Autor: marisol    
E-Mail Adresse: marina31180@aol.com
Titel: Never Meant To Make You Cry
Altersfreigabe: ab 14
Spoiler: keiner
Warnung: Achtung, Character Death!
Inhalt: Was geschieht, wenn man vor lauter Angst und Verzweiflung, sich selbst und dem anderen gegenüber seine Gefühle eingestehen zu müssen, einen furchtbaren, nicht wieder gutzumachenden Fehler begeht? Ist es dann zu spät um die Dinge sagen zu können, die ungesagt geblieben sind?
Hauptcharakter(e)/Paar(e): Buffy/Spike
Kommentar: Ich möcht mich bei meinem Schatz Fiona für's Betalesen bedanken und bei Sweetgirl für das geile Pic! Ihr seid sooo klasse, danke euch!!



Never Meant To Make You Cry
by Marisol


Bild von Sweetgirl



Ein unsichtbarer Mantel aus feinem Schweiß bedeckte ihren nackten Körper, der unkontrolliert zitterte.
Mit rasender Geschwindigkeit hämmerte ihr Herz gegen ihre Brust, an der Spikes Kopf lehnte.
Er tat es jedes Mal, nachdem ihre Körper, ihre Zungen diesen intimen Kampf miteinander gekämpft hatten, in dem es keinen Verlierer gab.
Manchmal war sie versucht ihn zu fragen, was er so faszinierend daran fand, ihrem wilden Herzschlag zu lauschen, aber sie tat es nie. Vielleicht weil sie wusste, dass er antworten würde, wie sehr er diese Lebendigkeit liebte, die in diesen Momenten trotz ihrer grenzenlosen Erschöpfung von ihr ausging.
 
Mit einer Bewegung, die grober ausfiel, als sie es beabsichtigte, schob sie seinen Kopf von ihrer Brust und brachte Abstand zwischen ihre Körper.
Sie wollte aufstehen, aber sie wusste aus Erfahrung, dass ihre Beine ihr diesen Dienst nicht erweisen würden, also blieb sie liegen und versuchte, ihn nicht anzusehen.
Ihre Augen gehorchten ihrem stummen Befehl aber nicht und sogen den Anblick auf, der sich ihnen bot.
Seine Haare waren zerzaust und standen in wirren Strähnen von seinem Kopf ab und sie musste daran denken, dass es ihre Hände gewesen waren, die es durchwühlt hatten, ebenso wie es ihre Zähne gewesen waren, die in blinder Leidenschaft Bissspuren auf seiner Schulter hinterlassen hatten.
 
Träge hob sie eine Hand und berührte ihren wunden Mund, der von seinen Küssen brannte, als sie sah, dass er sich zu ihr beugte in der Absicht, seine Lippen auf ihre zu legen, um den Schmerz zu lindern.
„Nicht“ murmelte sie und drehte ihr Gesicht ein wenig zur Seite, was aber unnötig war.
Er verstand auch so.
 
Einige Sekunden vergingen, ehe sie sich wieder zu ihm drehte und ihn betrachtete.
Seine Haut hatte die Farbe von altem Elfenbein, und erstaunlich zart, beinahe wie poliert, fühlte sie sich auch an.
Und plötzlich wünschte sie sich, alle inneren Barrieren überschreiten und sich in seine Arme legen zu können, aber sie kämpfte diesen kurzen Moment des Zärtlichkeitsbedürfnisses so schnell nieder, wie er gekommen war.
 
Er hatte sich auf den Bauch gedreht und stützte sich auf seinen Unterarmen ab, um ihr Gesicht, vom dem er jede winzige Kleinigkeit kannte, eingehend zu betrachten, so als wollte er sich vergewissern, dass ihm kein Detail, keine Unebenheit ihrer Züge entgangen war.
Er hatte diesen Ausdruck auf seinem Gesicht, den sie nicht ertragen konnte und sie wusste, dass sie wegsehen sollte, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, dass er sich in ihre Seele einbrannte.
 
