genießt die Selbstzerstörung.

 

Es das Vergessen noch einfacher macht. Den Fokus auf den Augenblick leichter.

 

Die Nacht verwandelt sich in den Tag, die Schatten wandern von rechts nach links und sie hat sich schon in so vielen unterschiedlichen Positionen befunden, dass es schwer ist, den Überblick zu wahren. Es gut ist, dass sie Erfahrung besitzt und sie sich einfach seiner Führung anschließen kann, ohne zu denken, wenn sie an ihre Grenzen stößt.

 

Sie bemerkt irgendwann seine Erschöpfung, bietet ihm ihre Kehle an und er streicht unsicher über den Punkt, wo er sie unter der Dusche gebissen hat und später. Vor nicht allzu langer Zeit. Murmelt unter seinem Atem, dass das Mal verblasst ist. Sie will ihn nicht enttäuschen und biegt ihren Kopf weiter zurück, sagt, er soll es erneuern. Bietet sich noch offener dar und der Biss ist erotischer, als sie ihn in Erinnerung hat.

 

Die Erotik jedes Mal jungfräulich. Seine Fänge, die ihre Haut durchschlagen und sie bluten lassen und sie fragt sich, ob er das andere Blut vermisst. Aber er stillt nur seinen Hunger an ihr, zieht sich zurück, bevor sie ohnmächtig wird und sie denkt, dass das wichtig ist.

 

Aber sie kann ihr Motiv nicht ausmachen, nur ihren Wunsch ihn zu befriedigen.

 

So wie sie nicht versteht, warum er sie fesselt, bevor er sich schlafen legt. Wohin soll sie gehen, ihr Platz ist neben ihm und sie würde ihn nicht verlassen, nicht wenn ihr jemand das Paradies versprechen würde. Aber irgendwie scheint ihn das zu beunruhigen und die Worte ihn zu begütigen, entziehen sich ihr.

 

Er sagt, „Schlaf!“ und sie tut es.

 

Es ist wichtig seinen Regeln zu folgen. Wenn ihr nur der Grund einfallen würde.

 

Sie fragt sich, ob alles einen Grund haben muss und schläft mit diesem Gedanken ein.

 

Die Nacht hat sich bereits wieder über die Villa gesenkt, als sie erwacht. Allein und sie fühlt die Panik. Die Angst verlassen worden zu sein und sie weiß, dass das nicht richtig ist, er darf sie nicht verlassen und ihr Körper zittert und ihr Verstand röhrt auf, sagt, dass sie wieder versagt hat.

 

Warum kann sie nicht wach bleiben? Weshalb muss sie immer wieder einschlafen? Wann versteht sie endlich, dass all die bösen Dinge im Schlaf geschehen? Wie dumm ist sie eigentlich, dass sie sich nicht einmal die elementarsten Dinge merken kann?

 

Und sie argumentiert, dass es das war, was er wollte und sie sollte ihn doch zufrieden stellen. Das war es doch, weshalb sie überhaupt hier war. Es war nicht fair, dass er sie ausgetrickst hatte und hier gefesselt zurückgelassen. Wie sollte sie ihm zu Diensten sein, wenn er nicht da war? Es war nicht fair und sie windet und zerrt an den Fesseln, bis sie sich so tief in ihre Handgelenke und Fußknöchel schneiden, dass sie ihr gesamtes Gefühl, in den Fingern und Zehen verliert. Ihr Blut warm über ihre Haut fließt.

 

Aber sie liegt erst still, als sie ihre Arme und Beine nicht mehr fühlt.

 

Ihre Erleichterung als das Licht angeht und er in das Zimmer tritt, treibt ihr Tränen in die Augen und sie bringt ein zittriges Lächeln zustande, bebend, „Du bist zurück.“

 

Seine Augenbraue geht hoch und sie nimmt das Blut auf seinen Kleidern wahr, die dunklen Spritzer, die über die schwarze Seide und das Leder ungleichmäßig verteilt sind. Ihn noch unheilvoller wirken lassen und sie spürt den Schock in sich und kanalisiert ihn in Erregung, weil sie nichts daran ändern kann, dass er diese Opfer niedergeschlachtet hat und ihr Ekel ihn nur zu weiteren Lektionen treiben wird.

 

Und sie hat die wichtigen verstanden, braucht keine Wiederholung.

 

Keine Wiederbelebung der Tortur. Keine Opfer als Augenzeugen ihrer Dummheit.

 

Er neben dem Bett zum Stehen kommt und mit einer untrüglichen Befriedigung ihre aufgeschürften Gelenke in sich aufnimmt. Sein Lächeln ist teuflisch und sie erwidert es mit einem seltsamen Stich, er war wieder da, das war alles was zählte. Nichts das fehlte.

 

Sie ist dankbar dafür.

 

Rutscht näher an ihn heran, als er sich auf das Bett setzt. Soweit, wie es ihre Fesseln zulassen und sie spürt die Angst und ordnet sie als Lust ein. Sie fühlt Abscheu und filtert sie auf Leidenschaft. Sie spürt ihren Hass erneut hoch kochen und lässt es zu.

 

Seine Stimme ist nachsichtig, „Ich hatte einige Besorgungen zu erledigen, Cor, nach der gestrigen Nacht war ich der Meinung, dass du dir ein Geschenk verdient hast. Ich wäre nie davon ausgegangen, dass du den Deal mit soviel Begeisterung erfüllst, nachdem sich mein eigentlicher Plan nicht so erfüllt hat, wie ich es dachte. Aber dein Verhalten schreit nach einer Belohnung. Du warst ein gutes Mädchen.“

 

Sie lächelt beglückt. Sie war ein gutes Mädchen, natürlich war sie das.

 

War sie das nicht immer? Sie ignoriert die Stimme in ihrem Kopf, die sie aufzieht und fragt, was ein gutes Mädchen in seiner gottverdammten Gesellschaft zu suchen hat. Denn er ist nicht gut. Aber ebenso wenig ist es die Stimme in ihrem Kopf.

 

Sie bringt sie zum Schweigen und besinnt sich auf ihn. Auf den Schmerz.

 

Sie lächelt einladend. „Was hast du mir mitgebracht, das ich dir nicht bieten konnte?“

 

„Etwas Heiliges.“ Und sein Grinsen ist mysteriös und sie stimmt ihm vorbehaltlos zu, nichts hier ist heilig. Nichts makellos. Und er holt eine Flasche aus der Segeltuchtasche, die sich einmal in Joshuas Besitz befunden haben muss und stellt sie auf den Nachttisch. Und sie überlegt, was er damit vorhat, während er sich seiner Kleider entledigt.

 

Seiner Ausführung mit halbem Ohr zuhört, „Du heilst schneller als ein Vampir und deshalb benötige ich etwas göttliche Unterstützung, um dich als mein Besitz zu brandmarken. Die Lösung war erstaunlich einfach, ein Trick, den mich Darla gelehrt hat, um meine Tätowierung für die Ewigkeit einzubrennen.“

 

Darla war eine ausgesprochen gute Lehrmeisterin und sie schweigt, denn er wäre nicht erfreut über die Erinnerungen, die sie mit ihm teilt und sie lächelt ihn stattdessen sinnlich an. Er setzt sich rittlings auf ihren Bauch, während er die Flasche vorsichtig handhabt und sie den Giganten vor sich wahrnimmt, der ihr Blickfeld ausfüllt. Ihre Welt. Er ist ihre Unendlichkeit. Seine Finger sind fordernd auf ihrer Kehle und er dreht ihren Kopf, der Biss ist tief und der Blutverlust macht sie schwindelig. Seine Erektion auf ihrem Bauch ist schwer, wird härter mit jedem Schluck, mit jeder instinktiven Abwehrbewegung. Und sie windet sich und er beißt fester zu, saugt ihr Leben aus ihren Adern, zieht sich schließlich befriedigt zurück, als sie kraftlos unter ihm liegt. Ihre Stärke in ihm.

 

Ihre Atemzüge sind flach und seine Stimme ist weit weg, „Das hier wird wehtun, Cordy. Genieß es.“

 

Ihre glasigen Augen sind auf seiner Dämonenmiene fokussiert, seine Finger krallen sich in ihr Haar, fixieren ihren Kopf und dann das Zischen von Weihwasser, das etwas Unheiliges trifft. Sie. Ihren Hals und sie schreit. Schreit, wie sie seit gestern nicht mehr geschrieen hat, als er den Teil von ihr getötet hat, der ihr Herz enthielt.

 

Aber der Schmerz ist zuviel. Rüttelt die anderen wach. Pulsiert in ihren Adern.

 

Mit jedem Schlag ihres Herzens den Flächenbrand in ihrem Innern weitertreibt.

 

Und sie hört ihn Lachen. Hört sein verdammtes Lachen unter ihrem gellenden Schrei.

 

Bäumt sich auf und wirft ihn von ihrem Körper, intuitiv, weil sie ihn gerade nicht in ihrer Nähe erträgt und Angelus knallt auf die Marmorfließen außerhalb ihres Sichtfeldes. Sein Lachen verstummt, in denselben Moment als sie ihren Schrei endlich einfängt. Mit der Distanz zwischen ihren Leibern, dem fehlenden Hautkontakt ist es einfach wieder zu denken und sich nicht vom Höllenfeuer in ihren Venen konsumieren zu lassen.

 

Er ist wütend, sie fühlt den Wechsel in seiner Aura von Überraschung zu jähen Zorn und sie weiß, dass sie das nicht wissen sollte. Es kein Wissen ist, das Cordy abrufen kann und ihre Kraft keine ist, die Cordy zur Verfügung stand, aber die Lederriemen reißen unter ihrem Zug und sie presst ihre Hand gegen seine Bisswunde und ihr Zorn nimmt es mit seinem auf, als sie ihn bemüht ausdruckslos anstarrt, nachdem er auf die Knie und zurück auf Augenhöhe kommt.

 

„Miststück“, nicht mehr als das Zischen einer Schlange. „Dafür wirst du zahlen.“

 

Ihre Stimme ist ruhig, als sie das Schweigen seiner Rachepläne bricht, „Du hast Darla ebenso abgeworfen, ohne es zu wollen, wenn ich mich recht erinnere und nicht wirklich dafür bezahlt.“

 

Seine Augen sind zu Schlitzen verengt, „Woher –"

 

Unterbricht ihn kalt, „Seherinnen sehen mehr, als deine begrenzten Augen wahrnehmen können. Wann wirst du endlich lernen uns nicht zu unterschätzen, Bastard.“

 

Und er zuckt vor ihr zurück. „Drusilla?“

 

Sie spürt das perlende Lachen seines Childes in ihrer Kehle brennen, unter seinem Biss, schüttelt den Kopf über sein mangelndes Verständnis. Er hat es nie kapiert, so wie er sich nie gefragt hat, woher sie all die Kunststücke kannte, die ihn letzte Nacht, um den Verstand gebracht haben. So eingeschränkt in seiner Sicht der Welt.

 

Flüsternd, „Willst du sie haben, Angelus? Soll ich dir ihre Geschichten von dem Engelsbiest erzählen, das Sterne verschlang und Nächte in Blutmonde tauchte? Willst du dein Childe hier in diesem Bett? Hier in mir? Mein Blut auf diesen Laken und ihren Schrei auf meinen Lippen?“

 

Er schüttelt fasziniert den Kopf, ist zurück auf dem Bett. Cordelia greift nach ihm und zieht ihn an seinem Nacken zu sich und er fügt sich ihrer Führung, zu bezaubert von ihr und seinen eigenen Obsessionen. Sie weiß, warum er von dem Mysterium der Seherin immer geblendet ist. Er hat nie verstanden, dass es einen Unterschied zwischen Realität und den Bildern gibt, die sie empfangen. Dass diese Zukunft nie so eintrifft, wie sie es sich wünschen und Drusilla hat eine andere Art zu sehen.

 

Schließt die Augen und konzentriert sich auf Drusillas Melodie. Das zweite Gesicht. Cordelia ist beeindruckt von der Leichtigkeit und Unverbundenheit. Sein Childe blickt nur unter die polierte Oberfläche, sieht nur Schatten der Zukunft und keine klaren Bilder. Flüchtige Schemen in der Finsternis.

 

Ihre Stimme ist beschwingt von all der Unbeschwertheit, die ohne Gewissen auskommt, „Sie ist glücklich ohne dich, die Sterne haben endlich eine Ordnung und Spanien hat die Männer, die sie sucht. Sie bumst gerade einen Matador in den stickigen Katakomben einer Stierkampfarena und überlegt, ob sie dich zum Großvater machen soll.“

 

Öffnet langsam die Augen und starrt ihn an, „Sie ist schön und sie ist stark, genießt zum ersten Mal ihr Unleben. Sollen wir sie dabei stören?“

 

Verneint mit der Bewegung seines Kopfes und zieht sie noch näher in seiner Umarmung, drängend, „Was siehst du noch, Cor?“

 

Ihre Augenbrauen gehen zusammen, was kann sie ihm erzählen, das ihn zufrieden stellt? Er ist für immer für diese Welt verloren, kann keine Höllen mehr entfachen, außerhalb dieses Schlafzimmers. Niedergeworfen, weil jemand sein Schicksal in die Hand genommen hat. Sie weiß, dass ihm diese Aussichten nicht gefallen und seine Existenz wie Sand durch ihre Finger rinnt. Konzentriert sich auf seine schwarzen Augen, die Intelligenz dahinter wird ihn nicht retten. Die Kreativität ist ausgespielt.

 

Ihr Blick geht zur Uhr auf der Kommode. Tick-Tock-Tick-Tock.

 

Streicht entschuldigend über seine Stirn und sie merkt, dass ihr Mitleid ihn nervös macht und so bleibt ihre Antwort rätselhaft, um ihn beschäftigt zu halten, denn das ist ihre Bestimmung. „Dinge, die dich nichts angehen und Ereignisse, die du nicht verhindern wirst. Entscheidungen, die nicht deine sind und Zeit, die schneller enteilt, als dir lieb ist.“

 

Ihre Zunge wandert über den Punkt, der seinen Herzschlag beinhalten würde, wenn er seinen nicht vor einer Ewigkeit verloren hätte. Seine Fingerspitzen sind auf ihrer Wange, bringen ihr Gesicht auf Abstand und drehen sie wieder in seinen Blick. Sein Interesse ist durchdringend, ihre Warnung ist milde, „Vorsicht, sonst verbrennst du dich am Fegefeuer. Deine Seherin ist aufopferungsbereiter, wie du ihr zugestanden hast.“

 

„Wie meinst du das?“

 

„Ssh, deine Zeit ist am abgelaufen, ihre Verdammnis sicher.“

 

Überbrückt die Verblüffung in seiner Miene mit einem tiefen Kuss, der seine Gedanken in andere Bahnen lenkt. Entlässt die vagen Bilder und Nebelfetzen aus ihrem Verstand und konzentriert sich auf seinen Körper. Die tatsächliche Klarheit und den Grund ihres Hierseins. Ignoriert das Brennen in ihren Adern. Drückt ihn zurück in die Matratze und klettert auf seinen Schoß, seine Abwehr ist einfach zu umgehen, sie kennt ihn. Besser als sie es sollte, aber Darla und Drusilla teilten nicht Jahrhunderte lang sein Bett, ohne den ein oder anderen Trick aufzuschnappen und so entledigt sie sich ihrer Fußfesseln, ohne dass er es bemerkt, bis sie ihn fragt, was er mit den Lederbändern vorhat, die sie verführerisch vor seinen Augen baumeln lässt.

