8. Staffel, Folge 11
”Trapped“
von Mel & Stefan
mit Unterstützung
von:
Yamato, Nightfever, White Magic
Länge: ca. 72 Seiten
Autor: Mel, Stefan
Co-Autoren: Yamato, Nightfever, White Magic
Bilderstellung: Projekt 8
Credits: Projekt 8 ist ein Projekt von
slayerfanfic.de mit spezieller Unterstützung durch buffy-online.com als auch
slayerzone.de, slayerworld.info, virtuelleserienonline.de sowie weiteren
Partnern.
Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon
erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne
dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das
alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.
Giles
(V.O.): Bisher bei Buffy:
Willow: Willow liegt in
Giles Wohnung im Bett, während gedämpft durch die Tür die Stimmen der anderen vor dem laufenden Fernseher zu hören
sind. Sie schläft unruhig – Überblendung
– Willow läuft durch die leeren Strassen von Silent Hill – Überblendung
– Willow schaut in ein Schaufenster. Ihr schaut das Gesicht eines jungen
Mädchens entgegen – das von Kimberly – als Willow das Glas des Schaufensters
berührt verschwindet das Bild von Kim und eine Hand schießt durch das Fenster.
Willow schreit auf und wacht im Bett auf. --- 8.03
„Welcome to Silent Hill“
Willow: Willow steht in
ihrem Studentenzimmer, als sie plötzlich nach vorne kippt, vor Schmerzen, und
sich gerade noch am Schreibtisch festhalten kann.
– Überblendung – Faith kämpft mit einem Vampir in einer Lagerhalle
und bekommt gerade einen heftigen Schlag in den Magen. --- 8.04 „Be
careful what you wish for“
Kennedy
und Warren: Sie
stehen sich gegenüber und kämpfen. Warren holt mit dem Schwert aus und trifft
Kennedy an der Seite.
Willow: "Lass mich raus! Lass mich sofort hier raus!" Willow befindet sich im Inneren einer
Kuppelhalle ohne scheinbarer festen Form. Es sind rote Wände, und sie scheinen
aus Flammen zu bestehen. Gestalten bewegen sich in den Flammen. Die Feuerwände
wechseln sich ab, mit Schneefeldern, und einem sternenklaren Nachthimmel.
Willow spürt plötzlich einen heftigen Schmerz an der Seite. Mit Erschrecken
sieht sie, dass sich dort eine kleine Wunde befindet, und sie hat keine Ahnung,
wie das passiert sein konnte. Ihr einziger Gedanke – schnell von hier raus zu
kommen, denn Kennedy war dort draußen - irgendwo, und sie kämpft gegen
Warren! -- Und dann endlich begreift
sie... --- 8.09 „Mine to Give“
D’Hoffryn: "Wie mir
scheint, weißt du gar nicht, worauf du dich da eingelassen hast. Der Rat wird leichtes
Spiel mit dir haben, wenn du dich nicht genauer über deine Rechte und Aufgaben
informierst... -- Angepasste Frauen gab
es in jeder Gesellschaft. Ich spreche von den Methoden, nicht von den Personen.
Macht nach Regeln, Vorschriften, Zahlen. Die Welt in Schubladen. Was man nicht
kennt, wird gefürchtet. Was man nicht versteht, wird vernichtet..." ---
8.09 „Mine to Give“
Kennedy
und Willow nach dem Kampf mit Warren: Kennedys Blick fällt auf den Boden und sieht dort etwas glitzern, eine goldene Münze mit
seltsamer Prägung. Sie bückt sich, und hebt sie auf. ---- 8.09 „Mine to
Give“
Riley zu
Sam: „Der Colonel ist auf dem Weg hierher. Er ist
nicht mehr weit entfernt. Er…Sam wir haben den Befehl alle Infizierten zu
töten.“
Riley zu Buffy: „Buffy ich habe meine Befehle und ich…“
Buffy: „Soll das heißen, dass du… Bist du völlig übergeschnappt?!“
Lily: „Also ich finde, dass Agent Finn gar nicht so Unrecht hat.
Überlegt doch mal! Wir haben hier hunderttausende von Erkrankten, die
höchstwahrscheinlich sterben werden. Weiß Gott wie viele könnten sich noch
infizieren. Wir stehen hier praktisch vor einem Unheil, dass die ganze
Menschheit auslöschen könnte. Agent Finn und das Militär versuchen doch nur
Menschenleben zu retten!“ ---- 8.10 „Virus“
Lily: "Oh ja, sieh dir
Buffy an. Sie war eine Ausnahme. Nicht wahr? Etwas Besonderes!". Lily
klang spöttisch. "Du hast Ausnahmen gemacht, ihr Dinge durchgehen
gelassen, die ein anderer Wächter vielleicht verboten hätte. Die Liebe zu einem
Vampir! Freunde, Schule... Privatleben. Und was hat es dir gebracht? Du wurdest
deswegen gefeuert, wieder eingestellt... ein hin und ein her. Und jetzt weiß
sie nicht einmal ob sie noch jagen will oder nicht. Sie geht auf Patrouille
wann immer sie Lust dazu hat oder eben nicht. Sie hat keine Arbeit, sie wohnt
auf deine Kosten und weiß wahrscheinlich nicht einmal, was sie an dir
hat." --- 8.05
Lily: zu Giles, als er die Sense in die Kiste zurücklegt “Mit ihr
könnte man ... nun uh... man könnte mit ihr ganz leicht alles rückgängig machen
und alles wäre wieder beim Alten. Kein unnötiger Stress, keine unausgebildeten,
jungen Wächter....“ --- 8.09 „Mine to Give“
Giles: „Denkst du sie haben
schon angefangen mit den ersten Infizierten?“
Lily: „Ich weiß es nicht, doch je später sie beginnen, desto höher ist
das Risiko, es wäre nur eine unnötige Zeitverschwendung!“
Giles: „Grund Gütiger, Lily, du kannst es doch nicht richtig finden, es spricht
gegen all das wofür wir stehen!“
Lily: „Und was soll das sein?“
Giles: „Wir retten Menschen!“
Lily: „Ich denke, dass du da
einem Irrtum unterliegst Rupert. Wir haben es nie darauf angelegt einzelne
Menschen zu retten, seit Anbeginn des Rates nicht. Es war höchstens ein
Nebeneffekt unserer Arbeit, unsere eigentlichen Ziele sind höher, wir bewahren
die gesamte Menschheit vor dem Untergang, Jahr um Jahr, Tag um Tag. Wenn wir
dabei Opfer bringen müssen, dann müssen wir es eben! Es ist unvermeidlich, wie
es unvermeidlich ist, dass jeder Mensch irgendwann einmal sterben muss!“ ---
8.10 „Virus“
Dawn: „Also gibt es jetzt
Monster in diesem See, oder nicht?"
Sam: "Du solltest
Josh nicht immer alles glauben, was er erzählt. Der hat zu viele Bücher über
Loch Ness gelesen. Jetzt spinnt er 16 Stunden am Tag, und den Rest verpennt er
für gewöhnlich…!".
Josh: "Jaja… aber ihr
kennt doch die Legende… über…!".
Mara: "Alles Humbug…
ihr glaubt das doch nicht etwa im Ernst, oder? Ich meine… das sind alte
Lagerfeuergeschichten, die Eltern ihren Kindern an irgendwelchen
Familienabenden erzählen, … nicht mehr und nicht weniger! Meine Großmutter hat
sie mir einmal erzählt. Kurz vor Halloween… buhu… undurchdringlicher Nebel
kriecht über den See… ein Schifferboot verschwand… und einige Leute die
riesige, schlangenähnliche Monster auf dem See gesehen haben wollen." ----
8.5 „Home Sweet Home“
Stimme Reiseleiter (V.O.): „Einer
kam über sie, und alles was nach der Sintflut zurück blieb war reine Erde.“
-- Buffy steht in der Höhle in Australien und sieht
weißes gleißendes Licht. Danach steht sie auf einer weiten Ebene und sieht ein
Dorf. Plötzlich bricht ein Unwetter aus, Regen stürzt auf das Dorf nieder und
droht alles zu überschwemmen. Eine
Gruppe Reiter bewegt sich auf sie zu. --- 8.01
Magier (V.O.): “Einer kam über sie, und alles was nach
dem Feuersturm zurück blieb, war reine Erde.” Faith steht in einer Wüstenlandschaft. In der Ferne eine Oase und
ein Dorf. Ein Feuer bricht im Dorf aus.
Eine Gruppe Reiter bewegt sich auf sie zu. --- 8.03.
Buffy und Faith getrennt schlafend aber träumend: Beide sind in
der Wüste, beide sehen die Oase und das Dorf. Faith kommt an einer Pyramide
vorbei, Buffy erreicht den See der Oase. Es wird dunkel, die Pyramide erzittert
und der See wird unruhig. Plötzlich bricht ein Reiter aus der Pyramide aus und
ein zweiter folgt ihm aus dem See. –--
8.06 „Best of both Worlds“
D’Hoffryn (V.O.): “Einer kam über sie, und alles was nach dem
Eissturm zurück blieb, war …” – Kennedy läuft über eine Eiswüste, ihre
Fußspuren ziehen sich hinter ihr her. Sie schaut auf ihren Fuß hinunter – ein
Tropfen Blut. Sie rennt los ... Kennedy findet Willow im Schnee liegend,
überall ist Blut, Willow schreit. Ein Spalt öffnet sich in der Schneedecke und
Willow verschwindet darin. Kennedy wird von dem Spalt weggerissen, ein Reiter
sprintet aus dem Bodenriss in die Höhe auf... ---- 8.09 „Mine to Give“
Willows Vision aus
„Virus“: ... Als könnte sie jeden einzelnen Millimeter
des Bluts spüren, das über den Bauch des jungen Mädchens floss. Es war fast
genauso rot, wie ihre Haare, die von Schweiß getränkt schlaff herunterhingen,
und sich dank der Dunkelheit und dem Nebel nicht weiter von ihren Kleidern
unterschieden....
Sie prallte auf den
Boden, Willow sah wie eine Faust auf sie zuraste, spürte den Windhauch der
schon einige Sekunden vorher ihr Gesicht berührte. Eine Vampirfratze war vor
ihren Augen zu sehen, von Schmerz gezeichnet, als hätte den Blutsauger gerade
etwas von den Beinen gerissen. Diese Bildfetzen, in denen immer mehr finstere
Gestalten langsam den Kreis um das Opfer enger zogen, sich fast schon amüsierten.
--- 8.10 „Virus“
Prolog
Cleveland, nachts
Seitengasse
Dem ermüdeten, erschöpften Mädchen mit den roten Haaren, das ihr vom Schweiß
getränkt schlaff ins Gesicht hing, zitterten die Knie. Sie hörte das Blut
in ihren Ohren rauschen, der Schnitt
quer über ihren Bauch brannte und das Blut floss in einem warmen, feuchten
Rinnsal an ihrem Bauch hinunter. Zu allem war sie vollkommen außer Atem und
der Schweiß rann ihr über die Stirn. Ein heftiges Ziehen in der Seite kündigte
ein unangenehmes Seitenstechen an. Sie war müde, sie hatte Angst und mit einem
Blick durch die Strasse, wusste sie, dass sie hier, in der engen Seitengasse,
die an einer zwei Meter hohen Mauer endete wahrscheinlich noch weniger Chancen
hatte, als sich von diesen Monstern durch Cleveland hetzen zu lassen. Sie
waren ihr gefolgt, über die Hauptstrasse, weiter in das Herz von Cleveland
hinein, vorbei an graffitibeschmierten Wänden und Schneebedeckten Straßenzügen.
Und jetzt lag sie auf dem kalten Boden dank einer Mülltonne, die sie übersehen
hatte und die laut scheppernd davon rollte, bis sie von einem Schneeberg aufgehalten
wurde.
Eines war ihr auf jeden Fall bewusst... sie saß in der Patsche und zwar so
tief, wie das letzte Mal, als sie beim Rauchen auf der Schultoilette erwischt
worden war.. oder tiefer.
Ein Vampir – ein Vampir? - sprang auf sie zu und
ließ zu seinem Vergnügen ein tiefes Knurren aus seiner Kehle dringen und schlug
mit seiner Hand in die Luft, als wollte er sie ergreifen. Sie schrie auf, was
die Vampire belustigte und kroch weiter in die Gasse hinein. Schwankend kam sie
wieder auf die Beine und sah sich gehetzt nach einer Fluchtmöglichkeit um. Aber
als wären die vier Angreifer noch nicht genug, sprangen hinter ihr zwei weitere
Vampire knurrend über die Mauer. Ihre Stiefel machten einen lautes, aber
dumpfes Geräusch, als sie auf dem Boden aufkamen und das Leder ihres Outfits
knirschte bedrohlich.
Das junge Mädchen warf einen verängstigten Blick über die Schulter. Sie war
ihnen nicht nur an der Zahl unterlegen. Auch von ihrer Größe und Statur
rechnete sie sich kaum Chancen aus. Sie war nicht sonderlich schlank und kaum
trainiert. Das bisschen Basketball im Schulsport wollte sie sich selbst nicht
anrechnen. Hinzu kam die Müdigkeit, die Erschöpfung ihres Körpers und die
vielen kleinen Kratzer, die höllisch brannten.
Erneut machte sich ein Vampir den Spaß sie
anzugreifen, doch diesmal traf der Schlag sie an der Brust, obwohl sie versucht
hatte, sich zu wehren. Das Mädchen fand ihr Gleichgewicht nicht wieder und flog
auf den Boden. Erstaunlich schnell war sie wieder auf den Beinen, und darüber
waren nicht nur die Vampire überrascht.
Als der größte und stärkste der Gruppe auf sie
zu sprang, gelang es dem rothaarigen Mädchen seinen Schlag zu blocken. Als
dafür ihre Faust seinen Magen traf, segelte er mehrere Meter weit nach hinten.
Überrascht und davon abgelenkt bemerkte sie nicht, dass die anderen Vampire den
Kreis um sie enger zogen.
Eine Sekunde später...
Plötzlich unterbrach die lauernde Stille ein lautes „Puff“ - beide Vampire, die über die Mauer gesprungen
waren, sahen verdutzt die Gefährten auf der anderen Seite an, ehe sie sich vor
aller Augen in Staub verwandelten.
Hinter
der Wand aus Asche materialisierte sich mit einem breiten Grinsen und zwei
im Anschlag gehaltenen Pflöcken - Buffy. Das Haar zum Pferdeschwanz gebunden
im knielangen, schwarzen Mantel, Wollschall und Mütze sah sie die restlichen
fünf Vampire seelenruhig an.
„Das wollte ich schon immer mal ausprobieren,“
sie sah fröhlich auf die Pflöcke und dann zurück zu den Vampiren. „Na gut..
dann solltet ihr Feiglinge es jetzt mal mit jemanden aufnehmen, der was drauf
hat.“ Ein Knurren der Vampire kündigte den Angriff an, doch Buffy war
vorbereitet. Sie duckte sich unter dem Schlag mit einer Holzlatte hinweg, rammte
von unten aufwärts dem Angreifer einen Pflock in die Brust und während sie um
90 Grad herumwirbelte, zerfiel er zu Asche. Sie wandte sich den verbleibenden
Kämpfern zu. „Der nächste bitte?“
Sie stürzten sich gleichzeitig auf die blonde
Jägerin. Buffy sprang in die Höhe und ließ die drei ins Leere laufen, während
sie mit einem Vorwärtssalto über ihre Köpfe hinwegflog und mit beiden Beinen
sicher auf dem Boden landete.
Das Mädchen verfolgte ihre Bewegungen erstaunt
und voller Anerkennung, auch wenn Buffy nicht wirklich Zeit hatte, um das
Mädchen zu beachten.
Die Jägerin
wirbelte herum, trat einem der Vampire ins Kreuz und beförderte ihn gegen
die Mauer. Er krachte so hart dagegen, dass sich Steine lösten und er benommen
zu Boden glitt.
Die beiden anderen hatten sich ihr wieder
zugewandt und griffen erneut gemeinsam an. Buffy trat dem linken gegen die
Kniescheibe, die mit einem lauten Knacks heraussprang. Dem anderen schlug sie
nach der Abwehr einer Faustkombination gegen ihren Kopf, die Handkante folgte mit
einem Schlag auf die Halsschlagader, was den Vampir zur Seite wirbeln ließ. Sie
sprang nach und pfählte ihn ohne weiteren Wiederstand zu spüren.
Der Vampir mit der zerstörten Kniescheibe kam
auf Buffy zugehumpelt und der letzte, an der Mauer, schaffte es gerade wieder
auf die Beine.
Buffy
beschloss nicht mehr länger zu spielen, und dem Kampf ein schnelles Ende zu
bereiten. Sie zog den verletzten Vampir mit viel Kraft an sich heran, rammte
ihm dabei das angewinkelte Knie in den Magen, schlug ihm die Handkante in
den Nacken und setzte mit dem Pflock nach.
Während er noch mit einem Puff
zerfiel, nahm der übrig gebliebene Vampir seine Beine in die Hände und floh.
Buffy überlegte kurz, ob sie folgen sollte, aber beschloss sich dann doch
lieber auf das junge Mädchen zu konzentrieren, das zitternd da stand und mit
geweiteten Augen zwischen ihr und dem fliehenden Vampir hin und her blickte.
„Hey.. alles soweit in Ordnung bei dir?“ Buffy
steckte die Pflöcke unter ihren Mantel.
“Abgesehen davon, dass ich eben fast draufgegangen wäre und ich gerade
tatsächlich gegen Vampire kämpfte?“
Buffy nickte ernst.
„Ganz gut...denke ich. Und hi, ich bin Emma,“
sagte die Rothaarige etwas gefasster und lächelte schwach.
„Buffy, die Jägerin. Und wie es scheint, bist du
auch eine von uns.“
„Ehm Jägerin?“
“Oh ja.. willkommen im Club“, sagte Buffy mit verstellter Stimme, als würde sie
eine besonders tolle Sache ankündigen. „Nächtliches Ausgehen auf Friedhöfe,
Begegnungen mit Vampiren und Dämonen, die Apokalypse und der vollkommene
Verlust eines Privatlebens - all
inclusiv.“
„Was genau soll das bedeuten....“
„Ein ziemlich verhunztes Leben,“ Buffys Gesicht
nahm einen ernsten Ausdruck an, ehe sie sich wieder fing und mit einem breiten
Lächeln hinzufügte: „Fragen sind erlaubt, allerdings,“ Buffy wechselte zurück
in ihre normale Stimmlage. „Kenne ich jemanden, der dir die Fragen besser
beantworten kann...
Erie-See, selbe Nacht
Auf einem Fischerboot
Der Erie-See
lag ruhig vor den Fischerbooten da, die als kleine Lichter auf den Wellen
auf und ab hüpften. Ein paar Nebelfetzen zogen weiter draußen über die Oberfläche,
aber die Nacht war ansonsten klar und kalt. Eine eisige Brise fegte über Bord
der Schiffe.
Die „Neptun“ hatte sich etwas von der
gewöhnlichen Reihe Boote entfernt, um weiter draußen einen Extrafang zu
versuchen. Das weiß getünchte Boot mit der roten Reling schaukelte gemächlich
auf die Mitte zu, während der Bootsmann das Steuerrad hin und wieder zur
Kurskorrektur nach links drehte. Percy McDermind, der Fischer und Eigner der
„Neptun“ stand vorne und zog das Netz über Deck. Sie hatten gleich die Stelle
erreicht und er wollte vorbereitet sein.
„Ja spinnt der?“ Jacks Stimme dröhnte plötzlich
zu ihm herüber und Percy hob den Blick fragend Richtung Steuer. „Der ignoriert
doch glatt die Signale.“ Jack zeigte nach vorne und Percy drehte den Kopf.
Direkt auf sie zu kam ein Boot. Jack setzte das Signal zum Ausweichen, aber die
gewünschte Reaktion blieb aus.
„Knapp.. verdammt knapp.. Jack ausweichen,“ rief
Percy und sah wie Jack im Inneren der Kabine mit aller Gewalt das Steuer
herumriss. Trotzdem kam die Reaktion fast zu spät. Die beiden Boote schabten
aneinander vorbei. Holz splitterte und sowohl Percy, als auch Jack, glaubten
ihren Augen kaum ... das Boot war menschenleer. Niemand war am Steuer, niemand
an der Signallampe. Rumpf und Deck wirkten verwittert und der Mast wurde von
zerfetzten Segeln geziert.
„Wenden,“ rief Percy, der vorhatte dem Boot zu folgen. Diese einmalige Chance
wollte er sich nicht entgehen lassen. Rowdys auf See waren ihm ein Dorn im
Auge. Und wenn diese Scherzkekse sich in Dunkelheit in der Kabine versteckten,
würde er ihnen gehörig einleuchten.
Doch kaum hatte Jack das Wendemanöver vollbracht, stellten die beiden erstaunt
fest, dass das andere Boot verschwunden war. Das war bei der klaren Sicht zwar
fast unmöglich, aber sie waren hier auf offener See weit und breit das einzige
Boot... sie mussten ihren Augen Glauben schenken, auch wenn es den beiden
Fischern schwer fiel.
Credit
Akt 1
Wächterhaus,
selbe Nacht, etwas später
“... und so wurden alle Anwärterinnen dank Buffys Idee und Willows Magie zu
Jägerinnen, um vereint gegen das Böse der Welt zu kämpfen. Die Jägerin steht
seit dem nicht mehr alleine der fast unmöglichen Aufgabe gegenüber,“ Giles
rückte seine Brille zurecht und nahm einen Schluck aus der Teetasse, die er
danach zurück auf den Tisch stellte.
„Ich habe den leisen Verdacht, ihm gefällt
dieser Teil fast so gut, wie früher seine Rede über die Auserwählte,“ flüsterte
Buffy Faith zu und grinste Giles offen an, der sie mit einem tadelnden Blick zu
strafen versuchte.
Emma dahingegen starrte Giles fassungslos an,
der für sie wie ein Lehrbuch, nur mit zwei Beinen, Armen, Händen und einem Mund
aus dem gewählte, anstrengende Wörter kamen, klang. Sie ließ ihren Blick weiter zu Buffy schweifen
und den beiden, die man ihr als Faith, Jägerin und Lily, Wächterin vorgestellt
hatte. Sie war völlig durcheinander.
Sie versuchte immer noch, ihre Gedanken zu ordnen,
als das Klingeln des Telefons auf dem Flur Emma aus denselben riss. Giles
entschuldigte sich, und ging nach draußen, um abzunehmen. Durch die offene Tür
konnten sie seine Stimme hören. "Oh, Mr.
Bradshaw. Gut, dass Sie sich melden...."
Niemand
bemerkte die Krähe, die im selben Moment auf dem Fenstersims landete, interessiert
und neugierig den Schnabel gegen die Scheibe lehnte und ins Innere spähte.
„Okay.. soweit ich das verstanden habe, hat
Buffy einfach die Spielregeln geändert?“ Alle nickten. „Und dieses Urböse...
ist jetzt für immer zerstört?“
„Nein,“ seufzte Buffy frustriert und sah bittend
zu Giles hinüber, der mit dem Hörer am Ohr in den Raum zurückkam. Er war
einfach besser im Erklären.
„Bitte, einen Moment noch...," der Wächter warf
der Jägerin einen Blick zu, und hob drei Finger in die Höhe. "Sie sitzt
schon im Flugzeug? Das wäre aber doch nicht nötig gewesen. Ich bin sicher, in
den USA gibt es genug Jägerinnen....ja, danke. Vielen Dank." Er drückte
auf „Auflegen“ und legte den Hörer zur Seite.
Mit einem Blick zu Buffy streckte Giles nun auch
einen vierten Finger aus und Buffy nickte verstehend. Emma verstand jedoch nach
wie vor nur Bahnhof. "Das Urböse...", erinnerte sie Buffy und
beschloss die stumme Verständigung zwischen dem Wächter und Buffy zu
ignorieren.
„Ehm ja, wir haben es diesmal besiegt in Form
von.. nun, nennen wir es wie es ist – wir haben das Urböse ausgetrickst und ihm
damit eine Niederlage bereitet. Seine Helfershelfer sind alle tot und es wird
dauern bis es sich wieder soweit erholt hat, um erneut seinen Plan
umzusetzen.“, übernahm Giles weiterhin die Erklärungen und trat zurück zu ihnen
an den Konferenztisch.
„Die Jägerinnen auszulöschen?“, rief sich Emma
ins Gedächtnis und erwartete keine Antwort darauf. „Gut.. und diese Jägerinnen
gibt es nur, weil Buffy ihre Macht teilte.. wieso.. gab es aber davor schon
zwei Jägerinnen?“ Sie sah zu Faith, die mit den Schultern zuckte.
„Hey,
frag nicht mich. Ich war immer nur das fünfte Rad am Wagen. Er ist das wandelnde
Lexikon.“
Emmas Blick wanderte zurück zu Giles, der
verlegen lächelte. „Nun ja, ehm.. dieses Phänomen ist einmalig in der
Geschichte der Jägerin.. und es gab keine vernünftige Erklärung. Und was genau
Buffy und Willow an jenem Tag bewirkt haben, wissen wir auch nicht“, gestand er
zögernd ein.
„Es ist selten, dass er mal keine Antworten
weiß,“ grinste Buffy, aber ihre Augen ließen den amüsierten Glanz vermissen.
Seit dem Vorfall im Labyrinth und dem Streit mit Lily während der Quarantäne
war alles nicht mehr so ungezwungen zwischen ihnen und auch der kleine Witz
zuvor war mehr ein böser Seitenhieb von ihr gewesen, als liebvolles Necken.
„Wir sind uns nicht einmal sicher, ob Buffy ihre
Kraft teilt oder Willow nur einfach den richtigen Schalter betätigt hat, um die
Kräfte in den Mädchen zu aktivieren,“ ergänzte Lily Giles Erklärungen. Giles
griff nach seiner Brille und suchte nach seinem Taschentuch in der Hosentasche.
Er nickte zu Lilys Worten und begann seine Gläser zu polieren.
„Und wie viele gibt es jetzt von...eh... uns?“
Emma griff nach der Tasse, die ihr Giles nach ihrer Ankunft gereicht hatte, um
zu verbergen wie aufgewühlt sie war, doch ihre Hand zitterte leicht, als sie
die Tasse zum Mund führte.
„Sehr viele,“ Lily löste sich vom Buchregal und
gesellte sich zu der kleinen Gruppe. „Wir haben aufgehört zu zählen, nachdem
wir eine Weile versucht haben euch zu finden. Manchmal stoßen wir täglich auf
ein Dutzend, an anderen Tagen auf überhaupt niemanden. Überall auf der Welt,
auf jedem Kontinent und fast in jeder Stadt sind Jägerinnen bereits aktiv oder warten
nur darauf von uns gefunden zu werden, um ihre Kräfte erklärt zu bekommen.“
Buffy zog eine Augenbraue hoch. Darauf würde sie
nicht wetten. Wer wartete schon freiwillig darauf, dass ein solches Schicksal
einem das gesamte Leben versaute?
„Verstehe,“ Emma senkte ihren Blick. Sie
verstand eigentlich noch immer nichts oder nicht das meiste, aber es war gut,
dass man hier offen darüber sprach. Es hätte ja auch ganz anders kommen
können... eine geheime Sekte, in die sie hätte eintreten müssen oder tödliche
Rituale für die Aufnahme, die sie hätte bestehen müssen...
„Was ist wenn das Urböse zurückkehrt und alle
Jägerinnen tötet oder einfach nur Buffy? Würde dann der Zauber nicht gebrochen
sein? Wären nicht wieder alle nur Anwärterinnen?“
„Hm,“ Giles ließ sich auf die Tischkante sinken.
„Ich habe mir diese Frage mehr als einmal gestellt und bin nicht wirklich auf
ein Ergebnis gekommen. So lange wir nicht wissen, was Willow und Buffy getan
haben, um die Anwärterinnen zu aktivieren, bleibt alles nur reine Spekulation.“
„Das ist beruhigend,“ sagte Emma bissig. „Eine
Frage habe ich noch, wenn es so viele Jägerinnen auf der Welt gibt...brauchen
sie da tatsächlich jede einzelne? Ich meine.. falls ich der Meinung wäre, dass
ich keine Lust darauf habe die Nächte auf Friedhöfen zu verbringen.. würde das
gehen? Schließlich flippt meine Mutter schon aus, wenn ich nur einmal schwarzen
Nagellack benutze und gar nicht dran zu denken, wie für lange sie mich
wegsperrt, wenn ich die Nächte draußen verbringe.“
„Es ist das beste, wenn deine Eltern davon
nichts wissen,“ sagte Buffy und wusste doch, dass es ihr viel besser ergangen
war, als sie mit ihrer Mutter endlich über ihre Berufung hatte sprechen können.
Allerdings hatte Buffy nie vergessen, wie verwirrt ihre Eltern reagiert hatten,
als sie das aller erste Mal mit ihnen über Vampire, Wächter und Friedhöfe
gesprochen hatte. Ihr Vater wollte bis heute nichts davon wissen.
„Ich glaube das war heute Nacht genug Aufregung
für dich,“ stellte Giles sanft fest und lächelte Emma aufmunternd an. Er hatte
nicht vor das Mädchen noch mehr zu beängstigen in dem er ihr erklärte, was es
bedeutete solch eine Gabe zu besitzen. „Vielleicht möchtest du nach Hause gehen
und dir über alles in Ruhe klar werden? Darüber nachdenken, bevor du dich entscheidest?“
Emma setzte zu einer Antwort an, wurde aber von Lily daran gehindert.
„Entschuldige Rupert, aber was gibt es da zu überlegen? Jägerinnen hatten noch
nie eine Wahl. Nur weil es jetzt Tausende von ihnen gibt, kann sich keine vor
der Verantwortung drücken.“
„Haben
Sie nicht schon genug angerichtet,“ zischte Buffy und sah Lily herausfordernd
an. Wenn Buffy in letzter Zeit etwas nicht ertrug, dann war es Einmischung
von Seiten der Wächterin. „Zudem finde ich hat Giles recht... Emma hat
gerade noch um ihr Leben gefürchtet und zu allem bricht ihre gesamte Welt
ein. Sie braucht etwas Zeit. Es gibt
in Cleveland jetzt genug Jägerinnen mit Faith, ihren Freunden und mir. Und
Kennedy. Käme es da wirklich auf eine mehr oder weniger an? Was machen da
schon ein paar Stunden aus, ehe sich Emma dem ganzen gewachsen fühlt?“
Lilys Gesicht verriet ihrer innere Anspannung,
aber ehe sie auffahren konnte, hob Giles beschwichtigend die Hände und stand
auf. „Ich denke wir wissen alle, auf was Lily hinaus möchte. Würden wir jeder
Jägerin eine Wahl anbieten, hätten wir am Ende keine Mitstreiter mehr.“ Er sah
zu Buffy. „Oder wie hättest du dich entschieden, nachdem du deinem ersten
Vampir begegnet warst und man dich gefragt hätte, ob du den Kampf aufnimmst
oder nicht?“
Buffy senkte den Blick. Giles hatte recht. Und
leider auch Lily. Wahrscheinlich hätte sie ohne zu zögern das Weite gesucht.
„Das beste wird sein, wenn du morgen wieder
hierher kommst und wir besprechen alles weitere. Es ist unbedingt wichtig, dass
du lernst mit ein paar Dingen zurecht zu kommen, wenn du überleben möchtest,“
mischte sich Faith ein und brachte die ganze sinnlose Diskussion auf den Punkt
– eine Jägerin hatte schon deshalb keine Wahl, weil ihr Dämonen und Vampire von
nun an das Leben zur Hölle machen würden. Sie musste trainiert werden...
Emma schluckte. Sie hatte Giles Ausführungen zwar
ernst genommen, aber nicht wirklich als bedrohlich empfunden. Die Worte der
dunkelhaarigen Jägerin ließ sie ein wenig frösteln. „Oh je, immer passieren
mir solche Dinge. Und das alles ausgerechnet kurz vor meinem 18. Geburtstag....“
Giles und Lily sahen beide gleichzeitig mit alarmierten Gesichtern auf und
sie tauschten einen Blick, der jeweils das gleiche zu sagen schien. Niemand
im Raum bemerkte etwas davon, als Emma aufbrach. Genauso wenig sah jemand
die Krähe vom Fenstersims hopfen und davon fliegen.
Buffy
und Dawns Wohnung, nächster Nachmittag
“Wie wäre es mit gemütlich Essen gehen?“ Dawn ließ sich mit einem Branchenverzeichnis
von Cleveland auf das Sofa fallen. Buffy starrte ihre Schwester düster über
die offene Küchenzeile hinweg an.
„Und wer soll das bezahlen? Wenn ich dich daran
erinnern darf haben wir bereits letzte Woche Giles angepumpt.“
„Würdest du den Job bei ihm annehmen hätten wir
keine Probleme,“ murmelte Dawn und warf das Verzeichnis auf den Couchtisch.
„Oder ich müsste nicht alles in Lebensmittel investieren.“
Es herrschte kurz ein ungemütliches Schweigen
zwischen den beiden Schwestern. Dawn wusste, dass Buffy seit Wochen nicht mehr
gerne über das Thema Job und Giles sprach und noch weniger gerne über beides im
Zusammenhang. Sie hatte versucht mit ihr deswegen zu reden, wollte wissen, ob
es mit den Stunden alleine mit ihm gefangen in einem Labyrinth zu tun hätte,
oder einfach nur mit Lily, doch Buffy hatte wie gewöhnlich bei eigenen
Problemen abgeblockt und es heruntergespielt. Dawn ging davon aus, dass Buffy
mit niemand bis jetzt darüber geredet hatte und es sie trotz allen
Versicherungen belastete.