Als sie fühlte, dass ihr Körper in der Lage war, sich zu bewegen, rollte sie sich zur Seite und setzte sich aufrecht hin.
Er griff nach ihrem Arm und ohne es zu wollen wandte sie sich ihm zu.
„Hat es wehgetan… als Angel dich verlassen hat?“
 
Von der Frage überrascht, kniff sie die Augen zusammen und öffnete den Mund, um ihren Lungen, aus denen die Luft wie aus einem plötzlich zerplatzten Luftballon entwichen war, wieder den dringend benötigten Atem zuzuführen.
Sie starrte ihn an, während in ihrem Kopf hunderte von Gedanken gleichzeitig rotierten.
Er war vollkommen ernst und beinahe wäre ihr entgangen, dass sein Kinn kaum merklich zitterte und somit verriet, was eigentlich hinter seiner Frage steckte:
Wird es wehtun, wenn du mich verlässt?
 
Sie sah ihn nicht an, als sie ihm sowohl auf die gestellte als auch auf die unausgesprochene Frage eine schlichte Antwort gab:
„Ja.“
Er nickte leicht, so als hätte er nichts anderes erwartet, seine Augen baten sie stumm darum, sich wieder neben ihn zu legen.  Sie wusste nicht, warum sie es tat, aber sie ließ sich wieder auf das Bett sinken und schaute ihn an. „Hast du geweint?“
Seine Stimme war kaum ein Flüstern und sie musste das plötzlich aufkommende Gefühl, das sein Blick in ihr auslöste, herunterschlucken, als sie als Antwort nickte.
 
Sie wusste nicht, wieviel Zeit verging, während sie sich ansahen, ohne ein Wort zu sagen.
Und dann, mit einer Sanftheit, die sie ihm nie zugetraut hätte, nahm er ihre Hand in seine und sagte leise:
„Ich werde dich niemals zum Weinen bringen, Buffy. Niemals. Ich weiß, du willst es nicht hören, aber ich sage es dir trotzdem. Ich verspreche es dir.“
 
Für einen Moment schlossen sich ihre Augen, während sie ihre Lippen so fest zusammenpresste, dass es weh tat.
Sie kämpfte einen  Kampf mit sich selbst, versuchte es zu stoppen, dass die Bedeutung seiner Worte zu ihr durchdrang und wehrte sich verzweifelt dagegen, von seinem Versprechen berührt zu werden, obwohl ein winziger Teil von ihr längst wusste, dass dieser Kampf aussichtslos war. Sie hatte alles getan, um es zu verhindern, aber der Teil ihrer Seele, den sie panisch zu unterdrücken versuchte, wusste es längst, dass er sich in ihr Innerstes geschlichen hatte, unter ihre Haut gekrochen war und sich dort eingenistet hatte. Irgendwo aus der Ferne hörte sie Kirchenglocken läuten, die eine Stunde verkündeten, von der sie nur ahnen konnte, dass sie bereits weit nach Mitternacht lag.
Und plötzlich musste sie an eine Textzeile aus Hotel California denken, diesem alten Song der Eagles aus den 70ern, in dem Don Henley mit rauchiger Stimme sang:
 
I heard the mission bell,
And I was thinking to myself:
‘This could be Heaven or this could be Hell.’
 
Als hätte sie sich verbrannt, riss sie ihre Hand aus seiner und kämpfte sich aus den weißen Laken, die sie festzuhalten schienen, während sie ihm über die Schulter zuzischte:
„Du hast Recht. Ich will es nicht hören.“
Mit einer hektischen Bewegung stieg sie in ihre Jeans, die zusammengeknüllt neben dem Bett lag und drehte sich dann zu ihm um, ignorierte den Schmerz in seinen Augen und sagte:
„Es bedeutet mir nichts, Spike. Gar nichts.“
 
Er stieß ein kurzes, humorloses Lachen aus, stand ebenfalls vom Bett auf und rief:
„Sagst du das, um mir etwas vorzumachen… oder dir selber? Hör doch auf, Buffy, ich weiß es. Ich fühle es. Ich lese in deinem Gesicht wie in einem Buch, dein Körper verrät es und die Tatsache, dass du hier bist, sagt alles.“
 