 

Bondage-Spaß nicht wirklich reizt, wenn sie beide wissen, dass sie von den Fesseln nicht gehalten werden und bedauerlicherweise Eisenfesseln auf der Mode sind. Und sie können sich schlecht in sein Schlafzimmer im Hyperion schleichen, um dort unter den Augen ihrer Familie weiterzumachen. Hört ihn unter sich und ihren Worten stöhnen und ihr fällt eine Verwendung für das Leder ein und seine Augen brennen sich in ihre, während sie die Riemen um seinen Schwanz bindet und sie lächelt ihm wissend zu und er schüttelt verwirrt den Kopf. Kann mit diesem fremden Wesen in seinem Bett nichts anfangen und sie gräbt ihre Fingernägel in seine Brust bis Blut fließt und zermalmt seinen Verstand unter den fordernden Bewegungen ihrer Hüfte.

 

Denn er ist ein Vampir und sie weiß, wie diese lieben.

 

Verbrennt ihn mit ihrem Schweiß, der mit Weihwasser gemischt ist und der ihn brüllend zum Höhepunkt kommen lässt, weil er seinen Abstand nicht halten konnte. Sich instinktiv dem Sirenengesang ihres Blutes ergab. Die Kontrolle nicht wahren. Folgt ihm, weil es ihre Aufgabe ist, sich um ihn zu kümmern, bis sich die Umstände ändern und sie dabei jede Waffe einsetzen darf, die sich in diesem Schlafzimmer befindet, weil keine Menschenseele Zeuge ihrer Demütigung wird.

 

Denn die Erinnerung an das Gesehene verblasst ebenso schnell.

 

Wird ersetzt durch Geschehen.

 

Weil es okay ist, geöffnet unter ihm zu liegen und ihm freien Zugang zu ihrem Innenschenkel zu gewähren. Weil seine Zähne ihr Fleisch durchtrennen, seine Hände ihren Oberschenkel festhalten und ihr Blut fließen lassen. Schmerz Liebe unter Dämonen ist und sie ihn lieben muss, ansonsten würde sie ihn töten, denn es liegt in ihrer Macht und der Gedanke Blasphemie gleichkommt und sie ein gutes Mädchen ist.

 

Und gute Mädchen kommen in den Himmel und sie diesen in seinem Bett findet.

 

Weil diese Hölle sie hervorgebracht hat.

 

Ihr Schrei von seinem Mund geschluckt wird, als er das zweite Mal sein Weihwasser in dieser Nacht zum Einsatz bringt und die Rose verewigt. Weil er sie liebt und sie diesmal nicht das Bedürfnis hat, ihn auszulachen und stattdessen seine Hüfte verbrennt, weil sie nicht genug von ihm bekommen kann. Oder er von ihr. Sie denkt nicht, dass diese Unterscheidung noch wichtig ist, solange sie ihn in ihrem Bett hält. Oder Annas.

 

Sie nicht duschen brauchen.

 

Denn sie sind beide unheilig, schmutzig und atemberaubend schön.

 

Zumindest in der Dunkelheit dieser dritten Nacht.

 

War es wirklich der Gedanke, wie die Rose dorthin kam, der hierher führte?

 

Weil die Wunde nicht so schmerzt, wie sie sollte.

 

Cordelia die gähnende Leere ihres Bettes zu bewusst ist, die Spike hinterlassen hat. Denn sie hat heute Erinnerungen an prickelnde Leidenschaft, ohne den Wunsch sich zu vergessen.

 

Wird diese für nichts in der Welt tauschen oder hergeben, noch nicht einmal für Wissen.

 

Schon gar nicht für dämonische Liebe. Oder eine Rose.


For ever and ever - I am a part of -

Das Kriegsbeil in Form ihres Katanas steckt am nächsten Tag in der Erde, an der Stelle, wo der DeSoto stand und das schwarze Metal der Hülle glänzt matt in der Nachmittagssonne. Die schwarzen Seidenbänder wehen in der sanften Brise und Cordelia ist an die trügerische Ruhe vor dem Sturm erinnert.

 

Marthas wortloses Missfallen ist offenkundig, aber Cordelia ist sich keiner Schuld bewusst, starrt die alte Dämonin entschlossen über ihr Frühstück nieder, schließlich selbstbewusst, „Es war nicht sein Krieg, deshalb sollte es auch nicht sein Ende sein. Spike verdient mehr.“

 

Unheildrohend, „Es ist nicht an dir diese Entscheidung für ihn zu treffen, Kwé.“

 

Yeah, dafür ist es zu spät und sie bereut sie nicht, Martha seufzt und Cordelia gibt ihr ein halbes Lächeln. „Wenn du diesen Krieg verlierst, ist es unser aller Ende, vergiss das nicht.“

 

„Ich werde nicht verlieren und nicht vergessen.“ Cordelia ist davon überzeugt, vielleicht das erste Mal in ihrem Leben und Martha argumentiert nicht weiter, starrt nachdenklich auf das Schwert, das gegen den Küchentisch gelehnt steht.

 

Geistesabwesend, „Nein, aber du wirst nicht alleine gewinnen, das ist nicht dein Stil.“

 

„Du kennst meinen Stil nicht.“

 

Martha blickt auf, „Nicht so wie Spike? Ja, das ist wahr.“

 

Und Cordelia spürt die Röte in ihre Wangen kriechen und den Stich in ihrem Herzen und steht auf, spült ihr Geschirr ab und schnappt sich dann das Katana, streift die Hülle ab und kontrolliert die Schärfe der Klinge. Der Schnitt in ihrem Daumen bringt einen Tropfen Blut hervor und sie saugt ihn weg, beobachtet die Wunde beim Schließen.

 

Das unerwartete Lächeln in dem Gesicht der Indianerin als sie hinüberblickt, ist überraschend und Cordelias Argwohn ist geweckt, aber sie schüttelt nur verneinend den Kopf. „Geheimnisse sind mein Stil und dieses ist zu gut, um es zu teilen. Aber irgendwie habe ich trotzdem das Bedürfnis dir mitzuteilen, dass deine Aura beige ist und nicht mehr golden.“

 

Beißt die scharfzüngige Erwiderung hinunter und die spontanen Indianernamen, die ihr für Martha einfallen und deren harmlose Variante ‚Die die ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen’ oder ‚Die deren Humor nur von ihrer Subtilität in den Schatten gestellt wird’ lautet. Bitch würde auch passen und Cordelia lässt Martha das stille Vergnügen Salz in die Wunde zu streuen und belohnt sie mit Desinteresse.

 

Sie konnte mit ein paar Stichen gegen ihr Ego umgehen, außerdem hatte sie Spike nicht aus einem Job gefeuert, sondern nach hause geschickt. Zurück in sein Leben. Es bestand ein gewaltiger Unterschied zwischen Angel und ihr. Ihr einziges Problem war, dass Angel im Rückblick wie der Posterboy der zwischenmenschlichen Beziehungen wirkte und sie ziemlich sicher ist, in welche Kategorie, das sie in Spikes Augen verfrachtet.

 

Harmlose Variante? Herzlose Megäre. Nur mit mehr Flüchen und Verwünschungen.

 

Ihr Sozialleben war gelinde gesagt eine verdammte Katastrophe.

 

Positiv gesehen hatten die letzten Monate die Einschränkung von Leben auf Sozialleben gebracht. Und Apathie wurde durch Kontrollzwang ersetzt. Plus die Taubheit hatte dem übertriebenen Sarkasmus platzgemacht. Und die Selbstmordabsicht ohne Grund wurde durch eine Selbstmordmission ersetzt.

 

Yay, Cordy! Go team!

 

Ihr Blick kehrt zurück zu der Dämonin. Abwesend, „Sag mir noch einmal, was wir sind.“

 

Sawasmo we'onuk, aber das ist nicht deine Frage, richtig?“ Und Cordelia schüttelt den Kopf und Martha lässt die Gestalt der alten Frau hinter sich und die fließende Transformation ist noch immer bewundernswert. „Das sind wir. Ohne Masken.“

 

„Warum kann ich nicht –"

 

Martha unterbricht sie, „Du wirst es früh genug lernen, es erfordert nur etwas Übung und Konzentration. Du ziehst dein menschliches Aussehen vor und daran ist nichts auszusetzen.“ Die grüne Haut der Dämonin verwandelt sich zurück in menschliche und das zeitlose Gesicht einer jungen Frau tritt an ihre Stelle, „Wir versuchen die Aufmerksamkeit nicht auf uns zu ziehen, das ist Teil unserer Identität. Die alte Frau schützt mich vor unangebrachten Fragen, woher mein Wissen stammt oder Offerten, während sie mir gleichzeitig Respekt zusichert. Simple Tarnung. Was wir sind, ist nicht so wichtig, als das was wir sein können und was nicht.“

 

Die gleichen Grundsätze, die auch für Menschen galten, also hatte sie sich nicht so tiefgreifend verändert, als dass sie Existenzfragen ausweichen kann. Cordelia seufzt, „Sind wir unsterblich?“

 

„Jedes Wesen ist auf seine Art ewig, es ist nur der Mangel an Bewusstsein dafür, der den Unterschied zwischen Macht und Ohnmacht zeichnet. Die Ewigkeit ist eine lange Zeit und wir sind auf dieselbe Weise unsterblich wie Vampire. Zeit bindet unsere Körper nicht, wir sind losgelöst von dem Kreislauf des Lebens, nicht an ein irdisches Schicksal gebunden. Wir sind Zwischenwesen, die eigentlich in dieser Dimension nichts zu suchen haben. Genau wie sie. Entstanden aus demselben Motiv, derselben Essenz. Der einzige Unterschied ist, dass wir aus dem anderen Ende der Skala hervorgehen. Durchdringendes Licht.“

 

Cordelia fühlt sich verloren, tausend Fragen, die durch ihren Kopf schießen und Antworten verlangen. „Weshalb gibt es dann nicht mehr von unserer Sorte, warum habe ich in keinem Buch etwas über unsere Existenz gelesen?“

 

„Wenn du die Wahl hast zwischen Himmel und Erde, welches Schicksal ziehst du vor? Bindest du deine Seele an diese Welt, wenn du genau weißt, dass es ein ewiger Kampf ist?“ Marthe verneint mit einer Geste ihre Frage, „Vampire weichen ihrer Verdammnis aus, wir haben keinen Grund dafür, deshalb sind wir selten. Wir zogen diese Schattenexistenz dem ewigen Frieden vor und wir kämpfen nur solange, wie wir wollen, denn wir haben keinen Grund unseren Tod zu fürchten. Na ja, die meisten von uns.“

 

Leise, „Bist du auch verdammt?“

 

„Auf dieselbe Weise wie jedes Wesen das liebt.“ Martha lässt sich Zeit mit diesem Rätsel, schließlich, „Ich garantiere Schutz für die Generationen, die meine Familie folgte, die mich ursprünglich aufnahm und ich habe mein Schicksal in eigener Hand. Ich sehe Menschen sterben, die mir wichtig sind, es schmerzt aber nur, wenn sie vor ihrer Zeit gehen und ich fühle mich selten geneigt mich ihnen dort anzuschließen. Die Grenzen zwischen den Welten sind nicht so unüberwindbar, wie du im Augenblick meinst.“

 

Mit einem mysteriösen Lächeln, „Geisterwelten haben ihren eigenen Reiz und man baut Kontakte mit den Jahren auf, die sich als nützlich erweisen, um die Toten nicht zu vergessen, in Verbindung zu bleiben. Ich könnte sogar Höllen betreten, um meine Feinde leiden zu sehen. Das ist der Vorteil der guten Seite, Freiheit. Niemand der uns im Jenseits in Ketten schlägt oder Rechenschaft fordert. Das ist das, was du für ihn aufgegeben hast und es fällt mir schwer zu begreifen warum. Gerade weil du alt geworden bist, in welcher Hölle muss dein Angel geschmort haben, dass dir der Zutritt für immer verwehrt war?“

 

„Keine, die seine Seele verdient hat.“

 

Martha hebt die Augenbraue und verzichtet auf eine Erwiderung.

 

Das Gespräch ist von Cordelias Seite beendet und die Vorbereitungen für ihre Abfahrt sind schnell getroffen. Die Sachen, die sich im Haus befanden, genug, um einige Tage auf der Straße zu überleben. Die alte Corvette ein Geschenk von Martha und das Versprechen, sie wieder abzuliefern, wird mit einem sicheren Nein und ihrer Telefonnummer quittiert. „Sag mir einfach, wann du sie zu Schrott verarbeitet hast.“

 

„Ich bin eine bessere Fahrerin als du mir zutraust.“

 

„Du weißt noch nicht einmal im Ansatz, was ich dir alles zutraue und ich habe nicht von einem Unfall geredet, Kwé.“ Martha hält ihr ein schwarzes Bündel hin und nach einem Moment des Zögerns greift Cordelia danach, der Ledermantel in ihrer Hand wiegt schwer. Das Lächeln ist nachsichtig, „Er wird ihn von dir zurückfordern, sei dir dessen sicher. Früher oder später.“

 

Cordelias Nicken ist langsam, ihre Stimme spröde, „Hoffen wir auf Später, seinetwillen. Sonst noch einen weisen Ratschlag für diese Reise?“

 

„Vertrau auf deine Instinkte und vor allem auf dein Herz. Es wird dir den richtigen Pfad vorgeben, du bist nicht soweit gekommen, ohne zu wissen, wie man über seine Gegner triumphiert. Jetzt ist es an dir zu lernen, wie man es zu einer Kunst aus der Dunkelheit ins Licht erhebt.“ Die Hände auf ihrem Gesicht sind zärtlich, so wie der Kuss auf ihre Stirn von Zuneigung zeugt. „Pass auf dich auf, Cordelia Chase.“

 

Ihr Nicken ist ruckartig, „Du ebenso, Martha.“

 

Das gutmütig zuversichtliche Leuchten in ihren plötzlich smaragdgrünen Augen ist alles, was sie als Antwort bekommt und Cordelia wundert sich kurz, warum das junge Gesicht ebenso vertraut ist, wie das wettergegerbte. Wie wenig die Erscheinung mit der Identität zu tun hat und wie sehr Marthas Wesen durch jede ihrer Facetten strahlt. Dass die Dämonin vor ihr, dies mit Spike gemein hat, diese Ausgeglichenheit und Harmonie im Kern.

 

Wundert sich, ob all ihre Versuche, die einzelnen Aspekte zu trennen und einzeln zu analysieren und zu reparieren, nicht eine Strategie ist, die im Ansatz scheitern muss. Weiß, dass sie keine Identität von ihrem Blut erhalten kann, sondern nur durch ihre Taten und wenn sie all ihre Empfindungen zulässt, mit sich ins Reine kommt und aufhört wie ein Kontrollfreak, jede Regung ihres Herzens auf die kleinste Disharmonie zu überprüfen.