Buffy dahingegen bekam nicht zum ersten Mal seit
Wochen ein schlechtes Gewissen darüber, dass Dawns Nebenjob dafür sorgte, dass
sie sich zumindest etwas zu Essen leisten konnten. Die Weihnachtsgeschenke
hatten den größten Teil ihrer Minireserve geschluckt, Dawns Ausfall während
ihrer Erkrankung am dämonischen Virus hatte ein neues Loch in die
Haushaltskasse gerissen und für die nächsten anstehenden Mieten sah es sehr,
sehr schlecht aus. Sie hatte bereits die Zeitungen durchsucht, aber alles was
für sie in Frage kam, waren schlecht bezahlte Jobs als Kellnerin oder
Verkäuferin... es gab noch immer die Möglichkeit mit Giles zu reden, aber dazu
war sie einfach noch nicht bereit. Es hatte sie schon ziemlich viel Überwindung
gekostet ihn wegen dem erneuten, kleinen, zinslosen Kredit zu bitten. Erstaunlicherweise
hatte er nicht einmal gezögert oder sie gedrängt sein Angebot anzunehmen,
sondern hatte einfach den Scheck ausgestellt. Aber vielleicht war es gerade das
gewesen – seine Bereitschaft zu Helfen ohne einen Ton zu sagen – das ihr
deutlich zeigte, in welcher Sackgasse sie beide, Wächter und Jägerin,
inzwischen festsaßen.
Und ihre Freunde wollte sie auf keinen Fall
damit belästigen. Auch wenn Xander bestimmt gerne aushalf, so hatte er doch
selbst genug um die Ohren, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Willow hatte
gerade genug, um über die Runden zu kommen und Kennedy wäre die letzte auf der
Welt, die sie um Geld bitten würde. Andrew – nun Andrew um Geld zu bitten...
fast hätte Buffy gelacht.
Es war ein verdammter Teufelskreis, der immer wieder bei Giles und seinem
Angebot endete.
„Gut, dann kein Essen,“ sagte Dawn versucht heiter.
„Dann die übliche kleine Party? Vielleicht bei Giles in einem der Konferenzräume?“
„Dawn... jetzt mach doch langsam. Es sind doch
noch ein paar Wochen bis zu meinem Geburtstag.“
„Aber es ist immer gut, wenn man auf alles
vorbereitet ist. Deine Worte,“ grinste Dawn.
„Ja,
Apokalypsen betreffende,“ grinste Buffy und kam mit zwei Gläsern Saft zu Dawn.
„Ich brauche keine Party, eine große schon gar nicht. Ich kenne doch hier
in Cleveland keinen Menschen, den ich einladen könnte, außer euch und mit
euch kann ich auch ohne Häppchen und teure Drinks feiern. Am Ende überrascht
uns dann sowieso nur wieder ein Dämon und kippt die Party.“
„Na und wenn schon, wir als deine engsten
Freunde sollten dir doch ein paar Extras wert sein,“ feixte Dawn. „Hey und dann
sind da noch Faith und ihre Gang.“
„Du hast leicht reden. Mit deiner Schule und
deinem Job hast du neue Leute kennengelernt, neue Freundschaften geschlossen.
Ich sitze den ganzen Tag hier rum und überlege mir, wie meine Zukunft und
unsere aussehen sollte. Ob ich mich als Verkäuferin im Wall Mart sehe oder eher
als strafzettelverteilende Polizistin. Das ist frustrierend.“
„So lange du hier nur rumsitzt und jammerst,
hilfst du dir nicht,“ sagte Dawn altklug und wusste genauso gut wie Buffy, dass
sie damit recht hatte. „Und meine neuen Freunde und Bekanntschaften beschränken
sich seit dem denkwürdigen Halloweenabend auch nur auf eine handvoll Leute.
Mara, Josh und Sam. Nicht wirklich ein großer Bekanntschaftskreis.“, gab sie zu
bedenken und versuchte ihrer Schwester Mut zu zureden.
„Du
hast Shin vergessen,“ erinnerte sie Buffy. Dawn lächelte auf einmal breit
und wusste gar nicht so genau, wieso der Klang des Namens von Shin ihr so
angenehm warm war. Wenn sie darüber nachdachte.. nein... das konnte nicht
sein. Sie arbeiteten jetzt schon seit etwas mehr als drei Monate zusammen,
sie verstanden sich prima und hatten eine Menge Spaß zusammen, gingen hin
und wieder aus, aber... mochte sie ihn am Ende doch ein wenig mehr, als nur
als Freund? „Was ist..., hab’ ich etwas falsches gesagt?“ Buffy sah Dawn irritiert
an, die mit einem merkwürdigen Glanz in den Augen schweigend da saß.
„Eh was.. uhm... nein.. Shin ja...
vergessen...“, das Läuten des Telefons unterbrach die beiden im Gespräch und
Dawn nutzte die Gelegenheit aus der recht brisanten Lage zu entkommen. Sie
sprang auf und stürzte an das Telefon. Buffy sah ihr mit einem Kopfschütteln
hinterher und nahm mit einem schweren Seufzen einen Schluck aus ihrem Glas.
„Oh hi Shin,“ sagte Dawn sehr überrascht in den
Hörer. „Jetzt? Ja sicher kann ich kommen.“
Wächterhaus,
selber Nachmittag
Giles Büro
"Danke für Ihre Hilfe, Mr. Lenhardt, aber ich glaube nicht, dass wir
Tamara und Heike extra aus Deutschland... sie ist als Austauschschülerin in
den USA? Wunderbar, setzen Sie sie ins nächste Flugzeug nach L.A...", Giles ging zu seinem Schreibtisch hinüber,
griff sich eine Liste, auf der bereits die Namen von vier Jägerinnen standen,
und schrieb einen fünften hinzu.
“Du weißt, was der Geburtstag bedeutet?“ Lilys
Stimme riss Giles aus seinen Gedanken und er sah zu der Wächterin auf, die in
sein Büro kam und sich vor seinem Schreibtisch aufbaute. Ihre ganze
Körperhaltung drückte Streitlustigkeit aus. Und wie Giles schweren Herzens
zugeben musste, stritten sie in letzter Zeit häufiger. Es war eine gewisse
Anspannung zwischen ihnen entstanden, nachdem Lily vor Wochen die Meinung des
Militärs vertreten hatte. Giles war damals von ihrer Haltung irritiert gewesen
und es hatte ihn lange beschäftigt. Er kannte Lily nun schon eine Ewigkeit.
Diese Frau hatte er einmal heiraten wollen, wäre ihm das Schicksal gnädiger
gestimmt gewesen. Er wusste, dass Lily traditionell wie er erzogen, im
Gegensatz zu ihm in ihrem Denken und Handeln einem Wächter vom alten Schlag in
nichts nachstand, aber das sie tatsächlich in Erwägung gezogen hatte Freunde
von ihnen einfach so zu opfern, ohne zu kämpfen, hatte ihn völlig durcheinander
gebracht. Allerdings gestand er ihr im Stillen zu, dass der Ansatz ihrer
Überlegung berechtigt gewesen war. Denn er selbst hatte, wenn es darauf ankam,
keine Skrupel gezeigt, Opfer zu bringen, wenn sie angemessen waren, wenn sie
der einzige Ausweg zu sein schienen – aber vielleicht hatte Lily nur Panik,
Angst davor sich ebenfalls anzustecken und reagierte deswegen so befremdend?
Wie er, als er bereit war Robins Worten zu folgen und zu glauben Spike wäre die
Gefahr?
„Buffys Geburtstag?“, fragte Giles anstelle einer
Antwort und riss sich damit selbst aus seinen Gedanken. Da er im ersten Moment
wirklich nicht wusste, was Lily meinte und Buffy als nächstes von ihnen Geburtstag
hatte, war sie die erste, die ihm dazu einfiel.
“Emmas,“ stieß
Lily genervt aus und quittierte Giles plötzliche Abwehrhaltung mit verschränkten
Armen vor der Brust hinter seinem Tisch, mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck.
Diese Haltung hatte er ihr in den letzten Wochen öfters zur Schau gestellt.
„Ich sehe, dass du weißt auf was ich hinaus will. Aber nur weil du die Regeln
geändert hast oder Buffy, hat sich nichts an manchen wichtigen Dingen geändert.
Wir sollten darüber reden.“
„Reden oder streiten,“ kommentierte Giles wenig
sachlich und als ihm die Worte leid taten, fuhr er fort. „Tut mir leid,“ Lily
sah ihn unverwandt an und zeigte Giles nicht, ob sie die Worte getroffen hatten
oder nicht. „Wichtige Dinge nennst du das also?“ Giles Gesicht nahm einen
finsteren Ausdruck an und sein Ton
verriet nach wie vor Verärgerung.
„Natürlich. Die Prüfung war für uns immer ein
wichtiges Instrument die Guten von den Schlechten zu unterscheiden. Wäre Emma
schon etwas länger eine Jägerin mit einem Wächter, würde die Prüfung natürlich
kein großes Hindernis für sie bedeuten, daher verstehe ich deine Sorge, aber
so..,“ fuhr Lily fort und schien nicht zu bemerken, wie es in Giles Gesicht vor
Ärgernis, Wut, Sprachlosigkeit und Erstaunen arbeitete. Erst als er ihr barsch
ins Wort fiel, schien sie zu begreifen:
„Du denkst ernsthaft über dieses antiquare
Monstrum „Reifeprüfung“ nach? Bei einem Mädchen, welches erst seit gestern
weiß, wer oder was sie ist? Sie ist untrainiert, unausgebildet...“
„Rupert, wir können nicht alles über Board
werfen, was dir einmal nicht in den Kram gepasst hat. Manche Regeln hatten
ihren gewissen Zweck. Die Reifeprüfung sortiert für uns ganz natürlich aus, wer
reif genug ist für den Kampf und wer nicht.“
„Ich
fasse es nicht,“ flüsterte Giles bei dem Versuch sein Entsetzen und seine
aufkommende Wut zu unterdrücken. „Erst bist du dazu bereit Freunde ermorden
zu lassen und nun sprichst du dich für eine weitere Grausamkeit aus?“ In Lilys
Gesicht zuckte es kurz getroffen, als Giles seit Wochen zum ersten Mal den
Vorfall laut aussprach. Lily wusste natürlich, dass sie sich damit auseinandersetzen
mussten, aber da Rupert die ganze Zeit über dazu geschwiegen hatte, hatte
sie nicht versucht von sich aus die Dinge zur Sprache zu bringen. „Hast du
je einer Prüfung beigewohnt? Hast du je eine Jägerin gehabt, die sich diesem
Wahnsinn stellen musste? Ich glaube nicht.“ Er nahm sein Arme von der Brust
und ließ sich nach vorne auf die Tischplatte fallen. „Man sollte keinen Wächter,
der eine gewisse Bindung zu seiner Jägerin aufbaut, Verantwortung für ihr
Leben übernimmt, dazu zwingen ihr die Kräfte zu rauben, damit sie völlig schwach
gegen einen Vampir, einen Dämon antreten muss, der stärker als ein dahergelaufener
Vampir ist. Wahnsinnige, Mörder, über Tage ausgehungert...alles was sie besitzen,
um gegen ein solches Monster zu kämpfen sind Waffen und der Verstand. Aber
was, wenn der Verstand zwar willig ist, aber die körperliche Kraft und Geschwindigkeit
nicht ausreichen? Wenn der Vampir schneller ist?“
„Also Rupert wirklich.. du zeichnest gerade ein
Bild... danach hätten wir ja jedes Mal eine neue Jägerin rekrutieren müssen.“
„Hast du dir schon einmal überlegt, wieso so
viele Jägerinnen nicht älter als 17 oder 18 wurden?“
Die beiden schwiegen sich lange an, bevor sich
Lily wieder fing. „Egal wie du darüber denkst.. die Prüfung ist ein wichtiger
Bestandteil, wie die Ausbildung zu einem Wächter, oder nicht? Wir können sie
nicht einfach von heute auf Morgen abschaffen, ohne mit dem Rat gesprochen zu
haben. Und es hat in der Vergangenheit nie eine Rolle gespielt wie erfahren
eine Jägerin war, als sie sich der Prüfung stellte.“
„Eben.. früher. Vergangenheit. Ich habe Buffy
versprochen, dass der Rat modernisiert wird, dass die alten verstaubten
Ansichten weggefegt werden und daran wirst du mich nicht hindern können.“
„Ja, du hast es Buffy versprochen,“ stieß Lily
mit einem verächtlichen Schnaufen aus. „Aber was ist mit dem Rat, mit den
Wächtern? Was ist mit ihren Belangen? Oder mit dir? Was willst du?“ Lily war
etwas ruhiger geworden, doch Giles
Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
Er schüttelte den Kopf. „Spielt das eine Rolle,
wenn man einmal Verantwortung in diesem Kampf übernommen hat?“ Giles befürchtete
in diesem Augenblick, dass Lily nicht wirklich verstand um was es zwischen
Wächter und Jägerin ging, oder in dem Kampf gegen das Böse.
“Also das heißt, du willst über unserer aller Köpfe hinweg entscheiden, ob
es in Zukunft eine Prüfung gibt oder nicht?“
Giles senkte den Blick und holte tief Luft.
„Nein,“ brachte er leise hervor. „Das wäre natürlich nicht im Sinn meiner
demokratischen Reformationen. Befragen wir die anderen dazu und entscheiden
dann.“
++++
„Okay,
Leute.. was soll das ganze Gerede über Jägerinnen, Prüfungen...?“ Giles und
Lilys Köpfe wandten sich der Tür zu, in der Faith lässig gelehnt stand und
beide Wächter aufmerksam ansah. Faith war im Garten damit beschäftigt gewesen
einige Waffen auf Hochglanz zu polieren, als sie durch das offene Fenster
Giles und Lilys laute Stimmen vernommen hatte. Interessiert hatte sie die
Schwerter zur Seite gelegt und war näher herangetreten. Die Unterhaltung schien
interessant zu werden, und Faith war ins Innere gegangen. Sie lehnte an der
offenen Tür, völlig unbemerkt von den beiden Streithähnen.
Vieles von dem Gespräch ergab wenig Sinn für die Jägerin und als sich Lily
und Giles zu einigen schienen, hatte Faith beschlossen sich bemerkbar zu machen.
Giles und Lily zuckten zunächst
erschrocken zusammen, dann starrten sie Faith verlegen an. Es war
offensichtlich, dass man sie deutlich und laut im Haus gehört hatte.
„Ehm.. uhm... ja, richtig... du hast selbst nie
eine Prüfung ablegen müssen,“ sinnierte Giles, um Zeit zu gewinnen, wie er
Faith alles erklären sollte. „Durch dein Koma, dann die Flucht, das Gefängnis.“
Er setzte sich und winkte Faith weiter in den Raum hinein, die nicht glücklich
über Giles Worte zu wirken schien. „Die Reifeprüfung ist eine Prüfung, der sich
jede Jägerin an ihrem 18. Geburtstag zu unterziehen hat. Ihr Wächter nimmt ihr
ohne ihres Wissens die Kraft, die sie hat und sie wird mit einem ausgehungerten
Monster eingesperrt. Sie muss beweisen, dass sie durch Intelligenz genauso
siegen kann wie mit der puren ihr geliehnen Kraft.“
„Das ist krank,“ stieß Faith abfällig hervor und
wandte sich halb von den beiden ab.
‚Ich weiß,’ lag Giles auf der Zunge, aber da er
einen erneuten Streit mit Lily befürchtete schluckte er die Worte hinunter und
schwieg.
Faith hatte es auf einmal sehr eilig das Büro zu
verlassen. Lilys Gesicht hatte so viel Missfallen ausgedrückt, als Giles ihr
erklärte was die Prüfung bedeutete und Giles selbst klang so ermüdet... die
Stimmung dort drinnen war einfach furchtbar und sie wollte lieber jemanden
anderes wegen der Prüfung fragen, der die Sache vielleicht etwas anders sah –
Buffy zum Beispiel.
Das von Giles gerufene „Faith? Faith warte
doch...“ ignorierte sie vollkommen.
Park,
Teehaus, etwas später
Schon von weitem sah Dawn Shin am Treffpunkt an seinem Rad lehnen. Seine
zerzausten Haare wurden ihm von dem leichten, aber eisigen Wind immer wieder
ins Gesicht geweht. Dawn verspürte den Drang ihm die Strähnen aus dem Gesicht
zu wischen und ihn zu...... „Oh mein Gott“ was dachte Sie da? Sie wollte ihn
doch tatsächlich küssen. Na ja warum auch nicht.
Über diesen Gedanken kam sie bei Shin an und
sprang vom Rad. „Hi“, sagte sie überraschend schüchtern.
„Hi, Dawn,“ Shin stieß sich von seinem Rad ab
und lächelte. „Ich dachte es ist so ein
schöner Wintertag, um dir etwas besonderes zu zeigen. Komm mit.“
„Okay,“ oh je, sie war ja sehr gesprächig. Aber
sie folgte ihm, wenn auch zunächst etwas zögernd. Sie sah sich neugierig um und
fragte sich, wieso Shin so geheimnisvoll tat. Sie schritten durch ein kleines
Tor und vor ihr erstreckte sich ein großer japanischer Garten mit einem süßen
kleinen Häuschen in der Mitte. In diesem Garten standen überall kleine Statuen
mit Schneehauben, Springbrunnen und Tempelnachbildungen. Zwischen diesen
kleinen Kunstwerken sah man Pärchen oder auch einzelne Menschen spazieren
gehen. Keiner von diesen Menschen schien seine Umgebung richtig wahrzunehmen.
Und auch für Dawn war es, als hätte der Straßenlärm abrupt aufgehört und es
überkam sie eine allgegenwärtige Ruhe, so als würde sie hierher gehören. Sie
schloss Ihre Augen und atmete tief ein, um dieses Gefühl voll auszukosten.
„So erging es mir auch beim ersten Mal und jedes
Mal wieder, wenn ich hierher komme.“ Wie durch einen Nebel drang Shins Stimme
zu ihr durch.
„Oh tut mir l...“
„Nein,
es muss dir nicht leid tun. Dies ist ein Ort des inneren Friedens und er hat
auf jeden Menschen die gleiche Wirkung. Man glaubt, dass man von Anbeginn
der Zeit hierher gehört und möchte sich nicht bewegen, um dieses Gefühl so
lange wie möglich zu behalten. Ich weis wie dir zumute ist,“ Shin lächelte
sie an. Dawn hätte sich in diesem Lächeln verlieren können. Ein seltsamer
Frieden hatte sich ihrer bemächtigt. Shin nahm sie an die Hand und ging mit
ihr zu dem kleinen Häuschen in der Mitte des Gartens.
Als sie in das Haus eintraten, drückte Shin ihr
ein paar Strohsandalen in die Hand „Das sind Geta. Wenn du deine Schuhe
ausziehst, kannst du sie anziehen.“
Das Teehaus besaß einzelne Räume, die durch
verschiebbare Wände getrennt wurden. In einen dieser Räume führte Shin Dawn.
Der Raum war schlicht eingerichtet. Auf dem Boden lagen Tatami-Matten und in
der Mitte des Raumes war eine Feuerstätte eingelassen. Der Raum war sehr
spärlich aber mit unglaublicher Sorgfalt dekoriert worden. An der Nordseite
hingen nebeneinander zwei Schriftrollen. Sie sahen unglaublich alt und kostbar
aus, auf jeder der Rollen war eine Blüte stilistisch dargestellt und daneben
stand ein Spruch. Auf einem Tisch neben der Feuerstelle standen eine Teekanne,
Schälchen und andere Sachen, die Dawn noch nie gesehen hatte.
„Ich hab noch etwas für dich,“ Shin griff hinter
den niedrigen Tisch und hatte plötzlich ein Päckchen in der Hand.
„Für mich?“, hauchte Dawn.
„Ja, ich dachte er gefällt dir.“
Dawn machte das Päckchen auf und heraus fiel ein
nachtblauer Seidenkimono, der über und über mit Schriftzeichen bestickt war und
auf der Innenseite sah man eine riesige Stickerei, die einen Drachen
darstellte.
„Er ist wunderschön, aber das kann ich nicht
annehmen. Er ist viel zu teuer.“
„Ach was, den hab ich auf dem Flohmarkt gesehen
und den Händler mit meiner Feilscherei in den Ruin getrieben. So hat er es
jedenfalls gesagt,“ grinste Shin sie an. Dawn konnte nicht anders und musste
zurückgrinsen, als sie sich Shin beim Handeln vorstellte. Dieser ruhige Junge,
der nie laut wurde. „Ehrlich Dawn, du kannst ihn annehmen.“
„Danke.“ Dawn wusste gar nicht, was sie sonst
noch sagen sollte.
„Hallo,“ sagte plötzlich eine sanfte Stimme von
der Tür.
„Dawn, darf ich dir meine Tante Ono Minako
vorstellen. Ihr gehört das Teehaus.“ Shins Tante verneigte sich leicht vor
Dawn, die versuchte etwas ungeschickt die Verbeugung nachzumachen, was ihr ein
sanftes Lächeln der älteren Frau einbrachte.
„Ihr Teehaus ist wunderschön, so etwas habe ich
noch nie gesehen,“ hauchte Dawn. Die ältere Dame jagte ihr Ehrfurcht ein. Sie
strahlte eine innere Stärke aus, die Dawn bei noch niemandem gespürt hatte.
„Warte erst ab, wenn du dir den Garten genauer
ansiehst,“ flüsterte Shin ihr zu.
„Dawn, würdest du mir bitte folgen, dann bereite
ich dich vor.“ Ono machte eine kleine Handbewegung zum Durchgang.
„Vorbereiten?“
„Keine Angst“, raunte Shin in ihr ins Ohr. „Lass
dich überraschen.“
Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Magen folgte
Dawn Shins Tante. Sie führte Dawn in einen kleinen Raum, der vollständig mit
weinroten Tatami-Matten ausgelegt war und in dem ein kleiner knie hoher Tisch
mit Spiegel stand, auf dem einige Utensilien, wie Pinsel, kleine Töpfe und
Federn lagen.
„Nimm bitte Platz,“ forderte Minako Dawn auf. In den folgenden Minuten konnte
Dawn im Spiegel beobachten, wie sich ihr normales amerikanisches Gesicht in das
bezaubernde, geheimnisvolle Gesicht einer Geisha verwandelte. So kam es ihr
zumindest vor. Unter den gekonnten Griffen von Shins Tante begann Dawn sich zu
entspannen und ihre Gedanken treiben zu lassen.
Nachdem sie fertig geschminkt und ihre Haar auf geheimnisvolle Weise mit zwei
Essstäbchen hochgesteckt war, zog Dawn sich den blauen Kimono an und erkannte
sich im Spiegel nicht wieder. Ihr blickte eine bezaubernde junge Frau mit einem
geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen entgegen.
Als Dawn wieder in den Raum kam, im dem sie
zuvor mit Shin gewesen war, erwartete er sie bereits. Auch er hatte sich
umgezogen. Er trug einen schwarzen Kimono ähnlich dem ihren.
Sie wollte etwas sagen, doch Shin legte nur seinen Finger an die Lippen und
bedeutete Dawn sich hinzusetzen.
Über der Feuerstelle
neben dem Tisch kochte Wasser in einem kleinen Kessel. Shin nahm eine Schale
und reinigte sie mit einem feuchten Seidentuch, danach reinigte er auf die
gleiche Art den Teelöffel. Als er damit fertig war griff er nach einer wunderschönen
Dose und öffnete diese. Mit dem Teelöffel gab er drei Portionen in die Teeschale.
Danach wandte er sich dem kochenden Teewasser zu und schöpfte eine Kelle voll
Wasser in die Schale. Mit einem Bambusbesen schlug er den Tee so lange bis
er schaumig war. Alle diese Bewegungen führte Shin mit einer Ruhe und Sorgfalt
aus, so dass Dawn die Augen nicht von ihm abwenden konnte und von der Ruhe
und Harmonie der Zeremonie gefangen war.
Mit einem zärtlichen
Blick in den Augen reichte Shin die Teeschale zu Dawn. Sie drehte die Schale
in einem Halbkreis und nahm einen Schluck Tee. Er schmeckte herb-bitter, war
aber voll aromatisch. Mit einer weiteren Drehung der Schale reichte sie diese
zurück an Shin. Dieser nahm ebenfalls einen Schluck daraus. Als er die Schale
abgesetzt hatte, blickten sich beide in die Augen. Dawn sah, dass Shins Gesicht
langsam auf sie zukam. Mit einem Gefühl von tausend Schmetterlingen im Bauch
beugte sie sich ihm entgegen und ihre Lippen berührten sich das erste Mal.
Dawn konnte es nicht glauben, der Kuss schmeckte so süß und Shin war so unglaublich
sanft. Der Kuss hätte ewig dauern können. Als sie sich schließlich von einander
lösten, nahm Shin ihre Hand und führte sie in den Garten.
Draußen sah er sie ernst an. „Ich möchte alles von dir wissen. Du bist das
faszinierendste Mädchen, das mir jemals begegnet ist.“
Am Anfang sprach Dawn noch etwas stockend, sie
wusste nicht, was sie Shin erzählen sollte, doch dann, als sie von ihren
Tagebüchern sprach, spürte sie, das er sich nicht über sie lustig machte und so
sprudelten plötzlich Dinge aus ihr heraus, über die sie seit Jahren nicht mehr
nachgedacht hatte. Die Trennung ihrer Eltern, der Tod ihrer Mutter und auch der
Verlust von Buffy, als sie damals Sunnydale verließ, um nach L.A. zu gehen.
Nachdem sie das Gefühl hatte ihm alles erzählt zu haben, bat Dawn ihn: “Erzähl
mir von deiner Familie.“
Während Shin sprach, hing Dawn an seinen Lippen
und lauschte seinen begeisterten Worten mit denen er seine Familie und seine
Kindheit beschrieb. „Tja und das war schon alles.. also nicht wirklich etwas
aufregendes. Außer das wir aus Japan stammen. Da war deine Kindheit ... uhm...
beeindruckender,“ schloss Shin seine kleine Familieneinführung für Dawn. Sie
sah ihn verträumt an. Irgendwie waren die letzten zwei Stunden unbemerkt
vergangen und für Dawn eine einzige glückliche Erinnerung. Sie hatte das Gefühl
mit Shin über alles reden zu können. Fast alles, einmal von ihrer Jägerin-Sache
abgesehen. Das sie mit ihm über Buffy und von ihren gemeinsamen Problemen
gesprochen hatte, zeigte wie nahe sie sich in der kurzen Zeit wirklich gekommen
waren.
„Ich
meine..., du und auch deine Schwester habt eine schwere Vergangenheit hinter
euch. Sie war von Schmerz und Trauer geprägt.“, versuchte Shin seinen kleinen
schlechten Einwurf zu überspielen. „Diese Gefühle stehen zwischen euch. Versuche
die Vergangenheit ruhen zu lassen und konzentriere dich auf die Zukunft. Wer
weiß, vielleicht bist du für Höheres geboren und es wartet noch ein Aufgabe
auf dich.“
Dawn erschrak. Ob er es wusste, dass sie auch
eine Jägerin war? Nein, er hatte keine Ahnung. Aber seine Worte gaben ihr zu
denken. Geschickt lenkte sie das Gespräch in eine andere Richtung. Darüber
wollte sie jetzt nicht nachdenken. Also die Sonne langsam unterging,
verabschiedeten beide sich mit einem langen, innigen Kuss voneinander. Dawn
fühlte sich als, ob sie 10 zoll über dem Boden schwebte, als sie nach Hause
radelte.
Wächterhaus, nächster Morgen
Garten
Faith und Buffy saßen gemeinsam auf den Stufen zum Garten und starrten in die
noch immer schneebedeckte Gegend. Die Stufen waren kalt und ihr Atem stieg in
kleinen Rauchwolken vor ihren Gesichtern auf.
Plötzlich bewegte sich Faith und Buffy sah zu ihr. Das Eis war dadurch
irgendwie gebrochen und Faith fiel es leichter ihre Frage zu stellen. Aber
vielleicht war es gar nicht so verkehrt erst einmal über das „Geschäft“ zu
reden.
„Hör mal
B... danke das du gekommen bist. Hast du eine Ahnung bei wie vielen wir jetzt
sind?“
"Sechs oder sieben, glaub ich...", Buffy
fragte sich, was Faith von ihr wollte. Sie hatte sie bestimmt nicht nur hier
her geholt, um auf den neusten Stand zu kommen. Dazu hätte sie nur Giles fragen
müssen.
"Gut."
"Schon."
Wieder
schwiegen die beiden und dieses Mal war es Buffy, die die Stille durchbrach.
„Okay, wieso hast du mich angerufen?“
„Na ja,“ druckste Faith vorsichtig herum. „Ich
hab etwas gehört, das dich sicher interessieren wird. Also Giles und Lily haben
sich gestern über etwas gestritten... sie haben den Gegenstand ihres Streites
Reifeprüfung genannt. Du hast doch so etwas gemacht? Die Prüfung meine ich?“
„Sicher,“ sagte Buffy beherrscht
ruhig. In ihrem Inneren tobten jedoch die unterschiedlichsten Gefühle. Lange
hatte sie nicht mehr an ihren 18. Geburtstag nachgedacht. Aber das lag nicht
nur alleine an den unschönen Ereignissen, sondern auch daran, dass sie gleich
von zwei Personen, die ihr wichtig waren, enttäuscht worden war. Und jetzt...
was wollten die beiden Wächter? Wollten sie die Prüfung wieder einführen?
Giles? Er, der wusste, was die Prüfung bedeutete?
„Wow... Giles hat dir wirklich die Kraft geraubt
und dich dem Ganzen alleine überlassen?“
„Ja,“ sagte Buffy gequält. „Und glaub mir, dass
ist nichts was ich meinem schlimmsten Feind wünschen würde.“
‚Unter
anderen Umständen also auch nicht einmal mir,’ dachte Faith bitter und dankte
innerlich dem Urbösen für die veränderte Lebenssituation. „Ich hätte nie gedacht,
dass er dir so etwas antun könnte.“
„Konnte er auch nicht,“ sagte Buffy mit dem
Anflug eines kleinen Lächelns an die eher angenehmere Erinnerung an damals. „Er
hatte versucht mich zu warnen und mir schließlich alles gestanden. Ich wusste
was kam und war vorbereitet.“
„Ach ja, ich weiß.. deswegen hatten wir ja dann
Wesley,“ grinste Faith. Sie konnte sich nicht erinnern mit was sie damals
beschäftigt war, dass sie von Buffys Schwäche und ihren Zustand nur am Rande
mitbekommen hatte. Es lagen nun doch schon etliche Jahre dazwischen. Im
schlimmsten Fall hatte sie die Tage mit sinnlosen Fernsehserien verbracht und
die Nächte mit Jagen und Tanzen im Bronze. „Wie stehen sonst die Chancen? Ich
meine wenn man keinen so loyalen Wächter hat?“
‚Loyal?’, dachte Buffy verbittert und musste an
die Nacht denken, als Giles sie ablenkte, damit Spike getötet werden
konnte, als er Dawn lieber opfern wollte, als er ihr mit einem Serum ihre
Kräfte raubte, als er Sunnydale fluchtartig verließ, als sie ihn am meisten
gebraucht hätte, als er Lilys Fürsprechen für Rileys Befehl nicht viel entgegenzusetzen
hatte... Stopp, dass waren alles Dinge, die eine Münze nur von einer Seite
aus betrachteten. Sie hatte seit dem Labyrinth, als sie versucht hatte ihren
angestauten Frust los zu werden, eines verstanden... dass es nicht fair war
die Ereignisse so einseitig zu betrachten. Er war zurückgekehrt, um sie alle
und die Welt mit dem Einsatz seines Lebens vor Willow zu schützen, er war
jetzt für sie und Dawn da, nicht nur finanziell, er war für sie da gewesen,
als ihre Mutter starb und er hatte damals seinen Job riskiert, um sie vor
der Prüfung in letzter Sekunde zu bewahren. Und wenn sie es genau bedachte,
hatte Giles damals im Labyrinth recht gehabt, als er seine Handlungen damit
gerechtfertigte, dass alles nur für sie geschehen sei. Auch wenn sie das nicht
immer so gesehen hatte. Am aller wenigsten die Prüfung betreffend. Aber Dawn,
Spike, sein Weggang... sie verstand es auf einmal ein wenig besser, aber das
hieß nochlange nicht, dass sie ihm
alles so einfach vergeben konnte.
„Hey, B... noch anwesend?“ Faith wedelte mit
einer Hand vor Buffys Gesicht, die blinzelte.
„Hm.. oh entschuldige,“ kehrte Buffy aus ihrer
Gedankenwelt zurück und lächelte entschuldigend. „Die Chancen? Keine Ahnung...
ich wusste von meinem Gegner, weil er mir schon vor der Prüfung auf der Strasse
begegnete und ich war eingeweiht ... ich hatte eine faire Chance.. aber es war
hart. Ich würde sagen, dass es sehr schlecht für eine Jägerin aussieht, wenn
sie nicht weiß, um was es geht.“
„Du hast dich bestimmt verdammt mies gefühlt.“
„Darauf kannst du wetten. Wenn du nicht weißt
was mit dir los ist, dich auf einmal Vampire, Frischlinge, vermöbeln, du nicht
einmal mehr ein Messer auf eine Zielscheibe werfen kannst und am Ende
herausfindest, dass der Mann, dem du drei Jahre fast blind vertraut hast dich
hintergeht...mies ist da stark untertrieben. Aber wieso fragst du? Wieso haben
die beiden darüber geredet?“
„Es geht um die Neue, Emma und ihren 18.
Geburtstag. Sie stritten sich darüber, ob sie die Prüfung machen muss oder
nicht. Ich glaube es sieht schlecht aus. Lily hatte ein paar gute Argumente.“
„Gute Argumente?“ Buffy war entsetzt und bestürzt
zu gleich. „Wie kann man für so etwas grauenvolles gute Argumente haben?“
„Sie schläft mit Giles?“ Schlug Faith mit einem
breiten, dreckigen Grinsen vor und sah an Buffys entsetzten Gesichtsausdruck,
dass die blonde Jägerin die Möglichkeit bisher völlig ausgeschlossen hatte.
„Na komm schon... so blind
kannst nicht einmal du sein,“ lachte Faith und wurde wieder ernst. „Sie hat ihn
an seinen eigenen Reformationsvorschlägen gepackt und hin und her gebeutelt. Er
hat keine Chance.. er wird die anderen Wächter abstimmen lassen müssen.“
„Verdammter Mist,“ fluchte Buffy wütend und
sprang von der Treppe auf. „Ich wusste, dass Giles Vorhaben früher oder später
schief gehen muss. Von wegen es ändert sich alles...,“
„Buffy warte doch,“ doch da war die Jägerin schon
auf die Strasse vor dem Haus gestürmt und Faith hielt es für das beste, sie
gehen zu lassen. Offensichtlich verhieß die Prüfung wirklich nichts Gutes und
dass sie jetzt davon wusste, machte das ganze bestimmt auch schwieriger.