Sie schüttelte den Kopf, als ob sie dadurch seine Worte aus ihrem Bewusstsein abschütteln wollte und sagte scharf:
„Du willst es nicht wahrhaben, oder?“
Er wollte etwas erwidern, aber sie hinderte ihn daran, indem sie abwehrend die Hand hob und fortfuhr:
„Merkst du es denn wirklich nicht? Das, was du für Liebe hältst, ist nichts anderes als deine verträumte Version davon, was wirklich zwischen uns ist. Ich benutze dich, Spike. Wir.. wir benutzen uns gegenseitig. Ich benutze dich, um mich tot zu fühlen und du benutzt mich, um dich lebendig zu fühlen.“
 
Ihre Worte schnitten in seine Haut wie ein Messer, sie sah ihn zusammenzucken, als hätte ihm jemand mit voller Wucht eine eiserne Faust in den Magen gerammt.
„Das ist nicht wahr…“ brachte er hervor.
Und plötzlich fühlte sie einen Kloß im Hals, der sie zu ersticken drohte, sie schluckte und schloss die Augen, um die Tränen zurückzudrängen, die ihre Sicht allmählich verschleierten.
Als sie sie wieder öffnete, stand er direkt vor ihr, seine Arme legten sich auf ihre Schultern und sie hatte den widersprüchlichen Drang, ihn an sich pressen und ihn gleichzeitig so weit es nur ging von sich stoßen zu wollen.
 
Sie befreite sich aus seinem Griff, ging einige Schritte rückwärts und bückte sich nach ihrem T-Shirt, das sie schnell über den Kopf zog.
Er stand immer noch so da und schaute sie an, als würde er auf etwas warten, von dem er doch wusste, dass es nie kommen würde.
„Ich liebe dich“ sagte er.
 
Sie drehte den Kopf zur Seite, um nicht länger in sein Gesicht sehen zu müssen und um dem Ausdruck seiner Augen zu entkommen.
„Lass es zu, Buffy.“ Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und sie spürte, wie sein Blick durch ihre Lider brannte, die fest geschlossen waren.
Ohne ihn anzusehen schüttelte sie den Kopf und presste die Lippen zu einem schmerzhaften Strich zusammen. „Niemals.“ In ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme fremd, so als würde sie zu jemand gehören, der aus weiter Ferne sprach und mit ihr nicht das Geringste zu tun hatte.
 
Sie öffnete die Augen und sah, dass er auf sie zukam, mit langsamen Schritten,so als hätte er Angst, dass sie sie sich umdrehen und weggehen würde, wenn er schneller ging.
Er blieb wenige Schritte vor ihr stehen, seine Augen bohrten sich in ihre und sie wusste, dass sie es nicht zulassen durfte, dass er sprach, dass er sie ansah, dass er sie berührte.
Und doch blieb sie stehen, wo sie war, als würde sie von einer unsichtbaren Hand festgehalten werden, darauf wartend, dass das Unvermeidliche passierte.
 
„Du machst es dir so einfach, Buffy. Du setzt deine verfluchte Maske auf und versteckst dich dahinter und hoffst, dass du damit auch deine Gefühle verstecken kannst.Vor mir, vor die selber..“
Während er sprach, kam er immer näher und sie fühlte, wie sie sich verkrampfte.
Sie wollte ihn anschreien, dass es verdammt noch mal alles andere als einfach war, aber kein Wort kam über ihre Lippen.
Statt dessen griff ihre rechte Hand nach hinten zu ihrer Gesäßtasche und sie fühlte das glatte, kühle Holz.
Fest umlammerten ihre Finger den Pflock.
 
Er fühlte sich gut an in ihrer Hand.
Er erinnerte sie daran, wer sie war- und vor allem rief es ihr ins Gedächtnis, wer er war.
 
„Du bist also hier, um dich tot zu fühlen? Verflucht, Buffy... du warst nie so lebendig wie in diesen Momenten, als ich in dir war. Sieh mich an und sag mir, dass es nicht so ist. Sieh mich an... wenn du bei mir bist, bist du nicht die Jägerin. Du bist auch nicht die Schwester und auch  nicht die Freundin, die für alles die Verantwortung trägt, du bist nicht diejenige, auf der alles lastet. Du bist du, Buffy. Nur du. Und du fühlst es, wenn du mit mir zusammen bist, ich bin der, der es dich fühlen läßt.“
 
Sie wich vor ihm zurück, während die unsichtbare Maske Stück für Stück von ihrem Gesicht bröckelte und ihre Gefühle, die sie so verzweifelt vor sich selbst zu verbergen suchte, freilegte.
 