 

Eine Erkenntnis, die fundamental erscheint. Küsst Martha auf die Stirn und hält sie fest in einer kurzen Umarmung. „Auf Wiedersehen und Danke.“

 

„Gern geschehen und du weißt, wo du mich findest, wenn du mal über Entspannung und Selbstfindung nachdenkst, ja?“

 

Lacht ein offenes Lachen, „Oh ja, obwohl ich sicher bin, dass du mich nur noch mehr verwirren wirst. Bye.“

 

Steigt die Stufen auf den Vorplatz und wirft ein letztes Winken über ihre Schulter zurück, bevor sie in die Corvette einsteigt. Wirft den Ledermantel auf den Beifahrersitz, wo er ihr Katana verdeckt und startet den Motor. Lässt Martha und relative Sicherheit ihres Zuhauses hinter sich und fährt die staubige Landstraße in Richtung Osten, mit der Abendsonne und guten Wünschen im Rücken. Mut im Herzen, dass sie all das von ihr verursachte Chaos besiegen kann und nur einem leichten Ziehen, dort wo ihre Zerknirschung gegenüber Spike sitzt. Ihrem schauderlichen Verhalten, um ihn aus ihrem Leben zu kicken, wie einen räudigen Köter, der keine Zuneigung wert ist und zu lange nach den Krummen vom Herrentisch geschnappt hat.

 

Verdammt.

 

Ihre Faust schlägt auf das Lenkrad.

 

Hart genug, um es zum Vibrieren zu bringen. Leicht genug, um keinen Schaden zu verursachen, denn sie hat ihre Stärke heute unter Kontrolle. Muss nur noch an ihren Schwächen arbeiten.

 

Cordelia vermisst den Rauch und Spikes Gegenwart.

 

Füllt die Stille mit dem Radio, dreht es auf, um die ungewohnte Geräuschlosigkeit vom Beifahrersitz zu überbrücken, sucht eine Station, die sie an ihn und seinen Musikgeschmack erinnert. Kauft sich an der nächsten Tankstelle ein Päckchen Zigaretten, die sie ungeraucht zwischen ihren Fingern abglühen lässt. Es ist nicht viel, aber genug. Muss reichen. Konzentriert sich auf ihren Instinkt, wird von ihm auf ein entlegenes Feld geführt und findet eine neue Brutstätte der Dämonen, die sie sucht.

 

Um Mitternacht auf irgendeinem Feld Mitten im Nirgendwo.

 

Stört die Vorbereitungen deren Riten. Auflösung dieses Rätsels außerhalb von Gewalt zu finden, gestaltet sich schwieriger und sie merkt, dass sie heute Nacht nicht wirklich daran interessiert ist. Ihr der Nerv fehlt, Fragen zu stellen. Es einfacher ist, ihre Feinde nur abzuschlachten, ohne weitere Gedanken.

 

Aber sie hält sich mühsam im Zaum und den letzten Überlebenden als Geisel, ruft Wesley an und verlangt von ihm, dass er die Laute für sie in Worte packt. Den Ursprung der Bedrohung ausmacht und den nächsten Ort für ein Ritual. Wesley ist verwirrt von ihrer Entschlossenheit und der Nachricht, dass sie alleine ist und Spike nicht seinen Anweisungen folgen kann. Er einfach zuhören soll, was das für eine Sprache sein kann, welcher Dimension sie entsprungen sind. Wesleys Überraschung schüttelt sie ab, hat kein Problem damit, den Dämon zu foltern und sie ahnt, was ‚Verdammt seiest du!’ in deren Sprache bedeutet.

 

Cordelia nichts dabei findet, ihren Gegner langsam ausbluten zu lassen und vielleicht ist das der Augenblick, in dem Wesley erkennt, dass sie kein Mädchen mehr ist, das er vor der Welt beschützen kann. Sie durch vertraute Höllen gewandert ist, die er sich nicht einmal im Ansatz vorstellen kann. Presst nachdem der letzte Todesschrei des Dämons in der Nacht verklungen ist, das Handy wieder an ihr Ohr und fragt Wesley, was er verstanden hat. Und er ist schweigsam am Telefon und sie sagt ungeduldig, dass er sich seinen stummen Groll und seine Verurteilung für ein anderes Mal aufsparen soll, wenn die Telefonkosten gerade nicht auf Angels Investigations gehen oder sie sich in demselben Staat befinden.

 

Das hier bedeutungsvoll ist, sie sein Wissen braucht und nicht seine Lektionen.

 

Nicht heute Nacht. Bitte. Nach einem Moment angespannten Schweigens konzentriert er sich auf das Dämonenproblem und sie lauscht seinen Erklärungen, die er natürlich erst einmal Gegenschecken will, aber die sich für sie für den Anfang vielversprechend anhören. Ein erster Ansatz, um der Bedrohung Herr zu werden. Blickt mit Widerwillen auf die verwesenden Leichen, welche die morbide Aufmerksamkeit ihres Opfers, sogar während ihrer Folter gehalten haben.

 

Reißt nachdenklich das Medaillon von dessen Hals, das war neu.

 

Cordelia ist sich sicher, dass die Dämonen bei ihren ersten beiden Zusammentreffen mit Spike keine Schmuckstücke trugen. Wahrscheinlich nur Vortrupps, die das Gelände erkunden sollten und Riten für die Öffnung von Portalen durchführen. Teilt Wes ihre Beobachtungen mit und sagt artig Danke am Ende des Gesprächs. Drückt seine Frage nach Spike weg.

 

Schaltet das Mobiltelefon aus und zieht weiter nach Osten, kommt in den frühen Morgenstunden in Pittsburgh an und beobachtet einen Moment das sich zu Ende neigende nächtliche Treiben, bevor sie sich einen unvorsichtigen Vamp schnappt und ihn fragt, wo sie in dieser Stadt einen Waffenhändler findet, der auf Klingen spezialisiert ist.

 

Die Überraschung in seiner Miene ist beinahe amüsant, aber sie ist nicht in der Stimmung und so presst sie ihr Katana tiefer in seine Kehle und wiederholt ihre Frage langsam, weil sie zwar noch nie von Schwerhörigkeit bei Vampiren gehört hat, aber alles bei dieser Spezies möglich erscheint. Vor allem geistige Schwerfälligkeit. Starrt ihn hart nieder, während das Blut seinen Hals entlang läuft. Er gibt ihr schließlich stotternd die gewünschte Auskunft. Sie köpft ihn lustlos und folgt dann seiner Wegbeschreibung in eine weniger zwielichtige Gegend, findet den beschriebenen Eingang in einer Nebenstraße und klopft solange, bis der genervte Besitzer ihr öffnet.

 

Kein Vamp, aber auch kein Mensch, obwohl die bärige Bikererscheinung mühelos darüber hinwegtäuscht und sie drückt sich unter seinem baumstammartigen Arm in das Geschäft. Cordelia gibt ihm eine kurze Beschreibung von den Dingen, die sie benötigt. Ist ganz Business und die Warnung in ihrem Gesicht eindeutig, sollte er sich nicht ihrem Willen fügen, würde sie die Gegenstände ohne Bezahlung nehmen. Nach einem Moment des Zögerns schließt er die Tür, während sie den Staub von ihren Kleidern klopft und beginnt ihre Auswahl zusammenzustellen.

 

Kurze Messer mit entsprechenden Scheiden, die sie problemlos an ihren Gliedmaßen befestigen kann und unter ihren Oberteilen. Ein Klingenschärfer und eine kleine Armbrust mit entsprechend Munition. Ein Pflock, Weihwasser, Lederriemen und eine Befestigung für die Hülle ihres Katanas, so dass sie es bequem auf ihrem Rücken tragen kann. Er fragt, ob sie einen Ledermantel besitzt und nach einem Moment verneint sie. Er sagt, sie solle sich im vorderen Teil des Ladens umsehen und sich einen auswählen, er würde die Änderungen vornehmen, wenn sie bis heute Abend Zeit hätte.

 

Cordelia nickt und wandert ziellos zwischen den Kleiderständern umher, die mit Motorradjacken und Flanellhemden voll gehäuft sind. Nicht ihr Stil oder ihr Geschmack. Übersieht beinahe in ihrer ruhelosen Ungeduld das junge Mädchen, das sie neugierig hinter dem Tresen verschanzt beobachtet. Elf oder zwölf, in Pyjamas gehüllt, die Tochter des Besitzers und sie erwidert das schüchterne Lächeln aufmunternd, mit dem Stich eines schlechten Gewissens, weil sie offensichtlich die Morgenruhe der Familie gestört hat.

 

Fragt sie vermittelnd, wo die Kleider versteckt sind, die ihr passen könnten und bekommt ein gedämpftes Lächeln und eine willige Helferin, die ihr flink die Stücke präsentiert, die ihre Größe habe. Entscheidet sich für einen eng geschnittenen Mantel, der ihr fast bis zu den Knien geht und der einige versteckte Taschen besitzt. Zwei Lederhosen, drei Korsagen und zwei paar Boots. Die Stücke sind alle schwarz und mattes, hartes Leder, eine unauffällige leichte Rüstung, die anspruchslose Treffer auf ihren Oberkörper einfach schluckt und abwehrt.

 

Cordelia grinst ihrem dunklen Spiegelbild zufrieden zu, während sie ihre Armfreiheit testet, einen Roundhouse-Kick vollführt und feststellt, dass sie das steife Leder noch weich tragen muss, um alle Vorteile ihrer neuen Bekleidung vollends genießen zu können. Denkt an Spike und seine Miene, wenn er sie so sehen könnte. Dass sie seinen Ratschlag konsequent noch eine Stufe weitergetrieben hat. Der letzte Schritt von schwarzem Samt und Seide zu Leder ist minimal. Es sie nicht mehr kümmert, was andere von ihr halten, sie sich schon solange soweit außerhalb der Norm bewegt, dass es lebensmüde erscheint, auf diesen schwachen Schutz zu verzichten, nur weil sie durch ihn nicht mehr das Klischee einer unbeschwerten, jungen Frau erfüllt.

 

Und sie nimmt keine unnötigen Risiken mehr auf sich.

 

Spike wäre stolz auf sie, wird ihr schlagartig klar, darauf, dass sie zu ihrer Kriegernatur steht und spürt einen erneuten Stich Traurigkeit bei dem Gedanken. Ihr Blick wandert zurück zu dem Ladenbesitzer, der sich mit besorgter Miene beschützend vor seiner vorwitzigen Tochter aufgebaut hat. Sie ist Ärger, aber nicht für einen harmlosen Dämon, der nur seinem Lebensunterhalt hier nachgeht.

 

Besänftigend von ihr, „Kann ich die Sachen gleich anbehalten?“

 

Sieht sein hastiges Nicken und folgt ihm in den hinteren Teil des Ladens, wo seine Auswahl auf dem Tisch liegt, einfache Messer, ohne Verschnörkelungen oder Zierrat, nur tödlich und sie lächelt ihm befriedigt zu. Die Schneiden sind hochwertig und das Metall mehrfach gehärtet, lässt ihren Blick über die Waffen gleiten, prüft routiniert die Schärfe der Klingen mit ihrem Daumen.

 

„Ich brauche mehr Pfeile und einen Kescher.“ Er kommt ihrer Aufforderung geflissentlich nach und sie legt ihr Katana zu seiner Auswahl, stützt die Hände nachdenklich auf den Tisch. Diese eine Waffe birgt noch immer ihre ganz eigene Faszination für sie.

 

Fühlt den interessierten Blick der Kleinen, bis sie sich nicht mehr halten kann, wissbegierig, „Gegen wen ziehst du in den Kampf?“

 

Cordelias Antwort ist zensiert, „Gegen die Monster, die in der Nacht lauern und die Handlanger meiner Feinde.“

 

„Du rechnest mit deinen Widersachern über andere ab?“ Kindliches Unverständnis und sie lächelt das Mädchen zwanglos an und nickt. „Geht das?“

 

„Natürlich, wenn sie sich nicht selbst stellen wollen, muss man der Sache manchmal ein wenig nachhelfen. Vor allem dann, wenn sie es nicht so genau nehmen mit den Opfern. Würdest du nicht auch manchmal gerne dem Dreckskerl eine Lektion verpassen, der den schwächeren Mitschüler sein Lunchgeld klaut? Nur weil er stärker ist, ist er noch lange nicht im Recht, oder?“

 

Das Nicken ist versucht erwachsen, „Natürlich nicht, das ist ungerecht.“

 

„Also ziehe ich in den Kampf, um die Lunchbox meines Lebens zurückzukriegen und helfe währenddessen den Hilflosen.“ Und sie zwinkert ihr verschwörerisch zu, bevor sie sich wieder auf die Waffen konzentriert. „Und du solltest dich nicht für die Schule fertig machen? Die Lektionen sind ebenso wichtig.“

 

Das Mädchen huscht an ihr vorbei eine Treppe hoch, ist so leise verschwunden, wie sie aufgetaucht ist.

 

„Wie gut bist du mit Pfeil und Bogen?“ Cordelia blickt überrascht zu dem Vater, seine besorgte Miene hat sich in eine zuvorkommende gewandelt. „Langbögen sind die besseren Waffen auf Entfernung, Armbrüste vorteilhaft, weil mehrere Pfeile gleichzeitig geladen werden können, aber wenn einige Distanz zwischen dir und deinem Gegner liegt und du über Treffsicherheit verfügst, dann würde ich einen Langbogen empfehlen.“

 

Sie schüttelt bedauernd den Kopf, „Ich habe keinerlei Erfahrung mit Bögen. Die Armbrust muss reichen. Was schwebt dir sonst noch vor?“

 

Er dreht die Zottel seines Bartes gedankenvoll zwischen den Fingern, „Kämpfen deine Widersacher mit modernen Arsenal? Pistolen? Automatische Waffen? Pump Guns?“ Er unterbricht sich, als er ihre entsetzte Miene sieht. “Nicht jeder Dämon steckt im ballistischen Mittelalter fest und nicht jede Jägerin sollte sich nur auf ihren Pflock verlassen, weißt du?”

 

Korrigiert nicht seine falsche Annahme ihren Jägerinnenstatus betreffend und konzentriert sich auf die für ihn wichtigeren Fakten. „Ja, aber sie sind aus einer anderen Dimension. Magie und Schwerter sind ihre bevorzugten Waffen oder die einzigen, die sie bis jetzt kennen.“

 

„Gut, also Handgelenkschoner?“ Sie nickt und er bringt ihr verschiedene Paare, entscheidet sich für diejenigen, die bis zur Mitte ihrer Unterarme reichen und die Rückseite ihrer Hände schützen. „Ein kleines Springmesser ist immer von Vorteil.“ Ein weitere Zustimmung und er legt fünf Ninjasterne dazu und Cordelia grinst ihn an, „Das wäre dann alles, -“

 

„Mikey.“

 

„Mikey.“ Und er fordert sie auf ihren Ledermantel verkehrt herum anzuziehen, während er die Hülle ihres Katanas ausmisst und zeichnet dann die Umrisse auf die Innenseite, in der Höhe, die für sie angenehm zu erreichen ist und den Schwertgriff problemlos unter den Wellen ihres offenen Haar versteckt.