Allerdings... ihr kam die Idee, dass Buffy und sie dafür Sorge tragen konnten,
dass alle Jägerinnen auf der Welt davon erfuhren.
Eine email über einen Verteiler, ein
Kettenbrief, Rundrufe... und schon hätte bei einem schlechten Ausfall der
Abstimmung die Wächter im Vorfeld verloren. Sie würde damit noch warten, bis
Giles etwas über die Abstimmung verlauten ließ. Vielleicht würde er sie auch
gar nicht einweihen, weil es nicht gut war, wenn Jägerinnen alles wussten, aber
sie glaubte, dass Giles gerade mit dieser Ansicht gehörig aufgeräumt hatte und
es auch weiterhin so halten würde.
Am besten würde sie sofort mit Vi und Ronah darüber
reden, damit die beiden bescheid wussten, falls jemals etwas ähnliches auf
sie zukam. Vielleicht konnte man dafür sogar trainieren...
Universität, früher Abend
Willows Zimmer
Das wilde, entschlossene Klopfen an ihrer Tür, ließ Willow von ihren Büchern
aufsehen. Sie lag bäuchlings auf ihrem Bett mit drei aufgeschlagenen Büchern
und einem Notizblock vor sich. Sie konnte nicht verleugnen, dass sie sich
nicht über die Unterbrechung freute. Sie stand auf, um zu öffnen.
„Buffy?“
Völliger Unglaube spiegelte sich in dem Gesicht von Willow wieder.
Buffy sah an sich herunter und zurück zu Willow.
„Falls ich nicht mit einem Zauber
belegt wurde und für dich irgendwie anders aussehe...“
„Entschuldige,“ Willow öffnete ihre Tür ganz,
damit ihre Freundin eintreten konnte. „Es ist nur.. ich bin überrascht. Du
warst in den ganzen Wochen nicht einmal hier und da dachte ich schon...“
Buffy drehte sich zu Willow herum und machte ein
betretenes, zerknirschtes Gesicht. Ihr war deutlich anzusehen, dass ihr der
Umstand sehr unangenehm war. „Willow... ich... was soll ich sagen... es war
einfach nur... na ja...“
„Ist schon gut Buffy,“ lenkte
Willow großzügig ein. „Ist nicht so wichtig.“ Aber die Lüge war ihr am Glanz
der Augen anzusehen. Buffy senkte den Blick.
„Doch ist es Willow. Du bist meine beste
Freundin und es hat mich nicht einmal interessiert wie du hier wohnst. Nein
also nicht nicht interessiert.. ich meine... mir fehlte die Zeit. Aber es ist
sehr hübsch,“ beeilte sich Buffy zu versichern und ließ ihren Blick durch den
Raum schweifen. „Und es tut mir so leid.“
Willow lächelte freudig über das Kompliment über
ihre Einrichtungsgestaltung und spielte die Großzügige. „Du bist ja jetzt da,
aber ich schätze, bestimmt nicht, um mein Reich zu inspizieren.“
Buffy
wollte etwas erwidern, aber hielt es dann doch für besser nicht zu lügen.
„Giles und Lily,“ sagte sie stattdessen bestätigend und fuhr auf Willows fragenden
Blick hin fort. „Du musst mit Giles sprechen. Faith hat belauscht wie sie
sich über die Weiterführung der Reifeprüfung unterhalten haben. Ich muss wissen
was er vorhat.“
„Solltest du nicht besser mit ihm darüber
reden?“ schlug Willow vor. „Du bist die Jägerin. Vielleicht war es ja nur eine
rein theoretische Überlegung ‚was wäre wenn’? Nichts was man überbewerten
sollte?“
„Nein Willow. Ich traue der Sache nicht. Faith
hat mir das Gespräch geschildert und es scheint, dass Lily unbedingt wieder die
Prüfung möchte. Ich kann zwar nicht verstehen wie moderne Menschen an so etwas
grauenvollem festhalten können, aber ich habe das Gefühl sie versteht es in
letzter Zeit immer besser Giles um ihren kleinen Finger zu wickeln.“
„Seit wann vertraust du dem was Faith erzählt?“
Willow entschärfte ihre Worte mit einem hinterlistigen Lächeln. Schließlich
wusste sie genauso gut wie Buffy, dass sich die Zeiten geändert hatten. Und ehe
Buffy die Gelegenheit bekam etwas zu sagen, fuhr die Rothaarige fort. „Ich
glaube du überbewertest das Ganze ein wenig. Rede mit ihm, frag ihn danach. Ihr
seid beide erwachsen und könnt offen reden.“
„Nein!“
Buffy schüttelte heftigen den Kopf. „Das ist nicht so leicht. Vor einem Monat
habe ich einen Streit zwischen Giles und Lily belauscht, bei dem Lily ihn
als meinen Wächter kritisiert und angegriffen hatte, jetzt will sie die Reifeprüfung
haben... ich kann doch nicht hingehen und ihm sagen, dass ich die Frau nicht
leiden kann, wegen der Dinge, die ich belauscht habe und eigentlich nicht
hätte hören sollen? Oder weil mir die Nase der Frau nicht gefällt? Giles und
ich würden uns nur wieder streiten.“
„Wieder?“ Willow schlug ihre Bücher zu und schob
sie zur Seite, damit Buffy auf ihrem Bett platz nehmen konnte.
Buffy sah betrübt zum Fenster hinaus und zuckt
dann mit den Schultern. Es wurde draußen langsam wirklich dunkel und eigentlich
sollte sie längst auf Patrouille sein. Dann schluckte sie hart und sah
melancholisch zurück zu Willow. Wenn sie mit jemanden über das was im Labyrinth
passiert war, reden konnte dann mit Willow, auch wenn sie in den letzten Wochen
kaum Zeit miteinander verbracht hatten.
Erie-See,
selbe Zeit
Aus einem Vorhang aus grauen und weißen Nebelschwaden brach ein Schiff
hervor, das mit verrottetem Holz am Bug, Moos und Muscheln daran das Wasser
durchpflügte und leichte Wellen um sich und hinter sich erzeugte. Der alte
Mast schwankte unheilverkündend unter der Fahrtgeschwindigkeit, Holz ächzte
und das Steuerrad bewegte sich von unsichtbarer Hand hin und her. Die Türe
zur Kajüte wurde aufgestoßen, doch dahinter befand sich nur Dunkelheit und
das Brausen des dafür verantwortlichen Windstosses war zu hören.
Weit vor dem alten, verlassenen Schiff tauchte
ein Lichtpunkt auf, der auf und ab hüpfte bis er langsam aber stetig näher kam....
das Schiff hielt direkt darauf zu.
Universität, ein paar Minuten später
„Oh je Buffy.. wieso hast du
nicht früher mit mir darüber geredet?“ Sagte Willow bestürzt über Buffys Erzählung
und setzte sich neben ihre Freundin. „Ich meine...“
„Es ist etwas, das geht eigentlich nur Giles und
mich an,“ sagte Buffy halbherzig. Das es nicht so war, hatte sie damit bewiesen,
dass sie Willow als einzige über die Geschehnisse im Einzeln eingeweiht hatte.
Sie hatte jedoch den Teil mit Ben weggelassen. Es reichte schon, dass ihr
Bild über Giles zusammengebrochen war. Zudem war es etwas, das Giles den anderen
selbst sagen sollte.
„Sicher,“ sagte Willow wenig überzeugt und legte
einen Arm um die Schultern ihrer sonst so starken Freundin, an der wohl vieles
nagte und es sicherlich noch mehr gab über das sie jedoch nicht so bereitwillig
reden wollte. „Geh zu ihm.. klär die Dinge. Entschuldige dich für deine harten
Worte, erkläre Giles, wie du inzwischen darüber denkst...“
„Das kann ich nicht, Willow. Du weißt.. das ich
darin noch nie gut war. Er wird schon wissen, wann ich nicht mehr sauer bin und
es auch bestimmt merken, wenn ich darüber hinweg bin.“
„Du kannst dich aber nicht immer auf seine
feinfühligen Sensoren dich betreffend verlassen. Das geht bestimmt irgendwann
einmal schief.“
„Noch
schiefer?“, lächelte Buffy und wusste das Willows Worte vernünftig klangen.
Buffy hatte vor, sie sich durch den Kopf gehen zu lassen, doch jetzt waren
andere Dinge wichtiger, als ihre Meinungsverschiedenheiten mit Giles. „Ich
denke darüber nach. Aber was ist jetzt... mit meiner Bitte?“
„Ich denke es ist etwas sehr persönliches.. die
Prüfung.. etwas das seit langem zwischen euch steht. Ich möchte mich da
wirklich nicht einmischen Buffy.. so sehr ich dir helfen möchte...Rede mit ihm,
kläre alles und sprich dann über die Prüfung.“
„Aber du bist eine Hüterin, Willow. Dich sollten
solche Dinge auch interessieren. Die Prüfung richtet sich gegen die Jägerinnen,
die Schützlinge eines Wächters, des Rates...“, Buffy wirkte verzweifelt und dass
sie Willow erneut mit ihren neuen Pflichten als Hüterin konfrontierte sprach
dafür. Aber Willow war sich unsicher. Deshalb nahm sie ihren Arm von ihrer
Freundin und stand auf.
„Ich weiß nicht genau Buffy... ich habe dir
schon vor Wochen gesagt, dass wir nicht im geringsten wissen was ich bin. Wir
gehen von dem aus, was Kennedy während dem Zauber beobachtet hat und von dem
was ich spürte und spüre, die Visionen... das alles ist sehr verwirrend und das
Giles und Lily nichts finden macht es nicht besser. Darf ich mich da wirklich
in alles so bedenkenlos einmischen? Oder gerade drum? Ich weiß es nicht...“,
Willow wirkte nun fast genauso verzweifelt wir Buffy und die beiden Freundinnen
starrten sich für einen Moment schweigend an. Willow realisierte zum ersten Mal
wirklich, was Buffy all die Jahre emotional durchgemacht hatte, als Jägerin,
als die Auserwählte, mit Pflichten und Verantwortungen, Verantwortungen, die
Willow nicht bereit war zu übernehmen und Buffy begriff, dass Willow zur Zeit
etwas ähnliches durchmachte, wie sie in den ersten Jahren als Jägerin.
„Okay.. einverstanden. Ich versuche mit ihnen
darüber zu reden,“ gab Willow schließlich nach, als sie das Dilemma von Buffy
zu begreifen schien und ihr auch klar war, dass Buffy nicht locker lassen würde.
„Du bist die beste,“ Buffy sprang erleichtert
auf, umarmte Willow freudig und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Erie-See, ein paar Minuten später
Der
Nebel zog sich mit der einbrechenden Dunkelheit über dem See zusammen. In
letzter Zeit fand Fischer Coonlley passierte das viel zu oft. Selbst für die
Jahreszeit. Seine Tasse Kaffee dampfte vor ihm und das Steuerrad pendelte
leicht von links nach rechts. Das Holz des alten Kutters ächzte und stöhnte.
Coonlley zog seinen Wintermantel enger um seinen Körper und griff nach der
Tasse, als ein gewaltiger Schlag durch das Schiff ging, durch den es sich
bedrohlich nach rechts neigte und Coonlley von den Füssen riss.
Die Tasse flog scheppernd in eine Ecke, der
Inhalt ergoss sich über den Boden und Coonlley knallte hart auf den Boden. Die
Türe riss nach außen auf und Coonlley stürzte über die Stufen auf die Planken.
Benommen kam er auf die Füße, schüttelte den Kopf und versuchte sich zu
orientieren. Das Boot schlingerte, aber war wieder einigermaßen zur Ruhe gekommen.
Er blickte um sich und entdeckte ein Boot neben seinem. Hatte der Wahnsinnige
ihn etwa gerammt?
Er stürmte an die Reling und spähte hinüber.
Aber er konnte niemanden entdecken und hinter der Kajüte war es dunkel. Das gab
es doch nicht... das Wort „Geisterschiff“ blitzte in seinen Gedanken auf, aber
er tat es sofort als altes Seemannsgarn ab. Er griff nach dem Enterharken und
zog die beiden Schiffe näher heran, ehe er hinübersprang, um der Sache auf den
Grund zu gehen. Vielleicht war dem Besitzer etwas zugestoßen, lag er bewusstlos
neben dem Steuerrad oder war sogar von Bord gefallen.
Als
seine Füße die Planken berührten, glaubte er etwas ähnliches wie ein tiefes
Seufzen zuhören, aber schob das Geräusch auf den Wind und auf das Ächzen des
alten Holzes. Sein Blick schweifte nervös von links nach rechts und Coonlley
korrigierte seine Gedanken.. hätte jemand einen Scherz gewagt, würden die
Planken bestimmt nicht so aussehen, als hätten sie seit Jahren kein Land mehr
gesehen. Sie waren glitschig und moosig. Das ganze Schiff wirkte heruntergekommen
und .. verlassen. Aber nun einmal hier und von Neugier getrieben, ging er
weiter zur Kajüte.
Die Türe stand offen und er spähte ins Innere.
Ein Raunen und Wispern hinter ihm ließ seinen Kopf zur Seite schnellen, damit
er über die Schulter blicken konnte, doch ehe er sah, was es war, gab ihm etwas
einen unsanften Stoss und er stolperte nach vorne in die Kabine. Die Türe flog
zu, und er hörte etwas im Schloss klicken.
„Verdammt, hey was soll das?“ Er sprang zur verschlossenen
Tür, rüttelte am Griff und hämmerte dagegen. „Aufmachen.. sofort aufmachen.“
Sein Brüllen war weit über die See zu hören und
verlor sich in der Weite. Vor der Tür zog sich der Nebel dichter zusammen,
wirbelte in sich, dehnte sich, zog sich wieder zusammen, bis ein Gesicht darin
zu erkennen war, mit leeren Augen, wehendem Haar, Arme und Beine ließen sich
langsam erahnen, ehe das Nebelwesen in sich erneut zusammenbrach und mit einem
leisen Wispern durch die Ritze in der Türe in das Innere der Kabine strömte...
Ein lang gezogener, panischer Schrei war von
innen zu hören, der sich mit dem Brausen der Wellen um das Schiff herum
vermischte und plötzlich erstarb.
Als wieder Ruhe einkehrte, hüpfte ohne Kontrolle
die „Neptun“ alleine über die Wellen - vom Geisterschiff war keine Spur mehr zu
sehen...
2. AKT
Ein Friedhof
am Erie-See, eine Nacht später
Der Friedhof lag in der nächtlichen Stille dunkel vor ihnen. Das einzige
Licht spendeten die Wegbeleuchtungen am Hauptweg und der Mond über ihnen.
Dazwischen herrschte überall Dunkelheit und lange Schatten. Buffy schlenderte
mit Emma an ihrer Seite zwischen einer Reihe Grabsteine hindurch.
„Es ist immer effektiv, wenn man bei den
frischen Gräbern vorbeischaut und etwas wartet. Meist erledigt man damit gleich
die Arbeit für eine Woche. Die harten Brocken finden einen dann sowieso von
alleine.“ Buffy zeigte nach vorn auf ein frisches Grab, auf dem nur eine dünne
Schneedecke lag. Emma schluckte.
„Wieso tust du das? Ich meine wegen mir brauchst
du nicht den Fremdenführer zu spielen und den Abend mit mir verbringen. Du hast
sicher besseres zu tun.“
„Ich?
Ich glaube ich hatte schon seit fast acht Jahren nichts mehr „besseres“ nachts
zu tun. Und einer muss es ja tun,“ grinste Buffy freundschaftlich. „Die anderen
waren irgendwie alle für heute schon ausgebucht. Ich dachte es würde dir leichter
fallen, wenn ich es wäre, die dir ein paar Handgriffe zeigt.“
Emma lächelte warm. Da hatte Buffy allerdings
recht. Seit der Nacht, in der sie die Jägerin gerettet hatte, verband sie zwar
die reine Dankbarkeit, aber da war auch noch etwas mehr. Sie mochte Buffy – sie
war nett, ehrlich aber behielt Distanz. Stellte nicht zu viele Fragen und
selbst wenn sie neugierig auf Emma war, zeigte sie es nicht so offen, wie die anderen,
denen Emma bis lange begegnet war.
„Weißt du,“ Emma dachte über ihre Frage kurz
nach, während Buffy sie interessiert ansah. „Ich habe das meiste von dem was
Mister Giles erzählt hatte, nicht wirklich verstanden. Habt ihr das Urböse
jetzt besiegt oder nicht?“
Buffy lachte auf. Es war kein gemeines Lachen,
kein Auslachen, aber es war amüsiert. „Keine Sorge. So ergeht es uns fast
allen, was Giles Ausführungen betrifft. Du kannst froh sein, dass er für dich
keine Schaubilder gezeichnet hat.“ Jetzt musste Buffy wirklich breit grinsen,
fegte dann aber die stumme Frage in Emmas Augen mit einer Handbewegung zur
Seite. „Nicht so wichtig. Aber .. nein, wir haben es nur zurückgeschlagen. Es
muss sich ein paar Jahrhunderte von diesem Schlag erholen. Zu neuen Kräften
kommen. Es besteht für uns im Moment keine Gefahr.“
„Und diese Übervampire? Seine Helfershelfer?
Gibt es davon noch mehr?“
„Nicht wenn er sie nur im Höllenschlund von
Sunnydale hierher geholt hat. Wir haben den Schlund geschlossen und dafür gesorgt,
dass die Übervampire darin begraben wurden. Aber wer weiß schon zu sagen, woher
sie kamen und wohin sie gingen.“ Zwar gefiel Buffy der Gedanke an noch mehr von
diesen Kreaturen nicht, aber Emma anzulügen war sicher keine bessere Lösung.
Emma schien an ihrer Seite etwas zu frösteln.
„Aber was ist, wenn sich das Urböse erholt hat?
Wird es dann nicht versuchen seinen Plan erneut umzusetzen? Oder wenn jemand
anders versucht alle Jägerinnen zu töten?“
Buffy starrte vor sich in die Dunkelheit, ihre Schultern sackten nach unten und
es war ihr anzusehen, dass die Frage unangenehme Erinnerungen mit sich brachte
und auch an Buffys Grenze stieß. „Ehrlich gesagt bin ich damit überfragt.
Vielleicht greift das alte System wieder. Keine Ahnung. Am besten fragst du Giles
deswegen und wir konzentrieren uns jetzt etwas aufs Training.“
Sie
waren beim Grab angelangt und als Buffy Emma einen Pflock reichte, kam Bewegung
in die Erde. Etwas grub sich nach draußen. Eine weiße Hand fuhr vor ihnen
plötzlich ins Freie und Emma wich mit einem lauten Aufschrei nach hinten zurück.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Er ist
schwach und unwissend. Meist sind sie orientierungslos. Ein paar sind
allerdings erstaunlich fit, wenn sie auftauchen.“
Emma kam wieder etwas näher und wartete mit
Buffy darauf, dass der Vampir sich vollständig herausgegraben hatte. Kaum war
das geschehen und er nahm sie wahr, sprang seitlich aus dem Gebüsch ein
Schatten hervor, sprintete auf den Vampir zu und riss ihn von den Beinen.
Ein kurzes Handgemenge entstand, bei dem weder
Buffy noch Emma richtig erkennen konnten, wer sich mit dem Vampir angelegt
hatte. Dann hörten sie beide das für Buffy vertraute „Puff“-Geräusch und der
Vampir zerfiel zu Staub. Die Gestalt stand auf und drehte sich zu den beiden
herum.
„Faith?“ Buffy war erstaunt aber auch vor
Unglaube fast ein wenig ungehalten.
„Hi, B. Du
auch hier?“ Sie klopfte die Asche von ihren Kleidern und grinste zufrieden.
„Du wirst entschuldigen, aber das war mein
Lehrobjekt für Emma.“ Buffy war nun wirklich über die Dreistigkeit von Faith
entrüstet.
„Falsch. Das war mein Lehrobjekt.“ Faith zeigte
zum Gebüsch hinter dem sich Vi und Ronah zu erkennen gaben. „Das heißt, wir
lagen da schon etwas länger, bevor ihr beide ankamt.“
„Ich denke die beiden hatten genug Training auf
eurem Road Trip,“ kommentierte Buffy trocken mit einem Blick zu den beiden
ehemaligen Anwärterinnen.
„Ich hab dir von der Prüfung erzählt.. ich will
die beiden vorbereiten. Sobald sie 18 werden, wissen sie was sie tun müssen.“
„Man kann sich darauf nicht vorbereiten,“ meinte
Buffy nachdenklich und sah kurz zu Emma, die einmal mehr kein Wort verstand.
„Oh doch.. ich bringe ihnen bei, wie man mit
Geduld beobachtet, wie man abzuwarten lernt und dann seinen Verstand einsetzt,
um zu zuschlagen.“
„Wow..
ich bin beeindruckt,“ sagte Buffy trocken. „Ich dachte immer die Haudrauf-Technik
ist die einzige, die du drauf hast.“
Faith lächelte still. Wenn Buffy wüsste, wie
viel sich verändert hatte, dachte Faith und zuckte mit den Schultern. „Man
lernt eben nie aus,“ meinte sie altklug und ging zurück zu Ronah und Vi. „Viel
Erfolg noch heute Nacht.“ Damit schlenderten die drei davon und Buffy sah noch
immer überrascht stumm hinterher.
“Welche Prüfung?“, fragte Emma plötzlich und Buffy
verdrehte die Augen. Genau das hatte sie befürchtet.
Erie-See, selbe Nacht
Unweit vom Friedhof entfernt lag der Erie-See im Mondlicht da. Wenn man
ganz leise war, konnte man das leichte Wellenplätschern gegen das Ufer hören.
Die hüpfenden Lichter der Fischerboote waren von Buffys, Faith, Ronahs, Vis
und Emmas Position aus gut zusehen. Am Ufer, nicht sonderlich weit von ihnen
entfernt, lagen ein paar Boote vor Anker. Nicht unweit davon tauchte plötzlich
das Geisterschiff mit seinem zerfetzten
Segel und ohne Beleuchtung auf.. es schlingerte unruhig hin und her und schien
direkt auf die Boote vor dem Ufer zu zuhalten...
Der Friedhof am Erie-See, im selben Moment
“Hey..
was ist das denn,“ Ronah löste sich von der Dreier-Gruppe und sprang auf die
Friedhofsmauer.
Alarmiert gab Buffy Emma zu verstehen ihr zu
folgen.
„Was ist los?“ fragte Faith und sah kurz über
die Schulter – Buffy und Emma kamen. Irgendwie beruhigte sie der Gedanke.
Seltsam und befremdend war er, der Gedanke, aber das störte Faith nicht mehr
länger. Sie waren längst zu einem Team geworden. Oder zu einer großen Familie.
Die Familie der Jägerin. Meine Güte.. noch vor einigen Monaten hätte sie sich
wahrscheinlich für solche sentimentalen Gedanken selbst geohrfeigt.
„Ein Schiff,“ erklärte Ronah. „Es schlingert. Als
hätte es keine Führung. Es scheint aufs Ufer zu zurasen.“
„Was? Verdammt, lass sehen,“ Faith sprang zu ihr
hoch und entdeckte sofort das Schiff, welches Ronah meinte. „Wenn wir uns
beeilen, können wir es noch bis zum Ufer schaffen und das schlimmste verhindern.
Es hält nämlich auf die Boote da unten zu.“ Faith fuchtelte zu ein paar
verankerten Booten.
„Das schaffen wir nie,“ stöhnte Ronah und
schätzte die Entfernung auf drei vielleicht vierhundert Meter. Wenn sie gut
lag.
„Ein ‚Nie’ gibt es für uns nicht,“ bemerkte
Buffy streng und sprang dabei schon über die Mauer. „Bleibt ihr hier. Faith..
komm mit.“
Ronah wollte wiedersprechen und auch Emma machte
einen unsichern Schritt auf die Mauer zu.
„Bleibt hier.. Buffy hat recht.
Es ist besser wenn jemand noch da ist, falls was passiert,“ und damit sprang
Faith Buffy nach und holte sie auf halben Weg ein. Sie hielten sich nicht lange
damit auf, small talk zu halten, sondern gaben, was ihre Jägerinnenkräfte
möglich machten, um den See zu erreichen.
Als
sie am Ufer ankamen, sahen sie sich suchend nach einer Möglichkeit um, um
das Boot zu erreichen. Buffys Blick fiel auf den Holzsteg, der zum ersten
Boot führte. Sie deutete Faith die Richtung und sprintete los. Sie rasten
beide mit laut in die Nacht hallenden Schritten über den Steg und sprangen
an Bord des Schiffes. Sie rannten weiter zum Bug, nahmen die eigene Geschwindigkeit
als Antrieb, um über die Reling zum nächsten Boot zu springen.
Auf dem dritten Boot gelandet, mussten die beiden Jägerinnen mit ansehen wie
das schlingernde Schiff in das weiter vorne verankerte Boot krachte. Holz
knirschte, Eisen quietschte schrill auf, Funken stoben, das Wasser wurde unruhig.
Buffy und Faith blickten sich entsetzt an und sprangen auf das letzte verbleibende
Schiff und sahen sich damit dem Geisterschiff gegenüber.
„Was ist das denn?“ Entfuhr es Faith beim
Anblick des alten, verfallenen Schiffes.
„Ein Geisterschiff?“, bot Buffy zaghaft an und
gab sich dann einen Ruck. Sie sprang
hinüber, hatte Schwierigkeiten sich unter dem starken Seegang zu fangen
und fiel gegen den Mast. Faith folgte ihr und hatte aus Buffys Unvorsichtigkeit
so viel gelernt, dass sie besser aufpasste, als ihre Füße auf die nassen,
rutschigen Planken aufkamen. Trotzdem strauchelte auch sie leicht.
„Schnell, B. Das Führerhaus,“ rief Faith
panisch, als sie aufsah und die kleine weiße Jacht, auf der sie eben noch
gewesen waren bedrohlich näher kam. Buffy rappelte sich auf die Füße, sprang
zur Tür, riss sie auf und wich automatisch zurück, als etwa auf sie herausfiel.
Es fiel mit einem dumpfen Rums auf die Planken
und Buffy starrte auf die Leiche des Fischers Coonlley, dessen Augen vor
Entsetzen geweitet in die Leere starrten. Eine Krähe stieß plötzlich über ihnen
kreisend in die Nacht ihre krächzende Rufe hinaus, ehe sie davon flatterte und
dem ganzen noch etwas mehr unheimliches verlieh. Buffy fröstelte es. Irgendwie
gab es in Cleveland verdammt viele Krähen.
Wächterhaus,
etwas später in der Nacht
“Puh.. ich hab’ ja schon viel unheimliches gesehen, aber das war...,“ Buffy
schüttelte sich und nahm Giles mit einem kleinen Dankeslächeln die dampfende
Tasse Tee ab, die er ihr reichte, ehe er sich um die anderen beiden, Faith
und Emma, kümmerte. „Sehr unheimlich.“
„Willow muss morgen früh sofort überprüfen, wer als vermisst gemeldet wurde.
Der Typ war schon ganz steif,“ sagte Faith recht unberührt über die Leiche
an Bord des seltsamen Schiffes und reckte ihre Glieder. „Aber das Boot war
definitiv schon länger unterwegs.“
„ICH werde es auf jeden Fall so wie Ronah und Vi machen und erst einmal nachhause
gehen, um eine heiße Dusche zunehmen.. ich fühle mich so.. bäh..,“ Buffy nippte
an der Tasse und schüttelte sich.
"Entschuldigt mich einen Moment." Ein wenig gestresst griff Giles nach dem Hörer des Telefons vor sich, und begann eine Nummer zu wählen. "Mr. Callagher, ich hatte ausdrücklich um Rückruf gebeten. -- Ja, mir ist klar, dass Sie im Stress sind, aber das sind wir doch alle. Unsere erste Priorität ist jetzt, zu verhindern, dass die Situation außer Kontrolle gerät. -- Drei Jägerinnen? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt. ...Gut, vielen Dank."
"Zehn
kleine Jägerlein!" Gelangweilt griff Faith nach ihrer Teetasse.
„Also ich weiß ja nicht,“ meinte Emma etwas schüchtern. „Nachdem was ich alles
so gehört und gesehen habe, ist das Jägerinsein nicht so mein Ding.“
Buffy sah zu Emma auf und ließ dann ihren Blick zu Giles schweifen. War es
das gewesen, was er und Lily befürchtet hatten?
„Darüber reden wir morgen in Ruhe,“ lenkte Giles diplomatisch wie immer ein
und brachte es sogar fertig, dass sein Lächeln Emmas angespannten Gesichtsausdruck
verscheuchte und sich die Jägerin etwas beruhigte. Für dieses Talent hatte
Buffy trotz allen gemeinsamen Schwierigkeiten mit ihrem Ex-Wächter noch immer
tiefsten Respekt übrig.
„Wenn ich es also richtig verstanden habe, schätzt ihr, dass der Mann seit
ein paar Tagen erst tot ist, dass Boot aber verfallen und seit längerem verlassen
wirkte?“
„Richtig,“ nickte Faith nachdrücklich.
„Hm.. vielleicht ein Geisterschiff,“ vermutete Giles. „Allerdings hätte euch
dann die untote Besatzung begegnen müssen.“
„Da war sonst niemand mehr,“ meinte Buffy. „Jedenfalls niemand, den wir tot
oder lebendig gesehen haben.“
„Und wo ist das Boot jetzt?“
„Gute Frage,“ Faith wirkte ratlos und auch Buffy zuckte mit den Schultern.
„Wir haben es vom Kurs abgebracht, aber ohne Anker sahen wir keine Möglichkeit
es weit weg von den anderen Booten und Schiffen zu verankern. Wir haben es
einfach am Bootssteg mit einem dicken Seil festgemacht. Falls es harmlos ist,
liegt es noch immer da. Falls nicht...,“ Faith machte eine weite Armbewegung..„Wissen
es die Götter.“
„Die haben
in den meisten Fällen wenig damit zu tun,“ meinte Giles leicht abwesend, aber
trotzdem belehrend.
Faith musste grinsen und gähnte schließlich. “Ich glaube heute Nacht läuft
uns das Boot nicht weg und ich bin müde...“
„Genau,“ Buffy stand auf. „Lassen Sie uns schlafen gehen und morgen früh gehen
wir gemeinsam zum See.“
„Zum See?“ Alle drehten sich zur Tür um, in der Willow stand. Etwas müde und
blass, aber ziemlich bereitwillig etwas zu tun. „Hab’ ich etwas verpasst oder
plant ihr ein Picknick?“
„Hey Willow.. noch auf?“ Buffy setzte sich wieder.
„Ich habe zu viel gelernt. Mir raucht der Kopf. Ich dachte ich schau mal vorbei..
gibt es etwas Neues, etwas bedrohlich Neues? Also ich meine jetzt nicht gleich
den Weltuntergang.. ach ihr wisst schon...“, sie sah in die Runde und entdeckte
Emma. „Hey.. dich kenne ich doch,“ sie lächelte gequält in Erinnerung an ihre
Vision, aber gleichzeitig war sie sehr froh, dass Emma es geschafft hatte
. „Kam mein Anruf doch nicht zu spät.“
„Ach herrje.. ich hab ganz vergessen dir Entwarnung zu geben,“ entschuldigte
sich Buffy und es war ihr fast peinlich. Willow winkte müde ab und setzte
sich zu ihnen an den Tisch. In letzter Zeit gab es vieles, über das sie und
Buffy nicht sprachen.
„Ich verschwinde dann mal,“ sagte Faith dezent und war auch schon an der Tür.
„Bis morgen früh.“
„Bis morgen. Ich bringe Emma noch nach Hause,“ bot Buffy an und sah Willow
eindringlich an. Sie wollte Giles mit Willow alleine lassen, damit das gewünschte
Gespräch stattfinden konnte, falls Willow die Absicht jetzt hatte.. Giles
würde sowieso dafür sorgen, dass Willow alles wichtige über das Schiff erfuhr.
Sie musste nicht bleiben.
„Na typisch,“
schmunzelte Willow. „Kaum komme ich, verziehen sich alle.“
„Wenn du willst, bleibe i...“
„Haut schon ab,“ lachte Willow. „Giles wird mir bestimmt alles erzählen.“
„Und ich erkläre Emma, was du mit Anruf meintest,“ Buffy zog Emma mit sich,
wünschten eine gute Nacht und verschwanden zusammen durch die Tür.
„Anruf,“ zog Giles fragend die Augenbrauen in die Höhe als sie alleine waren.
„Emma... ich habe sie gesehen wie damals Kim, die Faith gerettet hat. Ich
weiß nicht.. Traum oder Vision.“ Willow sah hilfesuchend zu Giles. „Mich macht
das Ganze langsam fertig...," wieder seufzte Willow fast ergeben.
Ehe sie fortfuhr vergewisserte sich die Hexe erneut mit einem Blick zu Giles,
ob er auch wirklich noch zuhörte. "Ich wollte nur nicht in Buffys Anwesenheit
jammern. Sie trotzt schon so viele Jahre mehr als ich diesem Druck von Prophezeiungen
und allem," sie zuckte mit den Schultern. "Aber ich ... es ist einfach
zu viel."
Sie holte Luft und bevor Giles sie unterbrechen konnte, sprach Willow hastig
weiter. "Es ist einfach dieses Gefühl.. die Jägerinnen! Ich kann sie
ständig fühlen und spüren Giles. Nicht nur als wir die Jägerinnen aktivierten
oder die Wochen danach. Ich habe das Gefühl nie verloren. Und es ist stärker
– nein, schlimmer geworden.“ Am liebsten hätte sie Giles in diesem Augenblick
auch von Dawn erzählt, aber sie wusste, dass das Dawns Aufgabe war und sie
warten musste, bis sie auch darüber reden durfte.
„Erst letztens habe ich Kennedy gespürt... nicht einfach nur eine Jägerin...
sondern Kennedy .. ich wusste, dass sie es war.. dass sie in Not war, dass
sie Schmerzen hatte. Ich... ich fühle es Giles.. als würde man mir den Schlag
verpassen. Als würde ich an Stelle einer Jägerin kämpfen.“ Sie spürte ihre
Augen feucht werden. Es tat so gut, all die Ängste der letzten Wochen laut
auszusprechen, und sie spürte, dass es heute Nacht der richtige Zeitpunkt
war, um mit Giles über alles zu reden.