Spike füllte seine Lungen in schnellen Atemzügen mit der unbenötigten Luft und blieb stehen.
Er wusste, er hatte die Grenze lange überschritten, hatte die Regeln, die sie vorgab, niedergetrampelt wie brüchiges Glas und obwohl ein Teil seines Verstandes ihm sagte, dass er aufhören sollte, konnte er es einfach nicht.
Und so stand er vor ihr, bereit, sein Innerstes von ihr zerschmettern zu lassen, jedoch nicht bereit, sie gehen zu lassen, ohne ihr den Spiegel der Wahrheit vors Gesicht gehalten zu haben.
 
„Du liebst mich, Buffy. So sehr, dass es weh tut.“
 
Er konnte ihren Puls fühlen, der wie ein reißender Fluss durch ihre Adern strömte, er roch ihre blinde Verzweiflung und ihre Angst.
Angst vor seinen Worten, Angst vor der Wahrheit.
 
Die Hand hinter Buffys Rücken spannte sich so heftig um den Pflock, dass sie nicht überrascht gewesen wäre, wenn sie ihn zermalmt hätte.
Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn mehr als andere verachtete.
Sie wollte ihm ins Gesicht schleudern, wie sehr sie wollte, dass er aus ihrem Leben verschwand, aber nicht ein Laut kam über ihre bebenden Lippen.
 
Hilflos sah sie zu, wie er sich wieder in Bewegung setzte, immer näher kam. Und sie wusste, dass sie verloren war.
 
Mit einer ruckartigen Bewegung zog sie die Hand mit dem Pflock hinter ihrem Rücken hervor.
Es war die einzige verzweifelte Möglichkeit, die ihr einfiel, Worte hatte sie schon lange nicht mehr. Sie musste ihm zeigen, warum sie ihn nicht lieben konnte, warum sie ihn nicht lieben durfte.
 
Nicht eine Sekunde lang hätte sie damit gerechnet, dass er genau in dem Augenblick, als sie die Hand hob, auf sie zustürmte, um sie bei den Schultern zu packen, getrieben von der Verzweiflung, dass sie ihn zurückwies, gepeinigt von der Angst, sie für immer aus seiner Tür gehen sehen zu müssen.
 
Die Spitze des Pflocks riss eine hässliche Wunde in die Makellosigkeit seiner weißen Haut und durchbohrte mit zufälliger, tödlicher  Präzision sein Fleisch.
Ein Ausdruck reinster Überraschung erschien auf seinem Gesicht, als er den Blick senkte und den Fremdkörper sah, der in seiner sich heftig hebenden und senkenden Brust steckte.
Ein stummer Schrei des Entsetztens entwich ihrem geöffneten Mund.
Er hob den Kopf, um in ihr Gesicht zu sehen und mit dem Mund ein lautloses, fragendes: „Buffy...?“ zu formen, ehe er sich vor ihren weit aufgerissen Augen auflöste.
 
Sie stolperte nach vorne, unfähig zu glauben, dass das wirklich passierte.
Sie streckte ihre Arme aus, aber ihre Finger fühlten nur kalte Luft und Staub, der langsam, wie in einer Sanduhr, unaufhaltsam durch ihre Finger rieselte.
 
 
*********
 
 
 
Jemand, den sie nicht erkannte, rüttelte an ihrer Schulter und sagte etwas zu ihr, was sie nicht verstand.
Sie glaubte, dass es mehrere Personen waren, aber sie war sich nicht sicher.
Ihre Stimmten hallten in der Gruft wieder und sie wusste, dass die Worte an sie gerichtet waren, aber es war, als würden die Stimmen eine fremde Sprache sprechen, die sie nicht beherrschte.
Ein verschwommenes Gesicht schob sich nah vor ihres, während jemand hinter sie trat und sie  auf die Beine zwang.
 
Jetzt erst spürte sie einen heftigen Schmerz in ihren Knien, als sie aufgerichtet wurde.
Sie wusste gar nicht, wie lange sie genkiet hatte, sie wusste nicht einmal, dass sie gekniet hatte.
Sie stand auf wackligen Beinen, wie ein Kind, das im Begriff war, das Laufen zu lernen und sackte in sich zusammen, als die Arme, die von hinten um sie geschlungen waren, sie losließen.
 
