8. Staffel, Folge 11

”Trapped“


von Mel & Stefan


mit Unterstützung von:
Yamato, Nightfever, White Magic

 

 

Länge: ca. 72 Seiten
Autor: Mel, Stefan
Co-Autoren: Yamato,  Nightfever, White Magic

Bilderstellung: Projekt 8

 

Credits: Projekt 8 ist ein Projekt von slayerfanfic.de mit spezieller Unterstützung durch buffy-online.com als auch slayerzone.de, slayerworld.info, virtuelleserienonline.de sowie weiteren Partnern.


Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.

 

 

Giles (V.O.): Bisher bei Buffy:

 

Willow: Willow liegt in Giles Wohnung im Bett, während gedämpft durch die Tür  die Stimmen der anderen vor dem laufenden Fernseher zu hören sind. Sie schläft unruhig – Überblendung – Willow läuft durch die leeren Strassen von Silent Hill – Überblendung – Willow schaut in ein Schaufenster. Ihr schaut das Gesicht eines jungen Mädchens entgegen – das von Kimberly – als Willow das Glas des Schaufensters berührt verschwindet das Bild von Kim und eine Hand schießt durch das Fenster. Willow schreit auf und wacht im Bett auf. --- 8.03 „Welcome to Silent Hill“

Willow: Willow steht in ihrem Studentenzimmer, als sie plötzlich nach vorne kippt, vor Schmerzen, und sich gerade noch am Schreibtisch festhalten kann.ÜberblendungFaith kämpft mit einem Vampir in einer Lagerhalle und bekommt gerade einen heftigen Schlag in den Magen. --- 8.04 „Be careful what you wish for“

 

Kennedy und Warren: Sie stehen sich gegenüber und kämpfen. Warren holt mit dem Schwert aus und trifft Kennedy an der Seite.
Willow: "Lass mich raus! Lass mich sofort hier raus!"  Willow befindet sich im Inneren einer Kuppelhalle ohne scheinbarer festen Form. Es sind rote Wände, und sie scheinen aus Flammen zu bestehen. Gestalten bewegen sich in den Flammen. Die Feuerwände wechseln sich ab, mit Schneefeldern, und einem sternenklaren Nachthimmel. Willow spürt plötzlich einen heftigen Schmerz an der Seite. Mit Erschrecken sieht sie, dass sich dort eine kleine Wunde befindet, und sie hat keine Ahnung, wie das passiert sein konnte. Ihr einziger Gedanke – schnell von hier raus zu kommen, denn Kennedy war dort draußen - irgendwo, und sie kämpft gegen Warren!  -- Und dann endlich begreift sie... --- 8.09 „Mine to Give“




D’Hoffryn: "Wie mir scheint, weißt du gar nicht, worauf du dich da eingelassen hast. Der Rat wird leichtes Spiel mit dir haben, wenn du dich nicht genauer über deine Rechte und Aufgaben informierst... --  Angepasste Frauen gab es in jeder Gesellschaft. Ich spreche von den Methoden, nicht von den Personen. Macht nach Regeln, Vorschriften, Zahlen. Die Welt in Schubladen. Was man nicht kennt, wird gefürchtet. Was man nicht versteht, wird vernichtet..." --- 8.09 „Mine to Give“

 

 

 

Kennedy und Willow nach dem Kampf mit Warren: Kennedys Blick fällt auf den Boden und sieht  dort etwas glitzern, eine goldene Münze mit seltsamer Prägung. Sie bückt sich, und hebt sie auf. ---- 8.09 „Mine to Give“

 

 

 

Riley zu Sam: „Der Colonel ist auf dem Weg hierher. Er ist nicht mehr weit entfernt. Er…Sam wir haben den Befehl alle Infizierten zu töten.“
Riley zu Buffy: „Buffy ich habe meine Befehle und ich…“
Buffy: „Soll das heißen, dass du… Bist du völlig übergeschnappt?!“
Lily: „Also ich finde, dass Agent Finn gar nicht so Unrecht hat. Überlegt doch mal! Wir haben hier hunderttausende von Erkrankten, die höchstwahrscheinlich sterben werden. Weiß Gott wie viele könnten sich noch infizieren. Wir stehen hier praktisch vor einem Unheil, dass die ganze Menschheit auslöschen könnte. Agent Finn und das Militär versuchen doch nur Menschenleben zu retten!“ ---- 8.10 „Virus“

 

 

 

Lily: "Oh ja, sieh dir Buffy an. Sie war eine Ausnahme. Nicht wahr? Etwas Besonderes!". Lily klang spöttisch. "Du hast Ausnahmen gemacht, ihr Dinge durchgehen gelassen, die ein anderer Wächter vielleicht verboten hätte. Die Liebe zu einem Vampir! Freunde, Schule... Privatleben. Und was hat es dir gebracht? Du wurdest deswegen gefeuert, wieder eingestellt... ein hin und ein her. Und jetzt weiß sie nicht einmal ob sie noch jagen will oder nicht. Sie geht auf Patrouille wann immer sie Lust dazu hat oder eben nicht. Sie hat keine Arbeit, sie wohnt auf deine Kosten und weiß wahrscheinlich nicht einmal, was sie an dir hat." --- 8.05
Lily:
zu Giles, als er die Sense in die Kiste zurücklegt “Mit ihr könnte man ... nun uh... man könnte mit ihr ganz leicht alles rückgängig machen und alles wäre wieder beim Alten. Kein unnötiger Stress, keine unausgebildeten, jungen Wächter....“ --- 8.09 „Mine to Give“

 

 

Giles: „Denkst du sie haben schon angefangen mit den ersten Infizierten?“
Lily: „Ich weiß es nicht, doch je später sie beginnen, desto höher ist das Risiko, es wäre nur eine unnötige Zeitverschwendung!“
Giles: „Grund Gütiger, Lily, du kannst es doch nicht richtig finden, es spricht gegen all das wofür wir stehen!“
Lily: „Und was soll das sein?“
Giles:  „Wir retten Menschen!“
Lily:  „Ich denke, dass du da einem Irrtum unterliegst Rupert. Wir haben es nie darauf angelegt einzelne Menschen zu retten, seit Anbeginn des Rates nicht. Es war höchstens ein Nebeneffekt unserer Arbeit, unsere eigentlichen Ziele sind höher, wir bewahren die gesamte Menschheit vor dem Untergang, Jahr um Jahr, Tag um Tag. Wenn wir dabei Opfer bringen müssen, dann müssen wir es eben! Es ist unvermeidlich, wie es unvermeidlich ist, dass jeder Mensch irgendwann einmal sterben muss!“ --- 8.10 „Virus“

 

 

 

Dawn: „Also gibt es jetzt Monster in diesem See, oder nicht?"

Sam: "Du solltest Josh nicht immer alles glauben, was er erzählt. Der hat zu viele Bücher über Loch Ness gelesen. Jetzt spinnt er 16 Stunden am Tag, und den Rest verpennt er für gewöhnlich…!".

Josh: "Jaja… aber ihr kennt doch die Legende… über…!".

Mara: "Alles Humbug… ihr glaubt das doch nicht etwa im Ernst, oder? Ich meine… das sind alte Lagerfeuergeschichten, die Eltern ihren Kindern an irgendwelchen Familienabenden erzählen, … nicht mehr und nicht weniger! Meine Großmutter hat sie mir einmal erzählt. Kurz vor Halloween… buhu… undurchdringlicher Nebel kriecht über den See… ein Schifferboot verschwand… und einige Leute die riesige, schlangenähnliche Monster auf dem See gesehen haben wollen." ---- 8.5 „Home Sweet Home“

 

 

 

Stimme Reiseleiter (V.O.): „Einer kam über sie, und alles was nach der Sintflut zurück blieb war reine Erde.“ -- Buffy steht in der Höhle in Australien und sieht weißes gleißendes Licht. Danach steht sie auf einer weiten Ebene und sieht ein Dorf. Plötzlich bricht ein Unwetter aus, Regen stürzt auf das Dorf nieder und droht alles zu überschwemmen.  Eine Gruppe Reiter bewegt sich auf sie zu. --- 8.01
Magier (V.O.):
“Einer kam über sie, und alles was nach dem Feuersturm zurück blieb, war reine Erde.”  Faith steht in einer Wüstenlandschaft. In der Ferne eine Oase und ein Dorf. Ein Feuer bricht im Dorf aus.  Eine Gruppe Reiter bewegt sich auf sie zu. --- 8.03.
Buffy und Faith getrennt schlafend aber träumend: Beide sind in der Wüste, beide sehen die Oase und das Dorf. Faith kommt an einer Pyramide vorbei, Buffy erreicht den See der Oase. Es wird dunkel, die Pyramide erzittert und der See wird unruhig. Plötzlich bricht ein Reiter aus der Pyramide aus und ein zweiter folgt ihm aus dem See. –--  8.06 „Best of both Worlds“

D’Hoffryn (V.O.): “Einer kam über sie, und alles was nach dem Eissturm zurück blieb, war …” – Kennedy läuft über eine Eiswüste, ihre Fußspuren ziehen sich hinter ihr her. Sie schaut auf ihren Fuß hinunter – ein Tropfen Blut. Sie rennt los ... Kennedy findet Willow im Schnee liegend, überall ist Blut, Willow schreit. Ein Spalt öffnet sich in der Schneedecke und Willow verschwindet darin. Kennedy wird von dem Spalt weggerissen, ein Reiter sprintet aus dem Bodenriss in die Höhe auf... ---- 8.09 „Mine to Give“

 



Willows Vision aus „Virus“: ... Als könnte sie jeden einzelnen Millimeter des Bluts spüren, das über den Bauch des jungen Mädchens floss. Es war fast genauso rot, wie ihre Haare, die von Schweiß getränkt schlaff herunterhingen, und sich dank der Dunkelheit und dem Nebel nicht weiter von ihren Kleidern unterschieden....

Überblendung

Sie prallte auf den Boden, Willow sah wie eine Faust auf sie zuraste, spürte den Windhauch der schon einige Sekunden vorher ihr Gesicht berührte. Eine Vampirfratze war vor ihren Augen zu sehen, von Schmerz gezeichnet, als hätte den Blutsauger gerade etwas von den Beinen gerissen. Diese Bildfetzen, in denen immer mehr finstere Gestalten langsam den Kreis um das Opfer enger zogen, sich fast schon amüsierten. --- 8.10 „Virus“

 

 

Prolog

Cleveland, nachts
Seitengasse

Dem ermüdeten, erschöpften Mädchen mit den roten Haaren, das ihr vom Schweiß getränkt schlaff ins Gesicht hing, zitterten die Knie. Sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen, der Schnitt quer über ihren Bauch brannte und das Blut floss in einem warmen, feuchten Rinnsal an ihrem Bauch hinunter. Zu allem war sie vollkommen außer Atem und der Schweiß rann ihr über die Stirn. Ein heftiges Ziehen in der Seite kündigte ein unangenehmes Seitenstechen an. Sie war müde, sie hatte Angst und mit einem Blick durch die Strasse, wusste sie, dass sie hier, in der engen Seitengasse, die an einer zwei Meter hohen Mauer endete wahrscheinlich noch weniger Chancen hatte, als sich von diesen Monstern durch Cleveland hetzen zu lassen. Sie waren ihr gefolgt, über die Hauptstrasse, weiter in das Herz von Cleveland hinein, vorbei an graffitibeschmierten Wänden und Schneebedeckten Straßenzügen. Und jetzt lag sie auf dem kalten Boden dank einer Mülltonne, die sie übersehen hatte und die laut scheppernd davon rollte, bis sie von einem Schneeberg aufgehalten wurde. 

Eines war ihr auf jeden Fall bewusst... sie saß in der Patsche und zwar so tief, wie das letzte Mal, als sie beim Rauchen auf der Schultoilette erwischt worden war.. oder tiefer.

 

Ein Vampir – ein Vampir? - sprang auf sie zu und ließ zu seinem Vergnügen ein tiefes Knurren aus seiner Kehle dringen und schlug mit seiner Hand in die Luft, als wollte er sie ergreifen. Sie schrie auf, was die Vampire belustigte und kroch weiter in die Gasse hinein. Schwankend kam sie wieder auf die Beine und sah sich gehetzt nach einer Fluchtmöglichkeit um. Aber als wären die vier Angreifer noch nicht genug, sprangen hinter ihr zwei weitere Vampire knurrend über die Mauer. Ihre Stiefel machten einen lautes, aber dumpfes Geräusch, als sie auf dem Boden aufkamen und das Leder ihres Outfits knirschte bedrohlich.


Das junge Mädchen warf einen verängstigten Blick über die Schulter. Sie war ihnen nicht nur an der Zahl unterlegen. Auch von ihrer Größe und Statur rechnete sie sich kaum Chancen aus. Sie war nicht sonderlich schlank und kaum trainiert. Das bisschen Basketball im Schulsport wollte sie sich selbst nicht anrechnen. Hinzu kam die Müdigkeit, die Erschöpfung ihres Körpers und die vielen kleinen Kratzer, die höllisch brannten.

 

Erneut machte sich ein Vampir den Spaß sie anzugreifen, doch diesmal traf der Schlag sie an der Brust, obwohl sie versucht hatte, sich zu wehren. Das Mädchen fand ihr Gleichgewicht nicht wieder und flog auf den Boden. Erstaunlich schnell war sie wieder auf den Beinen, und darüber waren nicht nur die Vampire überrascht.

 

Als der größte und stärkste der Gruppe auf sie zu sprang, gelang es dem rothaarigen Mädchen seinen Schlag zu blocken. Als dafür ihre Faust seinen Magen traf, segelte er mehrere Meter weit nach hinten. Überrascht und davon abgelenkt bemerkte sie nicht, dass die anderen Vampire den Kreis um sie enger zogen.



Eine Sekunde später...
Plötzlich unterbrach die lauernde Stille ein lautes „Puff“ -  beide Vampire, die über die Mauer gesprungen waren, sahen verdutzt die Gefährten auf der anderen Seite an, ehe sie sich vor aller Augen in Staub verwandelten.

Hinter der Wand aus Asche materialisierte sich mit einem breiten Grinsen und zwei im Anschlag gehaltenen Pflöcken - Buffy. Das Haar zum Pferdeschwanz gebunden im knielangen, schwarzen Mantel, Wollschall und Mütze sah sie die restlichen fünf Vampire seelenruhig an.

 

„Das wollte ich schon immer mal ausprobieren,“ sie sah fröhlich auf die Pflöcke und dann zurück zu den Vampiren. „Na gut.. dann solltet ihr Feiglinge es jetzt mal mit jemanden aufnehmen, der was drauf hat.“ Ein Knurren der Vampire kündigte den Angriff an, doch Buffy war vorbereitet. Sie duckte sich unter dem Schlag mit einer Holzlatte hinweg, rammte von unten aufwärts dem Angreifer einen Pflock in die Brust und während sie um 90 Grad herumwirbelte, zerfiel er zu Asche. Sie wandte sich den verbleibenden Kämpfern zu. „Der nächste bitte?“

Sie stürzten sich gleichzeitig auf die blonde Jägerin. Buffy sprang in die Höhe und ließ die drei ins Leere laufen, während sie mit einem Vorwärtssalto über ihre Köpfe hinwegflog und mit beiden Beinen sicher auf dem Boden landete.

 

Das Mädchen verfolgte ihre Bewegungen erstaunt und voller Anerkennung, auch wenn Buffy nicht wirklich Zeit hatte, um das Mädchen zu beachten.

 

Die Jägerin wirbelte herum, trat einem der Vampire ins Kreuz und beförderte ihn gegen die Mauer. Er krachte so hart dagegen, dass sich Steine lösten und er benommen zu Boden glitt.

 

Die beiden anderen hatten sich ihr wieder zugewandt und griffen erneut gemeinsam an. Buffy trat dem linken gegen die Kniescheibe, die mit einem lauten Knacks heraussprang. Dem anderen schlug sie nach der Abwehr einer Faustkombination gegen ihren Kopf, die Handkante folgte mit einem Schlag auf die Halsschlagader, was den Vampir zur Seite wirbeln ließ. Sie sprang nach und pfählte ihn ohne weiteren Wiederstand zu spüren.

 

Der Vampir mit der zerstörten Kniescheibe kam auf Buffy zugehumpelt und der letzte, an der Mauer, schaffte es gerade wieder auf die Beine.

 

Buffy beschloss nicht mehr länger zu spielen, und dem Kampf ein schnelles Ende zu bereiten. Sie zog den verletzten Vampir mit viel Kraft an sich heran, rammte ihm dabei das angewinkelte Knie in den Magen, schlug ihm die Handkante in den Nacken und setzte mit dem Pflock nach.

 

Während er noch mit einem Puff zerfiel, nahm der übrig gebliebene Vampir seine Beine in die Hände und floh. Buffy überlegte kurz, ob sie folgen sollte, aber beschloss sich dann doch lieber auf das junge Mädchen zu konzentrieren, das zitternd da stand und mit geweiteten Augen zwischen ihr und dem fliehenden Vampir hin und her blickte.

 

„Hey.. alles soweit in Ordnung bei dir?“ Buffy steckte die Pflöcke unter ihren Mantel.

“Abgesehen davon, dass ich eben fast draufgegangen wäre und ich gerade tatsächlich gegen Vampire kämpfte?“

 

Buffy nickte ernst.

 

„Ganz gut...denke ich. Und hi, ich bin Emma,“ sagte die Rothaarige etwas gefasster und lächelte schwach.

„Buffy, die Jägerin. Und wie es scheint, bist du auch eine von uns.“

 

„Ehm Jägerin?“

“Oh ja.. willkommen im Club“, sagte Buffy mit verstellter Stimme, als würde sie eine besonders tolle Sache ankündigen. „Nächtliches Ausgehen auf Friedhöfe, Begegnungen mit Vampiren und Dämonen, die Apokalypse und der vollkommene Verlust eines Privatlebens -  all inclusiv.“

 

„Was genau soll das bedeuten....“

 

„Ein ziemlich verhunztes Leben,“ Buffys Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an, ehe sie sich wieder fing und mit einem breiten Lächeln hinzufügte: „Fragen sind erlaubt, allerdings,“ Buffy wechselte zurück in ihre normale Stimmlage. „Kenne ich jemanden, der dir die Fragen besser beantworten kann...

 


Erie-See, selbe Nacht
Auf einem Fischerboot
Der Erie-See lag ruhig vor den Fischerbooten da, die als kleine Lichter auf den Wellen auf und ab hüpften. Ein paar Nebelfetzen zogen weiter draußen über die Oberfläche, aber die Nacht war ansonsten klar und kalt. Eine eisige Brise fegte über Bord der Schiffe.

 

Die „Neptun“ hatte sich etwas von der gewöhnlichen Reihe Boote entfernt, um weiter draußen einen Extrafang zu versuchen. Das weiß getünchte Boot mit der roten Reling schaukelte gemächlich auf die Mitte zu, während der Bootsmann das Steuerrad hin und wieder zur Kurskorrektur nach links drehte. Percy McDermind, der Fischer und Eigner der „Neptun“ stand vorne und zog das Netz über Deck. Sie hatten gleich die Stelle erreicht und er wollte vorbereitet sein.

 

„Ja spinnt der?“ Jacks Stimme dröhnte plötzlich zu ihm herüber und Percy hob den Blick fragend Richtung Steuer. „Der ignoriert doch glatt die Signale.“ Jack zeigte nach vorne und Percy drehte den Kopf. Direkt auf sie zu kam ein Boot. Jack setzte das Signal zum Ausweichen, aber die gewünschte Reaktion blieb aus.

 

„Knapp.. verdammt knapp.. Jack ausweichen,“ rief Percy und sah wie Jack im Inneren der Kabine mit aller Gewalt das Steuer herumriss. Trotzdem kam die Reaktion fast zu spät. Die beiden Boote schabten aneinander vorbei. Holz splitterte und sowohl Percy, als auch Jack, glaubten ihren Augen kaum ... das Boot war menschenleer. Niemand war am Steuer, niemand an der Signallampe. Rumpf und Deck wirkten verwittert und der Mast wurde von zerfetzten Segeln geziert.

„Wenden,“ rief Percy, der vorhatte dem  Boot zu folgen. Diese einmalige Chance wollte er sich nicht entgehen lassen. Rowdys auf See waren ihm ein Dorn im Auge. Und wenn diese Scherzkekse sich in Dunkelheit in der Kabine versteckten, würde er ihnen gehörig einleuchten.

Doch kaum hatte Jack das Wendemanöver vollbracht, stellten die beiden erstaunt fest, dass das andere Boot verschwunden war. Das war bei der klaren Sicht zwar fast unmöglich, aber sie waren hier auf offener See weit und breit das einzige Boot... sie mussten ihren Augen Glauben schenken, auch wenn es den beiden Fischern schwer fiel.

 
Credit

Akt 1

Wächterhaus, selbe Nacht, etwas später

“... und so wurden alle Anwärterinnen dank Buffys Idee und Willows Magie zu Jägerinnen, um vereint gegen das Böse der Welt zu kämpfen. Die Jägerin steht seit dem nicht mehr alleine der fast unmöglichen Aufgabe gegenüber,“ Giles rückte seine Brille zurecht und nahm einen Schluck aus der Teetasse, die er danach zurück auf den Tisch stellte.

 

„Ich habe den leisen Verdacht, ihm gefällt dieser Teil fast so gut, wie früher seine Rede über die Auserwählte,“ flüsterte Buffy Faith zu und grinste Giles offen an, der sie mit einem tadelnden Blick zu strafen versuchte.

Emma dahingegen starrte Giles fassungslos an, der für sie wie ein Lehrbuch, nur mit zwei Beinen, Armen, Händen und einem Mund aus dem gewählte, anstrengende Wörter kamen, klang. Sie  ließ ihren Blick weiter zu Buffy schweifen und den beiden, die man ihr als Faith, Jägerin und Lily, Wächterin vorgestellt hatte. Sie war völlig durcheinander.

 

Sie versuchte immer noch, ihre Gedanken zu ordnen, als das Klingeln des Telefons auf dem Flur Emma aus denselben riss. Giles entschuldigte sich, und ging nach draußen, um abzunehmen. Durch die offene Tür konnten sie seine Stimme hören. "Oh, Mr. Bradshaw. Gut, dass Sie sich melden...."

 

Niemand bemerkte die Krähe, die im selben Moment auf dem Fenstersims landete, interessiert und neugierig den Schnabel gegen die Scheibe lehnte und ins Innere spähte.

 

„Okay.. soweit ich das verstanden habe, hat Buffy einfach die Spielregeln geändert?“ Alle nickten. „Und dieses Urböse... ist jetzt für immer zerstört?“

 

„Nein,“ seufzte Buffy frustriert und sah bittend zu Giles hinüber, der mit dem Hörer am Ohr in den Raum zurückkam. Er war einfach besser im Erklären.

 

„Bitte, einen Moment noch...," der Wächter warf der Jägerin einen Blick zu, und hob drei Finger in die Höhe. "Sie sitzt schon im Flugzeug? Das wäre aber doch nicht nötig gewesen. Ich bin sicher, in den USA gibt es genug Jägerinnen....ja, danke. Vielen Dank." Er drückte auf „Auflegen“ und legte den Hörer zur Seite.

 

Mit einem Blick zu Buffy streckte Giles nun auch einen vierten Finger aus und Buffy nickte verstehend. Emma verstand jedoch nach wie vor nur Bahnhof. "Das Urböse...", erinnerte sie Buffy und beschloss die stumme Verständigung zwischen dem Wächter und Buffy zu ignorieren.

 

„Ehm ja, wir haben es diesmal besiegt in Form von.. nun, nennen wir es wie es ist – wir haben das Urböse ausgetrickst und ihm damit eine Niederlage bereitet. Seine Helfershelfer sind alle tot und es wird dauern bis es sich wieder soweit erholt hat, um erneut seinen Plan umzusetzen.“, übernahm Giles weiterhin die Erklärungen und trat zurück zu ihnen an den Konferenztisch.

 

„Die Jägerinnen auszulöschen?“, rief sich Emma ins Gedächtnis und erwartete keine Antwort darauf. „Gut.. und diese Jägerinnen gibt es nur, weil Buffy ihre Macht teilte.. wieso.. gab es aber davor schon zwei Jägerinnen?“ Sie sah zu Faith, die mit den Schultern zuckte.

 

„Hey, frag nicht mich. Ich war immer nur das fünfte Rad am Wagen. Er ist das wandelnde Lexikon.“

 

Emmas Blick wanderte zurück zu Giles, der verlegen lächelte. „Nun ja, ehm.. dieses Phänomen ist einmalig in der Geschichte der Jägerin.. und es gab keine vernünftige Erklärung. Und was genau Buffy und Willow an jenem Tag bewirkt haben, wissen wir auch nicht“, gestand er zögernd ein.

 

„Es ist selten, dass er mal keine Antworten weiß,“ grinste Buffy, aber ihre Augen ließen den amüsierten Glanz vermissen. Seit dem Vorfall im Labyrinth und dem Streit mit Lily während der Quarantäne war alles nicht mehr so ungezwungen zwischen ihnen und auch der kleine Witz zuvor war mehr ein böser Seitenhieb von ihr gewesen, als liebvolles Necken.

 

„Wir sind uns nicht einmal sicher, ob Buffy ihre Kraft teilt oder Willow nur einfach den richtigen Schalter betätigt hat, um die Kräfte in den Mädchen zu aktivieren,“ ergänzte Lily Giles Erklärungen. Giles griff nach seiner Brille und suchte nach seinem Taschentuch in der Hosentasche. Er nickte zu Lilys Worten und begann seine Gläser zu polieren.

 

„Und wie viele gibt es jetzt von...eh... uns?“ Emma griff nach der Tasse, die ihr Giles nach ihrer Ankunft gereicht hatte, um zu verbergen wie aufgewühlt sie war, doch ihre Hand zitterte leicht, als sie die Tasse zum Mund führte.

 

„Sehr viele,“ Lily löste sich vom Buchregal und gesellte sich zu der kleinen Gruppe. „Wir haben aufgehört zu zählen, nachdem wir eine Weile versucht haben euch zu finden. Manchmal stoßen wir täglich auf ein Dutzend, an anderen Tagen auf überhaupt niemanden. Überall auf der Welt, auf jedem Kontinent und fast in jeder Stadt sind Jägerinnen bereits aktiv oder warten nur darauf von uns gefunden zu werden, um ihre Kräfte erklärt zu bekommen.“

 

Buffy zog eine Augenbraue hoch. Darauf würde sie nicht wetten. Wer wartete schon freiwillig darauf, dass ein solches Schicksal einem das gesamte Leben versaute?

 

„Verstehe,“ Emma senkte ihren Blick. Sie verstand eigentlich noch immer nichts oder nicht das meiste, aber es war gut, dass man hier offen darüber sprach. Es hätte ja auch ganz anders kommen können... eine geheime Sekte, in die sie hätte eintreten müssen oder tödliche Rituale für die Aufnahme, die sie hätte bestehen müssen...

 

„Was ist wenn das Urböse zurückkehrt und alle Jägerinnen tötet oder einfach nur Buffy? Würde dann der Zauber nicht gebrochen sein? Wären nicht wieder alle nur Anwärterinnen?“

 

„Hm,“ Giles ließ sich auf die Tischkante sinken. „Ich habe mir diese Frage mehr als einmal gestellt und bin nicht wirklich auf ein Ergebnis gekommen. So lange wir nicht wissen, was Willow und Buffy getan haben, um die Anwärterinnen zu aktivieren, bleibt alles nur reine Spekulation.“

 

„Das ist beruhigend,“ sagte Emma bissig. „Eine Frage habe ich noch, wenn es so viele Jägerinnen auf der Welt gibt...brauchen sie da tatsächlich jede einzelne? Ich meine.. falls ich der Meinung wäre, dass ich keine Lust darauf habe die Nächte auf Friedhöfen zu verbringen.. würde das gehen? Schließlich flippt meine Mutter schon aus, wenn ich nur einmal schwarzen Nagellack benutze und gar nicht dran zu denken, wie für lange sie mich wegsperrt, wenn ich die Nächte draußen verbringe.“

 

„Es ist das beste, wenn deine Eltern davon nichts wissen,“ sagte Buffy und wusste doch, dass es ihr viel besser ergangen war, als sie mit ihrer Mutter endlich über ihre Berufung hatte sprechen können. Allerdings hatte Buffy nie vergessen, wie verwirrt ihre Eltern reagiert hatten, als sie das aller erste Mal mit ihnen über Vampire, Wächter und Friedhöfe gesprochen hatte. Ihr Vater wollte bis heute nichts davon wissen.

„Ich glaube das war heute Nacht genug Aufregung für dich,“ stellte Giles sanft fest und lächelte Emma aufmunternd an. Er hatte nicht vor das Mädchen noch mehr zu beängstigen in dem er ihr erklärte, was es bedeutete solch eine Gabe zu besitzen. „Vielleicht möchtest du nach Hause gehen und dir über alles in Ruhe klar werden? Darüber nachdenken, bevor du dich entscheidest?“


Emma setzte zu einer Antwort an, wurde aber von Lily daran gehindert. „Entschuldige Rupert, aber was gibt es da zu überlegen? Jägerinnen hatten noch nie eine Wahl. Nur weil es jetzt Tausende von ihnen gibt, kann sich keine vor der Verantwortung drücken.“

 

„Haben Sie nicht schon genug angerichtet,“ zischte Buffy und sah Lily herausfordernd an. Wenn Buffy in letzter Zeit etwas nicht ertrug, dann war es Einmischung von Seiten der Wächterin.  „Zudem finde ich hat Giles recht... Emma hat gerade noch um ihr Leben gefürchtet und zu allem bricht ihre gesamte Welt ein. Sie braucht etwas Zeit.  Es gibt in Cleveland jetzt genug Jägerinnen mit Faith, ihren Freunden und mir. Und Kennedy. Käme es da wirklich auf eine mehr oder weniger an? Was machen da schon ein paar Stunden aus, ehe sich Emma dem ganzen gewachsen fühlt?“

 

Lilys Gesicht verriet ihrer innere Anspannung, aber ehe sie auffahren konnte, hob Giles beschwichtigend die Hände und stand auf. „Ich denke wir wissen alle, auf was Lily hinaus möchte. Würden wir jeder Jägerin eine Wahl anbieten, hätten wir am Ende keine Mitstreiter mehr.“ Er sah zu Buffy. „Oder wie hättest du dich entschieden, nachdem du deinem ersten Vampir begegnet warst und man dich gefragt hätte, ob du den Kampf aufnimmst oder nicht?“

 

Buffy senkte den Blick. Giles hatte recht. Und leider auch Lily. Wahrscheinlich hätte sie ohne zu zögern das Weite gesucht.

 

„Das beste wird sein, wenn du morgen wieder hierher kommst und wir besprechen alles weitere. Es ist unbedingt wichtig, dass du lernst mit ein paar Dingen zurecht zu kommen, wenn du überleben möchtest,“ mischte sich Faith ein und brachte die ganze sinnlose Diskussion auf den Punkt – eine Jägerin hatte schon deshalb keine Wahl, weil ihr Dämonen und Vampire von nun an das Leben zur Hölle machen würden. Sie musste trainiert werden...

 

Emma schluckte. Sie hatte Giles Ausführungen zwar ernst genommen, aber nicht wirklich als bedrohlich empfunden. Die Worte der dunkelhaarigen Jägerin ließ sie ein wenig frösteln. „Oh je, immer passieren mir solche Dinge. Und das alles ausgerechnet kurz vor meinem 18. Geburtstag....“

Giles und Lily sahen beide gleichzeitig mit alarmierten Gesichtern auf und sie tauschten einen Blick, der jeweils das gleiche zu sagen schien. Niemand im Raum bemerkte etwas davon, als Emma aufbrach. Genauso wenig sah jemand die Krähe vom Fenstersims hopfen und davon fliegen.
 

Buffy und Dawns Wohnung, nächster Nachmittag
“Wie wäre es mit gemütlich Essen gehen?“ Dawn ließ sich mit einem Branchenverzeichnis von Cleveland auf das Sofa fallen. Buffy starrte ihre Schwester düster über die offene Küchenzeile hinweg an.

 

„Und wer soll das bezahlen? Wenn ich dich daran erinnern darf haben wir bereits letzte Woche Giles angepumpt.“

 

„Würdest du den Job bei ihm annehmen hätten wir keine Probleme,“ murmelte Dawn und warf das Verzeichnis auf den Couchtisch. „Oder ich müsste nicht alles in Lebensmittel investieren.“

 

Es herrschte kurz ein ungemütliches Schweigen zwischen den beiden Schwestern. Dawn wusste, dass Buffy seit Wochen nicht mehr gerne über das Thema Job und Giles sprach und noch weniger gerne über beides im Zusammenhang. Sie hatte versucht mit ihr deswegen zu reden, wollte wissen, ob es mit den Stunden alleine mit ihm gefangen in einem Labyrinth zu tun hätte, oder einfach nur mit Lily, doch Buffy hatte wie gewöhnlich bei eigenen Problemen abgeblockt und es heruntergespielt. Dawn ging davon aus, dass Buffy mit niemand bis jetzt darüber geredet hatte und es sie trotz allen Versicherungen belastete.