 

Als Cordelia die knapp vierstellige Summe auf die Karte von Angels Investigations nimmt und Mikey sich zufrieden die Hände über dieses erfolgreiche Geschäft des frühen Morgens reibt, erscheint ihr gehässiger Hieb gegenüber Wes kleinlich. Und als sie den Laden durch die Hintertür wieder verlässt, schaltet sie ihr Handy erneut auf Empfang. Steht, nachdem sie ihre neusten Errungenschaften verstaut hat, einen Moment unentschlossen in der Morgensonne neben der Corvette, bevor sie sich für den Anruf entscheidet.

 

Sie wählt die Eins ihres Kurzwahlspeichers, während sie auf den Fahrersitz gleitet. „Angels Investigations. Angel am Apparat.“

 

„Oh.“ Das war unerwartet. „Hallo Angel, ist Wesley da?“

 

Seine Stimme ist belegter, als er ihre Frage beantwortet, „Nein, er ist gerade auf der Suche nach einem Buch, für irgendwelche Querverweise. Weshalb? Bist du in Schwierigkeiten?“

 

„Nein, nein. Seid ihr es?“, lenkt das Gespräch von sich weg.

 

Hört sein Seufzer, „Nur das Übliche, kleinere Scharmützel mit einigen unvorsichtigen Vamps. Es ist sommerlich ruhig hier in LA, scheinbar sind sogar die Dämonen dieser Mörderhitze überdrüssig und haben sich in die tiefsten Winkel der Kanalisation zurückgezogen. Gunn und ich haben vorgestern ein Vampirnest in Ventura ausgeräuchert, die Vamps haben noch nicht einmal großartige Gegenwehr gezeigt und einer meinte sogar, dass die Hölle mit Sicherheit kühler wäre. Und gestern war eines unten an der Riverside dran, nichts großartiges, aber die Anwohner würden es uns sicher danken, wenn sie wüssten, dass Vampire echt sind.“

 

Er macht eine kurze Pause und fährt dann hastig fort, „Connor hat endlich seinen ersten Zahn und ist noch immer unerträglich quengelig vom Zahnen, aber Wesley hat ein, zwei Tricks im Umgang mit ihm gelernt. Und Lorne ist immer für das Babysitten zu haben, na ja, meistens, wenn er nicht gerade ausgeht, etwas das er in den letzten Wochen wieder begonnen hat. Und er hat einen neuen violetten Anzug, du würdest die Farbe an ihm lieben. Und ich glaube, Fred geht mit Charles aus, richtige Dates, nichts freundschaftliches - Ich rieche eine Romanze.“

 

„Tust du das? Deiner Spürnase entgeht so gut wie nichts, oder?“ Sie schmunzelt leicht, „Wie oft hast du diese kleine Rede geprobt, Angel?“

 

Kurzangebunden und ertappt, „Zu oft.“

 

Cordelia lässt all die Zeiten Revue passieren, in denen er ihre Ratschläge leichtfertig ausgeschlagen hat. All die belanglosen Streitereien, in denen sie ihn zur Verzweiflung getrieben hat und er sich ihren Anweisungen nur gefügt hat, damit sie endlich die Klappe hält und ihn in Frieden weitergrübeln lässt.

 

Heute genügte ein Wort von ihr und er würde durch die Hölle für sie gehen. Diese neue Macht über ihn ist bitter, ist etwas das sie nie gewollt hat. Ebenso wie Tragödie jetzt quer über ihre gesamte Beziehung geschrieben steht und sie mag das Label nicht. Sie hasst den Nachgeschmack von Salz und Schweiß und Blut, der sein Name auf ihrer Zunge hinterlässt. Das Ringen in ihren Ohren von seiner Stimme. Die Gänsehaut, die einfach da ist und die Kälte, an der Stelle, an der einst ihre warme, bedingungslose Zuneigung für den Vampir saß. Wünscht sich neben all den unmöglichen Dingen, die ihr zertrampeltes Herz für sich fordert, einen Neustart und weiß, dass der nur begrenzt möglich ist.

 

Sie darf nicht vergessen, kann noch nicht verzeihen und so hält sie ihre Stimme ausdruckslos, wählt die Worte mit Bedacht, „Ich bin froh, dass du aus deiner selbstgewählten Isolation herauskommst, Angel, das macht es einfacher für dich, erinnert dich an die Dinge, die dir wichtig sind.“

 

Seine Erwiderung ist unbedacht, „Du bist mir wichtig.“

 

„Ich weiß, aber ich bin nicht alles für dich.“ Wundert sich, ob er erwartet hat, dass sie das Kompliment zurückgibt. Ob er überhaupt noch etwas von ihr erwartet oder ob er ihr die freie Willkür über sein Leben geben würde, wenn sie es wollte. Nie wieder verlangt, nie wieder befiehlt. Nie wieder ein Widerwort gibt und die Zukunft sieht plötzlich sehr viel trister und langweiliger für sie aus. Cordelia weiß, dass sie so nicht leben kann und dass Angel nicht der einzige sein wird, der sie zuvorkommend behandeln wird in LA, wenn sie es zulässt.

 

Aber Wes ist wieder er selbst in ihrer Gegenwart, hat sich daran erinnert, dass sie keine zerbrechliche Puppe ist und wenn er es kann, dann wird der Rest der Familie folgen. Besinnt sich schnell auf das, was Angel neben ihrer Tirade aus seinem Trott gerissen hat und das Gespräch in ungefährliche Bahnen lenkt, „Wie ist dein Besuch bei Wolfram & Hart verlaufen?“

 

Angels Erleichterung über den Themenwechsel hörbar, beinahe euphorisch, „Lilahs linker Arm ist gebrochen und sie war so freundlich sich um das Shajhan-Problem zu kümmern, nachdem ich ihr androhte ihre Finger der rechten Hand zu zerquetschen. Sie war sehr kooperativ, als ich  - “

 

Er stoppt abrupt, als ihm klar wird, was er gesagt hat. Yeah, Folter mit ihr zu diskutieren spricht nicht gerade für sein Mitgefühl und emotionale Intelligenz. Cordelia sucht für ihre Anteilnahme gegenüber der Anwältin und scheitert. Späte Rache für ihre gegrillte Haut und Eiterblasen und ihr derzeitiges Einfühlungsvermögen erschien nicht mehr so furchteinflößend. Offenbar waren die Gegner nur zeitweise auf ihrer Liste.

 

„Angel, sie ist böse und arbeitet für Wolfram & Hart, ein wenig Kleiderbonding unter Frauen hat mich nicht vergessen lassen, wer sie ist und was sie repräsentiert. Folter steht in ihrem Arbeitsvertrag.“

 

Als ob das alles ganz natürlich erklären würde und Angel schluckt sein Unbehagen hinunter und redet weiter, „Sie hat uns die Urne zu überlassen, die Shajhan gefangen hält. Holtz war darüber nicht gerade glücklich, scheint aber augenblicklich damit zufrieden zu sein unsere Aktivitäten aus sicherer Entfernung zu beobachten.“

 

Warnend von ihr, „Behalte ihn im Auge, er ist nicht zu unterschätzen.“

 

„Ich weiß, aber ich denke, wir haben eine Art von Waffenstillstand mit ihm ausgehandelt, besser gesagt Wesley und Gunn. Und Wes ist der Prophezeiung nachgegangen und Connor ist dazu bestimmt diesen Dämon zu töten, wenn seine Zeit reif ist. Etwas, das noch einige Jahre dauert, bis Connors Part in dieser Schlacht eintreffen kann, derweil haben wir einen sicheren Aufbewahrungsort für die Zwischenlagerung gefunden. Aber etwas war seltsam, ich kann es nicht beschwören, aber mein Gefühl sagt mir, dass Lilah zu interessiert an deinem derzeitigen Aufenthaltsort ist.“

 

Cordelia stoppt das nervöse Spiel ihrer Finger, die eine Zigarette zerreiben.

 

Das war interessant, dennoch nicht so bedrohlich. Die spannende Frage in dieser Konstellation war, wie viel Wissen die Anwältin über die Wende der Realität besaß. Ob die Bedienstenten von Wolfram & Hart faktisch darüber im Bilde waren, wer sie ausgelöst hat und wann die Bosse es für nötig hielten, die Jagd auf sie zu eröffnen. Martha meinte, es würde noch einige Zeit dauern, bis es ihnen erlaubt war und so zerstreut sie Angels Besorgnis vorerst, leichtfertig, „Du kennst Lilah, sie behält ihre Feinde gerne im Auge und spielt zu gerne die Katze mit dem Kanarienvogel in der Schnauze.“

 

Ja, trotzdem.“ Er klingt unsicher, „Du bist in keiner unmittelbaren Gefahr? Spike schützt deinen Rücken?“

 

Überlegt für einen Moment, bevor sie sich für die Wahrheit entscheidet, „Spike ist auf dem Weg zurück nach Sunnydale und bevor du anfängst zu grummeln, dass es abzusehen war, dass er mich im Stich lässt, will ich dir nur sagen, dass er gegen seinen Willen und auf meinen ausdrücklichen Wunsch gefahren ist. Auch wenn er es nicht verstehen wird.“

 

„Er ist nicht unbedingt schnell, was das große Bild betrifft.“ Morbide Neugier schleicht sich in Angels Ton, „Ich kann Spike viel vorwerfen, aber ein Mangel an Loyalität für seine Schutzbefohlenen gehört nicht dazu. Was hast du getan, Cordy?“

 

Entlässt den Seufzer und spart es sich, das Bedauern zu unterdrücken, „Ich musste auf eine ziemlich miese Taktik zurückgreifen, die dein ‚Ihr seid gefeuert!’ im Rückblick human wirken lässt.“

 

„Du hast ihn also gnadenlos verarscht?“

 

„Spar dir deinen selbstgerechten Tonfall, Angel, es war zu seinem Besten. Die Lage ist komplizierter geworden, es geht nicht mehr um einen Selbstfindungstrip meinerseits.“

 

„Umso mehr Grund Spike in deiner Nähe zu halten.“

 

Die Ungläubigkeit ist nicht zu kaschieren, „Soll das etwa heißen, dass du plötzlich pro Spike bist?“

 

„Ich bin pro Überleben, wenn Spike dir dabei hilft, schafft das zum ersten Mal Pluspunkte für seine Existenz. Also?“

 

Warum musste Angel so verdammt vernünftig klingen?

 

Widerspenstig, „Also müsste er diese schon lange in deinem Buch haben, schließlich kämpft er seit Jahren für Buffy in Sunnydale. Lass es gut sein, Angel, das führt zu nichts. Der eigentliche Grund meines Anrufes, ist die Frage, ob Wes schon etwas über die Dämonen herausgefunden hat, in die ich zurzeit ständig renne.“

 

Alarmiert, „Weltuntergang?“

 

Ruhig von ihr, „Wenn wir es nicht verhindern? - Ja.“

 

Hört Papiere im Hintergrund rascheln und dann Angels sachliche Stimme, „Wes’ Aufzeichnungen sind noch nicht sehr ausgeklügelt, sodass ich den Großteil verstehe. Er scheint auf der Suche nach einer Referenz für ‚Sonnenkönig/in’ zu sein, wenn ich die drei Fragezeichen hinter dem Wort richtig deute. Scheinbar der Schlüssel, um diese Apokalypse abzuwenden, zusammen mit – uhm, das könnte Mondkönig/in heißen. Kannst du damit etwas anfangen?“

 

Vielleicht.“ Denkt an Marthas Warnung, dass sie der Auslöser war und die Selbstverständlichkeit mit der sie Kwé als Königin korrigiert hat und nicht Frau. Denk an ihre Erklärung was für Wesen sie sind, woher sie stammen. Denkt an Spikes Aussage ihren Duft betreffend. Nachdenklich, „Kann ich dir eine unbequeme Frage stellen, Angel?“

 

Das Zögern ist offensichtlich und Cordelia gibt ihm Zeit. Sie beide haben zu viele unbequeme Themen angehäuft, um leichtfertig Staub aufzuwühlen. Schließlich erfolgt seine leise Zustimmung, „Ja.“

 

„Ist dir etwas an mir aufgefallen, nachdem dein Versuch mich in einen Vampir zu verwandeln fehlschlug? Wann hast du gemerkt, dass die Transformation nicht eintritt?“

 

Er atmet tief durch und seine Antwort ist bebend, unsicherer Grund zwischen ihnen und Cordelia vermisst den solide Boden einmal mehr, der Angel für sie war. „Etwa eine halbe Stunde nachdem ich dir mein Blut zum Trinken gegeben hatte. Ich war dabei dein Grab auszuheben als dein Herzschlag zurückkehrte, langsam, aber das Pochen war unüberhörbar da, wurde mit jeder Minute stärker und ebenso setzte deine Atmung kurze Zeit später wieder ein. Wahrscheinlich wärst du mir entkommen, wenn ich eine Schaufel dabei gehabt hätte oder schneller beim graben gewesen wäre.“ Sein Schluchzen ist überraschend jäh, „Es tut mir so leid, Cordy.“

 

Sein Weinen verzweifelt und sie macht ein Sssh-Geräusch unter ihrem Atem. Aber Angel ist nicht Connor und ihr nonverbaler Trost stößt auf taube Ohren, muss ihren Komfort in Worte packen, wenn er ankommen soll. Sie war noch nicht soweit, ihn aufzubauen, ihre Stärke reichte gerade mal für sie und dass sie nicht in Stücke zerbricht. Ihr fällt die fehlende dritte Person in seiner Rede auf, Spike hatte in einem weiteren Punkt Recht und reibt selbstvergessend über ihren Hals.

 

Über sein Mal. Pulsierend und lebendig.

 

Gott, sie ist nicht in der Lage für diesen Bullshit. War erst recht nicht in der Lage Angel im Fegefeuer zu lassen, wenn sie Antworten für ihn besaß und war das nicht der Grund, weshalb sie sich überhaupt in dieser Situation befand? Sie kann ihn nicht brennen lassen. Noch immer nicht.

 

Ihre Entschlossenheit ihn sühnen zu lassen, zerbröckelt zu Staub, „Angel, es ist nicht deine Schuld, okay? Ich lag falsch damit, dir das mit dem Fluch vorzuwerfen. Diese Nacht und ihre Konsequenzen entzogen sich deiner Kontrolle. Du konntest nichts dafür.“

 

„Natürlich war es meine Schuld, ich –"

 

Unterbricht ihn angestrengt beherrscht, „Ich habe zwischenzeitlich einiges über das Wiederauftauchen von Angelus in Erfahrung gebracht.“

 

Entscheidet, dass eine kleine Notlüge unter diesen Umständen angebracht und leicht zu verzeihen ist. Denn sie kann es nicht mit seinen Fragen aufnehmen, ohne zu brechen und sie hat sich gestern Nacht geschworen, dass sie nicht mehr Weinen wird, bis sie daheim in LA ist und diese Apokalypse hinter ihr liegt. Und wenn sie noch nicht einmal dieses Versprechen erfüllen kann, wie soll sie dann den Rest schaffen?