Sofort war derjenige wieder neben ihr, um ihr aufzuhelfen, während eine andere namenlose Gestalt ihre Hände ergriff und auf sie einredete.
Sie wollte ihnen sagen, dass sie sie in Ruhe lassen sollten, dass sie sie einfach liegenlassen sollten, aber sie konnte sich nicht erinnern, wie man Gedanken zu Worten formte.
Und erst als jemand gewaltsam versuchte, ihre Hände zu öffnen, wehrte sie sich verzweifelt und schrie ein lautes „NEIN!“ heraus, aber es war zu spät.
Aus ihren Händen fielen winzige, feine Staubkörner auf den kalten Steinboden.
 
 
„Es kommt alles wieder in Ordnung, Buffy, du wirst sehen. Wir bringen dich nach Hause“ versprach ihr eine Stimme, die zu einem Gesicht gehörte, welches sie allmählich zu erkennen anfing.
Die anderen formlosen Gestalten wandelten sich langsam zu vertrauten Menschen, die aumunternd nickten und während sie sie stützten, konnte sie nur daran denken, dass nichts jemals wieder in Ordnung kommen würde.
 
 
 
**********
 
 
 
Sie stand in ihrem Zimmer und starrte blicklos durchs Fenster in die Nacht hinaus, während sich die Szenen der vergangenen Nacht immer wieder in ihrem Kopf abspielten.
Sie hatte nicht eine einzige Träne geweint, seit ihre Freunde sie nach Hause gebracht hatten, denn das Weinen erforderte eine Kraft, die sie nicht mehr hatte.
 
Sie sah an sich herunter, betrachtete ihren Körper und war erstaunt darüber, nicht die formlose, leere Hülle zu sehen, als die sie sich fühlte.
Sie schloss die Augen, aber das Bild, welches wie eine Momentaufnahme in ihrem Kopf rotierte, schob sich erbarmungslos vor ihre geschlossenen Lider.
Wieder und wieder sah sie Spikes Gesichtsausdruck, als sich der Pflock in seine Brust gerammt hatte.
Der Überraschung in seinen Augen war ein Ausdruck tiefsten Schmerzes gewichen, als er sie angesehen hatte, und sie wusste, dass dieser Blick sie verfolgen würde, solange sie lebte.
Vielleicht würde sie es eher ertragen, wenn er etwas gesagt hätte, wenn er sie nicht nur mit diesem Schmerz, der nicht körperlich war, angesehen hätte, so als ob er hatte sagen wollen:
Lag ich so falsch? Hasst du mich so sehr?
 
Ein trockenes Schluchzen bahnte sich einen Weg in ihre Kehle, während sich ihre Arme Wärme suchend um ihren Oberkörper schlangen.
Sie musste daran denken, wie sehr sie sich jetzt in diesem Moment wünschte, dass sie wenigstens ein einziges Mal zugelassen hätte, von ihm umarmt zu werden.
Wie hätte es sich angefühlt?
Warm?
Beschützend?
 
Sie hätte es nicht sagen können.
Sie wollte nichts so sehr wie seine Arme um ihren Körper, die sie festhielten, aber sie würde sie nie wieder spüren.
Ebensowenig wie seine Küsse.
Oder seine Liebe.
 
Sie hatte ihn auf sie viele Weisen getötet.
Mit ihren Worten, sowohl den gesagten als auch mit den ungesagten.
Mit ihren eisigen Blicken, ihren Taten..
Und gestern... gestern hatte sie ihn nicht nur innerlich getötet.
 
Gott wusste, sie hatte es nicht gewollt.
Der Pflock in ihrer Hand war als Schutz gedacht gewesen. Nicht vor ihm selber.
Sie hatte sich schützen wollen vor ihren Gefühlen, und das hatte sie nur gekonnt, indem sie sich ins Gedächtnis gerufen hatte, dass er ein Dämon war, den sie nicht lieben konnte.
 