 

Buffy dahingegen bekam nicht zum ersten Mal seit Wochen ein schlechtes Gewissen darüber, dass Dawns Nebenjob dafür sorgte, dass sie sich zumindest etwas zu Essen leisten konnten. Die Weihnachtsgeschenke hatten den größten Teil ihrer Minireserve geschluckt, Dawns Ausfall während ihrer Erkrankung am dämonischen Virus hatte ein neues Loch in die Haushaltskasse gerissen und für die nächsten anstehenden Mieten sah es sehr, sehr schlecht aus. Sie hatte bereits die Zeitungen durchsucht, aber alles was für sie in Frage kam, waren schlecht bezahlte Jobs als Kellnerin oder Verkäuferin... es gab noch immer die Möglichkeit mit Giles zu reden, aber dazu war sie einfach noch nicht bereit. Es hatte sie schon ziemlich viel Überwindung gekostet ihn wegen dem erneuten, kleinen, zinslosen Kredit zu bitten. Erstaunlicherweise hatte er nicht einmal gezögert oder sie gedrängt sein Angebot anzunehmen, sondern hatte einfach den Scheck ausgestellt. Aber vielleicht war es gerade das gewesen – seine Bereitschaft zu Helfen ohne einen Ton zu sagen – das ihr deutlich zeigte, in welcher Sackgasse sie beide, Wächter und Jägerin, inzwischen festsaßen.

Und ihre Freunde wollte sie auf keinen Fall damit belästigen. Auch wenn Xander bestimmt gerne aushalf, so hatte er doch selbst genug um die Ohren, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Willow hatte gerade genug, um über die Runden zu kommen und Kennedy wäre die letzte auf der Welt, die sie um Geld bitten würde. Andrew – nun Andrew um Geld zu bitten... fast hätte Buffy gelacht.
Es war ein verdammter Teufelskreis, der immer wieder bei Giles und seinem Angebot endete.

 

„Gut, dann kein Essen,“ sagte Dawn versucht heiter. „Dann die übliche kleine Party? Vielleicht bei Giles in einem der Konferenzräume?“

 

„Dawn... jetzt mach doch langsam. Es sind doch noch ein paar Wochen bis zu meinem Geburtstag.“

 

„Aber es ist immer gut, wenn man auf alles vorbereitet ist. Deine Worte,“ grinste Dawn.

 

„Ja, Apokalypsen betreffende,“ grinste Buffy und kam mit zwei Gläsern Saft zu Dawn. „Ich brauche keine Party, eine große schon gar nicht. Ich kenne doch hier in Cleveland keinen Menschen, den ich einladen könnte, außer euch und mit euch kann ich auch ohne Häppchen und teure Drinks feiern. Am Ende überrascht uns dann sowieso nur wieder ein Dämon und kippt die Party.“

 

„Na und wenn schon, wir als deine engsten Freunde sollten dir doch ein paar Extras wert sein,“ feixte Dawn. „Hey und dann sind da noch Faith und ihre Gang.“

 

„Du hast leicht reden. Mit deiner Schule und deinem Job hast du neue Leute kennengelernt, neue Freundschaften geschlossen. Ich sitze den ganzen Tag hier rum und überlege mir, wie meine Zukunft und unsere aussehen sollte. Ob ich mich als Verkäuferin im Wall Mart sehe oder eher als strafzettelverteilende Polizistin. Das ist frustrierend.“

 

„So lange du hier nur rumsitzt und jammerst, hilfst du dir nicht,“ sagte Dawn altklug und wusste genauso gut wie Buffy, dass sie damit recht hatte. „Und meine neuen Freunde und Bekanntschaften beschränken sich seit dem denkwürdigen Halloweenabend auch nur auf eine handvoll Leute. Mara, Josh und Sam. Nicht wirklich ein großer Bekanntschaftskreis.“, gab sie zu bedenken und versuchte ihrer Schwester Mut zu zureden.

 

„Du hast Shin vergessen,“ erinnerte sie Buffy. Dawn lächelte auf einmal breit und wusste gar nicht so genau, wieso der Klang des Namens von Shin ihr so angenehm warm war. Wenn sie darüber nachdachte.. nein... das konnte nicht sein. Sie arbeiteten jetzt schon seit etwas mehr als drei Monate zusammen, sie verstanden sich prima und hatten eine Menge Spaß zusammen, gingen hin und wieder aus, aber... mochte sie ihn am Ende doch ein wenig mehr, als nur als Freund? „Was ist..., hab’ ich etwas falsches gesagt?“ Buffy sah Dawn irritiert an, die mit einem merkwürdigen Glanz in den Augen schweigend da saß.

 

„Eh was.. uhm... nein.. Shin ja... vergessen...“, das Läuten des Telefons unterbrach die beiden im Gespräch und Dawn nutzte die Gelegenheit aus der recht brisanten Lage zu entkommen. Sie sprang auf und stürzte an das Telefon. Buffy sah ihr mit einem Kopfschütteln hinterher und nahm mit einem schweren Seufzen einen Schluck aus ihrem Glas.

 

„Oh hi Shin,“ sagte Dawn sehr überrascht in den Hörer. „Jetzt? Ja sicher kann ich kommen.“
 

Wächterhaus, selber Nachmittag
Giles Büro

"Danke für Ihre Hilfe, Mr. Lenhardt, aber ich glaube nicht, dass wir Tamara und Heike extra aus Deutschland... sie ist als Austauschschülerin in den USA? Wunderbar, setzen Sie sie ins nächste Flugzeug nach L.A...",  Giles ging zu seinem Schreibtisch hinüber, griff sich eine Liste, auf der bereits die Namen von vier Jägerinnen standen, und schrieb einen fünften hinzu.

“Du weißt, was der Geburtstag bedeutet?“ Lilys Stimme riss Giles aus seinen Gedanken und er sah zu der Wächterin auf, die in sein Büro kam und sich vor seinem Schreibtisch aufbaute. Ihre ganze Körperhaltung drückte Streitlustigkeit aus. Und wie Giles schweren Herzens zugeben musste, stritten sie in letzter Zeit häufiger. Es war eine gewisse Anspannung zwischen ihnen entstanden, nachdem Lily vor Wochen die Meinung des Militärs vertreten hatte. Giles war damals von ihrer Haltung irritiert gewesen und es hatte ihn lange beschäftigt. Er kannte Lily nun schon eine Ewigkeit. Diese Frau hatte er einmal heiraten wollen, wäre ihm das Schicksal gnädiger gestimmt gewesen. Er wusste, dass Lily traditionell wie er erzogen, im Gegensatz zu ihm in ihrem Denken und Handeln einem Wächter vom alten Schlag in nichts nachstand, aber das sie tatsächlich in Erwägung gezogen hatte Freunde von ihnen einfach so zu opfern, ohne zu kämpfen, hatte ihn völlig durcheinander gebracht. Allerdings gestand er ihr im Stillen zu, dass der Ansatz ihrer Überlegung berechtigt gewesen war. Denn er selbst hatte, wenn es darauf ankam, keine Skrupel gezeigt, Opfer zu bringen, wenn sie angemessen waren, wenn sie der einzige Ausweg zu sein schienen – aber vielleicht hatte Lily nur Panik, Angst davor sich ebenfalls anzustecken und reagierte deswegen so befremdend? Wie er, als er bereit war Robins Worten zu folgen und zu glauben Spike wäre die Gefahr?

 

„Buffys Geburtstag?“, fragte Giles anstelle einer Antwort und riss sich damit selbst aus seinen Gedanken. Da er im ersten Moment wirklich nicht wusste, was Lily meinte und Buffy als nächstes von ihnen Geburtstag hatte, war sie die erste, die ihm dazu einfiel.

“Emmas,“ stieß Lily genervt aus und quittierte Giles plötzliche Abwehrhaltung mit verschränkten Armen vor der Brust hinter seinem Tisch, mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck. Diese Haltung hatte er ihr in den letzten Wochen öfters zur Schau gestellt. „Ich sehe, dass du weißt auf was ich hinaus will. Aber nur weil du die Regeln geändert hast oder Buffy, hat sich nichts an manchen wichtigen Dingen geändert. Wir sollten darüber reden.“
 

„Reden oder streiten,“ kommentierte Giles wenig sachlich und als ihm die Worte leid taten, fuhr er fort. „Tut mir leid,“ Lily sah ihn unverwandt an und zeigte Giles nicht, ob sie die Worte getroffen hatten oder nicht. „Wichtige Dinge nennst du das also?“ Giles Gesicht nahm einen finsteren Ausdruck an und sein  Ton verriet nach wie vor Verärgerung.

 

„Natürlich. Die Prüfung war für uns immer ein wichtiges Instrument die Guten von den Schlechten zu unterscheiden. Wäre Emma schon etwas länger eine Jägerin mit einem Wächter, würde die Prüfung natürlich kein großes Hindernis für sie bedeuten, daher verstehe ich deine Sorge, aber so..,“ fuhr Lily fort und schien nicht zu bemerken, wie es in Giles Gesicht vor Ärgernis, Wut, Sprachlosigkeit und Erstaunen arbeitete. Erst als er ihr barsch ins Wort fiel, schien sie zu begreifen:

 

„Du denkst ernsthaft über dieses antiquare Monstrum „Reifeprüfung“ nach? Bei einem Mädchen, welches erst seit gestern weiß, wer oder was sie ist? Sie ist untrainiert, unausgebildet...“

 

„Rupert, wir können nicht alles über Board werfen, was dir einmal nicht in den Kram gepasst hat. Manche Regeln hatten ihren gewissen Zweck. Die Reifeprüfung sortiert für uns ganz natürlich aus, wer reif genug ist für den Kampf und wer nicht.“

 

„Ich fasse es nicht,“ flüsterte Giles bei dem Versuch sein Entsetzen und seine aufkommende Wut zu unterdrücken. „Erst bist du dazu bereit Freunde ermorden zu lassen und nun sprichst du dich für eine weitere Grausamkeit aus?“ In Lilys Gesicht zuckte es kurz getroffen, als Giles seit Wochen zum ersten Mal den Vorfall laut aussprach. Lily wusste natürlich, dass sie sich damit auseinandersetzen mussten, aber da Rupert die ganze Zeit über dazu geschwiegen hatte, hatte sie nicht versucht von sich aus die Dinge zur Sprache zu bringen. „Hast du je einer Prüfung beigewohnt? Hast du je eine Jägerin gehabt, die sich diesem Wahnsinn stellen musste? Ich glaube nicht.“ Er nahm sein Arme von der Brust und ließ sich nach vorne auf die Tischplatte fallen. „Man sollte keinen Wächter, der eine gewisse Bindung zu seiner Jägerin aufbaut, Verantwortung für ihr Leben übernimmt, dazu zwingen ihr die Kräfte zu rauben, damit sie völlig schwach gegen einen Vampir, einen Dämon antreten muss, der stärker als ein dahergelaufener Vampir ist. Wahnsinnige, Mörder, über Tage ausgehungert...alles was sie besitzen, um gegen ein solches Monster zu kämpfen sind Waffen und der Verstand. Aber was, wenn der Verstand zwar willig ist, aber die körperliche Kraft und Geschwindigkeit nicht ausreichen? Wenn der Vampir schneller ist?“

 

„Also Rupert wirklich.. du zeichnest gerade ein Bild... danach hätten wir ja jedes Mal eine neue Jägerin rekrutieren müssen.“

 

„Hast du dir schon einmal überlegt, wieso so viele Jägerinnen nicht älter als 17 oder 18 wurden?“

 

Die beiden schwiegen sich lange an, bevor sich Lily wieder fing. „Egal wie du darüber denkst.. die Prüfung ist ein wichtiger Bestandteil, wie die Ausbildung zu einem Wächter, oder nicht? Wir können sie nicht einfach von heute auf Morgen abschaffen, ohne mit dem Rat gesprochen zu haben. Und es hat in der Vergangenheit nie eine Rolle gespielt wie erfahren eine Jägerin war, als sie sich der Prüfung stellte.“

 

„Eben.. früher. Vergangenheit. Ich habe Buffy versprochen, dass der Rat modernisiert wird, dass die alten verstaubten Ansichten weggefegt werden und daran wirst du mich nicht hindern können.“

 

„Ja, du hast es Buffy versprochen,“ stieß Lily mit einem verächtlichen Schnaufen aus. „Aber was ist mit dem Rat, mit den Wächtern? Was ist mit ihren Belangen? Oder mit dir? Was willst du?“ Lily war etwas  ruhiger geworden, doch Giles Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.

 

Er schüttelte den Kopf. „Spielt das eine Rolle, wenn man einmal Verantwortung in diesem Kampf übernommen hat?“ Giles befürchtete in diesem Augenblick, dass Lily nicht wirklich verstand um was es zwischen Wächter und Jägerin ging, oder in dem Kampf gegen das Böse.


“Also das heißt, du willst über unserer aller Köpfe hinweg entscheiden, ob es in Zukunft eine Prüfung gibt oder nicht?“

 

Giles senkte den Blick und holte tief Luft. „Nein,“ brachte er leise hervor. „Das wäre natürlich nicht im Sinn meiner demokratischen Reformationen. Befragen wir die anderen dazu und entscheiden dann.“


++++

„Okay, Leute.. was soll das ganze Gerede über Jägerinnen, Prüfungen...?“ Giles und Lilys Köpfe wandten sich der Tür zu, in der Faith lässig gelehnt stand und beide Wächter aufmerksam ansah. Faith war im Garten damit beschäftigt gewesen einige Waffen auf Hochglanz zu polieren, als sie durch das offene Fenster Giles und Lilys laute Stimmen vernommen hatte. Interessiert hatte sie die Schwerter zur Seite gelegt und war näher herangetreten. Die Unterhaltung schien interessant zu werden, und Faith war ins Innere gegangen. Sie lehnte an der offenen Tür, völlig unbemerkt von den beiden Streithähnen.

Vieles von dem Gespräch ergab wenig Sinn für die Jägerin und als sich Lily und Giles zu einigen schienen, hatte Faith beschlossen sich bemerkbar zu machen.
 

Giles und Lily zuckten zunächst erschrocken zusammen, dann starrten sie Faith verlegen an. Es war offensichtlich, dass man sie deutlich und laut im Haus gehört hatte.

 

„Ehm.. uhm... ja, richtig... du hast selbst nie eine Prüfung ablegen müssen,“ sinnierte Giles, um Zeit zu gewinnen, wie er Faith alles erklären sollte. „Durch dein Koma, dann die Flucht, das Gefängnis.“ Er setzte sich und winkte Faith weiter in den Raum hinein, die nicht glücklich über Giles Worte zu wirken schien. „Die Reifeprüfung ist eine Prüfung, der sich jede Jägerin an ihrem 18. Geburtstag zu unterziehen hat. Ihr Wächter nimmt ihr ohne ihres Wissens die Kraft, die sie hat und sie wird mit einem ausgehungerten Monster eingesperrt. Sie muss beweisen, dass sie durch Intelligenz genauso siegen kann wie mit der puren ihr geliehnen Kraft.“

 

„Das ist krank,“ stieß Faith abfällig hervor und wandte sich halb von den beiden ab.

 

‚Ich weiß,’ lag Giles auf der Zunge, aber da er einen erneuten Streit mit Lily befürchtete schluckte er die Worte hinunter und schwieg.

 

Faith hatte es auf einmal sehr eilig das Büro zu verlassen. Lilys Gesicht hatte so viel Missfallen ausgedrückt, als Giles ihr erklärte was die Prüfung bedeutete und Giles selbst klang so ermüdet... die Stimmung dort drinnen war einfach furchtbar und sie wollte lieber jemanden anderes wegen der Prüfung fragen, der die Sache vielleicht etwas anders sah – Buffy zum Beispiel.

 

Das von Giles gerufene „Faith? Faith warte doch...“ ignorierte sie vollkommen.

 

Park, Teehaus, etwas später
Schon von weitem sah Dawn Shin am Treffpunkt an seinem Rad lehnen. Seine zerzausten Haare wurden ihm von dem leichten, aber eisigen Wind immer wieder ins Gesicht geweht. Dawn verspürte den Drang ihm die Strähnen aus dem Gesicht zu wischen und ihn zu...... „Oh mein Gott“ was dachte Sie da? Sie wollte ihn doch tatsächlich küssen. Na ja warum auch nicht.

 

Über diesen Gedanken kam sie bei Shin an und sprang vom Rad. „Hi“, sagte sie überraschend schüchtern.

 

„Hi, Dawn,“ Shin stieß sich von seinem Rad ab und lächelte.  „Ich dachte es ist so ein schöner Wintertag, um dir etwas besonderes zu zeigen. Komm mit.“

 

„Okay,“ oh je, sie war ja sehr gesprächig. Aber sie folgte ihm, wenn auch zunächst etwas zögernd. Sie sah sich neugierig um und fragte sich, wieso Shin so geheimnisvoll tat. Sie schritten durch ein kleines Tor und vor ihr erstreckte sich ein großer japanischer Garten mit einem süßen kleinen Häuschen in der Mitte. In diesem Garten standen überall kleine Statuen mit Schneehauben, Springbrunnen und Tempelnachbildungen. Zwischen diesen kleinen Kunstwerken sah man Pärchen oder auch einzelne Menschen spazieren gehen. Keiner von diesen Menschen schien seine Umgebung richtig wahrzunehmen. Und auch für Dawn war es, als hätte der Straßenlärm abrupt aufgehört und es überkam sie eine allgegenwärtige Ruhe, so als würde sie hierher gehören. Sie schloss Ihre Augen und atmete tief ein, um dieses Gefühl voll auszukosten.

 

„So erging es mir auch beim ersten Mal und jedes Mal wieder, wenn ich hierher komme.“ Wie durch einen Nebel drang Shins Stimme zu ihr durch.

 

„Oh tut mir l...“

 

„Nein, es muss dir nicht leid tun. Dies ist ein Ort des inneren Friedens und er hat auf jeden Menschen die gleiche Wirkung. Man glaubt, dass man von Anbeginn der Zeit hierher gehört und möchte sich nicht bewegen, um dieses Gefühl so lange wie möglich zu behalten. Ich weis wie dir zumute ist,“ Shin lächelte sie an. Dawn hätte sich in diesem Lächeln verlieren können. Ein seltsamer Frieden hatte sich ihrer bemächtigt. Shin nahm sie an die Hand und ging mit ihr zu dem kleinen Häuschen in der Mitte des Gartens.

Als sie in das Haus eintraten, drückte Shin ihr ein paar Strohsandalen in die Hand „Das sind Geta. Wenn du deine Schuhe ausziehst, kannst du sie anziehen.“

Das Teehaus besaß einzelne Räume, die durch verschiebbare Wände getrennt wurden. In einen dieser Räume führte Shin Dawn. Der Raum war schlicht eingerichtet. Auf dem Boden lagen Tatami-Matten und in der Mitte des Raumes war eine Feuerstätte eingelassen. Der Raum war sehr spärlich aber mit unglaublicher Sorgfalt dekoriert worden. An der Nordseite hingen nebeneinander zwei Schriftrollen. Sie sahen unglaublich alt und kostbar aus, auf jeder der Rollen war eine Blüte stilistisch dargestellt und daneben stand ein Spruch. Auf einem Tisch neben der Feuerstelle standen eine Teekanne, Schälchen und andere Sachen, die Dawn noch nie gesehen hatte.

 

„Ich hab noch etwas für dich,“ Shin griff hinter den niedrigen Tisch und hatte plötzlich ein Päckchen in der Hand.

 

„Für mich?“, hauchte Dawn.

 

„Ja, ich dachte er gefällt dir.“

 

Dawn machte das Päckchen auf und heraus fiel ein nachtblauer Seidenkimono, der über und über mit Schriftzeichen bestickt war und auf der Innenseite sah man eine riesige Stickerei, die einen Drachen darstellte.

 

„Er ist wunderschön, aber das kann ich nicht annehmen. Er ist viel zu teuer.“

 

„Ach was, den hab ich auf dem Flohmarkt gesehen und den Händler mit meiner Feilscherei in den Ruin getrieben. So hat er es jedenfalls gesagt,“ grinste Shin sie an. Dawn konnte nicht anders und musste zurückgrinsen, als sie sich Shin beim Handeln vorstellte. Dieser ruhige Junge, der nie laut wurde. „Ehrlich Dawn, du kannst ihn annehmen.“

„Danke.“ Dawn wusste gar nicht, was sie sonst noch sagen sollte.

„Hallo,“ sagte plötzlich eine sanfte Stimme von der Tür.

 

„Dawn, darf ich dir meine Tante Ono Minako vorstellen. Ihr gehört das Teehaus.“ Shins Tante verneigte sich leicht vor Dawn, die versuchte etwas ungeschickt die Verbeugung nachzumachen, was ihr ein sanftes Lächeln der älteren Frau einbrachte.

 

„Ihr Teehaus ist wunderschön, so etwas habe ich noch nie gesehen,“ hauchte Dawn. Die ältere Dame jagte ihr Ehrfurcht ein. Sie strahlte eine innere Stärke aus, die Dawn bei noch niemandem gespürt hatte.

„Warte erst ab, wenn du dir den Garten genauer ansiehst,“ flüsterte Shin ihr zu.

„Dawn, würdest du mir bitte folgen, dann bereite ich dich vor.“ Ono machte eine kleine Handbewegung zum Durchgang.

 

„Vorbereiten?“

„Keine Angst“, raunte Shin in ihr ins Ohr. „Lass dich überraschen.“

Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Magen folgte Dawn Shins Tante. Sie führte Dawn in einen kleinen Raum, der vollständig mit weinroten Tatami-Matten ausgelegt war und in dem ein kleiner knie hoher Tisch mit Spiegel stand, auf dem einige Utensilien, wie Pinsel, kleine Töpfe und Federn lagen.


„Nimm bitte Platz,“ forderte Minako Dawn auf. In den folgenden Minuten konnte Dawn im Spiegel beobachten, wie sich ihr normales amerikanisches Gesicht in das bezaubernde, geheimnisvolle Gesicht einer Geisha verwandelte. So kam es ihr zumindest vor. Unter den gekonnten Griffen von Shins Tante begann Dawn sich zu entspannen und ihre Gedanken treiben zu lassen.


Nachdem sie fertig geschminkt und ihre Haar auf geheimnisvolle Weise mit zwei Essstäbchen hochgesteckt war, zog Dawn sich den blauen Kimono an und erkannte sich im Spiegel nicht wieder. Ihr blickte eine bezaubernde junge Frau mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen entgegen.

Als Dawn wieder in den Raum kam, im dem sie zuvor mit Shin gewesen war, erwartete er sie bereits. Auch er hatte sich umgezogen. Er trug einen schwarzen Kimono ähnlich dem ihren.


Sie wollte etwas sagen, doch Shin legte nur seinen Finger an die Lippen und bedeutete Dawn sich hinzusetzen.

Über der Feuerstelle neben dem Tisch kochte Wasser in einem kleinen Kessel. Shin nahm eine Schale und reinigte sie mit einem feuchten Seidentuch, danach reinigte er auf die gleiche Art den Teelöffel. Als er damit fertig war griff er nach einer wunderschönen Dose und öffnete diese. Mit dem Teelöffel gab er drei Portionen in die Teeschale. Danach wandte er sich dem kochenden Teewasser zu und schöpfte eine Kelle voll Wasser in die Schale. Mit einem Bambusbesen schlug er den Tee so lange bis er schaumig war. Alle diese Bewegungen führte Shin mit einer Ruhe und Sorgfalt aus, so dass Dawn die Augen nicht von ihm abwenden konnte und von der Ruhe und Harmonie der Zeremonie gefangen war.

Mit einem zärtlichen Blick in den Augen reichte Shin die Teeschale zu Dawn. Sie drehte die Schale in einem Halbkreis und nahm einen Schluck Tee. Er schmeckte herb-bitter, war aber voll aromatisch. Mit einer weiteren Drehung der Schale reichte sie diese zurück an Shin. Dieser nahm ebenfalls einen Schluck daraus. Als er die Schale abgesetzt hatte, blickten sich beide in die Augen. Dawn sah, dass Shins Gesicht langsam auf sie zukam. Mit einem Gefühl von tausend Schmetterlingen im Bauch beugte sie sich ihm entgegen und ihre Lippen berührten sich das erste Mal. Dawn konnte es nicht glauben, der Kuss schmeckte so süß und Shin war so unglaublich sanft. Der Kuss hätte ewig dauern können. Als sie sich schließlich von einander lösten, nahm Shin ihre Hand und führte sie in den Garten.


Draußen sah er sie ernst an. „Ich möchte alles von dir wissen. Du bist das faszinierendste Mädchen, das mir jemals begegnet ist.“

 

Am Anfang sprach Dawn noch etwas stockend, sie wusste nicht, was sie Shin erzählen sollte, doch dann, als sie von ihren Tagebüchern sprach, spürte sie, das er sich nicht über sie lustig machte und so sprudelten plötzlich Dinge aus ihr heraus, über die sie seit Jahren nicht mehr nachgedacht hatte. Die Trennung ihrer Eltern, der Tod ihrer Mutter und auch der Verlust von Buffy, als sie damals Sunnydale verließ, um nach L.A. zu gehen. Nachdem sie das Gefühl hatte ihm alles erzählt zu haben, bat Dawn ihn: “Erzähl mir von deiner Familie.“

 

Während Shin sprach, hing Dawn an seinen Lippen und lauschte seinen begeisterten Worten mit denen er seine Familie und seine Kindheit beschrieb. „Tja und das war schon alles.. also nicht wirklich etwas aufregendes. Außer das wir aus Japan stammen. Da war deine Kindheit ... uhm... beeindruckender,“ schloss Shin seine kleine Familieneinführung für Dawn. Sie sah ihn verträumt an. Irgendwie waren die letzten zwei Stunden unbemerkt vergangen und für Dawn eine einzige glückliche Erinnerung. Sie hatte das Gefühl mit Shin über alles reden zu können. Fast alles, einmal von ihrer Jägerin-Sache abgesehen. Das sie mit ihm über Buffy und von ihren gemeinsamen Problemen gesprochen hatte, zeigte wie nahe sie sich in der kurzen Zeit wirklich gekommen waren.

 

„Ich meine..., du und auch deine Schwester habt eine schwere Vergangenheit hinter euch. Sie war von Schmerz und Trauer geprägt.“, versuchte Shin seinen kleinen schlechten Einwurf zu überspielen. „Diese Gefühle stehen zwischen euch. Versuche die Vergangenheit ruhen zu lassen und konzentriere dich auf die Zukunft. Wer weiß, vielleicht bist du für Höheres geboren und es wartet noch ein Aufgabe auf dich.“

 

Dawn erschrak. Ob er es wusste, dass sie auch eine Jägerin war? Nein, er hatte keine Ahnung. Aber seine Worte gaben ihr zu denken. Geschickt lenkte sie das Gespräch in eine andere Richtung. Darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Also die Sonne langsam unterging, verabschiedeten beide sich mit einem langen, innigen Kuss voneinander. Dawn fühlte sich als, ob sie 10 zoll über dem Boden schwebte, als sie nach Hause radelte.


Wächterhaus, nächster Morgen
Garten

Faith und Buffy saßen gemeinsam auf den Stufen zum Garten und starrten in die noch immer schneebedeckte Gegend. Die Stufen waren kalt und ihr Atem stieg in kleinen Rauchwolken vor ihren Gesichtern auf.

Plötzlich bewegte sich Faith und Buffy sah zu ihr. Das Eis war dadurch irgendwie gebrochen und Faith fiel es leichter ihre Frage zu stellen. Aber vielleicht war es gar nicht so verkehrt erst einmal über das „Geschäft“ zu reden.

 

 „Hör mal B... danke das du gekommen bist. Hast du eine Ahnung bei wie vielen wir jetzt sind?“
 

"Sechs oder sieben, glaub ich...", Buffy fragte sich, was Faith von ihr wollte. Sie hatte sie bestimmt nicht nur hier her geholt, um auf den neusten Stand zu kommen. Dazu hätte sie nur Giles fragen müssen.

 

"Gut."

 

"Schon."

 

Wieder schwiegen die beiden und dieses Mal war es Buffy, die die Stille durchbrach. „Okay, wieso hast du mich angerufen?“

 

„Na ja,“ druckste Faith vorsichtig herum. „Ich hab etwas gehört, das dich sicher interessieren wird. Also Giles und Lily haben sich gestern über etwas gestritten... sie haben den Gegenstand ihres Streites Reifeprüfung genannt. Du hast doch so etwas gemacht? Die Prüfung meine ich?“

 

„Sicher,“ sagte Buffy beherrscht ruhig. In ihrem Inneren tobten jedoch die unterschiedlichsten Gefühle. Lange hatte sie nicht mehr an ihren 18. Geburtstag nachgedacht. Aber das lag nicht nur alleine an den unschönen Ereignissen, sondern auch daran, dass sie gleich von zwei Personen, die ihr wichtig waren, enttäuscht worden war. Und jetzt... was wollten die beiden Wächter? Wollten sie die Prüfung wieder einführen? Giles? Er, der wusste, was die Prüfung bedeutete?
 

„Wow... Giles hat dir wirklich die Kraft geraubt und dich dem Ganzen alleine überlassen?“

 

„Ja,“ sagte Buffy gequält. „Und glaub mir, dass ist nichts was ich meinem schlimmsten Feind wünschen würde.“

‚Unter anderen Umständen also auch nicht einmal mir,’ dachte Faith bitter und dankte innerlich dem Urbösen für die veränderte Lebenssituation. „Ich hätte nie gedacht, dass er dir so etwas antun könnte.“

 

„Konnte er auch nicht,“ sagte Buffy mit dem Anflug eines kleinen Lächelns an die eher angenehmere Erinnerung an damals. „Er hatte versucht mich zu warnen und mir schließlich alles gestanden. Ich wusste was kam und war vorbereitet.“

 

„Ach ja, ich weiß.. deswegen hatten wir ja dann Wesley,“ grinste Faith. Sie konnte sich nicht erinnern mit was sie damals beschäftigt war, dass sie von Buffys Schwäche und ihren Zustand nur am Rande mitbekommen hatte. Es lagen nun doch schon etliche Jahre dazwischen. Im schlimmsten Fall hatte sie die Tage mit sinnlosen Fernsehserien verbracht und die Nächte mit Jagen und Tanzen im Bronze. „Wie stehen sonst die Chancen? Ich meine wenn man keinen so loyalen Wächter hat?“

 

‚Loyal?’, dachte Buffy verbittert und musste an die Nacht denken, als Giles sie ablenkte, damit Spike getötet werden konnte, als er Dawn lieber opfern wollte, als er ihr mit einem Serum ihre Kräfte raubte, als er Sunnydale fluchtartig verließ, als sie ihn am meisten gebraucht hätte, als er Lilys Fürsprechen für Rileys Befehl nicht viel entgegenzusetzen hatte... Stopp, dass waren alles Dinge, die eine Münze nur von einer Seite aus betrachteten. Sie hatte seit dem Labyrinth, als sie versucht hatte ihren angestauten Frust los zu werden, eines verstanden... dass es nicht fair war die Ereignisse so einseitig zu betrachten. Er war zurückgekehrt, um sie alle und die Welt mit dem Einsatz seines Lebens vor Willow zu schützen, er war jetzt für sie und Dawn da, nicht nur finanziell, er war für sie da gewesen, als ihre Mutter starb und er hatte damals seinen Job riskiert, um sie vor der Prüfung in letzter Sekunde zu bewahren. Und wenn sie es genau bedachte, hatte Giles damals im Labyrinth recht gehabt, als er seine Handlungen damit gerechtfertigte, dass alles nur für sie geschehen sei. Auch wenn sie das nicht immer so gesehen hatte. Am aller wenigsten die Prüfung betreffend. Aber Dawn, Spike, sein Weggang... sie verstand es auf einmal ein wenig besser, aber das hieß nochlange nicht, dass sie  ihm alles so einfach vergeben konnte.

 

„Hey, B... noch anwesend?“ Faith wedelte mit einer Hand vor Buffys Gesicht, die blinzelte.

 

„Hm.. oh entschuldige,“ kehrte Buffy aus ihrer Gedankenwelt zurück und lächelte entschuldigend. „Die Chancen? Keine Ahnung... ich wusste von meinem Gegner, weil er mir schon vor der Prüfung auf der Strasse begegnete und ich war eingeweiht ... ich hatte eine faire Chance.. aber es war hart. Ich würde sagen, dass es sehr schlecht für eine Jägerin aussieht, wenn sie nicht weiß, um was es geht.“

 

„Du hast dich bestimmt verdammt mies gefühlt.“

 

„Darauf kannst du wetten. Wenn du nicht weißt was mit dir los ist, dich auf einmal Vampire, Frischlinge, vermöbeln, du nicht einmal mehr ein Messer auf eine Zielscheibe werfen kannst und am Ende herausfindest, dass der Mann, dem du drei Jahre fast blind vertraut hast dich hintergeht...mies ist da stark untertrieben. Aber wieso fragst du? Wieso haben die beiden darüber geredet?“

 

„Es geht um die Neue, Emma und ihren 18. Geburtstag. Sie stritten sich darüber, ob sie die Prüfung machen muss oder nicht. Ich glaube es sieht schlecht aus. Lily hatte ein paar gute Argumente.“

 

„Gute Argumente?“ Buffy war entsetzt und bestürzt zu gleich. „Wie kann man für so etwas grauenvolles gute Argumente haben?“

 

„Sie schläft mit Giles?“ Schlug Faith mit einem breiten, dreckigen Grinsen vor und sah an Buffys entsetzten Gesichtsausdruck, dass die blonde Jägerin die Möglichkeit bisher völlig ausgeschlossen hatte.

 

„Na komm schon... so blind kannst nicht einmal du sein,“ lachte Faith und wurde wieder ernst. „Sie hat ihn an seinen eigenen Reformationsvorschlägen gepackt und hin und her gebeutelt. Er hat keine Chance.. er wird die anderen Wächter abstimmen lassen müssen.“

 

„Verdammter Mist,“ fluchte Buffy wütend und sprang von der Treppe auf. „Ich wusste, dass Giles Vorhaben früher oder später schief gehen muss. Von wegen es ändert sich alles...,“

 

„Buffy warte doch,“ doch da war die Jägerin schon auf die Strasse vor dem Haus gestürmt und Faith hielt es für das beste, sie gehen zu lassen. Offensichtlich verhieß die Prüfung wirklich nichts Gutes und dass sie jetzt davon wusste, machte das ganze bestimmt auch schwieriger. Allerdings... ihr kam die Idee, dass Buffy und sie dafür Sorge tragen konnten, dass alle Jägerinnen auf der Welt davon erfuhren.