Sie hatte mit Kennedy darüber gesprochen, nachdem sie den Streit gehabt hatten,
und das war schon ungemein hilfreich für sie gewesen. Aber Kennedy hatte für
sie nur Trost in Worten und Taten gehabt, keine Antworten und keine Lösungen,
die sie sich von Giles versprach.
Giles Gesichtsausdruck hatte etwas sorgenvolles angenommen und er hörte Willow
aufmerksam und konzentriert zu. Es gefiel ihm nicht, wie sehr in Willows Stimme
Angst mitschwang. Angst vor der veränderten Lebenssituation und er wusste
nur zu gut, zu was Willow in der Lage war, wenn sie mit einem Problem nicht
zu recht kam. Aber er wollte nicht mit dem Schlimmsten rechnen.
"Sprich ruhig weiter," sagte Giles sanft und lächelte ihr aufmunternd
zu.
Sie lächelte traurig zurück und nickte. „Ich habe so vieles durchgemacht,
um zu lernen wer ich bin Giles. Ich war vor zwei Jahren Willow, eine mächtige
Hexe, die alles daran setzte, das auch zu demonstrieren, wann immer meine
Hilfe nötig war. Dann war ich Willow, die böse Hexe. Vor einem Jahr war ich
nur wieder Willow, verängstigt, verunsichert, aber wieder Willow. Bis ich
die Magie gegen das Urböse einsetzen musste, um auch zu erkennen, wer ich
noch immer war - Willow, einfach Willow. Jetzt bin ich wieder verunsichert.
Mein Leben ...,“ Willow seufzte und machte eine abfällige Handbewegung.
„Ich verstehe das sehr gut, Willow und ich glaube auch..,“ begann Giles verständnisvoll,
wurde aber von Willows frustriertem Seufzer unterbrochen. Fragend sah er sie
an.
„Ich weiß, dass Sie mich gerne verstehen würden, aber wie könnten Sie? Sie
sind ein Wächter, ein .. ein normaler Mensch. Sie können ja nicht einmal Buffy
verstehen.“ Jetzt war es aus ihr einfach so herausgeplatzt und sie wusste
nicht wieso. Sie hatte doch in aller Ruhe mit Giles darüber sprechen wollen.
Aber vielleicht war sein angebotenes Verständnis nicht das gewesen, was sie
gerne gehört hätte.
Giles sah sie erstaunt und getroffen an. „Was hat Buffy mit deinem Problem
zu tun?“
„Nichts,“ sagte Willow niedergeschlagen. „Es ist mir nur in den Sinn gekommen,
weil mir Buffy erzählt hat, dass Sie ernsthaft über die Weiterführung der
Reifeprüfung nachgedacht haben. Sie und Lily. Dabei wissen doch gerade Sie,
wie sich Buffy damals dabei gefühlt haben muss oder Sie sich als ihr Wächter.“
„Aber wir haben doch nur darüber geredet,“ versicherte Giles. „Und so lange
ich den Vorstand habe, werde ich ganz sicher nicht die Reifeprüfung befürworten.
Das solltest du und auch Buffy wissen.“
„Sie können nicht wissen, wie die anderen Wächter darüber denken. Es wird
immer Radikale geben, die an alten Traditionen festhalten. Oder eine Gruppe
Befürworteter führen die Prüfung ohne ihr Wissen durch. Sie können nicht überall
sein.“
„Da hast du
durchaus recht,“ musste Giles zugeben und senkte nachdenklich seinen Blick.
„Ich habe darüber bereits nachgedacht. Aber wie du schon sagtest, werde ich
das nicht aufhalten oder unterbinden können. Du kannst Buffy aber ausrichten...
nun vielleicht spreche ich selbst mir ihr darüber.“
„Nein,“ Willow sprang aus ihrem Stuhl auf. „Nicht reden.. mit Buffy. Ich meine..
lassen Sie es mich ausrichten.“ Innerlich seufzte Willow über sich - spätestens
jetzt musste Giles ja wissen, dass es einen Grund gab, weswegen sie hier mit
ihm dieses Gespräch führte. Das war sicher nicht gerade im Sinne von Buffy.
„Ich weiß ja nicht genau was hier vor sich geht, aber ich rede mit Buffy lieber
selbst und wegen deinem Problem... vielleicht haben wir bald erste Antworten
darauf. Sobald Lily an die Papiere ihres Vaters herankommt. Lily sucht hier
in Amerika nach einem Schließfach,“ erklärte er Willow, der er bislang noch
nichts davon erzählt hatte, um keine falschen Hoffnungen zu wecken. „In ihm
sollen alte Dokumente über die Entstehung des Rates im Zusammenhang mit Hüterinnen
liegen. Lily ist deshalb nach L.A. gereist. Sie hat einen neuen Hinweis, dem
sie nachgehen möchte.“
„Ich bin mir nicht so sicher, ob das die Lösung aller Probleme sein wird,
Giles.“ Gab Willow vorsichtig zu bedenken. „Es ist mehr eine,“ sie klopfte
auf ihre Brust. „Herzsache.“ Ein Buch würde nicht immer alle Antworten liefern,
dacht Willow sarkastisch. „Ich hätte eine Idee... falls Lily nichts erreicht,
könnte ich noch immer.. nun ich könnte D’Hoffryn herbeirufen. Er ist sehr
alt.. er weiß sehr viel... vielleicht weiß er auch darüber etwas. Er hat..
nun schon einmal eine Andeutung gemacht,“ sie erinnerte sich nicht gerne an
das, was D’Hoffryn ihr in diesem Cafe erzählt hatte oder was sie in der Kuppel
gefühlt und gesehen hatte, als D’Hoffryn sie für sich gewinnen wollte. Aber
wenn es der einzige Weg war, um mehr herauszufinden, dann musste sie es auf
sich nehmen. “Möglicherweise ist er bereit zu helfen.“
„Willow.. er ist ein Dämon. Er verfolgt andere Ziele als wir. Wieso sollte
er uns helfen?“
„Es wäre einen Versuch wert,“ sagte Willow etwas selbstsicherer als noch zuvor
und Giles bekam langsam das Gefühl, dass sich Willow darüber schon länger
Gedanken gemacht hatte und dies auch brauchte, um sich an etwas festhalten
zu können. Er nickte, wenn auch nur zögernd und versuchte mit einem aufmunternden
Lächeln seine Skepsis zu verbergen.
Irgendwo, selbe Nacht
“Sie macht
mit uns was sie will,“ schimpfte Weatherby aufgebracht und lief an der Gestalt
in der langen dunklen Kutte vorbei, die mit der Holzmaske und der Kapuze über
den Kopf reglos dastand. „Samielle hat wohl vergessen, wem sie es verdankt
hier zu sein. Sie könnte wenigstens einmal pünktlich sein.“
Ehe Weatherby weiter über Samielle schimpfen
konnte, ging die Tür auf und die
erwartete Frau trat in ihrer menschlichen Gestalt in die alte Scheune. Ihr
langes Haar wehte hinter ihr und legte sich sanft auf ihre Schultern nieder,
als sie die Tür wieder schloss. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen trat
sie auf die beiden Personen zu. Stolz hob sie ihren Kopf und bedachte Weatherby
mit einem scharfen verächtlichen Blick.
„Ihr wolltet mich sprechen?“ Sie sah von
Weatherby zum Maskenträger. Die Gestalt nickte und sah dann zu Weatherby, der
das Wort übernahm.
„Uns würde dein Plan interessieren. Alles geht
schief. Du hast bis jetzt nicht einen einzigen Freund der Jägerin soweit
abgelenkt, dass wir unseren Plan hätten umsetzen können.“
„Nun, es fällt mir schwer etwas vorauszuplanen.
So lange ich die geweihten Pfeile nicht verwenden darf, wird es schwierig
für mich werden. Aber ich habe zwei der Jägerinnen heute auf einem Schiff
gesehen, auf dem ein seelenloses
Wesen haust. Sie wissen noch nicht, dass so etwas dort existiert. Wenn ich
es beeinflussen könnte, könnte sich daraus ein Problem für die Personen ergeben,
die ihr euch vom Hals schaffen möchtet.“
Der Maskenträger schüttelte den Kopf und mit durch die Maske leicht hohl klingenden
Stimme, gab er den neuen Plan bekannt. „Es gibt eine Änderung. Etwas ist wichtiger
geworden. Weatherby?“
„Wichtiger?“, kam ihm Samielle überrascht zuvor.
„Wenn sich das Wesen die Seelen der Jägerinnen holen würde...“
„Du hast gehört, dass es wichtigeres gibt,“
unterbrach Weatherby die Frau schneidend, die ihn daraufhin ruhig, aber scharf
und lange anstarrte. „Wir brauchen etwas von der Jägerin und ihren Freunden.
Ein paar Münzen. Wir haben keine Möglichkeit, um selbst an sie ran zu kommen.
Wir brauchen deine Fähigkeiten. Du sollst uns die Münzen beschaffen.“
3. AKT
Wächterhaus,
am nächsten Morgen
"Gut,
vielen Dank, Kieran, ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen. Schicken Sie die Mädchen
sofort los. Das Letzte, was wir brauchen, ist eine Jägerin in den Fängen dieser
Halsabschneider – oh ja, das Buch kam gut bei uns an. Auch dafür vielen
Dank..."
Als Buffy mit Dawn den
Konferenzraum betrat, sahen sie beide Giles an einem der kleineren Tische an
der Fensterreihe sitzen, neben ihm noch
das Telefon und vor ihm aufgetürmte Bücherstapel, während er selbst sich
gerade eine Notiz zu machen schien. Er sah kurz unerfreut über die Störung auf,
doch als er die beiden jungen Frauen erkannte, deren Lebensweg er nun schon
seit so vielen Jahren begleitete, schlich sich auf sein müdes Gesicht ein
kleines, freudiges Lächeln.
Auch wenn diese Zeit nicht immer
schön gewesen war und sie viele Schwierigkeiten zu meistern hatten, erfüllte
ihn Buffys Anblick noch immer mit Stolz – sie hatte überlebt, sie war erwachsen
geworden und meisterte ihre Lebenssituationen. Und Dawn – nun, sie war zu einem
selbstbewussten jungen Menschen geworden und das war sicher auch ein großer
Verdienst von Buffy. Natürlich wusste Giles, dass Buffy im Moment dies alles
anders sah und gerade jetzt, wo sich wieder neue Möglichkeiten offenbarten, im
Glauben lebte, zu nichts zu taugen. Sie musste nicht mit ihm darüber sprechen,
er spürte so etwas einfach. Vielleicht wurde es einmal wieder Zeit dafür, dass
er von sich aus auf Buffy zuging, ihr Mut zusprach und sagte wie großartig sie
alles bewerkstelligte. Aber wahrscheinlich würde sie ihm nach den vergangenen
Geschehnissen überhaupt nicht zuhören wollen. Und für einen kurzen, schwachen
Moment dachte er darüber nach, dass ihm hin und wieder eine solche Bestätigung
auch gut tun würde, verdrängte aber den Gedanken, als die beiden ihm einen
Guten Morgen wünschten.
„Guten Morgen,“ erwiderte er
etwas mit belegter Stimme, die seine Müdigkeit bezeugte und schob die Notizen von
sich.
„Ich
schätze, Sie haben sich gestern Nacht keinen gemütlichen Abend gemacht?“ Dawn
wies auf den Tisch. Giles schüttelte den Kopf und schob die Brille auf die
Nase.
„Haben Sie schon etwas herausgefunden, das uns
weiterhelfen könnte?“ Buffy zog einen Stuhl heran und setzte sich.
„Nicht direkt, aber hier.. wo habe ich es nur,“
murmelte Giles und schob einen Buchstapel zur Seite, der gefährlich wankte, zog
zwei Zeitschriften beiseite und entdeckte das Buch schließlich darunter. „Hier.
Hier drinnen wird von einigen Legenden berichtet, die es um den Erie-See gibt.
Unter anderem wurde am 3. Juli 1817 von einer Mannschaft eines
Schoners fünf Kilometer von der Küste entfernt, eine Seeschlange von etwa 10-12
Metern Länge und einem Durchmesser von 30 Zentimetern gesehen. Sie soll
dunkelbraun, fast schwarz gewesen sein. Allerdings konnten sich die Matrosen
nicht darauf einigen, ob das Wesen Schuppen hatte oder nicht. 1819 wurde das
„Tier“ noch einmal gesehen. Diesmal wurde es als kupferfarben mit leuchtenden
Augen und einer Länge von fast 18 Metern beschrieben. Eine Reaktion auf
Schüsse, die man auf das Wesen feuerte, blieb aus.“ Giles lächelte schwach.
„Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, dass dieses Wesen einer der unzähligen
Wasserdämonen sein könnte. Zwar harmlos...“
„Wie Nessi?“, grinste Dawn.
„Das ist etwas anderes...“
„Ich glaube du verletzt mit diesem Vergleich
Giles Nationalstolz.“
„Es ist doch nur ein harmloser Wasserdämon,“
scherzte Dawn weiter.
Giles
bedachte die beiden Mädchen mit einem langen, strafenden Blick, der sie verstummen
ließ. „Also zurück zu unserem Geisterschiff.
Es existiert ein Gedicht über einen Steuermann auf einem Ausflugsboot, der
die Passagiere bei einem Feuerausbruch an Bord gerettet hatte, aber selbst
dabei ums Leben kam. Es gibt eine Stelle, die etwas ungenaue Angaben über
den Verbleib seiner Leiche macht,“ Giles räusperte sich, eher er die Stelle
vorlas. „’Das
Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. Gerettet alle. Nur e i n e r fehlt!’
und etwas weiter unten wird von seiner Beerdigung gesprochen. Wenn wir davon
ausgehen, dass sich das Gedicht um eine heldenhafte Legende rankt, besteht
die Möglichkeit, dass dieser Steuermann mit dem Boot untergegangen ist.“
„Und jetzt ein Geisterschiff fährt?“, überlegte
Buffy laut und amüsiert. „Ich weiß ja nicht, aber sie hatten früher bessere
Theorien auf Lager.“
“Falls es ein Geisterschiff im engeren Sinn ist.
Es könnte auch wahrscheinlich sein, dass ein ruheloser Geist auf einem alten
Boot herumwandert und Fischer anlockt, um Gesellschaft zu haben,“ Giles
schüttelte den Kopf und lächelte verlegen. „Du hast recht... die Theorien sind
uhm.. gewagt? Trotzdem müssen wir alle Fakten sammeln und abgleichen.
Vielleicht spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass Cleveland 1796
an der Mündung des Cuyahoga River in den Erie-See gegründet wurde, und zwar
genau an der Stelle einer alten indianischen Siedlung. Das könnte unter
Umständen wichtig sein... es wäre nichts neues, dass an Orten, die über alten
Siedlungen oder Friedhöfen erbaut wurden, merkwürdige Dinge geschehen.“
„Reicht
die knappe Erklärung nicht aus, dass Cleveland auf dem Höllenschlund liegt?“
Buffy klang hoffnungsvoll. Ihr schwante nämlich nichts Gutes. Wenn Giles die
ganze Nacht über recherchiert hatte, würde er sie mit Informationen füttern,
ob sie wollten oder nicht.
„Natürlich wäre das die einfachste Begründung,
auch wenn wir über den hiesigen Höllenschlund nichts wissen. Zudem wüssten wir
dann noch immer nicht, mit was wir es zu tun haben.“ Giles zog seinen
Notizblock heran. „Geisterschiff, ruheloser Geist, Seemonster...“
„Wartet mal,“ unterbrach Dawn Giles
Ausführungen. „Ich erinnere mich da an eine Geschichte... kurz vor Halloween.
Ich war mit Sam und den anderen auf einem Boot, um mir die Stadt von der See
aus anzusehen. Toller Ausblick,“ schwärmte Dawn, ehe sie wieder zum Thema kam.
„Jedenfalls haben sie mir etwas von einem Monster erzählt. Vielleicht handelt
es sich dabei ja um diese Seeschlange. Ich frage später am besten in der Schule
noch einmal einen der drei.“
Giles nickte zustimmend. „Tu das, auch wenn ich
fast befürchte, dass eine Seeschlange nichts mit unserem Boot zu tun hat.“
„Oder das alles hat zusammen doch etwas
miteinander zu tun,“ überlegte Buffy. „Nur fehlt uns noch der Zusammenhang.“
„Oder es hat gar nichts mit all
dem zu tun und wir befinden uns auf der falschen Spur,“ lächelte Giles
entmutigt und stand auf. „Ich brauche jetzt erst einmal einen Tee. Möchte
jemand von euch auch einen?“
Barker Cooperation, morgens
Die Akten
auf dem kleinen Schreibtisch hatten sich dekorativ zu einem kleinen Abbild
des Barker Cooperation Buildings gemausert, stellte Xander fest, nachdem er,
wieder mal ein wenig zu spät und abgehetzt, in sein Büro gestürmt kam.
Nun ja, heute war ein guter Tag zum … Arbeiten…
dachte er vor sich hin pfeifend und lenkte augenblicklich seine Aufmerksamkeit
von dem Stapel Dokumente auf die phänomenale Aussicht der Skyline Clevelands,
die ihm sein Fenster zeigte. Kaum hatte er sich gesetzt dröhnte auch schon
seine Sprechanlage und eine der vielen Bürodamen seiner Etage erklärte ihm mit
quäkender Stimme, das Ms. Cronenberg für ihn auf Leitung 3 sei.
„Guten Morgen Xander,“ kam sie ohne Umschweife
zur Sache. Der junge Mann wunderte sich ein wenig, dass sie ihn nicht dafür
tadelte wieder einmal ein paar Minuten zu spät gekommen zu sein, verscheuchte
den Gedanken dann aber wieder und konzentrierte sich auf seine Chefin, die ihn
nun darüber informierte, dass ein Meeting verschoben wurde und nun ein paar
Tage später stattfinden sollte.
Ha, das war im Prinzip seine Rettung, denn so hatte er endlich Zeit genug sich
durch den Berg Akten zu wühlen, von denen einige mit großen roten Buchstaben
den Vermerk ‚dringend’ hatten und sicher schon einige Tage auf seinem Tisch
lungerten.
Eine halbe Stunde später sah sein Berg unbearbeiteter Unterlagen noch genauso
aus wie zu Anfang und der Stapel in der fertigen Ablage hatte grade mal vier
dünne Mappen aufzuweisen, stellte er resigniert fest und starrte wieder aus dem
Fenster. So ein Meeting wäre vielleicht doch nicht schlecht gewesen, da gab es
Kaffee und außerdem … Kaffee, gute Idee … Koffein war das Richtige seine
Hirnzellen auf Touren zu bringen.
Entschlossen drückte er auf einen der Knöpfe
seiner Sprechanlage, wartete auf die Rückmeldung und bat freundlich um eine
Tasse des legalen Aufputschmittels. Keine Minute später tauchte auch schon eine
der unzähligen jungen Damen auf, deren Namen Xander sich nie merken konnte,
stellte ihm das Gewünschte auf den Schreibtisch, nahm mit hochgezogener Braue
auf ihn blickend die wenigen fertigen Dokumente mit und schloss die Tür hinter
sich.
Ein Rauschen seiner Sprechanlage zeigte ihm, das
er vergessen hatte den Schalter wieder auf 'aus' zu drücken. Er wollte schnell
den entsprechenden Knopf drücken, als er hörte wie sich die junge Frau wieder
an ihren Tisch setzte und dabei mit ihrer Nachbarin anfing zu tuscheln:
„Also, du bist sicher, dass es ein
Glasauge ist? Sieht ja wirklich echt aus, würde mich interessieren was Eve an
ihm findet. Immerhin gehörte er ja nicht zum Team als sie ihn eingestellt hat,
außerdem ist er noch sehr jung.“
„Na was meinst du denn? Sie ist scharf auf ihn,
das sieht doch ein Blinder mit einem Glasauge.“
Gekicher folgte, während Xanders Gesicht eine
leichte Röte überzog und er dem Wunsch widerstand die Anlage einfach
auszuschalten.
„Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.“
Prustete es flüsternd weiter, unterbrochen von dem leisen Hämmern von Fingern
auf einer Tastatur.
Blöde
Puten, schoss es ihm durch den Kopf und er wollte wieder die Leitung kappen,
als es schon weiter flüsterte.
„Mir ist ein Rätsel was sie an
ihm findet. Man merkt doch dass er keine Erfahrung hat, aber ständig hilft sie
ihm aus der Patsche. Jetzt hat sie sogar das Meeting abgesagt damit er endlich
mal mit seinen Unterlagen hinterher kommt.“ Gekicher rauschte durch die Anlage
und bevor Xander seinem Unmut Luft machen konnte, ging es auch schon weiter.
„Vielleicht hat er andere ‚Qualitäten,“ raunte es und das Rauschen der
Sprechanlage verstärkte sich ein wenig, da die Damen die Stimmen senkten. „Dazu
hab ich einen Witz: In der Hochzeitsnacht legt der Bräutigam sein Gebiss auf
den Nachtisch, dazu seine Perücke und sein Glasauge. Als er sich sein Bein
abschnallen will, rennt die Braut raus und will fliehen. Im Treppenhaus ruft
ihr der Bräutigam hinterher: ‚He bleib stehen und erfüll deine Pflichten’ Kommt
die Antwort zurück: ‚Dann nimm ihn ab und werfe ihn herunter’“
Mit einem Druck seines Fingers beendete Xander seinen Lauschposten und lehnte
sich ein wenig gedemütigt in seinem Sessel zurück. Es war ihm klar, dass über
ihn geredet wurde, aber das war gemein und widerlich und … na ja, er war auch
nicht besser gewesen, wenn er da so an seine Zoten dachte, die er mit seinen
Kollegen auf der Baustelle so losgelassen hatte. Trotzdem grollte er weiter,
verfluchte innerlich sein fehlendes Auge, Caleb, sämtliche Dämonen und am Ende
war er sogar sauer auf Eve, die ihn ganz offensichtlich auch noch so
bevorzugte, dass es den Kichererbsen da draußen auffiel. Na, denen würde er es
zeigen…
20 Akten später und nach weiteren drei Tassen Kaffee … es war ihm eine
Genugtuung das Fräulein immer wieder aufzuscheuchen … begab er sich zu den
Toiletten. Auf dem Gang dorthin stand der Kopierer ihrer Etage.
Vorsichtig blickte er sich um,
damit ihn auch niemand beobachtete, stellte das Programm auf 99 Kopien, 50%
verkleinern und Din A5, verlangte, nachdem er wieder in seinem kleinen Büro
war, eine neue Tasse Kaffee und drückte der falsch grinsenden kleinen
Sekretärin ein eigentlich unbedeutendes Verzeichnis in die Hand.
„Ach, machen sie mir doch bitte
eine Kopie davon.“ Bat er übertrieben freundlich, verschränkte seine Finger und
wartete hinter der verschlossenen Tür auf den spitzen Schrei, der auch
unmittelbar kurz darauf folgte um sich dann zufrieden wieder an die Arbeit zu
machen.
Wächterhaus, selbe Zeit
Küche hinter dem Konferenzraum
Giles stand in der kleinen Küche
des Konferenzraumes und überbrühte drei Teebeutel, als er hinter sich Schritte
hörte. Er musste sich nicht erst herumdrehen, um zu wissen, dass es Buffy
war.
Sie stand unentschlossen im Türrahmen und
starrte Giles Rücken an, ehe sie sich vergewisserte, dass Dawn mit ein paar
Büchern beschäftigt war und sie nicht hören konnte. Erst dann trat sie ein und
ließ den Vorhang, der als Tür diente zurückfallen. Buffy wusste nicht genau wie
sie das Gespräch beginnen sollte, zudem Willow sie gedrängt hatte und das sie
im Nachhinein wirklich für notwendig hielt.
„Buffy?
Kann ich dir irgendwie helfen?“
Giles Worte kamen so unerwartet
gelegen, dass Buffy erleichtert seufzte und etwas mutiger neben ihn an die
Küchenzeile trat. „Nicht wirklich, Giles. Aber ich .. ich muss Sie etwas fragen.“
Als sie nicht weitersprach, hielt Giles ihr eine
Tasse entgegen, die sie ergriff, aber ihr fehlten noch immer die richtigen
Worte. Wenigstens waren jetzt ihre Hände beschäftigt.
„Frag ruhig,“ ermutigte sie Giles und griff nach
den beiden anderen Tassen.
„Ich habe von Faith gehört, dass Sie und Lily
sich über die Prüfung... also DIE Prüfung unterhalten haben und...“
„Ich verstehe,“ sagte Giles sanft. „Du machst
dir darüber Sorgen?“
Buffy nickte ernst und sah zur Seite. Sie wusste
nicht wieso sie in diesem Moment nicht den Mut hatte in Giles Gesicht zu blicken.
„Aber die musst du dir nicht machen, Buffy.
Willow hat gestern, nachdem ihr gegangen seid, mit mir ein Gespräch gesucht.
Sie erwähnte bereits deine Sorgen.“
Giles stellte seine Tasse zur Seite, legte sanft
seine Hand auf Buffys Schulter und fuhr sanft, aber ernst fort. „Buffy!“
Ihr fiel es schwer zu ihm aufzusehen ohne an all
die Differenzen der letzten Wochen und Monate zurück zudenken, aber im Moment
war es fast so, als wäre nie etwas passiert, als würden sie noch immer das
unbefleckte, freundschaftliche Verhältnis haben, dass zwischen Vater und
Tochter bestehen mochte – und alles nur weil Giles Geste so vertraut beruhigend
war. „Du weißt selbst am besten, was uns beide mit dieser Prüfung verbindet.
Zerstörtes Vertrauen, Enttäuschungen, Verlust... für beide von uns. Ich werde
alles dafür tun, um die anderen Wächter davon zu überzeugen, dass wir eine
Prüfung nicht mehr brauchen werden. Nicht nachdem, was wir von der letzten
Hüterin erfahren haben oder du von den Schattenmännern. Wenn wir Wächter nichts
anderes sind, als eine Vereinigung von besserwisserischen Schwächlingen, die
ihre Jägerinnen mit solchen verachtenden Methoden einschüchtern müssen, um sie
zu unterdrücken und um sie besser kontrollieren zu können, dann sollte es einen
Rat in dieser Form am besten nicht mehr geben.“ Er ließ Buffys Schulter los und
nahm die Tassen wieder auf.
Für
einem Moment sahen sich die beiden an und es schien, als würden sie tatsächlich
verstehen, um was es dem jeweils anderen bei diesem Thema ging, doch als draußen
Willows Stimme ertönte, war der Augenblick so schnell vorüber, wie er gekommen
war.
Giles senkte seinen Blick, räusperte sich verlegen
und ging nach draußen.
Buffy blieb noch einen Moment und starrte den
sich bewegenden Vorhang an. Giles Worte hatten so gut getan und sie klangen
auch so plausibel, aber Giles alleine würde sicher nichts ausrichten können,
wenn Leute wie Lily offensichtlich dafür waren. Und im Grunde hatte das
Gespräch eben nichts gebracht, genau so wie sie es Willow vorhergesagt hatte.
Giles hatte nur versucht mit seiner ruhigen Art das Thema zu den Akten zu
legen. Sie hatte nicht die leiseste Chance gehabt auf Lily zu sprechen zu
kommen. Ein finsterer Ausdruck schlich sich kurz auf das Gesicht der Jägerin,
ehe sie versuchte zu lächeln, als sie Giles folgte.
Ratsgebäude, Konferenzraum, eine Sekunde später
“...und das Kratzen war so deutlich zu hören, dass
ich wirklich glaubte, der Einbrecher steht gleich neben mir,“ Willow wirkte
nervös und aufgebracht. Buffy vergaß sofort ihre noch immer existierenden
Schwierigkeiten mit Giles und eilte zu ihrer Freundin.
„Was ist denn passiert?“
„Jemand wollte bei Willow
einbrechen,“ kam Dawn der Hexe zuvor.
„In ein Studentenzimmer?“ Buffy
sah ihre Freundin irritiert an.
„Oh, je nachdem wer der Einbrecher war.. ich
habe vieles, was für jemanden interessant sein könnte. Zauberbücher, seltene
Zutaten...“
„Und hast du gesehen wer es war?“ Fragte Giles
besorgt.
„Nein,
leider nicht. Ich war so aufgeschreckt, aber ich hatte noch so viel Verstand
sofort einen Schutzzauber um mein Zimmer zu legen. Allerdings...,“ kam sie
den enttäuschten Gesichtern ihrer Freunde zuvor, „weiß ich, was der Dieb gesucht
hat. Dank ein wenig angewandter Magie. Er war hinter den Münzen her, die D’Hoffryn
verloren oder mit Absicht hier gelassen hatte. Ihr wisst schon? Die, mit denen
er mich möglicherweise in der Kuppel gefangen gehalten hatte?“ Alle nickten
kurz und Willow fuhr fort. „Oh und dann war da diese Krähe, die ich von meinem
Fensterbrett verscheuchen musste. Sie hat mir irgendwie Angst gemacht,“ gab
Willow kleinlaut zu.
„Merkwürdig,“ überlegte Buffy. „Irgendwie passen
die Vorkommnisse alle nicht so zusammen. Ein Geisterschiff auf dem See, eine durchgeknallte
Jägerin in LA, Giles hat etwas über Monster herausgefunden,
die im See leben und wohl Dämonen sind, bei dir will jemand die Münzen
klauen...“
„Ja ich weiß, alles sehr verwirrend,“ und damit
bezog sich Willow auch auf Buffys Worte. Welche Monster im See?
Doch bevor sie ihre Frage laut aussprechen konnte schrillte das Telefon. Giles runzelte die Stirn, als er den Hörer vom Tisch nahm und sich meldete. "Ah, Mr. Baldwin. Wie schön, dass Sie auch noch am Leben sind, wir haben bereits daran gezweifelt. -- Nein, vielen Dank. Wir haben bereits zwölf Jägerinnen von zuverlässigen Wächtern, die sich der Sache annehmen. Schönen Tag noch!" Er knallte das Telefon geradezu auf die Aufladestation zurück und seufzte.
"Zwölf Jägerinnen?" fragte Willow und zog
die Augenbrauen hoch.
"Sie hätten ruhig vierzehn draus machen
können," grinste Buffy.
"Um auf den See zurückzukommen," nahm
Willow das Gespräch wieder auf. "Ich habe vielleicht noch
etwas, das uns wirklich weiterhilft. Ich habe heute Morgen ein wenig im Netz
herumgespielt und mich dabei zufällig in die Polizeiakten Clevelands gehackt –
es gibt zahlreiche Vermisstenanzeigen, die nach hiesigen Fischern suchen, die
von der Arbeit nicht mehr zurückkamen. Ungefähr jedes halbes Jahr verschwinden
ein paar auf offener See. Nicht ihre Boote. Die findet man immer wieder. Nur
nicht ihre Leichen. Die Polizei scheint vor einem Rätsel zu stehen. Bis auf
einen Fall, da wurde der Besitzer tatsächlich von seinem Partner ermordet.“
„Das
klingt nach einer Spur,“ bestätigte Giles. „Buffy, du solltest vielleicht
sofort mit Faith zu dem Geisterschiff aufbrechen.“
„Hörte ich da gerade meinen Namen?“ Faith kam
durch die Hintertüre herein und warf sich das Handtuch über die Schulter, mit
dem sie sich gerade noch das rote, feuchte Gesicht abgewischt hatte. Draußen
war es zwar eiskalt geworden, aber Robin verstand es noch immer ihr und den
anderen beiden beim morgendlichen Joggen einzuheizen.
„Ich kann nicht,“ sagte Buffy langsam.
„Ich,... i-ich habe ein
Vorstellungsgespräch.“, sie sah dabei Giles nicht an.
„Das ist großartig, Buffy“, sagte Giles mit
ehrlicher Freude, doch da er nicht weiter darauf einging und sich gleich an
Faith wandte, zeigte Buffy deutlich, dass er noch immer nicht wirklich
verstand, wieso sie sein Angebot nicht annahm. „Dann musst du alleine gehen,
oder du nimmst dir Ronah oder Vi mit.“
„Die beiden
unterziehen sich einem Spezialtraining von Robin,“ grinste Faith.
„Und ich habe gleich eine wichtige Vorlesung,“
baute Willow vor. „Und ich schätze Xander ist schon bei der Arbeit.“
„Ich könnte mitgehen?“ Bot sich Dawn an und
verfluchte sich in Gedanken dafür, dass sie noch immer nicht den Mut hatte,
ihren Freunden zu sagen, was sie war. Sicher würde Buffy und Giles gleich davon
anfangen, dass sie keine Jägerin war und keine besonderen Kräfte besaß...
„Du hast unterricht,“ ermahnte Buffy. „Zudem ist
das Schiff ne Jägerin-Sache.“
„Genau,“ bekräftigte Faith. „Ich schaffe das
schon alleine.“
Dawn verzog das Gesicht, aber da sie Giles
versprochen hatte mit Mara, Sam und Josh über die Legende mit dem Monster zu
reden, ließ sie sich auf keine Diskussion ein, schnappte ihre Schultasche und
trottete den anderen nach.
Universität,
Mittag
Willows Zimmer
„Komm rein,“ Willow schloss ihre
Tür hinter Buffy und wies mit der freien Hand zum rechten Fenster. „Wenn du
nachsehen möchtest.. dort saß die Krähe...Und? Wie war dein Vorstellungsgespräch?“
Buffy ließ ihre Tasche auf den Boden gleiten und ging zu dem gezeigten Fenster.
Dabei zuckte sie mit ihren Schultern. „Nicht so toll. Sagen wir so... beide
Seiten waren sich darüber im Klaren, dass wir nicht zueinander passten.“
„Wo hattest du dich eigentlich beworben?“ Einmal mehr wurde Willow bewusst,
wie wenig sie und Buffy in den letzten Wochen miteinander geredet hatten.
Sie wusste nicht wo sich Buffy beworben hatte, noch hatte sie eine Ahnung
davon, wofür Buffy sich genau interessierte.
So gesehen, waren die Vorwürfe, die ihr Kennedy vor Wochen gemacht hatte,
ein reiner Witz gewesen. Sie schien noch weniger Zeit mit ihrer besten Freundin
zu verbringen als mit der Frau, die sie liebte. Eigentlich hatte sie nur mehr
mit Buffy zu tun, wenn sie über „das Geschäft“ redeten.