Mit müden Schritten schlich sie vom Fenster zurück zu ihrem Bett, klopfte aus ihrer Bettdecke eine längliche Form, die entfernt an einen Körper erinnerte und legte sich daneben, einen Arm um die leblose Decke geschlungen.
Sie bettete ihren Kopf zwischen das Kissen und die Decke, so als würde sie sich an eine Schulter lehnen und flüsterte leise: „Verzeih mir.“
 
 
*********
 
 
 
Sie schien engenickt zu sein, denn als sie die Augen aufschlug, fiel ihr sofort auf, dass sich etwas in ihrem Zimmer verändert hatte.
Trotz der Dunkelheit sah sie es augenblicklich.
Jemand stand in dem Raum, nur wenige Meter von ihr entfernt und sah sie an.
Sie wagte nicht zu blinzeln, aus Angst, dass er verschwinden würde, wenn sie es tat.
 
Spike kam mit langsamen Schritten auf sie zu, den Blick nicht von ihr wendend, während sich ein kaum wahrnehmbares Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
 
Sie schluckte und flehte einen Gott an, an den sie nicht glaubte, dass er sie nie wieder aufwachen lassen möge, wenn sie schlief oder dass sie, falls sie wach war, nie mehr einschlafen wollte.
„Ich hatte einen furchtbaren Albtraum, Spike“ sagte sie mit einer Stimme, die klang, als hätte sie das Sprechen vor langer, langer Zeit verlernt und an das sie sich jetzt mühsam wieder erinnerte.
„Ich hab geträumt, dass ich dich getötet habe.“
 
Er schien etwas sagen zu wollen, dann aber schüttelte er leicht den Kopf, während sie sich erhob und ihre Beine aus dem Bett schwang.
„Bleib sitzen“ sagte er sanft und ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er sich anhörte, als würde er aus weiter Ferne sprechen, seine Stimme war leise, wie ein Windhauch.
Sie gehorchte und blieb, wo sie war.
Ihr Körper fing an zu zittern, als er näher kam und sich auf den Boden neben sie hockte.
 
Er war ihr so nah, dass sie nur den Arm hätte ausstrecken brauchen, um ihn zu berühren, aber als sie die Hand hob, wich er mit seinem Oberkörper ein wenig nach hinten.
Er lächelte und es schnürte ihr die Kehle zu als sie sah, dass es nicht das Lächeln war, was sie erwartet hatte. Es war nicht warm und voller Leben, statt dessen wirkte es seltsam wehmütig, beinahe bedauernd.
„Spike...“ ein trockenes Schluchzen entfuhr ihrer Kehle, und die Hand, die sie ausgestreckt hatte, um ihn zu berühren, presste sich auf ihren Mund, während er sie mit einem Blick ansah, den sie nicht deuten konnte und der ihr Angst machte.
 
Er legte den Kopf ein wenig zur Seite und sah sie einfach nur an, schien in ihren Augen etwas zu suchen und sagte dann mit so leiser Stimme, dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen:
„Ich möchte dich um etwas bitten.“
Stumm sah sie ihn an, wagte nicht, den Blick von ihm zu wenden und wusste plötzlich aus irgendeinem Gefühl heraus, dass es weh tun würde, ihn sprechen zu hören.
Er war so ernst und sie musste daran denken, dass er aussah, als wäre ihm nichts jemals so wichtig gewesen.
 
„Ich möchte, dass du dir keine Vorwürfe machst, Buffy. Niemals, hörst du?“
Eindringlich, beinahe flehend sah er sie an, darauf wartend, dass sie ihm das Versprechen gab, seiner Bitte nachzukommen.
Ein Ausdruck tiefster Bestürzung erschien auf seinem Gesicht, als er sah, dass eine Träne aus ihrem Augenwinkel ihre Wange herab rann.
„Buffy...nein“ flüsterte er hilflos, wähernd sie ihr Gesicht in ihren Händen vergrub.
 
„Ich weiß, du hast es nicht gewollt“, flüsterte er sanft.
„Ich habe es in deinen Augen gesehen.“
 
Er sah ihre Schultern beben.
Unter ihren Händen, die ihr Gesicht bedeckten, hörte er dumpfe Schluchzer und er wünschte sich verzweifelt, ihre Hände in seine nehmen zu können.
 