 

Eine email über einen Verteiler, ein Kettenbrief, Rundrufe... und schon hätte bei einem schlechten Ausfall der Abstimmung die Wächter im Vorfeld verloren. Sie würde damit noch warten, bis Giles etwas über die Abstimmung verlauten ließ. Vielleicht würde er sie auch gar nicht einweihen, weil es nicht gut war, wenn Jägerinnen alles wussten, aber sie glaubte, dass Giles gerade mit dieser Ansicht gehörig aufgeräumt hatte und es auch weiterhin so halten würde.

 

Am besten würde sie sofort mit Vi und Ronah darüber reden, damit die beiden bescheid wussten, falls jemals etwas ähnliches auf sie zukam. Vielleicht konnte man dafür sogar trainieren...


Universität, früher Abend
Willows Zimmer
Das wilde, entschlossene Klopfen an ihrer Tür, ließ Willow von ihren Büchern aufsehen. Sie lag bäuchlings auf ihrem Bett mit drei aufgeschlagenen Büchern und einem Notizblock vor sich. Sie konnte nicht verleugnen, dass sie sich nicht über die Unterbrechung freute. Sie stand auf, um zu öffnen.

 

„Buffy?“ Völliger Unglaube spiegelte sich in dem Gesicht von Willow wieder.

 

Buffy sah an sich herunter und zurück zu Willow. „Falls ich nicht mit einem  Zauber belegt wurde und für dich irgendwie anders aussehe...“

 

„Entschuldige,“ Willow öffnete ihre Tür ganz, damit ihre Freundin eintreten konnte. „Es ist nur.. ich bin überrascht. Du warst in den ganzen Wochen nicht einmal hier und da dachte ich schon...“

 

Buffy drehte sich zu Willow herum und machte ein betretenes, zerknirschtes Gesicht. Ihr war deutlich anzusehen, dass ihr der Umstand sehr unangenehm war. „Willow... ich... was soll ich sagen... es war einfach nur... na ja...“

  

„Ist schon gut Buffy,“ lenkte Willow großzügig ein. „Ist nicht so wichtig.“ Aber die Lüge war ihr am Glanz der Augen anzusehen. Buffy senkte den Blick.

 

„Doch ist es Willow. Du bist meine beste Freundin und es hat mich nicht einmal interessiert wie du hier wohnst. Nein also nicht nicht interessiert.. ich meine... mir fehlte die Zeit. Aber es ist sehr hübsch,“ beeilte sich Buffy zu versichern und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. „Und es tut mir so leid.“

 

Willow lächelte freudig über das Kompliment über ihre Einrichtungsgestaltung und spielte die Großzügige. „Du bist ja jetzt da, aber ich schätze, bestimmt nicht, um mein Reich zu inspizieren.“

Buffy wollte etwas erwidern, aber hielt es dann doch für besser nicht zu lügen. „Giles und Lily,“ sagte sie stattdessen bestätigend und fuhr auf Willows fragenden Blick hin fort. „Du musst mit Giles sprechen. Faith hat belauscht wie sie sich über die Weiterführung der Reifeprüfung unterhalten haben. Ich muss wissen was er vorhat.“

 

„Solltest du nicht besser mit ihm darüber reden?“ schlug Willow vor. „Du bist die Jägerin. Vielleicht war es ja nur eine rein theoretische Überlegung ‚was wäre wenn’? Nichts was man überbewerten sollte?“

 

„Nein Willow. Ich traue der Sache nicht. Faith hat mir das Gespräch geschildert und es scheint, dass Lily unbedingt wieder die Prüfung möchte. Ich kann zwar nicht verstehen wie moderne Menschen an so etwas grauenvollem festhalten können, aber ich habe das Gefühl sie versteht es in letzter Zeit immer besser Giles um ihren kleinen Finger zu wickeln.“

 

„Seit wann vertraust du dem was Faith erzählt?“ Willow entschärfte ihre Worte mit einem hinterlistigen Lächeln. Schließlich wusste sie genauso gut wie Buffy, dass sich die Zeiten geändert hatten. Und ehe Buffy die Gelegenheit bekam etwas zu sagen, fuhr die Rothaarige fort. „Ich glaube du überbewertest das Ganze ein wenig. Rede mit ihm, frag ihn danach. Ihr seid beide erwachsen und könnt offen reden.“

 

„Nein!“ Buffy schüttelte heftigen den Kopf. „Das ist nicht so leicht. Vor einem Monat habe ich einen Streit zwischen Giles und Lily belauscht, bei dem Lily ihn als meinen Wächter kritisiert und angegriffen hatte, jetzt will sie die Reifeprüfung haben... ich kann doch nicht hingehen und ihm sagen, dass ich die Frau nicht leiden kann, wegen der Dinge, die ich belauscht habe und eigentlich nicht hätte hören sollen? Oder weil mir die Nase der Frau nicht gefällt? Giles und ich würden uns nur wieder streiten.“

 

„Wieder?“ Willow schlug ihre Bücher zu und schob sie zur Seite, damit Buffy auf ihrem Bett platz nehmen konnte.

 

Buffy sah betrübt zum Fenster hinaus und zuckt dann mit den Schultern. Es wurde draußen langsam wirklich dunkel und eigentlich sollte sie längst auf Patrouille sein. Dann schluckte sie hart und sah melancholisch zurück zu Willow. Wenn sie mit jemanden über das was im Labyrinth passiert war, reden konnte dann mit Willow, auch wenn sie in den letzten Wochen kaum Zeit miteinander verbracht hatten.

 


Erie-See, selbe Zeit
Aus einem Vorhang aus grauen und weißen Nebelschwaden brach ein Schiff hervor, das mit verrottetem Holz am Bug, Moos und Muscheln daran das Wasser durchpflügte und leichte Wellen um sich und hinter sich erzeugte. Der alte Mast schwankte unheilverkündend unter der Fahrtgeschwindigkeit, Holz ächzte und das Steuerrad bewegte sich von unsichtbarer Hand hin und her. Die Türe zur Kajüte wurde aufgestoßen, doch dahinter befand sich nur Dunkelheit und das Brausen des dafür verantwortlichen Windstosses war zu hören.

 

Weit vor dem alten, verlassenen Schiff tauchte ein Lichtpunkt auf, der auf und ab hüpfte bis er langsam aber stetig näher kam.... das Schiff hielt direkt darauf zu.

 

 

Universität, ein paar Minuten später

„Oh je Buffy.. wieso hast du nicht früher mit mir darüber geredet?“ Sagte Willow bestürzt über Buffys Erzählung und setzte sich neben ihre Freundin. „Ich meine...“

 

„Es ist etwas, das geht eigentlich nur Giles und mich an,“ sagte Buffy halbherzig. Das es nicht so war, hatte sie damit bewiesen, dass sie Willow als einzige über die Geschehnisse im Einzeln eingeweiht hatte. Sie hatte jedoch den Teil mit Ben weggelassen. Es reichte schon, dass ihr Bild über Giles zusammengebrochen war. Zudem war es etwas, das Giles den anderen selbst sagen sollte.

 

„Sicher,“ sagte Willow wenig überzeugt und legte einen Arm um die Schultern ihrer sonst so starken Freundin, an der wohl vieles nagte und es sicherlich noch mehr gab über das sie jedoch nicht so bereitwillig reden wollte. „Geh zu ihm.. klär die Dinge. Entschuldige dich für deine harten Worte, erkläre Giles, wie du inzwischen darüber denkst...“

 

„Das kann ich nicht, Willow. Du weißt.. das ich darin noch nie gut war. Er wird schon wissen, wann ich nicht mehr sauer bin und es auch bestimmt merken, wenn ich darüber hinweg bin.“

 

„Du kannst dich aber nicht immer auf seine feinfühligen Sensoren dich betreffend verlassen. Das geht bestimmt irgendwann einmal schief.“

 

„Noch schiefer?“, lächelte Buffy und wusste das Willows Worte vernünftig klangen. Buffy hatte vor, sie sich durch den Kopf gehen zu lassen, doch jetzt waren andere Dinge wichtiger, als ihre Meinungsverschiedenheiten mit Giles. „Ich denke darüber nach. Aber was ist jetzt... mit meiner Bitte?“

 

„Ich denke es ist etwas sehr persönliches.. die Prüfung.. etwas das seit langem zwischen euch steht. Ich möchte mich da wirklich nicht einmischen Buffy.. so sehr ich dir helfen möchte...Rede mit ihm, kläre alles und sprich dann über die Prüfung.“

 

„Aber du bist eine Hüterin, Willow. Dich sollten solche Dinge auch interessieren. Die Prüfung richtet sich gegen die Jägerinnen, die Schützlinge eines Wächters, des Rates...“, Buffy wirkte verzweifelt und dass sie Willow erneut mit ihren neuen Pflichten als Hüterin konfrontierte sprach dafür. Aber Willow war sich unsicher. Deshalb nahm sie ihren Arm von ihrer Freundin und stand auf.

 

„Ich weiß nicht genau Buffy... ich habe dir schon vor Wochen gesagt, dass wir nicht im geringsten wissen was ich bin. Wir gehen von dem aus, was Kennedy während dem Zauber beobachtet hat und von dem was ich spürte und spüre, die Visionen... das alles ist sehr verwirrend und das Giles und Lily nichts finden macht es nicht besser. Darf ich mich da wirklich in alles so bedenkenlos einmischen? Oder gerade drum? Ich weiß es nicht...“, Willow wirkte nun fast genauso verzweifelt wir Buffy und die beiden Freundinnen starrten sich für einen Moment schweigend an. Willow realisierte zum ersten Mal wirklich, was Buffy all die Jahre emotional durchgemacht hatte, als Jägerin, als die Auserwählte, mit Pflichten und Verantwortungen, Verantwortungen, die Willow nicht bereit war zu übernehmen und Buffy begriff, dass Willow zur Zeit etwas ähnliches durchmachte, wie sie in den ersten Jahren als Jägerin.

 

„Okay.. einverstanden. Ich versuche mit ihnen darüber zu reden,“ gab Willow schließlich nach, als sie das Dilemma von Buffy zu begreifen schien und ihr auch klar war, dass Buffy nicht locker lassen würde.

 

„Du bist die beste,“ Buffy sprang erleichtert auf, umarmte Willow freudig und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

 

 

Erie-See, ein paar Minuten später
Der Nebel zog sich mit der einbrechenden Dunkelheit über dem See zusammen. In letzter Zeit fand Fischer Coonlley passierte das viel zu oft. Selbst für die Jahreszeit. Seine Tasse Kaffee dampfte vor ihm und das Steuerrad pendelte leicht von links nach rechts. Das Holz des alten Kutters ächzte und stöhnte. Coonlley zog seinen Wintermantel enger um seinen Körper und griff nach der Tasse, als ein gewaltiger Schlag durch das Schiff ging, durch den es sich bedrohlich nach rechts neigte und Coonlley von den Füssen riss.

 

Die Tasse flog scheppernd in eine Ecke, der Inhalt ergoss sich über den Boden und Coonlley knallte hart auf den Boden. Die Türe riss nach außen auf und Coonlley stürzte über die Stufen auf die Planken. Benommen kam er auf die Füße, schüttelte den Kopf und versuchte sich zu orientieren. Das Boot schlingerte, aber war wieder einigermaßen zur Ruhe gekommen. Er blickte um sich und entdeckte ein Boot neben seinem. Hatte der Wahnsinnige ihn etwa gerammt?

 

Er stürmte an die Reling und spähte hinüber. Aber er konnte niemanden entdecken und hinter der Kajüte war es dunkel. Das gab es doch nicht... das Wort „Geisterschiff“ blitzte in seinen Gedanken auf, aber er tat es sofort als altes Seemannsgarn ab. Er griff nach dem Enterharken und zog die beiden Schiffe näher heran, ehe er hinübersprang, um der Sache auf den Grund zu gehen. Vielleicht war dem Besitzer etwas zugestoßen, lag er bewusstlos neben dem Steuerrad oder war sogar von Bord gefallen.

 

Als seine Füße die Planken berührten, glaubte er etwas ähnliches wie ein tiefes Seufzen zuhören, aber schob das Geräusch auf den Wind und auf das Ächzen des alten Holzes. Sein Blick schweifte nervös von links nach rechts und Coonlley korrigierte seine Gedanken.. hätte jemand einen Scherz gewagt, würden die Planken bestimmt nicht so aussehen, als hätten sie seit Jahren kein Land mehr gesehen. Sie waren glitschig und moosig. Das ganze Schiff wirkte heruntergekommen und .. verlassen. Aber nun einmal hier und von Neugier getrieben, ging er weiter zur Kajüte.

 

Die Türe stand offen und er spähte ins Innere. Ein Raunen und Wispern hinter ihm ließ seinen Kopf zur Seite schnellen, damit er über die Schulter blicken konnte, doch ehe er sah, was es war, gab ihm etwas einen unsanften Stoss und er stolperte nach vorne in die Kabine. Die Türe flog zu, und er hörte etwas im Schloss klicken.

 

„Verdammt, hey was soll das?“ Er sprang zur verschlossenen Tür, rüttelte am Griff und hämmerte dagegen. „Aufmachen.. sofort aufmachen.“

 

Sein Brüllen war weit über die See zu hören und verlor sich in der Weite. Vor der Tür zog sich der Nebel dichter zusammen, wirbelte in sich, dehnte sich, zog sich wieder zusammen, bis ein Gesicht darin zu erkennen war, mit leeren Augen, wehendem Haar, Arme und Beine ließen sich langsam erahnen, ehe das Nebelwesen in sich erneut zusammenbrach und mit einem leisen Wispern durch die Ritze in der Türe in das Innere der Kabine strömte...
 

Ein lang gezogener, panischer Schrei war von innen zu hören, der sich mit dem Brausen der Wellen um das Schiff herum vermischte und plötzlich erstarb.
 

Als wieder Ruhe einkehrte, hüpfte ohne Kontrolle die „Neptun“ alleine über die Wellen - vom Geisterschiff war keine Spur mehr zu sehen...

 


2. AKT

Ein Friedhof am Erie-See, eine Nacht später

Der Friedhof lag in der nächtlichen Stille dunkel vor ihnen. Das einzige Licht spendeten die Wegbeleuchtungen am Hauptweg und der Mond über ihnen. Dazwischen herrschte überall Dunkelheit und lange Schatten. Buffy schlenderte mit Emma an ihrer Seite zwischen einer Reihe Grabsteine hindurch.

 

„Es ist immer effektiv, wenn man bei den frischen Gräbern vorbeischaut und etwas wartet. Meist erledigt man damit gleich die Arbeit für eine Woche. Die harten Brocken finden einen dann sowieso von alleine.“ Buffy zeigte nach vorn auf ein frisches Grab, auf dem nur eine dünne Schneedecke lag. Emma schluckte.

 

„Wieso tust du das? Ich meine wegen mir brauchst du nicht den Fremdenführer zu spielen und den Abend mit mir verbringen. Du hast sicher besseres zu tun.“

 

„Ich? Ich glaube ich hatte schon seit fast acht Jahren nichts mehr „besseres“ nachts zu tun. Und einer muss es ja tun,“ grinste Buffy freundschaftlich. „Die anderen waren irgendwie alle für heute schon ausgebucht. Ich dachte es würde dir leichter fallen, wenn ich es wäre, die dir ein paar Handgriffe zeigt.“

 

Emma lächelte warm. Da hatte Buffy allerdings recht. Seit der Nacht, in der sie die Jägerin gerettet hatte, verband sie zwar die reine Dankbarkeit, aber da war auch noch etwas mehr. Sie mochte Buffy – sie war nett, ehrlich aber behielt Distanz. Stellte nicht zu viele Fragen und selbst wenn sie neugierig auf Emma war, zeigte sie es nicht so offen, wie die anderen, denen Emma bis lange begegnet war.

 

„Weißt du,“ Emma dachte über ihre Frage kurz nach, während Buffy sie interessiert ansah. „Ich habe das meiste von dem was Mister Giles erzählt hatte, nicht wirklich verstanden. Habt ihr das Urböse jetzt besiegt oder nicht?“

 

Buffy lachte auf. Es war kein gemeines Lachen, kein Auslachen, aber es war amüsiert. „Keine Sorge. So ergeht es uns fast allen, was Giles Ausführungen betrifft. Du kannst froh sein, dass er für dich keine Schaubilder gezeichnet hat.“ Jetzt musste Buffy wirklich breit grinsen, fegte dann aber die stumme Frage in Emmas Augen mit einer Handbewegung zur Seite. „Nicht so wichtig. Aber .. nein, wir haben es nur zurückgeschlagen. Es muss sich ein paar Jahrhunderte von diesem Schlag erholen. Zu neuen Kräften kommen. Es besteht für uns im Moment keine Gefahr.“

 

„Und diese Übervampire? Seine Helfershelfer? Gibt es davon noch mehr?“

 

„Nicht wenn er sie nur im Höllenschlund von Sunnydale hierher geholt hat. Wir haben den Schlund geschlossen und dafür gesorgt, dass die Übervampire darin begraben wurden. Aber wer weiß schon zu sagen, woher sie kamen und wohin sie gingen.“ Zwar gefiel Buffy der Gedanke an noch mehr von diesen Kreaturen nicht, aber Emma anzulügen war sicher keine bessere Lösung. Emma schien an ihrer Seite etwas zu frösteln.

 

„Aber was ist, wenn sich das Urböse erholt hat? Wird es dann nicht versuchen seinen Plan erneut umzusetzen? Oder wenn jemand anders versucht alle Jägerinnen zu töten?“


Buffy starrte vor sich in die Dunkelheit, ihre Schultern sackten nach unten und es war ihr anzusehen, dass die Frage unangenehme Erinnerungen mit sich brachte und auch an Buffys Grenze stieß. „Ehrlich gesagt bin ich damit überfragt. Vielleicht greift das alte System wieder. Keine Ahnung. Am besten fragst du Giles deswegen und wir konzentrieren uns jetzt etwas aufs Training.“

 

Sie waren beim Grab angelangt und als Buffy Emma einen Pflock reichte, kam Bewegung in die Erde. Etwas grub sich nach draußen. Eine weiße Hand fuhr vor ihnen plötzlich ins Freie und Emma wich mit einem lauten Aufschrei nach hinten zurück.

 

„Du brauchst keine Angst zu haben. Er ist schwach und unwissend. Meist sind sie orientierungslos. Ein paar sind allerdings erstaunlich fit, wenn sie auftauchen.“

 

Emma kam wieder etwas näher und wartete mit Buffy darauf, dass der Vampir sich vollständig herausgegraben hatte. Kaum war das geschehen und er nahm sie wahr, sprang seitlich aus dem Gebüsch ein Schatten hervor, sprintete auf den Vampir zu und riss ihn von den Beinen.

 

Ein kurzes Handgemenge entstand, bei dem weder Buffy noch Emma richtig erkennen konnten, wer sich mit dem Vampir angelegt hatte. Dann hörten sie beide das für Buffy vertraute „Puff“-Geräusch und der Vampir zerfiel zu Staub. Die Gestalt stand auf und drehte sich zu den beiden herum.

 

„Faith?“ Buffy war erstaunt aber auch vor Unglaube fast ein wenig ungehalten.

 

„Hi, B. Du auch hier?“ Sie klopfte die Asche von ihren Kleidern und grinste zufrieden.

 

„Du wirst entschuldigen, aber das war mein Lehrobjekt für Emma.“ Buffy war nun wirklich über die Dreistigkeit von Faith entrüstet.

 

„Falsch. Das war mein Lehrobjekt.“ Faith zeigte zum Gebüsch hinter dem sich Vi und Ronah zu erkennen gaben. „Das heißt, wir lagen da schon etwas länger, bevor ihr beide ankamt.“

 

„Ich denke die beiden hatten genug Training auf eurem Road Trip,“ kommentierte Buffy trocken mit einem Blick zu den beiden ehemaligen Anwärterinnen.

 

„Ich hab dir von der Prüfung erzählt.. ich will die beiden vorbereiten. Sobald sie 18 werden, wissen sie was sie tun müssen.“

 

„Man kann sich darauf nicht vorbereiten,“ meinte Buffy nachdenklich und sah kurz zu Emma, die einmal mehr kein Wort verstand.

 

„Oh doch.. ich bringe ihnen bei, wie man mit Geduld beobachtet, wie man abzuwarten lernt und dann seinen Verstand einsetzt, um zu zuschlagen.“

 

„Wow.. ich bin beeindruckt,“ sagte Buffy trocken. „Ich dachte immer die Haudrauf-Technik ist die einzige, die du drauf hast.“

 

Faith lächelte still. Wenn Buffy wüsste, wie viel sich verändert hatte, dachte Faith und zuckte mit den Schultern. „Man lernt eben nie aus,“ meinte sie altklug und ging zurück zu Ronah und Vi. „Viel Erfolg noch heute Nacht.“ Damit schlenderten die drei davon und Buffy sah noch immer überrascht stumm hinterher.

 

“Welche Prüfung?“, fragte Emma plötzlich und Buffy verdrehte die Augen. Genau das hatte sie befürchtet.

 


Erie-See, selbe Nacht
Unweit vom Friedhof entfernt lag der Erie-See im Mondlicht da. Wenn man ganz leise war, konnte man das leichte Wellenplätschern gegen das Ufer hören. Die hüpfenden Lichter der Fischerboote waren von Buffys, Faith, Ronahs, Vis und Emmas Position aus gut zusehen. Am Ufer, nicht sonderlich weit von ihnen entfernt, lagen ein paar Boote vor Anker. Nicht unweit davon tauchte plötzlich das  Geisterschiff mit seinem zerfetzten Segel und ohne Beleuchtung auf.. es schlingerte unruhig hin und her und schien direkt auf die Boote vor dem Ufer zu zuhalten...


Der Friedhof am Erie-See, im selben Moment
“Hey.. was ist das denn,“ Ronah löste sich von der Dreier-Gruppe und sprang auf die Friedhofsmauer.

 

Alarmiert gab Buffy Emma zu verstehen ihr zu folgen.

 

„Was ist los?“ fragte Faith und sah kurz über die Schulter – Buffy und Emma kamen. Irgendwie beruhigte sie der Gedanke. Seltsam und befremdend war er, der Gedanke, aber das störte Faith nicht mehr länger. Sie waren längst zu einem Team geworden. Oder zu einer großen Familie. Die Familie der Jägerin. Meine Güte.. noch vor einigen Monaten hätte sie sich wahrscheinlich für solche sentimentalen Gedanken selbst geohrfeigt.

 

„Ein Schiff,“ erklärte Ronah. „Es schlingert. Als hätte es keine Führung. Es scheint aufs Ufer zu zurasen.“

 

„Was? Verdammt, lass sehen,“ Faith sprang zu ihr hoch und entdeckte sofort das Schiff, welches Ronah meinte. „Wenn wir uns beeilen, können wir es noch bis zum Ufer schaffen und das schlimmste verhindern. Es hält nämlich auf die Boote da unten zu.“ Faith fuchtelte zu ein paar verankerten Booten.

 

„Das schaffen wir nie,“ stöhnte Ronah und schätzte die Entfernung auf drei vielleicht vierhundert Meter. Wenn sie gut lag.

 

„Ein ‚Nie’ gibt es für uns nicht,“ bemerkte Buffy streng und sprang dabei schon über die Mauer. „Bleibt ihr hier. Faith.. komm mit.“

 

Ronah wollte wiedersprechen und auch Emma machte einen unsichern Schritt auf die Mauer zu.

 

„Bleibt hier.. Buffy hat recht. Es ist besser wenn jemand noch da ist, falls was passiert,“ und damit sprang Faith Buffy nach und holte sie auf halben Weg ein. Sie hielten sich nicht lange damit auf, small talk zu halten, sondern gaben, was ihre Jägerinnenkräfte möglich machten, um den See zu erreichen.

 

Als sie am Ufer ankamen, sahen sie sich suchend nach einer Möglichkeit um, um das Boot zu erreichen. Buffys Blick fiel auf den Holzsteg, der zum ersten Boot führte. Sie deutete Faith die Richtung und sprintete los. Sie rasten beide mit laut in die Nacht hallenden Schritten über den Steg und sprangen an Bord des Schiffes. Sie rannten weiter zum Bug, nahmen die eigene Geschwindigkeit als Antrieb, um über die Reling zum nächsten Boot zu springen.

Auf dem dritten Boot gelandet, mussten die beiden Jägerinnen mit ansehen wie das schlingernde Schiff in das weiter vorne verankerte Boot krachte. Holz knirschte, Eisen quietschte schrill auf, Funken stoben, das Wasser wurde unruhig. Buffy und Faith blickten sich entsetzt an und sprangen auf das letzte verbleibende Schiff und sahen sich damit dem Geisterschiff gegenüber.

 

„Was ist das denn?“ Entfuhr es Faith beim Anblick des alten, verfallenen Schiffes.

 

„Ein Geisterschiff?“, bot Buffy zaghaft an und gab sich dann einen Ruck. Sie sprang  hinüber, hatte Schwierigkeiten sich unter dem starken Seegang zu fangen und fiel gegen den Mast. Faith folgte ihr und hatte aus Buffys Unvorsichtigkeit so viel gelernt, dass sie besser aufpasste, als ihre Füße auf die nassen, rutschigen Planken aufkamen. Trotzdem strauchelte auch sie leicht.

 

„Schnell, B. Das Führerhaus,“ rief Faith panisch, als sie aufsah und die kleine weiße Jacht, auf der sie eben noch gewesen waren bedrohlich näher kam. Buffy rappelte sich auf die Füße, sprang zur Tür, riss sie auf und wich automatisch zurück, als etwa auf sie herausfiel.

 

Es fiel mit einem dumpfen Rums auf die Planken und Buffy starrte auf die Leiche des Fischers Coonlley, dessen Augen vor Entsetzen geweitet in die Leere starrten. Eine Krähe stieß plötzlich über ihnen kreisend in die Nacht ihre krächzende Rufe hinaus, ehe sie davon flatterte und dem ganzen noch etwas mehr unheimliches verlieh. Buffy fröstelte es. Irgendwie gab es in Cleveland verdammt viele Krähen.

 


Wächterhaus, etwas später in der Nacht
“Puh.. ich hab’ ja schon viel unheimliches gesehen, aber das war...,“ Buffy schüttelte sich und nahm Giles mit einem kleinen Dankeslächeln die dampfende Tasse Tee ab, die er ihr reichte, ehe er sich um die anderen beiden, Faith und Emma, kümmerte. „Sehr unheimlich.“

„Willow muss morgen früh sofort überprüfen, wer als vermisst gemeldet wurde. Der Typ war schon ganz steif,“ sagte Faith recht unberührt über die Leiche an Bord des seltsamen Schiffes und reckte ihre Glieder. „Aber das Boot war definitiv schon länger unterwegs.“

„ICH werde es auf jeden Fall so wie Ronah und Vi machen und erst einmal nachhause gehen, um eine heiße Dusche zunehmen.. ich fühle mich so.. bäh..,“ Buffy nippte an der Tasse und schüttelte sich.

"Entschuldigt mich einen Moment." Ein wenig gestresst griff Giles nach dem Hörer des Telefons vor sich, und begann eine Nummer zu wählen. "Mr. Callagher, ich hatte ausdrücklich um Rückruf gebeten. -- Ja, mir ist klar, dass Sie im Stress sind, aber das sind wir doch alle. Unsere erste Priorität ist jetzt, zu verhindern, dass die Situation außer Kontrolle gerät. -- Drei Jägerinnen? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt. ...Gut, vielen Dank."

 

"Zehn kleine Jägerlein!" Gelangweilt griff Faith nach ihrer Teetasse.


„Also ich weiß ja nicht,“ meinte Emma etwas schüchtern. „Nachdem was ich alles so gehört und gesehen habe, ist das Jägerinsein nicht so mein Ding.“

Buffy sah zu Emma auf und ließ dann ihren Blick zu Giles schweifen. War es das gewesen, was er und Lily befürchtet hatten?

„Darüber reden wir morgen in Ruhe,“ lenkte Giles diplomatisch wie immer ein und brachte es sogar fertig, dass sein Lächeln Emmas angespannten Gesichtsausdruck verscheuchte und sich die Jägerin etwas beruhigte. Für dieses Talent hatte Buffy trotz allen gemeinsamen Schwierigkeiten mit ihrem Ex-Wächter noch immer tiefsten Respekt übrig.

„Wenn ich es also richtig verstanden habe, schätzt ihr, dass der Mann seit ein paar Tagen erst tot ist, dass Boot aber verfallen und seit längerem verlassen wirkte?“

„Richtig,“ nickte Faith nachdrücklich.

„Hm.. vielleicht ein Geisterschiff,“ vermutete Giles. „Allerdings hätte euch dann die untote Besatzung begegnen müssen.“

„Da war sonst niemand mehr,“ meinte Buffy. „Jedenfalls niemand, den wir tot oder lebendig gesehen haben.“

„Und wo ist das Boot jetzt?“

„Gute Frage,“ Faith wirkte ratlos und auch Buffy zuckte mit den Schultern. „Wir haben es vom Kurs abgebracht, aber ohne Anker sahen wir keine Möglichkeit es weit weg von den anderen Booten und Schiffen zu verankern. Wir haben es einfach am Bootssteg mit einem dicken Seil festgemacht. Falls es harmlos ist, liegt es noch immer da. Falls nicht...,“ Faith machte eine weite Armbewegung..„Wissen es die Götter.“

„Die haben in den meisten Fällen wenig damit zu tun,“ meinte Giles leicht abwesend, aber trotzdem belehrend.

Faith musste grinsen und gähnte schließlich. “Ich glaube heute Nacht läuft uns das Boot nicht weg und ich bin müde...“

„Genau,“ Buffy stand auf. „Lassen Sie uns schlafen gehen und morgen früh gehen wir gemeinsam zum See.“

„Zum See?“ Alle drehten sich zur Tür um, in der Willow stand. Etwas müde und blass, aber ziemlich bereitwillig etwas zu tun. „Hab’ ich etwas verpasst oder plant ihr ein Picknick?“

„Hey Willow.. noch auf?“ Buffy setzte sich wieder.

„Ich habe zu viel gelernt. Mir raucht der Kopf. Ich dachte ich schau mal vorbei.. gibt es etwas Neues, etwas bedrohlich Neues? Also ich meine jetzt nicht gleich den Weltuntergang.. ach ihr wisst schon...“, sie sah in die Runde und entdeckte Emma. „Hey.. dich kenne ich doch,“ sie lächelte gequält in Erinnerung an ihre Vision, aber gleichzeitig war sie sehr froh, dass Emma es geschafft hatte . „Kam mein Anruf doch nicht zu spät.“

„Ach herrje.. ich hab ganz vergessen dir Entwarnung zu geben,“ entschuldigte sich Buffy und es war ihr fast peinlich. Willow winkte müde ab und setzte sich zu ihnen an den Tisch. In letzter Zeit gab es vieles, über das sie und Buffy nicht sprachen.

„Ich verschwinde dann mal,“ sagte Faith dezent und war auch schon an der Tür. „Bis morgen früh.“

„Bis morgen. Ich bringe Emma noch nach Hause,“ bot Buffy an und sah Willow eindringlich an. Sie wollte Giles mit Willow alleine lassen, damit das gewünschte Gespräch stattfinden konnte, falls Willow die Absicht jetzt hatte.. Giles würde sowieso dafür sorgen, dass Willow alles wichtige über das Schiff erfuhr. Sie musste nicht bleiben.

„Na typisch,“ schmunzelte Willow. „Kaum komme ich, verziehen sich alle.“

„Wenn du willst, bleibe i...“

„Haut schon ab,“ lachte Willow. „Giles wird mir bestimmt alles erzählen.“

„Und ich erkläre Emma, was du mit Anruf meintest,“ Buffy zog Emma mit sich, wünschten eine gute Nacht und verschwanden zusammen durch die Tür.

„Anruf,“ zog Giles fragend die Augenbrauen in die Höhe als sie alleine waren.

„Emma... ich habe sie gesehen wie damals Kim, die Faith gerettet hat. Ich weiß nicht.. Traum oder Vision.“ Willow sah hilfesuchend zu Giles. „Mich macht das Ganze langsam fertig...," wieder seufzte Willow fast ergeben.

Ehe sie fortfuhr vergewisserte sich die Hexe erneut mit einem Blick zu Giles, ob er auch wirklich noch zuhörte. "Ich wollte nur nicht in Buffys Anwesenheit jammern. Sie trotzt schon so viele Jahre mehr als ich diesem Druck von Prophezeiungen und allem," sie zuckte mit den Schultern. "Aber ich ... es ist einfach zu viel."

Sie holte Luft und bevor Giles sie unterbrechen konnte, sprach Willow hastig weiter. "Es ist einfach dieses Gefühl.. die Jägerinnen! Ich kann sie ständig fühlen und spüren Giles. Nicht nur als wir die Jägerinnen aktivierten oder die Wochen danach. Ich habe das Gefühl nie verloren. Und es ist stärker – nein, schlimmer geworden.“ Am liebsten hätte sie Giles in diesem Augenblick auch von Dawn erzählt, aber sie wusste, dass das Dawns Aufgabe war und sie warten musste, bis sie auch darüber reden durfte.

„Erst letztens habe ich Kennedy gespürt... nicht einfach nur eine Jägerin... sondern Kennedy .. ich wusste, dass sie es war.. dass sie in Not war, dass sie Schmerzen hatte. Ich... ich fühle es Giles.. als würde man mir den Schlag verpassen. Als würde ich an Stelle einer Jägerin kämpfen.“ Sie spürte ihre Augen feucht werden. Es tat so gut, all die Ängste der letzten Wochen laut auszusprechen, und sie spürte, dass es heute Nacht der richtige Zeitpunkt war, um mit Giles über alles zu reden.