 

Klingt schroff und seine Aufmerksamkeit verlangend, „Die Mächte haben sich für diesen Weg entschieden. Nicht du. Erspar mir deinen Schuldtrip, denn er bringt nichts. Was geschehen ist, ist geschehen und wir können, nein, wir sollen es nicht ungeschehen machen.“ Kaschiert ihre Spuren, bevor er die Fährte aufnimmt und weiterfragen kann, „Außerdem haben ein anderes Problem. Eines das eine schnelle Lösung beansprucht, bevor es die Herrschaft in dieser Dimension an sich reißt, okay? Ich brauche deinen Fokus und den des restlichen Teams für diese Dämonenart.“

 

Sein Schlucken ist trocken und Cordelia dankbar, dass er sich ihr zuliebe seine Fassung wiedergewinnt und sich zurückhält. Gedämpft, „Okay, was brauchst du von uns?“

 

Momentan eure Recherche-Power. Die A.I.-Karte habe ich schon für meine Zwecke missbraucht, ihr solltet euch auf 1100$ im Soll gefasst machen, ich benötigte einige Gebrauchsgegenstände.“

 

Wundert sich, wann sie endlich die Selbstverständlichkeit aufbringt, das Wort Waffen unverhohlen in Angels Gegenwart zu benutzen. Wenn sie davon überzeugen will, dass sie noch die Cordelia Chase ist, die er kennen gelernt hat und ob es eine Schutzmaßnahme ist und wenn sie damit schützen will. Sich oder ihn. In dem Glauben wiegen, das sich nichts grundlegend geändert hat, dass sie Seherin ist und nicht Kriegerin, obwohl das wohl der größte Witz überhaupt ist.

 

Lauscht auf seinen lauten Protest, der bei dieser Summe natürlich wäre, aber er bleibt aus. Angelegentlich von ihm, „Gut, kein Problem, wir sind laut Fred in den schwarzen Zahlen.“

 

Die Dinge sind noch lange nicht zurück auf Normalität, jede Neuerung auf ihrem Weg mahnt sie daran. Überall Warnsignale der großen und kleinen Sorte, die sie daran erinnern zu was für einer Karikatur ihr Leben geworden ist. Es ist seltsam, welche sie heute aus dem Gleichgewicht bringen können, das hier gehört dazu. Schockiert, „Fred kümmert sich um unsere Buchführung? Die Frau, die solange rechnen kann, bis sie zum gewünschten Ergebnis kommt?“ Obwohl sie Fred durchaus zutraut, all die angehäuften Rechnungen ihrer Kundschaft mit ihren Computerfähigkeiten gnadenlos einzutreiben.

 

Das wäre nicht wirklich Kreditkartenbetrug, oder? Effektiver als Mahnbescheide allemal.

 

Ihre Bestürzung ist echt, aber sie schluckt sie mühsam hinunter, „Egal, wir haben andere Prioritäten als unser Einkommen. Sag Wesley, dass es sich bei der Sonnenkönigin wahrscheinlich um mich handelt und er diese Möglichkeit und ihre Rolle bei dieser Schlacht untersuchen soll. Ebenso die des Mondkönigs oder –königin, damit kann ich augenblicklich wenig anfangen. Fred soll sich über Dimensionssprünge Schlaumachen und die Konten in Ruhe lassen. Ansonsten kannst du mir viel Glück wünschen und meine Grüße an den Rest der Familie ausrichten.“

 

Angels Stimme ist warm, „Viel Glück, Cordelia.“

 

„Danke, euch ebenso und Wesley soll sich bei mir melden, wenn er einen sein Heureka in dieser Sache hatte. Ich suche mir jetzt ein Motel für den Tag und fahre dann weiter Richtung Missouri.“

 

„Wo bist du im Augenblick?“

 

„Kansas.“

 

„Du willst mir nicht deinen genauen Aufenthaltsort sagen?“

 

„Nein!“, grinst leicht über seine enttäuschte Miene, die sie sich zu genau vorstellen kann, setzt schließlich gewandt hinzu, „Wenn Lilah wirklich daran interessiert ist, wäre das nicht klug, oder? Außerdem kann Wesley mich mit seinen Zaubersprüchen sowieso schneller aufspüren als mir lieb ist. Also wir hören voneinander. Bye, Angel.”

 

„Bye, Cordelia.” Legt auf und startet den Motor, fädelt sich in den morgendlichen Berufsverkehr Pittsburghs ein und sucht ein günstiges Motel, wird fündig und quartiert sich routiniert ein. Ignoriert den verschlingenden Blick des alten Mannes an der Rezeption, der aussieht, als ob er nicht ganz aus seinem perversen Traum aufgewacht ist mit einem nachsichtigen Grinsen.

 

Gestattet sich schließlich über ihre Unterhaltung mit Angel nachzudenken, als sie frischgeduscht im Bett liegt und der Schlaf auf sich warten lässt. Niemand die Stille mit belanglosen Beobachtungen der vergangenen Nacht füllt und die Zigarette in ihrer Hand, ebenso wenig ihre Konzentration vollends halten kann. Ihre Aufmerksamkeit dem Rauch folgt, wie er sich in dem Sonnenlicht verfängt, das durch die Ritzen der Gardinen strömt und es so sichtbar macht. Es dominiert und gleichzeitig erst zur Geltung bringt.

 

War sie das? Unfähig ohne Dunkelheit zu wirken? Auf etwas oder jemand angewiesen, der ihre Strahlen brach und sichtbar machte? Der Gedanke ist zu philosophisch und so verlegt sie sich auf greifbarere Konzepte. Es war erstaunlich einfach mit Angel zu reden, sie schiebt es auf die elementare Bedrohung und darauf, das er scheinbar aus seiner Abkapselung aufgewacht zu sein scheint und sie.

 

Darauf, dass sie über etwas anderes haben reden können, als drei Tage und vier Nächte und den gemeinsamen Pfad, der dorthin führten und die beiden getrennten, die sie seither beschritten haben. Sie sich auf einem Neuen befinden. Schicksal nicht mehr festgeschrieben, sondern biegsam und regierbar erscheint, wenn man den Mut hat es in die Hand zu nehmen. Wahrscheinlich war es tatsächlich einfacher zu verzeihen, wenn man die Mechanik verstand, was die Zahnräder in Bewegung setzte und scheinbar war sie die Batterie, die vor dem Motor kam. Letztendlich musste sie nicht Angel oder Angelus oder den Mächten verzeihen, sondern sich selbst und sogar dieser Gedanke war älter als Marthas Kriegermärchen.

 

Schmerz auch hier auf sie wartet, aber er diesmal selbstzugefügt ist.

 

Was es leichter machen sollte. Es irgendwie auch tut.

 

Kontrolle noch immer etwas ist, das für Cordelia erstrebenswert erscheint. Aber mehr die Steuerung der äußeren Umstände und weniger der inneren. Denn es ist nicht so schlecht, den Verlust zuzulassen. Erinnert sie nur an all die geteilten Stunden und guten Erinnerungen, die beide Vampire ihr mitgegeben haben.

 

Füllen die Leere ihres Kopfes mit zwei Arten von Lachen und Liebe.

 

Sie Spike trotzdem gerade mehr als Angel vermisst.

 

Die Leere neben ihr alles ist, auf das sie sich letztendlich konzentrieren kann. Sein fehlender Lebenspuls in ihrer Gegenwart, denn sein Blut macht Lärm und sie lacht leicht über diese verschrobene Metapher. Wie kann es Krach machen, wenn es noch nicht einmal von einem schlagenden Herzen angetrieben wird. Aber ihr Lachen versiegt so schnell, wie es aufgesprudelt ist. Er brachte ihr Blut in Wallung und zwar nicht wie in einem billigen Groschenroman, sondern sehr real. Das Summen der Gefahr seiner Gegenwart hatte sich schon in der ersten Woche in etwas gewandelt, das nichts mit einem Mahnruf gemein hatte, sondern mehr mit einem Lockruf.

 

Der ihre Alpträume einlullte und sie hervorlockte aus ihrer inneren Bastion.

 

Ihre Gedanken kreisen um Spike und sie fragt sich, ob er die Route über Colorado oder die über New Mexico genommen hat. Sie beide Staaten gestreift haben, aber New Mexico durchquert. Die Zigarette ausdrückt und an die Decke starrt, seinen Ledermantel im Nacken und seinen Geruch in der Nase. Ihr Schweiß den Duft intensiver macht, bis sie endlich ihre Lider nicht mehr offen halten kann. Wegdriftet.

 

Als sie abends ihren Ledermantel von Mikey abholt, hat er überraschenderweise Informationen für sie. Die Unterwelt ist tatsächlich im Bilde über die Rituale, die auf einsamen Feldern stattfinden, sogar deswegen in Aufruhr und nicht wenige sind der Meinung, dass die Fremdlinge hier nichts zu suchen haben. Die Eindringlinge, wie er sie bezeichnet, müssen zwölf Rituale an bestimmten Orten vervollständigen, um die Tore zwischen dieser Dimension und der ihrer Heimat für immer zu öffnen und ihnen läuft die Zeit davon, aufgrund des unbeirrten Eingreifens zweier Kämpfer.

 

Auf die Frage, welcher Dimension sie entspringen ist Mikeys Antwort einfach, „Caliga.“

 

Dunkelheit und Cordelia seufzt und ruft Wesley an, gibt ihn weiter an Mikey und streift ihren Ledermantel über. Das Schwert verschwindet unbemerkt in ihrem Rücken und die metallene Hülle schützt ihre Wirbelsäule zusätzlich. Die beiden führen ihr Telefonat in Latein und sie lauscht mit halbem Ohr, übernimmt schließlich wieder das Handy, welches Mikey ihr zustreckt und hört Wesleys Ausführungen zu.

 

Diese Rolle ist zu vertraut, bedankt sich nebenher bei ihrem Informanten, der schiebt ihr einen ledernen Rucksack zu. Ein Geschenk mit nützlichem Inhalt, wie er betont und sie lässt den Bikershop und Pittsburgh hinter sich, klappt das Handy in Missouri zusammen, weil die Batterie zu Ende ist und Wesley ihr genug über Dimensionssprünge und Soldaten der Dunkelheit für heute Nacht beigebracht hat. Konzentriert sich wieder auf ihren Instinkt und als sie diesmal das Feld betritt, kommt sie zu spät.

 

Sieht die halbverwesten Leichen ihrer Gegner und sie weiß, dass diese soviel schneller verfallen als Menschen, hat es gestern bei der ersten zugefügten Folter ihres Lebens beobachten können. Die Körper der besiegten Dämonen unter der rapiden Verwesung einfielen und ins Feld sickerten, während die Augen ihrer Geisel zwischen dem Schauspiel und ihr hin und herwanderten. Schaut sich überrascht um, versucht die ersichtlichen Indizien zusammenzusetzen und die meisten Dämonen weisen einen gebrochenen Nacken auf und Cordelia flucht leise unter ihrem Atem.

 

Weiß, dass Spike heute Nacht nicht Colorado hinter sich gelassen hat, sondern sie.

 

Dreht sich langsam auf der aufgewühlten Erde. Sucht nach einem Hinweis, einer klaren Botschaft von ihm, findet keine außer seiner offensichtlichen Handschrift in Blut und gebrochenen Knochen. Kriegerpoet. Lächelt gegen besseres Wissen, als sie ein Pendant von dem Hals eines Dämons reißt, der augenfällig der Anführer gewesen ist. Die eingravierte Sonne leicht zu entschlüsseln ist, so wie die verhangene auf der anderen Seite des Anhängers. Ewige Finsternis und warum hatten alle bösen Mächte diese einfachen Ziele? Ziemlich unkreativ, aber sie erinnert sich an Angelus und die Einfachheit des Bösen. Wie tief es trotzdem unter die Haut ging.

 

Nach einem letzten Blick lässt Cordelia das Schlachtfeld hinter sich.

 

Beginnt ein Phantom zu jagen, das sie die nächsten Nächte beschäftigt hält.

 

Ist manchmal nur Minuten zu spät, wird von frischen Leichen begrüßt, die zwar mokierend ihre Unfähigkeit offenbaren, aber der beißende Spott hält sich in Grenzen. Tote Dämonen, die ihre Heimat überrennen wollen, nicht wirklich verurteilend blicken und gelbes Blut sie nicht belastend niederdrückt. Wundert sich, ob Spike sie nicht manchmal aus der Dunkelheit mit seinen goldenen Raubtieraugen beobachtet, wenn sie tatsächlich rechtzeitig eintrifft.

 

Wenn sie kämpfen muss und triumphieren. Denn das Summen ist da.

 

Ein Raunen im Wind. Den Elementen. In ihren Knochen. In ihrem Blut.

 

Sie zwischenzeitlich elf Anhänger in ihrem Besitz hat und der zwölfte sich heute ohne Aufsehen dazugesellt. Sie irgendwie erwartet hat, das etwas passieren würde, weil sie die Grenzen von New Jersey heute überquert hat und New York nur Stunden entfernt ist.

 

Das eigentliche Ziel ihrer Reise.

 

Aber die Nacht neigt sich ohne Katastrophe zuende, ohne einen Endkampf.

 

Die Enttäuschung ist nicht bitter und Cordelia geht ihrer neugefundenen Routine nach, fährt weiter nach Osten, macht um drei Uhr eine Pause, um zu meditieren. Die Transformation in ihren Dämon zu einer Leichtigkeit werden zu lassen und trainiert bis fünf, überprüft im Anschluss ihre Waffen und checkt eine halbe Stunde später in ein billiges Motel.

 

Ihren Rucksack schulternd, überquert sie den Vorplatz mit einem neuen Selbstbewusstsein.

 

Sie ist allein, aber nicht einsam. Die Schatten, die sie verfolgen, tauchen die Welt in ein vielversprechendes Halbdunkel. Sie ist Licht und zweifelt es nicht an, weiß, dass sie die Schatten in ihrer Existenz braucht, die jene Wesen reflektieren, die ihr Dasein elementar begründen.

 

Es war einfach, dies heute als Wahrheit zu akzeptieren.

 

Sie hatte wieder die einfachen Antworten auf komplizierte Fragen gelernt.

 

Sogar ohne ihre dunklen Mentoren an ihrer Seite.


You and me -
We’re in this together now.

 

Als Cordelia aus der Dusche ihres Motelzimmers steigt, ist sie nicht wirklich überrascht von Rauch empfangen zu werden und Spike auf ihrem Bett ausgebreitet als einladende Tagesdecke. Er ist etwas Heimisches in einem weiteren unpersönlichen Zimmer und sie fühlt warme Verbundenheit, die über rationales Wissen hinausgeht und Zuneigung. Das Bedürfnis sich in unreifem Übermut auf ihn zu stürzen, kurz blendend durch ihr System schießt und sie steht mühsam still. Verharrt im Türrahmen, greift das Holz während die Welt zurück in ihren Fokus schnappt und Farben plötzlich eine neue Sättigung gewinnen.

 

Spürt wie sich das Lächeln auf ihrem Gesicht manifestiert, es in Ecken kriecht, die ungenutzt waren, seit sie ihn auf seinen Weg schickte und Cordelia denkt, dass es so euphorisch aussehen muss, wie es sich anfühlt. Strahlend und mit einem Anflug von Magie, denn der Raum wirkt auf einmal heller oder vielleicht hat sie ihren Dämon doch nicht so gut im Griff, wie sie bis jetzt dachte. Vielleicht ist es auch nur ihre Stimmung, denn sie fühlt die verdeckte Mattigkeit der letzten zwei Wochen abfallen. Sie kann alleine leben und überleben, aber sie muss einsehen, dass es nicht das ist, was sie will.