„Buffy...“ bat er.
Langsam ließ sie ihre Arme sinken, kraftlos, als hätte sie eine schwere Last geschleppt, die zu tragen sie nicht mehr imstande war.
Sie wollte ihm so vieles sagen, ihn so vieles wissen lassen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Ein gequälter Laut kam über ihre trockenen Lippen, als sie ihn ansah.
 
Und dann, ganz plötzlich,  machten sich die Worte, die in ihrem Inneren tobten, selbstständig, suchten und fanden einen Weg aus ihrem Mund.
„Ich kann es nicht, Spike. Das, worum du mich gebeten hast.“ Ihre Stimme war brüchig wie Glas, aber sie sprach weiter, ohne ihn anzusehen.
„Ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll, wie ich damit leben soll, dass ich dich getötet habe. Ich hab es nicht gewollt, Spike, oh Gott, nein...Ich fühle mich so leer und kalt und.. und ich habe so furchtbare Angst. Ohne dich.Und es tut so weh. Und ich weiß, dass es niemals aufhören wird. Niemals.“
Sie konnte nicht mehr weitersprechen, ihr Herz krampfte sich zusammen, als ob eine unsichtbare Hand es mit quälender Grausamkeit quetschen würde.
 
Eine weitere Träne zog langsam eine nasse Spur über ihre Wange.
Sie knetete ihre Hände und schaute ihn an, wie er im schwachen Mondschein, das durch das Fenster drang, sein Gesicht zu ihr hob und den Kopf schüttelte.
 
„Es tut mir leid“ flüsterte er, immer wieder, wo doch sie diejenige war, die das sagen sollte.
Irgendwie machte er dadurch alles noch schlimmer und sie hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekomme. Der Kloß in ihrem Hals hinderte sie am Atmen und sie fing an, hilflos zu schluchzen.
 
„Buffy...“, begann er sachte.
„Liebes, hör mir zu, ich bitte dich.“
Ihr Körper fing an zu zittern, als er weitersprach.
 
„In dem Moment, als ich den Pflock in meiner Brust gefühlt hab, habe ich gedacht, dass du immer Recht gehabt hattest, dass ich mir alles nur eingebildet habe, weil ich die Wahrheit nicht sehen wollte. Und dann... kurz bevor...“ er stoppte für einen Augenblick, als er sah, dass sie zusammenzuckte.
„Ich sah es in deinen Augen, Buffy. Alles, was du mir nie hast sagen können.. ich sah es für diesen einen winzigen Moment. Deine Gefühle... deinen Schock darüber, was passiert war... ich konnte es sehen.“
 
Stumm sah sie in seine Augen, die dunkel wie ein nächtlicher Ozean funkelten.
„Manchmal hab ich mir mein Ende vorgestellt, weißt du. Und ich hab... gehofft, dass dein Gesicht das letzte sein würde, was ich sehe. Buffy, ich..“
„Spike, nein.. Bitte..“ unterbrach sie ihn mit brechender Stimme.
Sie wusste, was er sagen wollte.
Er würde sich ihr bedanken wollen- und das war mehr, als sie ertragen konnte.
 
Er verstand.
Und schwieg.
 
„Du wirst stark sein, Buffy, ich weiß es. Für mich... ok?“ bat er flüsternd.
Sie nickte und wusste im selben Moment, dass sie ihn anlog.
 
Langsam stand sie vom Bett auf und sah ihn an, hilflos und verloren, wie ein Kind, das sich ein kostbares Weihnachtsgeschenk von seinen Eltern wünscht, obwohl es weiß, dass es das Geschenk niemals bekommen wird.
„Kannst du mich... umarmen? Bitte.“ Fragte sie leise, während ihre Augen sich mit Tränen füllten.
 
Er stand eine Armeslänge von ihr entfernt und schaute sie an. Sein Gesicht drückte so viele Emotionen aus und gleichzeitig spürte sie, wie er zögerte.
Dann aber trat er vorsichtig auf sie zu, hob seine Arme und im nächsten Moment fühlte sie an ihrem Körper einen kühle Berührung, so leicht, so sanft, als würde feiner Nieselregen ihre Haut streifen.
Sie schloss ihre Augen und erlaubte zum ersten Mal, dass das Meer an Tränen, das sich in ihrer Seele angesammelt hatte, ihre Wangen herabzufließen begann.
„Vergib mir.. ich bitte dich“ flüsterte sie verzweifelt und wünschte sich, seinen Körper spüren zu können.
 