Sie hatte mit Kennedy darüber gesprochen, nachdem sie den Streit gehabt hatten, und das war schon ungemein hilfreich für sie gewesen. Aber Kennedy hatte für sie nur Trost in Worten und Taten gehabt, keine Antworten und keine Lösungen, die sie sich von Giles versprach.

Giles Gesichtsausdruck hatte etwas sorgenvolles angenommen und er hörte Willow aufmerksam und konzentriert zu. Es gefiel ihm nicht, wie sehr in Willows Stimme Angst mitschwang. Angst vor der veränderten Lebenssituation und er wusste nur zu gut, zu was Willow in der Lage war, wenn sie mit einem Problem nicht zu recht kam. Aber er wollte nicht mit dem Schlimmsten rechnen.

"Sprich ruhig weiter," sagte Giles sanft und lächelte ihr aufmunternd zu.

Sie lächelte traurig zurück und nickte. „Ich habe so vieles durchgemacht, um zu lernen wer ich bin Giles. Ich war vor zwei Jahren Willow, eine mächtige Hexe, die alles daran setzte, das auch zu demonstrieren, wann immer meine Hilfe nötig war. Dann war ich Willow, die böse Hexe. Vor einem Jahr war ich nur wieder Willow, verängstigt, verunsichert, aber wieder Willow. Bis ich die Magie gegen das Urböse einsetzen musste, um auch zu erkennen, wer ich noch immer war - Willow, einfach Willow. Jetzt bin ich wieder verunsichert. Mein Leben ...,“ Willow seufzte und machte eine abfällige Handbewegung.

„Ich verstehe das sehr gut, Willow und ich glaube auch..,“ begann Giles verständnisvoll, wurde aber von Willows frustriertem Seufzer unterbrochen. Fragend sah er sie an.

„Ich weiß, dass Sie mich gerne verstehen würden, aber wie könnten Sie? Sie sind ein Wächter, ein .. ein normaler Mensch. Sie können ja nicht einmal Buffy verstehen.“ Jetzt war es aus ihr einfach so herausgeplatzt und sie wusste nicht wieso. Sie hatte doch in aller Ruhe mit Giles darüber sprechen wollen. Aber vielleicht war sein angebotenes Verständnis nicht das gewesen, was sie gerne gehört hätte.

Giles sah sie erstaunt und getroffen an. „Was hat Buffy mit deinem Problem zu tun?“

„Nichts,“ sagte Willow niedergeschlagen. „Es ist mir nur in den Sinn gekommen, weil mir Buffy erzählt hat, dass Sie ernsthaft über die Weiterführung der Reifeprüfung nachgedacht haben. Sie und Lily. Dabei wissen doch gerade Sie, wie sich Buffy damals dabei gefühlt haben muss oder Sie sich als ihr Wächter.“

„Aber wir haben doch nur darüber geredet,“ versicherte Giles. „Und so lange ich den Vorstand habe, werde ich ganz sicher nicht die Reifeprüfung befürworten. Das solltest du und auch Buffy wissen.“

„Sie können nicht wissen, wie die anderen Wächter darüber denken. Es wird immer Radikale geben, die an alten Traditionen festhalten. Oder eine Gruppe Befürworteter führen die Prüfung ohne ihr Wissen durch. Sie können nicht überall sein.“

„Da hast du durchaus recht,“ musste Giles zugeben und senkte nachdenklich seinen Blick. „Ich habe darüber bereits nachgedacht. Aber wie du schon sagtest, werde ich das nicht aufhalten oder unterbinden können. Du kannst Buffy aber ausrichten... nun vielleicht spreche ich selbst mir ihr darüber.“

„Nein,“ Willow sprang aus ihrem Stuhl auf. „Nicht reden.. mit Buffy. Ich meine.. lassen Sie es mich ausrichten.“ Innerlich seufzte Willow über sich - spätestens jetzt musste Giles ja wissen, dass es einen Grund gab, weswegen sie hier mit ihm dieses Gespräch führte. Das war sicher nicht gerade im Sinne von Buffy.

„Ich weiß ja nicht genau was hier vor sich geht, aber ich rede mit Buffy lieber selbst und wegen deinem Problem... vielleicht haben wir bald erste Antworten darauf. Sobald Lily an die Papiere ihres Vaters herankommt. Lily sucht hier in Amerika nach einem Schließfach,“ erklärte er Willow, der er bislang noch nichts davon erzählt hatte, um keine falschen Hoffnungen zu wecken. „In ihm sollen alte Dokumente über die Entstehung des Rates im Zusammenhang mit Hüterinnen liegen. Lily ist deshalb nach L.A. gereist. Sie hat einen neuen Hinweis, dem sie nachgehen möchte.“

„Ich bin mir nicht so sicher, ob das die Lösung aller Probleme sein wird, Giles.“ Gab Willow vorsichtig zu bedenken. „Es ist mehr eine,“ sie klopfte auf ihre Brust. „Herzsache.“ Ein Buch würde nicht immer alle Antworten liefern, dacht Willow sarkastisch. „Ich hätte eine Idee... falls Lily nichts erreicht, könnte ich noch immer.. nun ich könnte D’Hoffryn herbeirufen. Er ist sehr alt.. er weiß sehr viel... vielleicht weiß er auch darüber etwas. Er hat.. nun schon einmal eine Andeutung gemacht,“ sie erinnerte sich nicht gerne an das, was D’Hoffryn ihr in diesem Cafe erzählt hatte oder was sie in der Kuppel gefühlt und gesehen hatte, als D’Hoffryn sie für sich gewinnen wollte. Aber wenn es der einzige Weg war, um mehr herauszufinden, dann musste sie es auf sich nehmen. “Möglicherweise ist er bereit zu helfen.“

„Willow.. er ist ein Dämon. Er verfolgt andere Ziele als wir. Wieso sollte er uns helfen?“

„Es wäre einen Versuch wert,“ sagte Willow etwas selbstsicherer als noch zuvor und Giles bekam langsam das Gefühl, dass sich Willow darüber schon länger Gedanken gemacht hatte und dies auch brauchte, um sich an etwas festhalten zu können. Er nickte, wenn auch nur zögernd und versuchte mit einem aufmunternden Lächeln seine Skepsis zu verbergen.

 


Irgendwo, selbe Nacht
“Sie macht mit uns was sie will,“ schimpfte Weatherby aufgebracht und lief an der Gestalt in der langen dunklen Kutte vorbei, die mit der Holzmaske und der Kapuze über den Kopf reglos dastand. „Samielle hat wohl vergessen, wem sie es verdankt hier zu sein. Sie könnte wenigstens einmal pünktlich sein.“
 

Ehe Weatherby weiter über Samielle schimpfen konnte,  ging die Tür auf und die erwartete Frau trat in ihrer menschlichen Gestalt in die alte Scheune. Ihr langes Haar wehte hinter ihr und legte sich sanft auf ihre Schultern nieder, als sie die Tür wieder schloss. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen trat sie auf die beiden Personen zu. Stolz hob sie ihren Kopf und bedachte Weatherby mit einem scharfen verächtlichen Blick.

 

„Ihr wolltet mich sprechen?“ Sie sah von Weatherby zum Maskenträger. Die Gestalt nickte und sah dann zu Weatherby, der das Wort übernahm.

 

„Uns würde dein Plan interessieren. Alles geht schief. Du hast bis jetzt nicht einen einzigen Freund der Jägerin soweit abgelenkt, dass wir unseren Plan hätten umsetzen können.“

 

„Nun, es fällt mir schwer etwas vorauszuplanen. So lange ich die geweihten Pfeile nicht verwenden darf, wird es schwierig für mich werden. Aber ich habe zwei der Jägerinnen heute auf einem Schiff gesehen, auf dem ein seelenloses Wesen haust. Sie wissen noch nicht, dass so etwas dort existiert. Wenn ich es beeinflussen könnte, könnte sich daraus ein Problem für die Personen ergeben, die ihr euch vom Hals schaffen möchtet.“

Der Maskenträger schüttelte den Kopf und mit durch die Maske leicht hohl klingenden Stimme, gab er den neuen Plan bekannt. „Es gibt eine Änderung. Etwas ist wichtiger geworden. Weatherby?“

 

„Wichtiger?“, kam ihm Samielle überrascht zuvor. „Wenn sich das Wesen die Seelen der Jägerinnen holen würde...“

 

„Du hast gehört, dass es wichtigeres gibt,“ unterbrach Weatherby die Frau schneidend, die ihn daraufhin ruhig, aber scharf und lange anstarrte. „Wir brauchen etwas von der Jägerin und ihren Freunden. Ein paar Münzen. Wir haben keine Möglichkeit, um selbst an sie ran zu kommen. Wir brauchen deine Fähigkeiten. Du sollst uns die Münzen beschaffen.“

 


3. AKT

Wächterhaus, am nächsten Morgen

"Gut, vielen Dank, Kieran, ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen. Schicken Sie die Mädchen sofort los. Das Letzte, was wir brauchen, ist eine Jägerin in den Fängen dieser Halsabschneider – oh ja, das Buch kam gut bei uns an. Auch dafür vielen Dank..."

Als Buffy mit Dawn den Konferenzraum betrat, sahen sie beide Giles an einem der kleineren Tische an der Fensterreihe sitzen, neben ihm noch das Telefon und vor ihm aufgetürmte Bücherstapel, während er selbst sich gerade eine Notiz zu machen schien. Er sah kurz unerfreut über die Störung auf, doch als er die beiden jungen Frauen erkannte, deren Lebensweg er nun schon seit so vielen Jahren begleitete, schlich sich auf sein müdes Gesicht ein kleines, freudiges Lächeln.

 

Auch wenn diese Zeit nicht immer schön gewesen war und sie viele Schwierigkeiten zu meistern hatten, erfüllte ihn Buffys Anblick noch immer mit Stolz – sie hatte überlebt, sie war erwachsen geworden und meisterte ihre Lebenssituationen. Und Dawn – nun, sie war zu einem selbstbewussten jungen Menschen geworden und das war sicher auch ein großer Verdienst von Buffy. Natürlich wusste Giles, dass Buffy im Moment dies alles anders sah und gerade jetzt, wo sich wieder neue Möglichkeiten offenbarten, im Glauben lebte, zu nichts zu taugen. Sie musste nicht mit ihm darüber sprechen, er spürte so etwas einfach. Vielleicht wurde es einmal wieder Zeit dafür, dass er von sich aus auf Buffy zuging, ihr Mut zusprach und sagte wie großartig sie alles bewerkstelligte. Aber wahrscheinlich würde sie ihm nach den vergangenen Geschehnissen überhaupt nicht zuhören wollen. Und für einen kurzen, schwachen Moment dachte er darüber nach, dass ihm hin und wieder eine solche Bestätigung auch gut tun würde, verdrängte aber den Gedanken, als die beiden ihm einen Guten Morgen wünschten.

„Guten Morgen,“ erwiderte er etwas mit belegter Stimme, die seine Müdigkeit bezeugte und schob die Notizen von sich.

 

„Ich schätze, Sie haben sich gestern Nacht keinen gemütlichen Abend gemacht?“ Dawn wies auf den Tisch. Giles schüttelte den Kopf und schob die Brille auf die Nase.

 

„Haben Sie schon etwas herausgefunden, das uns weiterhelfen könnte?“ Buffy zog einen Stuhl heran und setzte sich.

 

„Nicht direkt, aber hier.. wo habe ich es nur,“ murmelte Giles und schob einen Buchstapel zur Seite, der gefährlich wankte, zog zwei Zeitschriften beiseite und entdeckte das Buch schließlich darunter. „Hier. Hier drinnen wird von einigen Legenden berichtet, die es um den Erie-See gibt. Unter anderem wurde am 3. Juli 1817 von einer Mannschaft eines Schoners fünf Kilometer von der Küste entfernt, eine Seeschlange von etwa 10-12 Metern Länge und einem Durchmesser von 30 Zentimetern gesehen. Sie soll dunkelbraun, fast schwarz gewesen sein. Allerdings konnten sich die Matrosen nicht darauf einigen, ob das Wesen Schuppen hatte oder nicht. 1819 wurde das „Tier“ noch einmal gesehen. Diesmal wurde es als kupferfarben mit leuchtenden Augen und einer Länge von fast 18 Metern beschrieben. Eine Reaktion auf Schüsse, die man auf das Wesen feuerte, blieb aus.“ Giles lächelte schwach. „Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, dass dieses Wesen einer der unzähligen Wasserdämonen sein könnte. Zwar harmlos...“

 

„Wie Nessi?“, grinste Dawn.

 

„Das ist etwas anderes...“

 

„Ich glaube du verletzt mit diesem Vergleich Giles Nationalstolz.“

 

„Es ist doch nur ein harmloser Wasserdämon,“ scherzte Dawn weiter.

 

Giles bedachte die beiden Mädchen mit einem langen, strafenden Blick, der sie verstummen ließ.  „Also zurück zu unserem Geisterschiff. Es existiert ein Gedicht über einen Steuermann auf einem Ausflugsboot, der die Passagiere bei einem Feuerausbruch an Bord gerettet hatte, aber selbst dabei ums Leben kam. Es gibt eine Stelle, die etwas ungenaue Angaben über den Verbleib seiner Leiche macht,“ Giles räusperte sich, eher er die Stelle vorlas. „’Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. Gerettet alle. Nur e i n e r fehlt!’ und etwas weiter unten wird von seiner Beerdigung gesprochen. Wenn wir davon ausgehen, dass sich das Gedicht um eine heldenhafte Legende rankt, besteht die Möglichkeit, dass dieser Steuermann mit dem Boot untergegangen ist.“

 

„Und jetzt ein Geisterschiff fährt?“, überlegte Buffy laut und amüsiert. „Ich weiß ja nicht, aber sie hatten früher bessere Theorien auf Lager.“

 

“Falls es ein Geisterschiff im engeren Sinn ist. Es könnte auch wahrscheinlich sein, dass ein ruheloser Geist auf einem alten Boot herumwandert und Fischer anlockt, um Gesellschaft zu haben,“ Giles schüttelte den Kopf und lächelte verlegen. „Du hast recht... die Theorien sind uhm.. gewagt? Trotzdem müssen wir alle Fakten sammeln und abgleichen. Vielleicht spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass Cleveland 1796 an der Mündung des Cuyahoga River in den Erie-See gegründet wurde, und zwar genau an der Stelle einer alten indianischen Siedlung. Das könnte unter Umständen wichtig sein... es wäre nichts neues, dass an Orten, die über alten Siedlungen oder Friedhöfen erbaut wurden, merkwürdige Dinge geschehen.“

 

„Reicht die knappe Erklärung nicht aus, dass Cleveland auf dem Höllenschlund liegt?“ Buffy klang hoffnungsvoll. Ihr schwante nämlich nichts Gutes. Wenn Giles die ganze Nacht über recherchiert hatte, würde er sie mit Informationen füttern, ob sie wollten oder nicht.

 

„Natürlich wäre das die einfachste Begründung, auch wenn wir über den hiesigen Höllenschlund nichts wissen. Zudem wüssten wir dann noch immer nicht, mit was wir es zu tun haben.“ Giles zog seinen Notizblock heran. „Geisterschiff, ruheloser Geist, Seemonster...“

 

„Wartet mal,“ unterbrach Dawn Giles Ausführungen. „Ich erinnere mich da an eine Geschichte... kurz vor Halloween. Ich war mit Sam und den anderen auf einem Boot, um mir die Stadt von der See aus anzusehen. Toller Ausblick,“ schwärmte Dawn, ehe sie wieder zum Thema kam. „Jedenfalls haben sie mir etwas von einem Monster erzählt. Vielleicht handelt es sich dabei ja um diese Seeschlange. Ich frage später am besten in der Schule noch einmal einen der drei.“

 

Giles nickte zustimmend. „Tu das, auch wenn ich fast befürchte, dass eine Seeschlange nichts mit unserem Boot zu tun hat.“

 

„Oder das alles hat zusammen doch etwas miteinander zu tun,“ überlegte Buffy. „Nur fehlt uns noch der Zusammenhang.“

 

„Oder es hat gar nichts mit all dem zu tun und wir befinden uns auf der falschen Spur,“ lächelte Giles entmutigt und stand auf. „Ich brauche jetzt erst einmal einen Tee. Möchte jemand von euch auch einen?“



Barker Cooperation, morgens
Die Akten auf dem kleinen Schreibtisch hatten sich dekorativ zu einem kleinen Abbild des Barker Cooperation Buildings gemausert, stellte Xander fest, nachdem er, wieder mal ein wenig zu spät und abgehetzt, in sein Büro gestürmt kam.

 

Nun ja, heute war ein guter Tag zum … Arbeiten… dachte er vor sich hin pfeifend und lenkte augenblicklich seine Aufmerksamkeit von dem Stapel Dokumente auf die phänomenale Aussicht der Skyline Clevelands, die ihm sein Fenster zeigte. Kaum hatte er sich gesetzt dröhnte auch schon seine Sprechanlage und eine der vielen Bürodamen seiner Etage erklärte ihm mit quäkender Stimme, das Ms. Cronenberg für ihn auf Leitung 3 sei.

 

„Guten Morgen Xander,“ kam sie ohne Umschweife zur Sache. Der junge Mann wunderte sich ein wenig, dass sie ihn nicht dafür tadelte wieder einmal ein paar Minuten zu spät gekommen zu sein, verscheuchte den Gedanken dann aber wieder und konzentrierte sich auf seine Chefin, die ihn nun darüber informierte, dass ein Meeting verschoben wurde und nun ein paar Tage später stattfinden sollte.


Ha, das war im Prinzip seine Rettung, denn so hatte er endlich Zeit genug sich durch den Berg Akten zu wühlen, von denen einige mit großen roten Buchstaben den Vermerk ‚dringend’ hatten und sicher schon einige Tage auf seinem Tisch lungerten.


Eine halbe Stunde später sah sein Berg unbearbeiteter Unterlagen noch genauso aus wie zu Anfang und der Stapel in der fertigen Ablage hatte grade mal vier dünne Mappen aufzuweisen, stellte er resigniert fest und starrte wieder aus dem Fenster. So ein Meeting wäre vielleicht doch nicht schlecht gewesen, da gab es Kaffee und außerdem … Kaffee, gute Idee … Koffein war das Richtige seine Hirnzellen auf Touren zu bringen.

 

Entschlossen drückte er auf einen der Knöpfe seiner Sprechanlage, wartete auf die Rückmeldung und bat freundlich um eine Tasse des legalen Aufputschmittels. Keine Minute später tauchte auch schon eine der unzähligen jungen Damen auf, deren Namen Xander sich nie merken konnte, stellte ihm das Gewünschte auf den Schreibtisch, nahm mit hochgezogener Braue auf ihn blickend die wenigen fertigen Dokumente mit und schloss die Tür hinter sich.

Ein Rauschen seiner Sprechanlage zeigte ihm, das er vergessen hatte den Schalter wieder auf 'aus' zu drücken. Er wollte schnell den entsprechenden Knopf drücken, als er hörte wie sich die junge Frau wieder an ihren Tisch setzte und dabei mit ihrer Nachbarin anfing zu tuscheln:

 „Also, du bist sicher, dass es ein Glasauge ist? Sieht ja wirklich echt aus, würde mich interessieren was Eve an ihm findet. Immerhin gehörte er ja nicht zum Team als sie ihn eingestellt hat, außerdem ist er noch sehr jung.“

 

„Na was meinst du denn? Sie ist scharf auf ihn, das sieht doch ein Blinder mit einem Glasauge.“

 

Gekicher folgte, während Xanders Gesicht eine leichte Röte überzog und er dem Wunsch widerstand die Anlage einfach auszuschalten.

 

„Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.“ Prustete es flüsternd weiter, unterbrochen von dem leisen Hämmern von Fingern auf einer Tastatur.

 

Blöde Puten, schoss es ihm durch den Kopf und er wollte wieder die Leitung kappen, als es schon weiter flüsterte.

„Mir ist ein Rätsel was sie an ihm findet. Man merkt doch dass er keine Erfahrung hat, aber ständig hilft sie ihm aus der Patsche. Jetzt hat sie sogar das Meeting abgesagt damit er endlich mal mit seinen Unterlagen hinterher kommt.“ Gekicher rauschte durch die Anlage und bevor Xander seinem Unmut Luft machen konnte, ging es auch schon weiter. „Vielleicht hat er andere ‚Qualitäten,“ raunte es und das Rauschen der Sprechanlage verstärkte sich ein wenig, da die Damen die Stimmen senkten. „Dazu hab ich einen Witz: In der Hochzeitsnacht legt der Bräutigam sein Gebiss auf den Nachtisch, dazu seine Perücke und sein Glasauge. Als er sich sein Bein abschnallen will, rennt die Braut raus und will fliehen. Im Treppenhaus ruft ihr der Bräutigam hinterher: ‚He bleib stehen und erfüll deine Pflichten’ Kommt die Antwort zurück: ‚Dann nimm ihn ab und werfe ihn herunter’“

 
Mit einem Druck seines Fingers beendete Xander seinen Lauschposten und lehnte sich ein wenig gedemütigt in seinem Sessel zurück. Es war ihm klar, dass über ihn geredet wurde, aber das war gemein und widerlich und … na ja, er war auch nicht besser gewesen, wenn er da so an seine Zoten dachte, die er mit seinen Kollegen auf der Baustelle so losgelassen hatte. Trotzdem grollte er weiter, verfluchte innerlich sein fehlendes Auge, Caleb, sämtliche Dämonen und am Ende war er sogar sauer auf Eve, die ihn ganz offensichtlich auch noch so bevorzugte, dass es den Kichererbsen da draußen auffiel. Na, denen würde er es zeigen…

20 Akten später und nach weiteren drei Tassen Kaffee … es war ihm eine Genugtuung das Fräulein immer wieder aufzuscheuchen … begab er sich zu den Toiletten. Auf dem Gang dorthin stand der Kopierer ihrer Etage.

 

Vorsichtig blickte er sich um, damit ihn auch niemand beobachtete, stellte das Programm auf 99 Kopien, 50% verkleinern und Din A5, verlangte, nachdem er wieder in seinem kleinen Büro war, eine neue Tasse Kaffee und drückte der falsch grinsenden kleinen Sekretärin ein eigentlich unbedeutendes Verzeichnis in die Hand.

 

„Ach, machen sie mir doch bitte eine Kopie davon.“ Bat er übertrieben freundlich, verschränkte seine Finger und wartete hinter der verschlossenen Tür auf den spitzen Schrei, der auch unmittelbar kurz darauf folgte um sich dann zufrieden wieder an die Arbeit zu machen.



Wächterhaus, selbe Zeit
Küche hinter dem Konferenzraum

Giles stand in der kleinen Küche des Konferenzraumes und überbrühte drei Teebeutel, als er hinter sich Schritte hörte. Er musste sich nicht erst herumdrehen, um zu wissen, dass es Buffy war.

 

Sie stand unentschlossen im Türrahmen und starrte Giles Rücken an, ehe sie sich vergewisserte, dass Dawn mit ein paar Büchern beschäftigt war und sie nicht hören konnte. Erst dann trat sie ein und ließ den Vorhang, der als Tür diente zurückfallen. Buffy wusste nicht genau wie sie das Gespräch beginnen sollte, zudem Willow sie gedrängt hatte und das sie im Nachhinein wirklich für notwendig hielt.

 

„Buffy?  Kann ich dir irgendwie helfen?“

 

Giles Worte kamen so unerwartet gelegen, dass Buffy erleichtert seufzte und etwas mutiger neben ihn an die Küchenzeile trat. „Nicht wirklich, Giles. Aber ich .. ich muss Sie etwas fragen.“

 

Als sie nicht weitersprach, hielt Giles ihr eine Tasse entgegen, die sie ergriff, aber ihr fehlten noch immer die richtigen Worte. Wenigstens waren jetzt ihre Hände beschäftigt.

 

„Frag ruhig,“ ermutigte sie Giles und griff nach den beiden anderen Tassen.

 

„Ich habe von Faith gehört, dass Sie und Lily sich über die Prüfung... also DIE Prüfung unterhalten haben und...“

 

„Ich verstehe,“ sagte Giles sanft. „Du machst dir darüber Sorgen?“

 

Buffy nickte ernst und sah zur Seite. Sie wusste nicht wieso sie in diesem Moment nicht den Mut hatte in Giles Gesicht zu blicken.

 

„Aber die musst du dir nicht machen, Buffy. Willow hat gestern, nachdem ihr gegangen seid, mit mir ein Gespräch gesucht. Sie erwähnte bereits deine Sorgen.“

 

Giles stellte seine Tasse zur Seite, legte sanft seine Hand auf Buffys Schulter und fuhr sanft, aber ernst fort.  „Buffy!“

 

Ihr fiel es schwer zu ihm aufzusehen ohne an all die Differenzen der letzten Wochen und Monate zurück zudenken, aber im Moment war es fast so, als wäre nie etwas passiert, als würden sie noch immer das unbefleckte, freundschaftliche Verhältnis haben, dass zwischen Vater und Tochter bestehen mochte – und alles nur weil Giles Geste so vertraut beruhigend war. „Du weißt selbst am besten, was uns beide mit dieser Prüfung verbindet. Zerstörtes Vertrauen, Enttäuschungen, Verlust... für beide von uns. Ich werde alles dafür tun, um die anderen Wächter davon zu überzeugen, dass wir eine Prüfung nicht mehr brauchen werden. Nicht nachdem, was wir von der letzten Hüterin erfahren haben oder du von den Schattenmännern. Wenn wir Wächter nichts anderes sind, als eine Vereinigung von besserwisserischen Schwächlingen, die ihre Jägerinnen mit solchen verachtenden Methoden einschüchtern müssen, um sie zu unterdrücken und um sie besser kontrollieren zu können, dann sollte es einen Rat in dieser Form am besten nicht mehr geben.“ Er ließ Buffys Schulter los und nahm die Tassen wieder auf.

 

Für einem Moment sahen sich die beiden an und es schien, als würden sie tatsächlich verstehen, um was es dem jeweils anderen bei diesem Thema ging, doch als draußen Willows Stimme ertönte, war der Augenblick so schnell vorüber, wie er gekommen war.

 

Giles senkte seinen Blick, räusperte sich verlegen und ging nach draußen.

 

Buffy blieb noch einen Moment und starrte den sich bewegenden Vorhang an. Giles Worte hatten so gut getan und sie klangen auch so plausibel, aber Giles alleine würde sicher nichts ausrichten können, wenn Leute wie Lily offensichtlich dafür waren. Und im Grunde hatte das Gespräch eben nichts gebracht, genau so wie sie es Willow vorhergesagt hatte. Giles hatte nur versucht mit seiner ruhigen Art das Thema zu den Akten zu legen. Sie hatte nicht die leiseste Chance gehabt auf Lily zu sprechen zu kommen. Ein finsterer Ausdruck schlich sich kurz auf das Gesicht der Jägerin, ehe sie versuchte zu lächeln, als sie Giles folgte.

 


Ratsgebäude, Konferenzraum, eine Sekunde später

“...und das Kratzen war so deutlich zu hören, dass ich wirklich glaubte, der Einbrecher steht gleich neben mir,“ Willow wirkte nervös und aufgebracht. Buffy vergaß sofort ihre noch immer existierenden Schwierigkeiten mit Giles und eilte zu ihrer Freundin.

 

„Was ist denn passiert?“

 

„Jemand wollte bei Willow einbrechen,“ kam Dawn der Hexe zuvor.

 

„In ein Studentenzimmer?“ Buffy sah ihre Freundin irritiert an.

 

„Oh, je nachdem wer der Einbrecher war.. ich habe vieles, was für jemanden interessant sein könnte. Zauberbücher, seltene Zutaten...“

 

„Und hast du gesehen wer es war?“ Fragte Giles besorgt.

 

„Nein, leider nicht. Ich war so aufgeschreckt, aber ich hatte noch so viel Verstand sofort einen Schutzzauber um mein Zimmer zu legen. Allerdings...,“ kam sie den enttäuschten Gesichtern ihrer Freunde zuvor, „weiß ich, was der Dieb gesucht hat. Dank ein wenig angewandter Magie. Er war hinter den Münzen her, die D’Hoffryn verloren oder mit Absicht hier gelassen hatte. Ihr wisst schon? Die, mit denen er mich möglicherweise in der Kuppel gefangen gehalten hatte?“ Alle nickten kurz und Willow fuhr fort. „Oh und dann war da diese Krähe, die ich von meinem Fensterbrett verscheuchen musste. Sie hat mir irgendwie Angst gemacht,“ gab Willow kleinlaut zu.

 

„Merkwürdig,“ überlegte Buffy. „Irgendwie passen die Vorkommnisse alle nicht so zusammen. Ein Geisterschiff auf dem See, eine durchgeknallte Jägerin in LA, Giles hat etwas über Monster herausgefunden, die im See leben und wohl Dämonen sind, bei dir will jemand die Münzen klauen...“

 

„Ja ich weiß, alles sehr verwirrend,“ und damit bezog sich Willow auch auf Buffys Worte. Welche Monster im See?

 

Doch bevor sie ihre Frage laut aussprechen konnte schrillte das Telefon. Giles runzelte die Stirn, als er den Hörer vom Tisch nahm und sich meldete. "Ah, Mr. Baldwin. Wie schön, dass Sie auch noch am Leben sind, wir haben bereits daran gezweifelt. -- Nein, vielen Dank. Wir haben bereits zwölf Jägerinnen von zuverlässigen Wächtern, die sich der Sache annehmen. Schönen Tag noch!" Er knallte das Telefon geradezu auf die Aufladestation zurück und seufzte.

 

"Zwölf Jägerinnen?" fragte Willow und zog die Augenbrauen hoch.

 

"Sie hätten ruhig vierzehn draus machen können," grinste Buffy.

 

"Um auf den See zurückzukommen," nahm Willow das Gespräch wieder auf. "Ich habe vielleicht noch etwas, das uns wirklich weiterhilft. Ich habe heute Morgen ein wenig im Netz herumgespielt und mich dabei zufällig in die Polizeiakten Clevelands gehackt – es gibt zahlreiche Vermisstenanzeigen, die nach hiesigen Fischern suchen, die von der Arbeit nicht mehr zurückkamen. Ungefähr jedes halbes Jahr verschwinden ein paar auf offener See. Nicht ihre Boote. Die findet man immer wieder. Nur nicht ihre Leichen. Die Polizei scheint vor einem Rätsel zu stehen. Bis auf einen Fall, da wurde der Besitzer tatsächlich von seinem Partner ermordet.“

 

„Das klingt nach einer Spur,“ bestätigte Giles. „Buffy, du solltest vielleicht sofort mit Faith zu dem Geisterschiff aufbrechen.“

 

„Hörte ich da gerade meinen Namen?“ Faith kam durch die Hintertüre herein und warf sich das Handtuch über die Schulter, mit dem sie sich gerade noch das rote, feuchte Gesicht abgewischt hatte. Draußen war es zwar eiskalt geworden, aber Robin verstand es noch immer ihr und den anderen beiden beim morgendlichen Joggen einzuheizen.

 

„Ich kann nicht,“ sagte Buffy langsam. „Ich,...  i-ich habe ein Vorstellungsgespräch.“, sie sah dabei Giles nicht an.

 

„Das ist großartig, Buffy“, sagte Giles mit ehrlicher Freude, doch da er nicht weiter darauf einging und sich gleich an Faith wandte, zeigte Buffy deutlich, dass er noch immer nicht wirklich verstand, wieso sie sein Angebot nicht annahm. „Dann musst du alleine gehen, oder du nimmst dir Ronah oder Vi mit.“

 

„Die beiden unterziehen sich einem Spezialtraining von Robin,“ grinste Faith.

 

„Und ich habe gleich eine wichtige Vorlesung,“ baute Willow vor. „Und ich schätze Xander ist schon bei der Arbeit.“

 

„Ich könnte mitgehen?“ Bot sich Dawn an und verfluchte sich in Gedanken dafür, dass sie noch immer nicht den Mut hatte, ihren Freunden zu sagen, was sie war. Sicher würde Buffy und Giles gleich davon anfangen, dass sie keine Jägerin war und keine besonderen Kräfte besaß...

 

„Du hast unterricht,“ ermahnte Buffy. „Zudem ist das Schiff ne Jägerin-Sache.“

 

„Genau,“ bekräftigte Faith. „Ich schaffe das schon alleine.“

 

Dawn verzog das Gesicht, aber da sie Giles versprochen hatte mit Mara, Sam und Josh über die Legende mit dem Monster zu reden, ließ sie sich auf keine Diskussion ein, schnappte ihre Schultasche und trottete den anderen nach.
 


Universität, Mittag
Willows Zimmer

„Komm rein,“ Willow schloss ihre Tür hinter Buffy und wies mit der freien Hand zum rechten Fenster. „Wenn du nachsehen möchtest.. dort saß die Krähe...Und? Wie war dein Vorstellungsgespräch?“

Buffy ließ ihre Tasche auf den Boden gleiten und ging zu dem gezeigten Fenster. Dabei zuckte sie mit ihren Schultern. „Nicht so toll. Sagen wir so... beide Seiten waren sich darüber im Klaren, dass wir nicht zueinander passten.“

„Wo hattest du dich eigentlich beworben?“ Einmal mehr wurde Willow bewusst, wie wenig sie und Buffy in den letzten Wochen miteinander geredet hatten. Sie wusste nicht wo sich Buffy beworben hatte, noch hatte sie eine Ahnung davon, wofür Buffy sich genau interessierte.

So gesehen, waren die Vorwürfe, die ihr Kennedy vor Wochen gemacht hatte, ein reiner Witz gewesen. Sie schien noch weniger Zeit mit ihrer besten Freundin zu verbringen als mit der Frau, die sie liebte. Eigentlich hatte sie nur mehr mit Buffy zu tun, wenn sie über „das Geschäft“ redeten.