 

Bekommt die Reflektion in einem brillanten Lächeln seinerseits präsentiert.

 

Sie hat ihn vermisst, sie wusste bis jetzt nur nicht wie sehr.

 

Die Worte sind draußen, bevor sie sie halten kann, überhastet und mit soviel Grund, die sie abdecken sollen, dass sie nie die volle Bedeutung beinhalten können, „Es tut mir leid.“

 

Sie meint es Ernst.

 

Spike zuckt nur die Schultern, „Es war einen Versuch wert, Cor.“

 

Auf dieses Experiment hätte sie gerne verzichten können. Es ist soviel schwerer den eigenen Standpunkt durchzusetzen, wenn man weiß, was man an dem anderen hat. Verlieren kann. Aber Spikes Stimmung scheint ebenso auf Waffenruhe ausgerichtet und nicht auf Grundsatzdiskussion. Sie ist wachsamer geworden und dieser Reflex ihn zu umarmen, sollte nicht über ihre Trennung im Streit hinwegtäuschen. Nur scheint der vergessen, seit sie die toten Dämonen fand und sein Spiel durchschaute.

 

Fragt sich, wann er ihres durchschaut hat.

 

Es wieder zum Zeitvertreib des Jägers wurde.

 

Sein Ton ist anerkennend, „Du kämpfst anmutiger als der Slayer, wenn auch nicht so effektiv.“

 

Sie nimmt diese Aussage mit einem bestätigenden Nicken auf.

 

„Du spielst zu sehr mit ihnen, Cheerleader, das ist keine Übungsstunde für ein Endspiel.“

 

„Ist es nicht?“ Bescheidenheit ist ihr nicht ins Blut gelegt, aber sie kennt ihre Schwächen und sie hat begonnen sich daran zu erinnern, dass nicht alle für die Welt sichtbar sind. Spike kennt sie und ihren Kampfstil jedoch zu gut, sogar besser als sie ihre Handfläche kennt, denn wie oft begutachtet man seine eigene Hand tatsächlich?

 

Schüttelt den Kopf und fährt einsichtig fort, „Ich trainiere meine Ausdauer, nachdem mein Sparringpartner sich eigentlich auf dem Weg nach Hause befinden sollte, erschien es mir angemessen, mich in Form zu bringen.“

 

„Das ist sehr vernünftig.“ Erwidert sein sarkastisches Lächeln automatisch, wartet auf seine Sticheleien und wird nicht enttäuscht, „Und ich dachte, das wäre Frustbekämpfung, aber du hast natürlich einen Punkt, was sind bessere Übungsobjekte als Dämonen, die hinter deinem Schädel her sind und oh, im Dutzend auftreten. Mit tödlichen Waffen. Und Magie. Und einem verdammten Weltuntergang auf den Fersen?“

 

Die Zuckersüße ihres Lächelns könnte einen Diabetiker in Insulinschock senden, „Ich habe von einem der Besten gelernt und das war Teil seiner Strategie. Folglich kann ich schwer seine Lektionen vergessen, nur weil sie erschöpfend und unlogisch für mich erweisen, wenn ich überleben soll. Richtig?“

 

Sein hämisches Grinsen wird säuerlich, „Falsch. Entwickle deine eigene Taktik, meine ist patentiert. Auf mich. Keine billigen Kopien, Cor, das ist ungesund. Außerdem hast du deinen Sparringpartner jetzt wieder zurück.“

 

„Gut zu wissen, aber da mein Stil rollende Köpfe beinhaltet, mach dir keine Sorgen um dein Patent und eher um deinen Kragen. Du bist der Totschläger, ich der Cheerleader und dein Image ist gerettet, wenn du es verteidigen kannst. Einfach so.“ Sie schnippt betonend mit den Fingern und sie hat ihn.

 

Amüsierte Neugier, „Ist das eine Herausforderung?“

 

„Nein, die Einladung zu einer Trainingseinheit.“

 

Spike beißt sich auf die Unterlippe, kombiniert mit dem amüsierten Funkeln in seinen Augen sind sie wieder auf neutralem Boden. Schließlich stimmt er zu, „Okay, heute sobald die Sonne untergeht.“

 

Draufgängerisch, „Sollten Duelle nicht bei Sonneaufgang stattfinden?“

 

Spike gibt ihr nur ein schelmisches Grinsen, „Sorry, da bin ich indisponiert, ich muss einer Lady das Bett wärmen, die ohne mich nicht leben kann. Zumindest nicht für lange.“

 

Ihre Augenbraue ist oben, so wie ihre Mundwinkel. Elende Verräter.

 

Bisweilen denkt sie, dass niemand ihrem Wesen so nahe ist und sie so fundamental darin ausloten kann als dieser unglaublich anmaßende Vampir vor ihr. Der ursprüngliche Grund ihres Streites und der Anlass ihrer Sorge besteht noch immer, hat sich nicht verflüchtigt oder gelegt. Sie weiß gerade nicht, ob sie das beruhigen sollte oder schreiend auf ihren Weg senden. Vielleicht könnte sie sogar das Image einer ehrenhaften Lady damit wieder etablieren.

 

Besinnt sich dennoch auf das erste Gefühl für heute Nacht. Es ist gut ihn zurückzuhaben.

 

Spike denkt offensichtlich dasselbe. Trocken von ihm, „Trotz meiner Kritik deines Stiles, bin ich ein Fan deines Outfits.“

 

Ihr Lachen ist spontan, es ist gut, dass man sich auf einige Dinge verlassen kann. Drapiert das Handtuch enger und ihr Blick wandert über seine Gestalt, nimmt seine lässige Schönheit in sich auf. Spielerisch, „Dieses oder meine neue Rüstung?“

 

Das Lächeln reflektiert sich in seinem Ton und dem leichten Spott, „Beide, obwohl ich letztendlich dein Evakostüm vorziehe. Nicht jede Frau kann dies für sich in Anspruch nehmen.“

 

„Ist dem so? Denn das fällt mir schwer zu glauben.“ Stößt sich endlich vom Holz ab, greift das Lederbündel auf dem Stuhl und überwindet die Entfernung bedächtig, setzt sich neben ihn auf das Bett. „Martha meinte, dass du ihn zurückfordern würdest. Anfangs hoffte ich darauf, dass ich eine neue Trophäe für meine Sammlung gewonnen hätte.“

 

„Nah, er ist meine für die Ewigkeit. Erkämpft und besiegelt in Blut.“

 

Cordelia kennt diese Geschichte, zumindest die Herkunft des Leders und es fällt ihr noch immer schwer zu glauben, dass der Killer jetzt vor ihr sitzt und sie mit einem Blick mustert, der beinahe als liebevoll interpretiert werden könnte. Weiß, dass sie kein reumütiges Lächeln von ihm erwarten kann, sondern nur leise Selbstgefälligkeit. Dass nichts Episches dazwischen liegt, was den Wechsel hervorgerufen hat, sondern nur verkettete Umstände und ihn nichts auf einer Seite des Schlachtfeldes permanent festhält und dem schon immer so war.

 

Spike dadurch gefährlicher wurde, weniger vorhersehbar und insgesamt tödlicher.

 

Sie gut daran tun würde, dieses Wissen nicht zu vernachlässigen.

 

Dass Spike die Story nur erzählte, um sie aus ihrem Trott zu reißen, sollte ihm keine Pluspunkte geben. Aber es war in der ersten Woche auf der Straße, als alles unreal erschien und sie beide sich so fremd waren. Sie noch nicht einmal in der gleichen Zeitzone zu existieren schienen und ihre Aufmerksamkeit zu sehr von Monstern gehalten wurde, die sich in ihrem Kopf befanden, um dem neben ihr mehr als einen halben Seitenblick zu gönnen. Es war Spikes versuchter Weckruf und sie brachte seinem Gerede zum ersten Mal so etwas wie mildes Interesse entgegen, als er über einen Kaffee hinweg von dieser Jagd 1977 in New York erzählte.

 

Dass der einzige Grund, warum Spike die Liste der Top-20 Gegner der Jägerin abarbeitete, die er in der Innentasche fand, sein verletzter Stolz war, dass sein Name sich nicht auf eben dieser Liste befand. Dass eine verwerfliche Tat zu einem ziemlich guten Ergebnis führte, denn einige dieser Feinde waren eine Nummer zu groß für Nikki und Cordelia verbietet sich darüber nachzudenken, ob sie die gleiche Neutralität fühlen würde, wenn der Namen, um den es sich handeln würde Buffy oder Faith wären.

 

Cordelia weiß, dass ihre Prinzipien ziemlich verschroben sind und keiner genauen Beleuchtung standhalten. Überreicht ihm stattdessen seinen Mantel und er zieht den Geruch ein, blickt sie überrascht an. Fühlt sich das erste Mal heute schutzlos in seiner Gegenwart, obwohl sie die Themen Körperkontakt in verschiedenen Variationen schon durch haben. Ist sich zu sehr bewusst, dass das Thema Gefühle noch nicht einmal angeschnitten wurde und Cordelia fragt sich, ob sie es dabei belassen können. Für immer.

 

Sie spürt die Hitze in ihre Wangen hineinkriechen und die Worte heraus. Milder Spott hauptsächlich gegen sich selbst gerichtet, „Er ergibt eine gute Nackenrolle und ich bin zu alt für Kuscheltiere in meinem Bett.“

 

Anzüglich, „Nicht wenn ich mich recht erinnere.“

 

Es ist so verdammt einfach in das vertraute Muster zu fallen, „Wenn ich mich recht erinnere, hielten sich unsere Kuschelsessions in Grenzen.“

 

Spike wirft den Mantel zielsicher zurück auf den Stuhl, von dem sie ihn gebracht hat, stichelnd, „Du weißt nicht, wie sehr du mich jede Nacht attackiert hast, bevor ich mich letztendlich in mein Schicksal ergab und dir meinen Körper überließ.“

 

Pure Tortur für dein Ego als gewissenloser Totschläger, davon bin ich überzeugt.“

 

Sie lächeln sich für einen Moment stillschweigender Übereinkunft offen an. Als Cordelia die Stille zwischen ihnen bricht, spiegelt sich ihr Erstaunen in ihrer Stimme wider, „Wie konntest du mir ständig zuvorkommen, Spike?“

 

Das war die Frage, die sie die letzten anderthalb Wochen beschäftigt hielt.

 

„Nicht ständig, aber oft genug.“ Seine Hand greift nach den Anhängern, die sechs, die er erstreitet hat und ihre sechs Siegestrophäen, die auf dem Bett zwischen ihnen arrangiert liegen und ihn offenbar beschäftigt hielten, als sie duschte. Gibt ihnen eine letzte Inspektion, bevor er sie unachtsam auf den Nachttisch räumt und seine Aufmerksamkeit zurück auf sie verlegt. „Hast du eine Ahnung, was sie bedeuten?“

 

„Nein, ich weiß nur, dass sie wichtig sein könnten, weil dieser Mist sich immer als wichtig im Nachhinein erweist und ich diesmal umsichtiger als sonst vorgehe, weil keine Fehler erlaubt sind. Dem ungeachtet weichst du meiner Frage aus.“

 

Er grinst sie frech an und lehnt sich lässig in die Kissen zurück, „Tue ich das?“

 

Sie nickt und schweigt auffordernd, die Taktik, die bei ihm meistens zum Erfolg führte, schließlich, „Deine Vorgehensweise war ein offenes Buch. Keine sieben Siegel, nur deine Entschlossenheit. Du hättest mir nicht diese Menge deines Blutes verabreichen sollen, um mich zu retten war das nicht nötig, aber es hat sich als nützlich für mich erwiesen.“

 

„Inwiefern?“

 

„Du gibst immer ein Stück deines Lebens damit Preis.“

 

Gibt ihr keine weitere Erklärung, sondern nur ein geheimnisvolles Lächeln und einen undeutbaren Blick auf Angelus Mal an ihrem Hals. Bevor er nach ihrer Hand greift und ihr Handgelenk dreht, über die glatte Stelle fährt, die sein Biss hinterlassen hat. Keine Narbe und Cordelia braucht nicht Gedanken zu lesen, um zu wissen, dass er die unberührte Stelle bedauert. Er hat jede Entschuldigung im Universum. Wundert sich, was ihre Entschuldigung für ihr Bedauern ist, denn die Narben einer Frau sind nicht wirklich sexy, egal wie interessant die dazugehörige Geschichte ist und Besitzansprüche eigentlich nicht mit ihrem Lebensstil vereinbar.

 

Zieht ihre Hand zurück und verschränkt ihre Finger fest, bevor sie zu einer Antwort kommt, die ihr nicht gefallen kann und blickt ihm wieder ins Gesicht.

 

Er dreht ihre Hände, die Stelle ist wieder oben und Cordelia fühlt sich auf eine Weise nackt in seiner Gegenwart, die sie schon lange nicht mehr gefühlt hat. Nackt, weil er sie seinen unverhohlenen Hunger sehen lässt und seine Gier abschreckend sein sollte.

 

Spike darauf zählt, dass er ihre Positionen mit einem gefährlichen Blick klären kann.

 

Aber diese Einschüchterungstaktik hätte noch nicht einmal in der ersten Woche ihres Roadtrips zum Erfolg geführt. Damals wäre es milde Kuriosität gewesen, ob er die Drohung in die Tat umsetzen kann und heute ist es – komplizierter. Eventuell wäre es einfacher, wenn sie seine Gründe nicht so gottverdammt gut verstehen würde.

 

Sie ihn verletzt hat und er sie bezahlen lassen wird, nicht unbedingt wegen seines infantilen Sinnes für Gerechtigkeit gegenüber seiner Person, sondern damit ihr schlechtes Gewissen nicht Überhand gewinnt. Cordelia sich nicht zu behaglich in der Rolle der Schuldigen fühlt. Dagegen revoltiert. Es wäre gut, wenn sie sich auf ihr Unbehagen konzentrieren könnte, anstatt auf seinen Versuch ihr die Botschaft eines Raubtiers einzuhämmern. Ihrer instinktiven Antwort und sie befinden sich in einem weiteren Duell und dieses macht ihr mehr Sorgen, als ihr Training oder ihre Bereitschaft ihm achtlos in zu vielen Fällen entgegenzukommen, weil Spike nicht erkennt, um was es ihr geht.

 

Dass sie bereit wäre das Weihwasser auszupacken und sein Mal mit Stolz tragen würde.

 

Nicht ihn, nicht die Welt, ihre oder seine oder ihre gemeinsame.

 

Sondern einfach die Implikationen, dass sie beide die Leichtigkeit des Seins verbindet und es wäre so durchdacht, wie ihr Tattoo. Spontan und nie bereut. Ihr ist plötzlich schwindelig und ihr Herzschlag dröhnt in ihren Ohren, wie der Widerhall eines entfernten Massakers und er hat noch immer keine Ahnung, um was es wirklich geht. Dass sie keine Angst vor ihm hat. Vielleicht nie haben kann. Dass er einen anderen Einfluss auf sie hat als er denkt, einen größeren als er sich zutraut. Aber er ist zu beschäftigt mit seiner stummen Lektion, um zu verstehen, dass diese spezielle nicht vermittelbar an sie ist.