Willow
erschrak für einen Moment, als ihr bewusst wurde, wie sarkastisch das Wort
„beste“ in ihrem Kopf wiederhallte. Das war erschreckend. Aber vielleicht
etwas, dass einfach eines Tages passieren musste. Sie hatten sich irgendwie
auseinandergelebt. Willow hatte in letzter Zeit nie das Bedürfnis verspürt,
sich mit Buffy über die Geschehnisse in ihrem Privatleben zu unterhalten.
Es war einfach alles soviel anders als früher, als sie noch beide im selben
Zimmer oder Haus wohnten.
„Ein kleiner, lokaler Fernsehsender.“, Buffy riss Willow aus ihren Gedanken.
„Sie suchten jemanden für ihre hauseigenen Stunts. Aber hey.. schau mich an..
wer würde bei meinem Anblick glauben, dass ich es mit jedem zwei Meter Kerl
aufnehmen könnte? Sie wollten nicht einmal eine Demonstration meines Könnens.
Und ich konnte ja schlecht in die Bewerbung Vampirjägerin schreiben. Aber
sie sahen mich in so einem kurzen Rock,“ Buffy hielt ihre Hand knapp über
ihre Knie. „Vor ihrer Wetterkarte.“ Buffy klang verbittert.
Willow grinste. „Ich verstehe.“
„Cleveland ist so groß und bietet doch so wenige Möglichkeiten für mich,“
seufzte Buffy und sah Willow kurz in die Augen. „Nicht einmal als Jägerin.
Überall nachts trifft man entweder auf Kennedy, Faith, Vi...und ich als ‚die’
Jägerin bin genauso ein 08/15 Verschnitt geworden, wie ein Massenprodukt von
der Stange..“
„Hast du dir noch immer nicht klar gemacht, dass du es akzeptieren musst?
Du hattest dich schließlich für diese Folgen entschieden...“, antwortete Willow,
und ließ dass ganze offen im Raum stehen. Buffy wusste für diesen Moment nicht,
was genau sie antworten sollte.
„Aber um aufs vorige Thema zurück zu kommen...du könntest noch immer Giles
Angebot annehmen...“
Buffy
fand ihre Worte wieder, hob abwehrend die Hand und Willow verstummte. „Du
weißt, ich kann dass Angebot nicht annehmen. Nicht nachdem was war. Und nicht
nur wegen den Dingen, die ich dir erzählt habe. Denk doch nur an die Sache
mit Spike. Das war das zweite Mal, dass er bereit gewesen war, einen Freund
von mir zu opfern. Er ist nicht gerade meine favorisierte Anlaufstelle für
Probleme.“
Willow schluckte hart und wusste nicht so recht, ob sie sich auf das Gespräch
einlassen sollte. Buffy klang sehr verbittert und eigentlich hatten sie schon
über einen großen Teil von Buffys Probleme erst letztens gesprochen. Aber
schließlich siegte ihr Bewusstsein darüber, dass ihre Freundin ungerechte
Vergleiche zog und selbst wenn die angesprochenen Ereignisse eine Ewigkeit
her waren, konnte sie Buffys Aussage so nicht stehen lassen.
„Aber du kannst doch Spike nicht mit Dawn gleichsetzten. Dawn war unschuldig.
Sie konnte nichts für ihr übernatürliches Wesen und sie ist – deine Schwester.
Da hattest du schon recht, dass du Giles in seine Schranken verwiest. Aber,
aber Spike.. nun ja auch mit Chip oder ohne Chip... es war nicht leicht ihm
zu vertrauen.“
„Das musst du mir nicht sagen...“
„Offensichtlich schon, wenn du noch immer nicht verstehst, wieso Giles so
gehandelt hat, wie er es eben getan hatte.“
„Es war Spike, der uns alle gerettet hat. Das sollte niemand so schnell vergessen.
Er hat sich geopfert, damit wir entkommen konnten und das Urböse mit seinen
Übervampiren nicht die Herrschaft über die Welt bekam. Hätte ich zugelassen,
dass Giles aus reinem Misstrauen Spike tötete, wäre die Geschichte vielleicht
nicht so ausgegangen. Du säßt nicht hier und könntest zu ende studieren und
Giles könnte sich nicht ins Rampenlicht mit seinem Rat rücken.“
„Das
sind harte Worte Buffy...,“ begann Willow zaghaft. „Und dabei scheinst du
vergessen zu haben, dass auch Giles bereits die Menschheit und dich und Sunnydale..
alle vor dem Untergang bewahrt hat – vor mir,“ setzte sie flüsternd hinzu.
„Wieso versuchst du nicht einfach mit Giles...,“ doch erneut wurde Willow
von einer raschen Handbewegung von Buffy unterbrochen.
„Ich weiß... aber ich habe mich auf diesen Mann einmal verlassen und ihm dabei
mein Leben anvertraut. Er hat mich einmal zu viel... enttäuscht.“, drückte
Buffy vorsichtig ihre Gefühle aus. „Und nicht nur er.“ Sie sah dabei Willow
nicht an, sondern konzentrierte sich auf die Untersuchung des anderen Fensters.
„Ich verstehe genau, was du meinst, aber ich denke wir haben damals alle richtig
gehandelt,“ Willow ließ sich auf ihr Bett sinken und beobachtete Buffy. „Wir
haben dir genauso alle unser Leben anvertraut, und glücklicherweise ist dass
alles noch gut gegangen...bei Giles war es eben anders, ...“, fügte sie flüsternd
hinzu. Egal was sie sagen würde, ihre Worte würden nicht mehr soviel zählen
wie früher, als beide sich noch blind vertrauten.
„Wenn ich das nicht wüsste, wäre ich damals nicht aus dem Haus gegangen oder
ich wäre erst gar nicht hier her nach Cleveland gekommen.“, fiel ihr Buffy
ins Wort. „Aber es kann mir niemand übel nehmen, dass ich auf das eine oder
andere aus der Vergangenheit schlecht zu sprechen bin. Du nimmst Giles wohl
nur in Schutz, weil er dir geholfen hat. Der große starke Wächter. Wer weiß,
ob dass damals mit dir nicht genauso zu ende gegangen wäre, Xander hätte dich
dennoch zu Vernunft bringen können,...“ Buffy drehte sich zu ihrer Freundin
herum, und sah ihr durchdringend in die Augen.
Willow zog skeptisch die Augenbrauen in die Höhe. „Willst du einen guten Rat,
einer sehr guten Freundin hören?“ Buffy nickte. „Beginne damit, alles zu vergessen
oder zu vergeben, bevor andere Menschen, die dir nahe stehen anfangen, dich
für deine Fehler verantwortlich zu machen.“
Buffys Stirn zog sich in Falten, aber da sie wieder nicht wusste was sie Willow
erwidern sollte, holte sie tief Luft, ging zur Tür und sagte kühl: „Ich schau
mich mal auf dem Flur um.“
Highschool, zur selben Zeit
„Hey
Josh... warte mal,“ Dawn lief dem Jungen aus ihrer vierer Clique eilig hinterher,
der ganz ungewohnt nicht an der Seite von Mara oder Sam anzutreffen war. Er
schien Dawn gehört zu haben und drehte sich herum.
„Hey Dawn. Was liegt an?“ Ein breites Lächeln
zeichnete sich auf seinen Lippen ab.
„Wo sind die anderen?“, fragte Dawn stattdessen
und sah sich überrascht um.
„Sam hat nen’Arzttermin und Mara ist im
Sportunterricht.. solltest du da nicht auch sein?“
„Verdammt!“, Dawn sah auf ihre Uhr. „Ganz
recht... ich hab völlig die Zeit vergessen, weil ich nach euch gesucht habe
...“, die ganze Mittagspause war drauf gegangen. Es war ein Jammer, wenn man
nicht alle Kurse zusammen belegte, dachte Dawn mürrisch.
„Was gibt es denn so wichtiges?“
“Erinnerst du dich noch an unsere Bootsfahrt? Kurz vor diesem furchtbaren
Halloween 2003? Als ihr mir von diesem Monster im Erie-See erzählt habt?“
„Ja, sicher... aber das sind doch nur alberne
Spukgeschichten.“
„Vielleicht,“ lächelte Dawn unsicher. „Aber mich
würde das sehr interessieren, weil ich, nun ehm.. Schulprojekt,“ fiel Dawn
rettend ein. „Ich muss meine Geschichtsnote etwas aufbessern und habe mich für
ein Referat gemeldet.“
„Bei der Cooper? Und da willst du mit alten
Spuckgeschichten anfangen? Lass es lieber.“
„Ist doch meine Note,“ grinste Dawn. „Also was
ist jetzt?“
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es gibt
mehrere Legenden, die sich um den See ranken. Die eine erzählt eben von diesem
Seeungeheuer. Manche bezeichnen es auch als Seeschlange. Aber ich glaube seit
fast 200 Jahren hat keiner mehr davon was gehört oder gesehen. Einige der Alten
in meinem Viertel behaupten, dass lege daran, dass dieses Wesen unterhalb des
Sees eine ruhige Zufluchtsstätte gefunden habe, wo es seine Ruhe vor den
Menschen hat. Einige andere, vor allem Fischerleute, erzählen etwas von einem
Geisterschiff, das von einem seelenlosen Wesen über den See getrieben wird, auf
der Suche nach unschuldigen Menschen, die das Wesen frisst. Offensichtlich hat
sich dieses ‚Monster’ einen mutigen Schifffahrer geschnappt und ihn so etwas
ähnliches wie versklavt. Na ja, irgendein Seemannsgarn eben. Mit etwas müssen
sie ja ihre auf See verschwundenen Leute erklären. Von mehr weiß ich auch
nicht.“
„Ich glaube du hast mir bereits sehr geholfen,“
sagte Dawn ernst, versuchte dann schnell dankbar zu lächeln und sah erneut zur
Uhr. „Wenn ich die Abkürzung über den Hof nehme.. könnte ich es fast noch
schaffen....“
Strand
am Erie-See, selbe Zeit
Langsam ging Faith den Weg entlang, der sie über
den Friedhof Richtung Bootssteg führte, an dem sie mit Buffy das angebliche
Geisterschiff befestigt hatten.
‚Geisterschiff.. paah’, ging es der Jägerin durch
den Kopf, während sie langsam über den Kieselweg des Friedhofs schritt, indem
sie letzte Nacht zuerst mit Ronah und Vi trainiert hatte, und dann auf Buffy
und Emma getroffen waren. Emma... Faith konnte sich ein kurzes Lächeln nicht
verkneifen. Vielleicht machte Buffy das ja nicht mit Absicht, oder es könnte
auch sein, dass es sich einfach durch eine blöde Situation so ergeben hatte..
oder vielleicht hat es Buffy einfach nicht sehen können, wie Faith zwei jüngere
Jägerinnen ausbildet, und sie selbst nicht.
Faith schüttelte kurz den Kopf, um sich die Gedanken wieder aus dem Kopf zu
streichen. Was war eigentlich mit ihr los? Warum wurde sie in Buffys Nähe immer
so schnell aggressiv? Wieso sah sie Aggressoren hinter jeder Aussage von der
blonden Jägerin? Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie dieses Kapitel schon
längst abgehakt hatte.
„Na ja.. egal..“, sagte sie plötzlich laut, nahm Anlauf, sprang über die Mauer
hinweg, und sprintete auf den kleinen Steg zu. Jetzt würde sie dem Gerücht,
dass es sich hier um ein Geisterschiff handelte, endgültig den Todesstoß geben.
Sicherlich war dieser Typ nur auf offener See von etwas angegriffen worden
und.. Faith konnte den Gedanken nicht zu ende spinnen, da sie ihre Sinne auf
etwas viel wichtigeres hinwiesen: Das Boot war verschwunden.
Bis auf den Rest des Seils, das
sie letzte Nacht von einem der anderen Boote gestohlen hatten, um den alten
Kutter festzumachen, war kein Anzeichen mehr zu sehen, dass das Boot überhaupt
hier gewesen war.
„Hmm.. vielleicht sollte ich meine Zweifel doch beiseite legen..“, murmelte
Faith, sah sich noch einmal kurz um, machte dann kehrt, um zu Giles
zurückzukehren.
Universität,
etwas später am Mittag
„Okay, ich hab’ jetzt wirklich alles
untersucht,“ Buffy schloss die Tür und prüfte ein letztes Mal das Schloss. Aber
es funktionierte einwandfrei. „Und ich finde beim besten Willen keine Spuren
eines Einbruches. Du bist dir sicher, dass du das alles nicht nur geträumt
hast?“
„Also Buffy bitte,“ entrüstete
sich Willow gespielt beleidigt. „Ich weiß doch, wann ich schlafe und Reese
Witherspoon auf einer blühenden Wiese in Sonnenlicht getaucht mit einem fast
durchsichtigen Kleid stehen sehe, oder ob ich hochschrecke, alles um mich herum
dunkel ist und ich in meiner Nähe kratzende Geräusche vernehme.“
„Reese Witherspoon?“, fragte Buffy amüsiert und
zog eine Augenbraue in die Höhe, bis Willow ihr ein Kissen an den Kopf warf.
„Ich warne dich.. ein Wort zu Xander oder Kennedy und du bist einen Kopf
kleiner.“
Buffy
lachte und fühlte sich auf einmal unerwartet gelöst. Der kleine Disput vor
ein paar Minuten schien fast vergessen. Auf diese Weise mit ihrer Freundin
herumzualbern wäre vor Monaten noch purer Luxus gewesen, doch jetzt war das
etwas vollkommen anderes und Buffy wusste, was ihr gefehlt hatte. Auch Willow
wirkte für einen Moment gelöst und entspannt, ehe sie wieder besorgt dreinblickte
und zum Fenster sah. „Ich denke ich werde es mit Magie versuchen müssen, um
die Nacht noch einmal heraufzubeschwören.“
„Okay, wenn ich dir irgendwie helfen kann?“
Buffy blickte etwas hilflos um sich und spürte, dass der kurze Moment, der sie
an Zeiten erinnert hatte, die längst vergangen waren, vorüber war. Befangenheit
machte sich zwischen ihnen breit und Buffy bedauerte ihre Worte von vorhin fast
ein wenig.
„Setzt dich einfach auf das Bett und schau mir
zu,“ Willow kramte bereits in ihrem Wandschrank nach den notwendigen Zutaten.
„Es geht eigentlich ganz schnell. Es ist ein reiner Anfängerzauber. Aber wenn
man nicht ganz konzentriert ist, kann es schon sein, dass hinterher alles
irgendwie.. na ja, durcheinander kommt.“
„Durcheinander?“ Buffy rutschte auf Willows Bett
und starte in den Rücken ihrer Freundin.
„Einer von uns könnte in der Vergangenheit
hängen bleiben...“, Willow richtete sich mit einem Arm voller Kerzen, Tütchen,
Schalen und anderem Zauberkram auf.
„Oh... dann bitte ich um Konzentration,“ sagte
Buffy ernst.
„Kein
Problem,“ grinste Willow und setzte sich auf den Boden, während ihr die Zutaten
aus dem Arm kullerten. „Mist...so natürlich nicht“, sie lächelte verlegen
zu Buffy auf und begann dann die Kerzen als ein Kreuz angeordnet aufzustellen.
In jede Ecke des Kreuzes klopfte Willow ein Purpur farbiges Pulver auf den
Boden, entzündete die Kerzen und schloss die Augen. Sie murmelte etwas, das
Buffy nicht verstand, aber auf einmal wurde es um sie herum im Zimmer dunkel,
die Kerzen flackerten unruhig und das Pulver begann Purpur zu leuchten. Als
Willow ihre Augen öffnete, waren die Pupillen geweitet und das Grün in ihren
Augen war schwarz geworden.
Die Hexe griff nach der Schale,
in der sich etwas befand, in das Willow ihre Finger tauchte und damit in die
Luft, über dem Kreuz, Zeichen malte. Wieder folgten Worte und die Dunkelheit
nahm zu. Buffy sah besorgt zum Fenster, aber auch davor war es dunkel geworden.
Die Kerzen flackerten auf einmal in die Höhe, erzeugten an ihrem höchsten Punkt
einen silbernen Blitz, ehe sie mit einem lauten Zischen erloschen. Völlige
Dunkelheit suchte sie beide im Zimmer auf.
Ein Geräusch neben Buffy ließ die Jägerin aufschrecken.
Im Bett hatte sich etwas bewegt. Buffy sprang auf und stieß gegen Willow am
Boden. Offensichtlich hatte der Zauber funktioniert und Buffy sah die
schlafende Willow im Bett. Sie wälzte sich unruhig hin und her, während leise
Geräusche, einem Kratzen ähnlich, Buffys Blick auf das Fenster lenkte. Davor
saß etwas -- Buffy ging näher heran:
eine Krähe, die mit ihrem Schnabel gegen das Fenster schlug? Sie spähte hinaus.
Die Krähe war ganz damit beschäftigt mit ihrem Schnabel das Holz zwischen dem
Schiebefenster und der Bank wegzukratzen. Was hatte sie damit vor? Wollte sie
das Fenster aufhebeln? Blödsinn, schüttelte Buffy über ihre Vorstellung den
Kopf. Das hier war ein harmloses Tier.
Vielleicht durch irgendetwas aufgeschreckt. Aber die Geräusche, die Willow
gehört hatte, waren somit schon einmal geklärt.
Plötzlich wurde es schlagartig wieder Tag und
Buffy war mit Willow alleine im Zimmer. Die Hexe stand vorsichtige vom Boden
auf und schwankte einen Moment. Sie hatte sich aber sofort wieder gefangen, bevor
Buffy zugreifen konnte. „Und... was hast du gesehen?“, fragte die Hexe
neugierig.
„Du hast nichts gesehen?“
„Ich musste mich doch konzentrieren...,“ grinste
Willow schelmisch.
“Ach so ja. Also da war eine Krähe,“ Buffy deutete auf das Fenster. „Sonst
nichts.“
„Sonst nichts?“ Willow sah Buffy bestürzt an.
„Aber ich war mir felsenfest sicher, dass jemand gestern Nacht versucht hatte,
in mein Zimmer zu kommen und ich fühlte mich beobachtet und wie hätte sonst der
Zauber mir zeigen können, was derjenige gesucht hat...“
Buffy war inzwischen zum Fenster gegangen und hatte es geöffnet. Ihr Blick fiel auf eine
zwei Finger breite Rille. „Hm... es mag vielleicht nur ein Vogel gewesen sein,
aber das hier sieht verdammt aggressiv aus.“ Buffy fühlte die Tiefe der Rille
mit ihren Fingern aus. Willow trat neben sie und blickte ebenfalls auf die
Fensterbank.
„Unheimlich. Der Bote des Todes, das Wahrzeichen
der Weisheit wollte bei mir einbrechen?“
„Na ich weiß nicht,“ sagte Buffy zögernd. „Eine
Krähe als Dieb? Vielleicht war das nur ein
Zufall. Ich hätte einen Vorschlag“, die Jägerin machte das Fenster
wieder zu und sah ihre Freundin ernst an. „Du gibst mir zur Sicherheit die
Münzen mit, falls noch einmal jemand hier danach suchen sollte, wird er sie
nicht finden. Ich werde sie bei mir tragen und unter Umständen beschützen.
Und während du deine Arbeiten erledigst, werde ich zu Mo’s Bar rausfahren
und ihm etwas auf den Zahn fühlen. Vielleicht weiß er etwas über unser Geisterschiff
und über – Krähen?“
Als Buffy sich von Willow verabschiedete und kurz
darauf das Wohnheim verließ, flatterte eine Krähe aus dem Baumwipfel einer
Eiche, die vor Willows Fenster wuchs.
Ratsgebäude, Nachmittags
“Und das ist alles was mir Josh
darüber sagen konnte,“ beendete Dawn ihren Bericht. Giles saß auf seinem Stuhl,
die Fingerspitzen gegeneinander gepresst und runzelte die Stirn. „Sie sprechen
alle von einer Legende,“ fügte sie noch hastig hinzu. „Weil natürlich niemand
an Vampire und Monster glaubt. Oder an seelenlose Wesen.“
„Hm,“
Giles nahm die Hände herunter und stand auf. Dawns Informationen über das
seelenlose Wesen deckte sich mit seiner neusten Theorie – das etwas mit dem
Geisterschiff die Seeleute anlockt und dann verschwinden ließ. Die Frage war
nur, was das für ein Wesen war und wieso es so etwas tat. „Ich glaube dein
Freund hat uns sehr weitergeholfen. Ich kenne einige Fälle von seelenlosen
Wesen, die sich von menschlichen Seelen ernähren, um zu überleben. Andere
brauchen Seelen, um menschliche Gestalt annehmen zu können. Es wäre durchaus
möglich, dass wir es hier mit etwas ähnlichem zu tun haben. Es würde erklären,
wieso so viele Seeleute verschwinden. Übrigens war vorhin Faith hier. Das
Boot ist nicht mehr dort, wo sie es gestern Nacht zurückgelassen haben.“ Giles
Gesicht spiegelte seine Sorgen wieder. „Ich glaube nicht, dass dieser Fall
so harmlos ist, wie Faith oder Buffy annehmen.“
„Das habe ich nie behauptet,“
kam es von der Hintertür, in der Faith stand und grinste. Giles zuckte heftig
zusammen und strafte Faith mit einem langen, ernsten Blick.
„Du solltest dir das Klopfen
angewöhnen,“ Giles lächelte schwach und ließ seine Hände in die Hosentaschen
verschwinden.
„Oder mir das Schleichen
abgewöhnen,“ erwiderte Faith lässig. „Ich will heute Nacht noch einmal los und das
Schiff suchen gehen. Es kann ja nicht verschwunden sein. Und wenn wirklich
etwas Seelen jagt, wird es bestimmt noch unterwegs sein, um seinen Hunger zu
stillen.“
„Du solltest jemanden
mitnehmen,“ schlug Giles vor.
„Mich
zum Beispiel,“ meinte Dawn enthusiastisch. „Immerhin konnte ich uns mit den
richtigen Informationen etwas weiterbringen.“
„Dawn.. nimm es mir nicht übel,
aber du bist ein Teeny ohne Superkräfte...Schwester der Jägerin hin oder her..
es ist besser, wenn du nach Hause gehst, deine Hausaufgaben machst und die
Sache mir überlässt.“ Dawn zog ein langes Gesicht und wollte auffahren, doch
Faith kam ihr zuvor. „Zudem.. was würde Buffy sagen, wenn sie erfährt, dass ich
ihre kleine Schwester auf eine gefährliche Jagd mitgenommen habe?“
„Gar nichts wird sie sagen,“
fuhr Dawn trotzig auf. „Sie ist mit Willow und diesen Münzen beschäftigt. Sie
würde es gar nicht mitbekommen.“
„Faith hat recht,“ mischte sich
nun auch Giles ein und das verbesserte nicht gerade Dawns Laune. „So lange wir
nicht hundertprozentig wissen, mit was wir es zu tun haben und wie wir es
bezwingen, hältst du dich fern.“
Darauf konnte Dawn schlecht
etwas erwidern, zumindest nichts, was nicht einen Streit ausgelöst hätte und
anders als Buffy sah sie Giles nach wie vor als eine gewisse Autoritätsperson.
Also schluckte sie ihre Worte hinunter und funkelte die beiden wütend an,
während sie besprachen, wie Faith in der Nacht vorgehen sollte.
Erie-See, später Abend
Die
Sonne war gerade dabei ihre kontinuierliche Reise hinter den Horizont anzutreten,
als Faith sich wieder auf den Weg zum Erie-See machte. Sie hatte sich zum
Laufen umgezogen und entschied sich für eine wärmere Jacke darüber. Draußen
sah es viel zu sehr nach neuem Schnee aus. Zum Schluss steckte sich Faith
noch eine Wasserflasche in die linke, hintere Tasche, und einen Pflock und
eine Taschenlampe in die rechte. Mit einer raschen Bewegung strich sie sich
ihre Haare aus dem Gesicht und sah kurz in den Spiegel, der neben der Kommode
angebracht war. Sie betrachtete sich kurz selbst und stellte zufrieden fest,
dass sie sich in Cleveland wieder etwas von den Strapazen während dem Außeneinsatz
im Bus erholte.
Die dunkelhaarige Jägerin nickte kurz, griff dann doch nach dem Messer, welches
zu ihrer rechten lag, und versteckte es in einem kleinen Halfter, den sie
sich um ihren Knöchel gebunden hatte, und der von der Hose verdeckt wurde.
Faith musste kurz schmunzeln, als sie an ihren letzten Geburtstag dachte,
an dem ihr Ronah und Vi den Halfter geschenkt hatten. Diese Party war die
erste schöne Feier, die seit Jahren, nein, sogar jemals für sie gegeben wurde.
Und nebenbei hatte sich die Jägerin jetzt ganz
nach Giles Rat mit Waffen eingedeckt. Sie hielt diese Vorsichtsmaßnahme noch
immer für überflüssig, aber gab dem Wächter insgeheim recht – sie wussten
nicht, mit was sie es zu tun hatten... Vorsicht walten zu lassen, war nie
verkehrt.
Langsam richtete sie sich wieder auf, ließ ihre Gedanken dabei aber schweifen.
Trotz den großen Anstrengungen, und den vielen Kämpfen, den Verletzungen,
der starken Arbeit und den kleinen Streits, die es ab und zu gab, waren es
doch die schönsten Monate gewesen, die Faith seit langem erlebt hatte. Sie
hatte ihre Familie gefunden, ihre eigenen Scoobies. Lange hatte sie sich nach
Buffys Freunden gesehnt, doch jetzt hatte sie ihre eigenen. Nun hatte sie
ihren Wächter, ihren Liebhaber und ihre zwei Kampfgefährtinnen, die zu ihr
aufsahen, und sie bewunderten. Sie hatte es geschafft, sie war an ihrem Ziel
angekommen.. oder doch nicht?
Warum fühlte sie noch immer eine so starke Leere in sich? Warum war sie von
Zeit zu Zeit noch immer von so starker Angst besessen? Faith schüttelte den
Kopf, strich sich noch einmal die Haare aus dem Gesicht, und verließ dann
das Wächterhaus.
---
Eine schmale Gestalt schlich leise hinter der im Schatten liegenden Ecke hervor
und sah der dunkelhaarigen Jägerin nach.
“Okay... so schnell wirst du mich nicht los,“ flüsterte die Person sah sich
noch ein weiteres mal um, und rannte mit Abstand der Jägerin hinterher.
---
Vor kurzem hatte Faith wieder damit angefangen, regelmäßig zu laufen, und
daher verband sie die Suche nach dem Schiff gleich mit einer Trainingseinheit.
Es war befreiend für sie, einen Schritt nach dem anderen auf die Straße zu
setzen, und dabei die Welt an sich vorbei ziehen zu sehen. Sie konnte dabei
ihre Gedanken fassen, die oft viel zu schnell und viel zu unkontrolliert durch
ihren Kopf schossen.
Während Faith in einem unbeschreibbaren Tempo auf den Erie-See zulief, und
dabei nicht bemerkte, dass ihr jemand folgte, dachte sie plötzlich an Silent
Hill und die zwei Zauberer. Sie hatten sie nicht getötet, und auch nicht gestoppt.
Was, wenn sie weiter hilflose Jägerinnen oder normale Menschen in ihre kranken
Spielchen sperrten, und dabei töteten? Sollte sie nicht schleunigst mit Giles
und Lily über die Beiden reden? Und was war mit der Vision? Dem Buch, das
sie für Giles geholt hatten?
Faith machte sich eine gedankliche Notiz, dass sie unbedingt mit jemandem
darüber reden müsste, sobald der ganze Mist mit dem Geisterschiff und der
Reifeprüfung vorbei war.
Die ersten Schweißperlen
erschienen auf ihrer Stirn, als die Jägerin in eine Straße einbog, von der
sie schon direkt auf den See sehen konnte. Die dunkelrote Sonne spiegelte
sich auf der ruhigen Wasseroberfläche, und der orange Himmel erinnerte Faith
an irgendeinen Tom Cruise Film, den sie in den letzten Tagen im Fernsehen
gesehen hatte.
Sie griff kurz nach der Wasserflasche, trank einen Schluck, und bewunderte
dabei die Häuser, die die Straße säumten. Es waren große, luxuriöse Häuser,
fast Villen, die schon fast mit arroganter Stimme zu ihr sagten „Verschwinde,
du Taugenichts. In so einem Haus wirst du in deinem kurzen Leben sowieso nie
leben!“.. und Faith tat es fast ein bisschen leid, die Schule nicht abgeschlossen
zu haben. Aber was hätte das schon gebracht? Eine weitere Jägerin mit High
School Abschluss .. und man sah ja bei Buffy, dass der auch nicht wirklich
was brachte.
Faith kam genau in dem Moment am Erie-See an, als sich die letzten Strahlen
der Sonne dagegen wehrten, zu verschwinden, und kurz danach erhellten nur
mehr die künstlichen Lichter der Stadt die Umgebung. Wind kam auf....
Sie nahm noch
einen kurzen Schluck aus der Wasserflasche, machte sich denn bereit und betrat
schließlich erneut die Steganlage, an der sie das Boot in der letzten
Nacht festgebunden hatten. Der Wind wurde stärker und Faith bemerkte nicht,
wie sie von einer Person beobachtet wurde, die gerade angekommen war, und
sich hinter einem der dicken Baumstämme versteckte.
Nachdem die Jägerin noch einmal frustriert feststellen musste, dass sich das
Schiff wirklich in Luft aufgelöst zu haben schien, sprang sie über eine Absperrung
eines mehr oder weniger großen Fischerschiffes und kletterte auf den höchsten
Punkt, den sie finden konnte. Sie ließ ihren Blick zuerst über die Schiffe
gleiten, die an dem Steg angelegt hatten, und starrte dann in die tiefe Dunkelheit.
„Na toll.. wie intelligent. Natürlich hab ich nicht bedacht, dass ein Geisterschiff
nicht ein hellrot leuchtendes Schiff mit der Aufschrift „HIER BIN ICH, FANG
MICH, WENN DU KANNST“ tragen würde.“ Frustriert holte sie die Taschenlampe
aus ihrer Tasche, sprang dabei wieder vom Schiff und begab sich vom Steg wieder
auf festen Boden.
„Na gut, dann versuchen wir die längere und anstrengendere Methode..“, flüsterte
die Jägerin, machte sich auf den Weg, den See zu umrunden, und richtete dabei
den Lichtstrahl auf den dunklen See. Es herrschte eine Totenstille, die nur
durch das Rauschen des Windes gestört wurde. Faith wunderte, dass man den
Lärm der Stadt hier gar nicht hörte, doch sie wurde plötzlich abgelenkt, als
etwas hinter ihr laut knackte. Faith sah sich kurz vor ihr um, sah einen dicken
Baumstamm und lief dahinter. Dort angekommen, blieb sie sofort stehen, machte
sie Taschenlampe aus, und holte das Messer aus dem Halfter.
Sie versuchte, so leise wie möglich zu atmen, als sie Schritte hörte, die
sich ihrer Position gefährlich näherten, und immer langsamer wurden. Faith
schloss kurz die Augen, und stärkte ihre Sinne, während sie mit ihrem linken
Zeigefinger überprüfte, ob die Klinge auch wirklich geschliffen war. Im nächsten
Moment trat etwas hinter dem Baum hervor, Faith zögerte keine Minute, und
rammte der Gestalt ihre Faust in den Magen, und danach ins Gesicht. Ein schriller
Schrei durchschnitt die Nacht, und die Person stürzte schreiend zu Boden.
Faith, die bemerkte, dass es sich offensichtlich nicht um einen Dämon handelte,
steckte in Sekundenschnelle das Messer weg, warf sich jedoch auf die am Boden
liegende Person.
Nur Zentimeter trennten das Gesicht von der Jägerin und das der Gestalt. Fünf
Sekunden atmeten die beiden nur heftig, und starrten sich ungläubig in die
Augen. Dann stieß sich Faith ab, und sprang auf.
„Du? Verdammt,
was machst du hier? Bist du Lebensmüde? Ich hätte dich umbringen können, du
ungehorsame Göre!“ schrie Faith, und streckte Dawn ihre Hand entgegen, um
ihr auf zu helfen.
„Ich.. ich. .ähm.. ich dachte ich könnte dir irgendwie behilflich sein. Ich
hatte echt nicht vor, dich irgendwie zu.. erschrecken.“ Antwortete Dawn, griff
nach Faith’s Hand und zog sich, für Faith überraschend kraftvoll, in die Höhe.
„Du hast mich nicht.. erschreckt..“, log Faith und suchte kurz nach Worten.
Was sollte sie jetzt nur machen? Sie war hier um ein Geisterschiff zu suchen,
und nun hatte sie dieses Anhängsel von Buffy hier, dass ihr schon damals vor
fünf Jahren so auf die Nerven gegangen war. Obwohl.. halt.. Dawn existierte
damals ja eigentlich noch gar nicht.. oder doch? Faith hatte die ganze Geschichte
nicht ganz begriffen, aber das war ja eigentlich auch ziemlich egal.
„Wie sollst du mir denn helfen können?“, fragte Faith, und hasste sich schon
eine Sekunde später für diese Frage. Natürlich würde Dawn darauf eine Antwort
wissen, sonst wäre sie ihr doch gar nicht gefolgt. Sie hätte ihr keine Frage
stellen sollen, sie hätte sie einfach nach Hause schicken können.. VERDAMMT.
„Ich glaube
ich hab das Schiff schon gefunden, nachdem du suchst!“ antwortete Dawn, und
reagierte auf Faiths fragendes Gesicht mit einem Nicken in die Dunkelheit.
“Na.. da hinten, siehst du es nicht?“ fragte Dawn noch einmal und ging dabei
etwas näher auf das Wasser zu. „Es treibt dort am Ufer!“
Faith konnte zuerst ihren Augen nicht glauben, denn an dieser Stelle war sie
noch vor wenigen Minuten vorbei gekommen. Doch jetzt stand dort das Schiff
am Ufer, und wankte seelenruhig im seichten Wasser.
Eine mysteriöse Aura schien das Schiff zu umgeben, denn um so näher die beiden
Jägerinnen dem Schiff kamen, desto leiser wurde es. Sogar das Geräusch des
Windes schien sich von dem Schiff fern zu halten. Das war Faith in der vorherigen
Nacht überhaupt nicht aufgefallen. Aber vielleicht waren Buffy und sie nur
zu sehr auf die Rettung der anderen Boote
konzentriert gewesen, oder diese Aura war gar nicht da gewesen.