Willow erschrak für einen Moment, als ihr bewusst wurde, wie sarkastisch das Wort „beste“ in ihrem Kopf wiederhallte. Das war erschreckend. Aber vielleicht etwas, dass einfach eines Tages passieren musste. Sie hatten sich irgendwie auseinandergelebt. Willow hatte in letzter Zeit nie das Bedürfnis verspürt, sich mit Buffy über die Geschehnisse in ihrem Privatleben zu unterhalten. Es war einfach alles soviel anders als früher, als sie noch beide im selben Zimmer oder Haus wohnten.

„Ein kleiner, lokaler Fernsehsender.“, Buffy riss Willow aus ihren Gedanken. „Sie suchten jemanden für ihre hauseigenen Stunts. Aber hey.. schau mich an.. wer würde bei meinem Anblick glauben, dass ich es mit jedem zwei Meter Kerl aufnehmen könnte? Sie wollten nicht einmal eine Demonstration meines Könnens. Und ich konnte ja schlecht in die Bewerbung Vampirjägerin schreiben. Aber sie sahen mich in so einem kurzen Rock,“ Buffy hielt ihre Hand knapp über ihre Knie. „Vor ihrer Wetterkarte.“ Buffy klang verbittert.

Willow grinste. „Ich verstehe.“

„Cleveland ist so groß und bietet doch so wenige Möglichkeiten für mich,“ seufzte Buffy und sah Willow kurz in die Augen. „Nicht einmal als Jägerin. Überall nachts trifft man entweder auf Kennedy, Faith, Vi...und ich als ‚die’ Jägerin bin genauso ein 08/15 Verschnitt geworden, wie ein Massenprodukt von der Stange..“

„Hast du dir noch immer nicht klar gemacht, dass du es akzeptieren musst? Du hattest dich schließlich für diese Folgen entschieden...“, antwortete Willow, und ließ dass ganze offen im Raum stehen. Buffy wusste für diesen Moment nicht, was genau sie antworten sollte.

„Aber um aufs vorige Thema zurück zu kommen...du könntest noch immer Giles Angebot annehmen...“

Buffy fand ihre Worte wieder, hob abwehrend die Hand und Willow verstummte. „Du weißt, ich kann dass Angebot nicht annehmen. Nicht nachdem was war. Und nicht nur wegen den Dingen, die ich dir erzählt habe. Denk doch nur an die Sache mit Spike. Das war das zweite Mal, dass er bereit gewesen war, einen Freund von mir zu opfern. Er ist nicht gerade meine favorisierte Anlaufstelle für Probleme.“

Willow schluckte hart und wusste nicht so recht, ob sie sich auf das Gespräch einlassen sollte. Buffy klang sehr verbittert und eigentlich hatten sie schon über einen großen Teil von Buffys Probleme erst letztens gesprochen. Aber schließlich siegte ihr Bewusstsein darüber, dass ihre Freundin ungerechte Vergleiche zog und selbst wenn die angesprochenen Ereignisse eine Ewigkeit her waren, konnte sie Buffys Aussage so nicht stehen lassen.

„Aber du kannst doch Spike nicht mit Dawn gleichsetzten. Dawn war unschuldig. Sie konnte nichts für ihr übernatürliches Wesen und sie ist – deine Schwester. Da hattest du schon recht, dass du Giles in seine Schranken verwiest. Aber, aber Spike.. nun ja auch mit Chip oder ohne Chip... es war nicht leicht ihm zu vertrauen.“

 

„Das musst du mir nicht sagen...“

„Offensichtlich schon, wenn du noch immer nicht verstehst, wieso Giles so gehandelt hat, wie er es eben getan hatte.“

„Es war Spike, der uns alle gerettet hat. Das sollte niemand so schnell vergessen. Er hat sich geopfert, damit wir entkommen konnten und das Urböse mit seinen Übervampiren nicht die Herrschaft über die Welt bekam. Hätte ich zugelassen, dass Giles aus reinem Misstrauen Spike tötete, wäre die Geschichte vielleicht nicht so ausgegangen. Du säßt nicht hier und könntest zu ende studieren und Giles könnte sich nicht ins Rampenlicht mit seinem Rat rücken.“

„Das sind harte Worte Buffy...,“ begann Willow zaghaft. „Und dabei scheinst du vergessen zu haben, dass auch Giles bereits die Menschheit und dich und Sunnydale.. alle vor dem Untergang bewahrt hat – vor mir,“ setzte sie flüsternd hinzu. „Wieso versuchst du nicht einfach mit Giles...,“ doch erneut wurde Willow von einer raschen Handbewegung von Buffy unterbrochen.

„Ich weiß... aber ich habe mich auf diesen Mann einmal verlassen und ihm dabei mein Leben anvertraut. Er hat mich einmal zu viel... enttäuscht.“, drückte Buffy vorsichtig ihre Gefühle aus. „Und nicht nur er.“ Sie sah dabei Willow nicht an, sondern konzentrierte sich auf die Untersuchung des anderen Fensters.

„Ich verstehe genau, was du meinst, aber ich denke wir haben damals alle richtig gehandelt,“ Willow ließ sich auf ihr Bett sinken und beobachtete Buffy. „Wir haben dir genauso alle unser Leben anvertraut, und glücklicherweise ist dass alles noch gut gegangen...bei Giles war es eben anders, ...“, fügte sie flüsternd hinzu. Egal was sie sagen würde, ihre Worte würden nicht mehr soviel zählen wie früher, als beide sich noch blind vertrauten.

„Wenn ich das nicht wüsste, wäre ich damals nicht aus dem Haus gegangen oder ich wäre erst gar nicht hier her nach Cleveland gekommen.“, fiel ihr Buffy ins Wort. „Aber es kann mir niemand übel nehmen, dass ich auf das eine oder andere aus der Vergangenheit schlecht zu sprechen bin. Du nimmst Giles wohl nur in Schutz, weil er dir geholfen hat. Der große starke Wächter. Wer weiß, ob dass damals mit dir nicht genauso zu ende gegangen wäre, Xander hätte dich dennoch zu Vernunft bringen können,...“ Buffy drehte sich zu ihrer Freundin herum, und sah ihr durchdringend in die Augen.
Willow zog skeptisch die Augenbrauen in die Höhe. „Willst du einen guten Rat, einer sehr guten Freundin hören?“ Buffy nickte. „Beginne damit, alles zu vergessen oder zu vergeben, bevor andere Menschen, die dir nahe stehen anfangen, dich für deine Fehler verantwortlich zu machen.“

Buffys Stirn zog sich in Falten, aber da sie wieder nicht wusste was sie Willow erwidern sollte, holte sie tief Luft, ging zur Tür und sagte kühl: „Ich schau mich mal auf dem Flur um.“

 


Highschool, zur selben Zeit

„Hey Josh... warte mal,“ Dawn lief dem Jungen aus ihrer vierer Clique eilig hinterher, der ganz ungewohnt nicht an der Seite von Mara oder Sam anzutreffen war. Er schien Dawn gehört zu haben und drehte sich herum.

 

„Hey Dawn. Was liegt an?“ Ein breites Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.

 

„Wo sind die anderen?“, fragte Dawn stattdessen und sah sich überrascht um.

 

„Sam hat nen’Arzttermin und Mara ist im Sportunterricht.. solltest du da nicht auch sein?“

 

„Verdammt!“, Dawn sah auf ihre Uhr. „Ganz recht... ich hab völlig die Zeit vergessen, weil ich nach euch gesucht habe ...“, die ganze Mittagspause war drauf gegangen. Es war ein Jammer, wenn man nicht alle Kurse zusammen belegte, dachte Dawn mürrisch.

 

„Was gibt es denn so wichtiges?“


“Erinnerst du dich noch an unsere Bootsfahrt? Kurz vor diesem furchtbaren Halloween 2003? Als ihr mir von diesem Monster im Erie-See erzählt habt?“

 

„Ja, sicher... aber das sind doch nur alberne Spukgeschichten.“

 

„Vielleicht,“ lächelte Dawn unsicher. „Aber mich würde das sehr interessieren, weil ich, nun ehm.. Schulprojekt,“ fiel Dawn rettend ein. „Ich muss meine Geschichtsnote etwas aufbessern und habe mich für ein Referat gemeldet.“

 

„Bei der Cooper? Und da willst du mit alten Spuckgeschichten anfangen? Lass es lieber.“

 

„Ist doch meine Note,“ grinste Dawn. „Also was ist jetzt?“

 

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es gibt mehrere Legenden, die sich um den See ranken. Die eine erzählt eben von diesem Seeungeheuer. Manche bezeichnen es auch als Seeschlange. Aber ich glaube seit fast 200 Jahren hat keiner mehr davon was gehört oder gesehen. Einige der Alten in meinem Viertel behaupten, dass lege daran, dass dieses Wesen unterhalb des Sees eine ruhige Zufluchtsstätte gefunden habe, wo es seine Ruhe vor den Menschen hat. Einige andere, vor allem Fischerleute, erzählen etwas von einem Geisterschiff, das von einem seelenlosen Wesen über den See getrieben wird, auf der Suche nach unschuldigen Menschen, die das Wesen frisst. Offensichtlich hat sich dieses ‚Monster’ einen mutigen Schifffahrer geschnappt und ihn so etwas ähnliches wie versklavt. Na ja, irgendein Seemannsgarn eben. Mit etwas müssen sie ja ihre auf See verschwundenen Leute erklären. Von mehr weiß ich auch nicht.“

 

„Ich glaube du hast mir bereits sehr geholfen,“ sagte Dawn ernst, versuchte dann schnell dankbar zu lächeln und sah erneut zur Uhr. „Wenn ich die Abkürzung über den Hof nehme.. könnte ich es fast noch schaffen....“

 

 

Strand am Erie-See, selbe Zeit

Langsam ging Faith den Weg entlang, der sie über den Friedhof Richtung Bootssteg führte, an dem sie mit Buffy das angebliche Geisterschiff befestigt hatten.

 

‚Geisterschiff.. paah’, ging es der Jägerin durch den Kopf, während sie langsam über den Kieselweg des Friedhofs schritt, indem sie letzte Nacht zuerst mit Ronah und Vi trainiert hatte, und dann auf Buffy und Emma getroffen waren. Emma... Faith konnte sich ein kurzes Lächeln nicht verkneifen. Vielleicht machte Buffy das ja nicht mit Absicht, oder es könnte auch sein, dass es sich einfach durch eine blöde Situation so ergeben hatte.. oder vielleicht hat es Buffy einfach nicht sehen können, wie Faith zwei jüngere Jägerinnen ausbildet, und sie selbst nicht.

Faith schüttelte kurz den Kopf, um sich die Gedanken wieder aus dem Kopf zu streichen. Was war eigentlich mit ihr los? Warum wurde sie in Buffys Nähe immer so schnell aggressiv? Wieso sah sie Aggressoren hinter jeder Aussage von der blonden Jägerin? Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie dieses Kapitel schon längst abgehakt hatte.

„Na ja.. egal..“, sagte sie plötzlich laut, nahm Anlauf, sprang über die Mauer hinweg, und sprintete auf den kleinen Steg zu. Jetzt würde sie dem Gerücht, dass es sich hier um ein Geisterschiff handelte, endgültig den Todesstoß geben. Sicherlich war dieser Typ nur auf offener See von etwas angegriffen worden und.. Faith konnte den Gedanken nicht zu ende spinnen, da sie ihre Sinne auf etwas viel wichtigeres hinwiesen: Das Boot war verschwunden.

 

Bis auf den Rest des Seils, das sie letzte Nacht von einem der anderen Boote gestohlen hatten, um den alten Kutter festzumachen, war kein Anzeichen mehr zu sehen, dass das Boot überhaupt hier gewesen war.

„Hmm.. vielleicht sollte ich meine Zweifel doch beiseite legen..“, murmelte Faith, sah sich noch einmal kurz um, machte dann kehrt, um zu Giles zurückzukehren.

 


Universität, etwas später am Mittag

„Okay, ich hab’ jetzt wirklich alles untersucht,“ Buffy schloss die Tür und prüfte ein letztes Mal das Schloss. Aber es funktionierte einwandfrei. „Und ich finde beim besten Willen keine Spuren eines Einbruches. Du bist dir sicher, dass du das alles nicht nur geträumt hast?“

 

„Also Buffy bitte,“ entrüstete sich Willow gespielt beleidigt. „Ich weiß doch, wann ich schlafe und Reese Witherspoon auf einer blühenden Wiese in Sonnenlicht getaucht mit einem fast durchsichtigen Kleid stehen sehe, oder ob ich hochschrecke, alles um mich herum dunkel ist und ich in meiner Nähe kratzende Geräusche vernehme.“

 

„Reese Witherspoon?“, fragte Buffy amüsiert und zog eine Augenbraue in die Höhe, bis Willow ihr ein Kissen an den Kopf warf. „Ich warne dich.. ein Wort zu Xander oder Kennedy und du bist einen Kopf kleiner.“

 

Buffy lachte und fühlte sich auf einmal unerwartet gelöst. Der kleine Disput vor ein paar Minuten schien fast vergessen. Auf diese Weise mit ihrer Freundin herumzualbern wäre vor Monaten noch purer Luxus gewesen, doch jetzt war das etwas vollkommen anderes und Buffy wusste, was ihr gefehlt hatte. Auch Willow wirkte für einen Moment gelöst und entspannt, ehe sie wieder besorgt dreinblickte und zum Fenster sah. „Ich denke ich werde es mit Magie versuchen müssen, um die Nacht noch einmal heraufzubeschwören.“

 

„Okay, wenn ich dir irgendwie helfen kann?“ Buffy blickte etwas hilflos um sich und spürte, dass der kurze Moment, der sie an Zeiten erinnert hatte, die längst vergangen waren, vorüber war. Befangenheit machte sich zwischen ihnen breit und Buffy bedauerte ihre Worte von vorhin fast ein wenig.

„Setzt dich einfach auf das Bett und schau mir zu,“ Willow kramte bereits in ihrem Wandschrank nach den notwendigen Zutaten. „Es geht eigentlich ganz schnell. Es ist ein reiner Anfängerzauber. Aber wenn man nicht ganz konzentriert ist, kann es schon sein, dass hinterher alles irgendwie.. na ja, durcheinander kommt.“

 

„Durcheinander?“ Buffy rutschte auf Willows Bett und starte in den Rücken ihrer Freundin.

 

„Einer von uns könnte in der Vergangenheit hängen bleiben...“, Willow richtete sich mit einem Arm voller Kerzen, Tütchen, Schalen und anderem Zauberkram auf.

 

„Oh... dann bitte ich um Konzentration,“ sagte Buffy ernst.

 

„Kein Problem,“ grinste Willow und setzte sich auf den Boden, während ihr die Zutaten aus dem Arm kullerten. „Mist...so natürlich nicht“, sie lächelte verlegen zu Buffy auf und begann dann die Kerzen als ein Kreuz angeordnet aufzustellen. In jede Ecke des Kreuzes klopfte Willow ein Purpur farbiges Pulver auf den Boden, entzündete die Kerzen und schloss die Augen. Sie murmelte etwas, das Buffy nicht verstand, aber auf einmal wurde es um sie herum im Zimmer dunkel, die Kerzen flackerten unruhig und das Pulver begann Purpur zu leuchten. Als Willow ihre Augen öffnete, waren die Pupillen geweitet und das Grün in ihren Augen war schwarz geworden.

 

Die Hexe griff nach der Schale, in der sich etwas befand, in das Willow ihre Finger tauchte und damit in die Luft, über dem Kreuz, Zeichen malte. Wieder folgten Worte und die Dunkelheit nahm zu. Buffy sah besorgt zum Fenster, aber auch davor war es dunkel geworden. Die Kerzen flackerten auf einmal in die Höhe, erzeugten an ihrem höchsten Punkt einen silbernen Blitz, ehe sie mit einem lauten Zischen erloschen. Völlige Dunkelheit suchte sie beide im Zimmer auf.

 

Ein Geräusch neben Buffy ließ die Jägerin aufschrecken. Im Bett hatte sich etwas bewegt. Buffy sprang auf und stieß gegen Willow am Boden. Offensichtlich hatte der Zauber funktioniert und Buffy sah die schlafende Willow im Bett. Sie wälzte sich unruhig hin und her, während leise Geräusche, einem Kratzen ähnlich, Buffys Blick auf das Fenster lenkte. Davor saß etwas --  Buffy ging näher heran: eine Krähe, die mit ihrem Schnabel gegen das Fenster schlug? Sie spähte hinaus. Die Krähe war ganz damit beschäftigt mit ihrem Schnabel das Holz zwischen dem Schiebefenster und der Bank wegzukratzen. Was hatte sie damit vor? Wollte sie das Fenster aufhebeln? Blödsinn, schüttelte Buffy über ihre Vorstellung den Kopf.  Das hier war ein harmloses Tier. Vielleicht durch irgendetwas aufgeschreckt. Aber die Geräusche, die Willow gehört hatte, waren somit schon einmal geklärt.

 

Plötzlich wurde es schlagartig wieder Tag und Buffy war mit Willow alleine im Zimmer. Die Hexe stand vorsichtige vom Boden auf und schwankte einen Moment. Sie hatte sich aber sofort wieder gefangen, bevor Buffy zugreifen konnte. „Und... was hast du gesehen?“, fragte die Hexe neugierig.

 

„Du hast nichts gesehen?“

 

„Ich musste mich doch konzentrieren...,“ grinste Willow schelmisch.

“Ach so ja. Also da war eine Krähe,“ Buffy deutete auf das Fenster. „Sonst nichts.“

 

„Sonst nichts?“ Willow sah Buffy bestürzt an. „Aber ich war mir felsenfest sicher, dass jemand gestern Nacht versucht hatte, in mein Zimmer zu kommen und ich fühlte mich beobachtet und wie hätte sonst der Zauber mir zeigen können, was derjenige gesucht hat...“

 

Buffy war inzwischen  zum Fenster gegangen und hatte es geöffnet. Ihr Blick fiel auf eine zwei Finger breite Rille. „Hm... es mag vielleicht nur ein Vogel gewesen sein, aber das hier sieht verdammt aggressiv aus.“ Buffy fühlte die Tiefe der Rille mit ihren Fingern aus. Willow trat neben sie und blickte ebenfalls auf die Fensterbank.

 

„Unheimlich. Der Bote des Todes, das Wahrzeichen der Weisheit wollte bei mir einbrechen?“

 

„Na ich weiß nicht,“ sagte Buffy zögernd. „Eine Krähe als Dieb? Vielleicht war das nur ein  Zufall. Ich hätte einen Vorschlag“, die Jägerin machte das Fenster wieder zu und sah ihre Freundin ernst an. „Du gibst mir zur Sicherheit die Münzen mit, falls noch einmal jemand hier danach suchen sollte, wird er sie nicht finden. Ich werde sie bei mir tragen und unter Umständen beschützen. Und während du deine Arbeiten erledigst, werde ich zu Mo’s Bar rausfahren und ihm etwas auf den Zahn fühlen. Vielleicht weiß er etwas über unser Geisterschiff und über – Krähen?“

 

Als Buffy sich von Willow verabschiedete und kurz darauf das Wohnheim verließ, flatterte eine Krähe aus dem Baumwipfel einer Eiche, die vor Willows Fenster wuchs.

 




Ratsgebäude, Nachmittags

“Und das ist alles was mir Josh darüber sagen konnte,“ beendete Dawn ihren Bericht. Giles saß auf seinem Stuhl, die Fingerspitzen gegeneinander gepresst und runzelte die Stirn. „Sie sprechen alle von einer Legende,“ fügte sie noch hastig hinzu. „Weil natürlich niemand an Vampire und Monster glaubt. Oder an seelenlose Wesen.“

 

„Hm,“ Giles nahm die Hände herunter und stand auf. Dawns Informationen über das seelenlose Wesen deckte sich mit seiner neusten Theorie – das etwas mit dem Geisterschiff die Seeleute anlockt und dann verschwinden ließ. Die Frage war nur, was das für ein Wesen war und wieso es so etwas tat. „Ich glaube dein Freund hat uns sehr weitergeholfen. Ich kenne einige Fälle von seelenlosen Wesen, die sich von menschlichen Seelen ernähren, um zu überleben. Andere brauchen Seelen, um menschliche Gestalt annehmen zu können. Es wäre durchaus möglich, dass wir es hier mit etwas ähnlichem zu tun haben. Es würde erklären, wieso so viele Seeleute verschwinden. Übrigens war vorhin Faith hier. Das Boot ist nicht mehr dort, wo sie es gestern Nacht zurückgelassen haben.“ Giles Gesicht spiegelte seine Sorgen wieder. „Ich glaube nicht, dass dieser Fall so harmlos ist, wie Faith oder Buffy annehmen.“

 

„Das habe ich nie behauptet,“ kam es von der Hintertür, in der Faith stand und grinste. Giles zuckte heftig zusammen und strafte Faith mit einem langen, ernsten Blick.

 

„Du solltest dir das Klopfen angewöhnen,“ Giles lächelte schwach und ließ seine Hände in die Hosentaschen verschwinden.

 

„Oder mir das Schleichen abgewöhnen,“ erwiderte Faith lässig. „Ich will heute Nacht noch einmal los und das Schiff suchen gehen. Es kann ja nicht verschwunden sein. Und wenn wirklich etwas Seelen jagt, wird es bestimmt noch unterwegs sein, um seinen Hunger zu stillen.“
 

„Du solltest jemanden mitnehmen,“ schlug Giles vor.

 

„Mich zum Beispiel,“ meinte Dawn enthusiastisch. „Immerhin konnte ich uns mit den richtigen Informationen etwas weiterbringen.“

 

„Dawn.. nimm es mir nicht übel, aber du bist ein Teeny ohne Superkräfte...Schwester der Jägerin hin oder her.. es ist besser, wenn du nach Hause gehst, deine Hausaufgaben machst und die Sache mir überlässt.“ Dawn zog ein langes Gesicht und wollte auffahren, doch Faith kam ihr zuvor. „Zudem.. was würde Buffy sagen, wenn sie erfährt, dass ich ihre kleine Schwester auf eine gefährliche Jagd mitgenommen habe?“

„Gar nichts wird sie sagen,“ fuhr Dawn trotzig auf. „Sie ist mit Willow und diesen Münzen beschäftigt. Sie würde es gar nicht mitbekommen.“

 

„Faith hat recht,“ mischte sich nun auch Giles ein und das verbesserte nicht gerade Dawns Laune. „So lange wir nicht hundertprozentig wissen, mit was wir es zu tun haben und wie wir es bezwingen, hältst du dich fern.“

 

Darauf konnte Dawn schlecht etwas erwidern, zumindest nichts, was nicht einen Streit ausgelöst hätte und anders als Buffy sah sie Giles nach wie vor als eine gewisse Autoritätsperson. Also schluckte sie ihre Worte hinunter und funkelte die beiden wütend an, während sie besprachen, wie Faith in der Nacht vorgehen sollte.

 


Erie-See, später Abend
Die Sonne war gerade dabei ihre kontinuierliche Reise hinter den Horizont anzutreten, als Faith sich wieder auf den Weg zum Erie-See machte. Sie hatte sich zum Laufen umgezogen und entschied sich für eine wärmere Jacke darüber. Draußen sah es viel zu sehr nach neuem Schnee aus. Zum Schluss steckte sich Faith noch eine Wasserflasche in die linke, hintere Tasche, und einen Pflock und eine Taschenlampe in die rechte. Mit einer raschen Bewegung strich sie sich ihre Haare aus dem Gesicht und sah kurz in den Spiegel, der neben der Kommode angebracht war. Sie betrachtete sich kurz selbst und stellte zufrieden fest, dass sie sich in Cleveland wieder etwas von den Strapazen während dem Außeneinsatz im Bus erholte.

Die dunkelhaarige Jägerin nickte kurz, griff dann doch nach dem Messer, welches zu ihrer rechten lag, und versteckte es in einem kleinen Halfter, den sie sich um ihren Knöchel gebunden hatte, und der von der Hose verdeckt wurde. Faith musste kurz schmunzeln, als sie an ihren letzten Geburtstag dachte, an dem ihr Ronah und Vi den Halfter geschenkt hatten. Diese Party war die erste schöne Feier, die seit Jahren, nein, sogar jemals für sie gegeben wurde.

Und nebenbei hatte sich die Jägerin jetzt ganz nach Giles Rat mit Waffen eingedeckt. Sie hielt diese Vorsichtsmaßnahme noch immer für überflüssig, aber gab dem Wächter insgeheim recht – sie wussten nicht, mit was sie es zu tun hatten... Vorsicht walten zu lassen, war nie verkehrt.


Langsam richtete sie sich wieder auf, ließ ihre Gedanken dabei aber schweifen. Trotz den großen Anstrengungen, und den vielen Kämpfen, den Verletzungen, der starken Arbeit und den kleinen Streits, die es ab und zu gab, waren es doch die schönsten Monate gewesen, die Faith seit langem erlebt hatte. Sie hatte ihre Familie gefunden, ihre eigenen Scoobies. Lange hatte sie sich nach Buffys Freunden gesehnt, doch jetzt hatte sie ihre eigenen. Nun hatte sie ihren Wächter, ihren Liebhaber und ihre zwei Kampfgefährtinnen, die zu ihr aufsahen, und sie bewunderten. Sie hatte es geschafft, sie war an ihrem Ziel angekommen.. oder doch nicht?

Warum fühlte sie noch immer eine so starke Leere in sich? Warum war sie von Zeit zu Zeit noch immer von so starker Angst besessen? Faith schüttelte den Kopf, strich sich noch einmal die Haare aus dem Gesicht, und verließ dann das Wächterhaus.

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Eine schmale Gestalt schlich leise hinter der im Schatten liegenden Ecke hervor und sah der dunkelhaarigen Jägerin nach.

“Okay... so schnell wirst du mich nicht los,“ flüsterte die Person sah sich noch ein weiteres mal um, und rannte mit Abstand der Jägerin hinterher.

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Vor kurzem hatte Faith wieder damit angefangen, regelmäßig zu laufen, und daher verband sie die Suche nach dem Schiff gleich mit einer Trainingseinheit.

Es war befreiend für sie, einen Schritt nach dem anderen auf die Straße zu setzen, und dabei die Welt an sich vorbei ziehen zu sehen. Sie konnte dabei ihre Gedanken fassen, die oft viel zu schnell und viel zu unkontrolliert durch ihren Kopf schossen. 

Während Faith in einem unbeschreibbaren Tempo auf den Erie-See zulief, und dabei nicht bemerkte, dass ihr jemand folgte, dachte sie plötzlich an Silent Hill und die zwei Zauberer. Sie hatten sie nicht getötet, und auch nicht gestoppt. Was, wenn sie weiter hilflose Jägerinnen oder normale Menschen in ihre kranken Spielchen sperrten, und dabei töteten? Sollte sie nicht schleunigst mit Giles und Lily über die Beiden reden? Und was war mit der Vision? Dem Buch, das sie für Giles geholt hatten?

Faith machte sich eine gedankliche Notiz, dass sie unbedingt mit jemandem darüber reden müsste, sobald der ganze Mist mit dem Geisterschiff und der Reifeprüfung vorbei war.

Die ersten Schweißperlen erschienen auf ihrer Stirn, als die Jägerin in eine Straße einbog, von der sie schon direkt auf den See sehen konnte. Die dunkelrote Sonne spiegelte sich auf der ruhigen Wasseroberfläche, und der orange Himmel erinnerte Faith an irgendeinen Tom Cruise Film, den sie in den letzten Tagen im Fernsehen gesehen hatte.

Sie griff kurz nach der Wasserflasche, trank einen Schluck, und bewunderte dabei die Häuser, die die Straße säumten. Es waren große, luxuriöse Häuser, fast Villen, die schon fast mit arroganter Stimme zu ihr sagten „Verschwinde, du Taugenichts. In so einem Haus wirst du in deinem kurzen Leben sowieso nie leben!“.. und Faith tat es fast ein bisschen leid, die Schule nicht abgeschlossen zu haben. Aber was hätte das schon gebracht? Eine weitere Jägerin mit High School Abschluss .. und man sah ja bei Buffy, dass der auch nicht wirklich was brachte.

Faith kam genau in dem Moment am Erie-See an, als sich die letzten Strahlen der Sonne dagegen wehrten, zu verschwinden, und kurz danach erhellten nur mehr die künstlichen Lichter der Stadt die Umgebung. Wind kam auf....

Sie nahm noch einen kurzen Schluck aus der Wasserflasche, machte sich denn bereit und betrat  schließlich erneut die Steganlage, an der sie das Boot in der letzten Nacht festgebunden hatten. Der Wind wurde stärker und Faith bemerkte nicht, wie sie von einer Person beobachtet wurde, die gerade angekommen war, und sich hinter einem der dicken Baumstämme versteckte.

Nachdem die Jägerin noch einmal frustriert feststellen musste, dass sich das Schiff wirklich in Luft aufgelöst zu haben schien, sprang sie über eine Absperrung eines mehr oder weniger großen Fischerschiffes und kletterte auf den höchsten Punkt, den sie finden konnte. Sie ließ ihren Blick zuerst über die Schiffe gleiten, die an dem Steg angelegt hatten, und starrte dann in die tiefe Dunkelheit.

„Na toll.. wie intelligent. Natürlich hab ich nicht bedacht, dass ein Geisterschiff nicht ein hellrot leuchtendes Schiff mit der Aufschrift „HIER BIN ICH, FANG MICH, WENN DU KANNST“ tragen würde.“ Frustriert holte sie die Taschenlampe aus ihrer Tasche, sprang dabei wieder vom Schiff und begab sich vom Steg wieder auf festen Boden.

„Na gut, dann versuchen wir die längere und anstrengendere Methode..“, flüsterte die Jägerin, machte sich auf den Weg, den See zu umrunden, und richtete dabei den Lichtstrahl auf den dunklen See. Es herrschte eine Totenstille, die nur durch das Rauschen des Windes gestört wurde. Faith wunderte, dass man den Lärm der Stadt hier gar nicht hörte, doch sie wurde plötzlich abgelenkt, als etwas hinter ihr laut knackte. Faith sah sich kurz vor ihr um, sah einen dicken Baumstamm und lief dahinter. Dort angekommen, blieb sie sofort stehen, machte sie Taschenlampe aus, und holte das Messer aus dem Halfter.

Sie versuchte, so leise wie möglich zu atmen, als sie Schritte hörte, die sich ihrer Position gefährlich näherten, und immer langsamer wurden. Faith schloss kurz die Augen, und stärkte ihre Sinne, während sie mit ihrem linken Zeigefinger überprüfte, ob die Klinge auch wirklich geschliffen war. Im nächsten Moment trat etwas hinter dem Baum hervor, Faith zögerte keine Minute, und rammte der Gestalt ihre Faust in den Magen, und danach ins Gesicht. Ein schriller Schrei durchschnitt die Nacht, und die Person stürzte schreiend zu Boden. Faith, die bemerkte, dass es sich offensichtlich nicht um einen Dämon handelte, steckte in Sekundenschnelle das Messer weg, warf sich jedoch auf die am Boden liegende Person.

Nur Zentimeter trennten das Gesicht von der Jägerin und das der Gestalt. Fünf Sekunden atmeten die beiden nur heftig, und starrten sich ungläubig in die Augen. Dann stieß sich Faith ab, und sprang auf.

„Du? Verdammt, was machst du hier? Bist du Lebensmüde? Ich hätte dich umbringen können, du ungehorsame Göre!“ schrie Faith, und streckte Dawn ihre Hand entgegen, um ihr auf zu helfen.

„Ich.. ich. .ähm.. ich dachte ich könnte dir irgendwie behilflich sein. Ich hatte echt nicht vor, dich irgendwie zu.. erschrecken.“ Antwortete Dawn, griff nach Faith’s Hand und zog sich, für Faith überraschend kraftvoll, in die Höhe.

„Du hast mich nicht.. erschreckt..“, log Faith und suchte kurz nach Worten. Was sollte sie jetzt nur machen? Sie war hier um ein Geisterschiff zu suchen, und nun hatte sie dieses Anhängsel von Buffy hier, dass ihr schon damals vor fünf Jahren so auf die Nerven gegangen war. Obwohl.. halt.. Dawn existierte damals ja eigentlich noch gar nicht.. oder doch? Faith hatte die ganze Geschichte nicht ganz begriffen, aber das war ja eigentlich auch ziemlich egal.

„Wie sollst du mir denn helfen können?“, fragte Faith, und hasste sich schon eine Sekunde später für diese Frage. Natürlich würde Dawn darauf eine Antwort wissen, sonst wäre sie ihr doch gar nicht gefolgt. Sie hätte ihr keine Frage stellen sollen, sie hätte sie einfach nach Hause schicken können.. VERDAMMT.

„Ich glaube ich hab das Schiff schon gefunden, nachdem du suchst!“ antwortete Dawn, und reagierte auf Faiths fragendes Gesicht mit einem Nicken in die Dunkelheit. “Na.. da hinten, siehst du es nicht?“ fragte Dawn noch einmal und ging dabei etwas näher auf das Wasser zu. „Es treibt dort am Ufer!“

Faith konnte zuerst ihren Augen nicht glauben, denn an dieser Stelle war sie noch vor wenigen Minuten vorbei gekommen. Doch jetzt stand dort das Schiff am Ufer, und wankte seelenruhig im seichten Wasser.

Eine mysteriöse Aura schien das Schiff zu umgeben, denn um so näher die beiden Jägerinnen dem Schiff kamen, desto leiser wurde es. Sogar das Geräusch des Windes schien sich von dem Schiff fern zu halten. Das war Faith in der vorherigen Nacht überhaupt nicht aufgefallen. Aber vielleicht waren Buffy und sie nur zu sehr auf die Rettung der anderen  Boote konzentriert gewesen, oder diese Aura war gar nicht da gewesen.