 

Und Spike ist ein ebenso schlechter Schauspieler, zumindest mit ihr als Publikum.

 

Dass sie das charmant findet, zeigt nur, dass sie sich beide phasenweise in einem sehr schlechten Film befinden, bei dem die Untertitel durcheinander geraten sind. Cordelia entzieht ihm ihre Hand endgültig, legt ihre Finger auf seine Wange und stellt sicher, dass er ihren Puls an seinen Lippen fühlt.

 

Ironie hat einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert in ihrer Koexistenz, „Meine Gebernatur ist nicht sehr ausgeprägt, mein dunkler Geliebter, du solltest mich nicht in Versuchung führen.“

 

Manchmal erscheint die Wahrheit zu unglaublich, um sie nicht als Ironie abzustempeln.

 

Cordelia zählt darauf. Er blickt verdattert mit seiner Bela Lugosi-Impression auf, sieht die Maske weg schmelzen, die plötzliche Weichheit in seiner Miene. „Du mich ebenso wenig, Kwé.“

 

Sie kann das erleichterte Lachen nicht halten. Sie schlittern auf glühendem Eis mit der Eleganz zweier Profitänzer und hoffen darauf, dass es dick genug ist. Nicht schnell genug schmilzt, um unter ihnen einzubrechen. Wie immer. Beide eingepackt in ihre vertrauten Schutzmechanismen, wattierten Schichten von unbestätigten Gewissheiten und zu vielen unsichtbaren Narben.

 

Die Frage, ob der Aufschlag schmerzen wird, sollten sie jemals das Gleichgewicht verlieren, ist einfach zu beantworten, entweder sie zersplittern oder ihre Vorsichtsmaßnahmen greifen. Oder sie setzen sich gegenseitig wieder zusammen, so wie in der Vergangenheit. Einer fällt immer weich.

 

Cordelia hat keine Ahnung, warum sie trotzdem funktionieren. Warum es trotzdem einfach ist, ihm zu sagen, dass sie ihn liebt und warum es in anderen Augenblicken wie jetzt unangebracht erscheint. Obwohl es immer der Wahrheit entspricht.

 

Nur nicht immer der, die sie sich zurechtgelegt hat. Ihr Lächeln glüht aus.

 

Dass das Eis vorher schmilzt, ist keine Option.

 

Nuklearer Winter in den Folgen von den beiden Sonnen, um die sie in den letzten Jahren kreisten und zwei Monate zusammen ändern daran nichts. Buffy ist in seinem Schatten so lebendig wie Angelus in ihrem, der Antrieb, das richtige zu tun und die Angst vor dem Versagen.

 

Cordelia blickt in seine Augen und sieht eine Seele einer Sturmfront gleich, etwas das unabwendbar erscheint und sie will ihm sagen, dass es für ihn leichter sein wird, weil es kein Fluch sondern die Erfüllung seiner Bitte sein wird. Will ihm sagen, dass er auf sie zählen kann in den ersten Wochen der Verwirrung. Dass Buffy für den Rest ihres Lebens an seiner Seite stehen wird und sie danach wieder für ihn da sein wird. Die Trauer ihn nie umbringen wird, egal wie tödlich sie sich in manchen Momenten anfühlen wird, er immer Spike bleibt. Blinzelt und sieht einen kalten Nachthimmel dort wo eine Sekunde vorher Wolkentürme und zersplitterte Träume lagen.

 

Fühlt die Wirklichkeit in ihrem Kopf zurückschnappen, wie ein überdehntes Gummiband und schweigt verwirrt.

 

Das Gefühl war vertraut, eine nebelhafte Präsenz. Kann beinahe das Kichern hören. Kann beinahe die pikierten Blicke der umgebenen Menge fühlen, die davon ausgeht, dass sie sich auf einem schlechten Trip befindet und die Bassline, die ihren Puls ersetzt. Kann beinahe ausmachen, wo Drusilla sich befindet, bevor diese die Augen und die Verbindung schließt.

 

Sie sollte ihre Beine in die Hand nehmen und rennen. Schreiend. Sehr laut schreiend. Und sehr schnell. Schneller als die Realität ihr entfliehen will und andere Leben sich vor ihrem inneren Auge manifestieren können, denn das war nicht ihre Sicht der Dinge. Die Gewissheit beruhigt etwas und das Gefühl, dass ihr keine unmittelbare Gefahr droht.

 

Ist dennoch an diesem Platz hier an Spikes Seite angefroren. 

 

Er küsst den Pulspunkt, bevor er ihre Hand wieder in seinen nimmt und diesmal auf seinem Oberschenkel drapiert. Ihre Finger sich kurz in den Jeansstoff krallen, bevor sie locker lässt. Die Panik abebbt. Denn er hat noch immer das Talent, sie in der Gegenwart zu verankern und sie ist augenblicklich zu empfänglich dafür.

 

Sieht den Reiz das Vergessen zu suchen, das Reden auf später zu verschieben oder ganz unter den Tisch fallen zulassen, aber sieht auch die Gefahr darin. „Kannst du Dru wahrnehmen?“

 

„Kannst du es?“ Spike blickt sie verblüfft an.

 

„Nicht mehr. Ich will nur sichergehen, dass sie sich noch in Europa befindet.“ Schließt nach einem flehenden Blick von ihr die Augen und Cordelia kann beinahe fühlen, wie er seine Sinne öffnet und nach der vertrauten Aura seines Sires sucht. Ergebnislos.

 

Schließlich interessiert, „Was hast du gesehen?“

 

„Einen Nachtclub.“ Deine Seele. „Das war keine Vision.“ Nur ein Tunnelblick auf den heranrasenden Zug.

 

„Keine Vision?“

 

„Durcheinander geratene Frequenz.“ Spike weiß, dass ein Unterschied besteht zwischen den Bildern, die sie empfangen und der Realität. Er weiß das. Er würde trotzdem intuitiv versuchen, dass Zugunglück aufzuhalten oder auszubremsen, selbst wenn es hoffnungslos wäre. Cordelia kann die Fetzen nicht in Worte kleiden, die in ihm weniger Missmut oder blanke Abscheu wecken würde und zielt auf einen leichten Ton und hat Erfolg, „Oder so erkläre ich mir zumindest die meiste Zeit die Stimmen in meinen Kopf, die Angel, die Welt oder dich verfluchen.“

 

„Ha, sehr lustig.“

 

Sie sieht ihn nicht lachen, reibt sich über die Stirn, als ob sie das klebrige Spinnennetz wegwischen kann, das sein Sire dort hinterlassen hat und besinnt sich dann auf das berechenbarere Übel und greift das eigentliche Thema wieder auf, „Wann hast du meine Täuschung durchschaut?“

 

„Habe ich dir nicht gesagt, dass ich nicht vollkommen bescheuert bin, was das Auswerten von Clues anbelangt? Obwohl die zehn Meilen, die ich nach unserem Streit gefahren bin, bis ich erkannte, was du da eigentlich gespielt hast, mich wie ein Vollidiot vorkommen ließen.“

 

Sein Tonfall ändert sich, wird leichter und dunkler in einem, „Also hielt ich mitten auf der Landstraße und überlegte, auf wie viele unterschiedliche Arten, ich dich überzeugen kann, dass ich eigene Entscheidungen für meinen Vampirarsch treffe, bis mir klar wurde, dass manche Dinge sich nicht durch Schreien lösen. Außerdem nützt du mir taub wenig, um meine Anweisungen zu befolgen.“ Oder verletzt.

 

Sie hätte ihm nicht nur einen rechten Hacken verpasst, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären, aber das ist ihr sozialer Vorteil als Frau. Nicht dass sie nicht annimmt, dass sie sein Spiel früher erkannt hätte, aber der Grund alleine hätte sie überkochen lassen. Spike spricht die Drohung nicht aus, aber die Wut ist diesmal echt und Cordelia überzeugt, dass seine Überzeugungsarbeit in seiner Fantasie nicht nur aus Worten bestanden hat. Dafür hatte sie seinen Dämon in dieser Nacht zu weit aus der Reserve getrieben. Der räumliche Abstand unter Umständen, das war, was sie beide gebraucht haben, um abzukühlen und die Angelegenheit rationaler anzugehen.

 

Nach einem Moment kommt erwägend von ihm hinzu, „Ich hätte mir wirklich mehr Menschenkenntnis in deinem Fall zugetraut.“

 

Und sie sich mehr Talent, beim Improvisieren eines Planes zu seiner Rettung. Sie beide haben versagt. Nicht das bekommen, was sie wollten und trotzdem mehr als geplant. Einen Partner für einen Teufelsritt. Kläglicher Versuch von Humor ihrerseits, „Oder Dämonenkenntnis, huh?“

 

Natürlich zum Scheitern verurteilt, denn Spike hat ein Ziel, das er ihr eintrichtern will, er verneint kopfschüttelnd, „Das hat mit deiner Seele zu tun und nicht deinem Dämonenstatus. Du wirst mich nicht mit deinem Leben beschützen und das ist ebenfalls meine verdammte Entscheidung, die unumstößlich ist. Hast du mich verstanden?“

 

Senkt den Blick, bis er ihr Kinn packt und ihre Augen mit seinen hart fixiert. „Hast du mich verstanden, Cordelia? Ich hänge an meinem Unleben und werde es nicht wegwerfen, lass das also meine Sorge sein, okay?“

 

Schluckt und stimmt ihm belegt zu, „Okay.“

 

Ahnte, dass sie ihn irgendwann anlügen kann, während sie ihm in die Augen schaut. Aber nicht heute. Sie brauchen klare Fronten, „Solange ich nicht vor die Wahl gestellt werde.“

 

Wusste, dass es ein sinnloses Unterfangen ist, „Verflucht, Cor! Du bist diejenige, die verdammt ist, hast du das vergessen?“

 

Entgegenkommend und zuckersüß, „Nein, Spike, aber wir sind beide nicht so suizidgefährdet, als dass wir darüber streiten müssten, wer wem den Vortritt lässt. Außerdem gehe ich davon aus, dass wir letztendlich hierin keine tatsächliche Wahl haben.“

 

Der andere Muskel in seiner Wange zuckt und Cordelia überlegt, ob sie eine Landkarte seines Gesichtes für Buffy anlegen sollte, die ihr zeigt, wo welche Emotion sitzt, worauf sie achten muss und wo die Landminen versteckt sind. Ob die Skizze von der Jägerin gebraucht werden würde oder ob es reicht das Leuchtfeuer der bedingungslose Liebe in seinen Augen zusehen. Ist sich sicher, dass Spike ihr den Gefallen mit einer Karte für Angel zurückgeben würde und sie beide nicht mit soviel Offenheit in ihren jeweiligen Beziehungen umgehen könnten.

 

Der schwarze Humor entzieht sich ihr nicht und sie wundert sich nur kurz, ob er echt ist oder nur eine weitere List von ihr, um über die bitteren Beigeschmack hinwegzugehen, denn Spike ist wieder an dem Punkt, an dem er sie – Cordelia ist sich sicher, das schütteln seine Intentionen nicht wirklich umschreiben würde. Sinn in sie hineinprügeln bis sie bewusstlos ist, schon eher und ihr böswilliges Lächeln hilft nicht wirklich seine Laune zu verbessern.

 

Aber Spike hält sich zurück. Sie sind beide zu starrköpfig, ihr Kinn schmerzt in seinem Griff und es ist der gleiche Streit, der ihn aus ihrer direkten Umlaufbahn warf und wenn er mit seinem Einfluss auf ihr Leben nicht umgehen kann, dann hat er darin nichts zu suchen.

 

Cordelia ihn nicht sterben lassen wird, wenn es sich nicht komplett ihrem Einfluss entzieht, weil sie es nicht kann. Es gegen alles ist, was sie ausmacht und sein Unverständnis durch keines ihrer Worte gemildert werden kann. Er war ihr Befreier, der sie soweit zum Licht führte, wie es ihm möglich war und sie kann das nicht vergessen oder hinter sich lassen. Seine Gründe zur Selbstaufgabe interessanter zu analysieren wären als ihre und sie ihn vielleicht daran erinnern sollte, dass ihre Debatte sowieso nur hypothetischer Natur ist. Oder elementar. Spikes Dickköpfigkeit und ihre Ablehnung sich ungewollten Entscheidungen zu fügen.

 

Und solange er sich mit Händen und Füßen gegen ihre wehren konnte, dann hieß es nur, dass er sie noch nicht brauchte und genügend Kraft hätte zu kämpfen und sich selbst aus der Scheiße zu ziehen. Also wäre dieses Argument so oder so hinfällig und vollkommen überflüssig.

 

Es ist simple, „Besser nicht sterben, wenn ich dich mit einer dramatischen Geste retten kann, Spike.“

 

„Shakespeare ist überbewertet, Cor.“ Alles was er ihr äußerlich bereit ist zuzugestehen.

 

„Jeder liebt blutige Klassiker, sogar du.“ Alles was sie ihm als Bestätigung seines inneren Konflikts geben kann.

 

Der Druck an ihrem Kinn verstärkt sich, ihre Augen sind unnachgiebig und sie weiß, dass er diesen offenen Zweikampf nur verlieren kann. Egal ob er seine Blauen oder Goldenen einsetzt, sie jetzt wirklich keinen Unterschied mehr darin findet und alles Teil des Ganzen ist. Er weiß es ebenso, selbst wenn sein Zähneknirschen andeutet, dass er noch nach einer weiteren Option sucht.

 

Biestig, „Keiner will die Heldin fallen sehen.“

 

Ihre Augenbrauen sind oben, das waren ausgesprochen profane Worte, sogar für Spikes Verhältnisse und er beißt sich bereuend auf die Lippen. Zu spät. Aber die Geste erspart ihm den definitiven Vollidioten am Ende des Satzes. Sarkastisch, „Dann sei dir sicher, dass du Held genug bist, um mich aufzufangen oder besser noch, verursache nicht meinen Fall, Spike.“

 

Cordelia ist davon überzeugt, dass sein Name sich definitiv nach einem Synonym für Vollidiot anhören kann, wenn man es darauf anlegt und ihn richtig betont. Er offensichtlich auch, wenn sie sein instinktives Verkrampfen richtig deutet.

 

Kennt seine nächste automatische Antwort und lächelt in weiser Voraussicht. Cordelia spekuliert, dass sie beide dieses Spiel bis zum Ende der Zeit beschäftigt halten könnte, wenn sie nicht von einer Apokalypse unterbrochen werden und die jähe Einsicht in seiner Miene verleiht der Situation einen Hauch von surrealer Komik.

 

Die Risse, die sich in ihrem Status quo gebildet haben, sind nichtexistent.

 

Ein besiegtes, „Fuck!“ von ihm. 

 

Und sie provoziert grundlos und er ist nicht auf der gleichen Seite der Geschichte, denn er ist noch immer ahnungslos und vielleicht mag sie dieses Unvermögen von ihm, gewisse Motive von ihr richtig zu zuordnen.

 

Denn ihr, „Nein, fick dich!“, hat keinen vernünftigen Grund. Außer einem.