„Okay... ich schätze dich nachhause zu schicken
macht keinen Sinn. Aber du hältst dich dicht hinter mir, machst mir keinen
Ärger und tust was ich sage. Klar?“
„Klar,“ bestätigte Dawn tot ernst und grinste
dann erleichtert, als ihr Faith den Rücken zuwandte. Die ältere Jägerin watete
bereits durch das Wasser und Dawn folgte ihr.
Ihnen ging das Wasser fast bis zur Brust als sie
den Fischkutter endlich erreichten. Eine alte, morsche Leiter an der Seite war
ihre einzige Möglichkeit, um an Deck zu kommen. Faith musste ein Stück weit in
die Höhe aus dem Wasser springen, um die untere Sprosse zum fassen zu bekommen.
Als sie sich daran hochgezogen hatte und über die Reling kullerte, half sie
Dawn nach oben aus dem Wasser. Keiner der beiden bemerkte, dass in dem Moment,
als sie sich beide an Deck befanden, ein erfreutes und zufriedenes Stöhnen
durch den Bauch des Schiffes wanderte.
Langsam bewegte sich das alte Schiff vom Ufer weg,
als Faith und Dawn ihre Blicke über die alten Holzplanken und zerrissenen
Fischernetze gleiten ließen.
„Denkst du, dass das hier das richtige ist?“ fragte Dawn und sah Faith dabei
unsicher an. Auch die schwarzhaarige Jägerin bekam ein mulmiges Gefühl im
Magen, dessen Ursprung ihr jedoch nicht wirklich klar war.
„Hmm.. na ja,
du bist hier das Gehirn unserer Operation. Es ist das Schiff, dass B. und
ich gefunden haben. Es ist mir unerklärlich, wie es sich losreißen konnte,
aber ob es wirklich ein Geisterschiff ist, bezweifle ich noch immer..“, murmelte
Faith und trat dabei auf den morschen Mast zu.
„Ähm.. Faith, ich will ja nicht nerven.. aber.. wir bewegen uns vom Ufer weg!“
schrie Dawn hysterisch und lief dabei an die alte Holzreling.
Auch die ältere Jägerin drehte sich überrascht um, nur um festzustellen, dass
B’s Schwester absolut recht hatte. In diesem Moment durchbrach plötzlich ein
lautes Lachen die Stille der Nacht, und dicke, dunkle Nebenschwaden bildeten
sich rund um das große Fischerboot. Dawn ließ einen lauten Schrei durch die
Nacht gleiten, als sie von etwas gepackt wurde, und eine Ebene höher, auf
das Dach der Führerkabine, geworfen wurde. Hart schlug sie auf dem morschen
Dach auf.
Faith fasste nach dem Pflock, stellte sich in Kampfstellung und durchforstete
die Nebelschwaden nach einem sichtbaren Gegner, während sich Dawn vorsichtig
zurück auf die Planken neben Faith gleiten ließ.
Im nächsten Moment erschien 30 Zentimeter vor Faiths Gesicht eine grässliche
Fratze, die halb durchsichtig und von grünem Schleim bedeckt war. Ohne eine
weitere Sekunde zu zögern, erfasste das geistähnliche Ding ihre Arme, schrie
kurz auf und schleuderte sie über das halbe Deck.
4. AKT
Hafen, Black Pearl
In der Schiffsbar war es rauchig und es ging laut
zu. Buffy hatte mühe, sich an die Bar vorzukämpfen. Sie war schon eine Weile
seit dem Vorfall mit dem Virus nicht mehr hier gewesen. Irgendwie war ihr
der Zwischenfall mit Faith peinlich und das Abkommen mit Mo erschien ihr auf
eine recht merkwürdige Art irreal. Hatten sie tatsächlich einem Dämon, nur
weil er Freunde und Familie besaß, Beistand zugesagt? Es schien ganz so zu
sein und Buffy bezweifelte nicht, dass Mo, sollte der Zeitpunkt kommen, auf
dieses Versprechen zurückgreifen würde. Ganz glücklich war Buffy über diesen
Umstand nicht mehr, auch wenn er ihnen zu wichtigen Informationen verholfen
hatte.
Ihre Augen schweiften auf der Suche nach Mo über die Tische. Der starke Besucherandrang
lag sicher nicht alleine an Mos süßen, kleinen Cocktails oder an seiner Neigung
ständig neue Rezepte auszuprobieren.
„Oh, die kleine Jägerin,“ Buffy fuhr herum und
sah sich Mos Bauch gegenüber. Offensichtlich hatte er sie bereits entdeckt.
„Hey
Mo.. trifft sich gut...“, Buffy sah rasch über die Schulter, um sicher zu
gehen, dass niemand ungebetenes zuhörte und musste husten, als ihr ein Dämon
an der Bar den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht blies. „Hast du schon einmal
etwas von Raucherzonen gehört?“
Mo lachte. „Sicher, aber diese Brut hier würde
es mir sehr übel nehmen, wenn ich sie zum Rauchen an Deck schicken würde. Nicht
gut fürs Geschäft.“ Er sah Buffy abschätzend an und zeigte nach oben. „Ich
tippe mal drauf, dass die Unterwelt wieder etwas ans Tageslicht gespuckt hat,
das dir und deinen Freunden Sorgen bereitet?“
„So in etwa. Können wir reden, ohne das du und
ich erst über die Konditionen verhandeln müssen?“
„Das ist nicht witzig,“ raunte Mo und sah sich
ebenfalls hastig um. „Und es kommt immer darauf an, was du von mir wissen
willst. Übrigens wäre es nett, wenn du mal wieder Kenny mitbringen könntest.
Hab’ sie lange nicht mehr gesehen. Und sie ist mir sympathischer als die
andere. Nicht so.. temperamentvoll.“
„Mal sehen. Wie es sich ergibt,“ sagte die
Blonde knapp und senkte ihre Stimme. „Kennst du einen Dämon namens D’Hoffryn?“
Im Gesicht von Mo zuckte es kurz und er sah sich
erneut schnell um, ehe er langsam nickte. „Sicher. Die meisten von uns kennen
den Herrscher von Arashmaharr.
Macht er etwa Schwierigkeiten?“
„Nein. Aber er hat etwas dagelassen, das uns
Schwierigkeiten machen könnte. Ich hab’s dabei.. wenn du einen ruhigen Ort
hättest...“
„Sicher folg mir einfach,“ Mo machte sich platz
und führte Buffy nach hinten zu einer schmalen Tür. Buffy drängelte sich an
großen, kleinen, und schmalen Dämonen vorbei, die jeder für sich eine
schillernde Persönlichkeit waren. Manche davon erkannte Buffy wieder – sie
hatte in ihrem Leben in Sunnydale einige davon schon in manchem Kampf getötet.
Es war ein wenig befremdend, dass sie hier saßen und mit anderen Dämonen ein
Bier tranken, lachten und Karten spielten. Sie schüttelte den Gedanken ab, als
Mo die Tür öffnete und sie eintreten ließ.
„Mein kleines Büro“, erklärte er fast
entschuldigend über den schmalen Raum, mit dem wackligen Tisch darin, den
vielen Kartons voller Kassenbelege, wie Buffy mit einem raschen Blick feststellte,
und der dicken Staubschicht über allem.
Buffy verzog kurz das Gesicht und zog dann die
Münzen aus ihrer Tasche hervor. Sie waren in ein rotes Tuch eingeschlagen, das
sie vorsichtig öffnete und den Inhalt Mo reichte.
„Hm,“ der Dämon nahm ihr die Münzen ab und besah
sie sich lang und genau. Schließlich, als Buffy Hoffnung schöpfte, schüttelte
er den Kopf. „Tut mir leid. Die habe ich noch nie gesehen.“
„Schade...offensichtlich war eine Krähe
hinterher.“
„Eine Krä... was?“ Mo sah die Jägerin amüsiert an.
„Also nein.. davon hab ich jetzt wirklich noch nichts gehört.“
„Auch nicht von einem Dämon, der die Gestalt
einer Krähe annehmen kann?“
„Nein,“ er zuckte ratlos die Schultern, während
Buffy die Münzen wieder einsteckte. „Aber es gab da mal eine interessante
Serie. In ihr konnte ein Untoter die Gestalt einer Krähe annehmen....“
„Ich glaube das hilft mir nicht wirklich
weiter.“ Sie hatte nur noch eine Frage und inständig hoffte sie, dass Mo
wenigstens darauf etwas zu sagen wusste, ohne wie Andrew zu klingen. „Es gibt
noch etwas, das uns Sorgen bereitet. Ein Geisterschiff auf dem Erie-See...
schon einmal etwas davon gehört?“
„Oh... ja,“ sagte Mo erleichtert, fast als wäre
er froh eine Frage von Buffy endlich beantworten zu können. „Hier auf dem Erie
existiert wirklich so etwas. Ein seelenfressender Dämon, der ständig Nahrung
braucht. Er bedient sich ungehindert bei den Fischern. Hässliche Sache. Vor
etwa 250 Jahren ist das Wesen hier aufgetaucht, hat sich einen Fischer
geangelt,“ Mo lachte über seinen eigenen Scherz, ehe er bemerkte, dass die
Jägerin ihn nicht so amüsant fand und fuhr wieder ernster fort. „Vielleicht
war’s auch ein Schiffbrüchiger, so genau weiß das keiner mehr. Jedenfalls hat
das Wesen ihm die Seele geraubt und benutzt ihn, um immer dann, wenn er Nahrung
braucht, andere Fischer an Bord zu locken. Aber frag mich nicht, was er mit den
Seelenlosen macht. Es gibt ein Gerücht, nach dem seinem ersten Opfer die
Freiheit versprochen wurde, wenn er für das Wesen, ein neues Opfer findet. Aber
das war natürlich eine Lüge,“ Mo kratzte sich über der rechten Augenbraue. „Das
Ding oder was auch immer es ist, kann nämlich nur alle 250 Jahre feste Konturen
annehmen um sich einen neuen Wirt zu suchen. Der Kerl wird noch ein paar
Jährchen Sklave spielen müssen.“
„Du weiß nicht zufällig, wie wir es aufhalten
könnten?“, fragte Buffy nach einem Moment des Schweigens, um die Informationen
zu sortieren. Mo wusste ziemlich gut bescheid. Zu gut für ihren Geschmack.
“Ich wüsste nicht einmal, wie ihr es finden könntet. Mir ist es noch nie
begegnet.“ Seine Augenbrauen zuckten nervös bei den letzten Worten und Buffy
tat so, als wäre es ihr nicht weiter aufgefallen, als sie sich zur Tür wandte.
„Dann müssen wir mit den Informationen versuchen, es selbst herauszufinden.“
Geisterschiff,
zur selben Zeit
Faith
schlug hart mit dem Kopf auf dem kalten und feuchten Boden auf, als sie
plötzlich einen weiteren Schrei von Dawn vernahm. Ohne eine weitere Sekunde zu
zögern, riss sie eine der losen Planken aus dem Boden, sprang auf und sah sich
suchend auf dem Deck um.
Ihr
gegenüber, genau neben der Tür zum unteren Bereich des Schiffes befand sich
Dawn, und wich dem Wesen mehr oder weniger Geschickt aus.
„Dawn,
verschwinde! Geh in die Kabine! Los!“ schrie die dunkelhaarige Jägerin und nahm
Anlauf. Dawn sah sie kurz an, schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich
dann aber doch anders, wich einem weiteren Schlag des Nebelwesens aus, und riss
die Tür auf.
Faith
schlug mit der Latte gegen den Geist, war überrascht, wie spielend leicht die
Planke durch das Wesen glitt, ohne es zu verletzten, stieß Dawn mit der anderen
Hand in die Kabine und schrie ihr noch ein „Warte hier, bis ich fertig bin“
nach, bevor sie die schwere Holztür wieder ins Schloss warf und vom nächsten
Schlag des Gegners getroffen wurde.
Dawn
hingegen landete im Dunklen und musste überrascht feststellen, dass ihre Hände,
auf die sie noch vor Sekunden auf einem kalten Holzboden gefallen war, nun auf
weichem Samt gepresst waren, und sich der Stoff ganz und gar nicht alt und
verfault anfühlte.
Nach
einem tiefen Einatmen durch die Nase bestätigte sich auch Dawns Verdacht, dass
auch der modrige Geruch, der noch auf dem nassen und feuchten Deck geherrscht
hatte, verschwunden war. Langsam versuchte Buffys Schwester aufzustehen ohne
sich an irgendwelchen möglichen Gegenständen zu stoßen, die sie in der
Dunkelheit nicht sehen konnte, falls es sie überhaupt gab.
Von
draußen hörte sie Kampfgeräusche, und Faith schien mit dem Geist kein leichtes
Spiel zu haben.
‚Hmm...
vielleicht sollte ich ihr helfen.. immerhin bin ich selbst auch eine Jägerin..
immerhin ist es total unfair von mir, mich vor meiner Pflicht zu drücken,
während Faith da draußen um ihr Leben kämpft.. und .. aber.. nein.. sie hat
mir befohlen hier zu warten, und das werde ich auch tun!’ ging es Dawn durch
den Kopf, während sie sich langsam durch den stockdunklen Raum tastete. ‚Zudem..
was sollte ich ihr erklären, wenn sie meine Kräfte im Einsatz sieht?’
Als
plötzlich etwas gegen die starke Holztür knallte, und ein jubelnder Schrei von
Faith kurz die sonstige Stille durchbrach, fiel Dawn ein, dass sie sich wieso
auch immer, ein Feuerzeug eingesteckt hatte, als sie sich dazu entschieden
hatte, Faith unerlaubterweise zu folgen.
Nach
kurzem Suchen in ihrer Tasche kam das kleine Ding zum Vorschein, und kurz
darauf bildete sich eine kleine Lichtkorona rund um Dawns Hand, in der sie das
Feuerzeug hielt.
Auf Deck sprang Faith gerade mit einem
triumphierenden Grinsen vom Dach der Kajüte. Kurz nachdem sie Dawn in den Raum
gestoßen hatte, war der Geist einer leichten Unachtsamkeit verfallen, die ihn
dazu brachte, seine materiellen Phasen, in denen er Schläge austeilte, nicht
schnell genug zu beenden, und so hatte Faith die Chance gehabt, dem Wesen mit
ihrem Messer einen langen, tiefen Schlitz über seine Brust zu ziehen. Oder das,
was sie dafür hielt. Schreiend war das Ding durch sie hindurch gefahren, und
ehe sie sich nach ihm umdrehen konnte, war es verschwunden gewesen.
Nun,
da das erste Problem aus dem Weg geschafft war, und das zweite, Dawn, sicher in
der Kajüte des Kapitäns saß, war es an der Zeit, das Geheimnis dieses Schiffes
zu lösen, und den Spuk, den es schon seit Jahrhunderten trieb, endlich zu
beenden.
Faith
schnappte sich wieder die Holzplanke und inspizierte danach das Schiff noch
einmal genauer. In der Mitte des Decks war im Boden ein großes Gitter, durch
das man, wie Faith annahm, Fracht in den Lagerraum hievte. Danach kam der
große Mast, an dem ein weißes, zerfetztes Segel hing
und lose durch die Luft wirbelte. Links und rechts von ihr gingen zwei
Holzbalken über die Reling hinaus, an denen früher womöglich einmal Fischernetzte
befestigt worden waren.
Hinter
dem Eingang in die Kajüte des Kapitäns fand Faith endlich, was sie schon die
ganze Zeit suchte: den Abgang in die kleinen Kabinen der 2, 3 Matrosen, die auf
dem Schiff gedient haben könnten, und dem Lagerraum.
Xanders und Andrews Wohnung
Es war schon dunkel als Xander
die Tür zu seiner Wohnung aufschloss und das Licht anknipste. Sein erster
Impuls war es nach Andrew zu rufen, doch dann fiel ihm wieder ein das er nicht
da war und ehrlich gesagt vermisste er das übliche Chaos, denn allein schaffte
er es tatsächlich die Wohnung in einem einigermaßen halbaufgeräumten Zustand zu
belassen.
Er warf seine
Aktentasche mit Schwung auf das Sofa und knipste den Fernseher an, jedoch
nicht um sich irgendein Programm anzusehen, sondern weil es ihm das Gefühl
gab nicht allein zu sein. Müde und abgespannt schälte er sich aus dem Anzug
und stellte sich ein Schnellgericht in die Mikrowelle, doch zunächst überwog
der Wunsch eine heiße Dusche zu nehmen.
Gut, dass ihm heute bei seiner
Laune nicht Eve über den Weg gelaufen war, aber er hatte sich selber zumindest
bewiesen seine Arbeit vernünftig zu machen indem er den Berg an Akten
aufgearbeitet hatte, was ihn allerdings auch etliche Überstunden gekostet
hatte.
Während er seine Hände gegen die
kalten Fliesen stemmte und sich das warme Wasser auf den Kopf rieseln ließ,
wanderten seine Gedanken zu den Ereignissen des Tages und dann weiter zurück
bis zu seinem Streit mit Andrew… Sie hatten zwar darüber geredet, aber er
wusste nicht ob es wirklich etwas gebracht hatte.., es tat ihm schon wieder
Leid so hart reagiert zu haben aber... verdammt noch mal wenn Andrew nun wieder
unter den Einfluss dieses Mörders geriet? Irgendwo fühlte er sich immer noch
für Andrew verantwortlich und das schon deshalb, weil Anya sich für ihn
geopfert hatte. Es war einfach ungerecht! Warum bekam so ein Mistkerl wie
Warren eine zweite Chance, während gute Menschen sterben müssen? Typen wie
dieser gehörten in die Hölle und bekamen nicht ein neues Leben als Rachedämon!
Tag für Tag setzen er und seine Freunde ihr Leben aufs Spiel und Xander war
sich sicher, wenn einer von ihnen starb, war es für immer. Er würde noch einmal
mit Andrew darüber reden müssen. Bald... das war etwas, dass er einfach nicht
auf die lange Bank schieben durfte... das Klingeln seines Telefons riss ihn aus
seinen Gedanken...
Hafen, kurz darauf
Buffy sprang von dem wackligen Holzsteg hinunter
auf den harten Beton, der langsam unter der Schneeschicht wieder sichtbar
wurde. Schneewasser spritzte unter ihren Schuhen auf und beschmutzte ihre Hose.
„Na prima, die einzige Designer-Jeans die ich
mir noch leisten konnte,“ stöhnte Buffy und stellte ihren Kragen auf, um sich
vor der Kälte zu schützen. Sie eilte durch das Hafengebiet, um schnell von
diesem einsamen und dunklen Teil des Hafens fortzukommen. Denn wenn sie eines
heute Nacht nicht brauchte, dann war das ein Kampf mit Vampiren.
Über ihr
flatterte plötzlich etwas in der Nacht und sie hob ihren Blick gegen den dunklen
Himmel. Im schwachen Licht der Straßenlaterne glaubte sie eine Krähe gesehen
zu haben. Irgendwie wurde das wirklich langsam unheimlich.
Als sie zu allem noch vor sich Stimmen hörte,
sah sich Buffy gezwungen nach einem Versteck zu suchen. Aber ehe sie etwas
fand, gingen an ihr drei Dämonen vorbei, die zielstrebig Mo’s Bar im Auge
hatten. Buffy entspannte sich etwas und ging weiter.
Langsam wurde der Teil des Hafens vertrauter.
Vor allem wurde er heller und war nicht mehr ganz so unheimlich. Nicht jede
zweite Straßenlaterne war ausgefallen und in manchen der Lagerhallen weiter vor
ihr brannte noch Licht. Sie hörte wieder Stimmen. Irgendwo schien ein Schiff
beladen zu werden. Als sich Buffy bereits in Sicherheit wog, trat seitlich von
ihr jemand aus dem Schatten der ersten, noch benutzten Lagerhalle.
Buffy stutzte einen Moment, doch als sie die
Frau im engen Kostüm, den langen Haaren und dem feinen, asiatischen Gesicht in
dem Schatten erkannte, entspannte sie sich wieder. An ihr war nichts, dass
Buffy als Vampirisch eingestuft hätte. Trotzdem behielt sie die Frau im Auge,
als sie ihren Weg fortsetzte. Auch die Asiatin hatte kurz gestutzt und setzte
ihren Weg fort, als die Jägerin weiterging. Buffy war auf ihrer Höhe
angekommen, als unerwartet, die Frau losstürmte und mit offenen Armen Buffy
einfach von den Füssen riss, die viel zu erstaunt war, um rechtzeitig zu
reagieren.
Geisterschiff,
Schiffskabine
Dawn
betrachtete den kleinen Raum mit Hilfe der kleinen Lichtquelle, die sich nun in
ihrer rechten Hand befand. Der Boden war mit einem dunkelroten Samtteppich
bedeckt, der mit kleinen goldenen Mustern verziert war. Die Tapete war
dunkelblau und ein großes, teuer aussehendes Bild einer gigantischen
Seeschlacht zierte die Wand hinter dem dunkelbraunen, massiven
Holzschreibtisch.
„Hmm..
wenn ich mich nicht täusche, ist das hier viel zu groß, um sich wirklich in dem
Raum zu befinden, in den ich gerade gegangen bin..“, murmelte sie und als sie
sich umdrehen wollte, um nach dem Türkauf zu greifen, war diese plötzlich
verschwunden.
Auf
einmal vernahm Dawn ein leises Kichern, das in ein lautes, schallendes
Gelächter ausbrach. Panik erfüllte sie, als sich plötzlich der Stuhl, der
hinter dem Schreibtisch stand, zu drehen begann und eine leuchtende Person auf
dem Stuhl erschien.
Ohne
ein weiteres Wort zu sagen, zog sie einen Pflock aus ihrer Tasche, warf diese
dann in eine Ecke des Raumes, der in dieser Größe eigentlich gar nicht
existieren konnte, und starrte den Geist vor ihr gefasst an.
„Willkommen,
meine schöne Maid..“, sprach die leuchtende Gestallt, die vom äußeren her an
einen Kapitän der früheren, gigantischen Kähne erinnerte.
„..
mein Name ist Captian Raynolds. Herzlich Willkommen auf meinem Schiff...“
Dawn
konnte sich trotz der Spannung ein leichtes Grinsen nicht ganz verkneifen.
“Ich meine.. ich weiß ja nicht wann sie das letzte mal ihren Körper aus
diesem.. ähm.. Raum hier bewegt haben.. aber wir befinden uns nicht auf der
Titanic.. das hier ist ein verdammter Fischerkahn.. einem verdammt alten
Fischerkahn..“, sagte Dawn und trat langsam auf den Geist zu.
Dieser
schwieg, starrte die junge Jägerin an, und musste kurz schmunzeln. „Wir sind
wohl ein bisschen übermütig und haben den ernst der Lage nicht ganz
verstanden...“, sagte der Kapitän, sprang plötzlich gereizt auf, schleuderte
dabei seinen Stuhl gegen die Wand, die sich hinter ihm befand, und warf dadurch
das große Bild von der Wand, dass mit einer großen Wucht und einem lauten Knall
auf dem Boden aufschlug.
„Wie
blöd kann man nur sein, wenn man mit mir in so einem herablassenden Ton
spricht!“ schrie er, erfasste seinen robusten Schreibtisch, hob ihn kurz an,
und schleuderte ihn dann rechts gegen die Wand. Der Raum schwankte, und Dawn
fiel ihr Feuerzeug aus der Hand.
Plötzlich
wurde Dawn ganz schlecht, und die Zeit schien langsamer abzulaufen. Wie in
Zeitlupe sah sie den wütenden Geist auf sich zustampfen, während ihr brennendes
Feuerzeug auf dem Teppich landete. Der Geist schnippte, woraufhin das Feuerzeug
explodierte, eine Stichflamme vor Dawn in die Höhe fuhr, und dabei fast ihre
Haare versengte.
Dawn
konnte den Schrei nicht unterdrücken, der von ihren Stimmbändern erzeugt wurde,
und machte danach einen weiten Sprung nach hinten, wobei sie gegen die hintere
Wand des viel zu großen Raumes rammte.
Sie
fasste sich langsam an den Kopf. Warum war ihr nur so schwindlig? Irgendwie
schien die Zeit plötzlich in einem anderen Tempo abzulaufen. Der Geist war nun
vor der Stichflamme, die noch immer aus dem Boden schoss, stehen geblieben, und
starrte Dawn mit einem verrückten Blick an.
Der
Raum begann sich langsam rund um Dawn zu drehen, und es fiel ihr schwer, sich
auf den Beinen zu halten. Der Geist
lächelte sie zufrieden an, streckte dann eine Hand über das Feuer, und schien
es förmlich aufzusaugen. Seine tiefschwarzen Augen begannen auf einmal zu
blitzen, und dann waren sie plötzlich feuerrot. Überhaupt schien sich die
schwarz, hellblaue Farbe des Geistes nun mit einem rot-orange zu mischen.
Dawn
konnte ihren Augen nicht glauben, und tastete hilfesuchend nach der Wand hinter
ihr, damit sie in dem Raum mit den drehenden Wänden nicht orientierungslos
stürzte.
„Bleib
weg von mir...bitte“, flehte Dawn.
Der
Geist hatte nun die Flamme vollständig aufgesogen, starrte sie nun wieder an,
und grinste dabei hämisch.
„Was
hast du denn, meine schöne Maid? Es hat doch gerade erst begonnen!“
Black
Pearl, selbe Zeit
"Wir suchen Bartholomew in
einer äußerst dringenden Angelegenheit!"
Die drei Dämonen hielten sich nicht mit Höflichkeiten auf, sie schienen sehr
in Eile zu sein. Ihr Wortführer, ein muskulöser blaugrüner M'Fashnik Dämon
blickte Mo aus vor Angst panischen Augen an, während seine beiden Begleiter,
zwei kleine stämmige Gorlabs sich gehetzt umblickten. "Wir brauchen seine
Hilfe!"
"Ihr habt ihn gefunden!" Mo beugte sich zu dem kleineren Dämon hinunter.
"Was kann ich denn für euch tun?"
"Nicht hier!" Der M'Fashnik warf einen vorsichtigen Blick in den
vollen Raum. "Können wir das irgendwo in Ruhe besprechen?"
Mo nickte und dirigierte die drei zu seinem kleinen Büro, in welches er noch
vor wenigen Minuten Buffy geführt hatte. Zunächst einmal wollte er Näheres
erfahren, die drei schienen in ernsten Schwierigkeiten zu sein, und er wollte
genau wissen, worauf er sich einließ.
"Wir sind auf der Flucht," begann der M'Fashnik Dämon auch sofort,
als er gefolgt von Mo, durch die schmale Tür stapfte. "Diese Jägerin..."
Es klackte leise, als der dritte Dämon einen Schlüssel im Türschloss herumdrehte.
Mo fuhr herum, und mit einer - für seine Größe erstaunlichen Behändigkeit
wich er dem ersten Faustschlag des Angreifers aus. Ein paar Kartone stürzten
um, und eine dicke Staubschicht hob sich in die Höhe.
Mo hustete, und der M'Fashik nützte die Gelegenheit ihn mit einem kräftigen
Tritt ans Bein aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die gorillaartigen Arme eines
Gorlabs packten ihn, während der andere ein Messer aus seinem Gürtel riss.
"Pass auf!" schrie der M'Fashnik, "der Boss will ihn lebend!"
Ein ohrenbetäubendes
Krachen übertönte seine Worte, als die klapprige Tür aus ihren Angeln getreten
wurde. Da das grelle Licht des Schrankraums in den dunklen Raum fiel, konnten
sie zunächst nur eine Silhouette erkennen, die Silhouette eines menschlichen
Wesens im dunkelbraunen Anzug, das sich ein Handy ans Ohr hielt.
"Ich hab' dir doch schon erklärt, dass alles geklappt hat, Xander!"
Andrew starrte mit entsetztem Gesicht auf die drei Dämonen, die sich drohend
vor ihm aufbauten "Ich hab alles ganz allein geschafft! Ich ganz allein...und
na ja...die zwölf Jägerinnen, die Giles mir geschickt hat..."
Er wollte zurückweichen, stolperte über ein Kabel am Boden, und der Schlag
des Gorlabs ging über ihn hinweg. Da hatte sich aber auch schon der zweite
Dämon nach vorne gedrängt, den störenden Eindringling am Kragen gepackt, und
in den Raum gezerrt. Ganz deutlich war das Reißen von Stoff zu hören, und
der blonde Junge stieß erschrocken die Luft aus. Giles würde ausrasten, wenn
er den Anzug ruinierte!
"Moment, Xander!" Andrew warf das Handy in einen Karton mit Kassenzetteln,
und wehrte sich mit Händen und Füßen gegen den Gorlab, allerdings ohne Erfolg.
Der Dämon schmiss ihn wie eine Puppe ins Eck, zum Glück waren die Kartone
und Mo's Bauch eine einigermaßen weiche Landungsfläche. "Was ist denn
bei dir los?" plärrte Xander's Stimme aus dem Handy.
"Nichts...uhm sag mal, du weißt nicht zufällig, wo ich einen M'buna Fisch
herkriege?" Andrew rollte sich von dem bärtigen Dämon herunter, und konnte
damit einem Faustschlag des M'Fashniks ausweichen, der allerdings Mo mitten
im Gesicht erwischte. "Ich hab denen erzählt, du lebst in Afrika, klingt
doch gut, oder? Oder hättest du lieber Brasilien gewollt? Willst du mit Willow
tauschen?"
Eine Antwort
konnte er nicht mehr abwarten, denn er brauchte beide Hände, um dem M'Fashnik
einen Karton über den Kopf zu stülpen. Von oben bis unten mit Kassenzetteln
bedeckt, stolperte der Dämon im Raum umher, während Andrew schnell unter den
schmalen Tisch huschte, um sich vor den trampelnden und kickenden Füßen in
Sicherheit zu bringen.
"Verschwinde, Kleiner," grummelte Mo. "Siehst doch, dass ich
beschäftigt bin!" Sein Arm wehrte den nächsten Schlag ab, doch die Angreifer
ließen ihn nicht wieder auf die Beine kommen. "Und dein Freund ist auch
nicht mehr da, er kommt später wieder...jetzt reicht's mir langsam!"
Immer noch in liegender Position packte er den Arm des nächstbesten Angreifers
und schleuderte ihn quer durch den Raum.
"Das ist schade, sonst hätte er mich jetzt nämlich retten dürfen."
Enttäuscht guckte Andrew unter dem Tisch hervor. "Alles muss man selber
machen!"
Er kramte eine winzige Bambuspfeife aus seinem Jackett hervor, und blies kräftig
hinein. Für menschliche Ohren war kein Ton zu hören, aber die Gorlabs schrieen
auf, und hielten sich die Ohren zu. Im nächsten Moment hatte Mo sich hochgerappelt,
packte die Köpfe der beiden und schlug sie zusammen. "Wie tief ist Kan
Hsirg nur gesunken, dass er sich auf solche Trottel verlässt?"
"Wer?" fragte Andrew neugierig. "Nicht so wichtig," winkte
Mo ab. "Wie war L.A.?"
"Darf
ich nicht drüber reden, Geheimauftrag!" Andrew krabbelte unter dem Tisch
hervor, und sah mit verzweifeltem Blick auf seinen dreckigen und zerrissenen
Anzug hinunter. "Aber...falls du Gothika gesehen hast, musst du's dir
nur noch mit Sadako in der Hauptrolle vorstellen!"
Zutiefst verwirrt blickte Mo ihn an, aber Andrew grinste nur: "Ich muss
los, mein Vorgesetzter erwartet meinen Bericht!" erklärte er wichtigtuerisch.
"Falls du Warren siehst, sag ihm, ich konnte nicht warten, ich werd'
ihn später anrufen."
Er wühlte in den Papierbergen herum, bis er sein Handy gefunden hatte. "Sag
ihm irgendwas Nettes, und sag ihm, ich hätte es gesagt, okay? Irgendwas aus
irgendeinem Film, oder so.."
“Falls mir was einfällt!“ Mo befreite sich von einigen Kassenrollen, die wie
Luftschlangen um seinen Hals hingen. “Der letzte Film, den ich gesehen hab’,
war komplett auf Aramäisch, und sonderlich nett war er auch nicht!“
“Ausnahmsweise mal ein Film, den ich verpasst hab...“ Die Anzeige des Telephons
war dunkel, doch mit erleichtertem Blick stellte Andrew fest, dass es sich
wieder einschalten ließ. "Aber wir haben sowieso den totalen Auferstehungstrend,"
murmelte er vor sich hin, als er über die kaputte Tür hinweg, Richtung Ausgang
stapfte.
Geisterschiff
Faith
wanderte langsam, mit der Taschenlampe in der linken, und der Planke in der
rechten, die alten, verstaubten Treppen hinunter. Sie hörte Kondenswasser
von der Decke tropfen, und in den dunklen, kühlen Gemäuern fühlte sie sich
kurz an Silent Hill erinnert.
“Na toll, wenn dir jetzt jedes Mal Angstschweiß ausbricht, wenn du in dunkle,
feuchte Räume gehst, dann gute Nacht...“, murmelte die dunkelhaarige Jägerin,
duckte sich unter einem Balken hinweg, der lose von der Decke herab hing, und
trat dann um die nächste Ecke.
Sie
stand am Anfang eines kleinen Ganges. Langsam machte sie einen Schritt nach dem
anderen auf dem alten Boden, und merkte, wie das Boot unter ihr knirschte.
Links neben ihr befanden sich zwei kleinere Türen, die wahrscheinlich jeweils
zu einer kleinen Mannschaftskabine führten. Doch Faith hielt sich nicht lange
mit Kleinigkeiten auf und wandte sich der robuster wirkenden Tür auf der
rechten Seite zu.
„Maschinenraum
– Achtung, Lebensgefahr … als gäbe es die auf diesem Kahn nur dort..“,
flüsterte die dunkelhaarige Jägerin, streckte die Hand aus, umfasste den
eiskalten Stahlgriff und drückte diesen langsam nach unten.