 

„Okay... ich schätze dich nachhause zu schicken macht keinen Sinn. Aber du hältst dich dicht hinter mir, machst mir keinen Ärger und tust was ich sage. Klar?“

 

„Klar,“ bestätigte Dawn tot ernst und grinste dann erleichtert, als ihr Faith den Rücken zuwandte. Die ältere Jägerin watete bereits durch das Wasser und Dawn folgte ihr.

 

Ihnen ging das Wasser fast bis zur Brust als sie den Fischkutter endlich erreichten. Eine alte, morsche Leiter an der Seite war ihre einzige Möglichkeit, um an Deck zu kommen. Faith musste ein Stück weit in die Höhe aus dem Wasser springen, um die untere Sprosse zum fassen zu bekommen. Als sie sich daran hochgezogen hatte und über die Reling kullerte, half sie Dawn nach oben aus dem Wasser. Keiner der beiden bemerkte, dass in dem Moment, als sie sich beide an Deck befanden, ein erfreutes und zufriedenes Stöhnen durch den Bauch des Schiffes wanderte.

 

Langsam bewegte sich das alte Schiff vom Ufer weg, als Faith und Dawn ihre Blicke über die alten Holzplanken und zerrissenen Fischernetze gleiten ließen.

„Denkst du, dass das hier das richtige ist?“ fragte Dawn und sah Faith dabei unsicher an. Auch die schwarzhaarige Jägerin bekam ein mulmiges Gefühl im Magen, dessen Ursprung ihr jedoch nicht wirklich klar war.

„Hmm.. na ja, du bist hier das Gehirn unserer Operation. Es ist das Schiff, dass B. und ich gefunden haben. Es ist mir unerklärlich, wie es sich losreißen konnte, aber ob es wirklich ein Geisterschiff ist, bezweifle ich noch immer..“, murmelte Faith und trat dabei auf den morschen Mast zu.

„Ähm.. Faith, ich will ja nicht nerven.. aber.. wir bewegen uns vom Ufer weg!“ schrie Dawn hysterisch und lief dabei an die alte Holzreling.

Auch die ältere Jägerin drehte sich überrascht um, nur um festzustellen, dass B’s Schwester absolut recht hatte. In diesem Moment durchbrach plötzlich ein lautes Lachen die Stille der Nacht, und dicke, dunkle Nebenschwaden bildeten sich rund um das große Fischerboot. Dawn ließ einen lauten Schrei durch die Nacht gleiten, als sie von etwas gepackt wurde, und eine Ebene höher, auf das Dach der Führerkabine, geworfen wurde. Hart schlug sie auf dem morschen Dach auf.

Faith fasste nach dem Pflock, stellte sich in Kampfstellung und durchforstete die Nebelschwaden nach einem sichtbaren Gegner, während sich Dawn vorsichtig zurück auf die Planken neben Faith gleiten ließ.

Im nächsten Moment erschien 30 Zentimeter vor Faiths Gesicht eine grässliche Fratze, die halb durchsichtig und von grünem Schleim bedeckt war. Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, erfasste das geistähnliche Ding ihre Arme, schrie kurz auf und schleuderte sie über das halbe Deck.


4. AKT

Hafen, Black Pearl

In der Schiffsbar war es rauchig und es ging laut zu. Buffy hatte mühe, sich an die Bar vorzukämpfen. Sie war schon eine Weile seit dem Vorfall mit dem Virus nicht mehr hier gewesen. Irgendwie war ihr der Zwischenfall mit Faith peinlich und das Abkommen mit Mo erschien ihr auf eine recht merkwürdige Art irreal. Hatten sie tatsächlich einem Dämon, nur weil er Freunde und Familie besaß, Beistand zugesagt? Es schien ganz so zu sein und Buffy bezweifelte nicht, dass Mo, sollte der Zeitpunkt kommen, auf dieses Versprechen zurückgreifen würde. Ganz glücklich war Buffy über diesen Umstand nicht mehr, auch wenn er ihnen zu wichtigen Informationen verholfen hatte.

Ihre Augen schweiften auf der Suche nach Mo über die Tische. Der starke Besucherandrang lag sicher nicht alleine an Mos süßen, kleinen Cocktails oder an seiner Neigung ständig neue Rezepte auszuprobieren.

„Oh, die kleine Jägerin,“ Buffy fuhr herum und sah sich Mos Bauch gegenüber. Offensichtlich hatte er sie bereits entdeckt.

 

„Hey Mo.. trifft sich gut...“, Buffy sah rasch über die Schulter, um sicher zu gehen, dass niemand ungebetenes zuhörte und musste husten, als ihr ein Dämon an der Bar den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht blies. „Hast du schon einmal etwas von Raucherzonen gehört?“

 

Mo lachte. „Sicher, aber diese Brut hier würde es mir sehr übel nehmen, wenn ich sie zum Rauchen an Deck schicken würde. Nicht gut fürs Geschäft.“ Er sah Buffy abschätzend an und zeigte nach oben. „Ich tippe mal drauf, dass die Unterwelt wieder etwas ans Tageslicht gespuckt hat, das dir und deinen Freunden Sorgen bereitet?“

 

„So in etwa. Können wir reden, ohne das du und ich erst über die Konditionen verhandeln müssen?“

 

„Das ist nicht witzig,“ raunte Mo und sah sich ebenfalls hastig um. „Und es kommt immer darauf an, was du von mir wissen willst. Übrigens wäre es nett, wenn du mal wieder Kenny mitbringen könntest. Hab’ sie lange nicht mehr gesehen. Und sie ist mir sympathischer als die andere. Nicht so.. temperamentvoll.“

 

„Mal sehen. Wie es sich ergibt,“ sagte die Blonde knapp und senkte ihre Stimme. „Kennst du einen Dämon namens D’Hoffryn?“

 

Im Gesicht von Mo zuckte es kurz und er sah sich erneut schnell um, ehe er langsam nickte. „Sicher. Die meisten von uns kennen den Herrscher von Arashmaharr. Macht er etwa Schwierigkeiten?“

 

„Nein. Aber er hat etwas dagelassen, das uns Schwierigkeiten machen könnte. Ich hab’s dabei.. wenn du einen ruhigen Ort hättest...“

 

„Sicher folg mir einfach,“ Mo machte sich platz und führte Buffy nach hinten zu einer schmalen Tür. Buffy drängelte sich an großen, kleinen, und schmalen Dämonen vorbei, die jeder für sich eine schillernde Persönlichkeit waren. Manche davon erkannte Buffy wieder – sie hatte in ihrem Leben in Sunnydale einige davon schon in manchem Kampf getötet. Es war ein wenig befremdend, dass sie hier saßen und mit anderen Dämonen ein Bier tranken, lachten und Karten spielten. Sie schüttelte den Gedanken ab, als Mo die Tür öffnete und sie eintreten ließ.

 

„Mein kleines Büro“, erklärte er fast entschuldigend über den schmalen Raum, mit dem wackligen Tisch darin, den vielen Kartons voller Kassenbelege, wie Buffy mit einem raschen Blick feststellte, und der dicken Staubschicht über allem.

 

Buffy verzog kurz das Gesicht und zog dann die Münzen aus ihrer Tasche hervor. Sie waren in ein rotes Tuch eingeschlagen, das sie vorsichtig öffnete und den Inhalt Mo reichte.

 

„Hm,“ der Dämon nahm ihr die Münzen ab und besah sie sich lang und genau. Schließlich, als Buffy Hoffnung schöpfte, schüttelte er den Kopf. „Tut mir leid. Die habe ich noch nie gesehen.“

 

„Schade...offensichtlich war eine Krähe hinterher.“

 

„Eine Krä... was?“ Mo sah die Jägerin amüsiert an. „Also nein.. davon hab ich jetzt wirklich noch nichts gehört.“

 

„Auch nicht von einem Dämon, der die Gestalt einer Krähe annehmen kann?“
 

„Nein,“ er zuckte ratlos die Schultern, während Buffy die Münzen wieder einsteckte. „Aber es gab da mal eine interessante Serie. In ihr konnte ein Untoter die Gestalt einer Krähe annehmen....“

 

„Ich glaube das hilft mir nicht wirklich weiter.“ Sie hatte nur noch eine Frage und inständig hoffte sie, dass Mo wenigstens darauf etwas zu sagen wusste, ohne wie Andrew zu klingen. „Es gibt noch etwas, das uns Sorgen bereitet. Ein Geisterschiff auf dem Erie-See... schon einmal etwas davon gehört?“

 

„Oh... ja,“ sagte Mo erleichtert, fast als wäre er froh eine Frage von Buffy endlich beantworten zu können. „Hier auf dem Erie existiert wirklich so etwas. Ein seelenfressender Dämon, der ständig Nahrung braucht. Er bedient sich ungehindert bei den Fischern. Hässliche Sache. Vor etwa 250 Jahren ist das Wesen hier aufgetaucht, hat sich einen Fischer geangelt,“ Mo lachte über seinen eigenen Scherz, ehe er bemerkte, dass die Jägerin ihn nicht so amüsant fand und fuhr wieder ernster fort. „Vielleicht war’s auch ein Schiffbrüchiger, so genau weiß das keiner mehr. Jedenfalls hat das Wesen ihm die Seele geraubt und benutzt ihn, um immer dann, wenn er Nahrung braucht, andere Fischer an Bord zu locken. Aber frag mich nicht, was er mit den Seelenlosen macht. Es gibt ein Gerücht, nach dem seinem ersten Opfer die Freiheit versprochen wurde, wenn er für das Wesen, ein neues Opfer findet. Aber das war natürlich eine Lüge,“ Mo kratzte sich über der rechten Augenbraue. „Das Ding oder was auch immer es ist, kann nämlich nur alle 250 Jahre feste Konturen annehmen um sich einen neuen Wirt zu suchen. Der Kerl wird noch ein paar Jährchen Sklave spielen müssen.“

 

„Du weiß nicht zufällig, wie wir es aufhalten könnten?“, fragte Buffy nach einem Moment des Schweigens, um die Informationen zu sortieren. Mo wusste ziemlich gut bescheid. Zu gut für ihren Geschmack.


“Ich wüsste nicht einmal, wie ihr es finden könntet. Mir ist es noch nie begegnet.“ Seine Augenbrauen zuckten nervös bei den letzten Worten und Buffy tat so, als wäre es ihr nicht weiter aufgefallen, als sie sich zur Tür wandte. „Dann müssen wir mit den Informationen versuchen, es selbst herauszufinden.“

 


Geisterschiff, zur selben Zeit

Faith schlug hart mit dem Kopf auf dem kalten und feuchten Boden auf, als sie plötzlich einen weiteren Schrei von Dawn vernahm. Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, riss sie eine der losen Planken aus dem Boden, sprang auf und sah sich suchend auf dem Deck um.

Ihr gegenüber, genau neben der Tür zum unteren Bereich des Schiffes befand sich Dawn, und wich dem Wesen mehr oder weniger Geschickt aus.

 

„Dawn, verschwinde! Geh in die Kabine! Los!“ schrie die dunkelhaarige Jägerin und nahm Anlauf. Dawn sah sie kurz an, schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber doch anders, wich einem weiteren Schlag des Nebelwesens aus, und riss die Tür auf.

 

Faith schlug mit der Latte gegen den Geist, war überrascht, wie spielend leicht die Planke durch das Wesen glitt, ohne es zu verletzten, stieß Dawn mit der anderen Hand in die Kabine und schrie ihr noch ein „Warte hier, bis ich fertig bin“ nach, bevor sie die schwere Holztür wieder ins Schloss warf und vom nächsten Schlag des Gegners getroffen wurde.

Dawn hingegen landete im Dunklen und musste überrascht feststellen, dass ihre Hände, auf die sie noch vor Sekunden auf einem kalten Holzboden gefallen war, nun auf weichem Samt gepresst waren, und sich der Stoff ganz und gar nicht alt und verfault anfühlte.

 

Nach einem tiefen Einatmen durch die Nase bestätigte sich auch Dawns Verdacht, dass auch der modrige Geruch, der noch auf dem nassen und feuchten Deck geherrscht hatte, verschwunden war. Langsam versuchte Buffys Schwester aufzustehen ohne sich an irgendwelchen möglichen Gegenständen zu stoßen, die sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte, falls es sie überhaupt gab.

 

Von draußen hörte sie Kampfgeräusche, und Faith schien mit dem Geist kein leichtes Spiel zu haben.

 

‚Hmm... vielleicht sollte ich ihr helfen.. immerhin bin ich selbst auch eine Jägerin.. immerhin ist es total unfair von mir, mich vor meiner Pflicht zu drücken, während Faith da draußen um ihr Leben kämpft.. und .. aber.. nein.. sie hat mir befohlen hier zu warten, und das werde ich auch tun!’ ging es Dawn durch den Kopf, während sie sich langsam durch den stockdunklen Raum tastete. ‚Zudem.. was sollte ich ihr erklären, wenn sie meine Kräfte im Einsatz sieht?’

 

Als plötzlich etwas gegen die starke Holztür knallte, und ein jubelnder Schrei von Faith kurz die sonstige Stille durchbrach, fiel Dawn ein, dass sie sich wieso auch immer, ein Feuerzeug eingesteckt hatte, als sie sich dazu entschieden hatte, Faith unerlaubterweise zu folgen.

 

Nach kurzem Suchen in ihrer Tasche kam das kleine Ding zum Vorschein, und kurz darauf bildete sich eine kleine Lichtkorona rund um Dawns Hand, in der sie das Feuerzeug hielt.

 

Auf Deck sprang Faith gerade mit einem triumphierenden Grinsen vom Dach der Kajüte. Kurz nachdem sie Dawn in den Raum gestoßen hatte, war der Geist einer leichten Unachtsamkeit verfallen, die ihn dazu brachte, seine materiellen Phasen, in denen er Schläge austeilte, nicht schnell genug zu beenden, und so hatte Faith die Chance gehabt, dem Wesen mit ihrem Messer einen langen, tiefen Schlitz über seine Brust zu ziehen. Oder das, was sie dafür hielt. Schreiend war das Ding durch sie hindurch gefahren, und ehe sie sich nach ihm umdrehen konnte, war es verschwunden gewesen.
 

Nun, da das erste Problem aus dem Weg geschafft war, und das zweite, Dawn, sicher in der Kajüte des Kapitäns saß, war es an der Zeit, das Geheimnis dieses Schiffes zu lösen, und den Spuk, den es schon seit Jahrhunderten trieb, endlich zu beenden. 

 

Faith schnappte sich wieder die Holzplanke und inspizierte danach das Schiff noch einmal genauer. In der Mitte des Decks war im Boden ein großes Gitter, durch das man, wie Faith annahm, Fracht in den Lagerraum hievte. Danach kam der große Mast, an dem ein weißes, zerfetztes Segel hing  und lose durch die Luft wirbelte. Links und rechts von ihr gingen zwei Holzbalken über die Reling hinaus, an denen früher womöglich einmal Fischernetzte befestigt worden waren.

 

Hinter dem Eingang in die Kajüte des Kapitäns fand Faith endlich, was sie schon die ganze Zeit suchte: den Abgang in die kleinen Kabinen der 2, 3 Matrosen, die auf dem Schiff gedient haben könnten, und dem Lagerraum.

 

 
Xanders und Andrews Wohnung

Es war schon dunkel als Xander die Tür zu seiner Wohnung aufschloss und das Licht anknipste. Sein erster Impuls war es nach Andrew zu rufen, doch dann fiel ihm wieder ein das er nicht da war und ehrlich gesagt vermisste er das übliche Chaos, denn allein schaffte er es tatsächlich die Wohnung in einem einigermaßen halbaufgeräumten Zustand zu belassen.


Er warf seine Aktentasche mit Schwung auf das Sofa und knipste den Fernseher an, jedoch nicht um sich irgendein Programm anzusehen, sondern weil es ihm das Gefühl gab nicht allein zu sein. Müde und abgespannt schälte er sich aus dem Anzug und stellte sich ein Schnellgericht in die Mikrowelle, doch zunächst überwog der Wunsch eine heiße Dusche zu nehmen.

 

Gut, dass ihm heute bei seiner Laune nicht Eve über den Weg gelaufen war, aber er hatte sich selber zumindest bewiesen seine Arbeit vernünftig zu machen indem er den Berg an Akten aufgearbeitet hatte, was ihn allerdings auch etliche Überstunden gekostet hatte.

 

Während er seine Hände gegen die kalten Fliesen stemmte und sich das warme Wasser auf den Kopf rieseln ließ, wanderten seine Gedanken zu den Ereignissen des Tages und dann weiter zurück bis zu seinem Streit mit Andrew… Sie hatten zwar darüber geredet, aber er wusste nicht ob es wirklich etwas gebracht hatte.., es tat ihm schon wieder Leid so hart reagiert zu haben aber... verdammt noch mal wenn Andrew nun wieder unter den Einfluss dieses Mörders geriet? Irgendwo fühlte er sich immer noch für Andrew verantwortlich und das schon deshalb, weil Anya sich für ihn geopfert hatte. Es war einfach ungerecht! Warum bekam so ein Mistkerl wie Warren eine zweite Chance, während gute Menschen sterben müssen? Typen wie dieser gehörten in die Hölle und bekamen nicht ein neues Leben als Rachedämon!


Tag für Tag setzen er und seine Freunde ihr Leben aufs Spiel und Xander war sich sicher, wenn einer von ihnen starb, war es für immer. Er würde noch einmal mit Andrew darüber reden müssen. Bald... das war etwas, dass er einfach nicht auf die lange Bank schieben durfte... das Klingeln seines Telefons riss ihn aus seinen Gedanken...

 

 

Hafen, kurz darauf

Buffy sprang von dem wackligen Holzsteg hinunter auf den harten Beton, der langsam unter der Schneeschicht wieder sichtbar wurde. Schneewasser spritzte unter ihren Schuhen auf und beschmutzte ihre Hose.

 

„Na prima, die einzige Designer-Jeans die ich mir noch leisten konnte,“ stöhnte Buffy und stellte ihren Kragen auf, um sich vor der Kälte zu schützen. Sie eilte durch das Hafengebiet, um schnell von diesem einsamen und dunklen Teil des Hafens fortzukommen. Denn wenn sie eines heute Nacht nicht brauchte, dann war das ein Kampf mit Vampiren.


Über ihr flatterte plötzlich etwas in der Nacht und sie hob ihren Blick gegen den dunklen Himmel. Im schwachen Licht der Straßenlaterne glaubte sie eine Krähe gesehen zu haben. Irgendwie wurde das wirklich langsam unheimlich.

 

Als sie zu allem noch vor sich Stimmen hörte, sah sich Buffy gezwungen nach einem Versteck zu suchen. Aber ehe sie etwas fand, gingen an ihr drei Dämonen vorbei, die zielstrebig Mo’s Bar im Auge hatten. Buffy entspannte sich etwas und ging weiter.

 

Langsam wurde der Teil des Hafens vertrauter. Vor allem wurde er heller und war nicht mehr ganz so unheimlich. Nicht jede zweite Straßenlaterne war ausgefallen und in manchen der Lagerhallen weiter vor ihr brannte noch Licht. Sie hörte wieder Stimmen. Irgendwo schien ein Schiff beladen zu werden. Als sich Buffy bereits in Sicherheit wog, trat seitlich von ihr jemand aus dem Schatten der ersten, noch benutzten Lagerhalle.

 

Buffy stutzte einen Moment, doch als sie die Frau im engen Kostüm, den langen Haaren und dem feinen, asiatischen Gesicht in dem Schatten erkannte, entspannte sie sich wieder. An ihr war nichts, dass Buffy als Vampirisch eingestuft hätte. Trotzdem behielt sie die Frau im Auge, als sie ihren Weg fortsetzte. Auch die Asiatin hatte kurz gestutzt und setzte ihren Weg fort, als die Jägerin weiterging. Buffy war auf ihrer Höhe angekommen, als unerwartet, die Frau losstürmte und mit offenen Armen Buffy einfach von den Füssen riss, die viel zu erstaunt war, um rechtzeitig zu reagieren.

 

 

Geisterschiff, Schiffskabine

Dawn betrachtete den kleinen Raum mit Hilfe der kleinen Lichtquelle, die sich nun in ihrer rechten Hand befand. Der Boden war mit einem dunkelroten Samtteppich bedeckt, der mit kleinen goldenen Mustern verziert war. Die Tapete war dunkelblau und ein großes, teuer aussehendes Bild einer gigantischen Seeschlacht zierte die Wand hinter dem dunkelbraunen, massiven Holzschreibtisch.

 

„Hmm.. wenn ich mich nicht täusche, ist das hier viel zu groß, um sich wirklich in dem Raum zu befinden, in den ich gerade gegangen bin..“, murmelte sie und als sie sich umdrehen wollte, um nach dem Türkauf zu greifen, war diese plötzlich verschwunden.

 

Auf einmal vernahm Dawn ein leises Kichern, das in ein lautes, schallendes Gelächter ausbrach. Panik erfüllte sie, als sich plötzlich der Stuhl, der hinter dem Schreibtisch stand, zu drehen begann und eine leuchtende Person auf dem Stuhl erschien.

 

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, zog sie einen Pflock aus ihrer Tasche, warf diese dann in eine Ecke des Raumes, der in dieser Größe eigentlich gar nicht existieren konnte, und starrte den Geist vor ihr gefasst an.

 

„Willkommen, meine schöne Maid..“, sprach die leuchtende Gestallt, die vom äußeren her an einen Kapitän der früheren, gigantischen Kähne erinnerte.

 

„.. mein Name ist Captian Raynolds. Herzlich Willkommen auf meinem Schiff...“

 

Dawn konnte sich trotz der Spannung ein leichtes Grinsen nicht ganz verkneifen.


“Ich meine.. ich weiß ja nicht wann sie das letzte mal ihren Körper aus diesem.. ähm.. Raum hier bewegt haben.. aber wir befinden uns nicht auf der Titanic.. das hier ist ein verdammter Fischerkahn.. einem verdammt alten Fischerkahn..“, sagte Dawn und trat langsam auf den Geist zu.

 

Dieser schwieg, starrte die junge Jägerin an, und musste kurz schmunzeln. „Wir sind wohl ein bisschen übermütig und haben den ernst der Lage nicht ganz verstanden...“, sagte der Kapitän, sprang plötzlich gereizt auf, schleuderte dabei seinen Stuhl gegen die Wand, die sich hinter ihm befand, und warf dadurch das große Bild von der Wand, dass mit einer großen Wucht und einem lauten Knall auf dem Boden aufschlug. 

 

„Wie blöd kann man nur sein, wenn man mit mir in so einem herablassenden Ton spricht!“ schrie er, erfasste seinen robusten Schreibtisch, hob ihn kurz an, und schleuderte ihn dann rechts gegen die Wand. Der Raum schwankte, und Dawn fiel ihr Feuerzeug aus der Hand.

Plötzlich wurde Dawn ganz schlecht, und die Zeit schien langsamer abzulaufen. Wie in Zeitlupe sah sie den wütenden Geist auf sich zustampfen, während ihr brennendes Feuerzeug auf dem Teppich landete. Der Geist schnippte, woraufhin das Feuerzeug explodierte, eine Stichflamme vor Dawn in die Höhe fuhr, und dabei fast ihre Haare versengte.

 

Dawn konnte den Schrei nicht unterdrücken, der von ihren Stimmbändern erzeugt wurde, und machte danach einen weiten Sprung nach hinten, wobei sie gegen die hintere Wand des viel zu großen Raumes rammte.

 

Sie fasste sich langsam an den Kopf. Warum war ihr nur so schwindlig? Irgendwie schien die Zeit plötzlich in einem anderen Tempo abzulaufen. Der Geist war nun vor der Stichflamme, die noch immer aus dem Boden schoss, stehen geblieben, und starrte Dawn mit einem verrückten Blick an.

 

Der Raum begann sich langsam rund um Dawn zu drehen, und es fiel ihr schwer, sich auf den Beinen zu halten.  Der Geist lächelte sie zufrieden an, streckte dann eine Hand über das Feuer, und schien es förmlich aufzusaugen. Seine tiefschwarzen Augen begannen auf einmal zu blitzen, und dann waren sie plötzlich feuerrot. Überhaupt schien sich die schwarz, hellblaue Farbe des Geistes nun mit einem rot-orange zu mischen.

 

Dawn konnte ihren Augen nicht glauben, und tastete hilfesuchend nach der Wand hinter ihr, damit sie in dem Raum mit den drehenden Wänden nicht orientierungslos stürzte.

 

„Bleib weg von mir...bitte“, flehte Dawn.

 

Der Geist hatte nun die Flamme vollständig aufgesogen, starrte sie nun wieder an, und grinste dabei hämisch.

 

„Was hast du denn, meine schöne Maid? Es hat doch gerade erst begonnen!“

 

 

Black Pearl, selbe Zeit

"Wir suchen Bartholomew in einer äußerst dringenden Angelegenheit!"

Die drei Dämonen hielten sich nicht mit Höflichkeiten auf, sie schienen sehr in Eile zu sein. Ihr Wortführer, ein muskulöser blaugrüner M'Fashnik Dämon blickte Mo aus vor Angst panischen Augen an, während seine beiden Begleiter, zwei kleine stämmige Gorlabs sich gehetzt umblickten. "Wir brauchen seine Hilfe!"

"Ihr habt ihn gefunden!" Mo beugte sich zu dem kleineren Dämon hinunter. "Was kann ich denn für euch tun?"

"Nicht hier!" Der M'Fashnik warf einen vorsichtigen Blick in den vollen Raum. "Können wir das irgendwo in Ruhe besprechen?"

Mo nickte und dirigierte die drei zu seinem kleinen Büro, in welches er noch vor wenigen Minuten Buffy geführt hatte. Zunächst einmal wollte er Näheres erfahren, die drei schienen in ernsten Schwierigkeiten zu sein, und er wollte genau wissen, worauf er sich einließ.

"Wir sind auf der Flucht," begann der M'Fashnik Dämon auch sofort, als er gefolgt von Mo, durch die schmale Tür stapfte. "Diese Jägerin..."

Es klackte leise, als der dritte Dämon einen Schlüssel im Türschloss herumdrehte. Mo fuhr herum, und mit einer - für seine Größe erstaunlichen Behändigkeit wich er dem ersten Faustschlag des Angreifers aus. Ein paar Kartone stürzten um, und eine dicke Staubschicht hob sich in die Höhe.

Mo hustete, und der M'Fashik nützte die Gelegenheit ihn mit einem kräftigen Tritt ans Bein aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die gorillaartigen Arme eines Gorlabs packten ihn, während der andere ein Messer aus seinem Gürtel riss. "Pass auf!" schrie der M'Fashnik, "der Boss will ihn lebend!"

Ein ohrenbetäubendes Krachen übertönte seine Worte, als die klapprige Tür aus ihren Angeln getreten wurde. Da das grelle Licht des Schrankraums in den dunklen Raum fiel, konnten sie zunächst nur eine Silhouette erkennen, die Silhouette eines menschlichen Wesens im dunkelbraunen Anzug, das sich ein Handy ans Ohr hielt.

"Ich hab' dir doch schon erklärt, dass alles geklappt hat, Xander!" Andrew starrte mit entsetztem Gesicht auf die drei Dämonen, die sich drohend vor ihm aufbauten "Ich hab alles ganz allein geschafft! Ich ganz allein...und na ja...die zwölf Jägerinnen, die Giles mir geschickt hat..."

Er wollte zurückweichen, stolperte über ein Kabel am Boden, und der Schlag des Gorlabs ging über ihn hinweg. Da hatte sich aber auch schon der zweite Dämon nach vorne gedrängt, den störenden Eindringling am Kragen gepackt, und in den Raum gezerrt. Ganz deutlich war das Reißen von Stoff zu hören, und der blonde Junge stieß erschrocken die Luft aus. Giles würde ausrasten, wenn er den Anzug ruinierte!

"Moment, Xander!" Andrew warf das Handy in einen Karton mit Kassenzetteln, und wehrte sich mit Händen und Füßen gegen den Gorlab, allerdings ohne Erfolg. Der Dämon schmiss ihn wie eine Puppe ins Eck, zum Glück waren die Kartone und Mo's Bauch eine einigermaßen weiche Landungsfläche. "Was ist denn bei dir los?" plärrte Xander's Stimme aus dem Handy.

"Nichts...uhm sag mal, du weißt nicht zufällig, wo ich einen M'buna Fisch herkriege?" Andrew rollte sich von dem bärtigen Dämon herunter, und konnte damit einem Faustschlag des M'Fashniks ausweichen, der allerdings Mo mitten im Gesicht erwischte. "Ich hab denen erzählt, du lebst in Afrika, klingt doch gut, oder? Oder hättest du lieber Brasilien gewollt? Willst du mit Willow tauschen?"

Eine Antwort konnte er nicht mehr abwarten, denn er brauchte beide Hände, um dem M'Fashnik einen Karton über den Kopf zu stülpen. Von oben bis unten mit Kassenzetteln bedeckt, stolperte der Dämon im Raum umher, während Andrew schnell unter den schmalen Tisch huschte, um sich vor den trampelnden und kickenden Füßen in Sicherheit zu bringen.

"Verschwinde, Kleiner," grummelte Mo. "Siehst doch, dass ich beschäftigt bin!" Sein Arm wehrte den nächsten Schlag ab, doch die Angreifer ließen ihn nicht wieder auf die Beine kommen. "Und dein Freund ist auch nicht mehr da, er kommt später wieder...jetzt reicht's mir langsam!" Immer noch in liegender Position packte er den Arm des nächstbesten Angreifers und schleuderte ihn quer durch den Raum.

"Das ist schade, sonst hätte er mich jetzt nämlich retten dürfen." Enttäuscht guckte Andrew unter dem Tisch hervor. "Alles muss man selber machen!"

Er kramte eine winzige Bambuspfeife aus seinem Jackett hervor, und blies kräftig hinein. Für menschliche Ohren war kein Ton zu hören, aber die Gorlabs schrieen auf, und hielten sich die Ohren zu. Im nächsten Moment hatte Mo sich hochgerappelt, packte die Köpfe der beiden und schlug sie zusammen. "Wie tief ist Kan Hsirg nur gesunken, dass er sich auf solche Trottel verlässt?"

"Wer?" fragte Andrew neugierig. "Nicht so wichtig," winkte Mo ab. "Wie war L.A.?"

"Darf ich nicht drüber reden, Geheimauftrag!" Andrew krabbelte unter dem Tisch hervor, und sah mit verzweifeltem Blick auf seinen dreckigen und zerrissenen Anzug hinunter. "Aber...falls du Gothika gesehen hast, musst du's dir nur noch mit Sadako in der Hauptrolle vorstellen!"

Zutiefst verwirrt blickte Mo ihn an, aber Andrew grinste nur: "Ich muss los, mein Vorgesetzter erwartet meinen Bericht!" erklärte er wichtigtuerisch. "Falls du Warren siehst, sag ihm, ich konnte nicht warten, ich werd' ihn später anrufen."

Er wühlte in den Papierbergen herum, bis er sein Handy gefunden hatte. "Sag ihm irgendwas Nettes, und sag ihm, ich hätte es gesagt, okay? Irgendwas aus irgendeinem Film, oder so.."

“Falls mir was einfällt!“ Mo befreite sich von einigen Kassenrollen, die wie Luftschlangen um seinen Hals hingen. “Der letzte Film, den ich gesehen hab’, war komplett auf Aramäisch, und sonderlich nett war er auch nicht!“

“Ausnahmsweise mal ein Film, den ich verpasst hab...“ Die Anzeige des Telephons war dunkel, doch mit erleichtertem Blick stellte Andrew fest, dass es sich wieder einschalten ließ. "Aber wir haben sowieso den totalen Auferstehungstrend," murmelte er vor sich hin, als er über die kaputte Tür hinweg, Richtung Ausgang stapfte.

 


Geisterschiff
Faith wanderte langsam, mit der Taschenlampe in der linken, und der Planke in der rechten, die alten, verstaubten Treppen hinunter. Sie hörte Kondenswasser von der Decke tropfen, und in den dunklen, kühlen Gemäuern fühlte sie sich kurz an Silent Hill erinnert.


“Na toll, wenn dir jetzt jedes Mal Angstschweiß ausbricht, wenn du in dunkle, feuchte Räume gehst, dann gute Nacht...“, murmelte die dunkelhaarige Jägerin, duckte sich unter einem Balken hinweg, der lose von der Decke herab hing, und trat dann um die nächste Ecke.

 

Sie stand am Anfang eines kleinen Ganges. Langsam machte sie einen Schritt nach dem anderen auf dem alten Boden, und merkte, wie das Boot unter ihr knirschte. Links neben ihr befanden sich zwei kleinere Türen, die wahrscheinlich jeweils zu einer kleinen Mannschaftskabine führten. Doch Faith hielt sich nicht lange mit Kleinigkeiten auf und wandte sich der robuster wirkenden Tür auf der rechten Seite zu.

 

„Maschinenraum – Achtung, Lebensgefahr … als gäbe es die auf diesem Kahn nur dort..“, flüsterte die dunkelhaarige Jägerin, streckte die Hand aus, umfasste den eiskalten Stahlgriff und drückte diesen langsam nach unten.

 

Ohne weitere Schwierigkeiten konnte sie die Tür nach innen drücken, und fand sich daraufhin in einem kleinen, stickigen Raum wieder, in dessen Mitte ein wuchtiges, monströs wirkendes Ding stand. Faith lief kurz ein kalter Schauer über den Rücken, als ein Tropfen Kondenswasser von der Decke auf einer Pfütze, die sich bereits am Boden gesammelt hatte, landete und ein lautes Tropf-Geräusch verursachte. Kurz blitzten vor ihren Augen wieder die Bilder von Silent Hill auf. Das Gefängnis, das Rätsel, das Blut, EVE.. die Gräber.