 

Denn seine Lippen sind auf ihren. Es ist nichts Freundschaftliches in diesem Kuss. Es sind fehlende Argumente und sein purer Wunsch ihr seinen Willen aufzuzwingen. Sex verschärft gewisse Konflikte, das wusste Cordelia vorher und es ist noch immer gegen ihre Natur sich dieser Laune gedankenlos zu ergeben, aber nicht wenn sie von ihr kreiert wurde.

 

Irgendwie hat sie geahnt, dass ihr erster echter Kuss im Vorfeld so verdammt bühnenreif ausfallen würde. Denn sie sind gegenüber den großen Gesten nicht immun und Cordelia hält sie beide nicht für Träumer, aber ebenso wenig für zynisch genug, um ihnen zu widerstehen. Vielleicht sind sie noch romantisch genug trotz allem, dass sie diese in ihrem alltäglichen Leben suchen.

 

Zumindest die ungefährlichen Tagträume, die man sich selbst spinnt und die einen mit einem Ziehen im Unterleib und einem warmen Prickeln unerfüllt zurücklassen. Okay, vielleicht konnten sie zwei in der Vergangenheit einfach zu lange die verschiedenen Komponenten für guten Sex in ihrer freien Zeit unerfüllt ausmalen, so dass ein bestimmtes Monumento angebracht erscheint. Oder in den letzten zwei Wochen.

 

Denn dass hier war nicht mehr als das, nur ein Kuss. Ein Kuss ist manchmal nur ein Kuss, ist ein Kuss.

 

Freud wäre so enttäuscht von ihr und ihre Verweigerungsstrategie.

 

Isst ein köstliches Stück von ihm und er stiehlt eines von ihr und ihre Zungenspitze gleitet über seine Unterlippe, verlangt Einlass und mehr von seinem Geschmack in ihrem Mund. Denn das hier war die Trostschokolade nach einem enttäuschenden Jahr gemischt mit Kaffe und mit Whiskey und Rauch und Cordelia findet all die Geschmäcker, die ihre Nerven beruhigen, seit Jahren, seit Monaten und Spikes eigener.

 

Der wenig beruhigend ist, aber genauso süchtig machend und sie will mehr davon.

 

Ihr Lächeln entblößt ihre Zähne und sie spürt die Vibration seines Frustes und es ist nur ein Streitgespräch für ihn. Etwas das essentiell ihrer Natur entspricht und sie denkt nicht, lässt seine Zunge widerstandslos ein. Es ist das fehlende Teil in seinem Puzzle. Kontert seine Aggressivität mit ihrem Trotz. Lockt ihn aus seiner nichtexistenten Zurückhaltung, puscht ihn weiter auf, denn sie kennt diesen Tanz, hat ihn so oft mit ihm durchgespielt, dass das hier trotz allem nicht neu ist.

 

Nur eine weitere Trainingseinheit für sie beide in einem bisher ungenutzten Raum.

 

Nur das Berühren zweier Dämonen und Spike hat sie schon auf so viele Weisen genommen, dass er schlicht keinen Anspruch auf Verlegenheit ihrerseits hat. Nicht erwarten kann, dass sie klein bei gibt bei so einer alltäglichen Geste und es ihm einfach macht. Aber es ist besser als in der Finsternis einer einsamen Landstraße, weil sie heute weiß, was sie will und sie taucht ohne Warnung tief in die Vertrautheit seines Mundes ein.

 

Folgt geschmeidig Spikes Bevormundung, kommt ihm zuvor und ihre Arme sind um seinen Hals. Sie auf seinem Schoß, fühlt seine Härte durch die Jeans und sie gibt ein kehliges Geräusch, das sie in der animalischen Befriedigung, die es in ihr auslöst, nicht ganz zuordnen kann, aber Spikes Antwort kommt ebenso ungefiltert zurück. Seine Finger gegen ihre Schulterblätter drücken, sie festhalten und sie braucht keinen Raum hierfür, muss sich nur weiter öffnen.

 

Wendet seinen Angriff gegen ihn, pariert ihn unbedacht und effektiv, denn sie kann schnell siegen, wenn es die Situation erfordert. Sie sind sich jetzt zu nah, nach zwei Wochen gekünsteltem Abstand und absichtlicher Distanz. Der Verfolgung ihres gegenseitigen Schattens, Erwartung und Anspannung der Treibjagd. Die Energie zwischen sucht sich ihre Entladung, springt über, entzündet einen Flächenbrand und es ist nicht nah genug für Cordelia.

 

Ihre Hände greifen blind nach seinem T-Shirt, zerren an dem Stoff und ihr Handtuch landet auf dem Boden, mit einer Drehung ist sie unter ihm. Seine Hände in ihrem Haar, seine Daumen auf ihren Wangen. Seiner Zunge in der Tiefe ihrer Mundhöhle. Das dunkle Versprechen ihr nicht die Wahl zu lassen und sie pariert seine Biegungen und kontert den Druck in gleichem Maß.

 

Denn sie ist nicht weich, nicht ohne Widerstand und er liebt auch das.

 

Bis sie sich nach Luft schnappend von ihm löst, die Gelegenheit nutzt, um sein T-Shirt endgültig zu entsorgen und er wieder ihren Mund attackiert und sie ihn einlässt. Weil er vergessen hat, dass er einen Grund hierfür hatte und sie ihn gereizt hat, in einer Weise, die nichts mit dem Gefühl ihrer Haut gegen seiner zu tun hatte.

 

Er das Vergessen braucht und vielleicht auch sie.

 

Es nicht schön oder perfekt ist. Die billigen Bettfedern quietschend unter ihrem Gewicht protestieren, während er versucht seine Jeans loszuwerden und das Geräusch an ihren Nerven zerren sollte und die Selbstverständlichkeit mit der sie ihm hilft, den Stoff loszuwerden an ihrem Verstand. So wie das Bewusstsein, dass sie das will. Er wegen ihr mit einer gottverdammten Jeans kämpft, als ob sein Leben davon abhängt und sie gleichzeitig so stolz und entgeistert darüber ist, wie während ihres ersten Kills bei der Abschlussfeier. Es dennoch nichts weiter als ein ferner Eindruck bleibt. Ihre Welt ist zurück im Fokus und das gehört dazu.

 

Denn Cordelia sieht zuviel und sie weiß, dass Spike sie nicht blenden kann.

 

Diese blinde Willigkeit, nur soweit geht, wie es ihren Bedürfnissen entspricht.

 

Hitze und Hetzjagd und vielleicht war es keine gute Idee, Benzin in das Feuer zu gießen und sie spürt, wie er sie aufbraucht, konsumiert und es ist gut. Für den Moment alles was sie will und sie weiß, dass das gefährlicher als jedes ihrer vorigen Spiele ist, denn sie hat kein Motiv. Außer Spike. Ihm gegenüber offen zu sein und als er in sie stößt, ohne Finesse oder Rücksicht kommt sie ihm entgegen, weil sie Nebel unter seinen Händen und er Feuer ist.

 

Es unwahrscheinlich ist, dass ein Großbrand hieraus entsteht, der ihre Schatten ausradiert, selbst wenn der Funke überspringen sollte. Dass das eine mit dem anderen nicht lange existieren kann und sie weiß gerade nicht genau, wer mit wem oder was. Aber sie weiß, dass irgendwo zwischen Kansas und hier sich mehr verändert hat, als sie sehen will.

 

Dass die zusammenhanglosen Worte, die sie ihm von seinen Lippen stielt und unvernommen schluckt, mehr sind als lautes Stöhnen. Dass er etwas Ausdruck geben will, was besser ungehört bleiben sollte für Außenstehende dieser schmutzigen Affäre und sie versteht ihn zu gut und sie wagt es dennoch nicht, seinen Mund unbeaufsichtigt zu lassen. Gräbt ihre Zähne in seine Lippen, als er sich lösen will und sie hält ihn fest. Hält ihn an diesem Zwischenort gefangen, denn sie will ebenso wenig mehr hören, will dem hier keinen Namen geben.

 

Drei Sinne reichen für die heutige Nacht. Sind mehr als genug.

 

Nur mehr schmecken, fühlen, riechen.

 

Sie sich noch immer dem hier entziehen könnten, egal wie nah sie aneinander dran sind, egal wie tief er in ihr vergraben ist und Cordelia erkennt, dass dies keine weitere Sorge von ihr sein muss. Sie geben sich nicht füreinander auf. Geben einander. Sie sind beide willensschwach genug, um die Folgen auf irgendwann später oder nie zu verschieben und das fühlt sich nicht nach einer Niederlage an. Fühlt sich nach leben, lieben, kämpfen und spontaner Leidenschaft an, die sie zwei nicht ruhen lässt.

 

Seine Hände rau sein sollten. Es sind und in ihr Angst wecken, denn sie ist mit Gewalt vertraut. Spike ebenso. Der unlogische Gedanke, dass sie immer diejenige zwischen ihnen sein wird, die ihn stärker bluten lässt, nimmt die Rohheit aus seiner Härte. Die Schärfe aus seinen Zähnen, sie fühlt sich dennoch als ob er sie mit seinen Küssen schneidet und seziert. Tote Schichten abträgt, die sie nicht zum bestehen in diesem Leben braucht.

 

Mehr über sich lernt, als sie seit einer feuchtwarmen Mainacht zulassen wollte.

 

Eine ausgeklügelte Maske nach der anderen abträgt, bis sie wenig mehr als Adrenalin und Gier ist. Es genießt. Denn das hier ist sie. Ist sie in Kontrolle, außer Kontrolle und mit Spike als Sicherheitsnetz und sie sind nie zusammen hoch genug gestiegen, um beide hart auf den Boden zu krachen, außer als Trainingsübung.

 

Und das ist Spikes Magie.

 

Die Finger auf ihrer Haut sind fest und sicher, pressen sie auf die Matratze und dann in seine Form. Reduzieren den Raum zwischen ihnen auf stickige Haut, die aneinander haftet, gegeneinander reibt. Aber ihre Oberschenkel haben sich ebenso unnachgiebig, um seine Taille geklammert und Rücksichtnahme hat keinen Platz zwischen ihnen. Cordelia die Stöße bis in ihre Zehenspitzen fühlt, das furiose Quietschen seine Worte ohne weiteres überstimmen würde, aber ihr Mund ihn noch immer nicht gehen lassen kann.

 

Vielleicht weil sie etwas anderes als seine Worte ausfiltern will.

 

Vielleicht sich und all die dunklen Erinnerungen, die er ohne besorgten Blick in sich aufnehmen kann. Mit wenig mehr als einem Schulterzucken und ihrer Hand in seiner und wenn es hart auf hart kommt mit seinem Schwanz in ihr. Er keine Angst hat sie zu zerbrechen und sie keine, dass er sie mit Sex brechen kann.

 

Nur Angst, dass er sich an ihren rauen Kanten und zersplitterten Hoffnung wieder blutig reißt, wenn er zu tief in sie vordringt. Bei dem Versuch sie zu ergründen verloren geht und Cordelia lässt seine Zunge frei. Löst den Todesgriff um seinen Oberkörper, spürt seine Rippen über ihren Innenschenkel gleiten, bringt ihr Knie über seine Schulter und er greift blind nach der Rose und es ist noch immer einfach, Spikes Motive aufzuspüren. Noch immer von dem Wunsch beflügelt Anerkennung dort zu finden, wo nur Ablehnung auf ihn warten kann und es ist das, was sie nie begreifen wird, wie er so stur sein kann.

 

So duldsam bei den Kreaturen, die ihm wichtig sind und das sogar ohne Seele.

 

Denn sie ist es nicht. Hat sich verloren in der Zeit, in der sie war, denn sie braucht einen ungenauen Plan für ihr Leben. Eine ungefähre Sicherheit. Sehr viel Freiraum. Keinen Zwang, um zurückzukehren. Oder eine Anweisung. Er braucht das. Nicht von ihr. Natürlich nicht und Cordelia denkt, dass das der Schlüssel zum Erfolg gewesen wäre vor zwei Wochen. Nur ein Telefonat mit Buffy und die Bitte ihn zurückzunehmen. Den Wechsel von einem Eigner zu einem anderen, hätte er innerlich akzeptieren können und es macht sie wütend und traurig. Behält dies in Erinnerung und ihre Fingerspitzen wandern über sein Gesicht und entwerfen eine neue Landkarte für seine Zwecke.

 

Hält ihn nur mit ihren Blick und den gewichtslosen Berührung ihrer Finger in seinem Nacken, die Oberschenkel locker gegen seine Taille gepresst. Leichter Rahmen und Fokus und die Tausend Dinge dazwischen, die er für sie ist.

 

„Das bist du.“

 

Und er schüttelt den Kopf in leichtem Unverständnis, weil er sich nicht so sanft sieht oder offen und wahrscheinlich hat er Recht mit seiner Sicht und sie mit ihrer.

 

Denn es gibt jetzt eine weitere Lektion, die sie ihm mitgeben will. Spürt ihren Schweiß, wie er in die Matratze kriecht und blickt in seine verwunderten Augen und es geht nicht um Rätsel oder Mysterien.

 

Sie sind beide Geheimnis genug für diese Welt.

 

„Das bin ich.“

 

Und Cordelia hebt die Hüfte kommt ihm entgegen, steigt höher und nimmt ihn mit, der Sonne entgegen und es ist nicht wichtig, dass sie beide verschiedene anbeten. Es fühlt sich nicht so verschiedenen an, wenn sie verbrennen und sie greift nach seinem Haar und er taucht wieder in ihre Mund und sie verzehrt ihn mit seinem Feuer und der Hitze und er löscht ihren Durst und ihre Erwartungen und sie ist wieder Dampf und Nebel und unfokussierte Energie und dann kommt sie in Chaos und es ist seines und die Ordnung ist irgendwo dazwischen.

 

Sie sich normal fühlen kann. Soviel besser, wenn er kraftlos auf ihr zusammenbricht.

 

Irgendwann hat sie ihre Stimme zurück, „Bist du nicht froh, dass ich mir das Zimmer ohne Nachbarn ausgesucht habe?“

 

Hört ihn erschöpft lachen, als er von ihr rollt und sie mitnimmt, auf sich drapiert wie eine menschliche Decke.

 

„Ich habe blindes Vertrauen in deine praktische Ader, Cor. Und die ganze Nacht, um eben diese zu genießen.“

 

„Oh.“

 

„Oh yeah!“

 

Spike kann sich tatsächlich, wie eine Inkarnation des Bösen anhören. Dunkel und voller Versprechungen. Nicht dass sie das beunruhigt. Wirklich nicht. Er sollte keine Schwierigkeiten haben, dieses zu halten. Während sie sich ihren Weg über seine Brust sucht, tiefer wandert, seinem Nabel flüchtige Aufmerksamkeit schenkt.

 

Sie hat den Beweis für die nächste Runde zwischen ihren Brüsten, aber, „Die ganze Nacht?“

 

„Wenn du deine Karten richtig ausspielst, dann – " Und seine Finger spannen sich in ihrem Haar an, während sie der feinen Linie seiner Haare folgt.

 

„Dann bleiben mir ungefähr fünf Minuten bis die Sonne aufgeht.“

 

„Okay, den ganzen – " Stolpert über den Rest seines Satzes, „Oh Gott!“

 

Und Cordelia denkt daran, bei diesem Lächeln nicht die Zähne zu zeigen. 

 

 

Fortsetzung folgt…