Ohne
weitere Schwierigkeiten konnte sie die Tür nach innen drücken, und fand sich
daraufhin in einem kleinen, stickigen Raum wieder, in dessen Mitte ein
wuchtiges, monströs wirkendes Ding stand. Faith lief kurz ein kalter Schauer
über den Rücken, als ein Tropfen Kondenswasser von der Decke auf einer Pfütze,
die sich bereits am Boden gesammelt hatte, landete und ein lautes
Tropf-Geräusch verursachte. Kurz blitzten vor ihren Augen wieder die Bilder von
Silent Hill auf. Das Gefängnis, das Rätsel, das Blut, EVE.. die Gräber.
Faith
schüttelte den Kopf, als würde sie damit jegliche Gedanken an die unheimliche
Stadt, an das unheimlich kranke Spiel der zwei Magier los werden, schaffte dies
aber nur bedingt. Etwas an diesem Raum kam ihr komisch vor, doch erst nachdem
sie ihren Blick zweimal von einer der dreckverschmierten Wände zur
Gegenüberliegenden gleiten hatte lassen, fiel ihr das schmale Fenster auf, dass
vorher von dem monströsen, alten Motor verdeckt wurde. Doch das unheimliche,
das irreale war nicht das Fenster selbst, sondern das mystische blaue Licht,
das dadurch in den kleinen Maschinenraum fiel.
„Was
zum Teufel..“, flüsterte sie, schaltete ihre Taschenlampe aus, steckte sie in
eine der Taschen ihrer Jacke und schritt so leise wie möglich durch den
feuchten Raum. Einige Geräusche schienen vom Oberdeck zu kommen, doch das würde
höchstwahrscheinlich nur Dawn sein, die ungeduldig herumlief.
Als
sie die alte, verstaubte Scheibe erreichte, konnte Faith ihren eigenen Augen
nicht glauben. Fassungslos hob sie die linke Hand und berührte vorsichtig
die Scheibe, die dem Druck aber ohne Probleme stand hielt.
“Oh mein Gott..“, flüsterte sie und lies ihren Blick langsam durch die
Lagerhalle gleiten, die sich vor ihr befand:
Der
Lagerraum war voller Geister!
Sie wollte sich das näher anschauen und öffnete leise die Türe in den Raum. Sie
sah die Geister zum Teil im Kreis rund um ein mystisches Symbol sitzen, die
Augen geschlossen, und sie wippten dabei langsam von hinten nach vorne, und
wieder zurück. Die Geister schienen sich in einer Art Trance zu befinden.
Viel
Platz bot der Raum nicht, und es waren zu viele, als das sie Faith zählen
konnte.
Im nächsten Moment rissen Faith’s Nachbarn plötzlich ohne Vorwarnung ihre Augen
auf, und starrten sie durch das Fenster intensiv und erbost an. “Na Prima,
warum passiert so ne Scheiße immer mir!“ fluchte Faith und fasste hektisch nach
einer Waffe
Schiffkabine, eine Ebene höher, selbe Zeit
Dawn starrte
die geisterhafte Figur vor ihr an. Furcht keimte in ihr, unheimliche Angst.
Das Feuer hatte ihn noch mächtiger werden lassen, und in diesem Moment wirkte
er auf sie unbesiegbar. Der Raum bewegte sich noch immer rund um sie herum
und Unerklärbarerweise schien die Zeit noch immer nicht richtig zu laufen.
Verwirrt
und beängstigt umfasste die junge Jägerin weiterhin ihren Pflock, und schloss
kurz darauf die Augen. Sie atmete tief ein, versuchte sich zu konzentrieren und
dabei ihre Angst abzulegen. „Verdammt Dawn, du bist ne Jägerin. Du hast eine
reelle Chance, dass du diesen Kampf überlebst. Außerdem bist du nicht alleine,
Faith wird dich irgendwann hören, hoffentlich. Aber.. warte.. Dawn, du brauchst
sie nicht, du bist nun selbst eine Jägerin! Du bist stark!“
Die
dunkelhaarige Schwester von Buffy riss die Augen auf, und musste kurz schreien,
als sie das Gesicht des Kapitäns ausmachte, der nur mehr wenige Zentimeter von
ihr entfernt stand und sie fragend anstarrte. Der Raum hatte sich aufgehört zu
drehen, die zeitlichen Anomalien waren verschwunden.
“Bist du endlich bereit? Ich warte nicht noch länger..“, sagte der Geist ruhig,
aber stark betont. Seine Augen blitzen auf, und er raste auf Dawn zu.
“Ich bin stark.. ich bin eine Jägerin!“ flüsterte Dawn noch einmal, bevor sie
nach rechts auswich, den Geist, der in seiner festen Form gegen die Wand
knallte, fasste und quer durch den Raum schleuderte.
„Ich
bin nicht deine Maid..“, sprach Dawn weiter, und ging dabei langsam auf den
Kapitän zu, der sich wieder aufrappelte.
„.. ich bin dein Alptraum!“
Dawn
wollte ihm ihre rechte Faust ins Gesicht schlagen, doch sie traf nur Luft, und
ihr Arm schoss durch sein Gesicht hindurch. Er ließ ein hämisches Lachen in den
Raum klingen, bückte sich dann, materialisierte sich wieder, und trat Dawn fest
in den Magen.
Obwohl
sie einen leichten Schmerzensschrei nicht unterdrückten konnte, war sie in
der Lage, die Situation zu nützen, und ihm mit einem schnellen Sprung fest
gegen die Brust zu treten. Ein weiteres mal stolperte das Wesen nach hinten.
Dawns
Nervosität verschwand, und sie sah sich in dem Raum nach etwas brauchbarem um.
Hinter dem Geist fand sie an der Wand zwei alte Säbel, die ihr mehr als
behilflich sein konnten. Ohne weiter nachzudenken, lief sie auf ihn zu, duckte
sich, schlüpfte durch seine Geistergestallt hindurch und fasste sich einen der
Säbel.
„Na
komm schon.. “, sagte Dawn und sah den Kapitän herausfordernd an. Dieser legte
den Kopf schief, dachte kurz nach, und musste plötzlich grinsen.
“Du bist …. Die Auserwählte..“ flüsterte der Geist. „Er.. es.. ich meine .. ich
hab schon einmal eine getroffen.. oh Gott sie war köstlich..“, er leckte sich
mit der Zunge über die Lippen, hob dann die Hand und in der nächsten Sekunde
lag das zweite Schwert von der Wand in seiner Hand.
„Also..
auf geht’s in Runde 2!“ schrie Dawn, umfasste dabei den Griff des Schwertes so
fest, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden, und bereitete sich mental auf einen
langen Kampf vor.
Dawn konnte sich erinnern, dass Buffy auch schon
einmal mit so etwas ähnlichem zu tun hatte.. damals, als sie zurück gekommen
war.. vom.. Himmel. Doch dieser Geist war anders, er musste sich selbst
materialisieren, um Dawn anzugreifen, was ihr
aber dadurch auch Angriffsfläche
bot. Es bestand also eine reelle Chance, dass sie ihn besiegen würde, hoffte
sie zumindest.
„Jägerin.. es freut sich .. ich freu mich schon
darauf, dich zu verspeisen!“ murmelte der Kapitän, trat dann an Dawn heran und
hob das Schwert. „STIRB!“ schrie er, wobei plötzlich Wind in dem Raum aufkam,
und der Boden zu beben begann.
Ohne eine weitere Sekunde abzuwarten, ließ er
sein Schwert auf ihren Kopf herabsausen, doch Dawn machte eine Rolle vorwärts,
riss den Geist dann von den Füßen, und trat ihm während seinem Flug zu Boden
noch fest in den Magen.
“Stirb selbst,
du.. krankes Ding!“ schrei sie, wobei der Mann wie von Geisterhand plötzlich
wieder vor ihr stand, und sein Schwert erneut nach vorne schnellte. Sie blockte
ihn, und ein erbitterter Kampf begann.
Ihre
Schwerter trafen sich, klirrten, funkten, und schossen wieder auseinander.
Schreie hallten in dem Raum, und der Wind ließ Dawns Haare wie wild in alle
Richtungen wirbeln. Dankend dachte sie zwei Jahre zurück, als sie das erste mal
an Buffys Seite mit Schwertern in einem Grab gegen Zombies kämpfte.
Ein
weiteres mal trafen sich ihre Schwerter, doch durch die unerwartete Wucht wurde
ihr auf einmal die Waffe aus der Hand geschleudert. Klirrend knallte sie gegen
die Wand und landete dann auf dem Teppichboden. Entsetzt sah Dawn der Waffe
nach, wich dann einem weiteren Angriff aus, und machte eine weitere Rolle, um
nach dem Schwert zu greifen. Kurz bevor ihre Finger den Griff berühren konnte,
kickte ein dunkler Stiefel die Waffe wieder weg. Dawn fluchte innerlich,
verschwendete aber nicht viele Gedanken daran, und suchte nach
Alternativmöglichkeiten.
Sie
drehte sich auf den Rücken, und hatte plötzlich die Klinge eines Schwertes an
der Kehle. Ihr stockte der Atem, und ein eiskalter Schauer lief ihr über den
Rücken. Würde sie jetzt sterben? Wäre das letzte, was sie in ihrem Leben sehen
würde, wirklich das vernarbte Gesicht eines Geistes. Nein, so durfte es nicht
enden. Nicht jetzt. Nicht so. Der Kapitän lachte, und holte für den finalen
Schlag aus, während die Jägerin ihre gesamte Kraft sammelte, und aus der
Liegeposition sofort auf ihre zwei Füße sprang. Die Klinge sauste herab, doch
Dawn fing sie ab.
Ein
stechender Schmerz durchzuckte ihren Körper, als sie die Klinge des Schwertes
fest in der Hand hielt. Schmerz. Hass. Angst. Das war eindeutig genug. Blut
lief von ihrer rechten Hand, doch Dawn musste das ignorieren. Sie riss dem
Kapitän die Waffe aus den Händen, und schleuderte sie zu dem Schreibtisch.
Wieder
legte der Geist seinen Kopf schief und sah sie verwirrt an. Dawn ging das auf
die Nerven. Sie hasste diesen Blick. Sie hasste sein Verhalten. Sie hasste IHN.
ER würde sie nicht töten, oh nein.
Die
Jägerin drehte sich schnell um, schritt auf den großen Bilderrahmen zu, und
trat den Rahmen in Stücke. Sie nahm einen der größeren Holzlatten, drehte sich
um und fixierte den Geist, der sie immer noch schief ansah.
Was
war nur mit dem los? Es schien als müsse er sich nach jeder Wende eine neue
Kampftaktik überlegen. Es war, als würde er sich erst mit jemand anderem
absprechen…als wäre jemand anders in seinem Kopf.
Dawn
nickte, festigte ihren Griff und lief dann mit einem lauten Kampfschrei los.
Doch diesmal streckte der Geist seine Hand aus, ließ den langen Holzstab durch
sich selbst hindurchfahren und materialisierte sich dann in der Sekunde, in der
er ihren Arm fassen konnte.
Ohne
weiter zu zögern, riss er sie vom Boden, und schleuderte sie mit einer
unerwarteten Wucht gegen den umgekippten, massiven Holzschreibtisch. Als die
Jägerin mit ihrem Rücken dagegen krachte, splitterte das Holz, und auch in Dawn
schien etwas zu brechen. Schmerz. Dawn konnte sich nicht mehr konzentrieren.
Sie fühlte nur mehr Schmerzen, in ihrer Hand und im Rücken.
“Oh Gott..“, flüsterte sie, und sah den Kapitän mit geschockten Augen an, als
er wuchtig vor sie trat und sie böse anfunkelte.
„Deine
Zeit ist gekommen, Jägerin!“
Hafen, selbe Zeit
Buffy
knallte hart mit dem Rücken auf den Boden. Ein Teil ihres Körpers versank
in einem schmutzigen Schneehaufen, und sie fühlte sofort die feuchte Kälte
ihren Mantel durchdringen. Sie versuchte sich aufzurichten, um nach ihrer
Angreiferin zu schauen, doch wieder war sie zu langsam. Eine Faust traf sie
am Kinn und ließ sie über den Boden schlittern. Gut... kein Vampir, aber vielleicht
eine Dämonin. Wie nachlässig, schimpfte sich Buffy selbst und kam benommen
auf die Beine, als die Schlitterpartie an einer Straßenlaterne schmerzhaft
endete. Unter der Wucht des Aufpralls fiel die Lampe aus.
Ihren Mantel würde sie wohl vergessen können, wie sie mit einem raschen Griff
nach hinten in das zerstörte, aufgerissene Außenfutter feststellen musste.
Samielle kam mit starrem Blick auf sie zu. Entschlossenheit
funkelte in ihren Augen und Buffy verzog hilflos das Gesicht. Dies hier würde
alles andere werden, als ein einfacher Standardkampf. Die Jägerin erwartete den
Angriff, der auch kam. Kraftvolle, gezielte Schläge auf alle Stellen ihres
Körpers, die sich schlecht decken ließen. Ihr gelang es kaum die Frau
abzuwehren und musste den einen oder anderen schmerzhaften Treffer einstecken.
Selbst kam sie nicht im Entferntesten dazu, die Asiatin ihre Kräfte spüren zu
lassen.
Buffy stolperte über etwas und
während sie nach hinten flog, drehte sie ihren Kopf. Das Hafenbecken war nur
noch wenige Zentimeter hinter ihr. Eine falsche Bewegung und sie würde in das
eiskalte, dreckige Wasser fallen. Mit einer leichten Seitwärtsdrehung brachte
sich Buffy in Sicherheit, kam mit der Seite auf den Boden auf, stöhnte unter
dem Schmerz auf und wurde am Hals gepackt. Ihre Hände griffen nach denen der
Asiatin und versuchten den Schraubstock zu brechen. Aber Buffy erreichte
nichts. Stattdessen wurde die Jägerin in die Höhe gerissen.
Flinke
Finger begannen den Körper von Buffy nach etwas abzutasten, während der eiserne
Griff der anderen Hand sie festhielt und dabei Buffy die Luft raubte. Buffy
begriff erst in letzter Sekunde nach was diese Frau suchte... die Münzen.
Und mit der plötzlichen Gewissheit, dass diese Münzen zu mehr taugten, als
für D’Hoffryns Tricks, konzentrierte sich die Jägerin, schlug kraftvoll gegen
den Arm, dessen Hand sie festhielt und sah mit einem genugtuenden Lächeln,
dass ihre Angreiferin überrascht und schmerzhaft das Gesicht verzog. Jedoch
ließ sie Buffy nicht los, aber dafür hörte sie auf, nach den Münzen zu suchen,
denen sie gefährlich nahe gekommen war.
Samielle riss Buffy näher an sich heran, um sie
im gleichen Augeblick mit derselben
Kraft wieder von sich zu schleudern.
„Verdammt... das hat schon wieder weh getan,“
stöhnte Buffy sauer und sprang auf die Beine. Sie rieb sich den Hals und
hustete. „Wenn ich es nicht besser wüsste...,“ Buffy schüttelte den Kopf. Die
Kraft der Frau und auch die Schnelligkeit erinnerte sie unheilvoll an Glory.
Aber Glory war eine Angeberin und Schwätzerin gewesen. Dies Frau hier griff
ohne ein Wort an, entschlossen und zielstrebig. Schnell schüttelte sie den
Gedanken an Glory ab und dachte über die Alternative davon zu laufen nach.
Seltsamerweise blieb ein erneuter Angriff aus.
Samielle hatte zwar zu einem weiteren Angriff
angesetzt, hielt aber plötzlich inne, als sie Gefahr spürte. Jemand, der sehr
wichtig für ihren Auftraggeber war, schien einer Bedrohung ausgesetzt zu
sein...
Buffy behielt die Asiatin im Auge und ehe sie
etwas schlaues sagen konnte war die Frau im Schatten der Lagerhalle
verschwunden. „Hey.. warte doch mal.. es fing gerade an Spaß zu
machen....ehrlich.. ich hab mehr drauf,“ Buffy machte einen Schritt auf die
Schatten zu, als eine Krähe scharf vor ihr in die Luft aufstieg und mit einem
tiefen Krächzen, das in Buffys Ohren wie ein Lachen klang, flatterte sie auf
die offene See zu.
Verstört griff Buffy nach den Münzen, um sich zu
vergewissern, dass sie noch da waren. Als ihr Blick auf die Münzen fiel, atmete
sie erleichtert auf.
Geisterschiff, Schiffskabine
Dawns
Oberkörper war ein einziger Schmerzensherd. Ihr blieb die Luft weg, als sie
den Arm bewegen wollte, und sich ein stechender Schmerz in ihr ausbreitete.
Sie
war fertig.. sie war nicht in der Lage,
sich zu wehren, und dessen war sie sich absolut bewusst. Hektisch versuchte die
junge Jägerin nicht zu ersticken, wobei es ihr ziemlich schwer fiel, den
Kapitän mit den Augen zu fixieren. In ihrem Kopf dröhnte es, und jeglichen
Schrei konnte sie gleich vergessen.
Mit
einem triumphierenden Lächeln kam er mit erhobenem Schwert auf sie zu, während
sich die junge Jägerin bewusst wurde, dass sie jeden Moment sterben könnte.
“Oh Gott.. Buffy.. hilf mir..“, schrie sie innerlich. „Ich will
noch nicht sterben.. nicht so.. oh Gott.“
Verzweifelt
versuchte sie um Hilfe zu schreien, doch sie brachte noch immer keinen Ton
heraus. Angst stieg in ihr hoch, Angst, die sie bisher nur ein einziges mal im
Leben gehabt hat, nämlich als sich Buffy für sie geopfert hatte.
Sie
versuchte ein „Lass mich bitte am Leben“ aus dem Mund zu bekommen, doch es
wurde nur ein undeutliches Gestammel, dass er weder hören, noch verstehen
konnte. Aber was hätte es schon genutzt.
Nun
stand er direkt über ihr, und holte mit dem Schwert aus. Dawn schloss die
Augen, bereitete sich darauf vor, den schlimmsten Schmerz ihres Lebens zu
spüren, und dann zu sterben…. Doch es kam nichts.
Überrascht
öffnete sie wieder die Augen, als ein schriller Angriffsschrei den Raum
erfüllte.
Dawn
hatte keine Ahnung, was passiert war, noch wo die Person, die Dämonin, die
gerade vor ihr stand, überhaupt her kam, aber es war ihr eigentlich auch
ziemlich egal.
Es
stand eine Frau zwischen ihr und dem Kapitän, deren Körper von Flügeln umhüllt
war, und im nächsten Moment, waren auch diese schon verschwunden.
Der
Geist stolperte zurück, und das erste mal erkannte Dawn den Ausdruck von
Entsetzen in seinem Gesicht
„Verschwinde
von hier!“ stammelte er. „Du hast hier nichts verloren. Seit wann… seit wann
hast du die Seiten gewechselt?“
Die
Frau drehte sich kurz zu Dawn um, bedachte sie nur mit einem abwertenden
Nicken, wandte sich dann wieder dem Geist zu, und begann ihn laut auszulachen.
Die
Stimme der Frau löste bei Dawn Gänsehaut aus, und ein unangenehmes Gefühl stieg
in ihr auf.
Die
Frau hob langsam ihre Arme und schloss die Augen. Der Geist war am anderen Ende
des Zimmers angekommen, während Samielle keine Anzeichen machte, ihn
anzugreifen. Plötzlich zuckte kurz ihre rechte Hand und ein einziges
unverständliches Wort drang aus ihrem Mund -
daraufhin begannen aus allen Ecken des Raumes Lichter aufzufackeln, die
auf den Geist zuschwebten und sich um ihn herum sammelten. Immer mehr wurden
es, und ohne Vorwarnung riss sie die
Augen auf, schrie auf und ließ damit die Lichter in den Geist fahren. Dieser
brüllte schmerzerfüllt auf.
Ein verächtliches Lächeln erschien auf dem Gesicht der Krähenfrau und mit
ruhigen Schritten ging sie auf das zu, was eben noch ein Geist gewesen war. Der
Lichterzauber hatte ihn materialisiert, und sie konnte ihn am Genick fassen.
„Was..
was soll das? Wie ist das möglich?“ schrie der Kapitän, und visierte plötzlich
panisch Dawn an.
„Mädchen,
hilf mir.. ich werde dich dafür verschonen!“ Panik machte sich nicht nur in
seiner Stimme, sondern auch in seinem Gesicht breit.
Die
Frau begann sich wieder zu verwandeln, und Dawn erkannte, dass neben den
Flügeln auch ein Schnabel in ihrem Gesicht erschien. Ohne dem Kapitän auch nur den
Hauch einer Chance zu geben, riss ihm mit einer einzigen Kopfbewegung die
Halsschlagader auf und ließ den Kapitän zu Boden gleiten.
Dawn
hatte fasziniert und entsetzt zu gleich zugesehen und erst
als das Etwas tot zu sein schien, konnte sie endlich wieder Luft holen, und
die gewonnene Fähigkeit nutzte sie dazu, einen lauten, grellen Schrei auszustoßen.
Die
Krähenfrau drehte sich lächelnd zu ihr um, trat auf sie zu, und verwandelte
sich dabei wieder in einen Mensch, bevor sie vor Dawn stehen bleib.
„D-d-d-danke..“,
stotterte Dawn unsicher, und holte dabei tief Luft. Wer war diese Frau? Eine
neue Unterstützung im Kampf gegen das Böse? Ein neuer Dämon, der sich auf ihre
Seite gestellt hatte, um gegen die eigene Sippschaft zu kämpfen?
“Nicht übermütig werden. Ich hab dir nur das Leben gerettet, weil das meine
Aufgabe war. Aber glaube nicht, dass ich dein neuer Schutzengel bin. Du wirst
mich schon noch kennen lernen--- so richtig!“ sagte sie und zwinkerte ihr kurz
zu bevor sie sich umdrehte, sich in eine Krähe verwandelte und durch die offene
Tür, die wieder da war wie Dawn erst jetzt entdeckte, in die Freiheit flog.
Und
als Dawn zu der Stelle blickte, an der der tote Mann liegen sollte, war dort
nur der nackte Holzboden zu sehen...
Giles Wohnung,
selbe Nacht, etwas später
„Es war unheimlich,“ gab Buffy nur ungern
gegenüber Giles zu, der mit sorgenvoller Miene aus der Küche mit einem
Kühlbeutel auftauchte. „Wenn wir wenigstens wüssten, ob das alles im
Zusammenhang steht...,“ seufzte die Jägerin und nahm Giles den Kühlbeutel ab,
um ihn sich gegen das Kinn zu pressen, auf dem sich bereits ein hässlicher,
blauer Fleck bildete.
“Ich glaube nicht das die Münzen in einem Zusammenhang mit dem Geisterschiff
stehen,“ Giles setzte sich auf die Kante des Couchtischchens.
„Woher wollen Sie das so genau wissen? Bis jetzt
haben wir nur bruchstückhafte Informationen, die wir erst einmal
zusammenpuzzeln müssen,“ widersprach Buffy und verzog das Gesicht, als die
Kühlung unangenehm wurde.
„Weil ich bereits mit Dawns Informationen einer
recht heißen Spur gefolgt bin. Einen Moment,“ voller Tatendrang eilte Giles
nach unten, um seine Notizen zu holen. Buffy nahm den Kühlbeutel herunter und
presste ihn sich auf das Knie. Irgendwie tat ihr alles weh und sie war müde.
Mit düsterem Blick starrte sie auf die Münzen, die sie Giles auf den Couchtisch
gelegt hatte. Eine Türe auf dem Flur ging auf und zu und Buffy musste nicht
erst aufsehen, um zu wissen, dass Lily aus ihrem Zimmer aufgetaucht war.
„Was
ist passiert?“, die Wächterin hatte einen besorgte
Gesichtsausdruck, als sie zu Buffy an das Sofa trat.
„Jemand hat mich als Punching-Ball benutzt. Mal
wieder,“ brummte Buffy wenig begeistert über das Gespräch und sah schließlich
doch auf. Lily stand neben dem Sofa und sah abwechselnd zu ihr und den Münzen.
„Sind das nicht die Münzen, die Willow von
D’Hoffryn hat?“, sie setzte sich zu Buffy und nahm eine der Münzen in die Hand.
„Ja, Kennedy hat sie entdeckt und mitgenommen.
Und irgendjemand war gestern und heute Nacht ganz scharf darauf.“
„Jemand ist hinter den Münzen
her?“ Lily zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Interessant. Dann sind sie
bestimmt zu mehr nütze, als wir
angenommen haben. Vielleicht sollten wir sie hier aufbewahren?“ Schlug Lily
vor. Doch Buffy blieb ihr eine Antwort schuldig, als Giles Stimme von der
Treppe erklang.
„So hier.. oh...,“ Giles tauchte auf der Treppe
auf und lächelte, als er Lily bei Buffy sitzen sah. Er gab noch immer nicht die
Hoffnung auf, dass sich die beiden irgendwann seit dem Vorfall mit dem Virus
wieder vertrugen. Auch wenn er und Lily seid dem ein paar Probleme in ihrer
neuen Beziehung hatten. „Hat dir Buffy erzählt, was passiert ist?“
Lily nickte und stand auf. „Ja und ich bin
dafür, dass wir die Münzen hier im Tresor aufbewahren sollten. Aber lasst euch
nicht stören, ich muss noch etwas erledigen.“
Kaum
das Lily gegangen war und Giles wieder saß, warf Buffy den warm gewordenen
Kühlbeutel auf den Tisch und sah ihren einstigen Wächter erwartungsvoll an.
„Lily hat mit den Münzen recht,“ murmelte Giles
mit Blick auf die Münzen. „Ich schließe sie heute Nacht ein. Sie sind bei
Willow nicht sicher und offensichtlich auch nicht bei dir.“
„Wenn Sie meinen?“, sagte Buffy vorsichtig und
nickte schließlich. „Einverstanden. Aber was ist jetzt mit dem Geisterschiff?“
“Oh ja, natürlich,“ Giles räusperte sich und nahm seine Brille ab. Er war
müde und seine Augen brannten. Insgeheim hoffte er seine Informationen kamen
nicht zu spät, um Faith bei ihrer Suche nach dem Geisterschiff zu helfen..
„Ich habe hier etwas, das uns weiterhilft und mit Mo’s Auskunft, ergibt das
Ganze auch einen Sinn. Allerdings werden keine Münzen oder ein Krähenwesen
erwähnt. Daher gehe ich fest davon aus, dass kein
Zusammenhang besteht.“ Giles schlug das Buch auf. „Es gibt verschiedene Arten
von seelenfressenden Dämonen. Hierbei handelt es sich aber höchst wahrscheinlich
um einen Mullog– Dämon. Eine Unterart der von mir erwähnten Wasserdämonen.“
Er zeigte Buffy die Abbildung die ein nebelartiges Wesen darstellte, dessen
Konturen und Formen nur schwer mit den Augen zu erfassen war. Trotz allem
war zu erkennen, dass der Mullog eine Fratze zog und sein Körper mit Algen
behangen war. „Diese Mullog-Dämonen brauchen menschliche Seelen, um zu überleben
oder kurz feste Formen annehmen zu können. Alle 250 Jahre nehmen sie allerdings
für einen Tag eine körperliche Gestalt an, nachdem sie sich ausreichend von
Seelen ernährt haben und tauschen ihren ausgebeuteten Wirtskörper aus, um
mit ihrem Spiel für weitere 250 Jahre fortzufahren.“
„Und was macht dieser Mullog– Dämon mit den
leeren, menschlichen Hüllen?“
„Darüber streitet sich noch die Fachwelt. Einige
behaupten, der Dämon behält die seelenlosen Geister als Sklaven, andere glauben,
dass er auch ihre Körper verschlingt, nicht nur die Seele. Aber wir müssen
davon ausgehen, dass an Bord dieses Schiffes irgendwo seelenlose Menschen
herumirren, die kein Gewissen mehr haben und durch ihre lange Gefangenschaft
jeden und alles blind angreifen werden.“
„Klingt wie nach einem normalen Arbeitstag,“
scherzte Buffy halbherzig. „Und tatsächlich nach einem Geisterschiff.“
„Jetzt da wir wissen, um welchen Dämon es sich
handelt, können wir ihn auch besiegen.“
„Sagen sie das doch gleich,“ atmete Buffy
erleichtert auf. „Ich breche sofort auf, wenn Sie mir die Information gegeben
haben...“
„Es gibt nur ein Problem.. Faith ist bereits vor
Stunden alleine losgezogen, um sich um das Schiff zu kümmern und hat keine
Ahnung was sie erwartet...“
... Schritte auf der Treppe...
Ihre Köpfe flogen herum, als eine
Gestalt in einem schmutzigen, und etwas zerrissenen Anzug den Raum betrat, eine
Pfeife in der Hand.
"Sieh an, der kleine Hobbit ist wieder da." Buffy verzog das Gesicht.
"Du kommst genau richtig, um ein paar Orcs zu jagen!"
Geisterschiff, Frachtraum
Ohne
weiter nachzudenken, drehte sich Faith um, doch bevor sie auch nur einen Schritt
aus dem Raum setzen konnte, wurde sie von hinten an ihrem Kragen gefasst und
in hohen Bogen gegen die Fensterscheibe geschleudert. Das Glas klirrte und
splitterte, wobei Faith nur hoffte, dass es ihr nicht die Hauptschlagader
aufschlitzen würde.
Sie
landete hart auf dem Stahlboden des Lagerraums, kam jedoch gar nicht dazu, Luft
zu holen, da man sie schon im nächsten Moment wieder erfasste, und mit enormer
Wucht gegen die Decke schleuderte.
Die
Jägerin spürte, wie warmes Blut aus ihrer Nase lief und ein pochender Schmerz
sich in ihrem Kopf breit machte.
“Verdammt!“ fluchte sie, rollte sich ab, und brachte es fertig, beim
Aufspringen einen Geist in die Ecke zu befördern. Ein kurzer Schwindelanfall
verlangsamte sie kurz, und als sie von einer weiblichen Hand an der Schulter
gefasst wurde, duckte sie sich, griff dabei nach hinten, und schleuderte den
Angreifer über sich hinweg, direkt in zwei Geister, die vor ihr standen.
Nur
einen Augenblick später sprang Faith hoch, fasste nach dem Gitter, das zum
Oberdeck führte, und rüttelte stark daran. Staub fiel ihr entgegen, und nachdem
sie kurz husten musste, löste sich das Gitter aus der Halterung und krachte
nach unten, wobei die Jägerin sich vor dem Aufprall schützte, indem sie das
Teil auch auf die Gestalten zuschoss.
Sie
wollte gerade eine sarkastische Meldung über die kampfunfähigen Angreifer
ablassen, als sie jemand an dem Knöchel fasste, ihr den Boden unter den Füßen weg
zog, und sie mit dem Gesicht auf dem harten Boden aufschlug.
Erie-See, etwas später
Die
Autotüren flogen mit Schwung auf, und Buffy, Andrew und Xander sprangen aus
dem Fahrzeug. Ihre Gesichter spiegelten Stress, aber auch Tatendrang wieder.
„Verdammt..
es ist stockfinster… ich seh absolut nichts!“ fluchte Xander, und hielt dabei
Ausschau nach dem Schiff. Buffy lief an
ihm vorbei, überrannte Andrew dabei fast, der ein lautes „HEY.. Vorsicht!“ von
sich gab, und blieb kurz vor dem Wasser stehen.
„Dort..
!“ schrie sie plötzlich, und riss ihren rechten Arm hoch. Andrew und Xander
folgten mit ihrem Blick der Richtung, und machten mitten am See ein altes,
leicht blau leuchtendes Schiff aus.
„Wie
kommen wir dort nur hin?“ fragte Andrew unsicher, und sah Buffy fragend an.
„Schwimmen!“
antwortete diese, wurde aber von Xander davon abgehalten, ins Wasser zu
laufen.
“WAS?“ schrie sie genervter als eigentlich gewollt. Faith war alleine auf
diesem Schiff, und das Schiff war möglicherweise voller aggressiver,
seelenloser Wesen. Oder Geister. Sie musste da hinaus, und wenn sie eben
schwimmen musste, dann wäre das auch egal.
„Dort..
siehst du den Hafen? Nehmen wir ein Schnellboot, das geht schneller, denk ich!“
antwortete Xander ruhig, und ignorierte ihre übertriebene Reaktion. Buffy hatte
letztes Jahr viele Jägerinnen verloren, da war klar, dass sie nicht so ruhig
bleiben konnte, wie sonst.
Buffy
nickte und rannte los. Am Steg angekommen, blieb sie kurz stehen, visierte dann
eines der größeren Schnellboote an und zeigte es den beiden.
„Ich
werd es kurzschließen!“ schrie Xander, sprang in das Boot, und wollte schon
anfangen, das Armaturenbrett zu zerschrauben, als sich Andrew zu Wort meldete.
“Ich will
ja dem Handwerker nur ungern seine Arbeit wegnehmen, aber vielleicht liegt
dort im Häuschen des Portiers ein Schlüssel.“
Buffy
nickte ihm zu, merkte sich die Nummer des Liegeplatz und trat daraufhin die Tür
des kleinen Holzhäuschens ein. Nur wenige Minuten später steckte Xander den
Schlüssel in das Zündschloss und drehte ihn um.
Der
Motor heulte auf, hustete kurz, und gab dann ein monotones Dröhnen von sich.
„Gib
Gas!“ schrie Buffy, die bereits an der Reling stand, und nach dem Boot Ausschau
hielt. Xander grinste, sah kurz zu Andrew, der hinter ihm stand, bedeutete ihm
mit einem Nicken, dass er sich festhalten solle, und gab dann Gas.
Wächterhaus,
zur selben Zeit
Giles
griff nach dem Türknauf zu seinem Büro im unteren Stock, auf der Suche nach
einer alten Schriftrolle, die er hier unten liegen gelassen hatte. Seine Recherchearbeit
im Fall des Geisterschiffs schien abgeschlossen zu sein und ihm blieb nur
noch übrig die restliche Arbeit Buffy und seinen jugendlichen Freunden zu
überlassen – und aufzuräumen. Er hoffte, dass alles gut ging und sich niemand
den Fall betreffend geirrt hatte.
Er öffnete, als hinter ihm Schritte zu hören waren. Er sah den Flur hinunter
und entdeckte Lily.
„Oh.. du bist schon zurück?“, Giles knipste ohne in den Raum
einzutreten, das Licht an.