„Es gibt nichts, was ich dir vergeben muss, Buffy“ sagte er sanft und sie spürte eine kalte Berührung auf ihrer Stirn.
Als sie die Augen öffnete, sah sie, dass er sich zu ihr heruntergebeugt hatte und ihre Stirn küsste.
„Ich muss jetzt gehen“ flüsterte er leise an ihrem Ohr.
Sie verkrampfte sich, während die Tränen unaufhörlich ihr Gesicht herabrannen, wie eine heiße Quelle, die niemals versiegte.
 
„Ich kann.. nicht ohne dich...bitte lass mich nicht allein“ stammelte sie erstickt.
Eine kalte Hand umklammerte ihr Herz, fest und gnadenlos, sie fühlte sich krank und alt und so, als wäre sie nicht sie selbst.
 
„Liebes... denk dran, was du mir eben noch versprochen hast. Du wirst stark sein. Es... es wird leichter werden.. mit der Zeit.“
Sie weinte und klammerte sich an seine Erscheinung, aber unter ihren Fingern fühlte sie nur eine kühle Substanz.
„Ich bin derjenige, der dich um Verzeihung bitten muss“ flüsterte er und betrachtete traurig ihr verweintes Gesicht.
„Ich hatte dir versprochen, dass ich dich niemals zum Weinen bringen werde... und ich hab es gebrochen. Es tut mir so leid, Liebes.. so unendlich leid.“
 
Sie schüttelte den Kopf, während sie unter einem Schleier von Tränen sein Gesicht betrachtete.
Und obwohl seine Gestalt allmählich immer blasser wurde, sah sie, dass er weinte.
 
In blinder Verzweiflung streckte sie ihre Hand nach ihm aus und versuchte, ihn zu berühren.
„Ich liebe dich, Spike“ trotz ihrer Tränen war ihre Stimme klar, zum ersten Mal in dieser Nacht.
Langsam trat er ganz nah an sie heran, hob seine Arme und umschloss sie damit, vorsichtig und beschützend, und für diesen einenMoment spürte sie ihn. Nicht bloß als kühle Berührung, sie spürte seinen Körper, seine Umarmung.
Sie fühlte seine Lippen an ihrem Ohr und den Hauch seiner Stimme, als er flüsterte:
„Es fällt mir leichter zu gehen.. jetzt.. wo ich es weiß.“
 
Sie hob ihren Kopf und lehnte ihre Stirn gegen seine, schloss die Augen und drückte ihre Lippen auf seine.
Und während sich ihre Lippen berührten, vermischten sich ihre Tränen.
Seine rollten über ihre Wangen und ihre benetzten sein Gesicht.
„Buffy, ich liebe dich“ hörte sie seine Stimme, so leise, so fern und gleichzeitig hatte sich nichts in ihrem Leben je so klar und intensiv angehört.
 
Sie öffnete ihre Augen und sah seine Gestalt an, die immer schwächer wurde, immer undeutlicher und blasser.
Und sie wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, aber sie schaffte es, sein Lächeln zu erwidern, als er ein letztes Mal die Hand hob und allmählich verschwand, um nie wieder zurückzukehren.
 
 
 
********
 
 
 
Die Tage vergingen und sie fühlte die Leere in sich, die wie ein dunkler Teppich auf ihrer Seele lag.
Manchmal weinte sie, wenn sie an seiner Gruft vorbeikam.
Sie weinte auch, wenn sie jemanden sah, der sie an ihn erinnerte.
Sie ertappte sich dabei, wie sie sein Gesicht in der Menge suchte, wenn sie durch die nächtlichen Straßen ging, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war.
 
Sie begann, für ein Wunder zu beten.
Und es sollte lange, lange Zeit vegehen, bis sie begriff, dass das Wunder längst passierte, jeden Tag, in jedem Augenblick.
 
Wenn es regnete, waren es nicht bloß Tropfen, die sie durchnässten.
Es waren Küsse, die ihre Haut berührten.
Der Wind war kein Wind, es waren streichelnde Hände, die ihr Haar liebkosten.
 
Und sie wusste, dass sie weitermachen würde.
Irgendwie.



~Ende


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