 

Faith schüttelte den Kopf, als würde sie damit jegliche Gedanken an die unheimliche Stadt, an das unheimlich kranke Spiel der zwei Magier los werden, schaffte dies aber nur bedingt. Etwas an diesem Raum kam ihr komisch vor, doch erst nachdem sie ihren Blick zweimal von einer der dreckverschmierten Wände zur Gegenüberliegenden gleiten hatte lassen, fiel ihr das schmale Fenster auf, dass vorher von dem monströsen, alten Motor verdeckt wurde. Doch das unheimliche, das irreale war nicht das Fenster selbst, sondern das mystische blaue Licht, das dadurch in den kleinen Maschinenraum fiel.

 

„Was zum Teufel..“, flüsterte sie, schaltete ihre Taschenlampe aus, steckte sie in eine der Taschen ihrer Jacke und schritt so leise wie möglich durch den feuchten Raum. Einige Geräusche schienen vom Oberdeck zu kommen, doch das würde höchstwahrscheinlich nur Dawn sein, die ungeduldig herumlief.
 

Als sie die alte, verstaubte Scheibe erreichte, konnte Faith ihren eigenen Augen nicht glauben. Fassungslos hob sie die linke Hand und berührte vorsichtig die Scheibe, die dem Druck aber ohne Probleme stand hielt.


“Oh mein Gott..“, flüsterte sie und lies ihren Blick langsam durch die Lagerhalle gleiten, die sich vor ihr befand:

 

Der Lagerraum war voller Geister!

Sie wollte sich das näher anschauen und öffnete leise die Türe in den Raum. Sie sah die Geister zum Teil im Kreis rund um ein mystisches Symbol sitzen, die Augen geschlossen, und sie wippten dabei langsam von hinten nach vorne, und wieder zurück. Die Geister schienen sich in einer Art Trance zu befinden.

 

Viel Platz bot der Raum nicht, und es waren zu viele, als das sie Faith zählen konnte.

Im nächsten Moment rissen Faith’s Nachbarn plötzlich ohne Vorwarnung ihre Augen auf, und starrten sie durch das Fenster intensiv und erbost an. “Na Prima, warum passiert so ne Scheiße immer mir!“ fluchte Faith und fasste hektisch nach einer Waffe


 

Schiffkabine, eine Ebene höher, selbe Zeit
Dawn starrte die geisterhafte Figur vor ihr an. Furcht keimte in ihr, unheimliche Angst. Das Feuer hatte ihn noch mächtiger werden lassen, und in diesem Moment wirkte er auf sie unbesiegbar. Der Raum bewegte sich noch immer rund um sie herum und Unerklärbarerweise schien die Zeit noch immer nicht richtig zu laufen.

 

Verwirrt und beängstigt umfasste die junge Jägerin weiterhin ihren Pflock, und schloss kurz darauf die Augen. Sie atmete tief ein, versuchte sich zu konzentrieren und dabei ihre Angst abzulegen. „Verdammt Dawn, du bist ne Jägerin. Du hast eine reelle Chance, dass du diesen Kampf überlebst. Außerdem bist du nicht alleine, Faith wird dich irgendwann hören, hoffentlich. Aber.. warte.. Dawn, du brauchst sie nicht, du bist nun selbst eine Jägerin! Du bist stark!“

 

Die dunkelhaarige Schwester von Buffy riss die Augen auf, und musste kurz schreien, als sie das Gesicht des Kapitäns ausmachte, der nur mehr wenige Zentimeter von ihr entfernt stand und sie fragend anstarrte. Der Raum hatte sich aufgehört zu drehen, die zeitlichen Anomalien waren verschwunden.


“Bist du endlich bereit? Ich warte nicht noch länger..“, sagte der Geist ruhig, aber stark betont. Seine Augen blitzen auf, und er raste auf Dawn zu.


“Ich bin stark.. ich bin eine Jägerin!“ flüsterte Dawn noch einmal, bevor sie nach rechts auswich, den Geist, der in seiner festen Form gegen die Wand knallte, fasste und quer durch den Raum schleuderte.

 

„Ich bin nicht deine Maid..“, sprach Dawn weiter, und ging dabei langsam auf den Kapitän zu, der sich wieder aufrappelte.  „.. ich bin dein Alptraum!“

 

Dawn wollte ihm ihre rechte Faust ins Gesicht schlagen, doch sie traf nur Luft, und ihr Arm schoss durch sein Gesicht hindurch. Er ließ ein hämisches Lachen in den Raum klingen, bückte sich dann, materialisierte sich wieder, und trat Dawn fest in den Magen.

 

Obwohl sie einen leichten Schmerzensschrei nicht unterdrückten konnte, war sie in der Lage, die Situation zu nützen, und ihm mit einem schnellen Sprung fest gegen die Brust zu treten. Ein weiteres mal stolperte das Wesen nach hinten.

 

Dawns Nervosität verschwand, und sie sah sich in dem Raum nach etwas brauchbarem um. Hinter dem Geist fand sie an der Wand zwei alte Säbel, die ihr mehr als behilflich sein konnten. Ohne weiter nachzudenken, lief sie auf ihn zu, duckte sich, schlüpfte durch seine Geistergestallt hindurch und fasste sich einen der Säbel.

 

„Na komm schon.. “, sagte Dawn und sah den Kapitän herausfordernd an. Dieser legte den Kopf schief, dachte kurz nach, und musste plötzlich grinsen.


“Du bist …. Die Auserwählte..“ flüsterte der Geist. „Er.. es.. ich meine .. ich hab schon einmal eine getroffen.. oh Gott sie war köstlich..“, er leckte sich mit der Zunge über die Lippen, hob dann die Hand und in der nächsten Sekunde lag das zweite Schwert von der Wand in seiner Hand.

 

„Also.. auf geht’s in Runde 2!“ schrie Dawn, umfasste dabei den Griff des Schwertes so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden, und bereitete sich mental auf einen langen Kampf vor.

 

Dawn konnte sich erinnern, dass Buffy auch schon einmal mit so etwas ähnlichem zu tun hatte.. damals, als sie zurück gekommen war.. vom.. Himmel. Doch dieser Geist war anders, er musste sich selbst materialisieren, um Dawn anzugreifen, was ihr  aber dadurch auch  Angriffsfläche bot. Es bestand also eine reelle Chance, dass sie ihn besiegen würde, hoffte sie zumindest.

 

„Jägerin.. es freut sich .. ich freu mich schon darauf, dich zu verspeisen!“ murmelte der Kapitän, trat dann an Dawn heran und hob das Schwert. „STIRB!“ schrie er, wobei plötzlich Wind in dem Raum aufkam, und der Boden zu beben begann.

 

Ohne eine weitere Sekunde abzuwarten, ließ er sein Schwert auf ihren Kopf herabsausen, doch Dawn machte eine Rolle vorwärts, riss den Geist dann von den Füßen, und trat ihm während seinem Flug zu Boden noch fest in den Magen.


“Stirb selbst, du.. krankes Ding!“ schrei sie, wobei der Mann wie von Geisterhand plötzlich wieder vor ihr stand, und sein Schwert erneut nach vorne schnellte. Sie blockte ihn, und ein erbitterter Kampf begann.

 

Ihre Schwerter trafen sich, klirrten, funkten, und schossen wieder auseinander. Schreie hallten in dem Raum, und der Wind ließ Dawns Haare wie wild in alle Richtungen wirbeln. Dankend dachte sie zwei Jahre zurück, als sie das erste mal an Buffys Seite mit Schwertern in einem Grab gegen Zombies kämpfte.

 

Ein weiteres mal trafen sich ihre Schwerter, doch durch die unerwartete Wucht wurde ihr auf einmal die Waffe aus der Hand geschleudert. Klirrend knallte sie gegen die Wand und landete dann auf dem Teppichboden. Entsetzt sah Dawn der Waffe nach, wich dann einem weiteren Angriff aus, und machte eine weitere Rolle, um nach dem Schwert zu greifen. Kurz bevor ihre Finger den Griff berühren konnte, kickte ein dunkler Stiefel die Waffe wieder weg. Dawn fluchte innerlich, verschwendete aber nicht viele Gedanken daran, und suchte nach Alternativmöglichkeiten.

 

Sie drehte sich auf den Rücken, und hatte plötzlich die Klinge eines Schwertes an der Kehle. Ihr stockte der Atem, und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Würde sie jetzt sterben? Wäre das letzte, was sie in ihrem Leben sehen würde, wirklich das vernarbte Gesicht eines Geistes. Nein, so durfte es nicht enden. Nicht jetzt. Nicht so. Der Kapitän lachte, und holte für den finalen Schlag aus, während die Jägerin ihre gesamte Kraft sammelte, und aus der Liegeposition sofort auf ihre zwei Füße sprang. Die Klinge sauste herab, doch Dawn fing sie ab.

 

Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Körper, als sie die Klinge des Schwertes fest in der Hand hielt. Schmerz. Hass. Angst. Das war eindeutig genug. Blut lief von ihrer rechten Hand, doch Dawn musste das ignorieren. Sie riss dem Kapitän die Waffe aus den Händen, und schleuderte sie zu dem Schreibtisch.

 

Wieder legte der Geist seinen Kopf schief und sah sie verwirrt an. Dawn ging das auf die Nerven. Sie hasste diesen Blick. Sie hasste sein Verhalten. Sie hasste IHN. ER würde sie nicht  töten, oh nein.

 

Die Jägerin drehte sich schnell um, schritt auf den großen Bilderrahmen zu, und trat den Rahmen in Stücke. Sie nahm einen der größeren Holzlatten, drehte sich um und fixierte den Geist, der sie immer noch schief ansah.

 

Was war nur mit dem los? Es schien als müsse er sich nach jeder Wende eine neue Kampftaktik überlegen. Es war, als würde er sich erst mit jemand anderem absprechen…als wäre jemand anders in seinem Kopf.

 

Dawn nickte, festigte ihren Griff und lief dann mit einem lauten Kampfschrei los. Doch diesmal streckte der Geist seine Hand aus, ließ den langen Holzstab durch sich selbst hindurchfahren und materialisierte sich dann in der Sekunde, in der er ihren Arm fassen konnte.

 

Ohne weiter zu zögern, riss er sie vom Boden, und schleuderte sie mit einer unerwarteten Wucht gegen den umgekippten, massiven Holzschreibtisch. Als die Jägerin mit ihrem Rücken dagegen krachte, splitterte das Holz, und auch in Dawn schien etwas zu brechen. Schmerz. Dawn konnte sich nicht mehr konzentrieren. Sie fühlte nur mehr Schmerzen, in ihrer Hand und im Rücken.

“Oh Gott..“, flüsterte sie, und sah den Kapitän mit geschockten Augen an, als er wuchtig vor sie trat und sie böse anfunkelte.

 

„Deine Zeit ist gekommen, Jägerin!“

 


Hafen, selbe Zeit

Buffy knallte hart mit dem Rücken auf den Boden. Ein Teil ihres Körpers versank in einem schmutzigen Schneehaufen, und sie fühlte sofort die feuchte Kälte ihren Mantel durchdringen. Sie versuchte sich aufzurichten, um nach ihrer Angreiferin zu schauen, doch wieder war sie zu langsam. Eine Faust traf sie am Kinn und ließ sie über den Boden schlittern. Gut... kein Vampir, aber vielleicht eine Dämonin. Wie nachlässig, schimpfte sich Buffy selbst und kam benommen auf die Beine, als die Schlitterpartie an einer Straßenlaterne schmerzhaft endete. Unter der Wucht des Aufpralls fiel die Lampe aus.

Ihren Mantel würde sie wohl vergessen können, wie sie mit einem raschen Griff nach hinten in das zerstörte, aufgerissene Außenfutter feststellen musste.

 

Samielle kam mit starrem Blick auf sie zu. Entschlossenheit funkelte in ihren Augen und Buffy verzog hilflos das Gesicht. Dies hier würde alles andere werden, als ein einfacher Standardkampf. Die Jägerin erwartete den Angriff, der auch kam. Kraftvolle, gezielte Schläge auf alle Stellen ihres Körpers, die sich schlecht decken ließen. Ihr gelang es kaum die Frau abzuwehren und musste den einen oder anderen schmerzhaften Treffer einstecken. Selbst kam sie nicht im Entferntesten dazu, die Asiatin ihre Kräfte spüren zu lassen.

 

Buffy stolperte über etwas und während sie nach hinten flog, drehte sie ihren Kopf. Das Hafenbecken war nur noch wenige Zentimeter hinter ihr. Eine falsche Bewegung und sie würde in das eiskalte, dreckige Wasser fallen. Mit einer leichten Seitwärtsdrehung brachte sich Buffy in Sicherheit, kam mit der Seite auf den Boden auf, stöhnte unter dem Schmerz auf und wurde am Hals gepackt. Ihre Hände griffen nach denen der Asiatin und versuchten den Schraubstock zu brechen. Aber Buffy erreichte nichts. Stattdessen wurde die Jägerin in die Höhe gerissen.

 

Flinke Finger begannen den Körper von Buffy nach etwas abzutasten, während der eiserne Griff der anderen Hand sie festhielt und dabei Buffy die Luft raubte. Buffy begriff erst in letzter Sekunde nach was diese Frau suchte... die Münzen. Und mit der plötzlichen Gewissheit, dass diese Münzen zu mehr taugten, als für D’Hoffryns Tricks, konzentrierte sich die Jägerin, schlug kraftvoll gegen den Arm, dessen Hand sie festhielt und sah mit einem genugtuenden Lächeln, dass ihre Angreiferin überrascht und schmerzhaft das Gesicht verzog. Jedoch ließ sie Buffy nicht los, aber dafür hörte sie auf, nach den Münzen zu suchen, denen sie gefährlich nahe gekommen war.

 

Samielle riss Buffy näher an sich heran, um sie im gleichen  Augeblick mit derselben Kraft wieder von sich zu schleudern.

 

„Verdammt... das hat schon wieder weh getan,“ stöhnte Buffy sauer und sprang auf die Beine. Sie rieb sich den Hals und hustete. „Wenn ich es nicht besser wüsste...,“ Buffy schüttelte den Kopf. Die Kraft der Frau und auch die Schnelligkeit erinnerte sie unheilvoll an Glory. Aber Glory war eine Angeberin und Schwätzerin gewesen. Dies Frau hier griff ohne ein Wort an, entschlossen und zielstrebig. Schnell schüttelte sie den Gedanken an Glory ab und dachte über die Alternative davon zu laufen nach. Seltsamerweise blieb ein erneuter Angriff aus.

 

Samielle hatte zwar zu einem weiteren Angriff angesetzt, hielt aber plötzlich inne, als sie Gefahr spürte. Jemand, der sehr wichtig für ihren Auftraggeber war, schien einer Bedrohung ausgesetzt zu sein...

 

Buffy behielt die Asiatin im Auge und ehe sie etwas schlaues sagen konnte war die Frau im Schatten der Lagerhalle verschwunden. „Hey.. warte doch mal.. es fing gerade an Spaß zu machen....ehrlich.. ich hab mehr drauf,“ Buffy machte einen Schritt auf die Schatten zu, als eine Krähe scharf vor ihr in die Luft aufstieg und mit einem tiefen Krächzen, das in Buffys Ohren wie ein Lachen klang, flatterte sie auf die offene See zu.

 

Verstört griff Buffy nach den Münzen, um sich zu vergewissern, dass sie noch da waren. Als ihr Blick auf die Münzen fiel, atmete sie erleichtert auf.

 

 

Geisterschiff, Schiffskabine

Dawns Oberkörper war ein einziger Schmerzensherd. Ihr blieb die Luft weg, als sie den Arm bewegen wollte, und sich ein stechender Schmerz in ihr ausbreitete.

 

Sie war fertig..  sie war nicht in der Lage, sich zu wehren, und dessen war sie sich absolut bewusst. Hektisch versuchte die junge Jägerin nicht zu ersticken, wobei es ihr ziemlich schwer fiel, den Kapitän mit den Augen zu fixieren. In ihrem Kopf dröhnte es, und jeglichen Schrei konnte sie gleich vergessen.

 

Mit einem triumphierenden Lächeln kam er mit erhobenem Schwert auf sie zu, während sich die junge Jägerin bewusst wurde, dass sie jeden Moment sterben könnte.

“Oh Gott.. Buffy.. hilf mir..“, schrie sie innerlich. „Ich will noch nicht sterben.. nicht so.. oh Gott.“

 

Verzweifelt versuchte sie um Hilfe zu schreien, doch sie brachte noch immer keinen Ton heraus. Angst stieg in ihr hoch, Angst, die sie bisher nur ein einziges mal im Leben gehabt hat, nämlich als sich Buffy für sie geopfert hatte.

 

Sie versuchte ein „Lass mich bitte am Leben“ aus dem Mund zu bekommen, doch es wurde nur ein undeutliches Gestammel, dass er weder hören, noch verstehen konnte. Aber was hätte es schon genutzt.

 

Nun stand er direkt über ihr, und holte mit dem Schwert aus. Dawn schloss die Augen, bereitete sich darauf vor, den schlimmsten Schmerz ihres Lebens zu spüren, und dann zu sterben…. Doch es kam nichts.

 

Überrascht öffnete sie wieder die Augen, als ein schriller Angriffsschrei den Raum erfüllte.

 

Dawn hatte keine Ahnung, was passiert war, noch wo die Person, die Dämonin, die gerade vor ihr stand, überhaupt her kam, aber es war ihr eigentlich auch ziemlich egal.

 

Es stand eine Frau zwischen ihr und dem Kapitän, deren Körper von Flügeln umhüllt war, und im nächsten Moment, waren auch diese schon verschwunden.

 

Der Geist stolperte zurück, und das erste mal erkannte Dawn den Ausdruck von Entsetzen in seinem Gesicht

 

„Verschwinde von hier!“ stammelte er. „Du hast hier nichts verloren. Seit wann… seit wann hast du die Seiten gewechselt?“

 

Die Frau drehte sich kurz zu Dawn um, bedachte sie nur mit einem abwertenden Nicken, wandte sich dann wieder dem Geist zu, und begann ihn laut auszulachen.

 

Die Stimme der Frau löste bei Dawn Gänsehaut aus, und ein unangenehmes Gefühl stieg in ihr auf.

 

Die Frau hob langsam ihre Arme und schloss die Augen. Der Geist war am anderen Ende des Zimmers angekommen, während Samielle keine Anzeichen machte, ihn anzugreifen. Plötzlich zuckte kurz ihre rechte Hand und ein einziges unverständliches Wort drang aus ihrem Mund -  daraufhin begannen aus allen Ecken des Raumes Lichter aufzufackeln, die auf den Geist zuschwebten und sich um ihn herum sammelten. Immer mehr wurden es, und  ohne Vorwarnung riss sie die Augen auf, schrie auf und ließ damit die Lichter in den Geist fahren. Dieser brüllte schmerzerfüllt auf.


Ein verächtliches Lächeln erschien auf dem Gesicht der Krähenfrau und mit ruhigen Schritten ging sie auf das zu, was eben noch ein Geist gewesen war. Der Lichterzauber hatte ihn materialisiert, und sie konnte ihn am Genick fassen.
 

„Was.. was soll das? Wie ist das möglich?“ schrie der Kapitän, und visierte plötzlich panisch Dawn an.

 

„Mädchen, hilf mir.. ich werde dich dafür verschonen!“ Panik machte sich nicht nur in seiner Stimme, sondern auch in seinem Gesicht breit.

 

Die Frau begann sich wieder zu verwandeln, und Dawn erkannte, dass neben den Flügeln auch ein Schnabel in ihrem Gesicht erschien. Ohne dem Kapitän auch nur den Hauch einer Chance zu geben, riss ihm mit einer einzigen Kopfbewegung die Halsschlagader auf und ließ den Kapitän zu Boden gleiten.

 

Dawn hatte fasziniert und entsetzt zu gleich zugesehen und erst als das Etwas tot zu sein schien, konnte sie endlich wieder Luft holen, und die gewonnene Fähigkeit nutzte sie dazu, einen lauten, grellen Schrei auszustoßen.

 

Die Krähenfrau drehte sich lächelnd zu ihr um, trat auf sie zu, und verwandelte sich dabei wieder in einen Mensch, bevor sie vor Dawn stehen bleib.

 

„D-d-d-danke..“, stotterte Dawn unsicher, und holte dabei tief Luft. Wer war diese Frau? Eine neue Unterstützung im Kampf gegen das Böse? Ein neuer Dämon, der sich auf ihre Seite gestellt hatte, um gegen die eigene Sippschaft zu kämpfen?


“Nicht übermütig werden. Ich hab dir nur das Leben gerettet, weil das meine Aufgabe war. Aber glaube nicht, dass ich dein neuer Schutzengel bin. Du wirst mich schon noch kennen lernen--- so richtig!“ sagte sie und zwinkerte ihr kurz zu bevor sie sich umdrehte, sich in eine Krähe verwandelte und durch die offene Tür, die wieder da war wie Dawn erst jetzt entdeckte, in die Freiheit flog.

 

Und als Dawn zu der Stelle blickte, an der der tote Mann liegen sollte, war dort nur der nackte Holzboden zu sehen...


Giles Wohnung, selbe Nacht, etwas später

„Es war unheimlich,“ gab Buffy nur ungern gegenüber Giles zu, der mit sorgenvoller Miene aus der Küche mit einem Kühlbeutel auftauchte. „Wenn wir wenigstens wüssten, ob das alles im Zusammenhang steht...,“ seufzte die Jägerin und nahm Giles den Kühlbeutel ab, um ihn sich gegen das Kinn zu pressen, auf dem sich bereits ein hässlicher, blauer Fleck bildete.


“Ich glaube nicht das die Münzen in einem Zusammenhang mit dem Geisterschiff stehen,“ Giles setzte sich auf die Kante des Couchtischchens.

 

„Woher wollen Sie das so genau wissen? Bis jetzt haben wir nur bruchstückhafte Informationen, die wir erst einmal zusammenpuzzeln müssen,“ widersprach Buffy und verzog das Gesicht, als die Kühlung unangenehm wurde.

 

„Weil ich bereits mit Dawns Informationen einer recht heißen Spur gefolgt bin. Einen Moment,“ voller Tatendrang eilte Giles nach unten, um seine Notizen zu holen. Buffy nahm den Kühlbeutel herunter und presste ihn sich auf das Knie. Irgendwie tat ihr alles weh und sie war müde. Mit düsterem Blick starrte sie auf die Münzen, die sie Giles auf den Couchtisch gelegt hatte. Eine Türe auf dem Flur ging auf und zu und Buffy musste nicht erst aufsehen, um zu wissen, dass Lily aus ihrem Zimmer aufgetaucht war.

 

„Was ist passiert?“, die Wächterin hatte einen besorgte  Gesichtsausdruck, als sie zu Buffy an das Sofa trat.

 

„Jemand hat mich als Punching-Ball benutzt. Mal wieder,“ brummte Buffy wenig begeistert über das Gespräch und sah schließlich doch auf. Lily stand neben dem Sofa und sah abwechselnd zu ihr und den Münzen.

 

„Sind das nicht die Münzen, die Willow von D’Hoffryn hat?“, sie setzte sich zu Buffy und nahm eine der Münzen in die Hand.

 

„Ja, Kennedy hat sie entdeckt und mitgenommen. Und irgendjemand war gestern und heute Nacht ganz scharf darauf.“

 

„Jemand ist hinter den Münzen her?“ Lily zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Interessant. Dann sind sie bestimmt  zu mehr nütze, als wir angenommen haben. Vielleicht sollten wir sie hier aufbewahren?“ Schlug Lily vor. Doch Buffy blieb ihr eine Antwort schuldig, als Giles Stimme von der Treppe erklang.

 

„So hier.. oh...,“ Giles tauchte auf der Treppe auf und lächelte, als er Lily bei Buffy sitzen sah. Er gab noch immer nicht die Hoffnung auf, dass sich die beiden irgendwann seit dem Vorfall mit dem Virus wieder vertrugen. Auch wenn er und Lily seid dem ein paar Probleme in ihrer neuen Beziehung hatten. „Hat dir Buffy erzählt, was passiert ist?“

 

Lily nickte und stand auf. „Ja und ich bin dafür, dass wir die Münzen hier im Tresor aufbewahren sollten. Aber lasst euch nicht stören, ich muss noch etwas erledigen.“

Kaum das Lily gegangen war und Giles wieder saß, warf Buffy den warm gewordenen Kühlbeutel auf den Tisch und sah ihren einstigen Wächter erwartungsvoll an.

 

„Lily hat mit den Münzen recht,“ murmelte Giles mit Blick auf die Münzen. „Ich schließe sie heute Nacht ein. Sie sind bei Willow nicht sicher und offensichtlich auch nicht bei dir.“

 

„Wenn Sie meinen?“, sagte Buffy vorsichtig und nickte schließlich. „Einverstanden. Aber was ist jetzt mit dem Geisterschiff?“

“Oh ja, natürlich,“ Giles räusperte sich und nahm seine Brille ab. Er war müde und seine Augen brannten. Insgeheim hoffte er seine Informationen kamen nicht zu spät, um Faith bei ihrer Suche nach dem Geisterschiff zu helfen.. „Ich habe hier etwas, das uns weiterhilft und mit Mo’s Auskunft, ergibt das Ganze auch einen Sinn. Allerdings werden keine Münzen oder ein Krähenwesen erwähnt. Daher gehe ich fest davon aus, dass kein Zusammenhang besteht.“ Giles schlug das Buch auf. „Es gibt verschiedene Arten von seelenfressenden Dämonen. Hierbei handelt es sich aber höchst wahrscheinlich um einen Mullog– Dämon. Eine Unterart der von mir erwähnten Wasserdämonen.“ Er zeigte Buffy die Abbildung die ein nebelartiges Wesen darstellte, dessen Konturen und Formen nur schwer mit den Augen zu erfassen war. Trotz allem war zu erkennen, dass der Mullog eine Fratze zog und sein Körper mit Algen behangen war. „Diese Mullog-Dämonen brauchen menschliche Seelen, um zu überleben oder kurz feste Formen annehmen zu können. Alle 250 Jahre nehmen sie allerdings für einen Tag eine körperliche Gestalt an, nachdem sie sich ausreichend von Seelen ernährt haben und tauschen ihren ausgebeuteten Wirtskörper aus, um mit ihrem Spiel für weitere 250 Jahre fortzufahren.“

 

„Und was macht dieser Mullog– Dämon mit den leeren, menschlichen Hüllen?“

„Darüber streitet sich noch die Fachwelt. Einige behaupten, der Dämon behält die seelenlosen Geister als Sklaven, andere glauben, dass er auch ihre Körper verschlingt, nicht nur die Seele. Aber wir müssen davon ausgehen, dass an Bord dieses Schiffes irgendwo seelenlose Menschen herumirren, die kein Gewissen mehr haben und durch ihre lange Gefangenschaft jeden und alles blind angreifen werden.“

 

„Klingt wie nach einem normalen Arbeitstag,“ scherzte Buffy halbherzig. „Und tatsächlich nach einem Geisterschiff.“

 

„Jetzt da wir wissen, um welchen Dämon es sich handelt, können wir ihn auch besiegen.“

 

„Sagen sie das doch gleich,“ atmete Buffy erleichtert auf. „Ich breche sofort auf, wenn Sie mir die Information gegeben haben...“

 

„Es gibt nur ein Problem.. Faith ist bereits vor Stunden alleine losgezogen, um sich um das Schiff zu kümmern und hat keine Ahnung was sie erwartet...“

 

... Schritte auf der Treppe...

 

Ihre Köpfe flogen herum, als eine Gestalt in einem schmutzigen, und etwas zerrissenen Anzug den Raum betrat, eine Pfeife in der Hand.

"Sieh an, der kleine Hobbit ist wieder da." Buffy verzog das Gesicht. "Du kommst genau richtig, um ein paar Orcs zu jagen!"

 


Geisterschiff, Frachtraum

Ohne weiter nachzudenken, drehte sich Faith um, doch bevor sie auch nur einen Schritt aus dem Raum setzen konnte, wurde sie von hinten an ihrem Kragen gefasst und in hohen Bogen gegen die Fensterscheibe geschleudert. Das Glas klirrte und splitterte, wobei Faith nur hoffte, dass es ihr nicht die Hauptschlagader aufschlitzen würde.

 

Sie landete hart auf dem Stahlboden des Lagerraums, kam jedoch gar nicht dazu, Luft zu holen, da man sie schon im nächsten Moment wieder erfasste, und mit enormer Wucht gegen die Decke schleuderte.
 

Die Jägerin spürte, wie warmes Blut aus ihrer Nase lief und ein pochender Schmerz sich in ihrem Kopf breit machte.


“Verdammt!“ fluchte sie, rollte sich ab, und brachte es fertig, beim Aufspringen einen Geist in die Ecke zu befördern. Ein kurzer Schwindelanfall verlangsamte sie kurz, und als sie von einer weiblichen Hand an der Schulter gefasst wurde, duckte sie sich, griff dabei nach hinten, und schleuderte den Angreifer über sich hinweg, direkt in zwei Geister, die vor ihr standen.

 

Nur einen Augenblick später sprang Faith hoch, fasste nach dem Gitter, das zum Oberdeck führte, und rüttelte stark daran. Staub fiel ihr entgegen, und nachdem sie kurz husten musste, löste sich das Gitter aus der Halterung und krachte nach unten, wobei die Jägerin sich vor dem Aufprall schützte, indem sie das Teil auch auf die Gestalten zuschoss.

 

Sie wollte gerade eine sarkastische Meldung über die kampfunfähigen Angreifer ablassen, als sie jemand an dem Knöchel fasste, ihr den Boden unter den Füßen weg zog, und sie mit dem Gesicht auf dem harten Boden aufschlug.

 


Erie-See, etwas später
Die Autotüren flogen mit Schwung auf, und Buffy, Andrew und Xander sprangen aus dem Fahrzeug. Ihre Gesichter spiegelten Stress, aber auch Tatendrang wieder.

 

„Verdammt.. es ist stockfinster… ich seh absolut nichts!“ fluchte Xander, und hielt dabei Ausschau nach dem Schiff.  Buffy lief an ihm vorbei, überrannte Andrew dabei fast, der ein lautes „HEY.. Vorsicht!“ von sich gab, und blieb kurz vor dem Wasser stehen.

 

„Dort.. !“ schrie sie plötzlich, und riss ihren rechten Arm hoch. Andrew und Xander folgten mit ihrem Blick der Richtung, und machten mitten am See ein altes, leicht blau leuchtendes Schiff aus.

 

„Wie kommen wir dort nur hin?“ fragte Andrew unsicher, und sah Buffy fragend an.

 

„Schwimmen!“ antwortete diese, wurde aber von Xander davon abgehalten, ins Wasser zu

laufen.


“WAS?“ schrie sie genervter als eigentlich gewollt. Faith war alleine auf diesem Schiff, und das Schiff war möglicherweise voller aggressiver, seelenloser Wesen. Oder Geister. Sie musste da hinaus, und wenn sie eben schwimmen musste, dann wäre das auch egal.

 

„Dort.. siehst du den Hafen? Nehmen wir ein Schnellboot, das geht schneller, denk ich!“ antwortete Xander ruhig, und ignorierte ihre übertriebene Reaktion. Buffy hatte letztes Jahr viele Jägerinnen verloren, da war klar, dass sie nicht so ruhig bleiben konnte, wie sonst.

 

Buffy nickte und rannte los. Am Steg angekommen, blieb sie kurz stehen, visierte dann eines der größeren Schnellboote an und zeigte es den beiden.

 

„Ich werd es kurzschließen!“ schrie Xander, sprang in das Boot, und wollte schon anfangen, das Armaturenbrett zu zerschrauben, als sich Andrew zu Wort meldete.


“Ich will ja dem Handwerker nur ungern seine Arbeit wegnehmen, aber vielleicht liegt dort im Häuschen des Portiers ein Schlüssel.“

Buffy nickte ihm zu, merkte sich die Nummer des Liegeplatz und trat daraufhin die Tür des kleinen Holzhäuschens ein. Nur wenige Minuten später steckte Xander den Schlüssel in das Zündschloss und drehte ihn um.

 

Der Motor heulte auf, hustete kurz, und gab dann ein monotones Dröhnen von sich.

 

„Gib Gas!“ schrie Buffy, die bereits an der Reling stand, und nach dem Boot Ausschau hielt. Xander grinste, sah kurz zu Andrew, der hinter ihm stand, bedeutete ihm mit einem Nicken, dass er sich festhalten solle, und gab dann Gas.

 

 

Wächterhaus, zur selben Zeit

Giles griff nach dem Türknauf zu seinem Büro im unteren Stock, auf der Suche nach einer alten Schriftrolle, die er hier unten liegen gelassen hatte. Seine Recherchearbeit im Fall des Geisterschiffs schien abgeschlossen zu sein und ihm blieb nur noch übrig die restliche Arbeit Buffy und seinen jugendlichen Freunden zu überlassen – und aufzuräumen. Er hoffte, dass alles gut ging und sich niemand den Fall betreffend geirrt hatte.

Er öffnete, als hinter ihm Schritte zu hören waren. Er sah den Flur hinunter und entdeckte Lily.

 

„Oh.. du bist schon zurück?“, Giles knipste ohne in den Raum einzutreten, das Licht an.