„Ich musste nur etwas kurz besorgen,“ Lily hob eine Einkaufstüte in die
Höhe. „Ist Buffy schon unterwegs?“
„Ich schätze sie versuchen in dieser Minute das Rätsel um das
Geisterschiff zu lösen.“
„Du hast herausgefunden, um was es sich handelt und wie man den Dämon
aufhalten kann?“
„Es ist ein Mullog-Dämon, der menschliche Seelen frisst, um Kraft für
seine Materialisierung zu sammeln.“
„Ich kenne diesen Wasser-Dämon. Jedenfalls habe ich schon davon gehört.
Er braucht einen Wirt, dessen Körper und Seele er in Besitz nimmt. Aber wie
kann man einen Geisterdämon aufhalten?“
„Ich war mir nicht sicher, aber als Buffy unterwegs zu Mo war, fiel mir
eine alte Schriftrolle ein – ein Teil eines alten Wächtertagebuches. Die darin erwähnte Jägerin kämpfte erfolglos
gegen einen Mullog-Dämon. Hier in Cleveland. Ich weiß nicht, wie ich das
vergessen konnte..“
„Dir ist es noch rechtzeitig eingefallen. Und es liegt sicher eine
Ewigkeit zurück.“
„Sicher,“
Giles schien nicht überzeugt. „Jedenfalls erwähnte der Wächter, dass ein Mullog
seine Opfer zu seelenlosen Geistern verdammt und sie auf seinem Schiff als
Sklaven hält, um eine Armee gegen Angreifer zu haben. Seine Geister und er
selbst können sich allerdings nur einem physikalischen Kampf stellen, wenn
sie sich materialisieren. Hier liegt ihr Schwachpunkt. Falls Buffy und Faith
nicht von zu vielen Angreifern erwartet werden, können sie sie mit etwas List
und Schnelligkeit ausschalten. Ist ihnen dies gelungen, müssen sie nur noch
den Fluch vom Schiff nehmen, mit dem der Mullog ein Schiff belegt, um den
vollständigen Besitz über die Seele des Besitzers zu erlangen.“
„Und wie sieht dieser Fluch aus?“
Giles zuckte mit den Schultern. „Da der Wächter seine Jägerin in diesem
Kampf verloren hatte, gibt es keine Aufzeichnungen darüber. Aber ich glaube,
wenn Buffy und Faith das Boot in Brand stecken oder es versenken, tut es das
auch.“
Geisterschiff,
Frachtraum
Faith
war kurz weggetreten, als sie plötzlich spürte, wie jemand sie erneut an den
Füßen fasste. Sie riss benommen ihre Augen auf, versuchte, das Dröhnen zu
ignorieren, von dem ihr Kopf erfüllt war, und orientierte sich kurz.
‚Okay..
ich befinde mich noch im Frachtraum.. umgeben von verrückten Geistern… da oben
ist eine Luke. Ich muss aus diesem Raum raus..’ schoss es ihr durch den Kopf.
Schnell zog sie kräftig ihre Füße an sich heran, überraschte damit das Ding,
das sie an den Füßen gepackt hatte, und kam frei. Sofort sprang sie hoch, trat
dem überraschten Geist in den Magen, sah sich noch einmal kurz um, und sprang
dann hoch.
Sie
ergriff den Rand der Luke, die früher von einem Eisengitter verschlossen war,
zog sich hoch, und befreite sich damit aus dem Raum.
Sie
holte tief Luft, machte dann eine Rolle von der Luke weg, und sprang auf.
Sie wollte sich gerade umdrehen und weiter kämpfen, als sie plötzlich einige Lichter auf das Boot zurasen sah. „Oh Gott,
ich hoffe das ist B.!“ flüsterte Faith, und bekam im nächsten Moment wieder
einen Schlag gegen den Hinterkopf.
Schnellboot
„Dort
ist Faith!“ schrie Andrew plötzlich, und schreckte Buffy hoch, der erst jetzt
aufgefallen war, dass Andrew plötzlich neben ihr stand.
„Oh
Gott.. sie scheint keine Chance zu haben. Xander, gib Gas!“ schrie die blonde
Jägerin, und bemerkte nicht, dass ihr Freund schon längst mit Vollgas fuhr.
Als
sie dem Schiff nahe genug waren, stellte sich Buffy auf die Reling, nickte
Andrew und Xander zu, und sprang auf den alten Fischerkahn, während Xander das
Boot bremste, und versuchte, neben dem Aufgang stehen zu bleiben.
Buffy
landete auf dem alten Boden, und nahm in der Mitte des Decks ein Loch im Boden
wahr. Faith lag daneben am Boden, und ungefähr 10 Geister hatten sich rund um
sie versammelt. Oder Dämonen.. oder Untote... so recht wusste das Buffy nach
Giles Erklärungen nicht mehr.
„FAITH!“
schrie die blonde Jägerin, hob ein abgebrochenes Stück Holz vom Boden auf,
und lief auf die Gruppe zu. Faith öffnete wieder langsam die Augen, und nun
war das Dröhnen zu einem lauten Klingeln geworden.
“Oh Gott..
ich fühl mich als hätte ich ne Alkoholvergiftung hinter mir..“, stöhnte Faith
auf, bevor sie erkannte, dass sie sich noch immer in Lebensgefahr befand.
Ohne
wirklich zu erkennen, was eigentlich los war, verschwanden zwei Geister
urplötzlich mit einem lauten Schrei aus ihrem Blickfeld, und eine weibliche
Hand wurde der dunkelhaarigen Jägerin entgegen gestreckt. Ohne darüber
nachzudenken ergriff sie diese, zog sich hoch, und war plötzlich nur 2
Zentimeter von Buffys besorgtem Gesicht entfernt.
„Hi,
B!“ sagte Faith, und versuchte zu lächeln.
„Damit
sind wir wohl wieder einmal Quitt.“ antwortete diese, zwinkerte der Jägerin zu,
und machte sich kampfbereit.
Wächterhaus,
Flur
„Das klingt kompliziert und sehr anstrengend,“ sagte Lily mit ernster
Miene. „Aber ich vertraue auf Buffy und Faith. Die beiden sind sehr fähig.“
Giles horchte auf. „Vor einiger Zeit hast du noch etwas anderes
behauptet.“
„Vor einiger Zeit,“ betonte Lily spitz. „Habe ich weder Buffy noch
Faith kritisiert, höchstens ihr Verhalten und das deinige als ihr Wächter.“,
korrigierte Lily.
Giles gab resignierend nach und beließ es dabei, bevor sie erneut
stritten. „Übrigens habe ich heute Mittag ein Memo aus London bekommen,“
wechselte Giles das Thema und ging in sein Büro, um die Schriftrolle schnell zu
holen.
„Wegen der Prüfung?“, rief ihm Lily nach.
„Ja.“, er tauchte wieder im Flur auf, löschte das Licht und schloss die
Tür. Für einen Moment genoss er Lilys
neugierigen und ungehaltenen Blick, ehe er sie erlöste. „Allerdings erwarte
nicht zu viel. Es ist ihnen scheinbar nicht recht ohne unsere Anwesenheit abzustimmen.
Zudem ist es im Augenblick etwas unpassend, über dieses Thema ernsthaft zu
diskutieren. Es gibt noch immer genug Jägerinnen, aber zu wenige Wächter. Somit
wurde die Abstimmung auf unbestimmte Zeit vertagt und die Reifeprüfung, egal
welche Jägerin betreffend, ebenso.“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“ Lily blieb auf halbem Weg die Treppe
nach oben stehen.
„Ich kann mich nicht erinnern, eben einen Witz erzählt zu haben.“
„Aussetzen? Einfach so? Und wenn die Abstimmung dafür ist, kämpfen
vielleicht 30 Prozent der Jägerinnen ungeprüft gegen das Böse? Du siehst doch
gerade was alles passieren kann? Nimm L.A.“
Ganz unrecht konnte Giles Lily in diesem Fall nicht geben, trotzdem
verspürte er wenig Lust ihr laut zu zustimmen.
„Beschlossen ist beschlossen und ich werde mich hüten dagegen etwas zu
unternehmen.“
„Natürlich, weil es dir entgegenkommt.“ Lily setzte beleidigt ihren Weg
nach oben fort.
„Nun warte doch,“ Giles ging ihr nach und hielt sie am Ellbogen auf.
„Ich habe über deine Argumente nachgedacht.“
„Ach?“ Lily zog erstaunt die Augenbrauen nach oben.
„Emma hat akzeptiert, was sie ist. Auch wenn sie sich vor kurzem noch
dagegen ausgesprochen hatte, so will sie doch von uns lernen, um im Kampf zu
bestehen. Das sie bald 18 wird und eigentlich einer brutalen Prüfung
entgegensieht, habe ich ihr verheimlicht, um sie nicht noch mehr zu
verschrecken. Da stimmst du mir doch zu?“
Lily nickte, wenn auch anfänglich mit einem kleinen Zögern.
„Das
heißt du gibst zu, dass die Prüfung eine abschreckende Wirkung hat, also unmenschlich
und brutal ist?“ Mit einem kleinen genugtuenden Lächeln registrierte Giles,
dass er Lily mit diesem kleinen Kniff reingelegt hatte, sofern er ihr saures
Gesicht richtig deutete. „Wieso können wir dann nicht einfach hergehen und
unseren Kollegen einen Kompromiss unterbreiten? Wir behalten die Prüfung bei,
falls die Mehrheit dafür ist und wandeln sie ein wenig ab? Sie endet nicht
mehr tödlich und im Fall eines Nichtbestehens muss die Jägerin sie wiederholen.
So weiß ein Wächter ohne Verlust, wie gut ausgebildet seine Jägerin ist oder
nicht und ob es noch Nachholbedarf gibt. Selbstverständlich werden wir auch
alle Jägerinnen nachträglich prüfen, die inzwischen 18 geworden sind.“
Lily ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen und nickte schließlich.
„Du hast wirklich gut darüber nachgedacht, Rupert Giles.“ Sie lächelte
verschmitzt. „So gut, dass mir kein Argument dagegen einfallen will.“
„Ich habe dich also überzeugt?“, Giles wirkte sichtlich erleichtert.
„Und das ganz ohne Streit,“ lächelte Lily nicht ganz unfroh über diesen
Umstand und zog Giles, der sie noch immer am Ellbogen hielt mit sich hinauf.
„Aber ich wüsste etwas, mit dem du mich mehr als überzeugen könntest.. etwas,
dass ich seit das Militär abgerückt ist vermisse....“
Geisterschiff,
Schiffskabine
Dawn
fasste sich langsam mit der Hand gegen den schmerzenden Kopf. Was war hier nur
gerade geschehen? Wer war diese mystische Dämonin gewesen? Und warum hatte sie
ihr Leben gerettet?
Langsam
und mit zittrigen Beinen versuchte sie, aufzustehen. Die Tür, durch die die
Krähe geflohen war, stand immer noch
offen, und laute Kampfgeräusche drangen von draußen herein. Mit wackligen
Beinen und schmerzenden Rücken schleppte sie sich zu der offenen Tür. Benommen
blickte sie auf das offene Deck. Ihr blieb fast der Atem weg, als sie erkannte,
wie viel Geister sich da draußen befanden.
“Oh mein.. Gott!“ japste sie, als sie ihre auswegslose Situation erkannte.
Obwohl die Gestalten, gegen die Buffy und Faith vor ihren Augen kämpften, um einiges
schwächer wirkten als der Kapitän, mit dem sie es zu tun bekommen hatte, würden
sie hier wohl nicht Lebend vom Schiff kommen.
Erst
jetzt war ihr aufgefallen, dass sich der Raum, in dem sie stand, vollkommen
verändert hatte. Neben ihr befand sich eine große, verstaubte Glasscheibe, und
ein altes Steuerrad. Dawn konnte nicht glauben, dass sie sich schon die ganze
Zeit über in diesem Raum befunden hatte.
Sie
ließ ihren Blick durch den Raum gleiten, rutschte an die Wand gelehnt zurück
auf den Boden, und entdeckte mitten im Raum eine alte Holzkiste.
Andrew
knotete das Seil, das Xander ihm zugeworfen hatte, an dem Geisterschiff fest,
drückte Xander
eines der beiden Schwerter, die er ihm vorher anvertraut hatte, in die Hand und sah ihn
lächelnd an.
“Da oben ist
Krieg..“, sagte Andrew plötzlich. „.. pass auf dich auf!“
Xander
nickte: "Du aber auch, halt dich lieber hinter mir!" Er umgriff das Schwert,
und sprang ebenfalls auf den Geisterkahn. Noch bevor er sich überhaupt umsehen
konnte, stand einer der Geister vor ihm, und lächelte ihn gierig an.
„Naaahhrung..
hrr!“ murmelte der Angreifer, und Xander nahm Kampfstellung ein. Andrew,
der sich gerade bereit machte, aufs Schiff zu springen, erstarrte mitten in der
Bewegung, und ließ vor Schreck seine Waffe fallen. Zum Glück landete sie nicht
im Wasser, sondern fiel scheppernd ins Boot zurück.
Xander
ließ sein Schwert herunter sausen, schnitt aber nur durch Luft. Der Geist
lächelte, machte einen Salto über ihn, und trat ihn in den Rücken.
„Denk
an das, was Giles mir erklärt hat,“ rief Buffy über die Köpfe der Geister
hinweg zu Xanders Position. „Sie materialisieren sich nur kurz.“
„Xander,
pass auf!“ schrie Andrew vom Boot. „Dreh dich.. links!“
Xander
machte ein Rolle, knallte mit dem Kopf gegen ein altes Fass, und stöhnte laut
auf. Da hatte ihm Andrew ja einen guten Tipp gegeben.
“Los, gegen die Füße!“ schrie Andrew und vergaß ganz sich nach seinem Schwert
zu bücken, um Xander zu helfen.
Xander
sah auf, versuchte ohne Erfolg dem Geist die Füße weg zu treten, und bekam nach
einem „VORSICHT!“ von Andrew wieder einen Tritt ins Gesicht.
Xander
schrie kurz auf, bevor er wieder ein „Los, mach schon.. pass auf.. runter!“
hörte.
Xander
war genervt. Wieso kämpfte er eigentlich nicht selbst? Ohne weitere Gedanken
sprang Xander überraschend auf, erfasste den überraschten Geist, und schleuderte
ihn zu Andrew aufs Boot.
„Viel
Spaß, Kleiner!“ schrie Xander, zwinkerte ihm zu, und wandte sich dann dem
nächsten Angreifer zu.
Andrew
schrie erschrocken auf, wich zurück, und tastete nach dem Schwert , das
irgendwo neben ihm liegen sollte. Der Geist selbst schien über den plötzlichen
Ortswechsel ein bisschen überrascht zu sein und das nutzte Andrew sofort aus,
kaum hatte er das Schwert in seiner Hand. Allerdings...Andrew lief auf ihn zu,
stolperte über einen Rettungsreifen, der am Boden lag, und durchbohrte mehr
unabsichtlich als gewollt den Fuß des Geistes mit seinem Schwert.
Buffy
und Faith standen Rücken an Rücken. Ihr Atem war gleichmäßig und ruhig, ihr
Pulsschlag leicht erhöht. Sie konzentrierten sich auf die 14 Geister, die sie
in einem Kreis umgaben.
„Faith,
wieso bist du eigentlich ganz alleine hier her gelaufen ohne zu wissen, was
dich erwartet?“, Buffy war nicht ganz frei von jedem Vorwurf in ihrer Stimme.
„Hmm..
bin ich eigentlich nicht. Dawn ist mir gefolgt“, antwortete Faith trotzig.
Buffy drehte geschockt den Kopf.
„Bitte was? Faith.. wo ist meine Schwester?“
fragte Buffy.
„Sie
ist dort im Führerhaus. Sicher, keine Angst. Die Geister waren alle nur im
Frachtraum. Jetzt sind sie alle hier an Deck. Sag mir lieber, wie wir uns diese
Biester vom Leib halten,“ fragte Faith und fixierte die Gegner, die sie zwar
aggressiv ansahen, aber nicht angriffen.
„Hör
mir gut zu, Faith. Ich weiß von Giles wie wir die Situation unter Kontrolle
bekommen. Aber vorher müssen wir die Opfer dieses Mullog-Dämons los werden.
Wenn wir sie nur angreifen können, wenn sie sich materialisieren, dann sollten
wir immer zu zweit auf einen Gegner losgehen. Sobald er sich materialisiert, um
einen von uns anzugreifen...“
„.. schlägt ihn die andere KO?“ vollendete Faith
den Satz.
„Genau.
Dafür müssen wir aber hier aus dem Kreis raus. Bei drei, Richtung Führerhaus.
Also.. eins.. zwei.. drei!“
Die
beiden Jägerinnen drehten sich in die gleiche Richtung, nutzten den
Überraschungsmoment aus und glitten durch die nicht materialisierten Körper der
Geister, ehe diese begriffen, was passiert war. Sofort wandten sich die beiden
Jägerinnen wieder dem Kreis der Geister zu. Beide hoben ihre Fäuste, nickten
sich gegenseitig zu, und erwarteten den ersten Angreifer.
Xander
duckte sich gerade, als Buffy und Faith ausbrachen, trat dem Geist in den Magen
und schleuderte ihn gegen das alte Fass. Er war überrascht, wie schnell er
reagierte oder wie langsam die Geister dematerialisierten. Ohne weiter zu
zögern, hob er das Schwert, und schlug dem Geist einen Arm ab, der daraufhin
sich auflöste und wie es Xander erschien direkt vor seinen Augen im Boden
verschwand.
Gleichzeitig
vernahm Xander einen Schrei von Andrew, der durch das Boot stolperte, und es
irgendwie geschafft hatte, dem Geist mit dem Schwert ein Auge zu durchbohren.
„Andrew..
ist alles in Ordnung?“ rief Xander über die Reling, und machte sich bereit, auf
das Boot zu springen.
„Ne..
ich.. ich.. ich schaff das schon!“ antwortete Andrew, bevor er sich duckte, um
einem Schlag auszuweichen.
„Okay!“
antwortete Xander, drehte sich um, und widmete sich einem der Geister, der von
Buffy und Faith in seine Richtung flüchtete.
Im Inneren des Geisterschiffs
Dawn
kroch langsam und müde auf die alte Holzkiste zu. Sie war überrascht, dass ihre
Schmerzen sogar jetzt schon ein bisschen nachgelassen hatten, machte sich aber
trotzdem sorgen um Faith und Buffy, die vor der Tür um ihre Leben kämpften.
Die
Schmerzen in ihrem Kreuz verursachten aber noch immer ein Stechen in ihrem
Brustkorb, was ihr das Atmen ziemlich schwer machte. Endlich hatte sie die
Kiste erreicht, und in dem Moment, in dem sie ihre Hand auf den Deckel legte,
splitterte die Scheibe, die vor dem Steuerrad angebracht war, und ein Geist
flog durch die Öffnung und knallte zwei Meter neben Dawn auf den Boden. Einen
Moment später dematerialisierte er sich, und sank durch den Boden.
„Dawn…
ist alles in Ordnung?“ fragte Buffy, die nun bei der Öffnung aufgetaucht war.
Dawn hob überrascht den Kopf, und versuchte ihre Schwester so erfreut wie
möglich anzusehen.
“Oh .. ja. Haltet nur diese Typen von mir fern!“ antwortete Dawn, und lächelte
ihre Schwester, mehr gezwungen als wirklich ernst gemeint, an.
„Okay..
bleib hier, scheint ja ziemlich sicher zu sein..“ Buffy wurde allerdings
unterbrochen, als Faith aufschrie, und Buffy einen der Geister zuschleuderte,
bevor sie selbst von einem anderen vom Boden gerissen wurde.
„..
aber ich sag dir eins. Zuhause .. wirst du ziemlichen Ärger bekommen!“
Dawn
nickte, sah ihre Schwester wieder in die Dunkelheit verschwinden, und widmete
sich wieder der Kiste.
Sie
war verschlossen, doch die junge Jägerin erkannte eine Schrift auf dem Deckel.
“Vier weiße Mächte wissen, ob du verstehst. Drei weiße Schiffe, um zu sehen,
wo du stehst. Zwei dunkle Mächte, zu testen, warum du es bist, drum dreh dich
um, und schau, WO es ist.“
Dawn
verstand nicht. Was wollte man ihr hiermit sagen? Inwiefern sollte ihr das
helfen, diese Box öffnen zu können? Ein weiterer Schrei kam von draußen, und
wenn sie sich nicht täuschte, war es Andrews Stimme. War er etwa auch hier? Sie
hatte ihn vorhin gar nicht gesehen. Sie musste sich beeilen.
Dawn
ließ ihren Blick suchend durch den Raum gleiten. Es gab hier nichts besonderes,
außer das Steuerrad, und den, in echt viel kleineren Schreibtisch, der in der
Ecke lag. Die Magie, die diesen Raum vorher derart verändert hatte, musste mit
dem Kapitän in Zusammenhang gestanden haben.
Das
Bild? War auf dem Bild nicht eine Seeschlacht zu sehen? Dawn überwand sich und
stand auf, obwohl sich ihre Knie anfühlten, als hätten sich die Knochen in
Pudding verwandelt. Wo war dieses Bild gewesen? Dawn versuchte sich, den per
Magie kreierten Raum noch einmal vorzustellen. Dort hinten, vor dieser dunklen
Wand war der große Schreibtisch gestanden, dahinter hing das Bild.
Dawn
nickte, und wankte darauf zu. Es war nichts zu sehen? Was musste sie nur tun?
Und was, wenn es gar nicht um das Bild ging? Dawn hob die Hand und fuhr über
die Stelle, an der das Bild hing.
Plötzlich
bildeten sich rechts und links neben ihr weiße Linien an der Wand. Rauch kam
aus den leuchtenden Linien, und ein lautes Rauschen erfüllte den Raum bis sich
ein Quadrat gebildet hatte. Schrift erschien in der Mitte.
„Du Lebst noch, sei stolz drauf. Durch Wände gehen ist nicht
schwer, denn dein echter Körper ist ziemlich leer. Du schreibst, du kämpfst, du gehst.. doch alles was du noch hast,
ist dass du noch lebst. Du kannst nicht raus, weil sie dort warten. Hast nur
eine Chance, jetzt mischen wir die Karten…“
Dawn
trat mit einem verwirrten Gesichtsausdruck von der Wand zurück. Was wollte man
ihr damit sagen? Der Text verschwand und ein weiterer Satz erschien:
Dawn
wankte zurück zu der Kiste, die sich jetzt ohne Probleme öffnen ließ, und
erblickte drei Karten, auf denen Abbildungen waren und ein Name stand darauf.
Sie
bückte sich und nahm sie mit zitternden Händen aus der Box. Ihre Gedanken
rasten. Was war das hier? Machte sie wirklich etwas schlaues?
Sie
betrachtete die Karten, die sie nun in den Händen hielt.
„Die
Amazone, Die Braut und Der Schlüssel.“ ... Dawn wusste nicht weiter.
„Verdammt.. ich weiß nicht was ich damit machen soll!“ schrie sie, und warf die
Karten wieder in die Kiste.
Wieder
erschien ein Text auf der Tafel.
“Du spielst nicht Karten? Na dann musst du wohl noch warten. Geh zurück und
schau ins Licht, was siehst du dann, was siehst du nicht?“
Dawn
verlor die Nerven. Was sollte der Mist. Zurück? Licht? Keine Ahnung. Sie griff
noch einmal in die Box, schnappte sich ohne nachzudenken die Amazone, und
knallte sie auf die Tafel.
„Das Raten ist wohl auch nicht deins. Die Amazone ist es nicht,
steht sie doch nie im Licht. Du selbst, hör auf dein Gefühl. Du hast noch ne
Chance, verspiel sie nicht.“
Auf Deck
„BUFFY,
pass auf!“ schrie Faith und Buffy duckte sich unter einem Geist hinweg, den
Faith mit einem Tritt in den Magen auf Buffy zu geschleuderte hatte.
„Also
ich will ja nicht meckern..“, sagte
Faith, trat nach dem Geist, und stolperte nach vorne, als ihr Fuß ins Leere
ging. „Aber irgendwie kann man die nicht töten!“
„Das
ist mir auch schon aufgefallen!“ antwortete ihr Buffy, die plötzlich wieder
genau hinter ihr stand. „Aber davor hat mich Giles ja gewarnt. Man kann nichts
töten, was schon tot und ein Geist ist. Was machen wir jetzt!“
„Wir
machen weiter, bis wir einen Weg gefunden haben, diese Dinger wenigstens
solange auszuschalten, bis wir ans Ufer kommen.“
Xander
wich wieder einem Schlag aus, verlor dabei das Gleichgewicht, und knallte
auf den Boden. Er wurde langsam müde, er hatte nicht die Kraft einer Jägerin.
Er
drehte sich um und trat dem Geist fest in den Magen. Dieser verlor das
Gleichgewicht, knallte gegen die Reling und fiel schlussendlich ins
Wasser.
Andrew
wich den Schlägen seines Geistes noch immer aus, dem schon ein Auge fehlte, und
der ein großes Loch im Fuß hatte. Andrew sprang über einen der Sitze hinweg,
drehte sich um, und trat seinem Angreifer ins Gesicht. Dieser schrie auf,
fasste sich auf die anscheinend gebrochene Nase, sah Andrew noch einmal
entsetzt an, und flüchtete plötzlich an Xander vorbei in das Innere des Schiffes.
Doch als wäre der eine Geist für ihn nicht schon genug gewesen, tauchte
plötzlich aus dem Wasser ein weiterer auf, der an Bord kletterte und Andrew
einen festen Schlag ins Gesicht versetzte. Benommen fiel er nach hinten.
„Licht..
Licht.. Eine Braut steht im Licht. Ja.. es ist die Braut!“ schoss es Dawn durch
den Kopf. Sie bückte sich, holte die Karte herauf, und wollte sie schon auf die
Tafel legen, als es ihr plötzlich wie ein Blitz durch den Kopf schoss. Sie
selbst. Licht. Schlüssel. Verdammt, es war doch ganz einfach.
Dawn
ließ die Braut fallen, nahm die Schlüssel-Karte, und drückte sie gegen die
Wand. Die gesamte Tafel begann nun zu leuchten, und Dawn wurde durch den ganzen
Raum geschleudert. Ein lauter Schrei kam aus dem Bauch des Schiffes und ließ
es erbeben. Buffy, Faith, Xander und Andrew hoben überrascht ihre Köpfe, als
sich die Geister, einer nach dem anderen, vor ihren Augen auflösten.
Dawn sah überrascht auf. „Gott.. was war
das?“ sie strich sich die Haare aus dem Gesicht, und versuchte tief Luft zu
holen. Es herrschte plötzlich eine unheimliche Stille an Bord, und in dem
Moment, in dem sich Buffys Schwester aufrichten wollte, erschien wieder ein
Geist vor ihr, der Geist des Kapitäns – nur trug er jetzt die Kleidung eines Fischers.
Dawn
konnte nicht anders, sie musste schrill schreien. Doch etwas war anders, er
hatte keinen bläulichen Schein mehr. Er schien.. eher golden.
„Hey..
Mädchen, beruhige dich bitte.“ Der Geist schwebte vor ihr und sah sie
freundlich und liebevoll an.
„Wa..
was sind sie?“ stotterte Dawn.
„Mein
Name ist Raynolds, ich war der Kapitän dieses Schiffes. Vor langer Zeit hat ein
Dämon von meinem Körper und von meiner Seele Besitz ergriffen und mich dazu
verdammt ihm immer neue Nahrung anzulocken. Aber du hast uns alle befreit. Du
bist eine Heldin.“ Sagte er, und kniete sich zu ihr herab. „Herzlichen Dank, schöne Maid!“ sagte er
lächelnd, beugte sich nach vorne und gab Dawn einen Kuss auf die Stirn.
Plötzlich
änderte sich sein freundlicher Gesichtszug, und er legte ihr seine Hand auf
die Stirn. „Es tut mir leid.. für alles was war, und für das, was noch kommen
wird!“ sagte er besorgt, und vor Dawns Augen wurde alles schwarz.
Irgendwo – Dunkelheit..... und dann....
Eisiger Wind umspielte ihren
Körper, als Dawn die Augen aufschlug. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie
sich befand. Sie lag auf dem Boden und als sich Dawn langsam um sah erkannte
sie erleichtert ihre und Buffys Wohnung. Aber etwas war anders!
Dawn erhob sich vorsichtig vom Boden, und versuchte mit wackeligen Beinen
aufzustehen. Ein dunkles, schwarzes Seidenkleid hüllte ihren Körper ein, der
von einer Gänsehaut übersäht war.
Als erstes bemerkte Dawn die Risse in den Wänden, als sie ihren Blick durch die veränderte Wohnung gleiten ließ.
Möbelstücke lagen Kreuz und Quer herum und die Fensterscheiben waren
zerbrochen. Ein starker Wind wehte durch das Appartement.
Was war hier nur los? Wieso war sie ganz alleine? Wie war sie hier überhaupt her
gekommen? Sie war doch gerade eben noch auf diesem Geisterschiff...
Ein Beben brachte das Gebäude ins Wanken und der Boden unten Dawns Füssen
erzitterte. Sie versuchte sich an der alten Kommode aufzufangen, die allerdings
unerwartet den Platz gewechselt hatte und Dawn stürzte nach vorne gegen die
Wand. Sie spürte den dumpfen Schmerz kaum, als sie herumdrehte, um nachzusehen,
was passiert war.
„OH MEIN GOTT!“ entfuhr es ihr laut, als sie mit geweiteten Augen
feststellte, dass eine Wand des Wohnzimmers fehlte und der Raum einfach in
der Mitte abgebrochen war, was ihr einen freien Blick auf die Außenwelt eröffnete.
Langsam schritt sie auf den Abgrund zu, wobei der Wind immer stärker wurde.
Regen ergoss sich wie aus Eimern vom Himmel, und Dawn glaubte zu erkennen,
dass die Straßen sich schon in halbe Bäche verwandelt hatten.
Ein Blitz zuckte über den Himmel, und Sekunden später durchbrach der Donner
das monotone Prasseln des Regens.
Als sie endlich
an dem Abgrund angekommen war, erhaschte sie einen Blick in die Innenstadt
von Cleveland, die in Flammen stand.
Immer mehr Blitze zuckten über den Himmel und gaben ihr die Möglichkeit, die
Masse an Menschen zu sehen, die unter ihr und in einiger Entfernung auf den
Straßen vor den Naturgewalten flohen.
„Was ist hier nur passiert?“ flüsterte Dawn leise, wobei ihre Augen feucht
wurden. Sie war kurz davor, hysterisch zu werden, und sie hatte auch jeden
Grund dazu.
Plötzlich hörte sie einen lauten Knall, woraufhin ein leises Zischen folgte.
Dawn wandte den Blick von der Innenstadt ab und folgte dem Geräusch, bis sie
den Erie-See erblickte, beziehungsweise das, was von ihm übrig geblieben war.
Das Wasser war in einem breiten Spalt, der sich durch das Seebett zog, verschwunden,
und sie erkannte dunkle Umrisse, die sich zu bewegen schienen. Was war das
bloß? Waren das Lebewesen UNTER dem See? Oder spielten ihr ihre strapazierten
Nerven nur einen bösen Streich?
Ein weiteres Beben ließ die Erde erzittern und hätte sie dabei fast in die
Tiefe befördert, wäre sie nicht nach hinten gesprungen, und dabei auf ihrem
Hinterteil gelandet.
Ein weiterer lauter Knall peitschte durch die Nacht, und ein lautes Knurren
folgte sofort. Sie konnte ihren Augen nicht glauben. Der See war weiter aufgebrochen,
und neben der enormen Wasserfontäne schoss ein gigantisches Etwas aus dem
Zentrum in die Höhe.
Dawn schrie auf und stieß sich nach hinten ab – nur weg von diesem Ding. Sie
zweifelte immer mehr an dem, was sie sah oder zu sehen glaubte, als sie in
diesem Etwas einen Reiter erkannte, der auf einem gewaltigen Ross saß. Wasser
tropfte von seiner Kleidung und vom Fell des Pferdes. Er schien über die Stadt
auf seinem Pferd durch die Luft zu galoppieren und auf einmal waren plötzlich drei weitere, schemenhaftere Gestalten
neben ihm aufgetaucht.
Als Dawn erkannte, dass sie auf ihr Gebäude zusteuerten, wurde sie von Panik
ergriffen und sie schaffte es endlich, aufzustehen. Auf einmal stand Buffy
neben ihr, doch etwas stimmte noch immer nicht. Dawn konnte durch Buffy
hindurch sehen, erkannte die Konturen der Kommode, die neben ihr stand. Und
Buffy starrte gefasst auf einen der schemenhaften Reiter und reagierte nicht
auf Dawns Rufe.
Rechts neben Dawn war plötzlich
Faith aufgetaucht, und ihr rotes Seitenkleid wehte im Wind. Sie hatte eine
versteinerte Miene obwohl ihr Tränen über die Wangen liefen. Auch sie fixierte
einen anderen Reiter, reagierte aber auch nicht auf die anderen. Als Dawn einen
weiteren Schritt zurück machte, stand Kennedy neben ihr. Ihr Gesicht war
besorgt, aber kampfbereit.
„Was soll das, redet mit mir!“ schrie Dawn, hatte aber keinen Erfolg.
Das Gebäude erzitterte wieder,
und ein Teil der Decke brach durch. Direkt neben ihr landete ein schwerer
Holzbalken, woraufhin Dawn einen schnellen Sprung zur Seite machte.
Die Gestalten schrieen mitten im Flug auf, und das einzige, das Dawn in diesem
Moment verspürte, war Angst. Reine Angst. Die Welt war gerade dabei unterzugehen,
und sie konnte absolut nichts dagegen unternehmen.
Da stand auf einmal Kapitän Raynolds neben ihr, und sah zuerst sie, und dann
Cleveland besorgt an. "Einer kam über sie, und alles, was nach dem Beben
zurück blieb, war reine Erde.."
Sie ließ einen gellenden Schrei los, als die Reiter das Haus rammten, und
riss die Augen auf, nachdem es in sich selbst zusammengefallen war. Angstschweiß
stand ihr auf die Stirn, und ihr Atem ging viel zu schnell und unregelmäßig.
Aber sie starrte wieder die alten Holzplanken des Schiffes an.
Ihr lag nur eine Frage auf der Zunge: „Oh Gott.. was war das?“