 

„Ich musste nur etwas kurz besorgen,“ Lily hob eine Einkaufstüte in die Höhe. „Ist Buffy schon unterwegs?“
 

„Ich schätze sie versuchen in dieser Minute das Rätsel um das Geisterschiff zu lösen.“

 

„Du hast herausgefunden, um was es sich handelt und wie man den Dämon aufhalten kann?“

 

„Es ist ein Mullog-Dämon, der menschliche Seelen frisst, um Kraft für seine Materialisierung zu sammeln.“

 

„Ich kenne diesen Wasser-Dämon. Jedenfalls habe ich schon davon gehört. Er braucht einen Wirt, dessen Körper und Seele er in Besitz nimmt. Aber wie kann man einen Geisterdämon aufhalten?“

 

„Ich war mir nicht sicher, aber als Buffy unterwegs zu Mo war, fiel mir eine alte Schriftrolle ein – ein Teil eines alten Wächtertagebuches. Die  darin erwähnte Jägerin kämpfte erfolglos gegen einen Mullog-Dämon. Hier in Cleveland. Ich weiß nicht, wie ich das vergessen konnte..“

 

„Dir ist es noch rechtzeitig eingefallen. Und es liegt sicher eine Ewigkeit zurück.“

 

„Sicher,“ Giles schien nicht überzeugt. „Jedenfalls erwähnte der Wächter, dass ein Mullog seine Opfer zu seelenlosen Geistern verdammt und sie auf seinem Schiff als Sklaven hält, um eine Armee gegen Angreifer zu haben. Seine Geister und er selbst können sich allerdings nur einem physikalischen Kampf stellen, wenn sie sich materialisieren. Hier liegt ihr Schwachpunkt. Falls Buffy und Faith nicht von zu vielen Angreifern erwartet werden, können sie sie mit etwas List und Schnelligkeit ausschalten. Ist ihnen dies gelungen, müssen sie nur noch den Fluch vom Schiff nehmen, mit dem der Mullog ein Schiff belegt, um den vollständigen Besitz über die Seele des Besitzers zu erlangen.“

 

„Und wie sieht dieser Fluch aus?“

 

Giles zuckte mit den Schultern. „Da der Wächter seine Jägerin in diesem Kampf verloren hatte, gibt es keine Aufzeichnungen darüber. Aber ich glaube, wenn Buffy und Faith das Boot in Brand stecken oder es versenken, tut es das auch.“

 

 

Geisterschiff, Frachtraum
Faith war kurz weggetreten, als sie plötzlich spürte, wie jemand sie erneut an den Füßen fasste. Sie riss benommen ihre Augen auf, versuchte, das Dröhnen zu ignorieren, von dem ihr Kopf erfüllt war, und orientierte sich kurz.

 

‚Okay.. ich befinde mich noch im Frachtraum.. umgeben von verrückten Geistern… da oben ist eine Luke. Ich muss aus diesem Raum raus..’ schoss es ihr durch den Kopf. Schnell zog sie kräftig ihre Füße an sich heran, überraschte damit das Ding, das sie an den Füßen gepackt hatte, und kam frei. Sofort sprang sie hoch, trat dem überraschten Geist in den Magen, sah sich noch einmal kurz um, und sprang dann hoch.

 

Sie ergriff den Rand der Luke, die früher von einem Eisengitter verschlossen war, zog sich hoch, und befreite sich damit aus dem Raum.

 

Sie holte tief Luft, machte dann eine Rolle von der Luke weg, und sprang auf. Sie wollte sich gerade umdrehen und weiter kämpfen, als sie plötzlich einige  Lichter auf das Boot zurasen sah. „Oh Gott, ich hoffe das ist B.!“ flüsterte Faith, und bekam im nächsten Moment wieder einen Schlag gegen den Hinterkopf.

 

 

Schnellboot
„Dort ist Faith!“ schrie Andrew plötzlich, und schreckte Buffy hoch, der erst jetzt aufgefallen war, dass Andrew plötzlich neben ihr stand.

 

„Oh Gott.. sie scheint keine Chance zu haben. Xander, gib Gas!“ schrie die blonde Jägerin, und bemerkte nicht, dass ihr Freund schon längst mit Vollgas fuhr.

 

Als sie dem Schiff nahe genug waren, stellte sich Buffy auf die Reling, nickte Andrew und Xander zu, und sprang auf den alten Fischerkahn, während Xander das Boot bremste, und versuchte, neben dem Aufgang stehen zu bleiben.

 

Buffy landete auf dem alten Boden, und nahm in der Mitte des Decks ein Loch im Boden wahr. Faith lag daneben am Boden, und ungefähr 10 Geister hatten sich rund um sie versammelt. Oder Dämonen.. oder Untote... so recht wusste das Buffy nach Giles Erklärungen nicht mehr.

 

„FAITH!“ schrie die blonde Jägerin, hob ein abgebrochenes Stück Holz vom Boden auf, und lief auf die Gruppe zu. Faith öffnete wieder langsam die Augen, und nun war das Dröhnen zu einem lauten Klingeln geworden.


“Oh Gott.. ich fühl mich als hätte ich ne Alkoholvergiftung hinter mir..“, stöhnte Faith auf, bevor sie erkannte, dass sie sich noch immer in Lebensgefahr befand.

 

Ohne wirklich zu erkennen, was eigentlich los war, verschwanden zwei Geister urplötzlich mit einem lauten Schrei aus ihrem Blickfeld, und eine weibliche Hand wurde der dunkelhaarigen Jägerin entgegen gestreckt. Ohne darüber nachzudenken ergriff sie diese, zog sich hoch, und war plötzlich nur 2 Zentimeter von Buffys besorgtem Gesicht entfernt.

 

„Hi, B!“ sagte Faith, und versuchte zu lächeln.

 

„Damit sind wir wohl wieder einmal Quitt.“ antwortete diese, zwinkerte der Jägerin zu, und machte sich kampfbereit.

 

 

Wächterhaus, Flur

„Das klingt kompliziert und sehr anstrengend,“ sagte Lily mit ernster Miene. „Aber ich vertraue auf Buffy und Faith. Die beiden sind sehr fähig.“

 

Giles horchte auf. „Vor einiger Zeit hast du noch etwas anderes behauptet.“

 

„Vor einiger Zeit,“ betonte Lily spitz. „Habe ich weder Buffy noch Faith kritisiert, höchstens ihr Verhalten und das deinige als ihr Wächter.“, korrigierte Lily.

 

Giles gab resignierend nach und beließ es dabei, bevor sie erneut stritten. „Übrigens habe ich heute Mittag ein Memo aus London bekommen,“ wechselte Giles das Thema und ging in sein Büro, um die Schriftrolle schnell zu holen.

„Wegen der Prüfung?“, rief ihm Lily nach.
 

„Ja.“, er tauchte wieder im Flur auf, löschte das Licht und schloss die Tür. Für einen Moment genoss er  Lilys neugierigen und ungehaltenen Blick, ehe er sie erlöste. „Allerdings erwarte nicht zu viel. Es ist ihnen scheinbar nicht recht ohne unsere Anwesenheit abzustimmen. Zudem ist es im Augenblick etwas unpassend, über dieses Thema ernsthaft zu diskutieren. Es gibt noch immer genug Jägerinnen, aber zu wenige Wächter. Somit wurde die Abstimmung auf unbestimmte Zeit vertagt und die Reifeprüfung, egal welche Jägerin betreffend, ebenso.“

 

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“ Lily blieb auf halbem Weg die Treppe nach oben stehen.

 

„Ich kann mich nicht erinnern, eben einen Witz erzählt zu haben.“

 

„Aussetzen? Einfach so? Und wenn die Abstimmung dafür ist, kämpfen vielleicht 30 Prozent der Jägerinnen ungeprüft gegen das Böse? Du siehst doch gerade was alles passieren kann? Nimm L.A.“

 

Ganz unrecht konnte Giles Lily in diesem Fall nicht geben, trotzdem verspürte er wenig Lust ihr laut zu zustimmen.  „Beschlossen ist beschlossen und ich werde mich hüten dagegen etwas zu unternehmen.“

 

„Natürlich, weil es dir entgegenkommt.“ Lily setzte beleidigt ihren Weg nach oben fort.

 

„Nun warte doch,“ Giles ging ihr nach und hielt sie am Ellbogen auf. „Ich habe über deine Argumente nachgedacht.“

 

„Ach?“ Lily zog erstaunt die Augenbrauen nach oben.

 

„Emma hat akzeptiert, was sie ist. Auch wenn sie sich vor kurzem noch dagegen ausgesprochen hatte, so will sie doch von uns lernen, um im Kampf zu bestehen. Das sie bald 18 wird und eigentlich einer brutalen Prüfung entgegensieht, habe ich ihr verheimlicht, um sie nicht noch mehr zu verschrecken. Da stimmst du mir doch zu?“

 

Lily nickte, wenn auch anfänglich mit einem kleinen Zögern.

 

„Das heißt du gibst zu, dass die Prüfung eine abschreckende Wirkung hat, also unmenschlich und brutal ist?“ Mit einem kleinen genugtuenden Lächeln registrierte Giles, dass er Lily mit diesem kleinen Kniff reingelegt hatte, sofern er ihr saures Gesicht richtig deutete. „Wieso können wir dann nicht einfach hergehen und unseren Kollegen einen Kompromiss unterbreiten? Wir behalten die Prüfung bei, falls die Mehrheit dafür ist und wandeln sie ein wenig ab? Sie endet nicht mehr tödlich und im Fall eines Nichtbestehens muss die Jägerin sie wiederholen. So weiß ein Wächter ohne Verlust, wie gut ausgebildet seine Jägerin ist oder nicht und ob es noch Nachholbedarf gibt. Selbstverständlich werden wir auch alle Jägerinnen nachträglich prüfen, die inzwischen 18 geworden sind.“
 

Lily ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen und nickte schließlich. „Du hast wirklich gut darüber nachgedacht, Rupert Giles.“ Sie lächelte verschmitzt. „So gut, dass mir kein Argument dagegen einfallen will.“

 

„Ich habe dich also überzeugt?“, Giles wirkte sichtlich erleichtert.

 

„Und das ganz ohne Streit,“ lächelte Lily nicht ganz unfroh über diesen Umstand und zog Giles, der sie noch immer am Ellbogen hielt mit sich hinauf. „Aber ich wüsste etwas, mit dem du mich mehr als überzeugen könntest.. etwas, dass ich seit das Militär abgerückt ist vermisse....“

 

 

Geisterschiff, Schiffskabine

Dawn fasste sich langsam mit der Hand gegen den schmerzenden Kopf. Was war hier nur gerade geschehen? Wer war diese mystische Dämonin gewesen? Und warum hatte sie ihr Leben gerettet?

Langsam und mit zittrigen Beinen versuchte sie, aufzustehen. Die Tür, durch die die Krähe  geflohen war, stand immer noch offen, und laute Kampfgeräusche drangen von draußen herein. Mit wackligen Beinen und schmerzenden Rücken schleppte sie sich zu der offenen Tür. Benommen blickte sie auf das offene Deck. Ihr blieb fast der Atem weg, als sie erkannte, wie viel Geister sich da draußen befanden.


“Oh mein.. Gott!“ japste sie, als sie ihre auswegslose Situation erkannte. Obwohl die Gestalten, gegen die Buffy und Faith vor ihren Augen kämpften, um einiges schwächer wirkten als der Kapitän, mit dem sie es zu tun bekommen hatte, würden sie hier wohl nicht Lebend vom Schiff kommen.

 

Erst jetzt war ihr aufgefallen, dass sich der Raum, in dem sie stand, vollkommen verändert hatte. Neben ihr befand sich eine große, verstaubte Glasscheibe, und ein altes Steuerrad. Dawn konnte nicht glauben, dass sie sich schon die ganze Zeit über in diesem Raum befunden hatte.

 

Sie ließ ihren Blick durch den Raum gleiten, rutschte an die Wand gelehnt zurück auf den Boden, und entdeckte mitten im Raum eine alte Holzkiste.

 

 

Schnellboot

Andrew knotete das Seil, das Xander ihm zugeworfen hatte, an dem Geisterschiff fest, drückte Xander eines der beiden Schwerter, die er ihm vorher anvertraut hatte, in die Hand und sah ihn lächelnd an.

“Da oben ist Krieg..“, sagte Andrew plötzlich. „.. pass auf dich auf!“

 

Xander nickte: "Du aber auch, halt dich lieber hinter mir!" Er umgriff das Schwert, und sprang ebenfalls auf den Geisterkahn. Noch bevor er sich überhaupt umsehen konnte, stand einer der Geister vor ihm, und lächelte ihn gierig an.

 

„Naaahhrung.. hrr!“ murmelte der Angreifer, und Xander nahm Kampfstellung ein. Andrew, der sich gerade bereit machte, aufs Schiff zu springen, erstarrte mitten in der Bewegung, und ließ vor Schreck seine Waffe fallen. Zum Glück landete sie nicht im Wasser, sondern fiel scheppernd ins Boot zurück.

 

Xander ließ sein Schwert herunter sausen, schnitt aber nur durch Luft. Der Geist lächelte, machte einen Salto über ihn, und trat ihn in den Rücken.

 

„Denk an das, was Giles mir erklärt hat,“ rief Buffy über die Köpfe der Geister hinweg zu Xanders Position. „Sie materialisieren sich nur kurz.“

 

„Xander, pass auf!“ schrie Andrew vom Boot. „Dreh dich.. links!“

 

Xander machte ein Rolle, knallte mit dem Kopf gegen ein altes Fass, und stöhnte laut auf. Da hatte ihm Andrew ja einen guten Tipp gegeben.


“Los, gegen die Füße!“ schrie Andrew und vergaß ganz sich nach seinem Schwert zu  bücken, um Xander zu helfen.

 

Xander sah auf, versuchte ohne Erfolg dem Geist die Füße weg zu treten, und bekam nach einem „VORSICHT!“ von Andrew wieder einen Tritt ins Gesicht.

 

Xander schrie kurz auf, bevor er wieder ein „Los, mach schon.. pass auf.. runter!“ hörte.

 

Xander war genervt. Wieso kämpfte er eigentlich nicht selbst? Ohne weitere Gedanken sprang Xander überraschend auf, erfasste den überraschten Geist, und schleuderte ihn zu Andrew aufs Boot.

 

„Viel Spaß, Kleiner!“ schrie Xander, zwinkerte ihm zu, und wandte sich dann dem nächsten Angreifer zu.

 

Andrew schrie erschrocken auf, wich zurück, und tastete nach dem Schwert , das irgendwo neben ihm liegen sollte. Der Geist selbst schien über den plötzlichen Ortswechsel ein bisschen überrascht zu sein und das nutzte Andrew sofort aus, kaum hatte er das Schwert in seiner Hand. Allerdings...Andrew lief auf ihn zu, stolperte über einen Rettungsreifen, der am Boden lag, und durchbohrte mehr unabsichtlich als gewollt den Fuß des Geistes mit seinem Schwert.

 

 

Geisterschiff, an Deck

Buffy und Faith standen Rücken an Rücken. Ihr Atem war gleichmäßig und ruhig, ihr Pulsschlag leicht erhöht. Sie konzentrierten sich auf die 14 Geister, die sie in einem Kreis umgaben.

 

„Faith, wieso bist du eigentlich ganz alleine hier her gelaufen ohne zu wissen, was dich erwartet?“, Buffy war nicht ganz frei von jedem Vorwurf in ihrer Stimme.

 

„Hmm.. bin ich eigentlich nicht. Dawn ist mir gefolgt“, antwortete Faith trotzig. Buffy drehte geschockt den Kopf.

 

„Bitte was? Faith.. wo ist meine Schwester?“ fragte Buffy.

 

„Sie ist dort im Führerhaus. Sicher, keine Angst. Die Geister waren alle nur im Frachtraum. Jetzt sind sie alle hier an Deck. Sag mir lieber, wie wir uns diese Biester vom Leib halten,“ fragte Faith und fixierte die Gegner, die sie zwar aggressiv ansahen, aber nicht angriffen.

 

„Hör mir gut zu, Faith. Ich weiß von Giles wie wir die Situation unter Kontrolle bekommen. Aber vorher müssen wir die Opfer dieses Mullog-Dämons los werden. Wenn wir sie nur angreifen können, wenn sie sich materialisieren, dann sollten wir immer zu zweit auf einen Gegner losgehen. Sobald er sich materialisiert, um einen von uns anzugreifen...“

 

„..  schlägt ihn die andere KO?“ vollendete Faith den Satz.

 

„Genau. Dafür müssen wir aber hier aus dem Kreis raus. Bei drei, Richtung Führerhaus. Also.. eins.. zwei.. drei!“

 

Die beiden Jägerinnen drehten sich in die gleiche Richtung, nutzten den Überraschungsmoment aus und glitten durch die nicht materialisierten Körper der Geister, ehe diese begriffen, was passiert war. Sofort wandten sich die beiden Jägerinnen wieder dem Kreis der Geister zu. Beide hoben ihre Fäuste, nickten sich gegenseitig zu, und erwarteten den ersten Angreifer.
 

Xander duckte sich gerade, als Buffy und Faith ausbrachen, trat dem Geist in den Magen und schleuderte ihn gegen das alte Fass. Er war überrascht, wie schnell er reagierte oder wie langsam die Geister dematerialisierten. Ohne weiter zu zögern, hob er das Schwert, und schlug dem Geist einen Arm ab, der daraufhin sich auflöste und wie es Xander erschien direkt vor seinen Augen im Boden verschwand.

 

Gleichzeitig vernahm Xander einen Schrei von Andrew, der durch das Boot stolperte, und es irgendwie geschafft hatte, dem Geist mit dem Schwert ein Auge zu durchbohren.
 

„Andrew.. ist alles in Ordnung?“ rief Xander über die Reling, und machte sich bereit, auf das Boot zu springen.
 

„Ne.. ich.. ich.. ich schaff das schon!“ antwortete Andrew, bevor er sich duckte, um einem Schlag auszuweichen.

 

„Okay!“ antwortete Xander, drehte sich um, und widmete sich einem der Geister, der von Buffy und Faith in seine Richtung flüchtete.

 


Im Inneren des Geisterschiffs

Dawn kroch langsam und müde auf die alte Holzkiste zu. Sie war überrascht, dass ihre Schmerzen sogar jetzt schon ein bisschen nachgelassen hatten, machte sich aber trotzdem sorgen um Faith und Buffy, die vor der Tür um ihre Leben kämpften.

 

Die Schmerzen in ihrem Kreuz verursachten aber noch immer ein Stechen in ihrem Brustkorb, was ihr das Atmen ziemlich schwer machte. Endlich hatte sie die Kiste erreicht, und in dem Moment, in dem sie ihre Hand auf den Deckel legte, splitterte die Scheibe, die vor dem Steuerrad angebracht war, und ein Geist flog durch die Öffnung und knallte zwei Meter neben Dawn auf den Boden. Einen Moment später dematerialisierte er sich, und sank durch den Boden.

„Dawn… ist alles in Ordnung?“ fragte Buffy, die nun bei der Öffnung aufgetaucht war. Dawn hob überrascht den Kopf, und versuchte ihre Schwester so erfreut wie möglich anzusehen.


“Oh .. ja. Haltet nur diese Typen von mir fern!“ antwortete Dawn, und lächelte ihre Schwester, mehr gezwungen als wirklich ernst gemeint, an.

 

„Okay.. bleib hier, scheint ja ziemlich sicher zu sein..“ Buffy wurde allerdings unterbrochen, als Faith aufschrie, und Buffy einen der Geister zuschleuderte, bevor sie selbst von einem anderen vom Boden gerissen wurde.

 

„.. aber ich sag dir eins. Zuhause .. wirst du ziemlichen Ärger bekommen!“

 

Dawn nickte, sah ihre Schwester wieder in die Dunkelheit verschwinden, und widmete sich wieder der Kiste.

 

Sie war verschlossen, doch die junge Jägerin erkannte eine Schrift auf dem Deckel.


“Vier weiße Mächte wissen, ob du verstehst. Drei weiße Schiffe, um zu sehen, wo du stehst. Zwei dunkle Mächte, zu testen, warum du es bist, drum dreh dich um, und schau, WO es ist.“

 

Dawn verstand nicht. Was wollte man ihr hiermit sagen? Inwiefern sollte ihr das helfen, diese Box öffnen zu können? Ein weiterer Schrei kam von draußen, und wenn sie sich nicht täuschte, war es Andrews Stimme. War er etwa auch hier? Sie hatte ihn vorhin gar nicht gesehen. Sie musste sich beeilen.

 

Dawn ließ ihren Blick suchend durch den Raum gleiten. Es gab hier nichts besonderes, außer das Steuerrad, und den, in echt viel kleineren Schreibtisch, der in der Ecke lag. Die Magie, die diesen Raum vorher derart verändert hatte, musste mit dem Kapitän in Zusammenhang gestanden haben.

 

Das Bild? War auf dem Bild nicht eine Seeschlacht zu sehen? Dawn überwand sich und stand auf, obwohl sich ihre Knie anfühlten, als hätten sich die Knochen in Pudding verwandelt. Wo war dieses Bild gewesen? Dawn versuchte sich, den per Magie kreierten Raum noch einmal vorzustellen. Dort hinten, vor dieser dunklen Wand war der große Schreibtisch gestanden, dahinter hing das Bild.

 

Dawn nickte, und wankte darauf zu. Es war nichts zu sehen? Was musste sie nur tun? Und was, wenn es gar nicht um das Bild ging? Dawn hob die Hand und fuhr über die Stelle, an der das Bild hing.

Plötzlich bildeten sich rechts und links neben ihr weiße Linien an der Wand. Rauch kam aus den leuchtenden Linien, und ein lautes Rauschen erfüllte den Raum bis sich ein Quadrat gebildet hatte. Schrift erschien in der Mitte.

 

„Du Lebst noch, sei stolz drauf. Durch Wände gehen ist nicht schwer, denn dein echter Körper ist ziemlich leer.  Du schreibst, du kämpfst, du gehst.. doch alles was du noch hast, ist dass du noch lebst. Du kannst nicht raus, weil sie dort warten. Hast nur eine Chance, jetzt mischen wir die Karten…“

 

Dawn trat mit einem verwirrten Gesichtsausdruck von der Wand zurück. Was wollte man ihr damit sagen? Der Text verschwand und ein weiterer Satz erschien:

 

„Geh zurück, und such dir eine aus. Die Karte sagt dir die Zukunft voraus…“

 

Dawn wankte zurück zu der Kiste, die sich jetzt ohne Probleme öffnen ließ, und erblickte drei Karten, auf denen Abbildungen waren und ein Name stand darauf.

 

Sie bückte sich und nahm sie mit zitternden Händen aus der Box. Ihre Gedanken rasten. Was war das hier? Machte sie wirklich etwas schlaues?

 

Sie betrachtete die Karten, die sie nun in den Händen hielt.

 

„Die Amazone, Die Braut und Der Schlüssel.“ ... Dawn wusste nicht weiter. „Verdammt.. ich weiß nicht was ich damit machen soll!“ schrie sie, und warf die Karten wieder in die Kiste.

 

Wieder erschien ein Text auf der Tafel.


“Du spielst nicht Karten? Na dann musst du wohl noch warten. Geh zurück und schau ins Licht, was siehst du dann, was siehst du nicht?“

 

Dawn verlor die Nerven. Was sollte der Mist. Zurück? Licht? Keine Ahnung. Sie griff noch einmal in die Box, schnappte sich ohne nachzudenken die Amazone, und knallte sie auf die Tafel.

 

„Das Raten ist wohl auch nicht deins. Die Amazone ist es nicht, steht sie doch nie im Licht. Du selbst, hör auf dein Gefühl. Du hast noch ne Chance, verspiel sie nicht.“

 


Auf Deck

„BUFFY, pass auf!“ schrie Faith und Buffy duckte sich unter einem Geist hinweg, den Faith mit einem Tritt in den Magen auf Buffy zu geschleuderte hatte.

 

„Also ich will  ja nicht meckern..“, sagte Faith, trat nach dem Geist, und stolperte nach vorne, als ihr Fuß ins Leere ging. „Aber irgendwie kann man die nicht töten!“

 

„Das ist mir auch schon aufgefallen!“ antwortete ihr Buffy, die plötzlich wieder genau hinter ihr stand. „Aber davor hat mich Giles ja gewarnt. Man kann nichts töten, was schon tot und ein Geist ist. Was machen wir jetzt!“

 

„Wir machen weiter, bis wir einen Weg gefunden haben, diese Dinger wenigstens solange auszuschalten, bis wir ans Ufer kommen.“

 

Xander wich wieder einem Schlag aus, verlor dabei das Gleichgewicht, und knallte auf den Boden. Er wurde langsam müde, er hatte nicht die Kraft einer Jägerin.

 

Er drehte sich um und trat dem Geist fest in den Magen. Dieser verlor das Gleichgewicht, knallte gegen die Reling und fiel schlussendlich ins Wasser. 

 

Andrew wich den Schlägen seines Geistes noch immer aus, dem schon ein Auge fehlte, und der ein großes Loch im Fuß hatte. Andrew sprang über einen der Sitze hinweg, drehte sich um, und trat seinem Angreifer ins Gesicht. Dieser schrie auf, fasste sich auf die anscheinend gebrochene Nase, sah Andrew noch einmal entsetzt an, und flüchtete plötzlich an Xander vorbei in das Innere des Schiffes.


Doch als wäre der eine Geist für ihn nicht schon genug gewesen, tauchte plötzlich aus dem Wasser ein weiterer auf, der an Bord kletterte und Andrew einen festen Schlag ins Gesicht versetzte. Benommen fiel er nach hinten.

 

 

Schiffsinnere

„Licht.. Licht.. Eine Braut steht im Licht. Ja.. es ist die Braut!“ schoss es Dawn durch den Kopf. Sie bückte sich, holte die Karte herauf, und wollte sie schon auf die Tafel legen, als es ihr plötzlich wie ein Blitz durch den Kopf schoss. Sie selbst. Licht. Schlüssel. Verdammt, es war doch ganz einfach.

 

Dawn ließ die Braut fallen, nahm die Schlüssel-Karte, und drückte sie gegen die Wand. Die gesamte Tafel begann nun zu leuchten, und Dawn wurde durch den ganzen Raum geschleudert. Ein lauter Schrei kam aus dem Bauch des Schiffes und ließ es erbeben. Buffy, Faith, Xander und Andrew hoben überrascht ihre Köpfe, als sich die Geister, einer nach dem anderen, vor ihren Augen auflösten.

 

Dawn sah überrascht auf. „Gott.. was war das?“ sie strich sich die Haare aus dem Gesicht, und versuchte tief Luft zu holen. Es herrschte plötzlich eine unheimliche Stille an Bord, und in dem Moment, in dem sich Buffys Schwester aufrichten wollte, erschien wieder ein Geist vor ihr, der Geist des Kapitäns – nur trug er jetzt die Kleidung eines Fischers.

 

Dawn konnte nicht anders, sie musste schrill schreien. Doch etwas war anders, er hatte keinen bläulichen Schein mehr. Er schien.. eher golden.

 

„Hey.. Mädchen, beruhige dich bitte.“ Der Geist schwebte vor ihr und sah sie freundlich und liebevoll an.

 

„Wa.. was sind sie?“ stotterte Dawn.

„Mein Name ist Raynolds, ich war der Kapitän dieses Schiffes. Vor langer Zeit hat ein Dämon von meinem Körper und von meiner Seele Besitz ergriffen und mich dazu verdammt ihm immer neue Nahrung anzulocken. Aber du hast uns alle befreit. Du bist eine Heldin.“ Sagte er, und kniete sich zu ihr herab.  „Herzlichen Dank, schöne Maid!“ sagte er lächelnd, beugte sich nach vorne und gab Dawn einen Kuss auf die Stirn.

 

Plötzlich änderte sich sein freundlicher Gesichtszug, und er legte ihr seine Hand auf die Stirn. „Es tut mir leid.. für alles was war, und für das, was noch kommen wird!“ sagte er besorgt, und vor Dawns Augen wurde alles schwarz. 

 

 

Irgendwo – Dunkelheit..... und dann....

Eisiger Wind umspielte ihren Körper, als Dawn die Augen aufschlug. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie sich befand. Sie lag auf dem Boden und als sich Dawn langsam um sah erkannte sie erleichtert ihre und Buffys Wohnung. Aber etwas war anders!

Dawn erhob sich vorsichtig vom Boden, und versuchte mit wackeligen Beinen aufzustehen. Ein dunkles, schwarzes Seidenkleid hüllte ihren Körper ein, der von einer Gänsehaut übersäht war.

Als erstes bemerkte Dawn die Risse in den Wänden, als sie ihren Blick  durch die veränderte Wohnung gleiten ließ. Möbelstücke lagen Kreuz und Quer herum und die Fensterscheiben waren zerbrochen. Ein starker Wind wehte durch das Appartement.

Was war hier nur los? Wieso war sie ganz alleine? Wie war sie hier überhaupt her gekommen? Sie war doch gerade eben noch auf diesem Geisterschiff...

Ein Beben brachte das Gebäude ins Wanken und der Boden unten Dawns Füssen erzitterte. Sie versuchte sich an der alten Kommode aufzufangen, die allerdings unerwartet den Platz gewechselt hatte und Dawn stürzte nach vorne gegen die Wand. Sie spürte den dumpfen Schmerz kaum, als sie herumdrehte, um nachzusehen, was passiert war.

 „OH MEIN GOTT!“ entfuhr es ihr laut, als sie mit geweiteten Augen feststellte, dass eine Wand des Wohnzimmers fehlte und der Raum einfach in der Mitte abgebrochen war, was ihr einen freien Blick auf die Außenwelt eröffnete.

Langsam schritt sie auf den Abgrund zu, wobei der Wind immer stärker wurde. Regen ergoss sich wie aus Eimern vom Himmel, und Dawn glaubte zu erkennen, dass die Straßen sich schon in halbe Bäche verwandelt hatten.

Ein Blitz zuckte über den Himmel, und Sekunden später durchbrach der Donner das monotone Prasseln des Regens.

Als sie endlich an dem Abgrund angekommen war, erhaschte sie einen Blick in die Innenstadt von Cleveland, die in Flammen stand.

Immer mehr Blitze zuckten über den Himmel und gaben ihr die Möglichkeit, die Masse an Menschen zu sehen, die unter ihr und in einiger Entfernung auf den Straßen vor den Naturgewalten flohen.

„Was ist hier nur passiert?“ flüsterte Dawn leise, wobei ihre Augen feucht wurden. Sie war kurz davor, hysterisch zu werden, und sie hatte auch jeden Grund dazu.

Plötzlich hörte sie einen lauten Knall, woraufhin ein leises Zischen folgte. Dawn wandte den Blick von der Innenstadt ab und folgte dem Geräusch, bis sie den Erie-See erblickte, beziehungsweise das, was von ihm übrig geblieben war.

Das Wasser war in einem breiten Spalt, der sich durch das Seebett zog, verschwunden, und sie erkannte dunkle Umrisse, die sich zu bewegen schienen. Was war das bloß? Waren das Lebewesen UNTER dem See? Oder spielten ihr ihre strapazierten Nerven nur einen bösen Streich?

Ein weiteres Beben ließ die Erde erzittern und hätte sie dabei fast in die Tiefe befördert, wäre sie nicht nach hinten gesprungen, und dabei auf ihrem Hinterteil gelandet.

Ein weiterer lauter Knall peitschte durch die Nacht, und ein lautes Knurren folgte sofort. Sie konnte ihren Augen nicht glauben. Der See war weiter aufgebrochen, und neben der enormen Wasserfontäne schoss ein gigantisches Etwas aus dem Zentrum in die Höhe.


Dawn schrie auf und stieß sich nach hinten ab – nur weg von diesem Ding. Sie zweifelte immer mehr an dem, was sie sah oder zu sehen glaubte, als sie in diesem Etwas einen Reiter erkannte, der auf einem gewaltigen Ross saß. Wasser tropfte von seiner Kleidung und vom Fell des Pferdes. Er schien über die Stadt auf seinem Pferd durch die Luft zu galoppieren und  auf einmal waren plötzlich drei weitere, schemenhaftere Gestalten neben ihm aufgetaucht.

Als Dawn erkannte, dass sie auf ihr Gebäude zusteuerten, wurde sie von Panik ergriffen und sie schaffte es endlich, aufzustehen. Auf einmal stand Buffy neben ihr, doch etwas stimmte noch immer nicht. Dawn konnte durch Buffy hindurch sehen, erkannte die Konturen der Kommode, die neben ihr stand. Und Buffy starrte gefasst auf einen der schemenhaften Reiter und reagierte nicht auf Dawns Rufe.

 

Rechts neben Dawn war plötzlich Faith aufgetaucht, und ihr rotes Seitenkleid wehte im Wind. Sie hatte eine versteinerte Miene obwohl ihr Tränen über die Wangen liefen. Auch sie fixierte einen anderen Reiter, reagierte aber auch nicht auf die anderen. Als Dawn einen weiteren Schritt zurück machte, stand Kennedy neben ihr. Ihr Gesicht war besorgt, aber kampfbereit.

„Was soll das, redet mit mir!“ schrie Dawn, hatte aber keinen Erfolg.

 

Das Gebäude erzitterte wieder, und ein Teil der Decke brach durch. Direkt neben ihr landete ein schwerer Holzbalken, woraufhin Dawn einen schnellen Sprung zur Seite machte.

Die Gestalten schrieen mitten im Flug auf, und das einzige, das Dawn in diesem Moment verspürte, war Angst. Reine Angst. Die Welt war gerade dabei unterzugehen, und sie konnte absolut nichts dagegen unternehmen.

Da stand auf einmal Kapitän Raynolds neben ihr, und sah zuerst sie, und dann Cleveland besorgt an. "Einer kam über sie, und alles, was nach dem Beben zurück blieb, war reine Erde.."

Sie ließ einen gellenden Schrei los, als die Reiter das Haus rammten, und riss die Augen auf, nachdem es in sich selbst zusammengefallen war. Angstschweiß stand ihr auf die Stirn, und ihr Atem ging viel zu schnell und unregelmäßig. Aber sie starrte wieder die alten Holzplanken des Schiffes an.

Ihr lag nur eine Frage auf der Zunge: „Oh Gott.. was war das?“

 

Grrrarrrghhhhh